DE10350397A1 - Radioaktives Arsentriiodid und dessen Verwendung zur radioaktiven Markierung - Google Patents
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Abstract
Beschrieben ist radioaktives Arsentriiodid der Formel *Asl¶3¶, wobei* für 70, 71, 72, 74, 76 oder 77 steht, sowie ein Verfahren zur radioaktiven Markierung organischer Verbindungen, wobei mindestens eine reaktive Gruppe in den zu markierenden Verbindungen mit dem Arsen(III)halogenid unter Ausbildung einer kovalenten Bindung reagiert. Die zu markierende Verbindung ist vorzugsweise eine Aminosäure, ein Peptid oder ein Protein. Sie enthält vorzugsweise Mercaptogruppen und/oder primäre Aminogruppen. Gegebenenfalls wird sie auf bekannte Weise chemisch so modifiziert, daß geeignete Bindungsstellen entstehen.
Description
- Die vorliegenden Erfindung betrifft radioaktives Arsentriiodid sowie ein Verfahren zur Markierung mit radioaktivem Arsentriiodid.
- Radioisotope haben eine große Bedeutung in der nuklearmedizinischen Diagnostik und Therapie. Die nuklearmedizinische Diagnostik umfaßt zwei bildgebende Verfahren, die single-photo-emission-tomography (SPET) und die positron-emission-tomography (PET). In dem erstgenannten Verfahren kommen Radioisotope zum Einsatz, die bei ihrem radioaktiven Zerfall gamma-Strahlung im Energiebereich von etwa 100 bis 300 keV emittieren. Die am häufigsten eingesetzten Nuklide sind 99mTc (6,02 h Halbwertszeit, 141 keV), 111In (2,81 d; 245 keV) und 123I (13,2 h; 159 keV). Für die PET sind Nuklide erforderlich, die unter Aussendung eines Positrons zerfallen. Diese Bedingung erfüllen insbesondere die Radioisotope 11C (20,4 min; 99,8 % β+), 13N (9,96 min; 100 % β+), 15O (2,03 min; 99,9 % β+) und 18F (109,7 min; 96,9 % β+). Für Prozesse mit längeren biologischen Halbwertszeiten werden allgemein Positronen-emittierende Metalle wie 86Y (14,7 h; 34 % β+) oder 64Cu (12,7 h; 50 % β+) sowie die Halogene 76Br oder 124I eingesetzt. Diese werden mit Hilfe von geeigneten Komplexbildnern an die Zielmoleküle koordinativ gebunden. Gerade bei der Anwendung von nuklearmedizinisch relevanten, tumoraffinen Peptiden, Antikörpern oder Fragmenten davon sind häufig Radionuklide mit einer längeren Halbwertszeit erforderlich. Solche Radionuklide sind für Therapie und Diagnostik von besonderem Interesse. Aufgrund der längeren Halbwertszeiten und der in vivo-Stabilitäten gelten Yttrium-, Kupfer- und Arsen-Radioisotope als besonders vielversprechend. Besonders hervorzuheben sind hierbei 70As (52,6 min Halbwertszeit; 90 % β+), 71As (64,8 h; 30 % β+), 72As (26 h; 88 % β+),74As (17,78 d; 29 % β+), 76As (26,4 h; β–) und 77As (38,8 h; β–). Arsen bildet mit den meisten Nichtmetallen starke kovalente Bindungen. Arsenhaltige Pharmaka sind zudem seit Jahrhunderten bekannt. Solche Pharmaka werden auch heute noch entwickelt.
- In der
DE 100 28 056 A1 ist ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zur Abtrennung von trägerfreiem Arsen-72 aus einem Gemisch von Selen-72 und Arsen-72 offenbart. In einer Quarz- oder Glasapparatur wird dabei eine 72Se enthaltende Lösung beispielsweise mit Kaliumchlorid und konz. Salzsäure versetzt und die Mischung auf etwa 100 °C erhitzt. Über die heiße Lösung läßt man dann einen Strom von HCl-Gas streichen, der das aus der Mischung abdestillierende 72AsCl3 (Siedepunkt: 130,2 °C) aufnimmt. Das als Mutternuklid fungierende 72Se verbleibt dagegen in der salzsauren Lösung. Der Gasstrom wird dann durch eine Adsorberkartusche geleitet, die beispielsweise Aktivkohle enthält. Das Arsen-72-Radionuklid wird an den Adsorber gebunden und kann anschließend mit einem wäßrigen oder nicht-wäßrigen Lösemittel als trägerfreies 72As herausgespült werden. - Ein Verfahren zur Abtrennung von Arsen-72 von einem geträgerten (carrier added) Vorläufer Selen-72 ist in der
US 5,371,372 offenbart. In dem Verfahren wird das ca-Selen-72, das in Form von seleniger Säure vorliegt, mit Hydrazindihydrochlorid zu elementarem Selen reduziert, das durch Filtrieren abgetrennt wird, während das Arsen in Lösung bleibt. Das Selen muß anschließend durch Oxidation erneut in eine lösliche Form überführt werden. Das Verfahren ist aufwendig und dementsprechend schwierig zu handhaben. - Weiterhin bekannt ist ein Dimethylchlorarsin, (H3C)2AsCl, das radioaktives Arsen-76 enthält. Beschrieben ist auch die Umsetzung des radioaktiven Dimethylchlor-arsins mit Mercapto-Gruppen enthaltenden Biomolekülen (Int. J. Appl Radiat. Isotop. 33 [1982] 1477 – 1478).
