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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Betreiben eines elektrischen Antriebssystems und ein elektrisches Antriebssystem zur Verfügung zu stellen, die einen möglichst stabilen Betrieb des elektrischen Antriebssystems sicherstellen.
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Das Verfahren dient zum Betreiben eines elektrischen Antriebssystems, wobei das elektrische Antriebssystem eine erste Regelstrecke mit einem ersten Regler aufweist.
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Erfindungsgemäß kann der erste Regler automatisch parametriert werden, wobei das automatische Parametrieren des ersten Reglers folgende Schritte aufweist: a) Konfigurieren des ersten Reglers als herkömmlichen Zweipunktregler, b) Vorgeben eines Sollwerts, c) Messen von sich einstellenden dynamischen Größen der ersten Regelstrecke, d) Berechnen von Reglerparametern eines vorgegebenen Typs des ersten Reglers in Abhängigkeit von den gemessenen dynamischen Größen der ersten Regelstrecke und optional in Abhängigkeit von Daten, die aus der Messung abgeleitet werden, e) Konfigurieren des ersten Reglers auf den vorgegebenen Typ des ersten Reglers, und f) Einstellen der berechneten Reglerparameter des ersten Reglers.
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In einer Ausführungsform ist die erste Regelstrecke eine Positionsregelstrecke und der erste Regler ist ein Positionsregler, wobei die dynamischen Größen der Positionsregelstrecke eine Frequenz und/oder eine Amplitude einer sich einstellenden Positionsschwingung der Positionsregelstrecke sind. Alternativ ist die erste Regelstrecke eine Drehzahlregelstrecke und der erste Regler ist ein Drehzahlregler, wobei die dynamischen Größen der Drehzahlregelstrecke eine Frequenz und/oder eine Amplitude einer sich einstellenden Drehzahlschwingung der Drehzahlregelstrecke sind. Alternativ ist die erste Regelstrecke eine Stromregelstrecke und der erste Regler ist ein Stromregler, wobei die dynamischen Größen der Stromregelstrecke eine Frequenz und/oder eine Amplitude einer sich einstellenden Stromschwingung der Stromregelstrecke sind. Eine Stellgröße des Drehzahlreglers kann ein Strom bzw. ein entsprechendes Drehmoment sein, wobei zum automatischen Parametrieren des Drehzahlreglers der Strom bzw. das Drehmoment auf einen maximalen Strom bzw. ein maximales Drehmoment begrenzt wird.
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In einer Ausführungsform weist das elektrische Antriebssystem eine zweite Regelstrecke mit einem zweiten Regler auf, wobei die zweite Regelstrecke der ersten Regelstrecke nachgeschaltet ist. Das Verfahren weist die weiteren Schritte: automatisches Parametrieren des zweiten Reglers mittels der Schritte: Konfigurieren des zweiten Reglers als Zweipunktregler, Vorgeben eines Sollwerts für den zweiten Regler, Messen von sich einstellenden dynamischen Größen der zweiten Regelstrecke, Berechnen von Reglerparametern eines vorgegebenen Typs des zweiten Reglers in Abhängigkeit von den gemessenen dynamischen Größen der zweiten Regelstrecke, Konfigurieren des zweiten Reglers auf den vorgegebenen Typ, und Einstellen der berechneten Reglerparameter. Die zweite Regelstrecke kann beispielsweise eine Drehzahlregelstrecke sein, wobei für diesen Fall die erste Regelstrecke eine Positionsregelstrecke ist. Alternativ kann die zweite Regelstrecke beispielsweise eine Stromregelstrecke sein, wobei für diesen Fall die erste Regelstrecke eine Drehzahlregelstrecke ist. Es versteht sich, dass zusätzlich zur zweiten Regelstrecke noch weitere kaskadierte Regelstrecken vorhanden sein können. Beispielsweise ist eine Kaskade (von außen nach innen) folgender Regelstrecken denkbar: Positionsregelstrecke, Drehzahlregelstrecke und Stromregelstrecke.
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In einer Ausführungsform ist der vorgegebene Typ des ersten Reglers und/oder der vorgegebene Typ des zweiten Reglers ein PID-Regler, wobei die Reglerparameter des jeweiligen PID-Reglers die Regler-Verstärkung, die Regler-Nachstellzeit und die Regler-Vorhaltezeit sind.
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In einer Ausführungsform erfolgt das Berechnen der Reglerparameter des vorgegebenen Typs des ersten Reglers und/oder des vorgegebenen Typs des zweiten Reglers gemäß Ziegler-Nichols und/oder gemäß Chien, Hrones und Reswick.
