Es ist bekannt, dass einheitlich orientierte nichtsphärische Partikel in Trägermaterialien zu
dichroitischen Absorptionsbanden führen können. Typische Beispiele sind Silber-, Kupfer-
oder Goldpartikel in Gläsern. Ausgerichtete rotationsellipsoidförmige metallische
Silberpartikel in Gläsern z. B. führen zu dichroitischen Absorptionsbanden im sichtbaren und
ultravioletten Spektralbereich. Im sichtbaren Spektralbereich bewirkt die dichroitische Absorption
eine polarisationsrichtungsabhängige Farbwirkung, Dichroismus genannt. Für den Fall von
Silberpartikeln ist dabei charakteristisch, dass das dichroitische Verhalten durch je eine
Einfach-Absorptionsbande für eine ausgezeichnete Polarisationsrichtung sowie eine zweite
Absorptionsbande in der um 90° zur ersten gedrehten Polarisationsrichtung, die in einem anderen
Wellenlängenbereich liegt, hervorgerufen wird.
Die Lage der Maxima der Absorptionsbanden im Spektrum wird dabei im wesentlichen durch
die Form der Partikel bestimmt. Im Falle ellipsoidtbrmiger Partikel einheitlicher Orientierung
sind die spektralen Lagen der Absorptionsbandenmaxima durch das Halbachsenverhältnis der
Partikel (bzw. deren Exzentrizitäten) bestimmt. Je größer die Exzentrizität, um so weiter
verschieben sich die spektralen Lagen der beiden Absorptionsmaxima voneinander weg, das eine
bewegt sich in den langwelligen Infrarot-, das andere in den kurzwelligen ultravioletten
Spektralbereich (UV-A). In den nachfolgenden Ausführungen wird hierauf zurückgekommen.
Es gibt zahlreiche Vorschläge, die diesen Effekt für spezielle Applikationen nutzen.
Die US 3,653,863 "Method of forming photochromic polarizing glasses" beschreibt die
Herstellung hochpolarisierender Gläser auf der Basis phasenseparierter silberhalogenidhaltiger
Gläser, in denen durch Temperung Silberhalogenidpartikel der gewünschten Größe erzeugt
werden. Anschließend folgen zwei weitere Schritte: Zuerst wird das Glas bei Temperaturen
zwischen oberem Kühlpunkt und Glasübergangstemperatur verstreckt, extrudiert oder
gewalzt, um den Silberhalogenidpartikeln eine ellipsoidförmige Gestalt zu geben und um sie
gleichgerichtet zu orientieren. Anschließend wird das Glas einer Strahlung, z. B. UV-
Strahlung, ausgesetzt. Dabei scheidet sich metallisches Silber auf der Oberfläche der
Silberhalogenidpartikel ab. Diese Gläser können durch Bestrahlung zwischen klar unpolarisiert und
eingedunkelt-polarisierend eingestellt werden.
In US 4.282.022: "Method for making polarizing glasses through extrusion" wird die
Herstellung eines Polarisationsglases auf der Basis phasenseparierter oder photochromer,
silberhalogenidhaltiger Gläser durch Extrusion vorgestellt.
Gemäß US 4,304,584 "Method of making polarizing glasses by extrusion" wird Glas
unterhalb des Kühlpunktes in einer reduzierenden Atmosphäre getempert, um langgestreckte
Silberpartikel in einer Oberflächenschicht des Glases von mindestens 10 µm Dicke zu erzeugen.
Die Patentschrift schließt die Erzeugung eines zu einem Verbund zusammengesetzten Glases
ein, wobei polarisierende und photochrome Glasschichten kombiniert und laminiert werden.
Um höhere Exzentrizitäten der Metallpartikel zu erzielen, wird in der US 4,486,213 "Drawing
laminated polarizing glass" vorgeschlagen, ein metallhalogenidhaltiges Glas mit einem
arideren Glas vor dem Deformationsprozess zu laminieren.
Entsprechend dem Patent DE 198 29 970 C1 "Verfahren zur Herstellung von UV-
Plarisatoren" erfolgt die Bildung von Metallpartikeln in einer Oberflächenschicht von Gläsern
durch einen mehrfachen Zyklus des Einbringens von Metallionen und Temperns. Dadurch
entstehen kugelförmige Partikel mit einer gewissen Größenverteilung. Bei anschließender
Deformation des Glases entstehen rotationsellipsoidförmige Partikel verschiedener Größe mit
verschiedenen Halbachsenverhältnissen.
Gemäß US 4,486,213 ist es möglich, Absorptionsbanden im infraroten Spektralbereich
herzustellen, indem vorgeschlagen wird, ein metallhalogenidhaltiges Glas mit einem anderen Glas
vor dem Deformationsprozeß zu umgeben.
Gemeinsam ist diesen Vorschlägen, dass in einer Glasmatrix submikroskopische, in der Regel
kugelförmige Fremdphasen-Partikel erzeugt werden, die anschließend in einem
Deformationsprozess verformt und einheitlich in einer Vorzugsrichtung ausgerichtet werden.
