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Die Erfindung bezieht sich auf ein
Verfahren sowie eine Vorrichtung zur Spurhaltung eines mit mindestens
einem lenkbaren Rad versehenen Fahrzeugs. Die Erfindung bezieht
sich weiterhin auf ein mit mindestens einem lenkbaren Rad versehenes Fahrzeug,
das mit einer derartigen Vorrichtung ausgestattet ist.
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Die moderne Fahrzeugentwicklung,
insbesondere im Kraftfahrzeugbereich, ist geprägt von einem steigenden Einsatz
an elektronischen Systemen, die in kritischen Betriebssituationen
unterstützend
in die Fahrzeugsteuerung eingreifen und verhindern, dass das Fahrzeug
außer
Kontrolle des Fahrers gerät.
Allgemein bekannt sind hierbei beispielsweise Anti-Blockier-Systeme
und Anti-Schlupf-Systeme,
bei denen die Antriebs- oder Bremsleistung automatisch, d.h. entkoppelt
von den Vorgaben des Fahrers, reduziert wird, wenn das Fahrverhalten
des Fahrzeugs instabil zu werden droht.
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Ebenfalls auf einer automatischen
Regelung der Antriebs- und/oder
Bremsleistung beruht ein aus der
DE 19 02 944 A1 bekanntes Verfahren zur Verhinderung
einer Schleuderbewegung eines Fahrzeugs. Bei dem bekannten Verfahren
wird die auf die Räder
des Fahrzeugs wirkende Querbeschleunigung oder Quergeschwindigkeit
gemessen. Die verfahrensgemäße automatische
Regelung spricht an, wenn die Querbeschleunigung oder Quergeschwindigkeit
einen kritischen Wert übersteigt.
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Eine kritische Betriebssituation
kann insbesondere dann eintreten, wenn das fahrende Fahrzeug einem
Seitenwind oder einer ähnlichen,
quer zur Fahrtrichtung wirkenden externen Störkraft ausgesetzt ist. Unter
Einfluss der externen Störkraft weicht
das Fahrzeug seitlich von seiner ungestörten, im Wesentlichen durch
den Lenkeinschlag oder Lenkwinkel der lenkbaren Räder vorgegebenen Fahrspur
ab. Um ein herkömmliches,
d.h. rein manuell gelenktes Fahrzeug in dieser Situation dennoch auf
Spur zu halten, muss der Fahrer der Abweichung entgegenlenken. Seitenwinde
greifen nun häufig
mit sprunghaft wechselnder Stärke
und Richtung am Fahrzeug an. Dies kann einerseits durch böiges Auftreten
des Seitenwinds oder durch abrupt wechselnde Windabschirmung der
aktuellen Fahrzeugumgebung verursacht sein. Gefährliche Seitenwindstörungen treten
so charakteristischerweise an Waldrändern, am Rand von Brücken, oder ähnlichen
Unstetigkeiten der aktuellen Fahrzeugumgebung auf. Bei einem herkömmlichen
Fahrzeug birgt eine Seitenwindstörung
eine mit steigender Geschwindigkeit zunehmende Unfallgefahr, zumal
der Fahrer auf die plötzlich
auftretende Spurabweichung des Fahrzeugs reaktionszeitbedingt nur
verspätet
reagieren kann. Das plötzliche
und häufig
unvermutete Auftreten der Spurabweichung führt zudem oft zu einer schreckhaften Überreaktion
des Fahrers, insbesondere ein Verreißen des Lenkrads oder eine
abrupte Abbremsung, die wiederum in einem Verlust der Kontrolle über das
Fahrzeug resultieren kann. Neben Seitenwinden können auch Unebenheiten der
Fahrbahn, z. B. so genannte Spurrillen, oder eine Querneigung der
Fahrbahn Ursache einer externen Störkraft sein.
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Aus der
DE 42 32 256 A1 und der
DE 44 34 477 A1 sind
Verfahren zur Spurhaltung eines Fahrzeugs bei einer externen Störung, z.B.
durch Seitenwind, bekannt. Bei diesen Verfahren wird eine Abweichung
des Fahrzeugs von seiner vorgesehenen Bahn durch Messung der Querbeschleunigung und/oder
der Gierbeschleunigung des Fahrzeugs erkannt. Zur Korrektur der
Fahrspur wird der Ist-Lenkwinkel der lenkbaren Räder des Fahrzeugs gegenüber dem
durch den Einschlag des Lenkrads vorgegebenen Soll-Lenkwinkel verstellt.
