Ein Beispiel einer derartigen Prozeßflüssigkeit,
in der es zu den genannten Problemen kommen kann, ist das Umlaufwasser
aus Lackierkabinen mit Naßauswaschung.
Beispielsweise werden zur Lackierung von Automobilkarosserien Spritzkabinen
mit Naßabscheidung
des anfallenden Oversprays eingesetzt. Durch Versprühen von
Wasser wird innerhalb der Spritzkabine ein feinverteilter Wassernebel
erzeugt, der die Lackbestandteile des Oversprays aufnimmt und aus
der Kabine austrägt.
Ebenso wird die Abluft aus solchen Lackierkabinen mit Wasser ausgewaschen,
in der Regel in einem Venturi-Wäscher, um
zu verhindern, daß Lackpartikel
in die Außenluft gelangen.
Im Sinne der vorstehenden allgemeinen Beschreibung stellt die Zone,
in der die Lackpartikel aus der Luft mit Wasser ausgewaschen werden,
die Arbeitszone dar. Hier kommt das Umlaufwasser also in intensiven
Kontakt mit Luft. Anschließend
wird das Umlaufwasser einem Systemtank und gegebenenfalls weiteren
Entsorgungsstufen zugeführt.
Diese stellen Ruhezonen im Sinne der vorstehenden allgemeinen Beschreibung
dar. Im Systemtank, der nur eine geringe Kontaktfläche mit
der Luft hat, findet eine Trennung der abgeschiedenen und koagulierten Lackbestandteile
vom Umlaufwasser statt, beispielsweise durch Flotation oder Sedimentation.
Sehr ähnliche Verhältnisse
findet man in Anlagen zur Anwendung von Kühlschmierstoffen, die in der
metallverarbeitenden Industrie für
unterschiedliche Umformprozesse wie Walzen, Bohren, Drehen oder
Fräsen
eingesetzt werden. Häufig
verwendet man hierbei wäßrige Kühlschmierstoffe,
die als reine Wasserphase oder als Öl-in-Wasser-Emulsion vorliegen können. In der Arbeitszone werden
diese Kühlschmierstoffe
auf das zu bearbeitende Werkstück aufgebracht,
in der Regel aufgespritzt. Sie kühlen das
Werkstück
während
der Bearbeitung und führen Späne und Metallabrieb
ab. Hierbei kommen die Kühlschmierstoffe
in innigen Kontakt mit Luft. Danach werden die Kühlschmierstoffe in der Regel
in einem Tank gesammelt, um – ggf.
nach Abscheidung von Fremdstoffen – wieder zur Metallbearbeitung
eingesetzt zu werden. Dieser Tank stellt im Sinne der vorliegenden
Beschreibung die Ruhezone dar.
Bei den beiden vorstehend genannten
Beispielen kommt es in der Regel zu einem Wachstum von Mikroorganismen
in der Ruhezone, da diese Prozeßflüssigkeiten
hinsichtlich Temperatur und Nährstoffangebot
gute Wachstumsbedingungen bieten. Dies führt häufig zu den eingangs erwähnten Geruchsproblemen,
insbesondere dann, wenn durch Sauerstoffzehrung in der Ruhezone
die Wachstumsbedingungen für
anaerobe Keime günstig
werden.
Bisher hat man dieses Problem auf
zweierlei Weise bekämpft:
Die eine Möglichkeit
besteht darin, die Prozeßflüssigkeit
ständig
mit Biozid zu versetzen und auf diese Weise zu versuchen, das Wachstum von
Mikroorganismen zu unterdrücken.
Diese nicht am tatsächlichen
Bedarf orientierte Biozidzugabe ist zumindest unwirtschaftlich.
Sie kann zu Umweltproblemen führen,
wenn die biozidhaltigen Prozeßflüssigkeiten
ganz oder teilweise entsorgt werden sollen. Beim Kontakt von Anlagenpersonal
mit den versprühten
biozidhaltigen Prozeßflüssigkeiten
können gesundheitliche
Probleme auftreten. Und schließlich kann
die ständige
Gegenwart von Bioziden dazu führen,
daß sich
biozidresistente Keime entwickeln, die dann nur durch höhere Biozidmengen
oder durch andere Biozide bekämpft
werden können.
Die zweite Möglichkeit, Geruchsprobleme
im Ansatz zu verhindern, besteht darin, in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen die
Keimzahlen zu kontrollieren und dann Biozid zuzugeben, wenn die Keimzahl
einen Schwellenwert übersteigt.
