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Die
Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Behandlung von Knochen und/oder
Weichteilen des menschlichen oder tierischen Körpers und/oder zur Modifikation
von Zellen und Geweben mittels extrakorporaler Stoßwellen.
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Die
Erfindung betrifft ferner die Verwendung der Vorrichtung zur Behandlung
der nachstehend beschriebenen Erkrankungen.
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In
der Literaturstelle L. Gerdesmeyer et al.: „Physikalisch-technische Grundlagen
der extrakorporalen Stoßwellentherapie" in Orthopäde 2002;
31 :610–617
werden verschiedene Verfahren zur Erzeugung von Stoßwellen
und deren Anwendung zur Zertrümmerung
von Nieren- und Blasensteinen sowie im Bereich der Orthopädie beschrieben.
Weitere Indikationen bei der Behandlung von Knochen und Weichteilen
des menschlichen oder tierischen Körpers werden von Beat Dubs
in „Extrakorporale
Stoßwellentherapie
(ESWT): eine neue Errungenschaft oder nur ein Plazebo?" in Schweiz Med Forum,
Nr. 9, 26. Februar 2002, angegeben.
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Der
bisherige Stand der Technik wendet dabei übliche Stoßwellen an, die mit einer positiven Druckspitze
beginnen, der eine niederfrequentere negative Druckphase (Zugwelle)
mit verringerter Amplitude folgt. Diese Stoßwellen haben sich zur Zertrümmerung
von Nieren- oder Blasensteinen und dgl. bewährt, als Behandlungsform für andere
Indikationen werden sie derzeit noch kontrovers diskutiert.
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Mit
der vorliegenden Erfindung wird eine Vorrichtung angegeben, die
eine verbesserte Behandlung entzündlicher
und nichtentzündlicher
Knochen- und Weichteilindikationen sowie die Modifizierung von Zellen
und Geweben ermöglicht.
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Die
verbesserte Vorrichtung zur extrakorporalen Stoßwellentherapie erzeugt eine
invertierte Stoßwelle,
die im Spitzenwert einen negativen Druckpuls liefert, d.h. als Zugwelle
ansetzt. Solchermaßen
eingebrachte akustische Energie erzeugt im biologischen Gewebe hohe
Scherkräfte.
Der invertierte Druckpuls wirkt dabei als Gewebe- und Genomstressor
und ist geeignet, Regenerierungsprozesse anzuregen. Der negative
Druckpuls liegt dabei in einem Bereich von 10^7 bar/sec < |dp/dt| < 10^12 bar/sec,
wenn |dp/dt| den Absolutwert der zeitlichen Druckänderung
bezeichnet, wobei die Anstiegszeit Tr im
Bereich von 1 ns<Tr<1000
ns, vorzugsweise im Bereich von 1 ns<Tr<100 ns, liegt.
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Eine
invertierte Stoßwelle
läßt sich
in besonders vorteilhafter Weise mit einer elektro-hydraulischen
Stoßwellenquelle,
bspw. mit einer Unterwasser-Funkenstrecke
erzeugen, die zunächst
eine primäre
Stoßwelle
liefert, die an einem Reflexionselement invertiert wird, oder elektromagnetisch
erzeugt wird.
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Vorzugsweise
ist das Reflexionselement als Paraboloid-, Ellipsoid- und/oder als
sphärischer
Reflektor, insbesondere zur Bündelung
der Stoßwellen in
einem Fokus ausgebildet, wobei die Fokusgröße im Bereich von 1 mm bis
200 mm liegt.
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Das
erfindungsgemäße Reflexionselement ist
ein in sich geschlossener Weichreflektor. Nach einer Ausführungsform
ist er als solider Reflektor ausgebildet, der aus Vollmaterial mit
niedrigem E-Modul besteht, der dadurch bedingt ist, dass der Reflektor zur
Invertierung der Stoßwelle
eine im Vergleich zum Medium, in dem die Stoßwelle erzeugt wird, niedrige akustische
Impedanz Z besitzen muß,
die im Bereich von 0,005 Mrayl<Z<0,5 Mrayl liegt.
