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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines zumindest teilweise elektrisch angetriebenen Fahrzeugs mit mehreren Rädern und ein Fahrzeug.
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Heutzutage sind Fahrzeuge bekannt, bei denen einzelne Räder unabhängig voneinander angetrieben werden können, beispielsweise mittels den Rädern zugeordneter Radnabenmotoren.
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Auch sind Fahrzeuge bekannt, bei denen die Hinterräder eines Fahrzeugs unabhängig voneinander angetrieben sein können. Dadurch kann, obwohl der Motor im Chassis des Fahrzeugs angeordnet ist, eine Erhöhung der Kurvengeschwindigkeit erzielt werden, in dem das kurvenaußenseitige Hinterrad mit einem erhöhten Drehmoment beaufschlagt wird. Die Erhöhung der Kurvengeschwindigkeit soll den „Fahrspaß“ für den Nutzer des Fahrzeugs erhöhen und ist unabhängig von einem Fahrassistenzsystem zur Gewährleistung einer stabilen Fahrzeugkonfiguration.
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Fahrassistenzsysteme, beispielsweise ein elektronisches Stabilitätsprogramm, werden genutzt, um durch gezieltes Bremsen einzelner Räder ein Schleudern des Fahrzeugs im Grenzbereich in Kurven sowohl beim Übersteuern als auch beim Untersteuern zu verhindern und dem Fahrer so die Kontrolle über das Fahrzeug zu sichern. Die Zielsetzung eines Fahrassistenzsystems ist daher nicht die Erhöhung der Kurvengeschwindigkeit, sondern die Gewährleistung der Fahrzeugkontrolle im Grenzbereich. Durch das Abbremsen einzelner Räder wird die Kurvengeschwindigkeit durch derartige Fahrassistenzsysteme reduziert.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Nachteile des Stands der Technik auszuräumen oder zumindest zu verringern. Insbesondere ist es wünschenswert, ein verbessertes Verfahren zum Gewährleisten von stabilen Fahrzeugzuständen in Fahrsituationen des Grenzbereichs und ein im Hinblick auf das Fahrassistenzsystem verbessertes Fahrzeug bereitzustellen, die jeweils eine verbesserte Betriebseffizienz und einen höheren Fahrkomfort ermöglichen.
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Die Aufgabe wird durch die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den abhängigen Patentansprüchen und der nachfolgenden Beschreibung angegeben, von denen jeder für sich oder in (Sub-)Kombination Aspekte der Erfindung darstellen kann. Einzelne Aspekte werden im Hinblick auf Verfahren erläutert, andere im Hinblick auf Vorrichtungen. Die Aspekte sind aber jeweils wechselseitig entsprechend zu übertragen.
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Gemäß einem Aspekt wird ein Verfahren zum Betreiben eines zumindest teilweise elektrisch angetriebenen Fahrzeugs bereitgestellt. Das Fahrzeug weist mehrere Räder und ein Fahrdynamikregelungssystem auf. Zumindest zwei der Räder des Fahrzeugs werden unabhängig voneinander angetrieben. Das Verfahren umfasst zumindest die folgenden Schritte:
- An zumindest einem Rad des Fahrzeugs wird ein Schlupf erkannt, der größer als ein Schlupf-Schwellwert ist, welcher einen Eingriff des Fahrdynamikregelungssystem auslöst (Schritt A).
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Für zumindest ein Rad wird ein erkannter Schlupf mit einem Schlupfsollwert verglichen und eine Schlupfdifferenz bestimmt (Schritt B).
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In Abhängigkeit von der Schlupfdifferenz wird ein durch zumindest einen Radnabenmotor für ein angetriebenes Rad bereitgestelltes Drehmoment verringert oder erhöht (Schritt C).
