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Die vorliegende Erfindung betrifft ein System zum Verarbeiten von ergonomischen Daten gemäß dem Oberbegriff von Patentanspruch 1. Des Weiteren betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zum Verarbeiten von ergonomischen Daten gemäß dem Oberbegriff von Patentanspruch 10.
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In verschiedenen technischen Bereichen, insbesondere in der Produktion, ist es erforderlich, körperliche Belastungen auf die dort arbeitenden Personen zu minimieren. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Ergonomie der Arbeitsplätze und Bewegungsabläufe. Derzeit erfolgt die ergonomische Bewertung von Belastungen auf den Körper größtenteils nicht automatisiert. Die Analyse von Körperhaltungen geschieht zumeist anhand einer subjektiven Schätzung von Gelenkwinkeln sowie der Dauer und Häufigkeit der Körperpositionen. Sofern technische Hilfsmittel (z.B. ein Kraftmessgerät) zur Messung von Belastungen genutzt werden, müssen die resultierenden Rohdaten für deren weitere Begutachtung manuell bearbeitet und einer subjektiven Bewertung unterzogen werden. Diese Bewertung bedingt eine aufwändige subjektive Beurteilung von Körperhaltung und Kraftrichtungen. Insbesondere werden die verschiedenen Informationen zu Körperhaltung und Kraftmessung separat behandelt und bewertet.
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Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine automatisierte und umfassende Verarbeitung von ergonomischen Daten zu ermöglichen.
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Diese Aufgabe wird durch ein System zum Verarbeiten von ergonomischen Daten gemäß Patentanspruch 1 sowie ein Verfahren zum Verarbeiten von ergonomischen Daten gemäß Patentanspruch 10 gelöst.
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Das System zum Verarbeiten von ergonomischen Daten weist eine Empfangseinheit auf, die dazu eingerichtet ist, erste und zweite ergonomische Daten zu empfangen. Die ersten und zweiten ergonomischen Daten stammen insbesondere von einer ersten Erfassungsvorrichtung zum Erfassen der ersten ergonomischen Daten und einer zweiten Erfassungsvorrichtung zum Erfassen der zweiten ergonomischen Daten. Die beiden Erfassungsvorrichtungen, und damit auch die ersten und zweiten ergonomischen Daten, sind vorzugsweise unabhängig voneinander. Das bedeutet, das über vollständig getrennte Vorrichtungen zwei unterschiedliche Datenströme erzeugt werden und durch die Empfangsvorrichtung empfangen werden können. Die erste und die zweite Erfassungsvorrichtung können beliebige Vorrichtungen sein, die dazu in der Lage sind, ergonomische Daten eines Benutzers zu erfassen. Insbesondere werden durch die erste und die zweite Erfassungsvorrichtung zwei unterschiedliche Arten von ergonomischen Daten erfasst, wie beispielsweise Bewegung und Kraft.
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Es sollte hierbei beachtet werden, dass die erste und die zweite Erfassungsvorrichtung zwar getrennte ergonomische Daten liefern, die beiden Erfassungsvorrichtungen jedoch in einer einzigen übergeordneten Hauptvorrichtung integriert sein können, die die erfassten ergonomischen Daten an das hier vorgeschlagene System weiterleitet. Dabei können die ersten und die zweiten ergonomischen Daten auch als ein einziger Datenstrom, der sowohl die ersten und die zweiten ergonomischen Daten umfasst, an das System weitergeleitet werden. Des Weiteren können die ersten und die zweiten ergonomischen Daten auch von einer einzigen Erfassungsvorrichtung bereitgestellt werden. Des Weiteren ist es auch möglich, dass das System drei oder mehr ergonomische Daten empfängt und verarbeitet und/oder dass drei oder mehr Erfassungsvorrichtungen vorgesehen sind.
