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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Steuern eines automatisierten Fahrzeugs.
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Um eine hohe Zuverlässigkeit einer Steuerung eines automatisierten Fahrzeugs zu erreichen, muss die Steuerung dazu ausgebildet sein, auf verschiedene und teilweise spezielle Situationen im Straßenverkehr angemessen reagieren zu können. Vor allem ein Betrieb des automatisierten Fahrzeugs im gemischten Straßenverkehr mit nicht-automatisierten Fahrzeugen stellt eine besondere Herausforderung dar.
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Beispielsweise kann es sein, dass aufgrund eines menschlichen Fehlers ein Fahrzeugführer eines dem automatisierten Fahrzeug vorausfahrenden Fahrzeugs einen Fahrtrichtungsanzeiger betätigt, wodurch ein Fahrtrichtungswechsel dauerhaft angezeigt wird, ohne jedoch ein weiteres vorausfahrendes Fahrzeug tatsächlich überholen zu wollen. Ferner kann beispielsweise die Situation eintreten, dass ein Überholmanöver angezeigt wird, jedoch zunächst ein nachfolgendes Fahrzeug, beispielsweise ein sich mit hoher Geschwindigkeit näherndes Fahrzeug, zunächst selbst ein Überholmanöver durchführen soll, bevor das Überholmanöver des vorausfahrenden Fahrzeugs eingeleitet wird. Es kommt auch vor, dass der Fahrzeugführer eines vorausfahrenden Fahrzeugs den Fahrtrichtungsanzeiger betätigt, um anzudeuten, dass sein Fahrzeug von nachfolgenden Fahrzeugen überholt werden kann, um beispielswiese eine sich hinter dem vorausfahrenden Fahrzeug ausgebildete Kolonne von nachfolgenden Fahrzeugen passieren zu lassen. Außerdem ist es möglich, dass ein Fahrtrichtungswechsel angezeigt wird, bevor ein Abbiegemanöver eines Fremdfahrzeugs eingeleitet wird. In diesem Fall ist die Kollisionsgefahr besonders groß, wenn der Fahrtrichtungsanzeiger betätigt wird, ein Abbiegemanöver jedoch tatsächlich nicht eingeleitet werden soll, da die Steuerung des automatisierten Fahrzeugs den angezeigten Fahrtrichtungswechsel bzw. das angezeigte Abbiegemanöver des Fremdfahrzeugs als Freigabe einer Fahrspur bewerten kann.
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In solchen Situationen wird typischerweise angenommen, dass ein Fahrtrichtungswechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs erfolgt, beispielsweise, um ein Überholmanöver einzuleiten, weshalb diesem Fahrzeug ein Fahrspurwechsel ermöglicht werden sollte. Erfolgt der Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs nicht, so wird die Steuerung des automatisierten Fahrzeugs aufgrund einer drohenden Kollisionsgefahr kein eigenes Überholmanöver einleiten. Dadurch kann eine ungewollte Situation eintreten, in der das automatisierte Fahrzeug hinter dem vorausfahrenden Fahrzeug fahrend gesteuert werden muss und, die sich für das automatisierte Fahrzeug nicht auflösen lässt.
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Aus der Druckschrift
DE 10 2014 215 980 A1 ist ein Verfahren zum Betreiben einer Fahrassistenzvorrichtung in einem automatischen Fahrmodus bekannt, bei dem ein kooperatives Verhalten gegenüber einem Fremdfahrzeug realisiert werden soll. Hierzu wird durch die Fahrassistenzvorrichtung ein bevorstehender Spurwechsel des auf einer Nachbarfahrspur fahrenden Fremdfahrzeugs auf die Eigenfahrspur eines Kraftfahrzeugs erkannt und eine sich zwischen dem Fremdfahrzeug und dem Kraftfahrzeug nach dem Spurwechsel voraussichtlich ergebenden Zeitlücke ermittelt. Falls die ermittelte Zeitlücke kleiner als eine vorbestimmte Mindestzeitlücke ist, wird auf der Eigenfahrspur mit dem Kraftfahrzeug ein Längsführungsmanöver durchgeführt, welches dazu ausgelegt ist, die sich voraussichtlich ergebende Zeitlücke auf die Mindestzeitlücke zu vergrößern.