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Im Gegensatz zu bekannten Fahrdynamikregelungssystemen berücksichtigt das vorliegende Verfahren also nicht lediglich ausschließlich die Verringerung eines Drehmoments für ein Rad des Fahrzeugs, sondern ebenfalls die Erhöhung eines Drehmoments für ein Rad des Fahrzeugs. Ob das Drehmoment verringert oder erhöht wird hängt dabei von der ermittelten Schlupfdifferenz ab. Basierend auf der Schlupfdifferenz kann entschieden werden, ob durch eine Erhöhung eines Drehmoments für zumindest ein Rad des Fahrzeugs die Fahrzeugkontrolle auch in einer Grenzsituation gewährleistet werden kann, eventuell sogar in verbesserter Weise gegenüber der Situation der Verringerung des Drehmoments. Beispielsweise kann basierend auf der Schlupfdifferenz ermittelt werden, ob ein Fahrzeug in einer Kurvenlage untersteuert oder übersteuert. In Abhängigkeit davon kann die Erhöhung eines Drehmoments für ein Rad des Fahrzeugs die Fahrzeugstabilität besser gewährleisten als dies bei der Reduzierung eines Drehmoments für ein anderes Rad des Fahrzeugs der Fall wäre. Durch die Erhöhung des Drehmoments kann die Fahrzeuggeschwindigkeit, beispielsweise auch bei einer Kurvenfahrt, also die Fahrzeugkurvengeschwindigkeit, beibehalten oder sogar erhöht werden. Somit kann eine unnötige Abbremsung des Fahrzeugs vermieden werden. Dadurch wird die Betriebseffizienz des Fahrzeugs bemessen an der zur Verfügung stehenden Energiemenge verbessert.
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Ferner kann durch die bedarfsgerechte Anpassung des zumindest an ein Rad ausgegebenen Drehmoments die Ausrichtung des Fahrzeugs hinsichtlich der Fahrzeugneigung beruhigt werden. Das bedeutet, dass die individuelle Anpassung des Drehmoments dazu führen kann, dass eine Fahrzeugneigung des Fahrzeugs entlang zumindest einer der Fahrzeuglängsachse oder der Fahrzeugquerachse verringert werden kann, insbesondere dadurch, dass das Drehmoment nicht nur verringert sondern auch erhöht werden kann. Durch die verringerte Fahrzeugneigung wird der Fahrkomfort für den Nutzer verbessert, insbesondere beim „autonomen Fahren“, bei dem die Nutzer üblicherweise nicht auf die Fahrzeugumgebung achten und daher eine horizontale Ausrichtung des Fahrzeugs einen besonders hohen Fahrkomfort ermöglicht.
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Diese Vorteile werden dadurch gewährleistet, dass elektrische Maschinen, die zum Antrieb der Räder des Fahrzeugs genutzt werden, ein stark verbessertes Ansprechverhalten verglichen mit klassischen Verbrennungsmotoren aufweisen. Das bedeutet, dass im Fall einer elektrischen Maschine, eine im Vergleich zu einem Verbrennungsmotor stark verkürzte Zeitdauer benötigt wird, um ein gewünschtes Drehmoment zu erzielen. In anderen Worten, ein Charakteristikum einer elektrischen Maschine ist, dass diese sehr schnell beschleunigt oder abgebremst werden kann, beispielsweise innerhalb von Millisekunden. Dadurch wird das Fahrdynamikregelungssystem in die Lage versetzt, einen Eingriff mittels einer bedarfsgerechten Ansteuerung einer elektrischen Maschine auszuüben, um die Fahrzeugstabilität zu gewährleisten. Das bedeutet, dass neben dem klassischen Eingriff durch die Aktivierung einer Bremsvorrichtung des Fahrzeugs, basierend auf dem kurzen Ansprechverhalten der elektrischen Maschine, dem Fahrdynamikregelungssystem eine zusätzliche Eingriffsmöglichkeit zur Verfügung gestellt wird. Daraus resultiert, dass das Fahrzeug nicht zwingend abgebremst werden muss, sondern in Abhängigkeit der Schlupfdifferenz auch beschleunigt werden kann.
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Wenn vorliegend davon die Rede ist, dass in Schritt A durch das Überschreiten des Schlupf-Schwellwerts durch den erkannten Schlupf ein Eingriff des Fahrdynamikregelungssystems ausgelöst wird, so bezieht sich dies ausschließlich auf das Regelungsverhalten, das durch das Fahrdynamikregelungssystem bezüglich des hier erläuterten Verfahrens ausgeübt wird, beispielsweise entsprechend der Schritte B und C. Das Erreichen des ersten Schwellwerts kann, muss aber nicht zwingend, das auslösende Ereignis dafür sein, dass das Fahrdynamikregelungssystem weitere Funktionalitäten ausübt, wie beispielsweise eine Antiblockier-Funktionalität oder dergleichen.