Dies ist zwar sinnvoller als das vorstehend genannte Vorgehen, berücksichtigt
jedoch nicht die Art der Keime und das vorhandene Nährstoffangebot,
d. h. erlaubt keine Aussage darüber,
ob eine starke Vermehrung anaerober Keime droht. Also wird auch
nach dieser Methode in der Regel mehr Biozid zugegeben, als eigentlich
erforderlich wäre.
Ein weiterer Nachteil der Steuerung der Biozidzugabe über eine
Keimzahlbestimmung liegt dann, dass diese mehrere Tage in Anspruch
nimmt. Eine erforderliche Biozidzugabe erfolgt daher sehr zeitverzögert.
Demnach besteht ein Bedarf nach einem verbesserten
Verfahren zur Steuerung der Biozidzugabe zu derartigen wäßrigen Prozeßflüssigkeiten.
Die vorliegende Erfindung betrifft
ein Verfahren zur Steuerung der Biozidzugabe zu einer wässrigen
Prozessflüssigkeit
in einer Anlage, in der sowohl eine Vermischung der Prozessflüssigkeit
mit Luft in einer Arbeitszone als auch eine Beruhigung der Prozessflüssigkeit
in einer Beruhigungszone eintritt, wobei in der Prozessflüssigkeit
Mikroorganismen wachsen können,
dadurch gekennzeichnet, dass man entweder den Sauerstoffgehalt oder
das Redoxpotential der Prozessflüssigkeit
misst und Biozid dann in die Prozessflüssigkeit dosiert, wenn entweder
der Sauerstoffgehalt oder das Redoxpotential einen jeweils vorgegebenen
Mindestwert unterschreitet.
Die Begriffe der „Arbeitszone" und „Beruhigungszone"
wurden einleitend bereits erläutert.
Vorzugsweise mißt
man den Sauerstoffgehalt oder das Redoxpotential der Prozeßflüssigkeit
in der Beruhigungszone, da vor allem in dieser eine Vermehrung anaerober
Keine droht.
Die vorliegende Erfindung beruht
auf der Erkenntnis, daß sich
der Sauerstoffgehalt oder das hiermit zusammenhängende Redoxpotential der Prozeßflüssigkeit
als Indikator dafür
eignen, daß sich
die Bedingungen in der Prozeßflüssigkeit
in der Weise ändern,
daß sie
für die
Vermehrung von anaeroben Keimen günstig werden. Ein hinreichend
hoher Sauerstoffgehalt oder ein dementsprechend hohes Redoxpotential
in der Ruhezone der Prozeßflüssigkeit zeigen
an, daß entweder
kein Wachstum sauerstoffverbrauchender aerober Keime stattfindet,
beispielsweise weil das Nährstoffangebot
unzureichend ist, oder daß der
Sauerstoffeintrag in die Prozeßflüssigkeit
in der Arbeitszone ausreichend groß ist, um die Sauerstoffzehrung
in der Ruhezone auszugleichen. Im ersten Fall ist eine Biozidzugabe
nicht erforderlich, da überhaupt
die Wachstumsbedingungen für
Mirkoben schlecht sind. Im zweiten Fall ist ebenfalls keine Biozidzugabe
erforderlich, obwohl ggf. eine hohe Keimzahl vorliegen kann, da
durch ausreichende Sauerstoffzufuhr gewährleistet ist, daß sich keine günstigen
Wachstumsbedingungen für
anaerobe Keime einstellen. Im Gegen satz zur bisherigen Praxis der
Kupplung der Biozidzugabe an die Keimzahl gibt man also auch im
letztgenannten Fall kein Biozid zu, obwohl eine hohe Keimzahl vorliegen
kann.
Erst wenn der Abfall der Sauerstoffkonzentration
und/oder des Redoxpotentials anzeigen, daß eine starke Sauerstoffzehrung
durch aerobe Mikroben stattfindet, wird das Keimwachstum durch Biozidzugabe
eingedämmt.
Um für
eine rasche Vermischung des Biozids mit der Prozeßflüssigkeit
zu sorgen, gibt man dieses vorzugsweise an einer Stelle starker
Turbulenz zu.
Sauerstoffgehalt oder insbesondere
Redoxpotential kann man kontinuierlich oder diskontinuierlich messen.
