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Die Erfindung betrifft berührungslose Temperaturmessung durch thermisch isolierende Schichten hindurch.
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In der Prozessautomatisierungstechnik werden zur Erfassung relevanter Prozessparameter entsprechende Feldgeräte eingesetzt. Zwecks Erfassung der jeweiligen Prozessparameter sind in den entsprechenden Feldgeräten daher geeignete Messprinzipien implementiert, um als Prozessparameter etwa einen Füllstand, einen Durchfluss, einen Druck, eine Temperatur, einen pH-Wert, ein Redoxpotential oder eine Leitfähigkeit zu erfassen. Verschiedenste Feldgeräte-Typen werden von der Firmengruppe Endress + Hauser hergestellt und vertrieben.
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Bei der Auslegung von Feldgeräten ist es unter anderem das Ziel, den Prozess bei der Messung des jeweiligen Prozessparameters möglichst nicht zu beeinflussen. Im Falle verschiedenster Prozessparameter haben sich dementsprechend berührungslose Messverfahren etabliert. TemperaturMessung erfolgt im Rahmen der Prozessautomatisierungstechnik jedoch nicht berührungslos, da entsprechende Feldgeräte bis dato standardmäßig auf dem resistiven Messprinzip basieren. Somit ist es nötig, dass zumindest der Temperatursensor des Temperaturmessgerätes in unmittelbarem Kontakt mit dem Füllgut steht. Besonders problematisch ist dies unter anderem dann, wenn der Behälter, in dem das Füllgut gelagert ist, eigentlich vollständig durch eine thermischen Isolation ausgekleidet sein muss. Beispielsweise ist dies bei Flüssiggasen der Fall, welche auf unter - 150° C heruntergekühlt sind. Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, die Temperatur von Füllgütern in Behältern berührungslos durch eine thermische Isolation hindurch bestimmen zu können.
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Die Erfindung löst diese Aufgabe durch ein Mess-System zur berührungslosen Messung einer Temperatur eines thermisch isolierten Füllgutes, das folgende Komponenten umfasst:
- - Einen Behälter, der ausgelegt ist, das Füllgut aufzunehmen, mit
- ◯ einer thermischen Isolation, welche die Behälter-Innenwand zumindest teilweise oder vollständig auskleidet bzw. das Füllgut zumindest teilweise oder vollständig umgibt, und
- - ein nach dem Radiometer-Prinzip arbeitendes Temperaturmessgerät, mit
- ◯ einer Antenne, die derart außerhalb des Behälters angeordnet und gen Füllgut gerichtet ist, um durch die Isolation hindurch innerhalb eines definierten Frequenzbereichs Wärmestrahlung des Füllgutes zu empfangen,
wobei das Temperaturmessgerät ausgelegt ist, anhand der empfangenen Wärmestrahlung gemäß des Radiometer-Prinzips die Temperatur des Füllgutes zu bestimmen.
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Die Erfindung macht sich dementsprechend einerseits zunutze, dass mittels des Radiometer-Prinzips Temperaturen von Füllgut-Oberflächen berührungslos messbar sind. Andererseits wird der Effekt ausgenutzt, dass insbesondere Kunststoff-basierter Schaumstoff oder Mineralwolle als thermische Isolation für Wärmestrahlung im Radarfrequenzbereich quasi transparent ist.
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Technisch gesehen sind höhere Frequenzbereiche tendenziell schwieriger in Radiometer-basierte Temperaturmessgeräten zu implementieren. Andererseits steigen mit höherer Frequenz die Intensität der emittierten Wärmestrahlung und die zur Verfügung stehende absolute Frequenzbandbreite, wodurch potenziell eine höhere Messempfindlichkeit erreichbar ist. Diesbezüglich besteht ein guter Kompromiss darin, wenn das Temperaturmessgerät ausgelegt ist, Wärmestrahlung des Füllgutes in einem Frequenzbereich oberhalb von 100 GHz, insbesondere oberhalb von 180 GHz, jedoch unterhalb von 500 GHz empfangen bzw. auszuwerten zu können. Technisch implementiert werden kann das Temperaturmessgerät beispielsweise als geschalteter Radiometer-Empfänger gemäß des Dicke-Prinzips, um anhand der empfangenen Wärmestrahlung die Temperatur des Füllgutes entsprechend zu ermitteln.
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Anhand der nachfolgenden Figuren wird die Erfindung näher erläutert. Es zeigt:
- 1: Ein erfindungsgemäßes Messsystem, und
- 2: ein Blockschaltbild des nach dem Radiometer-Prinzip arbeitenden Temperaturmessgerätes des Messsystems.