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Üblicherweise ist das Fahrdynamikregelungssystem in der Regel ohnehin zu jeder Zeit aktiv, zumindest in dem Sinne, dass es den an den Rädern des Fahrzeugs auftretenden Schlupf erkennt. Allerdings sind besondere auslösende Ereignisse notwendig, damit das Fahrdynamikregelungssystem spezielle Funktionen ausübt.
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Zu berücksichtigen ist, dass ein bestimmtes Maß an Schlupf zwischen einem Rad des Fahrzeugs und dem Untergrund immer toleriert wird. Beispielsweise greift das Fahrdynamikregelungssystem hinsichtlich der Fahrzeugdynamik in die Regelung der Drehmomente nicht ein, solange der Schlupf kleiner als der Schlupf-Schwellwert ist.
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Die Verringerung oder Erhöhung des durch den jeweiligen Radnabenmotor bereitgestellten Drehmoments für das Rad, dem der Radnabenmotor zugeordnet ist, kann dadurch erzielt werden, dass das Fahrdynamikregelungssystem den jeweiligen Radnabenmotor direkt anspricht und ein entsprechendes Stellsignal ausgibt. Alternativ kann das Fahrdynamikregelungssystem auch ein entsprechendes Stellsignal an eine Motorsteuerungsvorrichtung oder eine Bremssteuerungsvorrichtung des Fahrzeugs ausgeben, das zur Folge hat, dass mittelbar die Anpassung des von dem Radnabenmotor ausgegebenen Drehmoments in bedarfsgerechter Weise auslöst.
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Optional muss die in Schritt B bestimmte Schlupfdifferenz größer als ein Differenzschwellwert sein, damit das Drehmoment in Schritt C variiert wird. Der Schlupf-Schwellwert in Schritt A entscheidet darüber, ob ein Regelungseingriff durch das Fahrdynamikregelungssystem entsprechend dem hier erläuterten Verfahren überhaupt notwendig ist. Demgegenüber stellt der Differenzschwellwert ein Maß dafür da, ob eine Abweichung zwischen dem an einem Rad tatsächlich auftretenden Schlupf und dem jeweiligen Schlupfsollwert ein zu tolerierendes Maß der Abweichung überschreitet. Hierhierbei muss berücksichtigt werden, dass ein bestimmtes Maß an Schlupf in der Regel immer toleriert wird. Ist die Differenz zwischen dem tatsächlichen Schlupf und dem Schlupfsollwert allerdings zu groß, so löst dies einen Eingriff des Fahrdynamikregelungssystems hinsichtlich des an das Rad ausgegebenen Drehmoments aus, beispielsweise, weil davon auszugehen ist, dass dies eine instabile Fahrsituation des Fahrzeugs widerspiegelt. Der Differenzschwellwert ermöglicht insofern, ein zulässiges Maß an Schlupf bemessen am Schlupfsollwert zu tolerieren und Fehlauslösungen zu vermeiden.
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Der Differenzschwellwert kann, muss aber nicht Einfluss darauf haben, inwieweit das Fahrdynamikregelungssystem sonstige Funktionen ausübt, wie beispielsweise eine Antiblockierfunktion.
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Optional kann bezüglich des Differenzschwellwerts eine Hysterese vorgesehen sein, um ein stabiles Regelungsverhalten des Fahrdynamikregelungssystems zu gewährleisten.
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Bevorzugt wird in Schritt B für mehrere oder alle Räder des Fahrzeugs ein jeweiliger Schlupf erkannt und mit einem Schlupfsollwert für das jeweilige Rad verglichen, sodass jeweils eine Schlupfdifferenz pro Rad bestimmt wird. Dadurch kann das Fahrdynamikregelungssystem die jeweilige Fahrzeugkonfiguration entsprechend der Fahrsituation in zuverlässigerer Weise beurteilen.
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Bevorzugt werden in Schritt C durch mehrere Radnabenmotoren für verschiedene Räder bereitgestellte Drehmomente einzeln in Abhängigkeit von der Schlupfdifferenz verringert oder erhöht. Das bedeutet, dass eine oder mehrere bestimmte Schlupfdifferenzen herangezogen werden können, um die Räder individuell derart anzusteuern, dass deren Drehmomente bedarfsgerecht an die jeweilige Fahrsituation des Fahrzeugs angepasst werden. Dadurch werden dem Fahrdynamikregelungssystem zusätzliche Freiheitsgrade bereitgestellt, um die Fahrzeugkonfigurationen entsprechend der Fahrsituation zu gewährleisten.
