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Die
Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Längsführung eines Kraftfahrzeugs,
mit einem Fahrerassistenzsystem, das ein Bremsanforderungssignal
an eine Brems-Steuereinrichtung ausgibt.
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Ein
Beispiel einer solchen Vorrichtung ist ein sogenanntes ACC-System
(Adaptive Cruise Control), das es unter anderem gestattet, die Geschwindigkeit
des Fahrzeugs an die Geschwindigkeit eines vorausfahrenden, mit
Hilfe eines Radarsystems georteten Fahrzeugs anzupassen, so daß das vorausfahrende
Fahrzeug in einem geeigneten Sicherheitsabstand verfolgt wird. Dazu
greift das Fahrerassistenzsystem in das Antriebssystem und erforderlichenfalls
auch in das Bremssystem des Fahrzeugs ein. Der Eingriff in das Bremssystem
erfolgt bisher zumeist in der Weise, daß die Bremsverzögerung auf eine
vom Fahrerassistenzsystem berechnete Soll-Bremsverzögerung geregelt
wird. Wenn diese Regelung in der Brems-Steuereinrichtung erfolgt,
bildet die Soll-Bremsverzögerung
das Bremsanforderungssignal, das vom Fahrerassistenzsystem ausgegeben
wird.
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Die
heute im Einsatz befindlichen ACC-Systeme sind generell für Fahrten
mit höherer
Geschwindigkeit, beispielsweise auf Autobahnen ausgelegt. Es gibt
jedoch Bestrebungen, den Funktionsbereich sol cher Systeme auf niedrigere
Geschwindigkeiten zu erweitern und insbesondere auch eine sogenannte Stop
and Go Funktion zu realisieren, bei der das Fahrzeug, beispielsweise
bei einem Verkehrsstau, auch automatisch in den Stand gebremst werden kann,
wenn das vorausfahrende Fahrzeug anhält. Dabei tritt das Problem
auf, daß Ungenauigkeiten
bei der Messung der Ist-Bremsverzögerung sich bei niedrigen Geschwindigkeiten
gravierender auswirken, so daß die
Regelung instabil wird. Besonders problematisch ist dabei der unstetige Übergang
in den Stand (Anhalteruck). Bei Fahrzeugen mit Automatikgetriebe
muß überdies
die Bremse auch im Stand betätigt
werden, um ein Anrollen des Fahrzeugs zu verhindern. Da im Stand
jedoch die Ist-Bremsverzögerung
gleich null ist, kann das Bremsanforderungssignal im Stand nicht über eine Soll-Bremsverzögerung definiert
werden.
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Diese
Probleme können
vermieden oder zumindest gemildert werden, wenn das vom Fahrerassistenzsystem
ausgegebene Bremsanforderungssignal nicht in einer Soll-Bremsverzögerung,
sondern direkt in einem Bremsdrucksignal besteht. Da jedoch die
mit einem gegeben Bremsdruck erreichte Verzögerung des Fahrzeugs vom jeweiligen
Fahrzeugtyp und vom Zustand der Bremse (Temperatur, Feuchtigkeit)
abhängig
ist, muß in
diesem Fall das Fahrerassistenzsystem an den jeweiligen Fahrzeugtyp
angepaßt
werden und außerdem
eine Vielzahl von Parametern verarbeiten können, die sich auf den Zustand des
Bremssystems beziehen.
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Vorteile der
Erfindung
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Die
Erfindung mit den in Anspruch 1 angegebenen Merkmalen hat den Vorteil,
daß das
Fahrerassistenzsystem ohne spezielle Anpassungen in unterschiedlichen
Fahrzeugtypen eingesetzt werden kann und daß dennoch eine präzise Steuerung
oder Regelung des Bremsverhaltens insbesondere im unteren Geschwindigkeitsbereich
ermöglicht
wird. Dies wird erfindungsgemäß dadurch
erreicht, daß das
Fahrerassistenzsystem als Bremsanforderungssignal ein Wegsignal
ausgibt, das angibt, innerhalb welchen Weges das Fahrzeug eine vorgegebene
Zielgeschwindigkeit erreicht haben soll. Inhalt des Wegsignals ist
also beispielsweise die Forderung: "Nach einer Wegstrecke von x Metern soll
das Fahrzeug die Geschwindigkeit y km/h haben" oder im Fall eines Anhaltevorgangs: "Nach einer Wegstrecke
von x Metern soll das Fahrzeug stehen". Die Umsetzung dieser Forderung bleibt
dann der Brems-Steuereinrichtung überlassen.