- Zur Markierung von Molekülen, insbesondere solchen, die in biologisch aktivem Material vorkommen, sind Arsen-Radioisotope von besonderem Interesse. Es stehen jedoch bis heute keine einfach zu handhabenden trägerfreien (no-carrier-added, nca) oder geträgerten (carrier-added, ca) Arsenverbindungen zur Verfügung, mit denen eine solche Markierung durchgeführt werden könnte.
- Gefunden wurde nunmehr, daß diese Aufgabe gelöst werden kann mit radioaktiven Arsentriiodid, *Asl3, und davon abgeleiteten Verbindungen, in denen 2 der 3 Iodatome durch Substituenten ersetzt sind, die unter den bei Markierungsreaktionen herrschenden Bedingungen unverändert bleiben.
- Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist demgemäß radioaktives *Asl3, wobei *As für Arsen-70, -71, -72, -74, -76 oder -77 steht. In einer besonderen Ausführungsform ist das *Asl3 geträgert, d.h. mit nicht- radioaktivem Asl3 vermischt.
- Herstellen läßt sich das radioaktive Arsentriiodid beispielsweise nach folgendem Verfahren:
Ein bestrahltes Target aus Germaniumoxid (je nach zu produzierendem Isotop in einem Kernreaktor oder einem Cyclotron bestrahlt) wird in konz. HF gelöst. Es bildet sich Germaniumhexafluorat GeF6 2–. Durch Zugabe von KI wird nun Asl3 gebildet. Das nca- oder ca-*Asl3 wird zweckmäßig in einer Festphasenextraktionskartusche fixiert, während das GeF6 2– in der mobilen Phase verbleibt. Mit einem organischen Lösungsmittel, wie z.B. Methylenchlorid, Dimethylformamid oder Ethanol kann es dann schnell (in maximal etwa 30 min) und praktisch quantitativ von dem Adsorbens in der Kartusche eluiert werden. - Arsentriiodid kann prinzipiell dreimal mit Nucleophilen reagieren. Das sind insbesondere Verbindungen, die mindestens eine Amino-, Hydroxy- und/oder Mercapto-Gruppen aufweisen. In einer bevorzugten Ausführungsform sind daher 2 der 3 Halogenatome ersetzt durch Atome oder Gruppen, die unter den Bedingungen, die bei den Markierungsreaktionen herrschen, nicht reagieren. Das sind beispielsweise Alkylgruppen, insbesondere Methyl-, Ethyl-, Propyl- oder Isopropylgruppen oder Phenyl- und/oder Alkylsulfanylgruppen, insbesondere Methylsulfanyl- oder Ethylsulfanyl-Gruppen. Die 2 Gruppen können auch untereinander verbunden sein, beispielsweise durch eine oder mehrere Methylen gruppen. Das ist beispielsweise der Fall bei einer Propan-1,3-diylbissulfanyl-Gruppe (-S-CH2-CH2-CH2-S-).
- Diese Derivate mit nur noch einer reaktionsfähigen As-I-Bindung sind auf einfache und dem Fachmann prinzipiell bekannte Art erhältlich. So kann nca- oder ca-*Asl3 mit Propan-1,3-dithiol in Gegenwart von Pyridin als Base bei tiefer Temperatur zu nca- oder ca-Propan-1,3-diylbissulfanyl-arseniodid umgesetzt werden. Pyridin fällt dabei im Laufe der Reaktion als unlösliches Pyridiniumiodid aus. Das ca-Propan-1,3-diylbissulfanyl-arseniodid ist empfindlich gegenüber Licht und Sauerstoff. Es kann durch Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) isoliert werden und danach für Reaktionen mit den zu markierenden Verbindungen eingesetzt werden. Die zu markierenden Verbindungen sind wiederum solche, die SH- und/oder NH2-Gruppen enthalten, beispielsweise eine Aminosäure mit Thiolgruppen, wie Cystein. Ebenso gut können auch Peptide oder Proteine markiert werden, die SH-Gruppen und/oder primäre Aminogruppen enthalten. Die markierte Verbindung wird zweckmäßig wiederum mit Hilfe der HPLC isoliert. Des weiteren können in relevanten Biomolekülen durch chemische Modifikationen geeignete SH-Bindungsstellen geschaffen werden. Hier bieten sich vor allem zwei Möglichkeiten an: zum einen die Schaffung zusätzlicher SH-Funktionalisierungen, z.B. durch Umsetzung mit SATA (N-Succinimidyl S-Acetylthioacetat), und zum anderen eine schonende Reduktion vorhandener Disulfidbrücken mit gängigen Reduktionsmethoden, wie dem Zusatz von Sn2+ oder Mercaptoethanol.