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Zum prinzipiellen Verständnis der Erfindung ist in 1 ein Behälter 3 mit einem Füllgut 2 gezeigt. Von der Art des Füllgutes 2 und der Prozessanlage hängen die Bedingungen im Behälter 3 ab. So kann im Falle von Flüssiggasen ein starker Überdruck und eine sehr niedrige Temperatur von unter -150° C vorherrschen. Dementsprechend ist der Behälter 3 an dessen Innenwand vollflächig mit einer thermischen Isolation 31, die beispielsweise auf einer Mineralwolle oder einem Kunststoff-basierten Schaumstoff basiert, ausgekleidet. Beispielsweise, um die Temperatur im Behälter 3 zu regeln, ist die Temperatur des Füllgutes 2 zu bestimmen. Dabei ist es aufgrund der Situation im Behälter 3 notwendig, die Temperatur berührungslos und ohne Beeinträchtigung der thermischen Isolation 31 zu messen. Hierzu ist erfindungsgemäß ein nach dem Radiometerprinzip arbeitendes Temperaturmessgerät 1 oberhalb des Füllgutes 2 am Behälter 3 angebracht.
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Erfindungsgemäß wird sich zunutze gemacht, dass die Temperatur mittels des Radiometer-Prinzips berührungslos messbar ist. Dabei beruht das Radiometer-Prinzip auf dem Effekt, dass die Intensität der vom Füllgut 2 abgestrahlten Wärmestrahlung SIR von der Temperatur des Füllgutes 2 abhängig ist. Dementsprechend erfasst das Temperaturmessgerät 1 die Intensität der Wärmestrahlung SIR über eine auf das Frequenzband ausgelegte Antenne 10. Die Antenne 10 wandelt die Wärmestrahlung SIR in ein elektrisches Signal mit entsprechender Rauschleistung. Im Anschluss an die Antenne 10 wird der Rauschleistung durch Vergleich zu einem Referenzwert die entsprechende Temperatur zugeordnet. Die messbare Wärmestrahlung SIR erstreckt sich über einen Frequenzbereich von 1 GHz bis hin zu mehreren Terahertz. Daher ist es vorteilhaft, das Radiometer-Prinzip im Temperaturmessgerät 1 schaltungstechnisch bei möglichst hohen Frequenzbändern von 100 GHz oder mehr zu implementieren, um eine optimale Messempfindlichkeit erzielen zu können.
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Das Temperaturmessgerät 1 ist druckfest am Behälter 3 befestigt bzw. ausgerichtet, beispielsweise an einem Flanschanschluss. Dabei ist die Antenne 10 in den Behälter 3 hinein vertikal nach unten gen Füllgut 2 gerichtet. Hierdurch wird die Temperatur an derjenigen Stelle der Füllgut-Oberfläche ermittelt, welche sich im Strahlkegel der Antenne 10 befindet. Neben der Antenne 10 sind auch die weiteren Komponenten des Temperaturmessgerätes 1 außerhalb des thermischen Isolation 31 bzw. komplett außerhalb des Behälters 3 angeordnet.
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Obwohl die Antenne 10 vom Füllgut 2 aus gesehen hinter der thermischen Isolation 31 angeordnet ist, kann über die Antenne 10 des Temperaturmessgerätes 1 vom Füllgut 2 ausgehende Wärmestrahlung SIR empfangen werden. Hierbei wird sich erfindungsgemäß weiterhin zunutze gemacht, dass gerade thermisch isolierende Materialien für Wärmestrahlung SIR quasi transparent sind. Dabei kann selbst derjenige geringe Rauschanteil, welcher nach Empfang der thermischen Isolation 31 zuzuordnen ist, in einer Steuer-/Auswerte-Einheit 19 nachträglich herausgerechnet werden, sofern dieser Rauschanteil z. B. durch eine Labormessung oder eine Radarmessung vorab ermittelt wird.
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Eine mögliche Umsetzung des Radiometer-Prinzips wird in 2 dargestellt: Das dortige Blockschaltbild der Radiometer-Einheit 14 spiegelt das so genannte „Dicke-Prinzip“ wider, wonach das über die Antenne 10 eingehende Wärmestrahlungs-Signal SIR zunächst mit einem Referenz-Signal sref verglichen wird. Dabei repräsentiert das Referenz-Signal sref eine definierte Referenz-Temperatur. Hierdurch ist die Temperatur an der Oberfläche des Füllgutes 2 als absoluter Wert bestimmbar. Das Referenz-Signal sref entstammt einem Referenztemperatur-Geber 11, welcher beispielsweise als Widerstand ausgelegt ist und endseitig auf Masse geschaltet ist. Um das Wärmestrahlungs-Signal SIR und das Referenz-Signal sref auswerten zu können, werden diese vor Weiterverarbeitung jeweils durch einen Verstärker 12, 12' mit niedrigem Rauschen (auch bekannt als „Low Noise Amplifier“) verstärkt.
