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Die vorliegende Offenbarung betrifft ein Fahrassistenzsystem für ein Fahrzeug, ein Fahrzeug mit einem solchen Fahrassistenzsystem, ein Fahrassistenzverfahren für ein Fahrzeug und ein Speichermedium zum Ausführen des Fahrassistenzverfahrens. Die vorliegende Offenbarung betrifft insbesondere eine zeitverzögerte Manöveraktivierung für einen automatisierten Spurwechsel.
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Stand der Technik
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Bei Autobahnfahrten kommt es häufig vor, dass ein Fahrer nach einem Überhohlmanöver einen Spurwechsel nach rechts durchführen möchte, um zum Beispiel die nächste Autobahnabfahrt zu nehmen oder dem in Deutschland geltenden Rechtsfahrgebot Folge zu leisten. Beim manuellen Fahren kann der Fahrer in unübersichtlichen Verkehrssituationen manchmal nur schwer einschätzen, ab wann ein Spurwechsel wieder möglich ist. Im Ergebnis wird der Spurwechsel möglicherweise aufgrund von Nervosität und/oder fehlender Erfahrung des Fahrers hektisch durchgeführt. Dadurch entstehen potenziell gefährliche Situationen.
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Alternativ kann der Spurwechsel durch eine Fahrfunktion zum automatisierten Fahren ausgeführt werden, wie zum Beispiel eine Fahrfunktion des SAE-Level 2. Ein Fahrverhalten der Fahrfunktion zum automatisierten Fahren kann durch die Fahrzeuginsassen jedoch als fremdartig und/oder unangenehm empfunden werden, was negative Auswirkungen auf die Akzeptanz solcher Fahrfunktionen haben kann.
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Offenbarung der Erfindung
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Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Offenbarung, ein Fahrassistenzsystem für ein Fahrzeug, ein Fahrzeug mit einem solchen Fahrassistenzsystem, ein Fahrassistenzverfahren für ein Fahrzeug und ein Speichermedium zum Ausführen des Fahrassistenzverfahrens anzugeben, die eine verbesserte Ausführung eines automatisierten Fahrens ermöglichen. Insbesondere ist es eine Aufgabe der vorliegenden Offenbarung, einen Insassenkomfort beim automatisierten Fahren zu verbessern.
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Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Gemäß einem unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Fahrassistenzsystem für ein Fahrzeug, insbesondere ein Kraftahrzeug, angegeben. Das Fahrassistenzsystem umfasst ein Kopplungs-Steuermodul, das eingerichtet ist, um ein Lenkrad des Fahrzeugs von einem Lenksystem zu entkoppeln und mit dem Lenksystem (wieder) zu koppeln; ein Spurwechsel-Aufzeichnungsmodul, das eingerichtet ist, um in einem Zustand, in dem das Lenkrad vom Lenksystem entkoppelt ist, einen durch einen Fahrer durchgeführten virtuellen Spurwechsel aufzuzeichnen und entsprechende fahrerindividuelle Spurwechseldaten bereitzustellen; und ein Fahrbetriebs-Steuermodul, das eingerichtet ist, um in einem Zustand, in dem das Lenkrad mit dem Lenksystem gekoppelt ist, basierend auf den fahrerindividuellen Spurwechseldaten einen automatisierten Spurwechsel durchzuführen.
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Erfindungsgemäß wird ein Spurwechselmanöver zuerst aufgezeichnet und anschließend basierend auf der Aufzeichnung automatisiert durchgeführt. Beispielsweise kann ein Fahrer des Fahrzeugs eine korrekte bzw. gewünschte Lenkradbewegung für einen Spurwechsel bereits während eines Überholvorgangs eines Fremdfahrzeugs aufzeichnen und das automatische Spurwechselmanöver dann zeitverzögert aktivieren. Insbesondere kann der reale Spurwechsel basierend auf den aufgezeichneten Informationen (z.B. Lenkwinkelgeschwindigkeit, Dauer und/oder Lenkwinkel) auf die jeweilige Kurvenkrümmung und Fahrsituation hin optimiert und abgespielt werden. Im Ergebnis kann eine verbesserte Ausführung eines automatisierten Fahrens ermöglich werden. Des Weiteren kann ein Insassenkomfort beim automatisierten Fahren verbessert werden.
