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Die vorgestellte Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Brennstoffzellensystems, ein Brennstoffzellensystem und ein Computerprogrammprodukt.
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Stand der Technik
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Polymer Elektrolyt Membran (PEM) Brennstoffzellensysteme wandeln Wasserstoff mittels Sauerstoffs zu elektrischer Energie unter der Erzeugung von Abwärme und Wasser.
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Eine PEM Brennstoffzelle besteht aus einer Anode, die mit Wasserstoff versorgt wird, einer Kathode, die mit Luft versorgt wird, und einer dazwischen platzierten Polymer Elektrolyt Membran an der Luft und Sauerstoff zu Strom, Wasser und Wärme umgesetzt werden. Mehrere solcher Brennstoffzellen werden in der Regel zu einem Brennstoffzellenstapel gestapelt, um eine elektrisch erzeugte Spannung zu maximieren.
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Systemisch hat sich zur Versorgung der PEM Anode mit Wasserstoff ein Ansatz etabliert, bei dem noch wasserstoffreiches Anodenabgas mittels Gasfördereinheiten zusammen mit frischem Wasserstoff wieder einem Anodeneintritt zugeführt wird, was als Rezirkulation bekannt ist.
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Ein in einem Brennstoffzellensystem strömendes Gasgemisch wird durch ein Rezirkulationsgebläse mit Luft angereichert. Dabei wird das Rezirkulationsgebläse in der Regel mit konstanter Drehzahl betrieben.
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Offenbarung der Erfindung
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Im Rahmen der vorgestellten Erfindung werden ein Verfahren, ein Brennstoffzellensystem und ein Computerprogrammprodukt zum Betreiben des Brennstoffzellensystems vorgestellt. Weitere Merkmale und Details der Erfindung ergeben sich aus den jeweiligen Unteransprüchen, der Beschreibung und den Zeichnungen. Dabei gelten Merkmale und Details, die im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren beschrieben sind, selbstverständlich auch im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Brennstoffzellensystem sowie dem erfindungsgemäßen Computerprogrammprodukt und jeweils umgekehrt, sodass bezüglich der Offenbarung zu den einzelnen Erfindungsaspekten stets wechselseitig Bezug genommen wird bzw. werden kann.
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Die vorgestellte Erfindung dient dazu, ein Brennstoffzellensystem effizient zu betreiben. Insbesondere dient die vorgestellte Erfindung dazu, eine Drehzahl eines Rezirkulationsgebläses eines Brennstoffzellensystems dynamisch an eine Betriebssituation des Brennstoffzellensystems anzupassen.
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Es wird somit gemäß einem ersten Aspekt der vorgestellten Erfindung ein Verfahren zum Betreiben eines Brennstoffzellensystems vorgestellt. Das Verfahren umfasst einen ersten Ermittlungsschritt, bei dem eine durch ein Einlassventil des Brennstoffzellensystems einem Brennstoffzellenstapel des Brennstoffzellensystems zugeführte Wasserstoffkonzentration ermittelt wird, einen zweiten Ermittlungsschritt, bei dem ein durch den Brennstoffzellenstapel strömender Stickstoffvolumenstrom ermittelt wird und einen Einstellschritt, bei dem eine Drehzahl eines Rezirkulationsgebläses des Brennstoffzellensystems anhand der ermittelten Wasserstoffkonzentration und des ermittelten Stickstoffvolumenstroms eingestellt wird.
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Unter einem Rezirkulationsgebläse eines Brennstoffzellensystems ist im Kontext der vorgestellten Erfindung eine Luftfördereinheit zu verstehen, die das Brennstoffzellensystem mit Luft versorgt, indem ein Lüfterrad gedreht wird.