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Damit
wird erreicht, daß alle
Regelungs- oder Steuerungsvorgänge,
die vom Fahrzeugtyp, vom Fahrzeugzustand und/oder vom Zustand der Fahrzeugbremse
abhängig
sind, in der Brems-Steuereinrichtung konzentriert sind, so daß das Fahrerassistenzsystem
universell, ohne besondere Anpassungen, für verschiedene Fahrzeugtypen
eingesetzt werden kann. Da die Brems-Steuereinrichtungen, insbesondere
wenn sie mit einer Blockierschutzfunktion (ABS) ausgerüstet sind,
ohnehin mit einer Sensorik zusammenarbeiten, die maßgebliche
Größen wie
etwa Raddrehzahlen und Radbeschleunigungen erfaßt, und da sich anhand dieser
Sensorsignale auch die aktuellen Einsatzbedingungen der Bremse bestimmen
lassen, insbesondere der Fahrbahn-Reibungskoeffizient und der Zusammenhang
zwischen Bremsdruck und Bremsverzögerung, sind die für die Umsetzung
des Bremsanforderungssignals benötigten
Daten unmittelbar in der Brems-Steuereinrichtung verfügbar.
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Anhand
der bekannten Ist-Geschwindigkeit des Fahrzeugs ist die Brems-Steuereinrichtung
in der Lage, die Bremsverzögerung
zu berechnen, die nötig ist,
damit die Zielgeschwindigkeit innerhalb der vom Wegsignal vorgegebenen
Strecke erreicht wird, und der Bremsdruck kann dann so gesteuert
oder geregelt werden, daß die
Vorgaben des Bremsanforderungssignals erfüllt werden. Situationsabhängig kann dabei
die Bremsverzögerung
in der Brems-Steuereinrichtung entweder gesteuert oder geregelt
werden. Bei sehr kleinen Geschwindigkeiten und insbesondere beim
Bremsen in den Stand wird man vorzugsweise eine Steuerung der Bremsverzögerung anhand
des für
den speziellen Fahrzeugtyp und den aktuellen Betriebszustand bekannten
Zusammenhangs zwischen Bremsdruck und Bremsverzögerung vorsehen. Auch der Bremsdruck,
der erforderlich ist, um das Fahrzeug im Stand zu halten, wird durch
die fahrzeugspezifische Brems-Steuereinrichtung bestimmt.
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Vorteilhafte
Weiterbildungen und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus
den Unteransprüchen.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform
sind für
die Kommunikation zwischen dem Fahrerassistenzsystem und der Brems-Steuereinrichtung
mindestens zwei Schnittstellen vorgesehen, von denen eine die Wegschnittstelle
ist, über
die das Bremsanforderungssignal in der Form eines Wegsignals ausgegeben
wird, während über die
andere Schnittstelle wahlweise ein anderes Bremsanforderungssignal, beispielsweise
eine Soll-Bremsverzögerung
oder ein Bremsdruck ausgebbar ist. So kann beispielsweise in einer
Situation, in der die Vorgabe einer Zielgeschwindigkeit, die nach
einer bestimmten Wegstrecke erreicht werden soll, nicht sinnvoll
ist, im Fahrerassistenzsystem ein Wechsel von der Wegschnittstelle
auf eine andere Schnittstelle, beispielsweise eine Verzögerungsschnittstelle
erfolgen. Als Beispiel kann etwa die Situation betrachtet werden,
daß das vorausfahrende
Fahrzeug wieder anfährt,
bevor das eigene Fahrzeug zum Stillstand gekommen ist. In diesem
Fall wird über
die Verzögerungsschnittstelle ein
Bremsanforderungssignal in der Form einer Soll-Bremsverzögerung ausgegeben,
das so beschaffen ist, daß gemäß einer
bestimmten Zeitfunktion ein allmählicher
Abbau der Bremsverzögerung und
somit ein sanfter und komfortabler Übergang von Bremsen auf Beschleunigen
erfolgt.
