-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrsimulators für ein automatisiertes Kraftfahrzeug und einen Fahrsimulator für ein automatisiertes Kraftfahrzeug.
-
Unter dem Begriff „automatisiertes Fahren“ wird im Rahmen des Dokuments Fahren mit automatisierter Längs- und/oder Querführung verstanden. Beim automatisierten Fahren kann es sich beispielsweise um ein zeitlich längeres Fahren auf der Autobahn oder um ein zeitlich begrenztes Fahren im Rahmen des Einparkens handeln. Der Begriff „automatisiertes Fahren“ umfasst automatisiertes Fahren mit einem beliebigen Automatisierungsgrad. Beispielhafte Automatisierungsgrade sind assistiertes, teilautomatisiertes, hochautomatisiertes, vollautomatisiertes und autonomes Fahren (mit jeweils zunehmendem Automatisierungsgrad). Die vorstehend genannten fünf Automatisierungsgrade entsprechen den SAE-Level 1 bis 5 der Norm SAE J3016 (SAE - Society of Automotive Engineering). Beim assistierten Fahren (SAE-Level 1) führt das System die Längs- oder Querführung in bestimmten Fahrsituationen durch. Beim teilautomatisierten Fahren (SAE-Level 2) übernimmt das System die Längs- und Querführung in bestimmten Fahrsituationen, wobei der Fahrer das System wie beim assistierten Fahren dauerhaft überwachen muss. Beim hochautomatisierten Fahren (SAE-Level 3) übernimmt das System die Längs- und Querführung in bestimmten Fahrsituationen, ohne dass der Fahrer das System dauerhaft überwachen muss; der Fahrer muss aber in einer gewissen Zeit in der Lage sein, die Fahrzeugführung auf Anforderung durch das System zu übernehmen. Beim vollautomatisierten Fahren (SAE-Level 4) übernimmt das System die Fahrzeugführung in bestimmten Fahrsituationen, selbst wenn der Fahrer auf eine Anforderung zum Eingreifen nicht reagiert, so dass der Fahrer als Rückfallebene entfällt. Beim autonomen Fahren (SAE-Level 5) können vom System alle Aspekte der dynamischen Fahraufgabe unter jeder Fahrbahn- und Umgebungsbedingung durchgeführt werden, welche auch von einem menschlichen Fahrer beherrscht werden.
-
Es ist Aufgabe der Erfindung, einen verbesserten Fahrsimulator für ein automatisiertes Kraftfahrzeug und ein entsprechendes Verfahren anzugeben.
-
Die Aufgabe wird durch die Merkmale der unabhängigen Patentansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen sind in den abhängigen Ansprüchen beschrieben. Es wird darauf hingewiesen, dass zusätzliche Merkmale eines von einem unabhängigen Patentanspruch abhängigen Patentanspruchs ohne die Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs oder nur in Kombination mit einer Teilmenge der Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs eine eigene und von der Kombination sämtlicher Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs unabhängige Erfindung bilden können, die zum Gegenstand eines unabhängigen Anspruchs, einer Teilungsanmeldung oder einer Nachanmeldung gemacht werden kann. Dies gilt in gleicher Weise für in der Beschreibung beschriebene technische Lehren, die eine von den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche unabhängige Erfindung bilden können.
-
Ein erster Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrsimulators für ein automatisiertes Kraftfahrzeug.
-
Der Fahrsimulator ist eine Simulationssoftware oder technische Gerätschaft, die zum Simulieren des Fahrprozesses verwendet wird. Insbesondere ist der Fahrsimulator eingerichtet, eine Fahrt des automatisierten Kraftfahrzeugs in einer virtuellen Umgebung zu simulieren.
-
Bei der Fahrt des automatisierten Kraftfahrzeugs in der virtuellen Umgebung kann das automatisierte Kraftfahrzeug beispielsweise von manuell mit Hilfe von Peripheriegeräten gesteuert werden. Das automatisierte Kraftfahrzeug kann aber auch automatisch eine vorgegebene Trajektorie abfahren. Diese vorgegebene Trajektorie kann insbesondere durch Wegpunkte und/oder Geschwindigkeits- oder Beschleunigungsprofile vorgegeben sein.
