Es
ist ein wichtiges Ziel der modernen industriellen Lackierung, die
Menge der bei der Lackierung freigesetzten organischen Lösungsmittel
signifikant zu verringern, wenn nicht gar auf Null zu bringen. Ein wichtiger
Schritt in diese Richtung wird durch die Verwendung von lösemittelfreien
Beschichtungszusammensetzungen gemacht.
Unter
dem Begriff „lösemittelfreie
Beschichtungszusammensetzung" wird
hier und im Folgenden eine in pulverförmiger Form vorliegende Beschichtungszusammensetzung
verstanden, die im Allgemeinen auch als „Pulverlack" bezeichnet wird.
Diese
Pulverlacke bestehen im Allgemeinen aus festen Komponenten, wie
Bindemitteln, anorganischen und organischen Pigmenten und Füllstoffen, sowie
vorzugsweise aus festen Additiven, z.B. Verlaufsmittel und Entgasungsmittel,
wobei eine solche Hilfskomponente auch in flüssiger Form in geringer Konzentration
verwendet werden kann.
Pulverlacke
haben je nach Anwendungsgebiet unterschiedlichste chemische Zusammensetzungen.
Dennoch resultieren die verschiedenen Pulverlacke aus dem gleichen
Herstellungsverfahren:
Zuerst werden die Bestandteile des Pulverlacks
als Feststoffe in den erforderlichen Mengenverhältnissen trocken intensiv in
einem geeigneten Mischer vorgemischt. Diese Vormischung wird dann
mittels einer geeigneten Dosiervorrichtung einem Extruder, wie z.B.
einem Doppelschnecken-Extruder, zugeführt. In dem Extruder wird das
Vorgemisch aufgeschmolzen und intensiv homogenisiert. Dabei ist
zu beachten, dass die Temperatur gerade über der Schmelztemperatur der
schmelzbaren Ausgangskomponenten, jedoch keinesfalls oberhalb der
Vernetzungstemperatur der in der Vormischung vorliegenden Bindemittel-
und Härterkomponenten
liegt. Zur Einstellung der gewünschten
Temperatur wird das Gehäuse
des Extruders von außen
beheizt, gegebenenfalls sogar mit einem Temperaturgradienten unter,
Verwendung mehrerer unterschiedlich beheizter Gehäusesegmente.
Hierzu wird die sogenannte „Vorwahltemperatur" eingestellt.
Wird
die Vorwahltemperatur zu gering gewählt, ist das erhältliche
Extrudat unzureichend homogenisiert und für den weiteren Herstellungsprozess
völlig
ungeeignet. Wird die Vorwahltemperatur dagegen zu hoch eingestellt,
findet bereits im Extruder eine Vernetzung statt; ein daraus hergestellter Pulverlack
führt zu
Filmen, die völlig
unzureichende optische Eigenschaften aufweisen („Stippen"). In der Praxis führt diese Problematik dazu,
dass die Vorwahltemperatur in einem engen Temperaturfenster eingestellt
werden muss.
Allerdings
führt auch
eine sehr genaue Einhaltung der Vorwahltemperatur nicht dazu, dass
die Temperatur der aufzuschmelzenden Komponenten im Extruder immer
unterhalb der Vernetzungstemperatur und damit innerhalb des Temperaturfensters liegt:
Denn aufgrund der Friktion und der durch die Geometrie der Extruderschnecken
bedingten Scherbedingungen erfahren die aufzuschmelzenden Komponenten
einen zusätzlichen
Energieeintrag. Hierdurch kommt es punktuell zu unerwünschten
Vernetzungsreaktionen und der Bildung von sogenannten Gelpartikeln
(„cross-link
particles").
Bereits
geringste Mengen solcher Gelpartikel führen dazu, dass der fertige,
ausgehärtete
Film aus einem entsprechenden Pulverlack mit dem bloßen Auge
sichtbare Mängel
aufweist, die als sogenannte „Stippen" bezeichnet werden.
Hierbei handelt es sich um durch die Gelpartikel hervorgerufene
Erhebungen, so dass keine glatte Oberfläche erhalten wird. Dieses Problem
ist bei geringen Schichtdicken, insbesondere unter 30 μm, besonders
gravierend.
Vor
allem bei besonders hochwertigen Lackierungen, wie sie z.B. in der
Automobilindustrie eingesetzt werden, ist dieses Auftreten von „Stippen" ein von dem Automobilhersteller
nicht akzeptierter Mangel.