Die bekannten Verfahren sind vergleichsweise kompliziert. In nachteiliger
Weise wird bei den bekannten Verfahren zudem das Vorliegen einer äußeren Störung erst
dann erkannt, wenn das Fahrzeug tatsächlich von der vorgesehenen
Fahrspur abweicht. Durch die Spurabweichung des Fahrzeugs wird jedoch
der Fahrer wie bei einem rein manuell gelenkten Fahrzeug zu einer
Gegenreaktion veranlasst, die der automatischen Spurkorrektur überlagert
ist und somit leicht zu einer Überkompensation
der Störung
führen
kann. Weiterhin ist die Wahrscheinlichkeit einer schreckhaften Überreaktion
des Fahrers nicht oder kaum verringert. Mitunter kann, es dabei
zu einer ungünstigen
Wechselwirkung zwischen der manuellen Spurkorrektur des Fahrers
und der automatischen Spurkorrektur kommen, die sich in einer flatterhaft
fluktuierenden Lenkeinstellung der lenkbaren Räder und infolgedessen einem
unruhigen Fahrverhalten äußert.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein
Verfahren und eine Vorrichtung für
die Spurhaltung eines mit mindestens einem lenkbaren Rad versehenen
Fahrzeugs durch Kompensation einer externen, quer zur Fahrtrichtung
wirkenden Störung
anzugeben, bei dem unter Vermeidung der genannten Nachteile eine
besonders hohe Fahrsicherheit und ein besonders hoher Fahrkomfort
erzielt wird. Der Erfindung liegt weiterhin die Aufgabe zugrunde,
ein Fahrzeug mit einer besonders hohen Fahrsicherheit und einem
besonders hohen Fahrkomfort in Hinblick auf eine sichere Spurhaltung
unter Wirkung einer solchen Störung
anzugeben.
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Bezüglich des Verfahrens zur Spurhaltung wird
die Aufgabe erfindungsgemäß gelöst durch
die Merkmale des Anspruchs 1. Bezüglich der zugehörigen Vorrichtung
wird die Aufgabe erfindungsgemäß gelöst durch
die Merkmale des Anspruchs 10. Hierbei wird im Fahrwerk mindestens
eines lenkbaren Rads mittels eines Sensors ein Istwert der Querbeschleunigung
oder Quergeschwindigkeit erhoben und an eine Regeleinheit übermittelt.
Durch die Regeleinheit wird dieser Istwert mit einem hinterlegten
Sollwert verglichen. Eine Abweichung des Istwerts gegenüber dem
Sollwert wird als Störung
erkannt. Zur Kompensation dieser Störung, und damit zur Spurhaltung
des Fahrzeugs, wird der Ist-Lenkwinkel des oder jedes lenkbaren
Rads gegenüber
dem vorgegebenen Soll-Lenkwinkel derart verstellt, dass der Istwert
der Querbeschleunigung oder Quergeschwindigkeit an den Sollwert
angeglichen ist.
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Das erfindungsgemäße Verfahren und die zugehörige Vorrichtung
sind vergleichsweise einfach und daher kostengünstig zu realisieren. Ein besonderer
Vorteil wird dadurch erzielt, dass die Querbeschleunigung oder Quergeschwindigkeit
im Fahrwerk des oder der lenkbaren Räder und nicht erst in der Fahrzeugkarosserie
gemessen wird. Zumal das Fahrwerk in herkömmlicher Weise über eine
Federung mechanisch nur weich an die Fahrzeugkarosserie gekoppelt
ist, kann eine externe Störkraft
bereits erkannt werden, bevor sie über die Federung auf die Fahrzeugkarosserie übertragen
wird. Die verfahrensgemäße automatische
Spurkorrektur spricht somit bereits an, bevor die Fahrzeugkarosserie
tatsächlich von
der vorgesehenen Fahrspur abweicht. Die externe Störung ist
deshalb für
die Fahrzeuginsassen, und insbesondere den Fahrer, nicht oder nur
sehr abgeschwächt
spürbar,
so dass ein hoher Fahrkomfort und eine hohe Fahrsicherheit erreicht
werden.