Geeignete Materialien hierfür
sind Gummi, Neopren, Latex oder geschlossenporige Schaumstoffe. „Solider
Reflektor" und „Vollmaterial" bedeuten dabei eine
Materialstärke,
die ausreicht, um den transmittierten Anteil der einfallenden Welle
im wesentlichen zu absorbieren, und derart zu dämpfen, dass der Reflektor nur
die reine Phasenumkehr des einfallenden Druckpulses bewirkt.
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In
einer anderen Ausführungsform
weist das Reflexionselement eine Beschichtung wiederum aus einem
der vorgenannten Materialien mit den angegebenen E-Modul- und Impedanzwerten
auf. In diesem Fall kann die Schichtdicke so eingestellt werden, dass
die dem Spitzenwert der invertierten Stoßwelle nachlaufenden niederfrequenteren
Wellenanteile durch Überlagerung
mit zunächst
transmittierten und am Reflektorhintergrund normal reflektierten
Wellenanteilen kompensiert werden, so dass im wesentlichen nur der
negative Druckpuls zur Wirkung kommt.
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Die
Vorrichtung nach der Erfindung umfasst einen abgeschlossenen Reflektor-Applikatorkopf mit einer
Koppelmembran, der flexibel und beweglich über eine Leitung mit einer
Versorgungs- und Steuereinheit verbunden ist. Besonders vorteilhaft
ist es, wenn die Vorrichtung ein steckbares Auswechselteil enthält, das
aus mindestens einer elektrischen Verbindung (Stecker) und einem
Reflektorteil des Applikatorkopfs besteht.
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Die
Erfindung betrifft ferner die Verwendung der vorgenannten Vorrichtung
zur Ausübung
von mechanischem Stress (Scherkräfte)
auf Zellen, wobei deren Apoptose eingeleitet wird. Dies geschieht
beispielsweise mittels einer Initiierung des „Todesrezeptorweges" und/oder des Cytochrom
c – Weges und/oder
einer Caspasen-Kaskade.
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Unter
Apoptose versteht man die Initiierung eines genetisch gesteuerten
Programms, welches zum „Zell-Selbstmord" einzelner Zellen
im Gewebeverband führt.
Dabei schrumpfen die betroffenen Zellen und ihre Organellen und
zerfallen in Bruchstücke, den
sogenannten apoptotischen Körperchen.
Diese werden anschließend
von Makrophagen und/oder Nachbarzellen phagozytiert.
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Zu
den internen und externen negativen Signalen, die die Apoptose auslösen können, gehören beispielsweise
die Besetzung von Rezeptoren mit bestimmten Botenstoffen, Entzug
von Wachstumsfaktoren, Zell-Zell-Kontakte, DNA Schädigung,
Stoffwechsel- oder Zellzyklusstörungen,
zytotoxische T-Zellen sowie erhöhte
Spiegel von Oxidantien in der Zelle oder mutagene Agenzien. Bei
den an Rezeptoren der Zelloberfläche
bindenden Signalproteinen handelt es sich vor allem um Mitglieder
der Familie des Tumor Necrosis Faktors (TNF) und Lymphotoxin, die
beide an den TNF-Rezeptor binden, sowie den CD95-Liganden, der homolog
zum Tumor Nekrosis Faktor ist und an das Rezeptorprotein CD95 (ältere Bezeichnungen:
Fas, APO-1) bindet.
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Ein
wichtiger in Säugerzellen
vorhandener Regulator ist beispielsweise das Protein p53, das u.a. die
Intaktheit der DNA überprüft. Bei
irreparablen Schäden
veranlaßt
p53 den Zelltod durch Induktion der Synthese des Apoptose-fördernden
Bax-Proteins. Hat
ein externes Todessignal eine Zelle getroffen, so wird die Berechtigung
dieses Befehls durch die Proteine der bcl-2-Familie überprüft. Die
verschiedenen Mitglieder dieser Familie verbinden sich untereinander
zu Dimeren, die fördernd
oder hemmend auf die Apoptose einwirken. Einige dieser Proteine
sind an Membranen des endoplasmatischen Retikulums, des Kerns und
der Mitochondrien gebunden. Sie bilden Poren aus und können auf
diese Weise die Ionendurchlässigkeit
der Membranen beeinflussen. Als Folge treten mitochondriale Proteine
wie Cytochrom c in das Zytoplasma über und fördern die Einleitung der Apoptose.
