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Fungizide Mittel Es wurde gefunden, daß 2, 6-Dichlor-3, 5-dicyan-4-phenylpyridin
und die in der Phenylgruppe durch die Nitrogruppe substituierten Derivate davon
eine ausgeprägte fungizide Wirksamkeit besitzen.
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Die fungizide Wirkung dieser Verbindungen ist besonders durch ihre
Breite charakterisiert. Neben sehr guter Wirkung gegen solche Pilze, die auch mit
üblichen breit wirksamen Standardfungiziden bekämpft werden können, zeigen die neuen
Wirkstoffe auch eine deutliche befallshemmende Wirkung gegen den echten Mehltau
des Getreides. Echte Mehltaupilze waren bisher bekanntlich nur mit Schwefelpräparaten
oder mit dem spezifischen Mehltau-Fungizid 2, 4-Dinitro-6-sek. octylphenyl-crotonat
(II) ausreichend zu erfassen, wobei das letzte gegen andere Pilzerreger praktisch
vollständig versagt.
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Gegenstand der Erfindung sind demnach fungizide Mittel, gekennzeichnet
durch einen Gehalt an einem gegebenenfalls in der Phenylgruppe durch eine Nitrogruppe
substituierten 2, 6-Dichlor-3, 5-dicyan-4-phenylpyridin.
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Die fungizide Wirkung der 2, 6-Dichlor-3, 5-dicyan-4-phenylpyridine
liegt im Wirkungsbereich der wichtigsten organischen Breitenfungizide, wie Zink-dimethyl-dithiocarbamat
(III), Tetramethylthiuramdisulfid (IV) oder Trichlormethylthio-tetrahydro-phthalimid
(V). Sie wird im folgenden durch eine Übersicht über Versuchsergebnisse mit I =
2, 6-Dichlor-3, 5-dicyan-4-phenylpyridin, Ia = 2, 6-Dichlor-3, 5-dicyan-4- (p-nitrophenyl)-pyridin
und Ib = 2, 6-Dichlor-3, 5-dicyan-4- (m-nitropbenyl)-pyridin belegt.
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I. Sporenkeimteste Die In-vitro-Wirkung auf Konidiosporen von Venturia
inaequalis (Apfelschorf), Alternaria spec. (Blatt-Tabelle I Testpilz : Venturia
inaequalis Methode : Objektträger-Sporenkeimtest
Wirkstoff L DLSa DLnS |
in mg/100 cm2 |
I 0, 010 0, 022 |
1 a 0, 0019 0, 0038 |
1 b 0, 0026 0, 0065 |
III 0, 012 0, 041 |
IV 0, 010 0, 025 |
(II)' (0, 49) 1 (0, 92) |
fleckenpilz), Cladosporium fulvum (Braun-und Samtflecken der Tomate) und Botrytis
cinerea (Grauschimmelfäule) wurde nach dem bekannten Sporenkeimtestverfahren ermittelt.
Die Ergebnisse dieser Versuche sind in den folgenden Tabellen 1 bis 4 zusammengefaßt
; es sind diejenigen Mengen Wirkstoff angegeben, die nötig sind, um 50 bzw. 95°/0
der Sporen am Auskeimen zu hindern (DLSo bzw.
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DL"6, Mittelwerte aus je drei Versuchen).
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Tabelle 2 Testpilz : Alternaria spec.
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Methode : Objektträger-Sporenkeimtest
DL50 DL95 |
Wirkstoff |
in mg/100 cm2 |
1 0, 019 0, 075 |
la 0, 008 0, 018 |
I b 0, 012 0, 028 |
V 0, 033 0, 081 |
III 0, 036 0, 088 |
IV 0, 025 0, 073 |
(II) (< 1, 4) (> 1, 4) |
Tabelle 3 Testpilz : Cladosporium fulvum Methode : Objektträger-Sporenkeimtest
DL50 DL95 |
Wirkstoff |
in mg/100 cm2 |
I 0,002 0, 003 |
V0, 0090, 018 |
III 0, 009 1 0, 021 |
IV 0,005 0,010 |
(II) (1,2) (3,0) |
Tabelle 4 Testpilz : Botrytis cinerea Methode : Objektträger-Sporenkeimtest
DL50 DL95 |
Wirkstoff |
in mg/100 cm2 |
I 0, 006 ! 0, 011 |
V 0, 020 i 0, 035 |
III 0, 024 0, 046 |
IV 0, 014 0, 020 |
(II) (> 7, 0) (> 7, 0) |
II. Orientierende halbpraktische Versuche Die ausgezeichnete fungizide In-vitro-Wirkung
der Verbindung I wurde in einigen Infektionsversuchen mit weiteren wichtigen pilzlichen
Krankheitserregern an ihren Wirten bestätigt und im Vergleich zu bekannten Fungiziden
differenziert.