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Aus der Druckschrift
DE 11 2017 003 968 T5 ist ein Verfahren zum Steuern eines primären Fahrzeugs bekannt, bei dem ein Fahrzustand des primären Fahrzeugs bestimmt und Fahrzeugdaten für ein oder mehrere umgebende sekundären Fahrzeuge beschafft werden. Es wird eine Notfallmaßnahme bestimmt, die mit dem primären Fahrzeug basierend auf dem Fahrzustand des primären Fahrzeugs und den Fahrzeugdaten für das oder jedes sekundäre Fahrzeug zu ergreifen ist.
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Aus der Druckschrift
DE10 2015 219 470 A1 ist ein Verfahren zum Handhaben einer Regelkarte bekannt, bei dem ein Umgebungszustand mittels einer Anzahl von Umfeldsensoren erkannt wird, eine Anzahl von Verkehrsregeln basierend auf dem Umgebungszustand abgeleitet werden und die Regelkarte basierend zumindest auf den Verkehrsregeln erzeugt wird.
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Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, ein verbessertes Verfahren zum Steuern eines automatisierten Fahrzeugs anzugeben. Eine weitere Aufgabe besteht darin, ein Computerprogrammprodukt zum Durchführen des Verfahrens und ein maschinenlesbares Speichermedium, auf dem das Computerprogrammprodukt gespeichert ist, bereitzustellen. Diese Aufgaben werden durch ein Verfahren zum Steuern eines automatisierten Fahrzeugs, durch ein Computerprogrammprodukt zum Durchführen des Verfahrens und durch ein maschinenlesbaren Speichermedium, auf dem das Computerprogrammprodukt gespeichert ist, mit jeweils den Merkmalen des unabhängigen Anspruchs, gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen sind in abhängigen Ansprüchen angegeben.
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Ein Verfahren zum Steuern eines automatisierten Fahrzeugs umfasst folgende Verfahrensschritte. Es wird ein Fremdfahrzeug im Umfeld des automatisierten Fahrzeugs identifiziert und ein Zustand eines Fahrtrichtungsanzeigers des Fremdfahrzeugs ermittelt. Wenn ein aktiver Zustand des Fahrtrichtungsanzeigers des Fremdfahrzeugs festgestellt wurde, wird geprüft, ob das Fremdfahrzeug ein mittels des Fahrrichtungsanzeigers angezeigtes Fahrmanöver einleitet. Das automatisierte Fahrzeug wird in Abhängigkeit eines Resultates der Prüfung gesteuert.
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Das vorliegende Verfahren zum Steuern eines automatisierten Fahrzeugs ermöglicht es vorteilhafterweise, ein versehentliches Dauerblinken des Fremdfahrzeugs zu erkennen und eine angemessene Reaktion im Rahmen der Steuerung des automatisierten Fahrzeugs einzuleiten. Ergibt die Prüfung, ob das Fremdfahrzeug ein mittels des Fahrrichtungsanzeigers angezeigtes Fahrmanöver einleitet, dass das angezeigte Fahrmanöver nicht eingeleitet wurde, wird das Aktivieren des Fahrtrichtungsanzeigers des Fremdfahrzeugs als ein versehentliches Dauerblinken identifiziert. Dadurch kann eine Kollision des automatisierten Fahrzeugs mit dem Fremdfahrzeug oder mit anderen Verkehrsteilnehmern vermieden werden. Da ein Fahrzeugführer auch im Fall eines versehentlichen Dauerblinkens des Fremdfahrzeugs nicht in die Steuerung des automatisierten Fahrzeugs eingreifen muss, weist die automatische Steuerung vorteilhafterweise eine höhere Verfügbarkeit auf. Außerdem ist das automatisierte Fahrzeug gegen eine bewusste Kompromittierung geschützt. So wird z.B. verhindert, dass ein bewusst herbeigeführter, dauerhaft angezeigter Fahrtrichtungswechsel des Fremdfahrzeugs einen Überholvorgang des automatisierten Fahrzeugs dauerhaft unterdrückt und dieses ggfs. bis zum Stillstand ausbremsen kann.