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In besonders einfacher Ausgestaltung
des Verfahrens und der zugehörigen
Vorrichtung wird der Sollwert der Querbeschleunigung oder Quergeschwindigkeit
unter Berücksichtigung
des aktuellen Soll-Lenkwinkels und der aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeit
aus einem in der Regeleinheit hinterlegten Kennfeld ausgewählt. Das
Kennfeld enthält hierbei
fahrzeugspezifische Information über
die Querbeschleunigung, die im störungsfreien Betrieb bei gegebenem
Lenkwinkel und gegebener Fahrzeuggeschwindigkeit auftritt.
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Der Soll-Lenkwinkel des oder jedes
lenkbaren Rads wird bevorzugt nach Art eines herkömmlichen
Kraftfahrzeugs durch den Einschlag eines Lenkrads manuell festgelegt.
Insbesondere wirkt dabei die verfahrensgemäße Verstellung des Ist-Lenkwinkels
gegenüber
dem Soll-Lenkwinkel nicht auf die Stellung des Lenkrads zurück, so dass
wiederum die automatische Spurkorrektur für den Fahrer nicht spürbar ist.
Alternativ ist das erfindungsgemäße Verfahren
und die zugehörige
Vorrichtung jedoch auch vorteilhaft bei einem ferngesteuerten oder
elektronisch gesteuertem Fahrzeug („Drive-by-wire") anwendbar. In diesem
Fall wird der Soll-Lenkwinkel elektronisch vorgegeben.
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Zur Erhöhung der Fehlersicherheit ist
vorzugsweise eine redundante Aufnahme des Istwerts der Querbeschleunigung
oder Quergeschwindigkeit vorgesehen. Hierbei ist im Fahrwerk jedes
lenkbaren Rads ein Sensor zur Erhebung eines radspezifischen Istwerts
vorgesehen. Die verfahrensgemäße Spurkorrektur spricht
vorteilhafterweise nur dann an, wenn eine störungsanzeigende Querbeschleunigung von
allen Sensoren detektiert wird. Es findet also nur dann eine Verstellung
des Ist-Lenkwinkels gegenüber
dem Soll-Lenkwinkel statt, wenn innerhalb vorgegebener Toleranzgrenzen
alle radspezifischen Istwerte gegenüber dem jeweils zugeordneten
Sollwert in zueinander konsistenter Weise abweichen. Auf diese Weise
wird ausgeschlossen, dass die Spurkorrektur fehlerhafterweise bei
einer lokalen Fahrbahnunebenheit wie z.B. einem Schlagloch anspricht.
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Zumal bei einem Bremsvorgang mitunter stark
vom Normalbetrieb abweichende und nur schwer vorausberechenbare
Querbeschleunigungen auftreten können,
wird vorzugsweise eine Verstellung des Ist-Lenkwinkels gegenüber dem
Soll-Lenkwinkel unterdrückt,
wenn die Bremse des Fahrzeugs betätigt wird, oder wenn die Bremsverzögerung des Fahrzeugs
einen vorgegebenen Wert übersteigt. Hierdurch
wird insbesondere verhindert, dass sich die verfahrensgemäße Spurkorrektur
ungünstig
auf das Bremsverhalten des Fahrzeugs auswirkt.
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In besonders fehlersicherer Ausbildung
wird bei einer anhand einer anomalen Querbeschleunigung ermittelten
externen Störung
nur dann der Ist-Lenkwinkel gegenüber dem Soll-Lenkwinkel verstellt,
wenn die externe Störung
anhand von Information über
die aktuelle Fahrzeugumgebung plausibilisiert werden kann. Geeignete
Information wird vorzugsweise durch ein Bilderfassungssystem erhoben und
der Regeleinheit in Form von Bilddaten zugeleitet. Die Plausibilisierung
erfolgt vorzugsweise dadurch, dass eine störungsgefährliche Situation, beispielsweise
das Passieren eines Waldrands oder einer Brücke, das Überholen eines Lastkraftwagens oder
dergleichen durch Auswertung der Bilddaten erkannt wird, und dass
die verfahrensgemäße Spurkorrektur
nur in einer solchen als störungsgefährlich erkannten
Situation freigegeben ist.
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Alternativ oder zusätzlich wird
optional eine störungsgefährliche
Fahrzeugumgebung auf einfache Weise ermittelt, indem Landkartenmaterial
in Verbindung mit der aktuellen globalen Position des Fahrzeugs
als Information herangezogen wird. Diese Information wird zweckmäßigerweise
von einem Fahrzeugnavigationssystem zur Verfügung gestellt, wie es bereits
heute vielfach eingesetzt wird.