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Dabei
ist es zweckmäßig, wenn
die Brems-Steuereinrichtung die jeweilige Ist-Verzögerung an
das Fahrerassistenzsystem zurückmeldet. Die
Zeitfunktion für
die Soll-Bremsverzögerung
läßt sich
dann so anpassen, daß bei
einem Wechsel der Schnittstelle ein ruckfreier Übergang erfolgt.
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Eine
Rückmeldung
der Istwerte, nicht nur bei Benutzung der Verzögerungsschnittstelle, sondern auch
bei Benutzung der Wegschnittstelle, ist auch zweckmäßig, um
eine Überreaktion
des Systems in den Fällen
zu verhindern, in denen beispielsweise bei glatter Fahrbahn die
eigentlich erforderliche Bremsverzögerung nicht erreicht werden
kann. Nach dem sogenannten Basewert-Verfahren wird dann das vom Fahrerassistenzsystem
ausgegebene Bremsanforderungssignal so modi fiziert, das es um nicht
mehr als einen bestimmten Toleranzwert Δ von dem zurückgemeldeten Istwert abweicht.
Wenn z. B. auf glatter Fahrbahn der ursprünglich vom Fahrerassistenzsystem
berechnete und als Bremsanforderungssignal ausgegebe Anhalteweg
nicht eingehalten werden kann, wird der Soll-Anhalteweg verlängert, so daß er nur
noch wenig über
dem bei diesen Fahrbahnbedingungen erreichbaren Anhalteweg liegt. Wenn
dann ein plötzlicher
Wechsel von einem glatten Fahrbahnabschnitt auf eine griffigere
Fahrbahn stattfindet, beträgt
die Soll/Ist-Differenz höchstens Δ, und demgemäß wird auch
die Bremsverzögerung
zunächst
nur moderat gesteigert. Erst wenn das Fahrerassistenzsystem durch
den zurückgemeldeten
Istwert darüber
informiert wird, daß nun
wieder ein kürzerer
Anhalteweg möglich
ist, wird der Anhalteweg wieder reduziert.
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Zeichnung
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Ein
Ausführungsbeispiel
der Erfindung ist in den Zeichnungen dargestellt und in der nachfolgenden
Beschreibung näher
erläutert.
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Es
zeigen:
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1 ein Blockdiagramm einer
erfindungsgemäßen Vorrichtung;
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2 ein Beispiel für den zeitlichen
Verlauf eines Bremsdrucksignals; und
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3 ein Weg-Zeit-Diagramm
zur Illustration der Anpassung eines Bremsanforderungssignals an
das tatsächliche
Bremsvermögen.
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Beschreibung
des Ausführungsbeispiels
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1 zeigt als Blockdiagramm
ein Fahrerassistenzsystem 10, beispielsweise ein ACC-System, und
eine Brems-Steuereinrichtung 12, die über eine Wegschnittstelle 14 und
eine Verzögerungsschnittstelle 16 miteinander
kommunizieren. Das Fahrerassistenzsystem 10 ent hält einen
Schnittstellenwähler 18,
der je nach Situation entscheidet, über welche der beiden Schnittstellen
die Kommunikation stattfindet.
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Über jede
der beiden Schnittstellen kann das Fahrerassistenzsystem 10 ein
Bremsanforderungssignal an die Brems-Steuereinrichtung 12 ausgeben und
so die Brems-Steuereinrichtung veranlassen, die Fahrzeugbremse zu
betätigen.
