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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Optimieren der chemischen Zusammensetzung eines Werkstoffs, vorzugsweise eines zum Stranggießen verwendeten metallischen Materials.
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Beim Betrieb von Stranggießanlagen entspricht es dem Stand der Technik, den Gießstrang nach dem Austreten aus der Kokille in der sogenannten Sekundärkühlung einer stützenden Strangführung solcher Anlagen abzukühlen, bis eine vollständige Erstarrung des Gießstrangs erreicht ist. Dieser Abkühlvorgang spielt eine wichtige Rolle für die resultierende Qualität des Gießstrangs und der daraus erzeugten Produkte. Die vollständige Erstarrung des Gießstrangs sollte innerhalb der stützenden Strangführung liegen, die den Gießstrang mit noch flüssigem Kern stützt, erreicht werden.
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Der Betrieb der Sekundärkühlung einer Stranggießanlage wird in der Regel mit Sprüh- bzw. Kühlwasser realisiert, wobei die Wassermenge, die auf die Oberflächen des Gießstrangs ausgebracht wird, unter Vorgabe von Solltemperaturkurven eingestellt wird. Der Verlauf dieser Solltemperaturkurven kann je nach Werkstoff des zu vergießenden Materials, und z.B. in Abhängigkeit von bestimmten Kühlzonen der stützenden Strangführung und/oder der Gießgeschwindigkeit variieren. Beim Stranggießen bestimmt eine Solltemperaturkurve die Sollwerte für die zu erreichende Oberflächentemperatur, die der Strang innerhalb der stützenden Strangführung erreicht, z.B. am Ende von einzelnen Kühlzonen, die Teil dieser stützenden Strangführung sind. Die Spritzwassermengen der Sekundärkühlung werden dabei so geregelt, dass diese Zielwerte erreicht werden.
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Aus
EP 2 346 631 B1 sind ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Steuerung der Erstarrung eines Gießstrangs in einer Stranggießanlage beim Anfahren des Gießprozesses bekannt. Hierbei ist eine Stranggießanlage mit einem Prozessrechner ausgestattet, auf dem eine erste Software und eine zweite Software installiert sind. Die erste Software rechnet in Echtzeit und regelt, in bekannter Weise, den Gießprozess, der mit der Stranggießanlage durchgeführt wird. Mittels der zweiten Software, die im Vergleich zur ersten Software eine größere Berechnungsgeschwindigkeit hat, werden während der Anfangsphase eines neu einsetzenden Gießprozesses oder bei einer Parameteränderung des aktuell laufenden Gießprozesses auf Grundlage einer Verarbeitung von aktuell gewonnenen Daten aus dem laufenden Gießprozess und/oder auf Grundlage von in einer Datenbank gespeicherten Daten zunächst Korrekturfaktoren erzeugt, wobei dann die zweite Software mit diesen Korrekturfaktoren korrigierte Solldaten für den Gießprozess erzeugt und an die erste Software überspielt.
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Nach dem Stand der Technik ist es ferner bekannt, zur Temperatur- und Sumpfspitzenberechnung in einem eingebundenen oder angeknüpften Materialmodell für die aktuell vergossene Analyse die benötigten Materialeigenschaften zu berechnen und dann bei der Temperaturberechnung zu benutzen. In diesem Zusammenhang ist z.B. aus
DE 10 2019 208 736 A1 ein Verfahren bekannt, bei dem die Prozessparameter für den aktuellen Guss durch die Nutzung einer zweiten Software so verbessert werden, dass damit die Rissgefahr des aktuell erzeugten Stranges vermindert werden kann.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine insbesondere für das Stranggießen von Metallen geeignete Technologie zu schaffen, mit der eine chemische Zusammensetzung eines Werkstoffs optimiert werden kann, um damit insbesondere das Rissrisiko von aus diesem Werkstoff erzeugten Produkten zu vermindern.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen von Anspruch 1 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen definiert.
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Ein Verfahren gemäß der vorliegenden Erfindung dient zum Optimieren der chemischen Zusammensetzung eines Werkstoffs, vorzugsweise eines zum Stranggießen verwendeten metallischen Materials. Ein solches Verfahren umfasst die Schritte:
- (i) Erfassen einer chemischen Zusammensetzung für einen bestimmten Werkstoff oder Abrufen einer erstellten chemischen Zusammensetzung für einen bestimmten Werkstoff aus einer Datenbank, wobei für jeden chemischen Bestandteil des Werkstoffs ein zulässiger Grenzbereich besteht, der durch zulässige Obergrenzen und Untergrenzen definiert ist,
- (ii) Verändern von zumindest einem chemischen Bestandteil des Werkstoffs von Schritt (i) innerhalb des zulässigen Grenzbereichs,
- (iii) Berechnen von zumindest einer Zielfunktion in Form einer Werkstoff- und/oder Gefügeeigenschaft des Werkstoffs mittels eines Werkstoff-Berechnungsmodells auf Grundlage der gemäß Schritt (ii) veränderten chemischen Zusammensetzung des Werkstoffs,
- (iv) Vergleichen der gemäß Schritt (iii) berechneten Zielfunktion mit einem vorbestimmten zulässigen Zielbereich der Zielfunktion,
- (v) falls die Überprüfung gemäß Schritt (iv) ergibt, dass die berechnete Zielfunktion innerhalb des vorbestimmten zulässigen Zielbereichs liegt: Abspeichern der gemäß Schritt (ii) veränderten chemischen Zusammensetzung in einer Datenbank, um damit für den Werkstoff eine neue Soll-Zusammensetzung zu definieren,
- (vi) falls die Überprüfung gemäß Schritt (iv) ergibt, dass die berechnete Zielfunktion außerhalb des vorbestimmten zulässigen Zielbereichs liegt: Abspeichern des berechneten Werts für die Zielfunktion und der gemäß Schritt (ii) veränderten chemischen Zusammensetzung für den Werkstoff, und weiter mit Schritt (vii),
- (vii) falls die gemäß Schritt (ii) veränderte chemische Zusammensetzung des Werkstoffs innerhalb des zulässigen Grenzbereichs weiter verändert werden kann: Verändern von zumindest einem chemischen Bestandteil des Werkstoffs innerhalb des zulässigen Grenzbereichs, und zurück zu Schritt (iii); anderenfalls weiter mit Schritt (viii),
- (viii) Auswählen einer gemäß Schritt (ii) veränderten chemischen Zusammensetzung, bei der die gemäß Schritt (iii) berechnete Zielfunktion den geringsten Abstand zum vorbestimmten zulässigen Zielbereich aufweist, und Abspeichern dieser veränderten chemischen Zusammensetzung in einer Datenbank, um damit für den Werkstoff eine neue Soll-Zusammensetzung zu definieren.