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Zur Vermeidung einer Überkompensation können Bilddaten
eines Bilderfassungssystems ferner vorteilhaft zur Plausbilisierung
oder Überprüfung der
Spurkorrektur herangezogen werden, indem der Focus des Bilderfassungssystems
quasi als „Leitstrahl" herangezogen wird.
Hierbei wird die verfahrensgemäße Spurkorrektur,
d.h. die Verstellung des Ist-Lenkwinkels gegenüber dem Soll-Lenkwinkel nur freigegeben,
solange der Focus, d.h. der Erfassungsstrahl des Bilderfassungssystems
auf den vorgesehenen Fahrbahnverlauf ausgerichtet ist. Eine Überkompensation
einer externen Störung
wird daran erkannt, dass der vorgesehene Fahrbahnverlauf seitwärts aus
dem Bildausschnitt des Bilderfassungssystems herausschiebt. Bei
Erkennen einer solchen Überkompensation
wird die Spurkorrektur negativ quittiert und die Verstellung des
Ist-Lenkwinkels gegenüber
dem Soll-Lenkwinkel zurückgesetzt.
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Bezüglich eines Fahrzeugs wird
die Aufgabe erfindungsgemäß gelöst durch
den Anspruch 15. Danach ist das Fahrzeug mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung
zur Spurhaltung ausgestattet.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung
wird nachfolgend anhand einer Zeichnung näher erläutert. Darin zeigen:
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1 schematisch
ein mit einer Vorrichtung zur Spurhaltung versehenes Fahrzeug und
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2 ein
Kennfeld der im störungsfreien
Betrieb im Fahrwerk eines lenkbaren Rads des Fahrzeugs auftretenden
Querbeschleunigung in Abhängigkeit
der Fahrzeuggeschwindigkeit und des Soll-Lenkwinkels.
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Einander entsprechende Größen sind
in den Figuren mit den gleichen Bezugszeichen gekennzeichnet.
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1 zeigt
in grober schematischer Vereinfachung ein mit einer Vorrichtung 1 zur
Spurhaltung versehenes Fahrzeug 2. Das Fahrzeug 2 umfasst eine
nur gestrichelt angedeutete Fahrzeugkarosserie 3 und zwei
lenkbare Räder 4a, 4b.
Die Räder 4a, 4b sind
jeweils um eine zugehörige,
etwa vertikale Lenkachse 5a bzw. 5b schwenkbar
an jeweils einem zugehörigen
Fahrwerk 6a, 6b aufgehängt und um eine bezüglich der
Lenkachse 5a, 5b etwa senkrechte Drehachse 7a, 7b drehbar
gelagert. Das Fahrwerk 6 wiederum ist über eine nicht näher dargestellte
Federung mechanisch weich an die Fahrzeugkarosserie 3 gekoppelt.
Der Winkel zwischen der Längsrichtung
L der Fahrzeugkarosserie 3 und der zur Drehachse 7a, 7b senkrechten
Rollrichtung R der Räder 4a, 4b ist als
Ist-Lenkwinkel ϕ1 bezeichnet und
für beide
Räder 4a, 4b im
Wesentlichen gleich.
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Zur Lenkung der Räder 4a, 4b ist
eine Lenkmechanik 8 vorgesehen, die beispielsweise als Zahnstange
ausgeführt
ist und bezüglich
der Lenkachsen 5a, 5b exzentrisch am Radlager 9a, 9b des jeweils
zugehörigen
Rads 4a bzw. 4b angreift. Die Lenkmechanik 8 wirkt
mit einem Lenkantrieb 10 zusammen, durch welchen die Lenkmechanik 8 quer zur
Längsrichtung
L der Fahrzeugkarosserie 3 verschiebbar ist. Eine Verschiebung
der Lenkmechanik 8 durch den Lenkantrieb 10 löst hierbei
in an sich bekannter Weise eine synchrone Verschwenkung der Räder 4a, 4b um
deren jeweilige Lenkachse 5a bzw. 5b aus. Der
Lenkantrieb 10 steht wiederum mit einem Lenkrad 11 in
Verbindung, über
welches ein Soll-Lenkwinkel ϕ0 für den Einschlag
der Räder 4a, 4b einstellbar
ist.