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In einer Ausführungsform wird beim Prüfen, ob das Fremdfahrzeug das mittels des Fahrrichtungsanzeigers angezeigte Fahrmanöver einleitet, geprüft, ob das Fremdfahrzeug das mittels des Fahrrichtungsanzeigers angezeigte Fahrmanöver innerhalb einer vorgebbaren Zeitdauer und/oder innerhalb einer vorgebbaren Distanz einleitet. Vorteilhafterweise kann dadurch zuverlässig festgestellt werden, ob der Fahrtrichtungsanzeiger versehentlich oder bewusst aktiviert wurde. Verstreicht die vorgebbare Zeitdauer und/oder wird die vorgebbare Distanz zurückgelegt, ohne, dass das Fahrmanöver eingeleitet wird, wird das Aktivieren des Fahrtrichtungsanzeigers des Fremdfahrzeugs als ein versehentliches Dauerblinken identifiziert. Die vorgebbare Zeitdauer und die vorgebbare Distanz können jeweils frei gewählt werden, sollten jedoch zweckmäßigerweise an eine jeweilige Verkehrssituation angepasst werden. Beispielsweise kann die vorgebbare Zeitdauer im Fall eines mittels des Fahrtrichtungsanzeigers angezeigten Überholmanövers zehn Sekunden betragen, die vorgebbare Zeitdauer ist jedoch nicht auf den beispielhaften Wert beschränkt. Die vorgebbare Distanz kann im Fall des angezeigten Überholmanövers des Fremdfahrzeugs beispielsweise einige hundert Meter betragen, sie ist jedoch ebenfalls nicht auf den angegebenen Wert beschränkt.
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In einer Ausführungsform wird ein Zustand eines Bremslichts des Fremdfahrzeugs ermittelt. Es wird geprüft, ob der Zustand des Bremslichts mit dem mittels des Fahrrichtungsanzeigers angezeigten Fahrmanöver konsistent ist. Vorteilhafterweise kann das Bremslicht des Fremdfahrzeugs als ein zusätzliches Indiz dazu dienen, um festzustellen, ob das Fahrmanöver eingeleitet wurde oder nicht. Wird mittels des aktiven Zustands des Fahrtrichtungsanzeigers beispielsweise ein Überholmanöver angedeutet, so ist zu erwarten, dass kein Bremsvorgang eingeleitet wird. Wird mittels des aktiven Zustands des Fahrtrichtungsanzeigers hingegen ein Abbiegemanöver angedeutet, so ist zu erwarten, dass ein Bremsvorgang eingeleitet wird. Ist der Zustand des Bremslichts nicht im Einklang mit dem angezeigten Fahrmanöver, so kann das Aktivieren des Fahrrichtungsanzeigers als ein versehentliches Dauerblinken identifiziert werden. Ist der Zustand des Bremslichts hingegen im Einklang mit dem angezeigten Fahrmanöver, so wird dies als Einleiten des angezeigten Fahrmanövers gewertet.