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An dieser Stelle wird gesondert darauf hingewiesen, dass das Merkmal „chemische Zusammensetzung“, mit der ein bestimmter Werkstoff in Bezug auf seine einzelnen chemischen Bestandteile definiert ist, im Sinne der vorliegenden Erfindung auch als „Analyse“ bezeichnet wird. Dies bedeutet, dass die Begriffe „chemische Zusammensetzung“ und „Analyse“ im Sinne der vorliegenden Erfindung als Synonyme zu verstehen sind und jeweils die chemischen Bestandteile und deren Menge bzw. Gewichtsanteile definieren, mit denen ein bestimmter Werkstoff definiert ist.
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Eine Variante eines Verfahrens gemäß der vorliegenden Erfindung, der eine eigenständige Bedeutung zukommt und die ebenfalls zum Optimieren der chemischen Zusammensetzung eines Werkstoffs, vorzugsweise eines zum Stranggießen verwendeten metallischen Materials dient, sieht folgende Schritte vor:
- (i) Erfassen einer chemischen Zusammensetzung für einen bestimmten Werkstoff oder Abrufen einer erstellten chemischen Zusammensetzung für einen bestimmten Werkstoff aus einer Datenbank, wobei für jeden chemischen Bestandteil des Werkstoffs ein zulässiger Grenzbereich besteht, der durch zulässige Obergrenzen und Untergrenzen definiert ist,
- (ii) Berechnen von zumindest einer Zielfunktion in Form einer Werkstoff- und/oder Gefügeeigenschaft des Werkstoffs mittels eines Werkstoff-Berechnungsmodells auf Grundlage der chemischen Zusammensetzung des Werkstoffs,
- (iii) Vergleichen der gemäß Schritt (ii) berechneten Zielfunktion mit einem vorbestimmten zulässigen Zielbereich der Zielfunktion,
- (iv) falls der Vergleich gemäß Schritt (iii) ergibt, dass die berechnete Zielfunktion außerhalb des vorbestimmten zulässigen Zielbereichs liegt: Abspeichern des berechneten Werts für die Zielfunktion und der chemischen Zusammensetzung für den Werkstoff gemäß Schritt (i), und weiter mit Schritt (v);
- (v) falls die chemische Zusammensetzung des Werkstoffs innerhalb des zulässigen Grenzbereichs verändert werden kann: Verändern von zumindest einem chemischen Bestandteil des Werkstoffs innerhalb des zulässigen Grenzbereichs, und weiter zu Schritt (vi); anderenfalls weiter mit Schritt (ix),
- (vi) Wiederholen der Schritte (ii) und (iii) mit der Maßgabe, dass das Berechnen von zumindest einer Zielfunktion in Form einer Werkstoff- und/oder Gefügeeigenschaft des Werkstoffs gemäß Schritt (ii) auf Grundlage der in Schritt (v) veränderten chemischen Zusammensetzung des Werkstoffs erfolgt, und weiter mit Schritt (vii),
- (vii) falls der erneute Vergleich gemäß Schritt (iii) ergibt, dass die berechnete Zielfunktion innerhalb des vorbestimmten zulässigen Zielbereichs liegt: Abspeichern der gemäß Schritt (v) veränderten chemischen Zusammensetzung in einer Datenbank, um damit für den Werkstoff eine neue Soll-Zusammensetzung zu definieren; ansonsten weiter mit Schritt (viii),
- (viii) falls der erneute Vergleich gemäß Schritt (iii) ergibt, dass die berechnete Zielfunktion außerhalb des vorbestimmten zulässigen Zielbereichs liegt: Abspeichern des berechneten Werts für die Zielfunktion und der gemäß Schritt (v) veränderten chemischen Zusammensetzung für den Werkstoff, und Wiederholung von Schritt (v),
- (ix) Auswählen einer chemischen Zusammensetzung, bei der die gemäß Schritt (ii) berechnete Zielfunktion den geringsten Abstand zum vorbestimmten zulässigen Zielbereich aufweist, und Abspeichern dieser veränderten chemschen Zusammensetzung in einer Datenbank, um damit für den Werkstoff eine neue Soll-Zusammensetzung zu definieren.
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Die vorliegende Erfindung beruht auf der Erkenntnis, dass ein Werkstoff, vorzugsweise ein metallisches Material, welches zum Stranggießen verwendet wird, nicht durch einen exakten Analysegehalt definiert ist. Dies bedeutet, dass es für jeden Analysenbestandteil, d.h. für jeden chemischen Bestandteil (z.B. C, Si, Mn, P, S, Cr, Ni, Mo, Cu, Al, Ti, V, Nb, Pb, Bi, Co, W, B und/oder N) eines solchen Werkstoffs jeweils eine Obergrenze und eine Untergrenze gibt, wobei mit diesen Ober- und Untergrenzen jeweils ein zulässiger Grenzbereich definiert wird.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die wesentliche Erkenntnis zugrunde, dass es mittels des Werkstoff-Berechnungsmodells, welches im Schritt (iii) (bzw. im Schritt ii der genannten Variante) zum Einsatz kommt, möglich ist, zumindest eine Zielfunktion für einen Werkstoff in Form einer Werkstoff- und/oder Gefügeeigenschaft zu berechnen, nämlich auf Grundlage der chemischen Zusammensetzung des Werkstoffs und vorzugsweise unabhängig von den aktuellen Prozessbedingungen eines Stranggießens, mit dem aus dem Werkstoff ein Zwischen- oder Endprodukt hergestellt wird. Im Anschluss daran wird dann im Schritt (iv) (bzw. im Schritt iii der genannten Variante) das Ergebnis dieser berechneten Zielfunktion, d.h. zumindest eine berechnete Werkstoff- und/oder Gefügeeigenschaft mit einem vorbestimmten zulässigen Zielbereich verglichen, wobei in Abhängigkeit des Ergebnisses hiervon dann das Verfahren entweder mit Schritt (v) oder mit Schritt (vi) (bzw. bei der genannten Variante: mit Schritt iv) fortgesetzt wird. In dieser Weise erfolgt ein Optimieren der Materialanalyse des Werkstoffs im Hinblick auf zumindest eine Zielfunktion hiervon.
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In Bezug auf den Schritt (i) des erfindungsgemäßen Verfahrens darf an dieser Stelle bereits darauf hingewiesen werden, dass hierbei entweder eine chemische Zusammensetzung für einen bestimmten Werkstoff geeignet erfasst wird, zum Beispiel messtechnisch, oder eine bereits erstellte chemische Zusammensetzung für einen bestimmten Werkstoff, die in einer Datenbank hinterlegt ist, aus dieser Datenbank abgerufen wird.