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Im ungestörten Betrieb des Fahrzeugs 2 ist der
von den Rädern 4a, 4b eingenommene
Ist-Lenkwinkel ϕ1 gleich dem Soll-Lenkwinkel ϕ0. Bei verschwindendem Ist-Lenkwinkel ϕ1 = 0 folgt das Fahrzeug 2 einer
geraden Bahn. Die Räder 4a, 4b unterliegen
dementsprechend keiner Querbeschleunigung aq =
0. Sobald der Ist-Lenkwinkel ϕ1 von
Null verschieden ist, und infolgedessen das Fahrzeug 2 eine Kurve
beschreibt, unterliegen die Räder 4a, 4b einer Querbeschleunigung
aq, die in einer auf das jeweilige Fahrwerk 6a, 6b wirkenden
Querkraft zutage tritt, und die in 1 beispielhaft
für das
Rad 4b kenntlich gemacht ist. Der Betrag der im störungsfreien
Betrieb des Fahrzeugs 2 auftretenden Querbeschleunigung aq ist von der momentanen Fahrzeuggeschwindigkeit v
und dem Soll-Lenkwinkel ϕ0 abhängig.
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2 zeigt
einen Ausschnitt eines Kennfeldes 12, in welchem diese
Abhängigkeit
der im störungsfreien
Betrieb des Fahrzeugs 2 auftretenden Querbeschleunigung
aq beispielhaft dargestellt ist. Die der
Veranschaulichung dienenden Kurven 13 in der Darstellung
des Kennfeldes 12 gemäß 2 zeigen den Verlauf der
Querbeschleunigung aq bei jeweils konstantem
Soll-Lenkwinkel ϕ0 und variierender
Fahrzeuggeschwindigkeit v. Das Kennfeld 12 ist vereinfacht
dargestellt. Im realen Fall hängt
die Querbeschleunigung aq von vielen fahrzeugspezifischen Faktoren
ab. Sie ist im Allgemeinen nicht exakt symmetrisch bezüglich des
Soll-Lenkwinkels ϕ0 und mitunter
für die
beiden Räder 4a und 4b nicht
exakt gleich. Das Kennfeld 12 ist daher für jeden
Fahrzeugtyp und ggf. für
jedes Rad 4a, 4b separat in empirischen Versuchsreihen
zu generieren.
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Unter einer externen, auf das Fahrzeug 2 wirkenden
Störung,
wie sie beispielsweise durch einen Seitenwind, Spurrillen oder eine
Querneigung der Fahrbahn ausgeübt
wird, wirkt eine zusätzliche, durch
die Störung
verursachte Querkraft auf das Fahrzeug 2 und hier insbesondere
auf das Fahrwerk 6a, 6b. Hierdurch wird die Querbeschleunigung
aq gegenüber
dem ungestörten
Betrieb geändert,
wodurch eine seitliche Abweichung des Fahrzeugs 2 von seiner
vorgesehenen Fahrspur angeregt wird.
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Die Vorrichtung
1 dient
nun dazu, die durch die externe Störung verursachten Querkräfte automatisch
zu kompensieren und das Fahrzeug
2 auf der vorgesehenen
Fahrspur zu halten. Die Vorrichtung
1 umfasst hierfür Sensoren
14a,
14b zur
Messung der Querbeschleunigung a
q, von welchen
jeweils einer jedem Fahrwerk
6a bzw.
6b zugeordnet ist.
Geeignete Sensoren sind an sich beispielsweise aus der
DE 19 02 944 A1 bekannt.
Jeder der Sensoren
14a und
14b erhebt fortlaufend
einen radspezifischen Istwert a
1 bzw. a
2 der Querbeschleunigung a
q und
führt ihn
einer Regeleinheit
15 zu. Der Regeleinheit
15 werden
weiterhin auf nicht näher
dargestellte Weise die momentane Fahrzeuggeschwindigkeit v und der
momentane Soll-Lenkwinkel ϕ
0 zugeführt.
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In der Regeleinheit
15 ist
das Kennfeld
12 in Form eines Datenfeldes oder einer funktionalen
Abhängigkeit
hinterlegt. Die Regeleinheit
15 berechnet aus dem Kennfeld
12 unter
Berücksichtigung
der momentanen Fahrzeuggeschwindigkeit v und des momentanen Soll-Lenkwinkels ϕ
0 die im störungsfreien Betrieb des Fahrzeugs
2 zu
erwartende Querbeschleunigung a
q als Sollwert
a
0 und vergleicht diesen Sollwert a
0 mit den Istwerten a
1 und
a
2. Wenn die Istwerte a
1 und
a
2 in zueinander konsistenter Weise von dem
Sollwert a
0 abweichen, so erkennt die Regeleinheit
15 das
Vorliegen einer externen Störung.