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Der Vergleich der Signale s
ref, S
IR erfolgt mittels eines Schalters 13, welcher zyklisch abwechselnd eines der Signale S
IR, s
ref durschaltet, je nach Änderungsrate der Temperatur mit einer Schaltfrequenz zwischen 1 Hz und 10kHz. Das jeweils durchgeschaltete Signal S
IR, s
ref beinhaltet die Temperatur-Information in Form seiner Rauschleistung N, die es über das entsprechende Frequenzband integriert aufweist. Gemäß des Radiometer-Prinzips wird sich also der physikalische Zusammenhang zunutze gemacht, wonach
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Dabei entspricht B der Bandbreite des Frequenzbandes. Bei k handelt es sich um die Boltzmann-Konstante.
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Zu einer einfacheren Auswertbarkeit der Temperatur-Information wird das Signal SIR, sref bzw. deren Rauschfrequenz im Anschluss zum Schalter 13 in einem Mischer 14 durch ein Takt-Signal sclk einer Taktgeber-Einheit 15, wie beispielsweise einem Quarz-Oszillator, frequenztechnisch heruntergemischt.
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Ausgehend vom Mischer 14 sind im weiteren Signalpfad ein Bandpass 16 und ein anschließender Verstärker 17 angeordnet. Diese sind auf die Frequenz des heruntergemischten Signals angepasst und dienen gemäß dem Dicke-Fix Prinzip zur weiteren Unterdrückung von Bauteil-bedingtem Rauschen bzw. Störsignalen. Hiernach korrespondiert die Leistung des bis dorthin verarbeiteten Signals der Temperatur des Füllgutes 2. Um ein analoges DC-Auswertungs-Signal stemp zu erhalten, deren Spannung die Temperatur repräsentiert, ist dem Verstärker 17 abschließend ein entsprechender Leistungsdetektor 18 nachgeschaltet.
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Beide Signale, das resultierende zweite Auswertungs-Signal stemp und das Referenz-Signal sref werden der Steuer-/Auswerte-Einheit 19 des Temperaturmessgerätes 1 zugeführt. Durch Vergleich des Auswertungs-Signals stemp mit dem Referenz-Signal sref kann die Steuer-/Auswerte-Einheit 19 die Temperatur des Füllgutes 2 als absoluten Wert bestimmen. Wie in 2 gezeigt ist, wird auch der Umschalter 13 durch die Steuer-/Auswerte-Einheit 19 gesteuert.
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Zur Übermittlung der gemessenen Temperatur kann das Temperaturmessgerät 1 bzw. die Steuer-/Auswerte-Einheit 19 über eine separate Schnittstelle, wie etwa „4-20 mA“, „PROFIBUS“, „HART“, oder „Ethernet“ mit einer übergeordneten Einheit 4, wie z. B. einem lokalen Prozessleitsystem oder einem dezentralen Server-System verbunden werden. Somit können beispielsweise etwaige Zu- oder Abflüsse des Behälters 3 oder Kühlelemente am Behälter 3 gesteuert werden. Es können aber auch anderweitige Informationen über den allgemeinen Betriebszustand des Temperaturmessgerätes 1 kommuniziert werden.
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Allgemein wird unter dem Begriff „Einheit” im Rahmen der Erfindung prinzipiell eine separate Anordnung bzw. Kapselung derjenigen elektronischen Schaltungen verstanden, die für einen konkreten Einsatzzweck, bspw. zur Hochfrequenz-Signalverarbeitung oder als Schnittstelle vorgesehen sind. Die jeweilige Einheit kann also je nach Einsatzzweck geeignete Analogschaltungen zur Erzeugung bzw. Verarbeitung entsprechender analoger Signale umfassen. Die Einheit kann jedoch auch Digitalschaltungen, wie FPGA's, Microcontroller oder Speichermedien in Zusammenwirken mit entsprechenden Programmen umfassen. Dabei ist das Programm ausgelegt, die erforderlichen Verfahrensschritte durchzuführen bzw. die notwendigen Rechenoperationen anzuwenden. In diesem Kontext können verschiedene elektronische Einheiten prinzipiell auch auf einen gemeinsamen physikalischen Speicher zurückgreifen bzw. mittels derselben physikalischen Digitalschaltung betrieben werden. Dabei ist es außerdem nicht relevant, ob verschiedene elektronische Schaltungen innerhalb der jeweiligen Einheit auf einer gemeinsamen Leiterkarte oder auf mehreren, verbundenen Leiterkarten angeordnet sind.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Radiometer-basiertes Temperaturmessgerät
- 2
- Füllgut
- 3
- Behälter
- 4
- Übergeordnete Einheit
- 10
- Antenne
- 11
- Referenztemperatur-Geber
- 12,12'
- Low Noise Amplifier
- 13
- Umschalter
- 14
- Mischer
- 15
- Taktgeber-Einheit
- 16
- Bandpassfilter
- 17
- Verstärker
- 18
- Leistungsdetektor
- 19
- Steuer-/Auswerte-Einheit
- h
- Einbauhöhe
- SIR
- Wärmestrahlung
- sclk
- Takt-Signal
- sref
- Referenztemperatur-Signal
- stemp
- Auswertungs-Signal