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In einer Ausführungsform wird eine Relativgeschwindigkeit des Fremdfahrzeugs in Bezug auf das automatisierte Fahrzeug ermittelt. Beim Prüfen, ob das Fremdfahrzeug das mittels des Fahrrichtungsanzeigers angezeigte Fahrmanöver einleitet, wird geprüft, ob sich die Relativgeschwindigkeit entsprechend dem mittels des Fahrtrichtungsanzeigers angezeigten Fahrmanöver verändert. Vorteilhafterweise kann die Relativgeschwindigkeit des Fremdfahrzeugs es indizieren, ob das angezeigte Fahrmanöver eingeleitet wurde oder nicht. Wird durch den aktiven Zustand des Fahrtrichtungsanzeigers beispielswiese ein Überholmanöver angezeigt, so ist zu erwarten, dass sich die Relativgeschwindigkeit in Bezug zum automatisierten Fahrzeug erhöht bzw. eine positive Relativgeschwindigkeit aufgebaut wird. Wird ein Abbiegemanöver angedeutet, so ist beispielsweise zu erwarten, dass sich die Relativgeschwindigkeit in Bezug zum automatisierten Fahrzeug verringert bzw. eine negative Relativgeschwindigkeit aufgebaut wird. Die Relativgeschwindigkeit kann alternativ oder zusätzlich auch in Bezug auf ein weiteres Fremdfahrzeug ermittelt und bei der Prüfung berücksichtig werden.
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In einer Ausführungsform wird dem Fremdfahrzeug eine Fahrspur zugeordnet, die von dem Fremdfahrzeug befahren wird. Beim Prüfen, ob das Fremdfahrzeug ein mittels des Fahrrichtungsanzeigers angezeigtes Fahrmanöver einleitet, wird geprüft, ob ein mittels des Fahrtrichtungsanzeigers angezeigter Spurwechsel des Fremdfahrzeugs erfolgt. Der Spurwechsel kann beispielswiese eingeleitet werden, um ein Überholmanöver durchzuführen. Ein Spurwechsel erfolgt jedoch auch im Rahmen eines Abbiegemanövers. Beispielsweise kann geprüft werden, ob der Spurwechsel innerhalb der vorgebbaren Zeitdauer und/oder innerhalb der vorgebbaren Distanz erfolgt, was jedoch nicht zwingend erforderlich ist. Es kann alternativ oder zusätzlich auch geprüft werden, ob der Zustand des Bremslichts konsistent mit dem angezeigten Spurwechsel ist und/oder, ob die Relativgeschwindigkeit des Fremdfahrzeugs sich im Einklang mit dem angezeigten Spurwechsel verändert.
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In einer Ausführungsform wird, wenn kein mittels des Fahrtrichtungsanzeigers angezeigter Spurwechsel des Fremdfahrzeugs erfolgt, zusätzlich geprüft, ob das Fremdfahrzeug von einem weiteren Fremdfahrzeug überholt wird. Vorteilhafterweise kann das Überholmanöver des weiteren Fremdfahrzeugs dahingehend gewertet werden, dass der aktive Zustand des Fahrtrichtungsanzeigers des Fremdfahrzeugs ein versehentliches Dauerblinken darstellt, weshalb das weitere Fremdfahrzeug ein eigenes Überholmanöver durchführt.
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In einer Ausführungsform wird, wenn das Fremdfahrzeug von dem weiteren Fremdfahrzeug überholt wird, geprüft, ob das Fremdfahrzeug den mittels des Fahrrichtungsanzeigers angezeigten Spurwechsel nach dem Überholen des weiteren Fremdfahrzeugs einleitet. Das Prüfen, ob das Fremdfahrzeug den mittels des Fahrrichtungsanzeigers angezeigten Spurwechsel nach dem Überholen des weiteren Fremdfahrzeugs einleitet oder nicht, bietet den Vorteil, dass festgestellt werden kann, ob das Fremdfahrzeug das weitere Fremdfahrzeug lediglich passieren lassen wollte, bevor es ein eigenes Überholmanöver einleitet. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn sich das weitere Fremdfahrzeug dem Fremdfahrzeug mit einer hohen Geschwindigkeit nähert.
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In einer Ausführungsform umfasst das Steuern des automatisierten Fahrzeugs in Abhängigkeit des Resultates der Prüfung, ob das Fremdfahrzeug das mittels des Fahrrichtungsanzeigers angezeigte Fahrmanöver einleitet, ein Einleiten eines Überholmanövers des Fremdfahrzeugs, ein Nachahmen einer Trajektorie des Fremdfahrzeugs oder des weiteren Fremdfahrzeugs oder ein Einleiten eines Bremsmanövers.