Als Reaktion auf die Störung
steuert die Regeleinheit
15 den Lenkantrieb
10 über eine
Steuerleitung
16 derart an, dass der Ist-Lenkwinkel ϕ
1 gegenüber
dem Soll-Lenkwinkel ϕ
0 verstellt
wird, und infolgedessen die Istwerte a
1 und
a
2 der Querbeschleunigung a
q dem
Sollwert a
0 angeglichen werden. Ein derartiger Lenkantrieb,
bei dem der Ist-Lenkwinkel gegenüber einem
manuell vorgebbaren Soll-Lenkwinkel verstellbar ist, ist an sich
z.B. aus der
DE 39
30 445 A1 und der
DE
42 32 256 A1 bekannt.
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Eine schnelle Spurkorrektur wird
dadurch erzielt, dass die Regeleinheit 15 die erforderliche
Korrektur des Ist-Lenkwinkels ϕ1 nach einem in 2 veranschaulichten Schema aus dem Kennfeld 12 abschätzt. Werden
infolge einer externen Störung
bei einer momentanen Fahrzeuggeschwindigkeit vx und einem
beispielhaft ausgewählten
momentanen Soll-Lenkwinkel ϕ0 =
10° Istwerte
a1 und a2 gemessen,
die gemäß des Kennfelds
12 im ungestörten
Betrieb des Fahrzeugs 2 bei gleicher Fahrzeuggeschwindigkeit
vx bei einem Soll-Lenkwinkel ϕ0 = 10° + x
aufträten,
so wird der Ist-Lenkwinkel ϕ1 um
den Betrag –x
verstellt. Hierdurch wird die durch die Störung erzeugte zusätzliche
Querbeschleunigung kompensiert und das Fahrzeug 2 bleibt
infolgedessen auf der vorgesehenen Fahrspur.
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Die Verstellung des Ist-Lenkwinkels ϕ1 gegenüber
dem Soll-Lenkwinkel ϕ0 wirkt nicht auf das Lenkrad 11 zurück, so dass
die automatische Spurkorrektur für
den Fahrer nicht über
das Lenkrad 11 spürbar
ist. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Querbeschleunigungserfassung
im Fahrwerk 6a, 6b und nicht erst in der Fahrzeugkarosserie 3 stattfindet.
Würde die
Querbeschleunigung aq an der Fahrzeugkarosserie 3 erfasst,
so wäre
keine Entkopplung zum Fahrgastinnenraum gegeben, so dass der Fahrer
des Fahrzeugs 2 die durch die Querbeschleunigung aq verursachte Krafteinwirkung spüren würde. Anders
hingegen ist es jedoch, wenn die Querbeschleunigung aq unmittelbar
im Fahrwerk 6a, 6b erfasst und hier unmittelbar
kompensiert wird, da der Fahrer über
die Federung mit dem Fahrwerk 6a, 6b mechanisch
nur schwach gekoppelt ist, und die Störkräfte nicht mehr spürbar wahrnehmen
kann.
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Um eine mögliche Fehleinstellung der
Lenkung infolge einer fehlerhaften Sensierung einer externen Störung zu
vermeiden, ist die Vorrichtung 1 mit Sicherheitsmechanismen
ausgestattet, die eine Verstellung des Ist-Lenkwinkels ϕ1 gegenüber
dem Soll-Lenkwinkel ϕ0 nur dann
zulassen, wenn eine anhand einer anomalen Querbeschleunigung aq erkannte Störung durch einen Plausibilitätstest positiv quittiert
wird.
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Eine solche Methode zur Plausibilisierung, d.h. Überprüfung einer
Spurkorrekturanfrage besteht darin, dass die Erfassung der Querbeschleunigung aq redundant durch mehrere Sensoren 14a, 14b erfolgt,
und eine Verstellung des Ist-Lenkwinkels ϕ1 nur dann
erfolgt, wenn beide Istwerte a1 und a2 eine innerhalb vorgegebener Fehlergrenzen
zueinander konsistente Abweichung vom Sollwert a0 aufweisen. Liefert
dagegen nur einer der Sensoren 14a oder 14b einen
anomalen, d.h. vom Sollwert a0 abweichenden Istwert
a1 bzw. a2, während der
zweite Istwert a2 bzw. a1 mit
dem Sollwert übereinstimmt,
so lässt
die Regeleinheit 15 die Lenkung unbeeinflusst. Eine solche Situation
tritt beispielsweise dann auf, wenn eines der Räder 4a, 4b durch
ein Schlagloch fährt.