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In vorteilhafter Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens werden für den Fall, dass die Bedingung von Schritt (v) erfüllt wird, die damit für den Werkstoff definierte neue Soll-Zusammensetzung für den Schritt (i) verwendet und dann die Schritte (ii) bis (v) zumindest einmal, vorzugsweise mehrfach, wiederholt. In gleicher Weise kann vorgesehen sein, dass nach Durchführung des Schritts (viii) die damit für den Werkstoff definierte neue Soll-Zusammensetzung für den Schritt (i) verwendet wird und auf Grundlage dessen dann eine Fortsetzung des Verfahrens mit Schritt (ii) erfolgt.
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Wie vorstehend bereits erläutert, ist nach einer vorteilhaften Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens vorgesehen, dass es unabhängig von aktuellen Prozessbedingungen für den Werkstoff während der Herstellung eines metallischen Produkts aus diesem Werkstoff durchgeführt wird. In dieser Weise ist es möglich, dass die gewünschte Optimierung im Hinblick auf eine Zusammensetzung des Werkstoffs in Bezug auf zumindest einen chemischen Bestandteil hiervon nicht durch aktuelle Prozessbedingungen beispielsweise eines Stranggießens oder dergleichen nachteilig beeinflusst wird. Hiermit wird eine Qualitätsverbesserung erreicht, entweder bereits für einen aktuellen Guss oder für einen zukünftigen Guss, beispielsweise zur Bestimmung und vorzugsweise zur Minimierung einer möglichen Rissgefahr.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann für Dick- oder Dünnbrammenanlagen sowie Knüppel-, Vorblock- und/oder Rundanlagen angewendet werden.
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In vorteilhafter Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann dieses für eine chemische Zusammensetzung innerhalb der zulässigen Grenzbereiche eines Werkstoffs, eine aktuell vergossene chemischen Zusammensetzung eines Werkstoffs oder für eine chemische Zusammensetzung eines zukünftig zu vergießenden Werkstoffs durchgeführt werden.
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Für zukünftig zu vergießende Werkstoffe kann beispielsweise das Rissrisiko bereits durch geringe Analysenänderungen vermindert und so die Strangqualität verbessert werden. Jedenfalls werden erfindungsgemäß die Analysebestandteile hierbei derart variiert, dass die berechneten Werte der Zielfunktion in einem zulässigen Zielbereich liegen. Falls dieser zulässige Zielbereich nicht erreicht wird, so wird die Analysenzusammensetzung mit der geringsten Abweichung zum Zielbereich benutzt, wie es durch den Schritt (viii) (bzw. in Schritt ix der genannten Variante) definiert ist.
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In vorteilhafter Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens können gemäß der Berechnung von zumindest einer Zielfunktion in Schritt (iii) (bzw. in Schritt ii der genannten Variante) folgende Werkstoff- und/oder Gefügeeigenschaften des Werkstoffs berechnet und ggf. verbessert bzw. optimiert werden:
- • Verlauf der Hauptphasen (Schmelze, Austenit, Ferrit und Zementit),
- • Verlauf von Enthalpie, Dichte, Wärmeleitzahl und Wärmeausdehnung insbesondere als Funktion der Temperatur,
- • Vergleich von Enthalpie oder Dichte oder Wärmeleitzahl für unterschiedliche chemischen Zusammensetzungen,
- • Verlauf von Ausscheidungsphasen insbesondere als Funktion der Temperatur,
- • Klassifizierer zur Zuordnung eines Duktilitätsverlaufes,
- • Lage und Größe des spröden Temperaturbereiches,
- • Wärmekontraktion,
- • Zunderwachstumsgeschwindigkeit für das Material mit der gegebenen chemischen Zusammensetzung,
- • Neigung zur globulitischen Erstarrung, und/oder
- • ZTU-Diagramm der chemischen Zusammensetzung für unterschiedliche Austenitkorngrößen.
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Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann vorgesehen sein, dass in Schritt (iii) (bzw. in Schritt ii der genannten Variante) mehrere Zielfunktionen für den Werkstoff gleichzeitig berechnet werden.
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In Bezug auf die vorstehend erläuterte vorteilhafte Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann es zweckmäßig sein, dass zumindest einer ausgewählten Zielfunktion eine größere Gewichtung zugeordnet wird als im Vergleich zu anderen Zielfunktionen. Falls mehrere Zielfunktionen gleichzeitig optimiert werden sollen, kann somit ein Nutzer entscheiden, welche Zielfunktion am stärksten gewichtet werden soll. Beispielsweise sind bei Problemen mit Oberflächenrissen die Duktilität und die Ferritumwandlung maßgeblich, bei Innenrissen hingegen die Lage und Größe des spröden Temperaturbereiches sowie die Neigung zu einer globulitischen Erstarrung.
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In vorteilhafter Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann das Erfassen der chemischen Ist-Zusammensetzung für einen Werkstoff messtechnisch erfolgen, insbesondere an einer Position einer zugehörigen Produktionsanlage, an welcher vorzugsweise eine Veränderung der chemischen Zusammensetzung bzw. der zugehörigen Komponenten des Werkstoffs noch möglich ist. Dies kann im Sinne der vorliegenden Erfindung dahingehend verstanden werden, dass während der Stahlerzeugung an einer Position, an der die Analyse des Werkstoffs zuletzt noch geändert werden kann (Konditionierungsstand), eine Probe gezogen wird. Für diese gemessene Analyse werden nun die Werkstoff- und Gefügeeigenschaften des Werkstoffs berechnet und optimiert. Durch die Zuführung von Legierungselementen kann nun die Analyse, d.h. die chemische Zusammensetzung des Werkstoffs noch so verändert werden, dass im nachfolgenden Gießprozess die Zielfunktionen im zulässigen Zielbereich bleiben, bzw. die Abweichung zum zulässigen Zielbereich möglichst gering wird.
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In vorteilhafter Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann das Verändern von zumindest einem chemischen Bestandteil des Werkstoffs gemäß Schritt (ii) derart erfolgen, dass eine im Schritt (iii) berechnete Zielfunktion innerhalb des vorbestimmten zulässigen Zielbereichs verbleibt oder eine im Schritt (viii) festgestellte Abweichung der Zielfunktion vom vorbestimmten zulässigen Zielbereich einen möglichst geringen Wert annimmt. Mutatis mutandis gilt dies auch für das Verfahren gemäß der vorstehend genannten Variante, nämlich dort in Bezug auf den Schritt (v).