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Weiterhin
erfolgt im Verlauf einer Apoptose eine Induktion von zellulären Umbau- und Reparaturmechanismen
durch die Ausschüttung
von Hitzeschock-Proteinen (Hsp), wie zum Beispiel von Mitgliedern
der Hsp70 Familie (Hsp70, Hsp72 usw.), die sich u.a. an der Protein-Faltung
und am Protein-Transport sowie an der Wiederherstellung der Faltung
von denaturierten Proteinen beteiligen.
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Es
wurde nun überraschend
festgestellt, dass bei Verwendung der erfindungsgemäßen Vorrichtung
verabreichte Stosswellen als mechanischer Stressfaktor derartig
mit biologischem Gewebe in Wechselwirkung treten, dass bestimmte
Zellreaktionen, wie zum Beispiel Apoptose, ausgelöst werden.
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Die
Zell-Organellen, zumeist sehr empfindliche Bausteine und Bestandteile
der Zelle, werden dabei in ihrem biologischen Gleichgewicht durch
die extremen Druckänderungen
von mehreren hundert Bar in kürzester
Zeit innerhalb der Zelle sehr großen Kräften, nämlich Scherkräften, ausgesetzt.
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Während die
eine Seite einer Zellorganelle (z.B. Mitochondrium) beispielsweise
bereits dem maximalen Druck von ca. 300 Bar ausgesetzt ist, bleibt der
gegenüberliegende
(contralaterale) Teil davon physikalisch noch unberührt. An
diesem Teil der Zellorganelle herrscht Normaldruck. Eine Stosswelle durchwandert
nun innerhalb weniger Mikrosekunden eine komplette Zelle und unterwirft
sie an jeder Stelle einer maximalen Druckänderung innerhalb weniger Nanosekunden.
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Zudem
durchläuft
jede Stosswelle in ihrem Verlauf sowohl einen positiven Druckanteil
als auch einen „negativen" Zuganteil, der ebenfalls
bis zu 100 Bar betragen kann und zeitlich versetzt, nur wenige Mikrosekunden
(1-4 μs)
nach dem „positiver" Wellenanteil, erfolgt.
In Längendimensionen
ausgedruckt bedeutet dies: Der positive Druckwellenanstieg dauert
ca. 1-10 ns. Dies entspricht bei einer Schallgeschwindigkeit in
Wasser von ca. 1500 m/s einer Weglänge von 1,5 μm bis 15 μm.
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Zum
Vergleich die Dimensionen einiger Zellinhalte: Mitochondrien: 0.5–2 μm, Zellmembran:
5–10 nm,
Zelle: 10–100 μm, Zellkern:
5–25 μm, Kernmembran:
20 nm und Chromosomen: 1–10 μm.
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Bei
Verwendung der erfindungsgemäßen Vorrichtung
durchläuft
die Anstiegsflanke der Stosswelle beispielsweise eine Weglänge, die
ein Mitochondrium komplett erfüllt.
Anders ausgedrückt:
Eine Organelle mit der Grösse
eines Mitochondriums ist einer immensen Druckveränderung innerhalb seines Volumens
ausgesetzt. Dies bedeutet für
das Mitochondrium und auch die Zelle einen enormen mechanischen
Stress. Die dabei auftretenden Scherkräfte liegen in ihrer Dimension
im Bereich von einigen Newton.
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Die
abfallende Flanke der Stosswelle hat eine Zeitdauer von weniger
als einer Mikrosekunde. Die dabei auftretende Druckdifferenz Δp liegt bei
bis zu 400 Bar und bedeutet einen erheblicher mechanischen Stress
der einzelnen Zellen. Kräfte
von einigen Newton treten dabei auf. Die Zeitdauer dieser Kräfte ist
jedoch so kurz und die Trägheit
der Masse der Zellen so groß,
dass sie die Zelle nicht notwendigerweise zerreißen. Entscheidend für die biologische
Effektivität
der Stosswelle ist jedoch, dass bestimmte Schwellwerte, z.B. die
Druckänderung
pro Zeit, der Maximaldruck und die Anzahl der Pulse, erfüllt werden.