-
Unabhängig von der Art der Steuerung des automatisierten Kraftfahrzeugs in der virtuellen Umgebung können Fahrerassistenzsysteme des automatisierten Kraftfahrzeugs ebenfalls simuliert und in der Simulation aktiv sein. So können beispielsweise aktive Sicherheitsfunktionen, längsführende und/oder querführende Fahrerassistenzsysteme aktiv sein.
-
Ein Schritt des Verfahrens ist das Erzeugen eines ersten Modells des automatisierten Kraftfahrzeugs. Das erste Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs umfasst dabei zumindest ein Fahrerassistenzsystem des automatisierten Kraftfahrzeugs.
-
Ein weiterer Schritt des Verfahrens ist das Erzeugen eines zweiten Modells des automatisierten Kraftfahrzeugs, wobei das zweite Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs ebenfalls das zumindest eine Fahrerassistenzsystem umfasst, und sich die Funktionsweise des zumindest einen Fahrerassistenzsystems des automatisierten Kraftfahrzeugs im zweiten Modell von der Funktionsweise des zumindest einen Fahrerassistenzsystems des automatisierten Kraftfahrzeugs unterscheidet.
-
Ein weiterer Schritt des Verfahrens ist das Ausführen einer Fahrsimulation mit dem ersten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs. Insbesondere ist die Fahrsimulation eine Fahrt des automatisierten Kraftfahrzeugs in der virtuellen Umgebung. Beispielsweise wird bei der Fahrt des automatisierten Kraftfahrzeugs in der virtuellen Umgebung das zumindest eine Fahrerassistenzsystem des automatisierten Kraftfahrzeugs genutzt.
-
Ein weiterer Schritt des Verfahrens ist das Ermitteln von Qualitätsmetriken für das erste Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit von der Fahrsimulation mit dem ersten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs.
-
Ein weiterer Schritt des Verfahrens ist das Ausführen der Fahrsimulation mit dem zweiten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs. Die Fahrsimulation, also insbesondere die Fahrt des automatisierten Kraftfahrzeugs in der virtuellen Umgebung, unterscheidet sich bei der Ausführung mit dem zweiten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs von der Ausführung mit dem ersten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs nur in der Verwendung des jeweils anderen Modells des automatisierten Kraftfahrzeugs voneinander.
-
Ein weiterer Schritt des Verfahrens ist das Ermitteln von Qualitätsmetriken für das zweite Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit von der Fahrsimulation mit dem zweiten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs.
-
Qualitätsmetriken für das erste Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs und für das zweite Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs umfassen beispielsweise
- • einen Abstand des automatisierten Kraftfahrzeugs zu einem anderen Verkehrsteilnehmer in der Fahrsimulation,
- • eine Anzahl von Über- oder Unterschreitungen eines Schwellwertes für den Abstand des automatisierten Kraftfahrzeugs zu einem anderen Verkehrsteilnehmer,
- • einen Abstand des automatisierten Kraftfahrzeugs zu einem Element der Verkehrsinfrastruktur in der Fahrsimulation,
- • eine Anzahl von Über- oder Unterschreitungen eines Schwellwertes für den Abstand des automatisierten Kraftfahrzeugs zu einem Element der Verkehrsinfrastruktur in der Fahrsimulation,
- • ein Abstand des automatisierten Kraftfahrzeugs zu einer Fahrbahnbegrenzung in der Fahrsimulation,
- • eine Anzahl von Über- oder Unterschreitungen eines Schwellwertes für den Abstand des automatisierten Kraftfahrzeugs zu einer Fahrbahnbegrenzung in der Fahrsimulation,
- • einen Abstand des automatisierten Kraftfahrzeugs von einer (berechneten) Fahrbahnmarkierung, z.B. einer Fahrbahnmittellinie, in der Fahrsimulation,
- • eine Anzahl von Über- oder Unterschreitungen eines Schwellwertes für den Abstand des automatisierten Kraftfahrzeugs zu einer (berechneten) Fahrbahnmarkierung in der Fahrsimulation,
- • eine Längsbeschleunigung des automatisierten Kraftfahrzeugs,
- • eine Anzahl von Über- oder Unterschreitungen eines Schwellwertes für die Längsbeschleunigung des automatisierten Kraftfahrzeugs,
- • eine Querbeschleunigung des automatisierten Kraftfahrzeugs und/oder
- • eine Anzahl von Über- oder Unterschreitungen eines Schwellwertes für die Querbeschleunigung des automatisierten Kraftfahzeugs.