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Das Kopplungs-Steuermodul und/oder das Spurwechsel-Aufzeichnungsmodul und/oder das Fahrbetriebs-Steuermodul können in einem gemeinsamen Software- und/oder Hardware-Modul realisiert sein. Alternativ dazu können Kopplungs-Steuermodul und/oder das Spurwechsel-Aufzeichnungsmodul und/oder das Fahrbetriebs-Steuermodul jeweils in getrennten Software- und/oder Hardware-Modulen realisiert sein.
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Das Kopplungs-Steuermodul ist eingerichtet, um das Lenkrad des Fahrzeugs vom Lenksystem zu entkoppeln und mit dem Lenksystem zu koppeln. Das Lenksystem kann Aktuatoren umfassen, die basierend auf einer Betätigung des Lenkrads eine Stellung der Räder steuern, wenn das Lenksystem bzw. die Aktuatoren mit dem Lenkrad gekoppelt bzw. verbunden sind. Wenn das Lenksystem bzw. die Aktuatoren nicht mit dem Lenkrad gekoppelt bzw. verbunden sind, reagieren das Lenksystem bzw. die Aktuatoren nicht auf Eingaben am Lenkrad.
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Das Koppeln bzw. Entkoppeln kann dabei mechanisch und/oder elektrisch erfolgen. In letzterem Fall werden in einem entkoppelten Zustand Steuerbefehle, die durch ein Betätigen des Lenkrads erzeugt werden, nicht an die Aktuatoren weitergegeben. Die vorliegende Offenbarung ist j edoch nicht hierauf begrenzt und der gekoppelte Zustand kann jeder geeignete Betriebszustand sein, in dem eine Betätigung des Lenkrads zu einer Stellungsänderung der Räder führt. Ähnlich kann der entkoppelte Zustand jeder geeignete Betriebszustand sein, in dem eine Betätigung des Lenkrads zu keiner Stellungsänderung der Räder führt.
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Das Fahrassistenzsystem, insbesondere das Fahrbetriebs-Steuermodul, ist zum automatisierten Fahren eingerichtet, um den automatisierten Spurwechsel z.B. auf eine (linke oder rechte) Nebenspur durchzuführen.
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Unter dem Begriff „automatisiertes Fahren“ kann im Rahmen des Dokuments ein Fahren mit automatisierter Längs- oder Querführung oder ein autonomes Fahren mit automatisierter Längs- und Querführung verstanden werden. Bei dem automatisierten Fahren kann es sich beispielsweise um ein zeitlich längeres Fahren auf der Autobahn oder um ein zeitlich begrenztes Fahren im Rahmen des Einparkens oder Rangierens handeln. Der Begriff „automatisiertes Fahren“ umfasst ein automatisiertes Fahren mit einem beliebigen Automatisierungsgrad. Beispielhafte Automatisierungsgrade sind ein assistiertes, teilautomatisiertes, hochautomatisiertes oder vollautomatisiertes Fahren. Diese Automatisierungsgrade wurden von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) definiert (siehe BASt-Publikation „Forschung kompakt“, Ausgabe 11/2012).
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Beim assistierten Fahren führt der Fahrer dauerhaft die Längs- oder Querführung aus, während das System die jeweils andere Funktion in gewissen Grenzen übernimmt. Beim teilautomatisierten Fahren (TAF) übernimmt das System die Längs- und Querführung für einen gewissen Zeitraum und/oder in spezifischen Situationen, wobei der Fahrer das System wie beim assistierten Fahren dauerhaft überwachen muss. Beim hochautomatisierten Fahren (HAF) übernimmt das System die Längs- und Querführung für einen gewissen Zeitraum, ohne dass der Fahrer das System dauerhaft überwachen muss; der Fahrer muss aber in einer gewissen Zeit in der Lage sein, die Fahrzeugführung zu übernehmen. Beim vollautomatisierten Fahren (VAF) kann das System für einen spezifischen Anwendungsfall das Fahren in allen Situationen automatisch bewältigen; für diesen Anwendungsfall ist kein Fahrer mehr erforderlich.