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In vorteilhafter Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann das Verändern von zumindest einem chemischen Bestandteil des Werkstoffs gemäß Schritt (ii) (bzw. im Schritt (v) der genannten Variante) sich auf ein Legierungselement des Werkstoffs beziehen. Vorzugsweise kann ein solches Verändern von zumindest einem chemischen Bestandteil des Werkstoffs gemäß Schritt (ii) (bzw. im Schritt (v) der genannten Variante) ein Hinzufügen eines weiteren Legierungselements und/ oder ein Verändern der Menge eines bereits verwendeten Legierungselements betreffen. Solche Legierungselemente können aus dem Elementen C, Si, Mn, P, S, Cr, Ni, Mo, Cu, Al, Ti, V, Nb, Pb, Bi, Co, W, B und/oder N bestehen.
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In vorteilhafter Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann die neue Soll-Zusammensetzung für den Werkstoff, die gemäß Schritt (v) oder Schritt (viii) definiert wird, zur Steuerung und/oder Regelung von Prozessparametern eines Prozesses zur Herstellung eines metallischen Produkts, insbesondere durch Stranggießen, berücksichtigt werden. Mutatis mutandis gilt dies auch für das Verfahren gemäß der vorstehend genannten Variante, nämlich dort in Bezug auf die Schritte (vii) oder (ix).
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Beispielsweise können für eine aktuell vergossene Analyse diese Werkstoff- und/oder Gefügeeigenschaften auch direkte Steuerung und/oder zur Regelung der Prozessparameter beim Stranggießen benutzt werden, um dadurch die Strangqualität zu verbessern
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In vorteilhafter Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens können dessen Schritte (ii) bis (iv) wiederholt durchgeführt werden, wobei zumindest ein chemischer Bestandteil des Werkstoffs innerhalb des zulässigen Grenzbereichs verändert wird, um die berechnete Zielfunktion zu optimieren, und die veränderte chemische Zusammensetzung, mit der die optimierte Zielfunktion erreicht worden ist, in der Datenbank abgespeichert wird.
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Die vorliegende Erfindung betrifft ebenfalls ein Verfahren zum Herstellen eines metallischen Produkts aus einem Werkstoff, insbesondere zur Herstellung eines Gießstrangs in einer Stranggießanlage, bei dem zumindest ein chemischer Bestandteil des Werkstoffs durch die Berechnung von zumindest einer zugehörigen Zielfunktion des Werkstoffs in Form einer Werkstoff- und/oder Gefügeeigenschaft in der vorstehend erläuterten Weise optimiert wird.
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Die vorliegende Erfindung zeichnet sich dadurch aus, dass sich mit einer bereits geringen Änderung von zumindest einem chemischen Bestandteil des Werkstoffs innerhalb eines zulässigen Grenzbereichs eine Qualitätsverbesserung für aus diesem Werkstoff hergestellte Produkte erreichen lässt. Solche Qualitätsverbesserungen können mit folgenden Merkmalen verbunden sein:
- - Verbesserung des Ausscheidungsverhaltens, z.B. Optimierung von Ausscheidungsphasen,
- - Berechnung und Verschiebung des spröden Temperaturbereiches, insbesondere Verkleinerung des spröden Temperaturbereiches,
- - Verminderung der Wärmekontraktion,
- - veränderte Zunderphasen (z.B. weniger Fayalit), und/oder Berechnung und Optimierung der Zunderbildung,
- - Änderung der Umwandlungskinetik von Austenit im ZTU-Diagramm,
- - Berechnung und Optimierung der globulitischen Erstarrung, z.B. Erhöhung des globulitischen Gefügeanteils,
- - Berücksichtigung einer gesamten Zunderdicke auf der Oberfläche eines Gießstrangs, einschließlich ggf. vorhandener Zunderphasen,
- - Berechnung und Optimierung von ZTU-Schaubildern und deren Nutzung,
- - Mögliches ZTU-Diagramm für eine lokal vorhandene Austenitkorngröße, und/oder
- - Auswahl von Duktilitätskurven und/oder bestmögliche Zuordnung einer vorhandenen Duktilitätskurve.
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Weitere Vorteile der vorliegenden Erfindung ergeben sich durch folgende Aspekte bzw. Merkmale:
- - Qualitätsverbesserung beim Stranggießen auf Dick- oder Dünnbrammenanlagen sowie auf Knüppel-, Vorblock- oder Rundanlagen durch Berechnung und Zusammenfügung unterschiedlicher Materialeigenschaften einer hinterlegten Standard-, der aktuell vergossenen oder einer zukünftig zu vergießenden Analyse.
- - Qualitätsverbesserung beim Stranggießen, wobei durch geringe Änderungen einer zukünftig zu vergießenden Analyse innerhalb der Analysegrenzen die Rissanfälligkeit und/oder Innenqualität verbessert wird.
- - Verbesserung der Temperaturberechnung durch die Verwendung der Calphad-Methode zur Bestimmung der Phasengrenzen (Liquidustemperatur, Solidustemperatur, Umwandlungstemperaturen von Delta-, Alpha- und Gamma-Eisen-Phasen) für die aktuelle oder eine zukünftig zu vergießende Analyse.
- - Verbesserung der Temperaturberechnung durch die Verwendung der berechneten Phasengrenzen zur Bestimmung der Enthalpie, Dichte und Wärmeleitfähigkeit als Funktion der Temperatur für die aktuelle oder eine zukünftig zu vergießende Analyse.
- - Qualitätsverbesserung einer zukünftig zu vergießende Analyse durch den Vergleich von Enthalpie und/oder Dichte und/oder Wärmeleitfähigkeit für unterschiedliche Analysen. Durch geringe Analyseänderungen kann das Materialverhalten des zu vergießenden Werkstoffes geändert und optimiert werden.
- - Verringerung der operativen Kosten der Stahlproduktion durch das Ersetzen von teuren Legierungselementen durch günstigere Elemente bei gleichbleibenden Materialeigenschaften.
- - Qualitätsverbesserung durch die Berechnung von Ausscheidungsphasen als Funktion der Temperatur. Bei einer zukünftig zu vergießenden Analyse kann durch geringe Analyseänderungen das Rissrisiko vermindert werden. Bei der aktuell vergossenen Analyse kann durch eine Änderung der Temperaturführung das Auftreten von Ausscheidungen und das damit verbundene Rissrisiko zum Beispiel aus dem risskritischen Richtbereich heraus verschoben werden.
- - Vermeidung von Oberflächenrissen durch Klassifizierung und Zuordnung eines Duktilitätsverlaufes aus einem Pool von gemessenen Duktilitäten, der mit der aktuellen Analyse am besten übereinstimmt.