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Das System weist des Weiteren eine Verarbeitungseinheit auf, die dazu eingerichtet ist, die ersten ergonomischen Daten automatisiert den zweiten ergonomischen Daten zuzuordnen und basierend auf den einander zugeordneten Daten eine weitere Verarbeitung der zugeordneten ergonomischen Daten durchzuführen. Im Vergleich zu bisherigen System werden somit nicht verschiedene ergonomische Daten separat verarbeitet und bewertet, sondern ergonomische Daten aus zwei verschiedenen Erfassungsvorrichtungen werden kombiniert und erst anschließend bewertet. Die Kombination, und vorzugsweise auch die Bewertung, erfolgt dabei automatisiert, d.h. ohne subjektive Betrachtung durch eine Person. Auf diese Weise wird eine schnellere und objektivere Bewertung von ergonomischen Daten ermöglicht.
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Die Verarbeitungseinheit kann dabei vorzugsweise die Kombination der ersten und der zweiten ergonomischen Daten sowie die anschließende Bewertung unter Verwendung eines maschinellen Lernalgorithmus durchführen. Insbesondere kann die Verarbeitungseinheit selbst in Form eines maschinellen Lernalgorithmus implementiert sein und insbesondere als neuronales Netz implementiert sein.
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Gemäß einer Ausführungsform weist die erste Erfassungsvorrichtung einen oder mehrere Sensoren auf, die dazu eingerichtet sind, eine Körperhaltung und/oder Bewegung eines Benutzers zu erfassen. Die erste Erfassungsvorrichtung kann beispielsweise ein Bewegungserfassungssystem sein, auch Motion Capturing System genannt, das die Position eines Körpers, d.h. den Körper oder Teile des Körpers des Benutzers, im dreidimensionalen Raum bestimmen kann. Dies kann entweder über Sensoren, die am Körper angebracht sind, oder über ein oder mehrere Kameras oder eine Kombination davon erfolgen. Beispielsweise kann eine solche erste Erfassungsvorrichtung ein oder mehrere inertiale Messeinheiten (Inertial Measurement Units, IMUs) aufweisen. Diese Messeinheiten enthalten wiederum verschiedene Sensoren, wie beispielsweise Beschleunigungsmesser, Gyroskope und Magnetometer. Diese Messeinheiten können, insbesondere kabellos, an einem Körper eines Benutzers mit der Hilfe von Kleidung, z.B. T-Shirts, oder Befestigungsmitteln, z.B. Klettbändern, befestigt werden. Nach der Platzierung und Kalibrierung der Messeinheiten erfasst die erste Erfassungseinheit die Position, Ausrichtung und/oder Beschleunigung der verschiedenen oder einzelner Körpersegmente. Diese Informationen können dann in ein digitales Menschmodell übersetzt werden.
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Die ersten ergonomischen Daten geben dann die Körperhaltung und/oder die Bewegung des Benutzers an. Sowohl die Körperhaltung als auch die Bewegung können durch die oben genannten Messeinheiten erfasst werden und werden insbesondere durch eine Kombination der Informationen der Messeinheiten dargestellt. Die ersten ergonomischen Daten können dabei entweder mehrere Datenströme mit den einzelnen erfassten Informationen, wie Position, Ausrichtung und/oder Beschleunigung, enthalten oder direkt das digitale Menschmodell.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform ist die zweite Erfassungsvorrichtung dazu eingerichtet, eine Kraftmessung durchzuführen. Hierzu weist die zweite Erfassungsvorrichtung einen oder mehrere Sensoren auf, um eine durch den Benutzer ausgeübte Kraft zu erfassen. Beispielsweise kann die zweite Erfassungsvorrichtung ein Kraftmesshandschuh oder ähnliches sein, der in Lage ist, ausgeübte Kräfte im Hand-Fingerbereich, z.B. bei Montagetätigkeiten, zu messen.
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Die zweiten ergonomischen Daten können somit die ausgeübte Kraft, insbesondere eine Größe, Richtung und/oder Dauer der ausgeübten Kraft, angeben. Insbesondere können mehrere Kraftwerte angegeben sein, die an verschiedenen überwachten Positionen eines Körperteils des Benutzers erfasst werden.
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Die erfassten ersten und zweiten ergonomischen Daten können von den Erfassungsvorrichtungen kabellos oder kabelgebunden an die Empfangseinheit übertragen werden. Beispielsweise können die Erfassungsvorrichtungen und die Empfangseinheit über eine Funkverbindung miteinander kommunizieren, um die ersten und zweiten ergonomischen Daten zu übertragen.
