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Supraleitender Transformator Das Verschwinden des elektrischen Widerstandes
bestimmter Stoffe, z. B. Blei, Quecksilber, Zink, bei tiefsten Temperaturen - die
sogenannte Supraleitung - ist seit langem bekannt. In der Starkstromtechnik konnte
dieses Phänomen jedoch bisher wegen der hohen Kosten und der geringen Zuverlässigkeit
der Heliumverfliissigur_gseinrichtungen, die zur Herstellung der tiefen Temperaturen
nötig sind, und wegen des hohen Energiebedarfs der Kühleinrichtungen, der die durch
das Verschwinden des elektrischen Widerstandes auftretenden Ersparnisse überwog,
nicht angewendet werden.
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In jüngster Zeit ist es jedoch gelungen dank der jüngsten Entwicklung
der Wärmeisoliertechnik und verläßlicher arbeitenden Heliumverflüssigungsanlagen
die Möglichkeit zu schaffen, auch größere Räume mit Hilfe in Kühlkreisläufen strömenden
Heliums, unter Aufwendung verhältnismäßig geringer Energie auf tiefster., nahe dem
absoluten Nullpunkt liegenden Temperaturen zu halten. Außerdem konnten inzwischen
Stoffe, Legierungen oder Verbundkörper entwickelt werden, wie z. B. Nioben, Niobenzinn,
Niobenzirkon, die im Gegensatz zu den früher bekannten Supraleitern auch bei verhältnismäßig
hohen magnetischen Feldstärken die Eigenschaft der Supraleitung beibehalten. Elektrische
Geräte und Einrichtungen könnten deshalb nunmehr auch wirtschaftlich mit bei nahe
dem absoluten Nullpunkt liegenden Temperaturen betrieben werden.
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So wurden bekanntlich Versuchstransformatoren mit supraleitenden Wicklungen
hergestellt (»Electrical World«, 11. September 1961), die erhebliche Gewichtsersparnisse
in bezug auf die Wicklungen und - wegen der kompendiöseren Wicklungsanordnung -
auch in bezug auf den Eisenkern gestatten. Der Eisenkern derartiger Transformatoren
wird unter Zuhilfenahme von Wasserkreisläufen - im Gegensatz zu den durch entsprechende
Kühleinrichtungen auf tiefste Temperaturen gebrachten Wicklungen - auf Zimmertemperatur
gehalten, um unzulässi-e Wirbelstrom- und Hystereseverluste und damit großen Leistungsbedarf
für die Kühleinrichtungen und lange Abkühlzeiten zu vermeiden.
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Weitere Versuche zeigten, daß in Supraleitern, die im Hinblick auf
die geringe Eindringtiefe des Stromes in Bandform ausführbar sind, Stromdichten
in der Größenordnung 10'1 A/m=«, das ist das ?00fache der Stromdichten in normalen
Starkstromleitern, angewendet werden können. Theoretisch wäre es daher möglich bei
gleichen Nenn- und höchstens gleichen Magnetisierungsleistungen für Transformatoren
mit supraleitenden Wicklungen und Eisenkernen gegenüber gewöhnlichen Transformatoren
mit Eisenkern außerordentliche Gewichtsersparnisse und Wirkungsgradverbesserungen
zu erzielen. Denn von den Einführungsstellen in die Kühlmäntel abgesehen, entstehen
in den auf tiefster Temperatur befindlichen supraleitenden Wicklungen keine ohmschen
Verluste und die Eisenverluste in den auf Zimmertemperatur befindlichen Transformatorkernen
- die bei gleicher Kraftflußdichte je Volumeinheit zwar gleich groß denjenigen gewöhnlicher
Transformatoren sind - bleiben wegen des theoretisch erreichbaren sehr kleinen Eisenkernvolumens
gering. Das ist aus der nachfolgenden Gegenüberstellung eines supraleitenden und
eines gewöhnlichen Transformators gleicher Nennspannung, gleicher Nennleistung,
höchstens gleich großer Magnetisierungsleistung, gleicher Kraftflußdichte sowie
gleichen Wicklungsfüllfaktors - mit einfachheitshalber ringförmig angenommenen Eisenkernen
- zu erkennen. Es bedeutet W1 die primäre Windungszahl, A den magnetischen Querschnitt,
l die mittlere magnetische Länge, S die Stromdichte für den gewöhnlichen
Transformator, W1 S die primäre Windungszahl, AS den magnetischen Querschnitt, 1s
die mittlere magnetische Länge, SS die Stromdichte für den supraleitenden Transformator.