Im Fall der Wegschnittstelle 14 besteht das Bemsanforderungssigal in
einem Wegsignal s_soll, das in der Brems-Steuereinrichtung 12 in
einer Umrechnungseinheit 20 in Bremsdrucksignale Pi (i
= 1 – 4)
für jede
der vier Radbremsen des Fahrzeugs umgerechnet wird. Die Bremsdrucksignale
Pi werden an Bremsdruckregler 21 (Ri) weitergeleitet, die
den vier Rädern
des Fahrzeugs zugeordnet sind und den Bremsdruckaufbau an den Rädern bewirken.
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Jedem
Rad ist außerdem
ein Raddrehzahlmesser 22 zugeordnet, der die Raddrehzahl ωi des betreffenden
Rades mißt
und an die Brems-Steuereinrichtung meldet. Die Raddrehzahl ωi wird in
einem Wandler 24 anhand des bekannten Raddurchmesseres
in eine Radgeschwindigkeit vi umgerechnet, die die Umfangsgeschwindigkeit
des Rades und somit bei schlupffreiem Rollen auch die Istgeschwindigkeit des
Fahrzeugs repräsentiert.
Bei Bremsvorgängen kann
der Schlupf allenfalls dazu führen,
daß die
Radgeschwindigkeit vi kleiner ist als die Fahrzeuggeschwindigkeit.
In einem Auswahlblock 26 wird deshalb die Fahrzeuggeschwindigkeit
v_ist durch Maximumauswahl aus den vier Radgeschwindigkeiten vi gebildet.
Erforderlichenfalls kann dabei auch eine Korrektur für die unterschiedlichen
Radgeschwindigkeiten bei Kurvenfahren vorgenommen werden. Die Fahrzeuggeschwindigkeit
v_ist wird an die Umrechnungseinheit 20 gemeldet. Ein Differenzierglied 28 berechnet
aus der Fahrzeuggeschwindigkeit v_ist die aktuelle Bremsverzögerung (negative
Beschleunigung) a_ist, die ebenfalls an die Umrechnungseinheit 20 gemeldet
wird.
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Ein
Schlupfdetektor 30 vergleicht die Radgeschwindigkeiten
vi mit der Fahrzeuggeschwindigkeit v_ist und meldet den Schlupf
jedes Rades an den zugehörigen
Bremsdruckregler Ri. Ein Differenzierglied 32 berechnet
aus den gemessenen Radgeschwindigkeiten ωi die zugehörigen Winkelbeschleunigungen αi der Räder und
meldet diese ebenfalls an die Bremsdruckregler Ri. Anhand der Schlupf-
und Winkelbeschleunigungssignale sind die Bremsdruckregler Ri in
der Lage, eine Antiblockierregelung durchzuführen und jedes einzelne Rad
so zu bremsen, daß die
Bremskraft gleichmäßig auf
die linke und die rechte Fahrzeugseite verteilt wird und außerdem je nach
Achslast angemessen zwischen Vorder- und Hinterrädern aufgeteilt wird.
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Der
Wandler 24 berechnet aus den Winkelbeschleunigungen αi der Räder die
zugehörigen Rad-Bremsverzögerungen
ai, also die Zeitableitungen der Umfangsgeschwindigkeiten der Räder. Diese
Rad-Bremsverzögerungen
ai werden für
jedes Rad an einen Überwachungsblock 34 übermittelt,
der eine Funktion Pi(ai) aufzeichnet, die den Zusammenhang zwischen
Bremsdruck und Rad-Bremsverzögerung
für das
betreffende Rad sowie auch dem Maximalen Bremsdruck angibt, von
dem ab das Rad blockiert. Diese Funktion wird der Umrechnungseinheit 20 zur
Verfügung
gestellt.