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Die vorstehend genannten vier Automatisierungsgrade entsprechen den SAE-Level 1 bis 4 der Norm SAE J3016 (SAE - Society of Automotive Engineering). Ferner ist in der SAE J3016 noch der SAE-Level 5 als höchster Automatisierungsgrad vorgesehen, der in der Definition der BASt nicht enthalten ist. Der SAE-Level 5 entspricht einem fahrerlosen Fahren, bei dem das System während der ganzen Fahrt alle Situationen wie ein menschlicher Fahrer automatisch bewältigen kann; ein Fahrer ist generell nicht mehr erforderlich.
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Vorzugsweise ist das Fahrassistenzsystem, insbesondere das Fahrbetriebs-Steuermodul, für ein automatisiertes Fahren gemäß SAE-Level 2 und/oder SAE-Level 2 plus (2+) und/oder SAE-Level 3 eingerichtet. SAE-Level 2+ stellt eine Erweiterung des SAE-Level 2 dar und liegt in Bezug auf die Automatisierung zwischen SAE-Level 2 und SAE-Level 3.
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Das Spurwechsel-Aufzeichnungsmodul des Fahrassistenzsystems ist eingerichtet ist, um in einem Zustand, in dem das Lenkrad vom Lenksystem entkoppelt ist, einen durch einen Fahrer durchgeführten virtuellen Spurwechsel aufzuzeichnen und entsprechende fahrerindividuelle Spurwechseldaten bereitzustellen. In einigen Ausführungsformen können die fahrerindividuellen Spurwechseldaten einen Lenkwinkel und/oder eine Lenkwinkelgeschwindigkeit und/oder eine Lenkdauer betreffen oder ein Lenkwinkel und/oder eine Lenkwinkelgeschwindigkeit und/oder eine Lenkdauer sein.
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Der Lenkwinkel gibt eine Lenkradstellung und/oder eine Radstellung an. Die Lenkwinkelgeschwindigkeit gibt an, wie schnell der Fahrer das Lenkrad dreht. Die Lenkdauer gibt zum Beispiel eine Zeitspanne zwischen einem Beginn des Spurwechsels (Beginn der Betätigung des Lenkrads zum Initiieren des Spurwechsels) und einem Ende des Spurwechsels (Ende der Betätigung des Lenkrads nach erfolgtem Spurwechsel) an. Anders gesagt kann die Lenkdauer im Wesentlichen einer Zeitspanne entsprechen, die für den vollständigen Spurwechsel benötigt wird.
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Vorzugsweise umfasst das Fahrassistenzsystem ein Benutzerschnittstellenmodul, das eingerichtet ist, um mit dem Fahrer den virtuellen Spurwechsel durchzuführen. Beispielsweise kann der Fahrer das Lenkrad betätigen bzw. lenken und das Ergebnis der Lenkbewegung durch das Benutzerschnittstellenmodul visualisiert bekommen, beispielsweise in Form eines virtuellen Fahrzeugs auf einer (z.B. virtuellen) Straße.
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Das Benutzerschnittstellen-Modul kann wenigstens eine Ausgabevorrichtung und optional wenigstens eine Eingabevorrichtung umfassen. Das Benutzerschnittstellen-Modul kann zum Beispiel eine zentrale Informationsausgabe- und Informationseingabevorrichtung eines Infotainmentsystems, wie beispielsweise eine Head Unit, sein. Vorzugsweise ist das Benutzerschnittstellen-Modul fest im Fahrzeug verbaut.