Für die weitere
Verarbeitung zum Pulverlack wird das Extrudat ausgewalzt, abgekühlt und
zu sogenannten Pulverlack-Chips zerkleinert. Diese Pulverlack-Chips
werden dann üblicherweise
mittels Luft in eine Mühle überführt und
einem Mahlvorgang unterzogen, um ein Pulver mit der gewünschten
Korngröße zu erhalten.
Eine weitere Funktion der Luft besteht in der Kühlung des Mahlgutes und der
Mühle, die
sich infolge der Prall-Zerkleinerung
sonst stark aufheizen würde.
Hierfür
sind erhebliche Luftmengen erforderlich. Durch die Luftfeuchtigkeit
und die in der Luft enthaltenen Verunreinigungen ist eine aufwendige
Konditionierung (Entwässerung,
Filterung etc.) notwendig, um zu verhindern, dass durch die Feuchtigkeit
oder durch die Verunreinigungen die Pulverlackqualität erheblich
verschlechtert wird. Allerdings ist in der Praxis eine völlige Entwässerung
nicht zu erzielen, so dass der erhaltene Pulverlack eine solche
Menge an Feuchtigkeit enthält,
dass während des
Einbrennvorgangs Ausgasungserscheinungen zu beobachten sind, infolge
dessen der erhaltene Lackfilm, insbesondere bei hohen Schichtdicken,
nadelstichartige Filmstörungen
zeigt. Des weiteren führt diese
erhöhte
Restfeuchtigkeit während
des Einbrennvorgangs zum azeotropen Ausschleppen von organischen
Pulverlackbestandteilen, die sich in der Ofenabluft anreichern und
an den Ofenwänden
als Kondensat niederschlagen. Hierdurch sind regelmäßige Reinigungszyklen
vorzunehmen, die zu erheblichem Stillstand und Wartungsaufwand führen.
Des
weiteren schleppt die notwendige Prozessluft trotz aufwendiger Reinigung
partikuläre Feinstverunreinigungen
mit, die unweigerlich während
des Mahlprozesses in den Pulverlack eingetragen werden. Dies führt zu einer
zusätzlichen
Qualitätsbeeinträchtigung
der pulverlackierten Oberfläche (Anzahl
der Oberflächenstörungen pro
Fläche).
Als
Resultat des Mahlprozesses entsteht ein Pulverlack-Luftgemisch,
welches zunächst
mittels eines Zyklons getrennt werden muss. Das bei der Zerkleinerung
unweigerlich entstehende Feingut kann durch Windsichtung abgetrennt
werden. Das Feingut stellt hinsichtlich seiner äußerst schlechten Verwendbarkeit
einen Verlust an Produkt dar.
Neben
den zuvor beschriebenen Nachteilen hat die Herstellung eines Pulverlacks
unter Verwendung von Extrudern noch den weiteren Nachteil, dass sowohl
bei dem zuvor notwendigen Mahlprozess als auch bei dem eigentlichen
Extrusionsprozess es infolge der hohen mechanischen Kräfte zu Verschleißerscheinungen
kommt, die einen Metallabrieb erzeugen, der letztlich in den Pulverlack
eingetragen wird. Speziell der Abrieb des Prozessstahls, aus dem die
Extruderschnecken gefertigt sind, ist unter anderem in Bezug auf
die Farbkonstanz als kritisch anzusehen.
Ein
Verfahren zur Herstellung eines Pulverlackes, bei dem keine Gelpartikel
auftreten, ist aus der WO 94/09913 A1 bekannt. Hierbei werden die
Komponenten in überkritischem
Kohlendioxid gelöst,
gemischt und anschließend
durch Sprühtrocknung (schlagartige
Entspannung) in Pulverform überführt. Dieses
Verfahren erfordert einen erheblichen apparativen Aufwand. Beim
Umgang mit überkritischem CO2 sind darüber hinaus erhebliche Sicherheitsvorschriften
zu beachten. Dies ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass
dieses Verfahren bisher keine industrielle Bedeutung erlangt hat.
Ein
weiteres Verfahren ist aus der
DE 100 58 860 A1 bekannt. Hierbei werden
die Ausgangskomponenten in einem Lösemittel gelöst und die
so erhaltenen Mischung einem Sprühtrocknungsprozess
unterzogen. Ein erhebliches Problem sind dabei die anfallenden,
großen
Mengen an Luft/Lösemittel-Gemischen
und den damit verbundenen Aufwand für die Rückgewinnung der Lösemittel.
Im Fall von organischen Lösemittel
bestehen darüber hinaus
Sicherheitsproblematiken aufgrund der entstehenden explosiven Luft/Lösemittel-Gemische.