Beispielsweise spielt dp/dt (die zeitliche Veränderung des Drucks) dabei eine
signifikante und determinierende Rolle spielt.
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Diese
Kräfte
führen
nicht zwingend zur Zerstörung
der Zellen oder Zellbausteine, da die Zeitintervalle, in denen diese
Kräfte
wirken, zu kurz sind und die mechanische Trägheit der Bestandteile dies nicht
zulässt.
Eine Stoßwelle
der erfindungsgemäßen Vorrichtung,
die sozusagen als Zugwelle ansetzt, ist aber aufgrund ihrer hohen
Amplitude, sehr kurzen Pulsdauer und sehr kurzen Laufstrecke von ca.
1.5 μm bis
15 μm überraschenderweise
geeignet, beispielsweise mit oder innerhalb von Mitochondrien, in
Chromosomen oder Membranproteinen in Wechselwirkung zu treten.
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Sind
nun beispielsweise zu viele Chromosomen des Zellkerns aufgrund der
Wechselwirkung mit der erfindungsgemäßen Stoßwelle beschädigt, so werden
zahlreiche Proteine aktiviert. Dazu gehören Proteasen (z.B. apoptotische
Proteasen wie Caspasen), die Schlüsselproteine der Zelle zerstören, welche
für Strukturerhaltung,
Replikation und Reparatur der DNA und Neusynthese von Proteinen
wichtig sind, sowie Endonukleasen (z.B. CAD oder DNase I), die sich
am Abbau des Chromatin beteiligen.
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Beim
Menschen sind inzwischen vierzehn verschiedene Caspasen bekannt,
die in einer Signalkaskade angeordnet sind und in Signal-, Verstärker- und
Effektorcaspasen unterteilt werden. Wichtige Caspasen sind, neben
der Caspase 9, die Caspase 3 und die Procaspase 8,
der sogenannten Inititiator-Caspase, die von einem Liganden mit
einem Adaptermolekul (FADD) aktiviert wird und ihrerseits die Caspase 3 aktiviert.
Dabei handelt es sich um den so genannten „Todesrezeptorweg" der Apoptose. „Todesrezeptoren" sind Membranmoleküle aus der TNF-Rezeptorfamilie,
wie u.a. der TNF-α (Tumor
Necrosis Factor alpha). Zu den wichtigsten Substraten der Caspase 3 gehört eine
Reihe von Proteinen des Zytoskeletts, die wichtig für die Aufrechterhaltung
der Form und Motilität
von Zellen sind. Der Abbau dieser Proteine führt zu dramatischen Veränderungen
der Zellmorphologie während
der Apoptose.
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Die
Wirkung der Caspasen wird durch Endonukleasen ergänzt, die
das Chromatin der Zelle in charakteristischer Weise abbauen. Beim
apoptotischen Chromatinabbau wird die DNA in den Bereichen abgebaut,
die nicht durch die Assoziation mit Histonen geschützt sind,
so daß DNA-Bruchstücke von
etwa 200 Basenpaaren oder Multiplen gebildet werden.
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Aufgrund
der Verwendung der erfindungsgemäßen Vorrichtung
kann jedoch auch durch Beschädigung
oder Zerstörung
einiger Mitochondrien (0.5 μm
bis 2 μm)
eine Freisetzung von Cytochrom c erfolgen, das an das APAF-1 Protein
bindet, welches anschließend
ATP-abhängig
oligomerisiert und dadurch eine Initiator-Caspase, in diesem Fall
die Caspase 9, aktiviert. Diese Caspase 9 aktiviert
nachfolgend, wie auch die Caspase 8, die Effektor-Caspasen,
hauptsächlich
Caspase 3.
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Gemäß der Erfindung
wird somit eine Vorrichtung der beschriebenen An dazu verwendet, Scherkräften auf
Zellen auszuüben,
so daß deren
natürliche
Apoptose ohne entzündliche
Begleiterscheinungen eingeleitet wird. Dies geschieht in der Weise, dass
die Scherkräfte
zum Beispiel den Cytochrom c – Weg
initiieren und eine Caspasen-Kaskade einleiten. Eine zentrale Komponente
für Induktion
und Ablauf des Zelltods sind Caspasen, deren Inaktivierung in der
Regel die Apoptose blockiert.