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Beim Zuordnen der ersten und zweiten ergonomischen Daten kann die Verarbeitungseinheit gemäß einer Ausführungsform dazu eingerichtet sein, eine zeitliche Zuordnung der Daten vorzunehmen. Auf diese Weise wird einer Information der erfassten ersten ergonomischen Daten zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Information der erfassten zweiten ergonomischen Daten zugeordnet. Das bedeutet, dass beispielsweise einer erfassten Bewegung und/oder Körperhaltung eine jeweils während dieser Bewegung und/oder Körperhaltung ausgeübte Kraft zugeordnet ist. Bei einem Montagevorgang wird somit nicht nur detektiert, welche Kraft gerade ausgeübt wird oder welche Körperhaltung ein Benutzer gerade einnimmt.
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Bei bisherigen Systemen wurde zwar erkannt, bzw. subjektiv abgeschätzt, ob eine aufgenommene Körperhaltung ergonomische Bedingungen erfüllt oder ob die ausgeübte Kraft im Rahmen der ergonomischen Bedingungen liegt. Eine kombinierte Abschätzung, ob bei einer bestimmten Handlung sowohl die Ergonomiebedingungen an die Haltung als auch die ausgeübte Kraft erfüllt sind, war jedoch bislang nicht automatisiert möglich. Die Verarbeitungseinheit kann aber nun, basierend auf den ergonomischen ersten und zweiten Daten, automatisiert eine Zuordnung der verschiedenen Informationen in Bezug auf Körperhaltung bzw. Bewegung als auch ausgeübte Kraft vornehmen. Entsprechend ist auch eine anschließende automatisierte Bewertung der Daten möglich.
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Sofern die erste und die zweite Erfassungsvorrichtung zwei getrennte Datenströme liefern, die zeitlich nicht synchronisiert sind, kann die Verarbeitungseinheit dazu eingerichtet sein, zunächst die ersten und zweiten ergonomischen Daten zu synchronisieren. Diese Synchronisation kann entfallen, wenn die beiden Erfassungsvorrichtungen oder zumindest die von ihnen gelieferten Daten bereits synchronisiert sind.
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Um die ersten und zweiten ergonomischen Daten zu synchronisieren, kann die Verarbeitungseinheit dazu eingerichtet sein, eine vordefinierte Bewegung in den von der ersten und der zweiten Erfassungsvorrichtung erfassten ersten und zweiten ergonomischen Daten zu detektieren. Eine solche Bewegung kann von dem Benutzer vorab, d.h. vor der tatsächlichen Erfassung der Daten, durchgeführt werden. Hierbei handelt es sich vorzugsweise um eine Bewegung, die nicht Teil des anschließenden durchgeführten Bewegungsablaufes ist, so dass sie eindeutig erkannt werden kann. Die Bewegung sollte dabei sowohl eine bestimmte, eindeutig identifizierbare Körperhaltung oder Bewegung, als auch eine eindeutig identifizierbare Kraftausübung beinhalten. Beispielsweise kann eine solche Bewegung ein in die Hände klatschen, vorzugsweise über Kopf, sein. Andere Bewegungen, die sich eindeutig identifizieren lassen, sind ebenfalls möglich.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform ist die Verarbeitungseinheit dazu eingerichtet ist, die ersten und die zweiten ergonomischen Daten basierend auf dem Zeitpunkt der detektierten vordefinierten Bewegung zeitlich miteinander zu synchronisieren. Beispielsweise können die beiden Datenströme der ersten und zweiten ergonomischen Daten zeitlich zueinander so verschoben werden, dass der Zeitpunkt der detektierten vordefinierten Bewegung zur selben Zeit stattfindet. Es kann auch eine Zeitachse eines Datenstroms verschoben werden, so dass beide Datenströme zum Zeitpunkt der detektierten vordefinierten Bewegung dieselbe Zeit anzeigen. Auch kann die jeweilige Zeit der beiden Datenströme für den Zeitpunkt der detektierten vordefinierten Bewegung auf 0 gesetzt werden, und ab diesem Zeitpunkt weiterzählen. In jedem Fall können anschließend die beiden Datenströme zusammen verarbeitet werden, wobei in den ersten und zweiten ergonomischen Daten zu denselben Zeitpunkten Bewegungen und Kräfte erfasst sind, die auch tatsächlich gleichzeitig stattgefunden haben.