Prinzipieller Mangel des Standes der Technik ist, dass Absorptionsbanden im infraroten
Spektralbereich bisher nur mit teueren Spezialgläsern oder aufwendigen Verfahren realisiert
werden konnten.
Will man Absorptionsbanden im infraroten Spektralbereich realisieren, sind stark deformierte
Partikel mit sehr großen Exzentrizitäten erforderlich, da nur diese Absorptionsbanden
aufweisen, deren Maximumslagen sich im infraroten Spektralbereich befinden.
Eine Möglichkeit, Partikel mit sehr großen Exzentrizitäten zu realisieren, besteht darin, beim
Zugprozess, der zur Deformation der ursprünglich kugelförmigen Partikel führt, mit sehr
hohen Zugspannungen zu arbeiten. Da aber bei den bisher bekannten Verfahren, mit denen Par
tikel erzeugt werden, deren Absorptionsmaxima noch im sichtbaren Spektralbereich liegen,
die zur Deformation verwendeten Zugspannungen bereits nahe der Bruchspannung des Glases
liegen, ist eine weitere Erhöhung der Zugspannungen zum Zweck der stärkeren Deformation
der Partikel nicht durchführbar.
Eine weitere Möglichkeit, den Deformationsgrad der Partikel zu erhöhen, ist durch die
Vergrößerung des Streckverhältnisses beim Glasdeformationsprozess selbst gegeben. Auch
hierbei stellen sich Probleme durch die Zunahme der Zugspannungen bis in die Nähe der
Bruchspannung ein. Weiterhin führt ein vergrößertes Streckverhältnis beim Deformationsprozess zu
immer dünneren Gläsern. Auch diese Vorgehensweise ist somit nicht praktikabel.
Es sind daher bisher keine kommerziellen Verfahren zur Herstellung von IR-Polarisatoren auf
Natriumsilikatglasbasis zur kommerziellen Anwendung bekannt.
Es ist aber bekannt, dass der Deformationsprozess der ursprünglich kugelförmigen Partikel
sowie die erreichbaren Exzentrizitäten durch eine Zugdeformation stark von der
Teilchengröße abhängig sind. Partikel mit einem größeren Teilchendurchmesser weisen nach
Zugverformung der Glasmatrix; bei gleichen Deformationsparametern, größere Exzentrizitäten als
Partikel mit einem kleineren Teilchendurchmesser auf.
Würde es gelingen, ein Glas zu realisieren, welches Teilchen mit so großen mittleren Radien
beinhaltete, dass bei den bisher verwendeten Parametern des Zugprozesses die deformierten
Partikel bereits Deformationsgrade aufwiesen, die zur Verschiebung des
Absorptionsmaximums in den Infrarot-Bereich führen würden, wäre das Problem gelöst.
Der Erfindung liegt damit die Aufgabe zugrunde, einen Polarisator auf der Basis von
Natriumsilikatglas zu schaffen. Die Absorptionsbanden bezogen auf die ausgezeichnete
Polarisationsrichtung sollen dann Maxima im infraroten Spektralbereich (IR) haben, während in der um
90° gedrehten Polarisationsrichtung in diesem Spektralbereich die Absorption möglichst
gering sein soll. Weiterhin soll der Polarisator durch die Möglichkeit der Feineinstellung der
Spektrallagen der Absorptionsmaxima entsprechend den jeweiligen
Anwendungserfordernissen gekennzeichnet sein. Es besteht im weiteren die Aufgabe, ein Verfahren anzugeben, das
es gestattet, einen derartigen IR-Polarisator wirtschaftlich herzustellen. Durch die
Verwendung von preiswertem Ausgangsglas soll das Herstellen von preisgünstigen Polarisatoren
möglich werden, welche große Abmessungen aufweisen können. Auf Spezialverfahren, wie in
der US 4,486,213 beschrieben, soll dabei verzichtet werden.
Erfindungsgemäß wird die Aufgabe wie folgt gelöst, wobei hinsichtlich der grundlegenden
erfinderischen Gedanken, die IR-Polarisatoren betreffend, auf den Patentanspruch 1
verwiesen wird. Die weiter Ausgestaltung der Erfindung bezüglich der neuartigen IR-Polarisatoren
ergibt sich aus den Patentansprüchen 2 und 3. Den grundlegenden Gedanken zu dem neuen
Verfahren zur Herstellung der IR-Polarisatoren enthält der Patentanspruch 5.
Weitere Hinweise sind zu den erfindungsgemäßen Lösungen erforderlich.
Es wird davon ausgegangen, dass im Fall einheitlich ausgerichteter deformierter
Metallpartikel deren Absorptionsverhalten deutlich von dem kugelförmiger Partikel abweicht und
weiterhin polarisationsrichtungsabhängig ist. Dieses sogenannte dichroitische Verhalten weist
eine starke Abhängigkeit von der Form der Partikel auf. Sie lässt sich im Fall
rotationsellipsoidförmiger Partikel z. B. durch deren Exzentrizität beschreiben.