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Über die
Wegschnittstelle 14 wird zusammen mit dem Wegsignal s_soll
auch eine Zielgeschwindigkeit vz übermittelt. Das Wegsignal s_soll
spezifiziert den Weg des Fahrzeugs, innerhalb dessen die Zielgeschwindigkeit
vz erreicht werden soll. Bei einem Anhaltevorgang ist vz gleich
null, und s_soll ist der Anhalteweg. Im folgenden soll als Beispiel
der Fall vz = 0 betrachtet werden. Für andere Werte von vz ist die
Arbeitsweise der Vorrichtung analog.
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Bei
gegebener Fahrzeuggeschwindigkeit v_ist (Anfangsgeschwindigkeit)
läßt sich
der Anhalteweg durch zweifache Integration der Bremsverzögerung berechnen.
Umgekehrt kann in der Umrechnungseinheit 20 anhand des
durch s_soll gegebenen Anhalteweges berechnet werden, welche Bremsverzögerung erforderlich
ist, um den Anhalteweg einzuhalten. Dabei kann zunächst idealisierend
von einer konstanten Bremsverzögerung
ausgegangen werden. Die so erhaltene Soll-Bremsverzögerung kann nun
in der Umrechnungseinheit 20 auf unterschiedliche Weisen
benutzt werden. Zum einen kann durch Vergleich der Soll-Bremsverzögerung mit
der aktuellen Bremsverzögerung
a_ist ein Bremsdrucksignal Pi erzeugt werden, das dazu dient, die
Bremsverzö gerung
auf den Sollwert einzuregeln. Voraussetzung dafür ist, daß die Ist-Bremsverzögerung genau
genug bestimmt werden kann. Dieser Regelalgorithmus wird deshalb
vorzugsweise bei höheren
Fahrzeuggeschwindigkeiten eingesetzt. Durch diese Regelung wird
die durch das Bremsdrehmoment des Motors verursachte Fahrzeugverzögerung automatisch
berücksichtigt.
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Zum
anderen kann anhand der berechneten Soll-Bremsverzögerung und
anhand der vom Überwachungsblock 34 zur
Verfügung
gestellten Funktion Pi(ai) der Bremsdruck Pi aufgesucht werden,
der für das
betreffende Rad die gewünschte
Soll-Bremsverzögerung
ergibt. In diesem Fall wird der Bremsdruck nicht geregelt, sondern
gesteuert. Die radspezifische Funktion Pi(ai) berücksicht
dabei auch den Zustand der Bremse, beispielsweise die Beschaffenheit
der Bremsbeläge,
Temperatur- und Feuchtigkeitseinflüsse und dergleichen. Da diese
Steuerung nicht von der gemessenen Bremsverzögerung abhängig ist, kann die Steuerung
auch bei kleineren Geschwindigkeiten bis hin zum Fahrzeugstillstand
ausgeführt
werden. Bei Fahrzeugstillstand setzt die Umrechnungseinheit 20 den
Bremsdruck Pi auf einen Wert, der ausreicht, das Fahrzeug im Stand
zu halten.
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In
der Umrechnungseinheit 20 kann anstelle einer konstanten
Bremsverzögerung
auch eine Bremsverzögerung
zugrunde gelegt werden, die nach einer bestimmten Zeitfunktion variiert,
wobei stets die Bedingung eingehalten wird, daß der durch Integration der
Bremsverzögerung
erhaltene Anhalteweg mit s_soll übereinstimmt.
Ein Beispiel einer solchen Zeitfunktion ist in 2 gezeigt. Die Bremsverzögerung ist
dort durch den zugehörigen
Bremsdruck P repräsentiert.