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1. Verhinderung von Infektionen mit Plasmopara viticola bei Rebblättern
Methode Isolierte Rebblätter der Sorte » Silvaner « wurden unter einer Mikrospritzanlage
unterseits dosiert mit den in Konzentrationsreihe (mit Polyoxyäthylensorbitan-monooleat
1 : 1) in Wasser suspendierten Wirkstoffen gespritzt. Nach Antrocknen des Spritzbelages
wurden pro Blatt 10 Tropfen einer eingestellten Sporangienaufschwemmung des Testpilzes
über die Blattfläche verteilt auf die Interkostalfelder gesetzt. Nach 24 Stunden
wurden die Tropfen abgesaugt. Die Aufbewahrung der Blätter bis zur Auswertung erfolgte
in Feuchtkammern bei Raumtemperatur unter einem Lichtband.
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Die Übersicht enthält die aus drei Einzelversuchen gemittelten Werte
als Prozent Tropfstellen, an denen eine Infektion durch den Spritzbelag verhindert
wurde.
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Tabelle 5 Testpilz : Plasmopara viticola (Mittelwerte aus je drei
Versuchen)
Bei Konzentration |
der Wirkstoffsuspension von |
Wirkstoff |
0,02% 0,05% 0,1% 0,2% |
% Infektionsverhütung |
1 27 74 100 100 |
V 20 40'77 95 |
(ici) (0) * * |
* Bedeutet phytotoxisch, Befall nicht einwandfrei zu beurteilen.
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2. Spritzung von Tomaten gegen Befall durch Phytophthora infestans
Methode Tomatenpflanzen (» Lukullus «) im 3-Folgeblatt-Stadium wurden mit den in
Konzentrationsreihe mit Polyoxyäthylen-sorbitan-monooleat (1 : 1) in Wasser suspendierten
Wirkstoffen gespritzt, nach Antrocknen des Spritzbelages mit einer eingestellten
Zoosporenaufschwemmung von Phytophthora infestans besprüht und 24 Stunden bei 100°lo
Luftfeuchte und Temperaturen um 12 bis 15-C inkubiert.
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Die Tabelle gibt das Infektionsergebnis in Prozent Befall.
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Tabelle 6 Testpilz : Phytophthora infestans
Bei Konzentration der Wirkstoff- |
suspension von |
Wirkstoff |
0,05% 0,02% 0,01% 0,005% |
6"Befall, Kontrollen = 100 |
1 25 23 47 1 56 |
V 57 100 100 100 |
IV 85 1 100 100 1 100 |
3. Spritzung von Weizenpflanzen gegen Erysiphe graminis f. sp. tritici post infectionem
Methode Weizenkeimpflanzen wurden mit Konidien von Erysiphe infiziert und bei 20
bis 25°C im Gewächshaus gehalten. Die Infektion wurde unter den Versuchsbedingungen
nach 8 bis 9 Tagen erkennbar (Ausbildung der Konidienlager). 2, 4 und 6 Tage nach
dem Infektionstermin wurde ein Teil der Versuchspflanzen mit Suspensionen der Wirkstoffe
in Wasser (Polyäthylen-sorbitan-monooleat 1 : 1) gespritzt und nach Symptomausbruch
auf Prozent Befall bonitiert. Die Auswertung erfolgte 10 und 14 Tage nach der Infektion.
Befall an Blättern und Koleoptilen wurde gesondert aufgenommen.
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Tabelle 7 Testpilz : Erysiphe graminis f. sp. tritici
% Befallsminderung |
Gespritzt |
im Konzentrationsbereich |
Wirk- ... Tage 0,2 bis 0,02% |
stoff nach |
Blatt nach Kolen |
Infektion |
Infektion Koreop@@@ |
10 Tagen 14 Tagen nach 14 Tagen |
2 67 17 100 |
I # 4 83 25 42 |
6 63 33- |
2 92 62 100 |
1I 4 100 92 100 |
6 92 75- |
2 42 0 17 |
(IV) 4 25 8 0 |
6 |
2 8 0 33 |
(V) # 4 25 0 0 |
6 |
III. Pflanzenverträglichkeit 1. Tropfen-Stich-Versuch an Bohnen-Primärblättern
Methode Die Oberseite von fast voll entwickelten Buschbohnen-Primärblättern (getopfte
» Saxao-Pflanzen) wurde mit wäßrigen Suspensionstropfen fungizider Wirkstoffe abgestufter
Konzentration besetzt (Pipette, 2 Tropfen pro Blatt). Die Aufschwemmung erfolgte
mit Polyoxyäthylen-sorbitan-monooleat 1 : 1. Dann wurde das Blatt von unten her
mit einer Nadel in den oberseitigen Tropfen hinein durchstochen. Diese Methode erlaubt
eine recht genaue Beurteilung der relativen phytotoxischen Eigenschaften von Wirkstoffen.