- - Qualitätsverbesserung durch die Berechnung des spröden Temperaturbereiches. Für eine zukünftig zu vergießende Analyse kann durch geringe Analyseänderungen dieser risskritische Temperaturbereich verkleinert und so die Gefahr von Innenrissen vermindert werden.
- - Qualitätsverbesserung durch die Berechnung der Wärmekontraktion. Für eine zukünftig zu vergießende Analyse kann durch eine geringe Änderung der Analysen im Rahmen der Analysegrenzen die Wärmekontraktion vermindert und so das Rissrisiko verkleinert werden.
- - Verbesserung der bei einem Entzunderer benötigten Wasserdrücke durch eine Berechnung der sich ausbildenden Zunderarten und Zunderschichtdicken.
- - Verminderung der Seigerungsfehler durch eine Erhöhung des globulitischen Gefügeanteils. Bei einer zukünftig zu vergießenden Analyse wird durch geringe Analyseänderungen der globulitische Gefügeanteil erhöht.
Und/oder: - - Verbesserte Temperaturberechnung durch die Nutzung von lokal berechneten Austenitkorngrößen zur Bestimmung des zugehörigen ZTU-Schaubildes und damit zur Bestimmung der lokal vorhandenen Umwandlungstemperaturen.
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Nachstehend sind Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand einer schematisch vereinfachten Zeichnung im Detail beschrieben.
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Es zeigen:
- 1 ein Ablaufdiagramm eines erfindungsgemäßen Verfahrens gemäß einer ersten Ausführungsform,
- 2 ein Ablaufdiagramm eines erfindungsgemäßen Verfahrens gemäß einer zweiten Ausführungsform,
- 3 eine Tabelle mit Grenzwerten von Bestandteilen einer chemischen Zusammensetzung für einen Stahl vom Typ „Low-Carbon“,
- 4 Diagramme für Ausscheidungsphasen für einen Werkstoff mit jeweils verschiedenen Anteilen von Stickstoff,
- 5 ein Diagramm zur Darstellung der Wärmekontraktion eines Werkstoffs bei Variation von dessen Kohlenstoffgehalt,
- 6 eine tabellarische Übersicht für Minimal- und Maximalwerte eines zulässigen Grenzbereichs für chemische Bestandteile eines Werkstoffs, in Verbindung mit einem Diagramm zur Darstellung der Wärmekontraktion eines Werkstoffs,
- 7 ein Diagramm zur Darstellung des Erstarrungsverhaltens eines Werkstoffs für unterschiedliche Gehalte an dem Bestandteil Titan, und
- 8 ZTU-Diagramme für einen Werkstoff mit unterschiedlichen Gehalten an Mangan.
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Nachstehend ist unter Bezugnahme auf die 1 bis 8 ein erfindungsgemäßes Verfahren erläutert, bei dem es möglich ist, die chemische Zusammensetzung eines Werkstoffs insbesondere zur Verbesserung der Rissempfindlichkeit eines hieraus hergestellten Produkts zu optimieren. Der Einsatz dieses Verfahrens ist insbesondere im Zusammenhang mit dem Stranggießen eines metallischen Materials von Vorteil.
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In 1 ist ein Diagramm für den Ablauf eines erfindungsgemäßen Verfahrens nach einer ersten Ausführungsform gezeigt. Im Einzelnen umfasst dieses Verfahren folgende Schritte:
- - In einem Schritt (i) wird eine chemische Zusammensetzung für einen bestimmten Werkstoff - vorzugsweise messtechnisch - erfasst, oder es wird eine bereits erstellte chemische Zusammensetzung für einen bestimmten Werkstoff aus einer Datenbank abgerufen. Jedenfalls besteht für jeden chemischen Bestandteil des Werkstoffs ein zulässiger Grenzbereich, der durch zulässige Obergrenzen und Untergrenzen definiert ist. (= Schritt S1).
- - In einem Schritt (ii) wird zumindest ein chemischer Bestandteil des Werkstoffs von Schritt (i) innerhalb des zulässigen Grenzbereichs verändert. (= Schritt S2).
- - In einem Schritt (iii) erfolgt ein Berechnen von zumindest einer Zielfunktion in Form einer Werkstoff- und/oder Gefügeeigenschaft des Werkstoffs mittels eines Werkstoff-Berechnungsmodells auf Grundlage der gemäß Schritt (ii) veränderten chemischen Zusammensetzung des Werkstoffs. (= Schritt S3).
- - In einem Schritt (iv) erfolgt ein Vergleichen der gemäß Schritt (iii) berechneten Zielfunktion mit einem vorbestimmten zulässigen Zielbereich der berechneten Zielfunktion. (= Schritt S4).
- - In einem Schritt (v) erfolgt, falls die Überprüfung gemäß Schritt (iv) ergibt, dass die berechnete Zielfunktion innerhalb des vorbestimmten zulässigen Zielbereichs liegt, dann ein Abspeichern der gemäß Schritt (ii) veränderten chemischen Zusammensetzung in einer Datenbank, um damit für den Werkstoff eine neue Soll-Zusammensetzung zu definieren. (= Schritt S5).
- - In einem Schritt (vi) erfolgt, falls die Überprüfung gemäß Schritt (iv) ergibt, dass die berechnete Zielfunktion außerhalb des vorbestimmten zulässigen Zielbereichs liegt, dann ein Abspeichern des berechneten Werts für die Zielfunktion und der gemäß Schritt (ii) veränderten chemischen Zusammensetzung für den Werkstoff (= Schritt S6), wobei das Verfahren dann zu Schritt (vii) übergeht.
- - In einem Schritt (vii) erfolgt, falls die gemäß Schritt (ii) veränderte chemische Zusammensetzung des Werkstoffs innerhalb des zulässigen Grenzbereich weiter verändert werden kann, dann ein Verändern von zumindest einem chemischen Bestandteil des Werkstoffs innerhalb des zulässigen Grenzbereichs (= Schritt S7), wobei das Verfahren dann zu Schritt (iii) zurückspringt. Andernfalls wird das Verfahren mit Schritt (viii) fortgesetzt.
- - In einem Schritt (viii) erfolgt ein Auswählen einer gemäß Schritt (ii) veränderten chemischen Zusammensetzung, bei der die gemäß Schritt (iii) berechnete Zielfunktion den geringsten Abstand zum vorbestimmten zulässigen Zielbereich aufweist, wobei diese veränderte chemische Zusammensetzung in einer Datenbank abgespeichert wird, um damit für den Werkstoff eine neue Soll-Zusammensetzung zu definieren. (= Schritt S8).