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Die vorgestellte Erfindung basiert auf dem Prinzip, dass eine Drehzahl eines Rezirkulationsgebläses eines Brennstoffzellensystems dynamisch an eine aktuelle Betriebssituation des Brennstoffzellensystems, d.h. an einen Zustand eines in dem Brennstoffzellensystem strömenden Gasgemischs angepasst wird, um bspw. ein vorgegebenes Mischverhältnis von Gasen einzustellen. Dazu wird die Betriebssituation des Brennstoffzellensystems ermittelt, indem eine durch ein Einlassventil des Brennstoffzellensystems einem Brennstoffzellenstapel des Brennstoffzellensystems zugeführte Wasserstoffkonzentration und ein durch den Brennstoffzellenstapel strömender Stickstoffvolumenstrom ermittelt werden. Anhand der Wasserstoffkonzentration und des Stickstoffvolumenstroms kann eine für einen optimalen bzw. effizienten Betrieb des Brennstoffzellensystems benötigte Luftmenge ermittelt werden und eine entsprechende Drehzahl an dem Rezirkulationsgebläse eingestellt werden.
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Es kann vorgesehen sein, dass anhand der ermittelten Wasserstoffkonzentration und des ermittelten Stickstoffvolumenstroms ein Lambdawert des Brennstoffzellensystems ermittelt und die Drehzahl des Rezirkulationsgebläses anhand des Lambdawerts eingestellt wird.
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Ein Lambdawert bildet einen Betriebszustand eines Brennstoffzellensystems mathematisch durch Formel (1) ab.
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Dabei gibt „λH2“ einen Lambdawert des Brennstoffzellensystems, „ṁH2, Stack in“ einen Volumenstrom von einem Brennstoffzellenstapel zugeführten Wasserstoff und „m ̇H2, Stack consumed“ einen Volumenstrom von durch einen Brennstoffzellenstapel verbrauchten Wasserstoff an.
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Es kann weiterhin vorgesehen sein, dass die Drehzahl des Rezirkulationsgebläses derart eingestellt wird, dass sich ein vorgegebener Lambdawert in dem Brennstoffzellensystem einstellt.
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Zum Einstellen eines Rezirkulationsgebläses eines Brennstoffzellensystems kann eine Zielgröße vorgegeben werden, sodass die Drehzahl des Rezirkulationsgebläses solange erhöht oder verringert wird, bis λH2 der Zielgröße entspricht.
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Es kann weiterhin vorgesehen sein, dass in dem zweiten Ermittlungsschritt der Stickstoffvolumenstrom anhand einer Differenz eines Drucks in Strömungsrichtung des Stickstoffvolumenstroms vor dem Brennstoffzellenstapel und eines Drucks in Strömungsrichtung des Stickstoffvolumenstroms nach dem Brennstoffzellenstapel ermittelt wird.
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Anhand einer Druckdifferenz vor und nach einem Brennstoffzellenstapel eines jeweiligen Brennstoffzellensystems kann, in Verbindung mit einer bekannten Wasserstoffkonzentration, die dem Brennstoffzellenstapel zugeführt wurde, auf den Stickstoffvolumenstrom in dem Brennstoffzellenstapel und, dadurch bedingt, auf einen Wasserstoffvolumenstrom in dem Brennstoffzellenstapel geschlossen werden.
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Es kann weiterhin vorgesehen sein, dass die Wasserstoffkonzentration mittels zumindest eines Teils eines maschinellen Lerners ohne einen physischen Wasserstoffkonzentrationssensor ermittelt wird.
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Durch einen maschinellen Lerner, der dazu konfiguriert ist, anhand von Betriebsparameter eines jeweiligen Brennstoffzellensystems eine eindosierte bzw. in einem Brennstoffzellenstapel des Brennstoffzellensystems eingestellte Wasserstoffkonzentration zu ermitteln, kann auf einen Wasserstoffkonzentrationssensor verzichtet werden.
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Es kann weiterhin vorgesehen sein, dass der maschinelle Lerner in einem Trainingsbrennstoffzellensystem mit einem Wasserstoffkonzentrationssensor trainiert und anhand von durch den Wasserstoffkonzentrationssensor ermittelten Wasserstoffkonzentrationswerten validiert wird, wobei der maschinelle Lerner als Eingangssignale zumindest einen Betriebsparameter eines Rezirkulationsgebläses des Trainingsbrennstoffzellensystems und einen Zustandsparameter eines elektrischen Zustands des Brennstoffzellenstapels des Trainingsbrennstoffzellensystems erhält.