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Die wenigstens eine Ausgabevorrichtung kann wenigstens eine Anzeigevorrichtung und/oder wenigstens einen Lautsprecher umfassen. Die wenigstens eine Anzeigevorrichtung kann ein Display umfassen, insbesondere ein LCD-Display, ein Plasma-Display oder ein OLED-Display. Ergänzend oder alternativ kann die wenigstens eine Anzeigevorrichtung eine Projektionsvorrichtung umfassen, die eingerichtet ist, um Informationen direkt im Sichtfeld des Fahrers einzublenden, insbesondere auf eine Windschutzscheibe zu projizieren.
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Die (optionale) wenigstens eine Eingabevorrichtung kann eine berührungsempfindliche Eingabevorrichtung, wie ein Berührungsfeld bzw. Touch Pad, und/oder eine taktile Eingabevorrichtung, wie einen Schaler (z.B. Drückschalter und/oder Drehschalter) oder andere mechanisch betätigbare Tastenelemente umfassen.
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Vorzugsweise umfasst, oder ist, das Benutzerschnittstellen-Modul ein Touchscreen, der die wenigstens eine Ausgabevorrichtung und die wenigstens eine Eingabevorrichtung bereitstellt.
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Vorzugsweise ist das Benutzerschnittstellenmodul eingerichtet, um einen Streckenverlauf optisch darzustellen, insbesondere einen vor dem Fahrzeug liegenden tatsächlichen Streckenverlauf. In einigen Ausführungsformen kann zudem ein virtuelles Fahrzeug dargestellt bzw. angezeigt werden, das sich entsprechend der Lenkbewegung des Fahrers beim virtuellen Spurwechsel entlang des Streckenverlaufs bewegt.
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Vorzugsweise ist das Spurwechsel-Aufzeichnungsmodul eingerichtet, um den virtuellen Spurwechsel aufzuzeichnen, während das Fahrzeug ein Fremdfahrzeug überholt und/oder unmittelbar bevor ein tatsächlicher Spurwechsel beabsichtigt ist. Damit kann der Spurwechsel aufgezeichnet und dann zeitverzögert automatisiert durchgeführt werden.
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Vorzugsweise ist das Fahrassistenzsystem eingerichtet, um eine Vielzahl von virtuellen Spurwechseln auszuwerten bzw. zu analysieren. Beispielsweise kann das Fahrassistenzsystem ein Muster in einer Parametrisierung (z.B. einen Lenkwinkel und/oder eine Lenkwinkelgeschwindigkeit und/oder eine Lenkdauer) der Vielzahl von virtuellen Spurwechseln bestimmen und dieses Muster für zukünftige Spurwechsel verwenden, ohne dass vor jedem Spurwechsel ein entsprechender virtueller Spurwechsel durchgeführt wird. Anders gesagt kann ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht jedes Manöver neu aufgezeichnet und der Spurwechsel automatisch anhand der vorliegenden Datenbasis abgespielt werden.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Fahrzeug, insbesondere Kraftfahrzeug, angegeben. Das Fahrzeug umfasst das Fahrassistenzsystem gemäß den Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung.
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Der Begriff Fahrzeug umfasst PKW, LKW, Busse, Wohnmobile, Krafträder, etc., die der Beförderung von Personen, Gütern, etc. dienen. Insbesondere umfasst der Begriff Kraftfahrzeuge zur Personenbeförderung.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Fahrassistenzverfahren für ein Fahrzeug, insbesondere ein Kraftfahrzeug, angegeben. Das Fahrassistenzverfahren umfasst ein Entkoppeln eines Lenkrads des Fahrzeugs von einem Lenksystem; ein Durchführen eines virtuellen Spurwechsels durch einen Fahrer und Bereitstellen entsprechender fahrerindividueller Spurwechseldaten; ein Koppeln des Lenkrad mit dem Lenksystem; und ein Durchführen eines automatisierten Spurwechsels basierend auf den fahrerindividuellen Spurwechseldaten.