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Handelt es sich bei dem Fremdfahrzeug beispielsweise um ein vorausfahrendes Fremdfahrzeug und wird das Fahrmanöver durch das Fremdfahrzeug eingeleitet, nachdem es dies mittels des Fahrtrichtungsanzeigers angedeutet hat, kann beispielsweise die Trajektorie des Fremdfahrzeugs nachgeahmt werden, um beispielsweise ein Überholmanöver einzuleiten, bei dem ein weiteres vorausfahrendes Fremdfahrzeug überholt werden soll.
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Wird das Fahrmanöver durch das Fremdfahrzeug hingegen nicht eingeleitet, nachdem es dies mittels des Fahrtrichtungsanzeigers angedeutet hat, kann beispielsweise ein Überholmanöver im Rahmen der Steuerung des automatisierten Fahrzeugs angeleitet werden, um das Fremdfahrzeug trotz eines versehentlichen Dauerblinkens zu überholen. Dies kann beispielsweise dadurch erfolgen, dass die Trajektorie des weiteren Fremdfahrzeugs nachgeahmt wird, wenn dieses selbst ein Überholmanöver zum Überholen des Fremdfahrzeugs eingeleitet hat und das Fremdfahrzeug seinerseits keinen Spurwechsel trotz eines aktiven Fahrrichtungsanzeigers durchführt.
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Wird durch den aktiven Zustand des Fahrtrichtungsanzeigers des vorausfahrenden Fremdfahrzeugs ein Abbiegemanöver angezeigt, so kann beispielsweise ein Bremsmanöver im Rahmen der Steuerung des automatisierten Fahrzeugs eingeleitet werden, um eine Kollision mit dem Fremdfahrzeug zu vermeiden, wenn das Fremdfahrzeug das Abbiegemanöver einleitet.
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Handelt es sich bei dem Fremdfahrzeug, das das Abbiegemanöver anzeigt, beispielsweise um ein Fahrzeug, das eine Fahrbahn befährt, die quer zu einer Fahrbahn verläuft, die vom automatisierten Fahrzeug befahren wird, wie etwa im Fall einer Kreuzung zweier Fahrbahnen oder im Fall einer Einmündung, wobei das Fremdfahrzeug gemäß geltenden Verkehrsregeln ein Vorfahrtsrecht genießt, so kann im Fall eines eingeleiteten Abbiegemanövers des Fremdfahrzeugs alternativ auch ein Beschleunigen des automatisierten Fahrzeugs im Rahmen der automatischen Steuerung des automatisierten Fahrzeugs erfolgen. Wird das Abbiegemanöver hingegen nicht eingeleitet, obwohl dies angezeigt wurde, so kann dies beispielsweise dadurch festgestellt werden, dass sich die Relativgeschwindigkeit des Fremdfahrzeugs nicht verringert bzw. nicht negativ wird. In diesem Fall erfolgt das Beschleunigen des automatisierten Fahrzeugs erst, wenn da Fremdfahrzeug passiert ist, um eine Kollision zu vermeiden.
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Handelt es sich bei dem Fremdfahrzeug beispielsweise um ein nachfolgendes Fremdfahrzeug und wird das Fahrmanöver durch das Fremdfahrzeug eingeleitet, nachdem es dies mittels des Fahrtrichtungsanzeigers angedeutet hat, indem es das automatisierte Fahrzeug überholt, kann beispielsweise die Trajektorie des Fremdfahrzeugs nachgeahmt werden, um ein Überholmanöver einzuleiten, bei dem ein vorausfahrendes Fremdfahrzeug von dem automatisierten Fahrzeug überholt werden soll.