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Wie bereits oben erläutert, sind die beiden Erfassungsvorrichtungen vorzugsweise getrennte Vorrichtungen und können beispielsweise Messsysteme von verschiedenen Herstellern sein. Gerade in einem solchen Fall verwenden die Erfassungsvorrichtungen selbst unterschiedliche Software zur Verarbeitung der Daten und es findet üblicherweise keine direkte Kommunikation zwischen den Erfassungsvorrichtungen statt. Voraussetzung einer umfassenden ergonomischen Analyse sind jedoch zeitsynchrone Informationen aus beiden Messsystemen. Insbesondere Ganzkörperkräfte und die Handhabung von Lasten erfordern eine Bewertung von sowohl der Körperhaltung als auch dem Kraftwert/Impuls. Bei diesen Kriterien muss der Benutzer z. B. wissen, welche Körperhaltung bei einer bestimmten Kraftausübung eingenommen wurde oder in welche Richtung eine Kraft ausgeübt wurde. Die erste Erfassungsvorrichtung zur Erfassung der Körperhaltung und/oder Bewegung allein weiß jedoch nicht, wann eine Kraft ausgeübt wird, während die zweite Erfassungsvorrichtung zur Erfassung der Kraft keine Informationen über die Richtung oder Haltung hat. Durch die Synchronisierung der Daten und/oder die Zuordnung der Daten kann das hier beschriebene System jedoch die Kraftdaten mit der Körperhaltung und/oder -richtung bzw. der Bewegung überlagern und so die Lücken schließen, die jede Erfassungsvorrichtung für sich hat.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform ist die Verarbeitungseinheit dazu eingerichtet, basierend auf den verarbeiteten ergonomischen Daten eine Ergonomiebewertung durchzuführen. Eine solche Bewertung kann basierend auf bekannten Informationen erfolgen, die angeben, welche Kraft bei welcher Bewegung ein Ergonomiekriterium erfüllt, d.h. ob die ausgeübte Kraft und/oder die zugeordnete Bewegung erlaubte Schwellwerte nicht über- oder unterschreitet. Insbesondere kann dabei die Kombination aus Kraft und Bewegung bewertet werden, d.h. ob die ausgeübte Kraft bei der zugeordneten Bewegung/Körperhaltung einen gespeicherten, vordefinierten Schwellwert nicht über- oder unterschreitet.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Verfahren zum Verarbeiten von ergonomischen Daten vorgeschlagen, wobei das Verfahren folgende Schritte aufweist: Empfangen von ersten ergonomischen Daten und von zweiten ergonomischen Daten, wobei die ersten und die zweiten ergonomischen Daten unabhängig voneinander sind, Zuordnen der ersten ergonomischen Daten zu den zweiten ergonomischen Daten und, basierend auf den einander zugeordneten Daten, weiteres Verarbeiten der ergonomischen Daten.
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Wie bereits oben in Bezug auf das System erläutert, wird durch das hier beschriebene Verfahren eine automatisierte Verarbeitung und Bewertung von ergonomischen Daten ermöglicht, die von verschiedenen, getrennten Erfassungsvorrichtungen stammen. Bislang wurden die Daten solcher Erfassungsvorrichtungen subjektiv bewertet, da die Datenströme zwischen bestehenden digitalen Erfassungssystemen nicht synchronisiert waren, so dass keine gesamthafte Ergonomieerfassung möglich war. Dies führt jedoch zu einer wenig zuverlässigen und aufwendigen Ergonomiebewertung. Dies wird durch das beschriebene Verfahren verbessert, da hier die ergonomischen Daten von zwei separaten Erfassungsvorrichtungen zunächst einander zugeordnet, und bei Bedarf synchronisiert, werden und anschließend eine gemeinsame Bewertung der ergonomischen Daten stattfindet. Diese Bewertung, die insbesondere einen Vergleich mit gespeicherten Schwellwerten beinhaltet, kann somit verschiedene Arten von Ergonomiedaten umfassen, in diesem Fall insbesondere sowohl eine Kraft als auch eine zugehörige Körperhaltung bzw. Bewegung, d.h. Richtung der Kraft.