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Optional wird eine Drehmomentvariation in Schritt C durch einen Betriebsartwechsel zwischen einem Motorbetriebsmodus und einem Rekuperationsmodus für zumindest einen Radnabenmotor herbeigeführt. Da es sich bei dem Radnabenmotor vorliegend um eine elektrische Maschine handelt, kann diese in einem Motorbetriebsmodus und in einem Rekuperationsmodus betrieben werden. Während im Motorbetriebsmodus positive Drehmomente ausgegeben werden, die generell dem Vortrieb des Fahrzeugs mittels des angetriebenen Rades dienen, führt die Energierückgewinnung im Rekuperationsmodus dazu, dass das jeweilige Rad mit einem negativen Drehmoment beaufschlagt wird, also einem abbremsenden Drehmoment. Im Rekuperationsmodus wird so eine Verzögerung des Fahrzeugs in Abhängigkeit der Menge der zurückgewonnenen Energie ausgelöst. Durch den Wechsel der Betriebsart des jeweiligen Radnabenmotors kann daher das von dem Radnabenmotor an das jeweilige Rad ausgegebene Drehmoment bedarfsgerecht beeinflusst werden. Insbesondere der Wechsel in den Rekuperationsmodus stellt dabei den zusätzlichen Vorteil einer Energierückgewinnung bereit, wodurch die Reichweite des Fahrzeugs verbessert wird. Insofern ist der Wechsel in den Rekuperationsmodus gegenüber einer Abbremsung des jeweiligen Rades zu bevorzugen, wenn die Schlupfdifferenz derart ist, dass für das jeweilige Rad eine Reduzierung des Drehmoments erforderlich ist.
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Bevorzugt wird der Schlupf des Rades in Schritt A durch das Fahrdynamikregelungssystem basierend auf einer Drehzahl des Rades bestimmt. Dazu kann das Fahrdynamikregelungssystem beispielsweise mit einem Radsensor gekoppelt sein, der die Drehzahl des Rades erfasst. Mittels der Drehzahl des Rades kann der Schlupf in zuverlässiger Weise erkannt werden.
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Besonders bevorzugt berücksichtigt das Fahrdynamikregelungssystem eine Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit zur Bestimmung des Schlupfes des Rades. Die Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit basiert beispielsweise auf mehreren für verschiedene Räder erfassten Drehzahlen. Das bedeutet, dass für jedes Rad des Fahrzeugs die Drehzahl erfasst werden kann, wodurch eine Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit ermittelbar ist, beispielsweise durch Mittelwertbildung. Zusätzlich können weitere Faktoren berücksichtigt werden, wie zum Beispiel die Fahrzeugneigung oder Kurvenlage. Eine Kurvenlage führt dazu, dass die kurvenaußenseitigen Räder in der Regel die tatsächliche wahre Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit besser widerspiegeln, als dies die kurveninnenseitigen Räder tun. Das Fahrdynamikregelungssystem kann eingerichtet sein, um eine entsprechende Auswahl zu treffen damit die Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit möglichst präzise bestimmt wird.
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Alternativ kann das Fahrdynamikregelungssystem die Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit auch durch ein externes Stellsignal empfangen, beispielsweise von einer Steuervorrichtung oder einer Sensorvorrichtung des Fahrzeugs.
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Optional beruht die Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit zumindest auf Stellwerten einer Motorsteuerungsvorrichtung und/oder einer Bremssteuervorrichtung. Basierend auf Stellwerten der Motorsteuerungsvorrichtung und/oder der Bremssteuervorrichtung kann bestimmbar sein, wie sich die Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit eigentlich entwickeln sollte, denn basierend auf den Stellwerten sind die an den jeweiligen Rädern anliegenden Solldrehmomente bestimmt. Insofern können diese Informationen berücksichtigt werden, um die Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit zu bestimmen oder um die Präzision von deren Bestimmung zu verbessern.
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Bevorzugt wird die Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit auch bei der Bestimmung des Schlupfsollwerts für ein Rad des Fahrzeugs berücksichtigt. Der Schlupfsollwert kann insofern durch das Fahrdynamikregelungssystem bestimmt werden.
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Bevorzugt weist das Fahrdynamikregelungssystem zumindest eine Datenverarbeitungsvorrichtung auf. Insofern kann das Verfahren wie zuvor beschrieben insbesondere computerimplementiert ausgeführt werden.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird auch ein Computerprogrammprodukt bereitgestellt, das Befehle aufweist, welche bei Ausführung durch eine Datenverarbeitungsvorrichtung, diese veranlasst, das Verfahren wie zuvor beschrieben auszuführen.