-
In einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung umfasst das Verfahren die weiteren Schritte des Vergleichens der für das erste Modell ermittelten Qualitätsmetrik mit der für das zweite Modell ermittelten Qualitätsmetrik, und des Ausgebens des Vergleichs der für das erste Modell ermittelten Qualitätsmetrik mit der für das zweite Modell ermittelten Qualitätsmetrik.
-
Der Vergleich der für das erste Modell ermittelten Qualitätsmetrik mit der für das zweite Modell ermittelten Qualitätsmetrik ist beispielsweise eine Gegenüberstellung der jeweiligen Werte der Qualitätsmetrik.
-
Das Ausgeben des Vergleichs der für das erste Modell ermittelten Qualitätsmetrik mit der für das zweite Modell ermittelten Qualitätsmetrik umfasst beispielsweise Zeitpunkte und/oder Orte in der Fahrsimulation an denen Ereignisse auftraten, die einen Einfluss auf die ermittelte Qualitätsmetrik hatten.
-
In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung geben die Qualitätsmetriken, also die für das erste Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs ermittelte Qualitätsmetrik und die für das zweite Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs ermittelte Qualitätsmetrik, jeweils zumindest ein Maß für die Qualität des zumindest einen Fahrerassistenzsystem an.
-
In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung umfassen die Qualitätsmetriken einen Abstand des automatisierten Fahrzeugs zu einem anderen Verkehrsteilnehmer in der Fahrsimulation.
-
In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung wird das Verfahren zumindest teilweise von einem Versionsverwaltungssystem ausgeführt. Dabei umfasst das Verfahren die weiteren Schritte des Entgegennehmens eines Software-Änderungsantrags durch das Versionsverwaltungssystem, des Erkennens eines Schlüsselworts in dem Software-Änderungsantrag, und, bei erkanntem Schlüsselwort, des Ausführens des Verfahrens nach einem der vorherigen Ansprüche.
-
In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung unterscheiden sich das erste Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs und das zweite Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs funktional durch die in dem Software-Änderungsantrag beschriebene funktionale Änderung.
-
Ein zweiter Aspekt der Erfindung betrifft einen Fahrsimulator für ein automatisiertes Kraftfahrzeug, wobei der Fahrsimulator eingerichtet ist, ein erstes Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs zu erzeugen.
-
Außerdem ist der Fahrsimulator eingerichtet, ein zweites Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs zu erzeugen, wobei sich die Funktionsweise zumindest eines Fahrerassistenzsystems des automatisierten Kraftfahrzeugs im zweiten Modell von der Funktionsweise des zumindest einen Fahrerassistenzsystems des automatisierten Kraftfahrzeugs unterscheidet.
-
Außerdem ist der Fahrsimulator eingerichtet, eine Fahrsimulation mit dem ersten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs auszuführen.
-
Außerdem ist der Fahrsimulator eingerichtet, Qualitätsmetriken für das erste Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit von der Fahrsimulation mit dem ersten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs zu ermitteln.
-
Außerdem ist der Fahrsimulator eingerichtet, die Fahrsimulation mit dem zweiten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs auszuführen.
-
Außerdem ist der Fahrsimulator eingerichtet, Qualitätsmetriken für das zweite Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit von der Fahrsimulation mit dem zweiten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs zu ermitteln.