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Tabelle 8 Phytotoxizität von fungiziden Wirkstoffen gegenüber Blattgewebe
von Bohnenpflanzen Bildung nekrotischer Zonen um die Stichstelle 1 Woche nach Behandlung
; Durchmesser in Millimeter (gemittelte Werte von vier Stichstellen je Konzentration).
Wirkstoff | Wirkstoffkonzentration, °/0 |
5,0 2,0 1,0 0,5 0,2 |
I .............. 0 0 0 0 0 |
V........ 1, 5 1, 0 0, 5-- |
IV......... 1, 0 0, 75 0, 5-- |
Il........ 7, 5 4, 5 1 3, 25 2, 75 2, 0 |
Kontrolle i |
(Wasser- |
tropfen).. 0 1 0 0, 0 0 |
2. Pflanzenspritzung Getopfte Jungpflanzen von Hafer, Weizen, Kürbis, Gurke, Buschbohne
und Tomate sowie getriebene Rebstecklinge (» Silvanere) wurden mit wäßrigen Polyoxyäthylen-sorbitan-monooleat-Suspensionen
fungizider Wirkstoffe (l : 1) tropfnaß gespritzt. Die Verträglichkeit von I war
auch noch in der höchsten Konzentration von 0, 4 bzw. 0, 5 °/o allgemein sehr gut
und insbesondere der von II mit Abstand überlegen.
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Die Kombination von ausgezeichneter fungizider Breitenwirkung mit
einer befallshemmenden Wirkung gegen Mehltau bei den neuen Wirkstoffen erscheint
auch deshalb bemerkenswert, weil sie mit besonders guter Pflanzenverträglichkeit
verbunden ist.
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Die 2, 6-Dichlor-3, 5-dicyan-4-phenylpyridine können in an sich bekannter
Weise aus den entsprechenden 4-Phenyl-3, 5-dicyan-6-hydroxy-2-pyridonen durch Umsetzung
mit einem Chlorierungsmittel ohne oder mit Zusatz eines Lösungsmittels hergestellt
werden. Als Ausgangsprodukte kommen in Frage : 4-Phenyl-, 4- (m- oder 4- (p-Nitrophenyl)-3,
5-dicyan-6-hydroxy-2-pyridone. Geeignete Chlorierungsmittel sind beispielsweise
Phosphorpentachlorid, Phosphoroxychlorid, Phosphortrichlorid, Thionylchlorid, Sulfurylchlorid
oder Gemische derselben ohne oder mit Lösungsmittelzusatz. Als Lösungsmittel kann
man vorzugsweise inerte organische verwenden, wie z. B. Benzol, Chlorbenzol, Dimethylformamid,
tertiäre Basen, wie z. B. Pyridin, Chinolin, Triäthylamin, Tributylamin, Dimethylanilin
oder Gemische derselben untereinander oder mit anderen inerten Lösungsmitteln.
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Die Reaktion erfolgt schon bei Raumtemperatur, jedoch ist es vorteilhaft,
einige Zeit zu erhitzen bzw. zu kochen. Sie ist im allgemeinen nach 0, 5 bis 10
Stunden beendet, je nach den angewandten Bedingungen.
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Die 4-Phenyl-3, 5-dicyan-6-hydroxy-2-pyridone sind zum Teil bekannt
(vgl. Journal of the Chemical Society, Bd. 117 [1920], S. 1473). Sie können durch
Kondensation von 2 Molekülen Cyanacetamid mit entsprechenden aromatischen Aldehyden
in Gegenwart eines basischen Kondensationsmittels hergestellt werden. Das Cyanacetamid
kann dabei gegebenenfalls aus Cyanessigester und Ammoniak bzw. aus Chloressigester,
Kalium-oder Natriumcyanid und Ammoniak in situ hergestellt werden. Geeignete Kondensationsmittel
sind beispielsweise Natrium-oder Kaliumhydroxyd, Natrium-oder Kaliumalkoholate.
Als Aldehyde kommen in Frage : Benzaldehyd, m-und p-Nitrobenzaldehyd.
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Geeignete fungizide Wirkstoffe nach der Erfindung sind beispielsweise
: 2, 6-Dichlor-3, 5-dicyan-4-phenyl, -4- (m-nitrophenyl)- und-4- (p-nitrophenyl)-pyridin.