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Stoßwellen
nach der Erfindung regen aber nun gerade die Bildung von Caspase-3
an.
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Weiterhin
kann aber auch aufgrund der Verwendung der erfindungsgemäßen Vorrichtung
eine vermehrte Ausschüttung
von Hitzeschock-Proteinen angeregt werden, infolgedessen beispielsweise Hsp70
mit der mitochondrialen Ausschüttung
von Cytochrom c interagiert und dadurch eine bestimmte Form der
Apoptose, nämlich
die NO-induzierte Apoptose, unterdrückt werden kann. Davon unbeeinflusst
bleibt jedoch die über
das Protein p53-initiierte Apoptose.
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Die
erfindungsgemäße Vorrichtung
kann weiterhin besonders vorteilhaft zur Behandlung von nekrotisch
veränderten
Bereichen und Strukturen im Muskelgewebe, insbesondere im Herzmuskelgewebe,
zur Anregung des Knorpelaufbaus bei arthritischen Gelenkserkrankungen,
zur Initiierung der Differenzierung von embryonalen oder adulten
Stammzellen in vivo und in vitro entsprechend dem umgebenen Zellverband,
zur Behandlung von Gewebeschwäche,
insbesondere von Cellulitis und zum Fettzellenabbau, sowie zur Aktivierung
von Wachstumsfaktoren, insbesondere von TGF-β, verwendet werden.
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Die
erfindungsgemäße Vorrichtung
kann ebenfalls zur Verhinderung einer Ödembildung und/oder -ausweitung
sowie Ödemabbau,
zur Behandlung von Ischämie,
Rheuma, Gelenkserkrankungen, Kieferknochen (Paradontitis), kardiologische Erkrankungen
und Herzinfarkte, Paresen (Lähmungen),
Nervenentzündungen,
Querschnittslähmungen,
Arthrose, Arthritis, zur Prophylaxe von Narbenbildung, zur Behandlung
von Narbenbildung bzw. Nervenvernarbung, zur Behandlung von Achillodynie,
Achillobursitis und sonstigen Knochennekrosen sowie zur Behandlung
von Tumoren im Schädel-Hirn-Bereich
verwendet werden.
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Weitere
bevorzugte Anwendungsgebiete sind die Behandlungen entzündlicher
und nichtentzündlicher
Knochen- und Weichteilindikationen, bei denen Stoßwellen
erfindungsgemäß als Genomstressor
fungieren. Sie beeinflussen den Stoffwechsel der Zelle, setzen zugwelleninduziert
NO frei, fördern
die Revaskularisierung, induzieren den Wiederaufbau von hyalinen
Knorpel (Osteochondrosis dissecans) und induzieren die natürliche Apoptose (nicht-nekrotischer
Zelltod ohne Entzündungsreaktion).
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Die
erfindungsgemäßen Stoßwellen
sind deshalb besonders geeignet zur Behandlung von vernarbtem Sehnen-
und Bändergewebe
sowie von schlecht heilenden offenen Wunden, insbesondere ulcus
cruris/hypertonicum, ulcus varicosum oder ulcus terebrans aufgrund
eines dadurch verursachten verbesserten Heilungprozesses.
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Eine
weitere Verwendung betrifft die Behandlung von Rückenmarks- und Nervenverletzungen,
zum Beispiel Rückenmarksverletzungen
mit einhergehender Ödemisierung.
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Grundsätzlich ist
die Verwendung einer erfindungsgemäßen Vorrichtung in allen Fällen angesagt in
denen es um die Behandlung von Erkrankungen mit erniedrigter Apoptoserate
geht, vorzugsweise bei hepatozellulären Karzinomen, Cholangio-Karzinomen, Kolonkarzinomen
oder Pankreas-Karzinomen, insbesondere in Fällen von Chemotherapieresistenz.