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Wie oben bereits in Bezug auf die Verarbeitungseinheit beschrieben ist, kann auch das Verfahren in Form eines maschinellen Lernalgorithmus, und insbesondere als neuronales Netz, implementiert werden. Hierbei können verschiedene Algorithmen verwendet werden, die in der Lage sind, das beschriebene Verfahren auszuführen.
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Die für das vorgeschlagene System zum Verarbeiten von ergonomischen Daten beschriebenen Ausführungsformen und Merkmale gelten für das vorgeschlagene Verfahren entsprechend.
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Weiterhin wird ein Computerprogrammprodukt vorgeschlagen, welches einen Programmcode aufweist, der dazu ausgebildet ist, auf einem Computer die Durchführung des wie oben erläuterten Verfahrens zu veranlassen.
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Ein Computerprogrammprodukt, wie z.B. ein Computerprogramm-Mittel, kann beispielsweise als Speichermedium, wie z.B. Speicherkarte, USB-Stick, CD-ROM, DVD, oder auch in Form einer herunterladbaren Datei von einem Server in einem Netzwerk bereitgestellt oder geliefert werden. Dies kann z.B. in einem drahtlosen Kommunikationsnetzwerk durch die Übertragung einer entsprechenden Datei mit dem Computerprogrammprodukt oder dem Computerprogramm-Mittel erfolgen.
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Weitere mögliche Implementierungen der Erfindung umfassen auch nicht explizit genannte Kombinationen von zuvor oder im Folgenden bezüglich der Ausführungsbeispiele beschriebenen Merkmale oder Ausführungsformen. Dabei wird der Fachmann auch Einzelaspekte als Verbesserungen oder Ergänzungen zu der jeweiligen Grundform der Erfindung hinzufügen.
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Weitere Vorteile und vorteilhafte Ausführungsformen sind in der Beschreibung, den Zeichnungen und den Ansprüchen angegeben. Dabei sind insbesondere die in der Beschreibung und in den Zeichnungen angegebenen Kombinationen der Merkmale rein exemplarisch, so dass die Merkmale auch einzeln oder anders kombiniert vorliegen können.
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Im Folgenden soll die Erfindung anhand von in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispielen näher beschrieben werden. Dabei sind die Ausführungsbeispiele und die in den Ausführungsbeispielen gezeigten Kombinationen rein exemplarisch und sollen nicht den Schutzbereich der Erfindung festlegen. Dieser wird allein durch die anhängigen Ansprüche definiert.
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Es zeigen:
- 1: eine schematische Ansicht eines Systems zum Verarbeiten von ergonomischen Daten;
- 2: ein beispielhaftes Diagramm von Daten einer Bewegungserfassung; und
- 3: ein beispielhaftes Diagramm von Daten einer Kraftmessung.
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Im Folgenden werden gleiche oder funktionell gleichwirkende Elemente mit denselben Bezugszeichen gekennzeichnet.
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1 zeigt ein System 1 zum Verarbeiten von ergonomischen Daten. Ein solches System 1 kann beispielweise in der Produktion verwendet werden, um die Ergonomie der dort vorhandenen Arbeitsplätze zu überprüfen und zu bewerten. Zur Erfassung verschiedener ergonomischer Daten, wie Bewegung, Kraft, Körperhaltung etc., können Erfassungsvorrichtungen 2, 4 eingesetzt werden. Wie in 1 dargestellt ist, können diese Erfassungsvorrichtungen 2, 4 getrennt von dem System 1 vorgesehen sein und mit einer Empfangseinheit 10 des Systems 1 kommunizieren. Alternativ können die Erfassungsvorrichtungen 2, 4 auch direkt in das System integriert sein. Des Weiteren können die Erfassungsvorrichtungen 2, 4 auch als eine einzige Vorrichtung realisiert sein, die erste und zweite ergonomische Daten 6, 8 erfasst und diese beispielsweise als einen einzigen Datenstrom an die Empfangseinheit 10 weiterleiten.
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Bislang wurden solche Erfassungsvorrichtungen 2, 4 lediglich zur Bestimmung einzelner Aspekte der Ergonomie eingesetzt, z. B. die Bewegungserfassung für Körperhaltungen und Krafthandschuhe zur Bestimmung der Montagekräfte. Anwendungen wie diese erfassen Momentaufnahmen einer bestimmten Körperhaltung oder Kraft, erfordern jedoch einen Benutzer, der den Kontext der Arbeitsaufgabe versteht.