Weiter wird davon ausgegangen, daß Absorptionsbanden im infraroten Spektralbereich nur
mittels sehr stark deformierter Partikel mit sehr großen Exzentrizitäten realisierbar sind. Denn
nur diese Partikel weisen Absorptionsbanden für eine ausgezeichnete Komponente des
elektrischen Feldvektors mit Maximumslagen im infraroten Spektralbereich auf.
Zur Herstellung der IR-Polarisatoren wird daher folgendermaßen verfahren.
Der erfindungsgemäße Infrarot Polarisator auf Natriumsilikatbasis besteht aus
Natriumsilikatglas, in welches in einem ersten Verfahrensschritt, welcher an sich bekannt ist, wie z. B.
durch einen Tieftemperatur-Ionenaustausch in einer silberhaltigen Salzschmelze, Silberionen
in oberflächennahe Schichten eingebaut werden. Die Eindringtiefe beträgt bis zu einigen
10 µm. Anschließend erfolgt in einem weiteren Verfahrensschritt durch einen neuartigen Verlauf
der Temperung dieser behandelten Gläser das Erzeugen sehr großer Partikel in den
oberflächennahen Bereichen. Dazu wird der notwendige Temperprozeß in zwei sehr
unterschiedlichen Teilschritten durchgeführt. Im ersten Teilschritt, einer Langzeit-Temperung in einer
reduzierenden Atmosphäre bei einer relativ niedrigen Temperatur zwischen 350°C und
450°C, erfolgen die Reduktion des ionischen Silbers, die Bildung von im Vergleich zu
bisherigen Verfahren sehr wenigen Keimen und eine Wachstumsphase der Metallpartikel im Glas,
die auf Grund der geringen Anzahl von Keimen zu sehr großen Kolloiden führt.
Die Silberatome lagern sich so zu Silberkolloiden zusammen, die aber Größen aufweisen, die
diejenigen bekannter Verfahren weit übertreffen. Im Vergleich zu den bekannten Verfahren
werden nicht nur viel weniger Keime gebildet, so dass sich an den wenigen Keimen viele
Silberatome zu schon relativ großen Kolloiden zusammenlagern, sondern es wird darüber hinaus
das Gleichgewicht zwischen thermodynamisch bedingtem Zerfall bereits gebildeter und
Wachstum vorhandener - Kolloide aus den Silberatomen der Zerfallsreste zugunsten des
Wachstums vorhandener Kolloide verschoben.
Im anschließenden zweiten Teilschritt, einer im Vergleich zur ersten kurzzeitigen Temperung
ohne den Einfluß einer reduzierenden Atmosphäre im Temperaturbereich 550°C bis 650°C,
wachsen die Metallpartikel nochmals. Dabei lagern sich weitere zuvor freigewordene
Silberatome an die verbliebenen großen Kolloide an, die auf diese Weise noch weiter wachsen und
Größen erreichen, die mit den anderen bisher bekannten Verfahren überhaupt nicht
realisierbar waren. Eine Neuzufuhr ionischen Silbers von außen (z. B. durch eine erneute
Ionenaustauschreaktion wie in DE 198 29 970 C1) erfolgt dabei nicht.
Die Teilchen werden durch diese Behandlung so groß, dass der Streuanteil an der Extinktion
(Extinktion = Lichtschwächung durch Absorption + Streuung; der Streuanteil nimmt
physikalisch bedingt mit wachsender Teilchengröße zu), nicht mehr vernachlässigbar bleibt. Die
Gläser zeigen im Anschluß an diese Behandlung sichtbar Lichtstreueffekte in Form einer diffusen
bläulichen Trübung zusätzlich zur Gelbfärbung.
Durch einen sich anschließenden Glas-Deformationsprozess, der in bekannter Weise
durchgeführt wird, werden deformierte Partikel gebildet, die so große Exzentrizitäten aufweisen
können, dass ihr langweiliges Absorptionsmaximum bis in den Infrarot-Bereich verschoben wird,
die Streueffekte überraschenderweise aber verschwinden.
Eine Besonderheit bei der Herstellung der IR-Polarisatoren ist die Möglichkeit zur
Feineinstellung der Spektrallagen der Maxima der Polarisationswirkungen.
Abgeleitet aus dem in DE 196 42 116 C2 beschriebenen "Verfahren zur strukturierten
Energieübertragung mit Elektronenstrahlen", das dazu dient, Lateralbereiche dichroitischer Gläser
für Applikationen im Displaybereich farbig zu strukturieren, erfolgt eine Erweiterung
dahingehend, daß durch einen Energieeintrag die Maxima der Polarisationswirkung
(Maximalkontrast) in bestimmten Grenzen vom langwelligen Bereich in den kürzerwelligen
Spektralbereich verschoben werden können und dann fest eingestellt bleiben. Als Ausgangssubstrate
eignen sich Polarisationsgläser, deren maximale Polarisationswirkungen in langwelligeren
Bereichen liegen als für die spätere Applikation gewünscht.
Anhand von 3 Ausführungsbeispielen soll die Erfindung näher erläutert werden.