Eine kontinuierliche Messung oder eine diskontinuierliche Messung
in kurzen Zeitabständen erlauben
es, die Veränderung
der Sauerstoffzehrung zu beobachten und das Biozid bei starker Sauerstoffzehrung
zuzugeben. Jedoch genügt
auch eine diskontinuierliche Messung von Sauerstoffgehalt oder Redoxpotential
in längeren
Zeitabständen,
beispielsweise in Zeitintervallen im Bereich von einer Stunde bis
einer Woche, beispielsweise einmal pro Tag. Bei dieser Vorgehensweise
legt man fest, ab welcher Untergrenze des Sauerstoffgehalts oder
des Redoxpotentials Biozid zugegeben werden soll. Hierbei kann man
zunächst
anlagenspezifische Erfahrung sammeln, indem man zunächst auf
eine Biozidzugabe verzichtet und beobachtet, ab welcher Untergrenze von
Sauerstoffgehalt oder Redoxpotential Geruchsprobleme auftreten.
Hat man Biozid zugegeben und hierdurch
die Zahl lebender Keime verringert, wird es einige Zeit dauern,
bis sich aufgrund der Vermischung der Prozeßflüssigkeit in Arbeits- und Ruhezone wieder
ein Sauerstoffgehalt oder ein Redoxpotential eingestellt hat, das
keine Vermehrung anaerober Keime mehr befürchten läßt. Daher ist es wenig sinnvoll,
kurz nach Biozidzugabe bereits wieder Sauerstoffgehalt oder Redoxpotential
zu messen und erneut Biozid zu dosieren, ohne abgewartet zu haben,
bis sich Sauerstoffgehalt oder Redoxpotential wieder erholt haben. Daher
ist es sinnvoll, nach einer Biozidzugabe mindestens eine Stunde
lang zu warten, bevor man erneut Biozid zugibt. Alternativ hierzu
kann man nach der Biozidzugabe mit der Messung von Sauerstoffgehalt
oder Redoxpotential fortfahren, wobei man ein Anstieg von Sauerstoffgehalt
oder Redoxpotential beobachten sollte, wenn Prozeßflüssigkeit
zwischen Ruhezone und Arbeitszone zirkuliert. Man gibt frühestens
dann erneut Biozid zu, wenn Sauerstoffgehalt oder Redoxpotential
einen Maximalwert überschritten
haben und wieder abfallen.
Beispielsweise kann man dann Biozid
in die Prozeßflüssigkeit
dosieren, wenn entweder der Sauerstoffgehalt einen Wert von 2 mg/l,
insbesondere 1 mg/l oder das Redoxpotential, ausgedrückt relativ
zu einer Silber/Silberchloridelektrode, einen Wert von –200 mV,
insbesondere von –300
mV unterschreitet, d. h. stärker
negativ wird als dieser Grenzwert. Für die Messung des Sauerstoffgehalts
kann beispielsweise eine sauerstoffspezifische Elektrode verwendet
werden. Das Redoxpotential mißt
man am einfachsten mit Hilfe einer Redox-Elektrode, beispielsweise
mit einer handelsüblichen
Meßzelle,
die eine Platin-Elektrode als Arbeitselektrode und eine Silber/Silberchlorid-Elektrode als Bezugselektrode
enthält.
Selbstverständlich
kann man andere geeignete Bezugselektroden wie beispielsweise eine
Kalomel-Elektrode verwenden. Die weiter oben angegebene Untergrenze
für das
Redoxpotential ist dann entsprechend umzurechnen. Die Verwendung
geeigneter Elektroden hat den Vorteil, daß die Messung vollautomatisch
und kontinuierlich erfolgen kann.
Wenn entweder der Sauerstoffgehalt
oder das Redoxpotential einen jeweils vorgegebenen Mindestwert unterschreitet,
gibt man vorzugsweise so viel Biozid zu, daß der Biozidgehalt der Prozeßflüssigkeit
nach vollständigem
Vermischen oberhalb von 10 mg/l, insbesondere oberhalb von 50 mg/l,
jedoch vorzugsweise unterhalb von 200 mg/l, insbesondere unterhalb
von 150 mg/l liegt. Selbstverständlich
sind die genauen Werte abhängig
vom verwendeten Biozid und können
der Gebrauchsanleitung für
das Biozid entnommen werden.