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Diese Stoffe können beispielsweise nach folgenden Vorschriften hergestellt
werden : a) 23, 7 g trockenes 3, 5-Dicyan-6-hydroxy-4-phenyl-2-pyridon (hergestellt
nach Journal of the Chemical Society [London], Bd. 117 [1920], S. 1473) in 150 ml
Chlorbenzol werden mit 41, 7 g Phosphorpentachlorid versetzt und 2 Stunden gekocht.
Das dunkelrote Reaktionsgemisch wird auf Eis gegossen, die organische Phase abgetrennt,
mit Natriumbicarbonatlösung neutral gewaschen, über Natriumsulfat getrocknet und
eingeengt. Man erhält 12, 0 g (44°/0 der Theorie) 2, 6-Dichlor-3, 5-dicyan-4-phenylpyridin
(I) vom F. 192 bis 196°C. Aus Benzol oder Äthanol werden farblose Kristalle vom
F. 203 bis 204° C erhalten. b) 20 g 3, 5-Dicyan-6-hydroxy-4-phenyl-2-pyridon und
6 ml Pyridin werden in 150 ml trockenem Benzol mit 20 ml Phosphoroxychlorid über
Nacht am Rückfluß erhitzt, dann in 200 ml Benzol und 300 ml Eiswasser gegossen.
Die benzolische Phase wird mit Wasser und Natriumhydrogencarbonatlösung gewaschen,
über Natriumsulfat getrocknet und zur Trockne eingeengt. Man erhält 14, 5 g (63
°/o der Theorie) I vom F. 202 bis 204°C. c) 20 g 3, 5-Dicyan-6-hydroxy-4- (m-nitrophenyl)-2-pyridon
werden mit 80 g Phosphorpentachlorid vermischt und 1 Stunde auf 130 bis 140°C erhitzt.
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Nach dem Erkalten gießt man in Eiswasser und kristallisiert den ausgefallenen
Niederschlag mehrmals aus Athanol oder Benzol um. Das so erhaltene 2, 6-Dichlor-3,
5-dicyan-4- (m-nitrophenyl)-pyridin schmilzt bei 214 bis 216°C.
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Analog kann hergestellt werden : 2, 6-Dichlor-3, 5-dicyan-4- (p-nitrophenyl)-pyridin,
F. 206 bis 207°C.
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Die neuen fungiziden Verbindungen lassen sich nach der Erfindung
zu den üblichen Anwendungsformen verarbeiten. Unter Zusatz der üblichen Träger-und/oder
Füllstoffe kann man so z. B. Spritz-oder Stäubemittel herstellen, die gegebenenfalls
weitere Zusätze wie Dispergier-oder Netzmittel usw. enthalten können. Auch die Verarbeitung
zu Lösungen oder Emulsionen, die z. B. nach dem Aerosolverfahren versprüht werden
können, gelingt unter Anwendung entsprechender Zusätze. Als Lösungsmittel sind dafür
besonders Kohlenwasserstoffe wie Benzin, Petroleum, Benzol, Toluol, Xylole, Tetralin,
Dekalin
oder Gemische derselben geeignet. Es ist auch möglich, die
erfindungsgemäßen fungiziden Mittel in Kombination mit anderen Fungiziden zu verwenden.
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Alle Anwendungsformen enthalten im allgemeinen 1 bis 95 °/0 Wirkstoff.
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Die folgenden Beispiele sind solche für geeignete Zubereitungen,
die für fungizide Zwecke verwendet werden können. Diese Zubereitungen können an
Stelle der Verbindung I auch einen anderen der erfindungsgemäßen Wirkstoffe enthalten.
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Beispiel I Spritzpulver 50°/0 I, 10°/o Sulfitablaugenpulver, l"/o
Natrium-isobutyl-naphthalin-sulfonat (technisch), 39% Bolus oder Kreide werden innig
miteinander vermahlen. Das so hergestellte Pulver kann in Form einer verdünnten
wäßrigen Suspension verspritzt oder versprüht werden.
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Beispiel 2 Spritzpulver 80% I, 5% Ölsäure-N-methyltaurid, 15% Kieselkreide
werden auf die nötige Feinheit vermahlen. Durch Verdünnen mit Wasser erhält man
eine feinverteilte
Emulsion, die zum Verspritzen oder Versprühen geeignet ist.
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Beispiel 3 Stäubemittel 2% I, 98% Talkum werden innig vermahlen und
mittels einer geeigneten Stäubevorrichtung verstäubt.
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Beispiel 4 Nebellösung Eine Lösung von 3 °/0 I in Chloroform wird
in üblicher Weise vernebelt.
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Beispiel 5 Emulsionskonzentrat 10°/o I, 45% Dimethylformamid, 15%
Xylol, 30°/0 Fettsäure-polyglykolester werden miteinander vermischt. Die entstandene
L6-sung wird in Wasser emulgiert und kann verspritzt oder versprüht werden.