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Ferner wird gemäß einem weiteren Aspekt auch ein Speichermedium bereitgestellt, dass das Computerprogrammprodukt wie zuvor beschrieben aufweist, so dass es bei Ausführung durch eine Datenverarbeitungsvorrichtung, diese veranlasst, das Verfahren wie zuvor beschrieben auszuführen.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird auch ein Fahrzeug bereitgestellt. Das Fahrzeug ist zumindest teilweise elektrisch angetrieben. Das Fahrzeug weist zumindest zwei jeweils durch einzelne Radnabenmotoren angetriebene Räder, eine Fahrdynamiksteuervorrichtung mit einem Fahrdynamikregelungssystem und Radsensoren für jedes Rad auf. Die Steuervorrichtung ist mit den Radnabenmotoren und den Radsensoren gekoppelt. Die Radsensoren sind eingerichtet, eine Drehzahl des jeweiligen Rades zu erfassen, dem sie zugeordnet sind. Die Fahrdynamiksteuervorrichtung ist eingerichtet, um einen Schlupf eines Rades basierend auf der jeweils erfassten Drehzahl zu bestimmen und mit einem Schlupf-Schwellwert zu vergleichen. Ein Überschreiten des Schlupf-Schwellwerts löst dabei einen Eingriff des Fahrdynamikregelungssystems aus. Die Fahrdynamiksteuervorrichtung ist ferner eingerichtet, um einen für ein Rad bestimmten Schlupf mit einem Schlupfsollwert zu vergleichen und eine Schlupfdifferenz zu bestimmen. Zusätzlich ist das Fahrdynamikregelungssystem eingerichtet, um ein Stellsignal für zumindest einen Radnabenmotor derart auszugeben, dass ein durch den jeweiligen Radnabenmotor für ein angetriebenes Rad bereitgestelltes Drehmoment in Abhängigkeit von der Schlupfdifferenz verringert oder erhöht wird.
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Das so eingerichtete Fahrzeug kann mittels der Fahrdynamiksteuervorrichtung ein für ein Rad bereitgestelltes Drehmoment nicht nur verringern, sondern ebenfalls erhöhen, und zwar in Abhängigkeit von der bestimmten Schlupfdifferenz. Die im Hinblick auf das Verfahren geltend gemachten Vorteile werden auch durch das Fahrzeug erzielt.
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Im Sinne der vorliegenden Erfindung können zumindest teilweise elektrisch angetriebene Fahrzeuge insbesondere Landfahrzeuge mit einer elektrischen Maschine umfassen, nämlich unter anderem Dreiräder, Trikes, Quads, Gelände- und Straßenfahrzeuge wie Personenkraftwagen, Busse, Lastkraftwagen, Traktoren und andere Nutzfahrzeuge, Schienenfahrzeuge (Bahnen), welche zumindest einen dem Vortrieb des Fahrzeugs dienenden Elektromotor aufweisen. Fahrzeuge können bemannt oder unbemannt sein. Neben reinen Elektrofahrzeugen (BEV) können auch Plug-In-Hybride (PHEV) und Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEV) umfasst sein.
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Optional ist das Fahrdynamikregelungssystem auch eingerichtet, um Stellsignale an alle Radnabenmotoren des Fahrzeugs auszugeben, um die von diesen bereitgestellten Drehmomente in Abhängigkeit der Schlupfdifferenz zu variieren. Das bedeutet, dass in Abhängigkeit einer bestimmten Schlupfdifferenz mehrere Räder hinsichtlich des an sie ausgegebenen Drehmoments angepasst werden können.
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Alternativ können auch mehrere Schlupfdifferenzen bestimmt werden, und zur bedarfsgerechten Anpassung der ausgegebenen Drehmomente herangezogen werden.
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Bevorzugt wird der Schlupf eines Rades durch die Fahrdynamiksteuervorrichtung basierend zumindest auch auf einer Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit bestimmt. Dadurch kann der Schlupf präziser bestimmt werden.