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Wird das Fahrmanöver durch das Fremdfahrzeug hingegen nicht eingeleitet, nachdem es dies mittels des Fahrtrichtungsanzeigers angedeutet hat, kann beispielsweise ein Überholmanöver im Rahmen der Steuerung des automatisierten Fahrzeugs angeleitet werden, um ein vorausfahrendes Fremdfahrzeug trotz eines versehentlichen Dauerblinkens des nachfolgenden Fremdfahrzeugs zu überholen.
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Ein Computerprogrammprodukt umfasst Befehle, die bei ihrer Ausführung auf einem Computer, diesen dazu veranlassen, ein Verfahren gemäß einer der Ausführungsformen durchzuführen. Das Computerprogrammprodukt ist auf einem maschinenlesbaren Speichermedium gespeichert.
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Das Verfahren zum Steuern des automatisierten Fahrzeugs wird im Folgenden im Zusammenhang mit schematischen Zeichnungen erläutert. Es zeigen:
- 1: eine Verkehrssituation, bei der ein einem automatisierten Fahrzeug vorausfahrendes Fremdfahrzeug versehentlich und dauerhaft einen Fahrtrichtungswechsel mittels eines Fahrtrichtungsanzeigers anzeigt;
- 2: Verfahrensschritte des Verfahrens zum Steuern des automatisierten Fahrzeugs; und
- 3: ein maschinenlesbares Speichermedium mit einem Computerprogrammprodukt zum Durchführen des Verfahrens der 2.
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1 zeigt schematisch ein automatisiertes Fahrzeug 1 in einer beispielhaften Verkehrssituation in Draufsicht. Das automatisierte Fahrzeug 1 ist beispielhaft als ein Personenkraftwagen ausgebildet, es könnte jedoch auch als ein Lastkraftwagen ausgebildet sein. Das automatisierte Fahrzeug ist zumindest als teilautomatisiertes Fahrzeug ausgebildet. Die Formulierung „zumindest teilautomatisiertes Fahrzeug“ umfasst einen oder mehrere der folgenden Fälle: assistiertes Führen, teilautomatisiertes Führen, hochautomatisiertes Führen und vollautomatisiertes Führen des Fahrzeugs. Assistiertes Führen bedeutet, dass ein Fahrer des Kraftfahrzeugs dauerhaft entweder eine Quer- oder die Längsführung des Kraftfahrzeugs ausführt. Die jeweils andere Fahraufgabe (also ein Steuern der Längs- oder der Querführung des Kraftfahrzeugs) wird automatisch durchgeführt.
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Teilautomatisiertes Führen bedeutet, dass in einer spezifischen Situation (zum Beispiel: Fahren auf einer Autobahn, Fahren innerhalb eines Parkplatzes, Überholen eines Objekts, Fahren innerhalb einer Fahrspur, die durch Fahrspurmarkierungen festgelegt ist) und/oder für einen gewissen Zeitraum eine Längs- und eine Querführung des Kraftfahrzeugs automatisch gesteuert werden. Der Fahrer muss aber das automatische Steuern der Längs- und Querführung dauerhaft überwachen, um bei Bedarf manuell eingreifen zu können. Der Fahrer muss jederzeit zur vollständigen Übernahme der Kraftfahrzeugführung bereit sein.
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Hochautomatisiertes Führen bedeutet, dass für einen gewissen Zeitraum in einer spezifischen Situation (zum Beispiel: Fahren auf einer Autobahn, Fahren innerhalb eines Parkplatzes, Überholen eines Objekts, Fahren innerhalb einer Fahrspur, die durch Fahrspurmarkierungen festgelegt ist) eine Längs- und eine Querführung des Kraftfahrzeugs automatisch gesteuert werden. Der Fahrer muss das automatische Steuern der Längs- und Querführung nicht dauerhaft überwachen. Bei Bedarf wird automatisch eine Übernahmeaufforderung an den Fahrer zur Übernahme des Steuerns der Längs- und Querführung, insbesondere mit einer ausreichenden Zeitreserve, ausgegeben.