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Das Fahrassistenzverfahren kann die Aspekte des in diesem Dokument beschriebenen Fahrassistenzsystems implementieren.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Software (SW) Programm angegeben. Das SW Programm kann eingerichtet werden, um auf einem oder mehreren Prozessoren ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Fahrassistenzverfahren auszuführen.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Speichermedium angegeben. Das Speichermedium kann ein SW Programm umfassen, welches eingerichtet ist, um auf einem oder mehreren Prozessoren ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Fahrassistenzverfahren auszuführen.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist eine Software mit Programmcode zur Durchführung des Fahrassistenzverfahrens zum automatisierten Fahren eines Fahrzeugs auszuführen, wenn die Software auf einer oder mehreren softwaregesteuerten Einrichtungen abläuft.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein System angegeben. Das System umfasst einen oder mehrere Prozessoren; und wenigstens einen Speicher, der mit dem einen oder den mehreren Prozessoren verbunden ist und Anweisungen enthält, die von dem einen oder den mehreren Prozessoren ausgeführt werden können, um das in diesem Dokument beschriebene Fahrassistenzverfahren auszuführen.
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Ein Prozessor bzw. ein Prozessormodul ist ein programmierbares Rechenwerk, also eine Maschine oder eine elektronische Schaltung, die gemäß übergebenen Befehlen andere Elemente steuert und dabei einen Algorithmus (Prozess) vorantreibt.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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Ausführungsbeispiele der Offenbarung sind in den Figuren dargestellt und werden im Folgenden näher beschrieben. Es zeigen:
- 1 schematisch ein Fahrzeug mit einem Fahrassistenzsystem zum automatisierten Fahren gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung,
- 2 schematisch ein Fahrassistenzsystem gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung,
- 3A schematisch einen Überholvorgang, während dem ein virtueller Spurwechsel aufgezeichnet wird,
- 3B schematisch einen realen Spurwechsel, der nach dem Überholvorgang basierend auf den Informationen aus dem virtuellen Spurwechsel durchgeführt wird, und
- 4 ein Flussdiagram eines Fahrassistenzverfahrens gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung.
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Ausführungsformen der Offenbarung
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Im Folgenden werden, sofern nicht anders vermerkt, für gleiche und gleichwirkende Elemente gleiche Bezugszeichen verwendet.
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1 zeigt schematisch ein Fahrzeug 10 mit einem Fahrassistenzsystem 100 zum automatisierten Fahren gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung.
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Beim automatisierten Fahren erfolgt die Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs 10 automatisch. Das Fahrassistenzsystem 100 übernimmt also die Fahrzeugführung. Hierzu steuert das Fahrassistenzsystem 100 den Antrieb 20, das Getriebe 22, die hydraulische Betriebsbremse 24 und die Lenkung bzw. ein Lenksystem 26 über nicht dargestellte Zwischeneinheiten.
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Zur Planung und Durchführung des automatisierten Fahrens werden Umfeldinformationen einer Umfeldsensorik, die das Fahrzeugumfeld beobachtet, vom Fahrerassistenzsystem 100 entgegengenommen. Insbesondere kann das Fahrzeug wenigstens einen Umgebungssensor 12 umfassen, der zur Aufnahme von Umgebungsdaten, die das Fahrzeugumfeld angeben, eingerichtet ist. Der wenigstens eine Umgebungssensor 12 kann beispielsweise ein oder mehrere LiDAR-Systeme, ein oder mehrere Radar-Systeme, einen oder mehrere Laserscanner, einen oder mehrere Ultraschallsensoren und/oder eine oder mehrere Kameras umfassen.
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In einigen Ausführungsformen ist das Fahrassistenzsystem 100 für ein automatisiertes Fahren gemäß SAE-Level 2 und/oder SAE-Level 2 plus (2+) und/oder SAE-Level 3 eingerichtet. Insbesondere ist das Fahrassistenzsystem 100 gemäß den Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung eingerichtet, um einen automatisierten Spurwechsel durchzuführen.