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Die Erfindung sowie weitere vorteilhafte Ausführungsformen und Weiterbildungen derselben werden im Folgenden anhand der in den Zeichnungen dargestellten Beispiele näher beschrieben und erläutert. Die der Beschreibung und den Zeichnungen zu entnehmenden Merkmale können einzeln für sich oder zu mehreren in beliebiger Kombination erfindungsgemäß angewandt werden. Es zeigen:
- - 1 eine schematische Darstellung eines erfindungsgemäßen Fahrzeugs mit einer Fahrdynamiksteuervorrichtung, und
- - 2 eine schematische Darstellung eines erfindungsgemäßen Verfahrens zum Betreiben des zumindest teilweise elektrisch angetriebenen Fahrzeugs.
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Alle nachstehend in Bezug auf die Ausführungsbeispiele und/oder die begleitenden Figuren offengelegten Merkmale können allein oder in einer beliebigen Unterkombination mit Merkmalen der Aspekte der vorliegenden Offenbarung, einschließlich Merkmalen bevorzugter Ausführungsformen, kombiniert werden, vorausgesetzt, die sich ergebende Merkmalskombination ist für einen Fachmann auf dem Gebiet der Technik sinnvoll.
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1 zeigt eine schematische Darstellung eines Fahrzeugs 10 mit einer Fahrdynamiksteuervorrichtung 12.
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Das Fahrzeug 10 umfasst mehrere Räder 14A bis 14D, die einzelnen, unabhängig voneinander mittels den Rädern 14A bis 14D zugeordneter Radnabenmotoren 16 angetrieben werden. Ferner umfasst das Fahrzeug 10 Radsensoren 18, die ebenfalls einzelnen Rädern 14A bis 14D zugeordnet sind und eingerichtet sind, um eine Drehzahl des jeweils zugeordneten Rades 14 zu erfassen.
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Die Radnabenmotoren 16 und die Radsensoren 18 sind mit der Fahrdynamiksteuervorrichtung 12 gekoppelt.
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Die Fahrdynamiksteuervorrichtung 12 umfasst ferner ein Fahrdynamikregelungssystem 20 mit einer Datenverarbeitungsvorrichtung 22.
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Vorliegend ist die Fahrdynamiksteuervorrichtung 12 auch mit einer Motorsteuerungsvorrichtung 24 und einer Bremssteuervorrichtung 26 gekoppelt. Dies ist aber optional.
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Die Motorsteuerungsvorrichtung 24 und die Bremssteuervorrichtung 26 sind typischerweise mit den Radnabenmotoren 16 gekoppelt, um deren Betrieb außerhalb eines Eingreifens durch die Fahrdynamiksteuervorrichtung 12 bzw. deren Fahrdynamikregelungssystem 20 zu regeln.
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2 zeigt eine schematische Darstellung eines Verfahrens 28 zum Betreiben des zumindest teilweise elektrisch angetriebenen Fahrzeugs 10.
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Im Schritt 30 wird an zumindest einem Rad 14 des Fahrzeugs 10 ein Schlupf erkannt, der größer als ein Schlupf-Schwellwert ist, welcher einen Eingriff des Fahrdynamikregelungssystems 20 auslöst. Das Auslösen ist hier nicht darauf bezogen, dass das Fahrdynamikregelungssystem 20 lediglich nach dem Auslösen überhaupt tätig wird. Das Auslösen bezieht sich darauf, dass die nachfolgenden Schritte 32 und 34 entsprechend dem Verfahren 28 ausgeführt werden. Im Allgemeinen ist das Fahrdynamikregelungssystem 20 zu jeder Zeit aktiv. Beispielsweise kann das Fahrdynamikregelungssystem 20 mittels der Datenverarbeitungsvorrichtung 22 den Vergleich zwischen dem erkannten Schlupf für ein bestimmtes Rad 14 des Fahrzeugs 10 und dem jeweiligen Schlupf-Schwellwert ausführen.
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Optional kann zur Bestimmung des Schlupfes eines Rades 14 eine Drehzahl des jeweiligen Rades 14 genutzt werden, die mittels einem dem Rad 14 zugeordneten Radsensor 18 erfasst werden kann. Bei der Bestimmung des Schlupfes des Rades 14 kann auch eine Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit berücksichtigt werden, die das Fahrdynamikregelungssystem 20 durch ein externes Signal erhalten kann oder die das Fahrdynamikregelungssystem 20 beispielsweise aufgrund von Drehzahlen bestimmen kann, die für verschiedene Räder 14 des Fahrzeugs 10 durch entsprechend zugeordnete Radsensoren 18 erfasst werden. Beispielsweise kann die Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit durch eine Mittelwertbildung von mehreren für verschiedene Räder 14 des Fahrzeugs 10 erfassten Drehzahlen bestimmt werden. Zusätzlich können Stellwerte der Motorsteuerungsvorrichtung 24 und/oder der Bremssteuervorrichtung 26 bei der Bestimmung der Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit berücksichtigt werden.