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Das hier beschriebene System 1 stellt nun eine automatisierte Verarbeitung der ergonomischen Daten 6, 8 von den zwei Erfassungsvorrichtungen 2, 4 und eine automatisierte Bewertung dieser Daten 6, 8 bereit. Alternativ kann die Bewertung der Daten 6, 8 in einem weiteren, anschließenden System und Vorgang erfolgen.
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Zur Verarbeitung und Bewertung der ergonomischen Daten 6, 8 werden zunächst von den Erfassungsvorrichtungen 2, 4 ergonomische Daten erfasst. Die beiden Erfassungsvorrichtungen 2, 4 sind getrennte Vorrichtungen, die insbesondere zwei oder mehr unterschiedliche Arten von ergonomischen Daten 6, 8 liefern. Die erste Erfassungsvorrichtung 2 kann beispielsweise eine Körperhaltung und/oder Bewegung erfassen und diese als erste ergonomische Daten 6 bereitstellen. Dies kann über Sensoren, die an einem Benutzer befestigt sind, oder über Kameras oder ähnliches erfolgen. Die zweite Erfassungsvorrichtung 4 wiederum kann beispielsweise eine ausgeübte Kraft erfassen und diese als zweite ergonomische Daten 8 bereitstellen. Eine solche Kraftmessung oder -erfassung kann ebenfalls über Sensoren erfolgen, die an einem Benutzer befestigt sind. Beispielseise kann es sich bei der zweiten Erfassungsvorrichtung 6 um einen Krafthandschuh handeln.
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Die ersten und zweiten ergonomischen Daten 6, 8 werden in dem System 1 durch die Empfangseinheit 10 empfangen. Hierzu kann die Empfangseinheit 10 beispielsweise über eine Funkverbindung mit den Erfassungseinheiten 2, 4 kommunizieren. Dies hat den Vorteil, dass sich die Erfassungseinheiten 2, 4 an dem Ort der Erfassung, z.B. der Fertigungsstraße oder am Benutzer, befinden können und die Empfangseinheit 10 remote angeordnet sein kann, insbesondere mit weiteren Elementen des Systems 1.
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Um nun eine verbesserte Verarbeitung und Bewertung der ergonomischen Daten 6, 8 zu ermöglichen, ist eine Verarbeitungseinheit 12 vorgesehen. Diese stellt insbesondere eine automatisierte Verarbeitung und Bewertung der ergonomischen Daten 6, 8 bereit.
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Die automatisierte Verarbeitung beinhaltet zunächst eine automatisierte Zuordnung der ersten ergonomischen Daten 6 zu den zweiten ergonomischen Daten 8. Das bedeutet, dass z.B. einer erfassten Körperhaltung eine erfasste Kraft zugeordnet wird. Es kann somit nicht mehr nur bestimmt werden, welche Körperhaltung eingenommen wird, und getrennt davon, welche Kraft ausgeübt wird. Vielmehr wird einer konkreten Bewegung eine Kraft zugeordnet bzw. einer Kraft wird auch eine Richtung zugeordnet. Somit kann beispielsweise bestimmt werden, mit welcher Kraft ein Benutzer eine bestimmte Handlung, wie ein Einschnappen eines Bauteils, vornimmt. Diese kombinierten Informationen 14 können dann durch die Verarbeitungseinheit 12 verwendet werden, um zu bestimmen, ob diese bestimmte Handlung, wie das Einschnappen eines Bauteils, mit einer ergonomisch akzeptablen Körperhaltung und Kraft, ausgeübt wird oder ob hier Verbesserungsbedarf besteht. Alternativ kann die Verarbeitungseinheit 12 die kombinierten Daten 14, evtl. mit einer Bewertung, auch an weitere Systeme oder Einheiten weiterleiten.