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Mit dem vorstehend genannten Verfahren ist es möglich, für eine erfasste bzw. aus einer Datenbank abgerufene chemische Zusammensetzung für einen bestimmten Werkstoff unterschiedliche Werkstoff- und/oder Gefügeeigenschaften dieses Werkstoffs gemäß Schritt S3 zu berechnen und dann mittels der Schritte S4 ff. geeignet zu optimieren. Wie bereits an anderer Stelle erläutert, kann dies bei einem aktuellen Guss oder für einen zukünftigen Guss zu einer Qualitätsverbesserung führen.
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Unter Berücksichtigung der gepunkteten Linie, die in 1 vom Schritt S5/S8 (= „Abspeichern als neue Sollanalyse für diesen Werkstoff“) zurück zum Schritt S1 führt, ist in 1 eine weitere Ausführungsform für das erfindungsgemäße Verfahren gezeigt. Die besagte gepunktete Linie ist dahingehend zu verstehen, dass nun von dem Schritt S5/S8, bei dem es zum Abspeichern einer neuen Soll-Zusammensetzung für den Werkstoff („neue Sollanalyse“) kommt, dann ein Rücksprung zum Schritt S1 vorgesehen ist. Dies bedeutet, dass die berechneten Werte für diese neue Soll-Zusammensetzung dann in einer Datenbank abgespeichert werden und anschließend die Datengrundlage für den Schritt S1 bilden, wobei im Anschluss daran gemäß Schritt S2 zunächst zumindest ein chemischer Bestandteil des Werkstoffs innerhalb des zulässigen Grenzbereichs verändert wird, und sodann die weiteren Schritte (S3 etc.) durchgeführt werden.
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Nachstehend ist unter Bezugnahme auf die 2 ein Flussdiagramm für ein erfindungsgemäßes Verfahren gemäß einer weiteren Ausführungsform gezeigt und erläutert.
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Das Verfahren gemäß 2 umfasst im Einzelnen die folgenden Schritte:
- (i) Erfassen einer chemischen Zusammensetzung für einen bestimmten Werkstoff oder Abrufen einer erstellten chemischen Zusammensetzung für einen bestimmten Werkstoff aus einer Datenbank, wobei für jeden chemischen Bestandteil des Werkstoffs ein zulässiger Grenzbereich besteht, der durch zulässige Obergrenzen und Untergrenzen definiert ist (= Schritt S101),
- (ii) Berechnen von zumindest einer Zielfunktion in Form einer Werkstoff- und/oder Gefügeeigenschaft des Werkstoffs mittels eines Werkstoff-Berechnungsmodells auf Grundlage der chemischen Zusammensetzung des Werkstoffs = (Schritt S 102),
- (iii) Vergleichen der gemäß Schritt (ii) berechneten Zielfunktion mit einem vorbestimmten zulässigen Zielbereich der berechneten Zielfunktion (= Schritt S 103),
- (iv) falls der Vergleich gemäß Schritt (iii) ergibt, dass die berechnete Zielfunktion außerhalb des vorbestimmten zulässigen Zielbereichs liegt: Abspeichern des berechneten Werts für die Zielfunktion und der chemischen Zusammensetzung für den Werkstoff gemäß Schritt (i) (= Schritt S 104), und weiter mit Schritt (v);
- (v) falls die chemische Zusammensetzung des Werkstoffs innerhalb des zulässigen Grenzbereichs verändert werden kann: Verändern von zumindest einem chemischen Bestandteil des Werkstoffs innerhalb des zulässigen Grenzbereichs (= Schritt S105), und weiter zu Schritt (vi); anderenfalls weiter mit Schritt (ix),
- (vi) Wiederholen der Schritte (ii) und (iii) mit der Maßgabe, dass das Berechnen von zumindest einer Zielfunktion in Form einer Werkstoff- und/oder Gefügeeigenschaft des Werkstoffs gemäß Schritt (ii) auf Grundlage der in Schritt (v) veränderten chemischen Zusammensetzung des Werkstoffs erfolgt (= Schritt S106), und weiter mit Schritt (vii),
- (vii) falls der erneute Vergleich gemäß Schritt (iii) ergibt, dass die berechnete Zielfunktion innerhalb des vorbestimmten zulässigen Zielbereichs liegt: Abspeichern der gemäß Schritt (v) veränderten chemischen Zusammensetzung in einer Datenbank, um damit für den Werkstoff eine neue Soll-Zusammensetzung zu definieren (= Schritt S107); ansonsten weiter mit Schritt (viii),
- (viii) falls der erneute Vergleich gemäß Schritt (iii) ergibt, dass die berechnete Zielfunktion außerhalb des vorbestimmten zulässigen Zielbereichs liegt: Abspeichern des berechneten Werts für die Zielfunktion und der gemäß Schritt (v) veränderten chemischen Zusammensetzung für den Werkstoff (= Schritt S108), und Wiederholung von Schritt (v),
- (ix) Auswählen einer chemischen Zusammensetzung, bei der die gemäß Schritt (ii) berechnete Zielfunktion den geringsten Abstand zum vorbestimmten zulässigen Zielbereich aufweist, und Abspeichern dieser veränderten chemischen Zusammensetzung in einer Datenbank, um damit für den Werkstoff eine neue Soll-Zusammensetzung zu definieren (= Schritt S109).
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In Bezug auf die Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens von 2 ist hervorzuheben, dass hierbei zu Beginn, d.h. bei einem „ersten Durchlauf“ die chemische Zusammensetzung bzw. Analyse des Werkstoffs zunächst nicht verändert wird. Stattdessen wird in Schritt S102 die Berechnung von zumindest einer Zielfunktion in Form einer Werkstoff- und/oder Gefügeeigenschaft des Werkstoffs auf Grundlage der Daten von Schritt S101 durchgeführt und dann wie erläutert im Schritt S103 ein Vergleich bzw. eine Überprüfung angestellt, ob die berechnete Zielfunktion in einem vorbestimmten zulässigen Zielbereich der Zielfunktion liegt. In Abhängigkeit von dem Ergebnis dieser Überprüfung erfolgt als nächster Verfahrensschritt entweder der Schritt S107 („Abspeichern als neue Sollanalyse für diesen Werkstoff“) oder der Schritt S104 („Abspeichern des erreichten bzw. berechneten Zielwerts“). Für den Fall von Schritt S104 erfolgt im Anschluss hieran gemäß Schritt (v) eine Überprüfung dahingehend, ob die chemische Zusammensetzung des Werkstoffs innerhalb des zulässigen Grenzbereichs verändert werden kann. Falls ja, folgt hiernach der Schritt S105, in dem dann die zumindest ein chemischem Bestandteil des Werkstoffs innerhalb des zulässigen Grenzbereichs erstmalig verändert wird, mit einer anschließenden Wiederholung der Schritte (ii) und (iii) bzw. S102 und S103.