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Außerdem eignet
sich die erfindungsgemäße Vorrichtung
zur Behandlung von Tumoren mit gestörter Expression des Proteins
p53. Beispielsweise ist der Verlust der p53-Tumorsuppressor-Gen-Funktion
ein häufiges
Ereignis bei malignen Tumoren. Das Fehlen der p53-abhängigen Apoptose
spielt nicht nur eine wesentliche Rolle in der Karzinogenese, sondern
auch bei der Therapieresistenz als auch bei der Chemo- und/oder
Strahlenresistenz maligner Tumoren. So weisen zum Beispiel humane
Melanome bzw. Mesotheliome trotz typischerweise nicht mutiertem p53
eine ausgeprägte
Resistenz gegen Bestrahlungs- und Chemotherapie auf. Die Therapieresistenz
läßt die Inaktivierung
bestimmter molekularer Komponenten in p53-assoziierten Apoptose-Kaskaden
vermuten. Als mögliche
Ursache für
die beobachtete Therapie-Resistenz kommt sowohl eine mutationsbedingte
Inaktivierung von p53-induzierenden Genen als auch die Inaktivierung
von p53-induzierten Effektorgenen in Frage.
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Verschiedene
krebsauslösende
Viren haben Mechanismen entwickelt, um den Tod ihrer Wirtszellen
zu verhindern. Humane Papilloma-Viren (HPV) bilden zum Beispiel
das Protein E6, welches den Apoptose-Promoter p53 bindet und inaktiviert.
Das Epstein-Barr-Virus (EBV), das Mononukleose und das Burkitt-Lymphom
verursacht, produziert ein Bcl-2-ähnliches Protein, das die Apoptose
verhindert.
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Weiterhin
wird somit die erfindungsgemäße Vorrichtung
zur Behandlung von durch Virusinfektionen verursachte Tumore verwendet,
z.B. zur Behandlung eines Cervixcarcinoms.
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Weitere
Vorteile, Merkmale und Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich aus
den nachfolgenden Beschreibung der Erfindung.
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Es
zeigen:
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1:
eine Übersicht
der erfindungsgemäßen Vorrichtung
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2a:
eine schematische Darstellung des Druckverlaufs einer normalen Stoßwelle
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2b:
eine invertierte Stoßwelle
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3:
eine elektro-hydraulische Stoßwellenquelle
mit einem beschichteten Reflektor
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4:
elektro-hydraulische Stoßwellenquelle
mit einem soliden Weichreflektor
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In 1 sind
die wesentlichen Elemente der Vorrichtung zur Behandlung von Knochen
und/oder Weichteilen des menschlichen oder tierischen Körpers und/oder
zur Modifikation von Zellen und Geweben mittels extrakorporaler
Stoßwellen
schematisch zusammengestellt. Die Vorrichtung umfasst einen Applikatorkopf 3 mit
einer Koppelmembran 4, der flexibel und beweglich über eine
Leitung 2 mit einer Versorgungs- und Steuereinheit 1 verbunden
ist. Der Applikatorkopf 3 wird auf das zu bearbeitende
Objekt oder die zu behandelnde Stelle eines menschlichen oder tierischen
Körpers
ausgerichtet.
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2a gibt
schematisch den zeitlichen Druckverlauf einer normalen Stoßwelle wieder.
Stoßwellen
sind transiente Druckschwankungen, die sich nach allen Richtungen
ausbreiten. Sie beginnen jeweils mit einem raschen Druckanstieg,
wobei der Spitzendruck innerhalb von 1 ns bis 1000 ns erreicht wird.
an den positiven Druckpuls schließt sich eine länger andauernde,
negative Druckphase mit deutlich geringerer Amplitude an. Dieser
sog. Zugwellenanteil wird üblicherweise
als ungünstig
angesehen, weil durch die dabei entstehenden Zugkräfte die
Kohäsionskräfte des
betroffenen Mediums leicht überschritten
und Kavitationseffekte verursacht werden können. Der Wellenanstieg wird üblicherweise
durch die Anstiegszeit Tr und die zeitliche
Druckänderung dp/dt
im Bereich zwischen 10% und 90% des Spitzendrucks beschrieben.
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2b zeigt
die invertierte Stoßwelle,
wie sie gemäß vorliegender
Erfindung angewendet wird. Sie liefert im Spitzenwert einen negativen
Druckimpuls und somit einen hohen Zugwellenanteil gefolgt von einem
positiven, längerwelligen
positiven Druckwellenteil.