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Vollautomatisiertes Führen bedeutet, dass in einer spezifischen Situation (zum Beispiel: Fahren auf einer Autobahn, Fahren innerhalb eines Parkplatzes, Überholen eines Objekts, Fahren innerhalb einer Fahrspur, die durch Fahrspurmarkierungen festgelegt ist) eine Längs- und eine Querführung des Kraftfahrzeugs automatisch gesteuert werden. Der Fahrer muss das automatische Steuern der Längs- und Querführung nicht überwachen, um bei Bedarf manuell eingreifen zu können.
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In der Verkehrssituation der 1 befindet sich beispielhaft ein in Fahrtrichtung des automatisierten Fahrzeugs 1 vorausfahrendes Fremdfahrzeug 2. Vor dem Fremdfahrzeug 2 befindet sich ein weiteres vorausfahrendes Fremdfahrzeug 3. Während das vorausfahrende Fremdfahrzeug 2 ebenfalls als ein Personenkraftwagen ausgebildet ist, ist das weitere vorausfahrende Fremdfahrzeug 3 als ein Lastkraftwagen ausgebildet. Aus diesem Grund ist es naheliegend, dass ein Fahrzeugführer des vorausfahrenden Fremdfahrzeugs 2 das weitere vorausfahrende Fremdfahrzeug 3 überholen möchte. In der beispielhaften Verkehrssituation der 1 ist ein Fahrtrichtungsanzeiger 4 des vorausfahrenden Fremdfahrzeugs 2 aktiviert. Dies kann dahingehend interpretiert werden, dass der Fahrzeugführer des vorausfahrenden Fremdfahrzeugs 2 ein Überholmanöver einleiten möchte, um das weitere vorausfahrende Fremdfahrzeug 3 zu überholen. Es kann jedoch auch sein, dass der Fahrtrichtungsanzeiger 4 lediglich versehentlich betätigt wurde.
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Das hier vorgestellte Verfahren zum Steuern des automatisierten Fahrzeugs 1 beruht auf dem Gedanken, ein solches versehentliches Dauerblinken zu erkennen und angemessen zu reagieren. Neben der beispielhaften Verkehrssituation der 1 kann das Verfahren auch für andere Verkehrssituationen verwendet werden. Beispielsweise muss es sich bei dem Fremdfahrzeug 2 nicht notwendigerweise um ein vorausfahrendes Fahrzeug handeln. Es kann sich stattdessen auch um ein nachfolgendes Fahrzeug handeln.
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2 zeigt schematisch Verfahrensschritte 11, 12, 13 eines Verfahrens 10 zum Steuern des automatisierten Fahrzeugs 1.
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In einem ersten verfahrensschritt 11 wird das Fremdfahrzeug 2 im Umfeld des automatisierten Fahrzeugs 1 identifiziert und ein Zustand des Fahrtrichtungsanzeigers 4 des Fremdfahrzeugs 2 wird ermittelt. Das Identifizieren des Fremdfahrzeugs 2 kann beispielsweise mittels zumindest einer Videokamera und/oder einer Radareinrichtung und/oder einer LiDAR-Einrichtung erfolgen. Es kann zusätzlich auch ein Zustand eines Bremslichts des Fremdfahrzeugs 2 ermittelt werden.
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Im Rahmen des ersten Verfahrensschritts 11 können auch andere Verkehrsteilnehmer und Objekte identifiziert werden. Es kann auf diese Weise auch ein Modell des Umfelds des automatisierten Fahrzeugs 1 erstellt werden. Das Umfeld-Modell kann auch Kartendaten einer Karte umfassen, die eine Umgebung des automatisierten Fahrzeugs 1 repräsentiert. Die Kartendaten können beispielsweise auch Informationen über Fahrspuren umfassen.