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Unter Berücksichtigung der gepunkteten Linie, die in 2 vom Schritt S107/109 (= „Abspeichern als neue Sollanalyse für diesen Werkstoff“) zurück zum Schritt S101 führt, ist in 2 eine weitere Ausführungsform für das erfindungsgemäße Verfahren gezeigt. Die besagte gepunktete Linie ist dahingehend zu verstehen, dass nun von dem Schritt S107/S109, bei dem es zum Abspeichern einer neuen Soll-Zusammensetzung für den Werkstoff („neue Sollanalyse“) kommt, dann ein Rücksprung zum Schritt S101 vorgesehen ist. Dies bedeutet, dass die berechneten Werte für diese neue Soll-Zusammensetzung dann in einer Datenbank abgespeichert werden und anschließend die Datengrundlage für den Schritt S101 bilden, und sodann die weiteren Schritte (S102 ff.) erneut durchgeführt werden.
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Bei allen der vorstehend erläuterten Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens gemäß 1 und 2 kann eine stetige Optimierung hinsichtlich der chemischen Zusammensetzung eines Werkstoffs dadurch erreicht werden, dass ausgehend von der Überprüfung in Schritt S4 bzw. S103 dahingehend, ob die berechnete Zielfunktion in einem vorbestimmten zulässigen Zielbereich liegt, dann unter der genannten Bedingung „NEIN“ anschließend die Schritte S6 + S7 bzw. S104 + S105 ggf. mehrfach durchlaufen werden.
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In den nachfolgenden 3-8 sind weitere Aspekte bzw. Merkmale erläutert, die in gleicher Weise für das Verfahren von 1 sowie von 2 zutreffen.
Die Tabelle von 3 zeigt für einen Stahl vom Typ „Low-Carbon“ für ausgewählte chemische Bestandteile hiervon (d.h. C, Si, Mn, P, S, Al, Cu, Ni, Cr, V, Ti, Mo) jeweils zulässige Obergrenzen (max.-Wert) und Untergrenzen (min.-Wert), mit denen ein zulässiger Grenzbereich definiert wird. Beispielsweise wird für das Element Kohlenstoff („C“) eine Untergrenze von 0,040 Gewichts-% definiert, wobei eine zulässige Obergrenze von 0,060 Gewichts-% definiert wird. Ein typischer Wert innerhalb eines zulässigen Grenzbereichs, der für das Element Kohlenstoff durch diese Ober- und Untergrenzen definiert ist, besteht aus dem Wert von 0,055 Gewichts-%-Anteil.
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Somit veranschaulicht die Tabelle gemäß 3 einen zulässigen Grenzbereich bzw. die Analysegrenzen für eine Stahlgüte vom Typ „Low-Carbon“.
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In Anwendung des vorstehend erläuterten erfindungsgemäßen Verfahrens ist es möglich, neben den Hauptphasen auch sämtliche Ausscheidungsphasen für einen Werkstoff zu berechnen. Beispielsweise ist die Berechnung von Niob-Carbonitrid (Nb(CN)), Aluminiumnitrid (AIN) und/oder Mangansulfit (MnS) möglich. Diese Ausscheidungsphasen treten in sehr kleinen Konzentrationen auf und haben entsprechend nur einen geringen Einfluss auf die Enthalpie und damit auf den Temperaturverlauf. Gleichwohl können sich diese Ausscheidungsphasen aber an den Korngrenzen des Werkstoffs absetzen und somit dessen Gefüge schwächen. Eine solche Duktilitätsverminderung kann zu Rissen und somit zur Verminderung der Strangqualität führen.
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In den Diagrammen gemäß 4a und 4b sind die Ausscheidungsphasen für Aluminiumnitrid in Abhängigkeit vom Stickstoffgehalt gezeigt. Im Einzelnen zeigt das Diagramm von 4a die Ausscheidungsphase für Aluminiumnitrid eines Werkstoffs bei 0,006 % Stickstoff, wobei das Diagramm von 4b die Ausscheidungsphase bei 0,003 % Stickstoff darstellt. Dies bedeutet, dass in dem Diagramm von 4b der Stickstoffgehalt im Vergleich zum Diagramm von 4a halbiert worden ist, nämlich von 0,006 % auf nur 0,003 %. Hierdurch wird erreicht, dass Aluminiumnitrid erst unter 1.100 °C ausgeschieden wird statt schon bei 1.150 °C, wobei sich der maximale Anteil dessen halbiert, nämlich von ca. 0,0004 % auf 0,0002 %. Dieser Effekt kann nicht direkt für den aktuellen Guss genutzt werden, jedoch kann bei Qualitätsproblemen somit die Analysenzusammensetzung für die nächsten Schmelzen bzw. einen zukünftig geplanten Guss und somit die Rissgefahr vermindert werden.
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Wie vorstehend an anderer Stelle bereits erläutert, kann für das erfindungsgemäße Verfahren bei der Berechnung von zumindest einer Zielfunktion gemäß Schritt (iii) als Werkstoff- und/oder Gefügeeigenschaften des Werkstoffs dessen Wärmekontraktion berücksichtigt bzw. bestimmt werden. In diesem Zusammenhang zeigt das Diagramm von 5 den Verlauf der Wärmekontraktion für einen Werkstoff bei Variation von dessen Kohlenstoffgehalt, vorliegend für einen X80-Werkstoff. Das Diagramm von 5 verdeutlicht, dass ein solcher Stahl bei einem Kohlenstoffgehalt von ca. 0.11 % die größte Kontraktion hat. Dies steht in Einklang mit praktischen Erfahrungen, wonach ein peritektischer Stahl ein erhöhtes Rissrisiko hat.
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In der Regel hat ein Werkstoff keine exakte Analysevorschrift, sondern eine Bandbreite. Für jedes Element bzw. jeden chemischen Bestandteil des Werkstoffs gibt es eine zulässige Unter- und Obergrenze, wobei mit diesen zulässigen Unter- und Obergrenzen ein zulässiger Grenzbereich definiert wird, gemäß der Definition von Schritt S1 bzw. S101 des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Im Beispiel des Diagramms von 5 sind die Analysengrenzen für einen X80-Werkstoff in Bezug auf das Element bzw. den chemischen Bestandteil Kohlenstoff („C“) durch einen Kasten symbolisiert, wobei ein Abstand von dessen vertikalen Linien den zulässigen Grenzbereich G für das Element Kohlenstoff markiert. Unter Bezugnahme auf diesen Grenzbereich G wird deutlich, dass die thermische Kontraktion bei bzw. an der zulässigen Untergrenze (im Diagramm von 5 durch einen Kreis symbolisiert, links vom Kontraktionsmaximum) größer ist als die thermische Kontraktion bei bzw. an der zulässigen Obergrenze (im Diagramm von 5 durch einen Kreis symbolisiert, rechts vom Kontraktionsmaximum).