Zum Zeitpunkt t0 wird das Bremsanforderungssignal erstmals durch
das Fahrerassistenzsystem 10 ausgegeben. Der Bremsdruck und
die Bremsverzögerung
werden dann bis zum Zeitpunkt t1 mit einer bestimmten Rampe allmählich erhöht, dann
bis zum Zeitpunkt t2 konstant gehalten und dann mit einer bestimmten
Rampe allmählich wieder
verringert, bis das Fahrzeug zum Zeitpunkt t3 zum Stand kommt. Danach
wird der Bremsdruck auf einen etwas höheren konstanten wert gesetzt,
so daß das
Fahrzeug im Stand gehalten wird. Durch die rampenförmige Änderung
des Bremsdruckes wird ein sanftes Einsetzen und Abklingen der Bremsvorgänge und
somit ein hoher Fahrkomfort erreicht. Insbesondere die fallende
Rampe zwischen den Zeitpunkten t2 und t3 sorgt für eine Milderung des Anhalteruckes, wenn
das Fahrzeug zum Stand kommt. Die Lage der Zeitpunkte t1 und t2
auf der Zeitachse ist variabel und wird durch einen Komfort-Parameter
bestimmt, der entweder in der Umrechnungseinheit 20 fest
programmiert ist oder vom Fahrerassistenzsystem 10 übergeben
wird.
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Die
Zeitfunktion der Soll-Bremsverzögerung, die
durch die Kurve in 2 repräsentiert
wird, kann auch für
die Regelung des Bremsdruckes in einem geschlossenen Regelkreis
zugrunde gelegt werden. Der Übergang
von Regeln auf Steuern erfolgt dann zu einem geeigneten Zeitpunkt,
zu dem die Geschwindigkeit des Fahrzeugs so weit abgenommen hat,
daß die
Ist-Bremsverzögerung
nicht mehr genau genug gemessen werden kann. Bei diesen niedrigen Geschwindigkeiten
ist der Beitrag des Motordrehmoments zur Bremsverzögerung im
allgemeinen vernachlässigbar.
Bei Geschwindigkeiten unterhalb der Rollgeschwindigkeit, mit der
das Fahrzeug bei gelöster
Bremse rollen würde,
wirkt das Motordrehmoment beschleunigend, also im Sinne einer Verringerung der
Bremsverzögerung.
Dieser Effekt ist im gezeigten Beispiel durch die Funktion Pi(ai)
berücksichtigt, kann
wahlweise jedoch auch rechnerisch kompensiert werden.
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Aus
der gemessenen Fahreuggeschwindigkeit v_ist und der gemessenen Ist-Bremsverzögerung a_ist
kann die Umrechnungseinheit 20 durch Integration den voraussichtlichen
Anhalteweg s_ist prognostizieren, nachdem das Fahrzeug tatsächlich zum
Stillstand kommen wird. Dieser prognostizierte Anhalteweg wird über die
Schnittstelle 14 an das Fahrerassistenzsystem 10 zurückgemeldet.
Anstelle des prognostizierten Anhalteweges s_ist oder ergänzend dazu
kann auch ein Mindestanhalteweg s_min ausgegeben werden, d. h.,
der Anhalteweg, der bei maximal erreichbarer Bremsverzögerung mindestens
benötigt
wird. Die Parameter zur Bestimmung der maximalen Bremsverzögerung (Fahrbahnreibungskoeffizienten
etc.) sind in den Bremsdruckreglern 21 zumindest als Schätzgrößen verfügbar, und die
maximale Bremsverzögerung
läßt sich
daher z. B, anhand der Funktionen Pi(ai) bestimmen.
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Im
Fahrerassistenzsystem 10 wird das Wegsignal s_soll nach
dem sogenannten Basewert-Verfahren so gebildet, das es um nicht
mehr als einen bestimmten Toleranzwert Δ von dem prognostizierten Anhalteweg
s_ist bzw. dem Mindestanhalteweg s_min abweicht. Dies ist in 3 veranschaulicht. Zum Zeitpunkt τ0 wird das
Wegsignal s_soll0 ausgegeben, und die Brems-Steuereinrichtung 12 leitet den
Bremsvorgang ein. Das Weg-Zeit-Gesetz, das dem Wegsignal s_soll0
entspricht, ist in 3 durch die
Kurve 36 repräsentiert.