Aufgabe
der vorliegenden Erfindung ist die Bereitstellung eines Verfahrens
zur Herstellung lösemittelfreier
Beschichtungszusammensetzung, die keine Gelpartirkel in einer solchen
Menge aufweist, dass die zuvor beschriebenen Nachteile im resultierenden
Lackfilm zu beobachten sind.
Eine
zusätzliche,
zweite Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht in der Bereitstellung
eines Verfahrens zur Herstellung einer lösemittelfreien Beschichtungszusammensetzung,
die darüber
hinaus einen verringerten Gehalt an Restfeuchte und Feinstverunreinigungen
aufweist verglichen mit herkömmlichen
Pulverlacken erhältlich
aus dem Extrusions/Mahlprozess.
Eine
weitere, dritte Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht in der
Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung einer lösemittelfreien
Beschichtungszusammensetzung, die darüber hinaus keinen Metallabrieb
enthält.
Die
erste Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch
ein Verfahren zur Herstellung einer lösemittelfreien Beschichtungszusammensetzung,
wobei
- i. die Ausgangskomponenten in dem Behältnis vermischt;
dann
- ii. ganz oder teilweise aufgeschmolzen; und anschließend
- iii. unter Kühlung
gemahlen werden,
wobei der thermische Energietransport
im Schritt ii. durch temperierte Mahlkörper erfolgt.
Der
besondere Vorteil bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Herstellung
von lösemittelfreien
Beschichtungszusammensetzungen ist, dass diese zu ausgehärteten Lackfilmen
führen,
bei denen gewährleistet
ist, dass die Bildung von Stippen ausgeschlossen ist. Dies wird
dadurch erreicht, dass bei der vorstehend beschriebenen Verfahrensweise
die Bildung von Gelpartikeln wirksam verhindert wird.
Die
temperierten Mahlkörper
können
die bereits in Schritt ii. verwendeten Mahlkörper sein; es ist jedoch auch
möglich,
zusätzliche,
temperierte Mahlkörper
während
des Verfahrensschrittes iii. zuzuführen.
Die
Vermischung der Ausgangskomponenten in Schritt i. hat zum Vorteil,
dass eine besonders effiziente Verfahrensführung für die Bereitstellung des erfindungsgemäßen Erzeugnisses
gewährleistet ist
und eine Kontamination durch zusätzliche
Transportschritte verhindert wird.
Entsprechend
einer bevorzugten erfindungsgemäßen Ausführungsform
erfolgt das Mischen der Ausgangskomponenten durch die Mahlkörper.
Hierdurch
kann ein zusätzlicher
Verfahrensschritt eingespart werden, die für diesen zusätzlichen Schritt
notwendigen Vorrichtungen entfallen.
Zur
Lösung
der zweiten Aufgabe wird in einer besonders bevorzugten Form der
vorliegenden Erfindung das zuvor beschriebene Verfahren zur Herstellung
einer lösemittelfreien
Beschichtungszusammensetzung ohne Zufuhr von Prozessluft in Schritt
iii. durchgeführt.
Hierdurch
ist sichergestellt, dass der Gehalt sowohl an Restfeuchte als auch
an sonstigen Feinstverunreinigungen nicht zu den zuvor beschriebenen Nachteilen
führt.
Durch
die Vermeidung eines erhöhten
Restfeuchtegehalts in dem Pulverlack wird die Bildung von nadelstichartigen
Störstellen
in der ausgehärteten
Lackschicht sowie eine zusätzliche
Bildung von Kondensaten in den Einbrennöfen effektiv verhindert.
Eine
weitere, ebenfalls bevorzugte Ausführungsform der vorliegenden
Erfindung besteht darin, dass die Schritte ii. und iii. nacheinander
erfolgen.
Auf
diese Weise ist gewährleistet,
dass eine besonders hohe Homogenität des herzustellenden Pulverlackes
erzielt wird. Hierdurch können
eine besonders hohe mechanische und optische Güte der resultierenden Beschichtung
sichergestellt werden. Die äußerst hohe
Homogenität
wird auch dadurch erreicht, dass entgegen dem bekannten Verfahren
des Standes der Technik eine variable Gestaltung der zeitlichen
Dauer der einzelnen Verfahrensschritte erzielt werden kann. Denn
unter Verwendung von Extrudern ist eine systembedingte, zeitlich
sehr begrenzte Verweildauer des Mischgutes in der Dispergierzone
vorgegeben, was dazu führt,
dass die Homogenität
eines auf diese herkömmliche
Weise hergestellten Pulverlacks eine deutlich geringer ist als die
nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
hergestellten lösemittelfreien
Beschichtungszusammensetzungen.