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Unter einem Training eines maschinellen Lerners ist im Kontext der vorgestellten Erfindung ein Vorgang zu verstehen, bei dem ein dem maschinellen Lerner zugrundeliegendes mathematisches Modell verändert wird bis ein vorgegebenes Ziel, wie bspw. eine minimale Abweichung zwischen einem Ergebnis des Modells und einem entsprechenden durch den erfindungsgemäß vorgesehenen Wasserstoffkonzentrationssensor ermittelten Messwert einer Wasserstoffkonzentration in dem Trainingsbrennstoffzellensystem erreicht wird. Unter einer Validierung eines maschinellen Lerners ist im Kontext der vorgestellten Erfindung ein Vorgang zu verstehen, bei dem von dem maschinellen Lerner ermittelte Ausgangswerte mit gemessenen Messwerten abgeglichen werden.
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Ein maschineller Lerner, wie bspw. ein künstliches neuronales Netzwerk oder eine Support Vector Machine, der unter kontrollierten Bedingungen, insbesondere in einem Laborbetrieb trainiert und unter Verwendung von mittels eines Wasserstoffkonzentrationssensors ermittelten Messwerten einer Wasserstoffkonzentration in einem Trainingsbrennstoffzellensystem validiert wird, sodass bspw. eine Abweichung zwischen einem durch den maschinellen Lerner ermittelten Wert einer Wasserstoffkonzentration in dem Anodenkreislauf des Trainingsbrennstoffzellensystems und einer mittels des Wasserstoffkonzentrationssensors gemessenen Wasserstoffkonzentration minimal bzw. kleiner als ein vorgegebener Schwellenwert ist, kann in einem Zielbrennstoffzellensystem eingesetzt werden, das keinen Wasserstoffkonzentrationssensor umfasst.
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Es kann weiterhin vorgesehen sein, dass der zumindest eine Teil des maschinellen Lerners ein dem maschinellen Lerner zugrundeliegendes Datenmodell umfasst.
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In dem Zielbrennstoffzellensystem wird der maschinelle Lerner verwendet, um eine Wasserstoffkonzentration in einem Anodenkreislauf des Zielbrennstoffzellensystems zu ermitteln, sodass ein Rezirkulationsgebläse des Zielbrennstoffzellensystems in Abhängigkeit der durch den maschinellen Lerner ermittelten Wasserstoffkonzentration eingestellt bzw. betrieben werden kann. Dazu kann der maschinelle Lerner vollständig oder teilweise, bspw. lediglich ein dem maschinellen Lerner zugrunde liegendes Datenmodell in das Zielbrennstoffzellensystem übertragen werden.
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Da der maschinelle Lerner unter Verwendung von mittels eines Wasserstoffkonzentrationssensors ermittelten Wasserstoffkonzentrationswerten trainiert wurde bzw. wird, um jeweilige Eingangswerte zu interpretieren, eignet sich der maschinelle Lerner, wenn dieser austrainiert ist, zum Betrieb eines Zielbrennstoffzellensystems ohne Wasserstoffkonzentrationssensor. Dies bedeutet, dass der austrainierte maschinelle Lerner ein mathematisches Modell von Zusammenhängen zwischen jeweiligen Eingangswerten und einer resultierenden Wasserstoffkonzentration umfasst, das sämtliche während des Trainingsschritts durchgeführten Betriebszustände des Trainingsbrennstoffzellensystems umfasst und, dadurch bedingt zum Steuern bzw. Regeln des Zielbrennstoffzellensystems ohne Wasserstoffkonzentrationssensor verwendet werden kann.
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Als Eingangswerte für den maschinellen Lerner haben sich in Versuchen besonders Betriebsparameter eines Rezirkulationsgebläses eines jeweiligen Brennstoffzellensystems, wie bspw. eine Leistung und/oder eine Drehzahl des Rezirkulationsgebläses, ein Zustandsparameter eines elektrischen Zustands eines Brennstoffzellenstapels, wie bspw. eine Spannung und/oder ein elektrischer Strom an dem Brennstoffzellenstapel, ein Zustandsparameter eines jeweiligen Brennstoffzellensystems, wie bspw. der Systemdruck, und eine Kenngröße einer Menge an durch ein Einlassventil dem Brennstoffzellenstapel zugeführtem Wasserstoff, die bspw. durch eine Aktivität einer Pumpe, einem dem Einlassventil zugeführten elektrischen Strom, oder einen Durchflussmengensensor bestimmt werden kann, als geeignet erwiesen.