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Wenngleich
die biologische Wirkung invertierter Stoßwellen möglicherweise noch nicht in
allen Einzelheiten verstanden wird, so kann man doch davon ausgehen,
dass die entstehenden hohen Scherkräfte zu Stresserscheinungen
bei den betroffenen Zellen im Gewebe führen und möglicherweise zu einer Anregung
des Harnsäurezyklus
oder zur Freisetzung von NO im biologischen Gewebe führen, wodurch
Regenerierungsprozesse verbunden mit einer Gewebeerneuerung in Gang
gesetzt werden.
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3 zeigt
einen Schnitt durch einen wassergefüllten Applikatorkopf 3 nach
dem elektro-hydraulischen Prinzip. Der elliptische Reflektor 7 erzeugt
einen Fokus 6, in dem die Stoßwellen zusammenlaufen. Je
nach Anwendungsgebiet kann der Reflektor auch als Paraboloid oder
Kugelfläche
ausgebildet sein, ohne dass er einen definierten Fokus erzeugt.
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In
der gezeichneten Ausführungsform
befinden sich am inneren Brennpunkt des elliptischen Reflektors 7 die
Elektroden 5. Der Reflektor besitzt an der Oberfläche eine
Beschichtung aus Latex 7a, das eine deutlich geringere
akustische Impedanz Z als Wasser aufweist. Z berechnet sich bekanntlich
als Produkt der Schallgeschwindigkeit c und der Dichte ρ, wobei die
Schallgeschwindigkeit wiederum im wesentlichen vom E-Modul bestimmt
wird. Weitere geeignete Materialien sind Gummi, Neopren und geschlossenporige
Schaumstoffe. Beim Übertritt
aus dem Medium Wasser mit vergleichsweise hoher akustischer Impedanz
in die Beschichtung erfährt
die Stoßwelle
eine Phasenumkehr, wobei ein großer Teil der akustischen Energie
in Form der invertierten Stoßwelle
reflektiert wird. Ein geringerer Teil wird transmittiert und unter
gewissen Absorptionsverlusten letztlich wieder reflektiert. Die
Dicke der Beschichtung ist dabei hinsichtlich Laufstrecke und Absorption
so gewählt,
dass der normalreflektierte Anteil den dem invertierten Druckpuls
nachlaufenden Teil der Stoßwelle
kompensiert. Der Reflektor befindet sich in einem Kunststoffhalter 8 im
Handstück 9.
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In
der Ausführungsform
von 4 ist der beschichtete Reflektor von 3 gegen
einen soliden Weichreflektor 7b ausgetauscht, der im wesentlichen aus
Vollgummi besteht. Er ist so dimensioniert, dass transmittierte
Anteile der einfallenden Stoßwelle durch
Absorption ausreichend gedämpft
werden, so dass der Reflektor eine reine Phasenumkehr der einfallenden
Stoßwelle
bewirkt. Die Vorrichtung enthält ein
steckbares Auswechselteil, das aus mindestens einer elektrischen
Verbindung und einem Reflektorteil des Applikatorkopfs 3 besteht.
Die elektrische Verbindung umfasst dabei einen Stecker mit Außenleiter 10,
Isolator 11 und Innenleiter 12.
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Fig.1:
- 1
- Versorgungs-
und Steuereinheit
- 2
- Leitung
- 3
- Applikatorkopf
- 4
- Koppelmembran
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Fig. 2:
- a
- Normale
Stosswelle (Druck/Zeit Verlauf)
- b
- Invertierte
Stosswelle (Druck/Zeit Verlauf)
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Fig. 3:
- 3
- Applikatorkopf
- 4
- Koppelmembran
- 5
- Elektroden
- 6
- Fokus
(Therapiefokus)
- 7
- Reflektor
- 7a
- Oberflächenbeschichtung
aus Latex
- 8
- Kunststoffhalter
des Reflektors
- 9
- Handstück
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Fig. 4:
- 3
- Applikatorkopf
- 4
- Koppelmembran
- 5
- Elektroden
- 7
- Reflektor
- 7b
- solider
Weichreflektor
- 10
- Aussenleiter
- 11
- Isolator
- 12
- Innenleiter