Eine
weitere, ebenfalls besonders bevorzugte Ausführungsform der vorliegenden
Erfindung ist es, wenn während
des Schritts ii. Mahlkörper
mit einer Temperatur von mindestens 15 °C, insbesondere mindestens 40 °C, über dem
Block- und/oder Sinterpunkt der Bindemittelmischung zugegeben werden.
Diese
Verfahrensweise bietet den zusätzlichen
Vorteil, dass während
des Schritts ii. eine vollständige
Aufschmelzung der schmelzbaren Komponenten gewährleistetet ist. Hierdurch
wird eine optimale Homogenität
der resultierenden lösemittelfreien Beschichtungszusammensetzung
sichergestellt. Infolge der gleichmäßigen Temperaturverteilung
innerhalb des Behältnisses
ist eine unerwünschte
Vernetzungsreaktion aufgrund von lokalen Überhitzungen sicher auszuschließen. Besonders
ist darauf hinzuweisen, dass der Schmelz-Homogenisierungsprozess
sich an der Oberfläche
der Mahlkörper
abspielt und nicht an den Innenwandungen des Mahlbehältnisses,
wodurch Anbackungen und somit auch die Bildung von Gelpartikeln
verhindert werden.
Entsprechend
einer weiteren, ebenfalls bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden
Erfindung ist die Menge an Mahlkörpern
so ausgewählt, dass
die Wärmemenge
ausreichend ist, die schmelzbaren Ausgangskomponenten zu mehr als
50 Gew.-% aufzuschmelzen.
Um
eine besonders gute Aufschmelzung zu gewährleisten, können die
Mahlkörper
auf eine Temperatur von mindestens 65 °C erhitzt werden.
Gemäß einer
besonders bevorzugten Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Verfahrens erfolgt
der thermische Energietransport im Schritt iii. durch gekühlte Mahlkörper.
Auch
auf diese Weise werden die üblicherweise
in zwei separaten Verfahrensschritten durchgeführten Prozesse, nämlich die
Kühlung
des Extrudates und die Vermahlung des daraus resultierenden Produkts
in einem einfach durchzuführenden
Verfahrensschritt integriert. Auf diese Weise erübrigt sich das Problem unterschiedlicher
Taktzeiten.
In
einer ganz besonders bevorzugten, weiteren Ausführungsform der vorliegenden
Erfindung wird die Mischung mit Mahlkörpern homogenisiert, dann die
homogenisierte Mischung durch Zugabe von erhitzten Mahlkörpern aufgeschmolzen
und anschließend
durch weitere Zugabe von gekühlten Mahlkörpern abgekühlt.
Durch
diese Verfahrensweise kann der sonst in drei getrennten Maschinen
und Verfahrensschritten ablaufende Pulver-Herstellungsprozess mittels einer
geeigneten Abfolge der zuvor beschriebenen Verfahrensschritte durch
einfache, sukzessive Zugabe unterschiedlich temperierter Mahlkörper gesteuert werden.
Entsprechend
einer besonders effektiven Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung handelt es sich bei dem Behältnis um
ein Mahlbehältnis,
insbesondere um die Mahlkammer einer Vibrationsmühle.
Bei
einer ebenfalls besonders bevorzugten Form der vorliegenden Erfindung
ist das Behältnis aus
einem schlecht wärmeleitfähigem Material
ausgebildet, insbesondere aus einem thermoplastischem Polyurethan.
Auf
diese Weise wird besonders effizient vermieden, dass es zu Anbackungen
und somit zu Bildung von Gelpartikeln kommt. Des weiteren bietet diese
Ausführung
die Möglichkeit,
aufgrund der niedrigen Wärmeleitfähigkeit
eine verbesserte Reproduzierbarkeit des Prozesses und der daraus
resultierenden Produkteigenschaften zu erzielen.
Die
dritte Aufgabe der vorliegenden Erfindung wird gelöst durch
ein Verfahren zur Herstellung einer lösemittelfreien Beschichtungszusammensetzung,
erhältlich
unter Verwendung von Mahlkörpern, die
aus einem nicht-metallischen Material bestehen, insbesondere aus
anorganischen Hartstoffen auf Oxidbasis, besonders bevorzugt aus
Zirkoniumdioxid oder Korund. In diesem Zusammenhang ist besonders
vorteilhaft, dass die Innenwand der Mahlkammer aus einem nichtmetallischen
Material, wie zuvor beschrieben, besteht.
Die
nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
erhältlichen
lösemittelfreien
Beschichtungszusammensetzungen eignen sich besonders zur Verwendung
als Pulverlack in der Automobillackierung, der Eisenwarenindustrie,
der Beschichtung von Fassadenbauteilen, Maschinen, Möbeln, Hausgeräten und
Coils.