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In einem zweiten Verfahrensschritt 12 wird geprüft, ob das Fremdfahrzeug 2 ein mittels des Fahrrichtungsanzeigers 4 angezeigtes Fahrmanöver einleitet, wenn ein aktiver Zustand des Fahrtrichtungsanzeigers 4 des Fremdfahrzeugs 2 festgestellt wurde. In diesem Verfahrensschritt erfolgt also eine Interpretation eines Fahrverhaltens des Fremdfahrzeugs 2, wobei geprüft wird, ob das Fahrverhalten des Fremdfahrzeugs der Erwartung entspricht, die sich beispielsweise aus dem Modell des Umfelds ergibt. Beispielsweise kann geprüft werden, ob das Fremdfahrzeug 2 das mittels des Fahrrichtungsanzeigers 4 angezeigte Fahrmanöver innerhalb einer vorgebbaren Zeitdauer und/oder innerhalb einer vorgebbaren Distanz einleitet. Es kann beispielsweise auch geprüft werden, ob der Zustand des Bremslichts mit dem mittels des Fahrrichtungsanzeigers 4 angezeigten Fahrmanöver konsistent ist. Ebenso kann geprüft werden, ob sich eine Relativgeschwindigkeit des Fremdfahrzeugs 2 in Bezug auf das automatisierte Fahrzeug 1 entsprechend dem mittels des Fahrtrichtungsanzeigers 4 angezeigten Fahrmanöver verändert. Es kann auch geprüft werden, ob ein Spurwechsel des Fremdfahrzeugs 2 erfolgt, nachdem ein aktiver Zustand des Fahrtrichtungsanzeigers 4 festgestellt wurde und ggf., ob das Fremdfahrzeug 2 von anderen Verkehrsteilnehmern überholt wird, obwohl es beispielsweise einen Spurwechsel mittels des Fahrtrichtungsanzeigers 4 andeutet.
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Der erste Verfahrensschritt 11 und/oder insbesondere der zweite Verfahrensschritt 12, d.h. insbesondere das Prüfen, ob das Fremdfahrzeug 2 das mittels des Fahrrichtungsanzeigers 4 angezeigte Fahrmanöver einleitet, kann unter Verwendung eines auf maschinellem Lernen und/oder künstlicher Intelligenz beruhenden Algorithmus erfolgen. Als Trainingsdaten hierfür eignen sich beispielsweise Daten aus einer Langzeit-Verkehrsbeobachtung, wie sie z.B. an Schilderbrücken von Autobahnen mit Hilfe von Lidar- / Video- / Radar-Sensorik aufgenommen werden können.
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Im Rahmen eines dritten Verfahrensschritts 13 erfolgt das Steuern des automatisierten Fahrzeugs 1 in Abhängigkeit eines Resultates der Prüfung im zweiten Verfahrensschritt 12. In dritten Verfahrensschritt 13 wird also eine angemessene Reaktion des automatisierten Fahrzeugs 1 auf Grundlage der Prüfung im zweiten Verfahrensschritt 12 eingeleitet. Das Steuern des automatisierten Fahrzeugs 1 kann beispielsweise ein Einleiten eines Überholmanövers des Fremdfahrzeugs 2, ein Nachahmen einer Trajektorie des Fremdfahrzeugs 2 oder des weiteren Fremdfahrzeugs oder ein Einleiten eines Bremsmanövers umfassen. Es kann zusätzlich auch das Einleiten einer Sicherheitsmaßnahme erfolgen. Wenn das Fremdfahrzeug 2 nicht gemäß dem Zustand des Fahrtrichtungsanzeigers 4 manövriert wird, kann auch eine Warnsignaleinrichtung des automatisierten Fahrzeugs 1 aktiviert werden.
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3 zeigt schematisch ein maschinenlesbares Speichermedium 21 mit einem Computerprogrammprodukt 22 zum Durchführen des Verfahrens 10 der 2. Das Computerprogrammprodukt 22 ist auf dem maschinenlesbaren Speichermedium 21 gespeichert und umfasst Befehle 23, die bei ihrer Ausführung auf einem Computer, diesen dazu veranlassen, das Verfahren 10 durchzuführen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102014215980 A1 [0005]
- DE 112017003968 T5 [0006]
- DE 102015219470 A1 [0007]