Es soll nun angenommen werden, daß aufgrund ungünstigerer
Bedingungen, beispielsweise wegen eisglatter Fahrbahn, die erforderliche
Fahrzeugverzögerung
nicht erreicht werden kann. Die Umrechnungseinheit 20 berechnet
daher einen größeren Mindestanhalteweg
s_min1, der durch die Kurve 38 repräsentiert wird. Daraufhin berechnet
das Fahrerassistenzsystem 10 ein neues Wegsignal, s_soll1
das nur um den Betrag Δ kleiner ist
als s_min1. Das zugehörige
Weg-Zeit-Gesetz ist durch die Kurve 40 repräsentiert.
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Zum
Zeitpunkt τ1
soll nun das Fahrzeug einen Fahrbahnabschnitt erreichen, in dem
die Fahrbahnoberfläche
wieder griffiger ist, so daß eine
höhere
Bremsverzögerung
erreichbar ist. Wäre
das ursprüngliche
Wegsignal s_soll0 beibehalten worden, so würde zu diesem Zeitpunkt eine
Vollbremsung eingeleitet, und der Fahrkomfort wäre erheblich beeinträchtigt.
Dieser Effekt wird hier dadurch vermieden, daß das Wegsignal in s_soll1
geändert
wurde. Da die Fahrbahn jetzt griffiger ist, prognostiziert die Umrechnungseinheit 20 nach
dem Zeitpunkt τ1
einen kleineren Mindestanhalteweg s_min2. Dementsprechend wird auch
das Wegsignal nun reduziert auf den Weg s_soll2, der wieder um den
Betrag Δ kleiner
ist als s_min2. Das zugehörige
Weg-Zeit-Gesetz
ist durch die Kurve 42 repräsentiert. Das Fahrzeug wird
nun etwas stärker
abgebremst und folgt dem Weg-Zeit-Gesetz, das durch die fett eingezeichnete Kurve 44 repräsentiert
wird, und kommt so nach dem prognostizierten Anhalteweg s_min2 zum
Stillstand. Auf diese Weise führt
der Umstand, daß die
Griffigkeit der Fahrbahn wieder zugenommen hat, zwar zu einer Verkürzung des
Anhalteweges von s_min1 auf s_min2, aber nicht zu einem unkomfortabel
scharfen Abbremsen. Der Toleranzwert Δ kann vom Fahrerassistenzsystem 10 situationsabhängig variiert
werden.
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In 3 ist der Einfachheit halber
vernächlässigt worden,
daß die
tatsächliche
Bremsverzögerung,
die sich als Reaktion auf das Bremsanforderungssignal einstellt,
erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung gemessen werden kann.
In der Praxis wird deshalb zwischen der Ausgabe des Wegsignals s_soll0
und der Rückmeldung
des prognostizierten Mindestanhalteweges s_min1 eine gewisse Zeit
vergehen. Der Weg, den das Fahrzeug in dieser Zeit zurückgelegt
hat, kann jedoch rechnerisch berücksichtigt
werden.
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Natürlich sollte
das Fahrerassistenzsystem hinreichend große Sicherheitsabstände vorsehen und
das Bremsanforderungssignal so rechtzeitig ausgeben, daß eine gewisse
Verlängerung
des Anhalteweges, bedingt durch Straßenglätte oder dergleichen, noch
akzeptiert werden kann und nicht zu einem Auffahrunfall führt. Wenn
aber die Soll-Bremsverzögerung
nach der in 2 gezeigten
Zeitfunktion berechnet wird, so besteht noch ein gewisser Spielraum,
den man für
eine Verkürzung
des Anhalteweges nutzen kann. Wenn man nämlich auf die Milderung des
Anhalteruckes und damit auf die rampenförmige Verringerung des Bremsdruckes
zwischen t2 und t3 verzichtet, und statt dessen die maximal mögliche Bremsverzögerung bis
zum Zeitpunkt t3 aufrechterhält,
wie in 2 durch die gestrichelt
eingezeichnete Kurve 46 illustriert wird, so ergibt sich
ein kürzerer
Anhalteweg der als s_min zurückgemeldet werden
kann. Erst wenn dieser Spielraum ausgeschöpft ist, wird der Soll-Anhalteweg
in der in 3 gezeigten
weise modifiziert.