- Die entsprechenden, nicht-radioaktiven Arsenverbindungen lassen sich in gleicher Weise erhalten.
- Zwischen dem radioaktiven Arsen und der zu markierenden Verbindung kann noch eine Brückengruppe angeordnet sein. Beispielsweise kann das oben genannte geträgerte oder nichtgeträgerte Propan-1,3-diylbissulfanyl-arseniodid zunächst unter Ausschluß von Licht und Sauerstoff mit mit 4-Mercapto buttersäure in Gegenwart einer Base, wie Pyridin, umgesetzt werden. Im Verlauf der Reaktion fällt Pyridiniumiodid aus. Die mit dem radioaktiven Arsen substituierte Buttersäure kann dann unter Zuhilfenahme von einem Standard- Aktivierungsreagens, wie Tetramethyluronium-hexafluorophosphat (HATU), mit einem Peptid umgesetzt werden. Als Resultat davon wird ein mit radioaktivem Arsen markiertes Peptid erhalten.
- Eine weitere Möglichkeit besteht darin, große SH-haltige Moleküle, z.B. Antikörper, auch direkt mit nca *Asl3 umzusetzen. Hierzu wird das Molekül mit nca *Asl3 bei T=37,5 °C für eine bestimmte Zeit inkubiert. Das markierte Molekül kann über HPLC aufgereinigt werden.
- Zahlreiche der erfindungsgemäß markierten Verbindungen sind von besonderem Wert bei der Diagnose und Therapie von Krankheiten.
- Das folgende Beispiel dient zur Illustration der Erfindung.
- a) No-carrier-added *Asl3 wurde in 5 ml wasserfreiem Methylenchlorid gelöst. Die Lösung wurde unter einer Argon-Schutzgasatmosphäre in einem mit Aluminiumfolie vor Licht geschützten Kolben gerührt und auf –10 °C abgekühlt. Zu der gekühlten Lösung wurden dann nacheinander jeweils 1 μl Propan-1,3-dithiol und Pyridin gegeben. Nach dem Auftauen wurde zur Vervollständigung der Reaktion noch weitere 15 min gerührt. Das Propan-1,3-diylbissulfanyl-arseniodid wurde dann durch HPLC aufgereinigt.
- b) Das gemäß a) erhaltene Propan-1,3-diylbissulfanyl-arseniodid wurde ohne Reinigung weiter umgesetzt. Dazu wurde die Lösung erneut auf –10 °C abgekühlt und 5 mg N-tert.-Butoxycarbonyl-cystein-benzylester sowie 1 μl Pyridin hinzugefügt. Anschließend wurde die Lösung auf Raumtemperatur erwärmt und noch 15 min nachgerührt. Die Reaktionsmischung wurde anschließend auf Eis gegeben. Die organische Phase wurde abgetrennt, auf 2 ml eingeengt und durch präparative HPLC gereinigt (Luna C18(2), 250 × 30 mm, 5 micron, unter Verwendung eines Wasser/Methanol-Gemisches, 1 : 9 v/v).
- c) Erhalten wurde auf diese Weise ein radioaktiv markiertes, mit Schutzgruppen versehenes Cystein (N-tert.-Butoxycarbonyl-S-(propan-1,3-diylbissulfanyl)-arsanyl-cystein-benzylester), dessen Schutzgruppen nun mit dem Chemiker geläufigen Standard-Methoden entfernt werden können. Am Schluß erfolgt noch ein letzter Aufreinigungschritt mittels HPLC.
Claims (7)
- Radioaktives Arsentriiodid der Formel *Asl3, wobei * für 70, 71, 72, 74, 76 oder 77 steht.
- Verfahren zur radioaktiven Markierung organischer Verbindungen, dadurch gekennzeichnet, daß sie mit radioaktivem Arsentriiodid der Formel *Asl3, wobei *As für 70As, 71As, 72As, 74As, 76As oder 77As steht, umgesetzt werden, wobei mindestens eine reaktive Gruppe in den zu markierenden Verbindungen mit dem Arsen(III)halogenid unter Ausbildung einer kovalenten Bindung reagiert.
- Verfahren gemäß Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß das radioaktive Arsentriiodid im Gemisch mit nicht-radioaktivem Arsentriiodid eingesetzt wird (carrier-added).
- Verfahren gemäß Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß zwei der drei Iodatome in dem nca- oder ca-Arsentriiodid vor der Umsetzung mit der zu markierenden Verbindung ersetzt werden durch Reste, die bei der Markierungsreaktion unverändert bleiben oder daß das nca- oder ca-Arsentriiodid direkt als Markierungsagens eingesetzt wird.
- Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 2 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen dem Arsen und der zu markierenden Verbindung eine Brückengruppe eingefügt wird.
- Verfahren gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 2 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die zu markierende Verbindung mindestens eine Thiol- und/oder eine primäre Aminogruppe umfaßt.
- Verfahren gemäß Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die zu markierende Verbindung eine Aminosäure, ein Peptid oder ein Protein ist.
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