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Im Gegensatz zu bisherigen Systemen wird in dem hier beschriebenen System 1 hier die Erfassung und Verarbeitung der ergonomischen Daten 6, 8 also zum einen automatisiert durchgeführt und zum anderen werden die ergonomischen Daten 6, 8 nicht separat verarbeitet und bewertet, sondern zunächst kombiniert bzw. einander zugeordnet und erst anschließend als Gesamtinformation bewertet.
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Um die Daten 6, 8 einander zuordnen zu können, kann es erforderlich sein, die beiden Erfassungsvorrichtungen 2, 4 bzw. die Datenströme 6, 8 zeitlich miteinander zu synchronisieren. Nach einer solchen Synchronisation kann für eine bestimmte ausgeübte Kraft, deren Information in den zweiten Daten 8 enthalten ist, zu einem bestimmten Zeitpunkt die zugehörige Körperhaltung oder Bewegung auf einfache Weise aus den ersten Daten 6 zu demselben, synchronisierten Zeitpunkt ausgelesen werden.
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Um die beiden Datenströme 6, 8 zu synchronisieren, kann durch einen Benutzer eine vordefinierte Bewegung ausgeführt werden, die in beiden Datenströmen 6, 8 identifiziert werden kann. Beispielsweise kann es sich hierbei um ein in die Hände Klatschen über Kopf handeln. Insbesondere handelt es sich bei der vordefinierten Bewegung um eine Bewegung, die üblicherweise nicht Teil des sonst zu erfassenden Bewegungsablaufs ist.
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In 2 und 3 sind beispielhafte Diagramme von erfassten Daten gezeigt, wobei 2 eine erfasste Bewegung, in diesem speziellen Fall einen Handabstand, darstellt und 3 eine gemessene Kraft, jeweils über die Zeit.
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In 2 wird zur Erkennung der vordefinierten Bewegung des Klatschens ein Handabstand überwacht. Das Klatschen ist dabei durch ein Minimum zwischen zwei Maxima gekennzeichnet. Das Minimum wird dann als Synchronisierungsereignis EB angesehen und die zugehörige Zeit zur Synchronisierung verwendet.
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In 3 kann auf einfache Weise das Synchronisierungsereignis EK als der erste Peak, d.h. als die zu der vordefinierten Bewegung zugehörige Kraft, erfasst werden, da zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal eine deutlich sichtbare Kraft ausgeübt wird.
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Die vordefinierte Bewegung, die als Synchronisierungsereignis EB, EK verwendet wird, findet jeweils zu verschiedenen Zeiten in dem jeweiligen Datenstrom 6, 8 statt. Solange die beiden Datenströme 6, 8 nicht synchronisiert sind, ist eine zuverlässige Zuordnung von Bewegung zu Kraft also nicht möglich.
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Die Verarbeitungseinheit 12 ist daher dazu eingerichtet, die vordefinierte Bewegung bzw. Synchronisierungsereignis EB, EK in den erfassten ergonomischen Daten bzw. Datenströmen 6, 8 zu detektieren. Nach der Detektion der Bewegung EB, EK kann die Verarbeitungseinheit 12 dann die beiden Datenströme 6, 8 bzw. deren Zeitstempel aufeinander abstimmen bzw. miteinander synchronisieren. Für die Zukunft können dann in beiden Datenströmen 6, 8 die Informationen eines bestimmten Zeitpunkts als einander zugeordnete bzw. zueinander gehörende Informationen ausgelesen und bewertet werden.
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Durch das hier beschriebene System ist es somit auf einfache Weise möglich, automatisiert unterschiedliche ergonomische Daten, insbesondere von verschiedenen ergonomischen Erfassungsvorrichtungen, zu verarbeiten und miteinander zu kombinieren. Hierzu können unter anderem maschinelle Lernalgorithmen eingesetzt werden. Das System ermöglich somit eine Ergonomiebewertung, die auf mehreren, unterschiedlichen ergonomischen Daten basiert.
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Bezugszeichen
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- 1
- System
- 2
- erste Erfassungsvorrichtung
- 4
- zweite Erfassungsvorrichtung
- 6
- erste ergonomische Daten
- 8
- zweite ergonomische Daten
- 10
- Empfangseinheit
- 12
- Verarbeitungseinheit
- 14
- überlagerte/kombinierte Daten
- EB
- Synchronisierungsereignis Bewegung
- EK
- Synchronisierungsereignis Kraft