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Im Schritt 32 wird für zumindest ein Rad 14 ein erkannter Schlupf mit einem Schlupfsollwert verglichen und eine Schlupfdifferenz bestimmt. Der Schlupfsollwert kann von dem Fahrdynamikregelungssystem 20 vorgegeben sein. Der Schlupfsollwert kann insbesondere von der Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit abhängen. Alternativ oder kumulativ können auch die Stellwerte der Motorsteuerungsvorrichtung 24 und/oder der Bremssteuervorrichtung 26 bei der Bestimmung des jeweiligen Schlupfsollwerts berücksichtigt werden. Der Schlupfsollwert kann ein Maß des Schlupfes darstellen, das für die jeweilige Fahrsituation des Fahrzeugs 10 für das jeweilige Rad 14 als zulässig angesehen wird.
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Im Schritt 34 wird in Abhängigkeit von der Schlupfdifferenz ein durch zumindest einen Radnabenmotor 16 für ein angetriebenes Rad 14 bereitgestelltes Drehmoment verringert oder erhöht. Fällt die Schlupfdifferenz zu groß aus, beispielsweise größer als ein vorgegebener Differenzschwellwert, kann das Fahrdynamikregelungssystem 20 davon ausgehen, dass ein Eingriff in ein Drehmoment zumindest für ein Rad 14 des Fahrzeugs 10 notwendig ist. Entsprechend der jeweiligen Fahrsituation kann das jeweilige Drehmoment verringert oder erhöht werden, um die fahrsituationsabhängige Stabilität des Fahrzeugs 10 zu gewährleisten.
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Die Variation des Drehmoments kann beispielsweise dadurch erfolgen, dass das Fahrdynamikregelungssystem 20 den jeweiligen Radnabenmotor 16 anspricht, und ein Stellsignal für diesen bereitstellt, um das von diesem für das Rad 14, dem er zugeordnet ist, bereitgestellte Drehmoment bedarfsgerecht anzupassen. Dabei kann optional eine Leistungsausgabe des Radnabenmotors 16 angepasst werden. Ferner kann auch ein Betriebsartwechsel des jeweiligen Radnabenmotors 16 ausgelöst werden. Beispielsweise kann für den jeweiligen Radnabenmotor 16 ein Wechsel von einem Motorbetriebsmodus in einen Rekuperationsmodus ausgelöst werden.
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Alternativ kann die Variation des Drehmoments auch dadurch erfolgen, dass das Fahrdynamikregelungssystem 20 die Motorsteuerungsvorrichtung 24 oder die Bremssteuervorrichtung 26 anspricht. Diese können in der Folge entsprechende Steuersignale für den jeweiligen Radnabenmotor 16 bereitstellen, damit das Drehmoment bedarfsgerecht angepasst wird.
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Optional können im Schritt 34 natürlich auch die Drehmomente für mehrere Radnabenmotoren 16 angepasst werden, insbesondere jeweils verringert oder erhöht werden. Die Entscheidung darüber kann insbesondere durch die Datenverarbeitungsvorrichtung 22 des Fahrdynamikregelungssystems 20 erfolgen. Optional kann die jeweilige Anpassung für jeden einzelnen Radnabenmotor 16 auch von der jeweils für dieses Rad 14 bestimmten Schlupfdifferenz abhängen.
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In der vorliegenden Anmeldung kann auf Mengen und Zahlen Bezug genommen werden. Sofern nicht ausdrücklich angegeben, sind solche Mengen und Zahlen nicht als einschränkend zu betrachten, sondern als Beispiele für die möglichen Mengen oder Zahlen im Zusammenhang mit der vorliegenden Anmeldung. In diesem Zusammenhang kann in der vorliegenden Anmeldung auch der Begriff „Mehrzahl“ verwendet werden, um auf eine Menge oder Zahl zu verweisen. In diesem Zusammenhang ist mit dem Begriff „Mehrzahl“ jede Zahl gemeint, die größer als eins ist, z. B. zwei, drei, vier, fünf, usw. Die Begriffe „etwa“, „ungefähr“, „nahe“ usw. bedeuten plus oder minus 5 % des angegebenen Wertes.