Vorzugsweise läßt man den Biozidgehalt der Prozeßflüssigkeit
zwischen 2 Biozidzugaben auf einen Wert unterhalb vom 50 mg/l, insbesondere
unterhalb von 10 mg/l und besonders bevorzugt auf einen Wert unterhalb
der Nachweisgrenze absinken. In den genannten Prozeßflüssigkeiten
tritt ein Verlust an Biozid insbesondere dadurch ein, daß sich dieses
an Schlamm wie beispielsweise Metallabrieb oder Lackkoagulat adsorbiert
und mit diesem aus der Prozeßflüssigkeit
ausgetragen wird. Man verfährt
also vorzugsweise genau entgegengesetzt zur bisherigen Verfahrensweise,
bei der man bemüht
war, einen Mindestgehalt an Biozid in der Prozeßflüssigkeit aufrecht zu erhalten.
Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
kann hierauf verzichtet werden. Dies führt nicht nur zu einer Einsparung
von Biozid, sondern insbesondere auch dazu, daß sich in der Prozeßflüssigkeit
kein Selektionsdruck für
Biozid-resistente Keime einstellt. Daher besteht weniger die Gefahr,
daß aufgrund
der bevorzugten Entwicklung Biozid-restistenter Keime die Bioziddosierung
erhöht
bzw. auf wirksamere, aber auch kritischer einzustufende Biozide
ausgewichen werden muß.
Besonders bevorzugt ist es, daß das beschriebene
Verfahren vollautomatisch, d. h. ohne menschliches Eingreifen abläuft. Hierfür kann beispielsweise
eine Biozidlösung
in einem Vorratsbehälter
zur Verfügung
gestellt werden, aus dem sie durch Aktivieren einer Pumpe und/oder
eines Ventils automatisch in die Prozeßflüssigkeit in vorgegebener Menge
dosiert wird, wenn ein Unterschreiten der vorgewählten Untergrenzen von Sauerstoffgehalt
oder Redoxpotential festgestellt wird.
Verwendet man für die Messung Meßelektroden,
kann vorgesehen werden, daß diese
Elektroden automatisch gereinigt und/oder einer Funktionsprüfung unterzogen
werden. Weiterhin kann automatisch überprüft werden, beispielsweise mit
Hilfe eines Durchflußmessers,
ob tatsächlich
Biozidlösung
in die Prozeßlösung dosiert
wird oder ob beispielsweise eine Funktionsstörung von Ventilen und/oder
Pumpen vorliegt. Schließlich
kann der Füllstand
im Vorratsbehälter
der Biozidlösung
automatisch überwacht werden.
Wird ein Mangel an Biozidlösung
oder eine Fehlfunktion der Dosiereinrichtung festgestellt, kann das
Bedienungspersonal der Anlage automatisch informiert werden, beispielsweise
durch eine Alarmeinrichtung oder durch Ausgabe einer Meldung auf
einem Ausgabegerät.
Selbstverständlich
sollte es auch jederzeit möglich
sein, den Sauerstoffgehalt oder das Redoxpotential manuell zu messen
und je nach Ergebnis der Messung Biozid zuzudosieren.
Das erfindungsgemäße Verfahren kann unabhängig von
der Art des verwendeten Biozids ausgeführt werden. Geeignet sind alle
Biozide, die auch derzeit bei den genannten Prozeßflüssigkeiten
eingesetzt werden. Beispielsweise kann das Biozid ausgewählt sein
aus Isothiazolinen und Dibromnitrilopropionamiden.
Wie einleitend beschrieben ist das
erfindungsgemäße Verfahren
insbesondere für
Prozeßflüssigkeiten
geeignet, bei denen es sich entweder um das Umlaufwasser einer Lackieranlage
handelt, in der Lackpartikel mit Hilfe des Umlaufwassers aus der
Luft ausgewaschen werden, oder um eine ölhaltige Kühlschmierstoffemulsion. Aufgrund
des guten Nährstoffangebots
treten insbesondere bei diesen ausgewählten Prozeßflüssigkeiten häufig Geruchsprobleme
auf, die auf Stoffwechselprodukte anaerober Keime zurückzuführen sind.
Das erfindungsgemäße Verfahren hat demnach gegenüber den üblichen
Verfahren also die Vorteile, daß nur
dann Biozid zudosiert wird, wenn dies auch wirklich erforderlich
ist, daß dies
vollautomatisch gesteuert werden kann, daß der Biozidverbrauch gesenkt
wird und daß dadurch,
daß der
Biozidgehalt zwischen 2 Zugaben auf praktisch Null absinken kann,
keine Biozid-resistenten Keime begünstigt werden.