-
Die vorstehenden Ausführungen zur erfindungsgemäßen Vorrichtung nach dem ersten Aspekt der Erfindung gelten in entsprechender Weise auch für das erfindungsgemäße Verfahren nach dem zweiten Aspekt der Erfindung. An dieser Stelle und in den Patentansprüchen nicht explizit beschriebene vorteilhafte Ausführungsbeispiele des erfindungsgemäßen Verfahrens entsprechen den vorstehend beschriebenen oder in den Patentansprüchen beschriebenen vorteilhaften Ausführungsbeispielen der erfindungsgemäßen Vorrichtung.
-
Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels unter Zuhilfenahme der beigefügten Zeichnungen beschrieben. In diesen zeigen:
- 1 ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens, und
- 2 ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Fahrsimulators.
-
1 zeigt ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrsimulators (FS) für ein automatisiertes Kraftfahrzeug.
-
Ein Schritt des Verfahrens ist das Entgegennehmen (10) eines Software-Änderungsantrags durch ein Versionsverwaltungssystem, das zumindest teilweise das Verfahren ausführt.
-
Ein weiterer Schritt des Verfahrens ist das Erkennen (20) eines Schlüsselworts in dem Software-Änderungsantrag, und bei erkanntem Schlüsselwort, Ausführen des erfindungsgemäßen Verfahrens.
-
Ein weiterer Schritt des Verfahrens ist das Erzeugen (100) eines ersten Modells des automatisierten Kraftfahrzeugs.
-
Ein weiterer Schritt des Verfahrens ist das Erzeugen (200) eines zweiten Modells des automatisierten Kraftfahrzeugs, wobei sich die Funktionsweise zumindest eines Fahrerassistenzsystems des automatisierten Kraftfahrzeugs im zweiten Modell von der Funktionsweise des zumindest einen Fahrerassistenzsystems des automatisierten Kraftfahrzeugs unterscheidet.
-
Das erste Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs und das zweite Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs unterscheiden sich funktional durch die in dem Software-Änderungsantrag beschriebene funktionale Änderung voneinander.
-
Ein weiterer Schritt des Verfahrens ist das Ausführen (300) einer Fahrsimulation mit dem ersten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs.
-
Ein weiterer Schritt des Verfahrens ist das Ermitteln (400) von Qualitätsmetriken für das erste Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit von der Fahrsimulation mit dem ersten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs.
-
Ein weiterer Schritt des Verfahrens ist das Ausführen (500) der Fahrsimulation mit dem zweiten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs.
-
Ein weiterer Schritt des Verfahrens ist das Ermitteln (600) von Qualitätsmetriken für das zweite Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit von der Fahrsimulation mit dem zweiten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs.
-
Ein weiterer Schritt des Verfahrens ist das Vergleichen (700) der für das erste Modell ermittelten Qualitätsmetrik mit der für das zweite Modell ermittelten Qualitätsmetrik.
-
Ein weiterer Schritt des Verfahrens ist das Ausgeben (800) des Vergleichs der für das erste Modell ermittelten Qualitätsmetrik mit der für das zweite Modell ermittelten Qualitätsmetrik.
-
2. zeigt einen Fahrsimulator (FS) für ein automatisiertes Kraftfahrzeug, wobei der Fahrsimulator eingerichtet ist,
- • ein erstes Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs zu erzeugen (100),
- • ein zweites Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs zu erzeugen (200), wobei sich die Funktionsweise zumindest eines Fahrerassistenzsystems des automatisierten Kraftfahrzeugs im zweiten Modell von der Funktionsweise des zumindest einen Fahrerassistenzsystems des automatisierten Kraftfahrzeugs unterscheidet,
- • eine Fahrsimulation mit dem ersten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs auszuführen (300),
- • Qualitätsmetriken für das erste Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit von der Fahrsimulation mit dem ersten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs zu ermitteln (400),
- • die Fahrsimulation mit dem zweiten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs auszuführen (500), und
- • Qualitätsmetriken für das zweite Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit von der Fahrsimulation mit dem zweiten Modell des automatisierten Kraftfahrzeugs zu ermitteln (600).