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2 zeigt schematisch ein Fahrassistenzsystem 100 gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung. Das Fahrassistenzsystem 100 kann das in der 1 gezeigte Fahrassistenzsystem sein oder im Fahrassistenzsystem der 1 umfasst sein.
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Das Fahrassistenzsystem 100 umfasst ein Kopplungs-Steuermodul 110, das eingerichtet ist, um ein Lenkrad des Fahrzeugs von einem Lenksystem 26 zu entkoppeln und mit dem Lenksystem 26 wieder zu koppeln; ein Spurwechsel-Aufzeichnungsmodul 120, das eingerichtet ist, um in einem Zustand, in dem das Lenkrad vom Lenksystem 26 entkoppelt ist, einen durch einen Fahrer durchgeführten virtuellen Spurwechsel aufzuzeichnen und entsprechende fahrerindividuelle Spurwechseldaten bereitzustellen; und ein Fahrbetriebs-Steuermodul 130, das eingerichtet ist, um in einem Zustand, in dem das Lenkrad mit dem Lenksystem 26 gekoppelt ist, basierend auf den fahrerindividuellen Spurwechseldaten einen automatisierten Spurwechsel durchzuführen.
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In einigen Ausführungsformen können die fahrerindividuellen Spurwechseldaten einen Lenkwinkel und/oder eine Lenkwinkelgeschwindigkeit und/oder eine Lenkdauer betreffen. Diese fahrerindividuellen Spurwechseldaten können verwendet werden, um den realen Spurwechsel auf die jeweilige Kurvenkrümmung und Fahrsituation hin optimiert durchzuführen.
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Typischerweise umfasst das Fahrassistenzsystem 100 ein Benutzerschnittstellenmodul 140, das eingerichtet ist, um mit dem Fahrer den virtuellen Spurwechsel durchzuführen. Das Benutzerschnittstellen-Modul 140 kann eine zentrale Informationsausgabe- und Informationseingabevorrichtung eines Infotainmentsystems, wie beispielsweise eine Head Unit, sein.
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In einigen Ausführungsformen ist das Benutzerschnittstellenmodul 140 eingerichtet, um einen Streckenverlauf optisch darzustellen, insbesondere einen vor dem Fahrzeug liegenden tatsächlichen Streckenverlauf. In einigen Ausführungsformen kann zudem ein virtuelles Fahrzeug dargestellt bzw. angezeigt werden, das sich entsprechend der Lenkbewegung des Fahrers beim virtuellen Spurwechsel entlang des Streckenverlaufs bewegt.
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Mit dem erfindungsgemäßen Fahrassistenzsystem 100 kann der Fahrer einen Spurwechsel konzentriert aufzeichnen, so dass ein Einscheren an die Erwartungen bzw. Gewohnheiten des Fahrers angepasst werden kann. Insbesondere kann das Fahrassistenzsystem 100 ein natürlicheres Fahrverhalten durch aufgezeichnete Fahrmanöver erlenen. Dadurch steigt die Akzeptanz solcher Fahrfunktionen.
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3A zeigt schematisch einen Überholvorgang, während dem ein virtueller Spurwechsel aufgezeichnet wird. Figur zeigt 3B schematisch einen realen Spurwechsel, der nach dem Überholvorgang basierend auf den Informationen aus dem virtuellen Spurwechsel durchgeführt wird.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Offenbarung wird der virtuelle Spurwechsel durchgeführt und aufgezeichnet, während das Fahrzeug 10 auf einer Eigenspur A ein Fremdfahrzeug 30 auf einer Nebenspur B überholt und unmittelbar bevor ein tatsächlicher Spurwechsel z.B. auf die Nebenspur B beabsichtigt ist. Anders gesagt kann der Spurwechsel aufgezeichnet und dann zeitverzögert automatisiert durchgeführt werden.