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Gemäß einem zweiten Aspekt betrifft die vorgestellte Erfindung ein Brennstoffzellensystem mit einem Kontrollgerät, wobei das Kontrollgerät dazu konfiguriert ist, eine durch ein Einlassventil des Brennstoffzellensystems einem Brennstoffzellenstapel des Brennstoffzellensystems zugeführte Wasserstoffkonzentration zu ermitteln, einen durch den Brennstoffzellenstapel strömenden Stickstoffvolumenstrom zu ermitteln, und eine Drehzahl eines Rezirkulationsgebläses des Brennstoffzellensystems anhand der ermittelten Wasserstoffkonzentration und des ermittelten Stickstoffvolumenstroms einzustellen.
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In einem dritten Aspekt betrifft die vorgestellte Erfindung ein Computerprogrammprodukt mit Programmcodemitteln, die, wenn diese auf einem Computer ausgeführt werden, den Computer dazu konfigurieren, die Schritte einer möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens durchzuführen.
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Unter einem Computer bzw. einem Kontrollgerät ist im Kontext der vorgestellten Erfindung ein Prozessor, ein Microcontroller oder jeder weitere programmierbare Schaltkreis zu verstehen.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der unter Bezugnahme auf die Zeichnungen Ausführungsbeispiele der Erfindung im Einzelnen beschrieben sind. Dabei können die in den Ansprüchen und in der Beschreibung erwähnten Merkmale jeweils einzeln für sich oder in beliebiger Kombination erfindungswesentlich sein.
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Es zeigen:
- 1 eine mögliche Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens,
- 2 eine mögliche Ausgestaltung des vorgestellten Brennstoffzellensystems.
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In 1 ist ein Verfahren 100 zum Betrieb eines Brennstoffzellensystems dargestellt.
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Das Verfahren 100 umfasst einen ersten Ermittlungsschritt 101, bei dem eine durch ein Einlassventil des Brennstoffzellensystems einem Brennstoffzellenstapel des Brennstoffzellensystems zugeführte Wasserstoffkonzentration ermittelt wird, einen zweiten Ermittlungsschritt 103, bei dem durch den Brennstoffzellenstapel strömender Stickstoffvolumenstrom ermittelt wird und einen Einstellschritt 105, bei dem eine Drehzahl eines Rezirkulationsgebläses des Brennstoffzellensystems anhand der ermittelten Wasserstoffkonzentration und des ermittelten Stickstoffvolumenstroms eingestellt wird.
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In 2 ist ein Brennstoffzellensystem 200 dargestellt. Das Brennstoffzellensystem 200 umfasst ein Kontrollgerät 201, einen Brennstoffzellenstapel 203, ein Rezirkulationsgebläse 205, ein Spülventil 207 und ein Einlassventil 209 zum Eindosieren von frischem Wasserstoff aus einem Tank und dem Brennstoffzellenstapel 203.
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Optional umfasst das Brennstoffzellensystem 200 einen Wasserabscheider 211, ein Entwässerungsventil 213 und eine Strahlpumpe 215 zum Einstellen eines Drucks in dem Brennstoffzellenstapel 203.
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Das Kontrollgerät 201 ist dazu konfiguriert, eine durch das Einlassventil 209 dem Brennstoffzellenstapel 203 zugeführte Wasserstoffkonzentration zu ermitteln, einen durch den Brennstoffzellenstapel 203 strömenden Stickstoffvolumenstrom zu ermitteln, und eine Drehzahl des Rezirkulationsgebläses 205 anhand der ermittelten Wasserstoffkonzentration und des ermittelten Stickstoffvolumenstroms einzustellen.