a ist das Verhältnis der linearen Abmessungen der beiden Transformatoren.
Rein theoretisch betrachtet müßten sich demnach bei supraleitenden Transformatoren,
wegen der großen anwendbaren Stromdichten, im Vergleich zu gewöhnlichen Transformatoren
außerordentliche Gewichtsersparnisse erzielen lassen. Infolge des Raumbedarfs für
die Kühleinrichtungen der Transformatorwicklungen, d. h. also aus technologischen
Gründen, lassen sich derartige Volumen- bzw. Gewichtseinsparungen jedoch auch nicht
annähernd erreichen. Eisenkernverluste und Eisengewicht der supraleitenden Transformatoren
wirken sich demnach gegenüber dem theoretischen Idealfall in ungünstiger Weise aus.
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Dieser Nachteil läßt sich erfindungsgemäß dadurch vermeiden, daß die
Wicklungen aus supraleitenden Baustoffen bestehen und ringförmig ausgebildet sind,
daß der eisenfreie Raum, in dem das Magnetfeld entsteht, entweder luftleer gemacht
oder durch ein Dielektrikum ausgefüllt ist.
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Ein Vergleich solcher supraleitender Transformatoren ohne Eisenkern
gegenüber gewöhnlichen Transformatoren, d. h. solchen mit normal leitenden Wicklungen
und mit Eisenkern ringförmiger Form - unter Voraussetzung gleicher Nennspannungen
und -leistungen sowie gleicher oder kleinerer Magnetisierungsleistung für beide
Transformatorentypen - ergibt mit den Bezeichnungen wie oben die Beziehungen:
wenn g, für die relative Permeabilität des gewöhnlichen Transformatorkerns geschrieben
wird. Die Kraftflußdichte B, von supraleitenden Transformatoren ohne Eisenkern errechnet
sich aus derjenigen des vergleichbaren gewöhnlichen Transformators mit Eisenkern
Baus der Beziehung:
Sie liegt bei gleichen oder kleineren Magnetisierungsleistungen für den supraleitenden
Transformator, wie sich durch Einsetzen der Werte für u" S und SS zeigt, wesentlich
unter derjenigen gewöhnlicher Transformatoren, was einen Vorteil insofern darstellt,
als die Gefahr der Löschung der Supraleitfähigkeit der Leiter dadurch vermindert
wird. Bei Anwendung von Supraleitern wie z. B. Niobenzinn, Niobenzirkon, kann in
bekannter Weise die Anwendung von Litzendraht in Betracht gezogen werden, um zusätzliche
Wirbelstromverluste möglichst zu vermeiden. Die zu erwartende Streuung bei supraleitenden
Transformatoren ohne Eisenkern hält sich bei streuarm gehaltenen Wicklungen und
insbesonders bei ringförmigen Wicklungsanordnungen in erträglichen Grenzen und wirkt
sich übrigens im Sinne einer Begrenzung der Kurzschlußstromstärken aus. Dies stellt
bei supraleitenden Transformatoren einen besonderen Vorteil dar, weil ein Zusammenbrechen
der Supraleitung durch zu große Leiterströme und bei nicht schnell genug erfolgender
Kurzschlußabschaltung infolge der dann plötzlich auftretenden außerordentlich hohen
ohmschen Verluste eine Zerstörung der Wicklungen vermieden werden kann.