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Das Diagramm von 6 verdeutlicht am Beispiel eines X80-Werkstoffs für fünf Kohlenstoffgehalte zwischen 0.05 und 0.07% die Bestimmung der Wärmekontraktion jeweils mit den minimalen und maximalen Grenzen der anderen Elemente über eine (nach dem Stand der Technik bekannte) Scheil-Berechnung. Als Ergebnis dieser Berechnung wird für die Wärmekontraktion eine Fläche aufgespannt, ausweislich des Kurvenverlaufs von 6.
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Im Allgemeinen können bei der Erstarrung eines Werkstoffs, beispielsweise im Verlauf des Stranggießens, in Abhängigkeit von der Analyse, Erstarrungsgeschwindigkeit und des Temperaturgradienten in der Schmelze Dendriten (längliche Körner) oder Globuliten entstehen. Nach dem Stand der Technik kann der Anteil des globulitischen Gefüges (Equiaxed) des Werkstoffs berechnet und geregelt werden. Im Zusammenhang mit dem letztgenannten Aspekt (d.h. der globulitischen Erstarrung) ist es nun bei Durchführung eines Verfahrens nach der vorliegenden Erfindung möglich, die Neigung zur globulitischen Erstarrung für eine gegebene Analyse zu bestimmen. Diesbezüglich darf auf das Diagramm von 7 verwiesen werden, in dem das Erstarrungsverhalten für einen niedrig legierten peritektischen Stahl einerseits gänzlich ohne Titan (vgl. die obere gestrichelte Linie) und andererseits mit einem Titangehalt von 0,01 % (vgl. die untere gepunktete Linie) dargestellt ist. Oberhalb der gestrichelten Linie bildet sich innerhalb des erstarrten Werkstoffs ein globulitisches Gefüge. Das Diagramm von 7 verdeutlicht, dass bei einem höherer Titangehalt die Fläche oberhalb der gepunkteten Kurve größer wird und sich somit die Neigung zur Bildung von Globuliten verstärkt. Falls sich nun mittels der Berechnung, die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren in dessen S3 nach der Ausführungsform von 1 bzw. in Schritt S103 nach der Ausführungsform von 2 durchgeführt wird und auf der vorhergehenden Veränderung von zumindest einem chemischen Bestandteil des Werkstoffs gemäß Schritt S2 und/oder S7 von 1 bzw. gemäß Schritt S105 von 2 beruht, ein Kurvenverlauf ergibt, der unterhalb der Grenzkurve (im Diagramm von 6 mit einer durchgezogenen Linie gezeigt und mittig positioniert) liegt, so bedeutet dies, dass die Analyse bzw. die chemische Zusammensetzung des Werkstoffs zu einer hinreichenden Bildung von globulitischen Gefüge neigt. Hiermit kann für zukünftige Güsse durch leichte Analysenänderungen die Bildung eines globulitischen Gefüges verbessert werden. Es ist bekannt, dass durch vermehrte Globuliten das Seigerungsverhalten verbessert und so die Innenqualität des Werkstoffs und hieraus erzeugter Zwischen- oder Endprodukte erhöht werden kann.
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Unter Bezugnahme auf 8a und 8b, in denen jeweils ZTU-Diagramme einen Werkstoff mit jeweils verschiedenen Gehalten an Mangan (Mn) gezeigt sind, werden weitere Optimierungsmöglichkeiten erläutert, die mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens bezüglich einer chemischen Zusammensetzung für diesen Werkstoff erreicht werden.
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Im Allgemeinen ist es nach dem Stand der Technik (z.B. aus
DE 10 2012 224 502 A1 ) bekannt, dass für jede Analyse und der aktuellen Austenitkorngröße ein zugehöriges Zeit-Temperatur Diagramm über Regressionsgleichungen berechnet und dargestellt werden kann. Hierbei kann die Austenitkorngröße vorgegeben werden. Beim Stranggießen beträgt die Korngröße ca. 500 µm, nach dem Warmwalzen nur noch ca. 25 µm. In diesem Zusammenhang ist es nach dem Stand der Technik (z.B. aus
EP 3 184 202 B1 ) weiterhin bekannt, solche ZTU-Diagramme für den aktuellen Guss zur Regelung auf ein gewünschtes Gefüge zu benutzen.
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Darüber hinaus ist es nun mittels eines Verfahrens nach der vorliegenden Erfindung möglich, in Bezug auf solche ZTU-Diagramme durch geringe Änderungen der Analyse in den Grenzen des für den jeweiligen Werkstoff zulässigen Analysegrenzen, so wie es durch den Schritt S2 von 1 bzw. durch den Schritt S105 von 2 definiert ist, eine geringfügige Verschiebung zu erreichen. So werden z.B. durch die Erhöhung des Mangangehaltes die ZTU-Diagramme zu niedrigeren Umwandlungstemperaturen und niedrigeren Kühlraten hin verschoben. Hierdurch kann die Entstehung eines risskritischen Ferritgehaltes zwischen 5 und 40% hinter den Richtbereich der stützenden Strangführung einer (nicht gezeigten) Stranggießanlage gelegt werden. Der Vergleich der Diagramme von 8a und 8b verdeutlicht eine solche Verschiebung, denn: 8a zeigt das ZTU- Diagramm eines peritektischen Werkstoffes mit einem Mangananteil von 0.65% - hierbei reicht der risskritische Temperaturbereich für die schädlichen Ferritsäume, für die beim Strangguss übliche geringe Abkühlrate von 0.27°C/sec, von T1 = 741 °C bis T2 = 709 °C. Demgegenüber zeigt 8b das ZTU- Diagramm für diesen Werkstoff, wenn dessen Mangangehalt auf 1,35 % angehoben worden ist. In Folge dessen sinkt der risskritische Temperaturbereich, der nun zwischen T1 = 653 °C und T2 = 695 °C liegt. Dies bedeutet, dass durch ein Anheben des Anteils an Mangan für diesen Werkstoff ein vermindertes Rissrisiko erreicht werden kann, weil nämlich der risskritische Temperaturbereich wie erläutert dann deutlich verminderte Werte aufweist.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 2346631 B1 [0004]
- DE 102019208736 A1 [0005]
- DE 102012224502 A1 [0052]
- EP 3184202 B1 [0052]