Ebenso unterbleibt eine Verstellung des Ist-Lenkwinkels ϕ1 gegenüber
dem Soll-Lenkwinkel ϕ0, wenn die
beiden Istwerte a1, a2 in
widersprüchlicher
Weise vom Sollwert a0 abweichen.
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Weiterhin unterbleibt eine Verstellung
des Ist-Lenkwinkels ϕ1 gegenüber dem
Soll-Lenkwinkel ϕ0 immer dann,
wenn die Bremse des Fahrzeugs 2 betätigt wird, zumal während des
Bremsvorgangs gewöhnlicherweise
eine anomale und schwer vorauszuberechnende Querbeschleunigung aq auftritt und eine Beeinflussung des Bremsvorgangs
durch die Spurkorrektur unerwünscht
ist. Die Bremsbetätigung wird
hierzu auf nicht näher
dargestellte Weise der Regeleinheit 15 angezeigt.
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Um die Fehlersicherheit der Vorrichtung 1 weiter
zu erhöhen,
wird bevorzugt Information über die
aktuelle Fahrzeugumgebung 17 herangezogen, um eine erkannte
externe Störung
zu plausibilisieren. Hierzu umfasst die Vorrichtung 1 ein
Bilderfassungssystem 18, insbesondere ein Kamerasystem,
welches fortlaufend Bilder der aktuellen Fahrzeugumgebung 17 aufnimmt
und der Regeleinheit 15 als Bilddaten I zur Verfügung stellt.
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Durch Auswertung der Bilddaten I
werden innerhalb der Regeleinheit 15 Situationen der Fahrzeugumgebung
erkannt, in denen eine externe Störung mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auftritt.
Typische Beispiele für
solche Situationen sind Überholvorgänge von
Lastkraftwagen, das Passieren von Brücken, Waldrändern oder dergleichen. Wird
eine derartige störungsgefährliche
Situation erkannt, so quittiert die Regeleinrichtung 15 eine
anhand einer anomalen Querbeschleunigung aq erkannte
Störung
positiv. Ansonsten wird eine Anforderung zur Verstellung des Ist-Lenkwinkels ϕ1 ignoriert.
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Alternativ oder zusätzlich erkennt
die Regeleinheit 15 eine störungsgefährliche Fahrzeugumgebung 17 wie
z.B. eine Brücke,
einen Waldrand oder dergleichen, indem sie Landkartenmaterial in
Verbindung mit der aktuellen globalen Position des Fahrzeugs 2 heranzieht.
Diese Information wird der Regeleinheit 15 auf nicht näher dargestellte
Weise durch ein handelsübliches
Fahrzeugnavigationssystem zugeführt.
Wie oben ausgeführt,
wird eine Verstellung des Ist-Lenkwinkels ϕ1 gegenüber dem Soll-Lenkwinkel ϕ0 hierbei nur dann vorgenommen, wenn eine
störungsgefährliche
Fahrzeugumgebung 17 erkannt worden ist.
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- 1
- Vorrichtung
- 2
- Fahrzeug
- 3
- Fahrzeugkarosserie
- 4a,
4b
- Rad
- 5a,
5b
- Lenkachse
- 6a,
6b
- Fahrwerk
- 7a,
7b
- Drehachse
- 8
- Lenkmechanik
- 9a,
9b
- Radlager
- 10
- Lenkantrieb
- 11
- Lenkrad
- 12
- Kennfeld
- 13
- Kurven
- 14a,
14b
- Sensor
- 15
- Regeleinheit
- 16
- Steuerleitung
- 17
- Fahrzeugumgebung
- 18
- Bilderfassungssystem
- I
- Bilddaten
- L
- Längsrichtung
- R
- Rollrichtung
- v
- Fahrzeuggeschwindigkeit
- vx
- Fahrzeuggeschwindigkeit
- ϕ1
- Ist-Lenkwinkel
- ϕ0
- Soll-Lenkwinkel
- aq
- Querbeschleunigung
- a0
- Sollwert
- a1, a2
- Istwert