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Über die
Verzögerungsschnittstelle 16 gibt das
Fahrerassistenzsystem 10 eine Soll-Bremsverzögerung a_soll
aus. Eine Regeleinheit 48 benutzt die vom Wandler 24 berechneten
Rad-Bremsverzögerungen
ai als Rückkopplungssignale
und stellt über
die Bremsdruckregler 21 die Bremsdrücke Pi so ein, daß die Bremsverzögerungen
an den einzelnen Rädern
auf die Soll-Bremsverzögerung
a_soll geregelt werden. Dies ist natürlich nur möglich, solange die Räder nicht
blockieren. Wenn bei glatter Fahrbahn das Antiblockiersystem aktiv
wird, kann nur eine kleinere Bremsverzögerung a_ist erreicht werden.
Diese Bremsverzögerung
a_ist wird über
die Verzögerungsschnittstelle 16 an
das Fahrerassistenzsystem zurückgemeldet
und führt
analog zu der in 3 illustrierten
Prozedur (Basewert-Verfahren) zu einer Anpassung der Soll-Bremsverzögerung a_soll.
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Wenn
der Schnittstellenwähler 18 einen Wechsel
von der Wegschnittstelle 14 auf die Verzögerungsschnittstelle 16 befiehlt,
wird die zurückgemeldete
Ist-Bremsverzögerung
a_ist dazu benutzt, die anfängliche
Soll-Bremsverzögerung
a_soll an den aktuellen Istwert anzupassen, so daß ein ruckfreier Übergang
erfolgt.
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In
einer modifizierten Ausführungsform
kann die Verzögerungsschnittstelle 16 durch
eine Bremsdruck-Schnittstelle ersetzt sein, über die vom Fahrerassistenzsystem 10 ein
Soll-Bremsdruck an die Brems-Steuereinrichtung 12 ausgegeben
wird. In der Brems-Steuereinrichtung 12 wird dieser Soll-Bremsdruck
dann mit einem fahrzeugspezifischen Verstärkungsfaktor modifiziert, so
daß man
die von den Bremsdruckreglern 21 einzustellenden Bremsdrücke P1 an
den einzelnen Rädern
erhält.
Die Ist-Bremsdrücke
an den einzelnen Rädern
werden dann mit Hilfe des Verstärkungsfaktors
wieder in einen Ist-Bremsdruck
für das
Gesamtfahrzeug umgerechnet, der dann anstelle der Ist-Bremsverzögerung a_ist
an das Fahrerassistenzsystem 10 zurückgemeldet wird.
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Während im
gezeigten Beispiel die Umrechnungseinheit 20 baulich und
logisch in die Brems-Steuereinrichtung 12 integriert ist,
kann sie wahlweise auch als selbständige Funktionseinheit ausgebildet
oder in eine andere Systemkomponente, beispielsweise einen Antriebsstrang-Manager,
integriert sein. Diese Systemkomponente wäre dann, obgleich sie baulich
und/oder logisch selbständig
ist, als Bestandteil der Brems-Steuereinrichtung 12 im
Sinne der vorliegenden Anmeldung anzusehen und wäre an den jeweiligen Fahrzeugtyp
anzupassen, während
das Fahrerassistenzsystem 10 vom Fahrzeugtyp unabhängig ist.
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Die
Funktionen der Brems-Steuereinrichtung 12 einschließlich der
Umrechnungseinheit 20 können nicht
nur vom Fahrerassistenzsystem 10, sondern auch von anderen
Fahrzeugsystemen benutzt, werden, beispielsweise von einem Kollisionsvermeidungs-
oder Crash-Matigation- System,
das unabhängig
vom Fahrerassistenzsystem arbeitet und gegebenenfalls auch die vom
Fahrer über
das Fahrpedal und das Bremspedal gesteuerten Aktionen übersteuert,
um einen Aufprall zu vermeiden oder die Unfallfolgen zu mildern.