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Im Detail kann der Fahrer während des Passierens des Fremdfahrzeugs 30 auf der rechten Spur B das Lenkrad vom Fahrwerk entkoppeln. Sobald das Lenkrad entkoppelt ist, kann der Fahrer das geplante Manöver unter Zuhilfenahme einer Anzeige auf einem Head Up Display aufzeichnen. In Kombination mit der Lenkradbewegung kann somit eine korrekte Parametrisierung des Spurwechsels aufgezeichnet werden. Nach erfolgter Aufzeichnung des geplanten Manövers wird das Lenkrad wieder mit dem Fahrwerk gekoppelt und das geplante Manöver basierend auf den aufgezeichneten Informationen auf die Kurvenkrümmung und Fahrsituation hin optimiert abgespielt.
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Optional kann bei einer mehrfachen Aufzeichnung solcher geplanten Manöver ein bestimmtes Muster in der Parametrisierung der Manöver bestimmt werden, so dass ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht jedes Manöver neu aufgezeichnet werden muss und der Spurwechsel automatisch anhand der vorliegenden Datenbasis abgespielt werden kann.
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4 zeigt schematisch ein Flussdiagramm eines Fahrassistenzverfahrens 400 für ein Fahrzeug gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung. Das Fahrassistenzverfahren 400 kann durch eine entsprechende Software implementiert werden, die durch einen oder mehrere Prozessoren (z.B. eine CPU) ausführbar ist.
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Das Fahrassistenzverfahren 400 umfasst im Block 410 ein Entkoppeln eines Lenkrads des Fahrzeugs von einem Lenksystem; im Block 420 ein Durchführen eines virtuellen Spurwechsels durch einen Fahrer und Bereitstellen entsprechender fahrerindividueller Spurwechseldaten; im Block 430 ein Koppeln des Lenkrad mit dem Lenksystem; und im Block 440 ein Durchführen eines automatisierten Spurwechsels basierend auf den fahrerindividuellen Spurwechseldaten.
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Erfindungsgemäß wird ein Spurwechselmanöver zuerst aufgezeichnet und anschließend basierend auf der Aufzeichnung automatisiert durchgeführt. Beispielsweise kann ein Fahrer des Fahrzeugs eine korrekte bzw. gewünschte Lenkradbewegung für einen Spurwechsel bereits während eines Überholvorgangs eines Fremdfahrzeugs aufzeichnen und das automatische Spurwechselmanöver dann zeitverzögert aktivieren. Insbesondere kann der reale Spurwechsel basierend auf den aufgezeichneten Informationen (z.B. Lenkwinkelgeschwindigkeit, Dauer und/oder Lenkwinkel) auf die j eweilige Kurvenkrümmung und Fahrsituation hin optimiert und abgespielt werden. Im Ergebnis kann eine verbesserte Ausführung eines automatisierten Fahrens ermöglich werden. Des Weiteren kann ein Insassenkomfort beim automatisierten Fahren verbessert werden.
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Obwohl die Erfindung im Detail durch bevorzugte Ausführungsbeispiele näher illustriert und erläutert wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen. Es ist daher klar, dass eine Vielzahl von Variationsmöglichkeiten existiert. Es ist ebenfalls klar, dass beispielhaft genannte Ausführungsformen wirklich nur Beispiele darstellen, die nicht in irgendeiner Weise als Begrenzung etwa des Schutzbereichs, der Anwendungsmöglichkeiten oder der Konfiguration der Erfindung aufzufassen sind. Vielmehr versetzen die vorhergehende Beschreibung und die Figurenbeschreibung den Fachmann in die Lage, die beispielhaften Ausführungsformen konkret umzusetzen, wobei der Fachmann in Kenntnis des offenbarten Erfindungsgedankens vielfältige Änderungen beispielsweise hinsichtlich der Funktion oder der Anordnung einzelner, in einer beispielhaften Ausführungsform genannter Elemente vornehmen kann, ohne den Schutzbereich zu verlassen, der durch die Ansprüche und deren rechtliche Entsprechungen, wie etwa weitergehenden Erläuterungen in der Beschreibung, definiert wird.