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In einer Ausführungsform werden vor dem Ausführen des Schritts d) die Schritte a) bis c) bei einer veränderten Konfiguration des Zweipunktreglers ein- oder mehrmals wiederholt, wobei anschließend im Schritt d) die Reglerparameter in Abhängigkeit von den dynamischen Größen der Drehzahlregelstrecke berechnet werden, die sich bei den unterschiedlichen Konfigurationen des Zweipunktreglers ergeben.
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Das elektrische Antriebssystem ist zur Durchführung des oben beschriebenen Verfahrens ausgebildet.
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Bevorzugt dient das Verfahren zum Betreiben eines elektrischen Antriebssystems, wobei das elektrische Antriebssystem eine herkömmliche Positionsregelstrecke mit einem Positionsregler, die gemeinsam einen Positionsregelkreis bilden, und eine herkömmliche nachgeschaltete Drehzahlregelstrecke mit einem Drehzahlregler aufweist, die gemeinsam einen Drehzahlregelkreis bilden. Dem Drehzahlregelkreis kann ein Stromregelkreis mit einem Stromregler und einer Stromregelstrecke nachgeschaltet sein, wobei der Positionsregler, der Drehzahlregler und/oder der Stromregler erfindungsgemäß automatisch parametriert werden können. Hinsichtlich der grundlegenden Struktur und Eigenschaften derartiger kaskadierter Regelstrecken sei auch auf die relevante Fachliteratur verwiesen.
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Die Einstellung der kaskadierten Regelung von Antriebssystemen wird in den beiden Kaskaden, Lage- und Drehzahlregelung bzw. Drehzahl- und Stromregelung, häufig heuristisch durchgeführt. Diese beiden Regler sind jedoch nicht unabhängig voneinander einzustellen, sondern gekoppelt. Die vorliegende Erfindung vereinfacht die Parametrierung der beiden Regelkreise, indem die kaskadierte Regelung abschnittsweise für kurze Zeit durch eine Zweipunktregelung geregelt wird. Eine optimale Regler-Einstellung wird somit innerhalb kürzester Zeit automatisch ermittelt.
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Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die Zeichnungen detailliert beschrieben. Hierbei zeigt:
- 1 ein Blockschaltbild eines Drehzahlregelkreises mit einem herkömmlichen selbst-einstellenden Drehzahlregler, und
- 2 hoch schematisch ein Blockschaltbild eines elektrischen Antriebssystems, wobei das elektrische Antriebssystem einen Positionsregelkreis mit einer Positionsregelstrecke und einem Positionsregler aufweist und einen nachgeschalteten Drehzahlregelkreis mit einer Drehzahlregelstrecke und einem Drehzahlregler aufweist.
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1 zeigt ein Blockschaltbild eines Drehzahlregelkreises mit einem selbst-einstellenden Drehzahlregler 2 und einer Drehzahlregelstrecke 3. Der Drehzahlregler 2 kann als Zweipunktregler 2a oder als PID-Regler 2b konfiguriert werden.
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2 zeigt hoch schematisch ein Blockschaltbild eines elektrischen Antriebssystems 100, wobei das elektrische Antriebssystem 100 einen Positionsregelkreis mit einer Positionsregelstrecke 4 und einem Positionsregler 1 aufweist und einen nachgeschalteten Drehzahlregelkreis mit einer Drehzahlregelstrecke 3 und einem Drehzahlregler 2 aufweist, siehe hierzu auch 1.
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Die automatische Einstellung der jeweiligen Reglerparameter der Regler 1 und 2 des in 2 gezeigten elektrischen Antriebssystems 100 erfolgt in zwei Schritten.
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Einer der beiden Schritte ist die automatische Parametrierung des Drehzahlregelkreises, die unter Bezugnahme auf 2 nachfolgend beschrieben wird.
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Zuerst wird der für den Betrieb vorgesehene PID-Drehzahlregler 2b durch den Zweipunkt-Drehzahlregler 2a ersetzt. Es wird dann ein beliebiger Drehzahlsollwert und ein maximaler Strom bzw. ein maximales Drehmoment vorgegeben, der bzw. das die Amplitude des Zweipunktreglers 2a bestimmt. Der Positionsregler 1 ist in diesem Schritt deaktiviert. Für die Stellgröße u(t), siehe
1, ergibt sich mit einer maximalen Aussteuerung d des Sollmoments eine Rechteckschwingung mit der Periodendauer Tp. Für die Grundwelle der Rechteckschwingung gilt nach der Fourier-Reihe dann:
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Durch das anzunehmende Tiefpassverhalten der Drehzahlregelstrecke 3, die im gezeigten Fall eine Reihenschaltung aus einer Stromregelung und mechanischer Strecke darstellt, ergibt sich als auszuwertende dynamische Größe der Drehzahlregelstrecke y(t) ein sinusförmiger Verlauf.
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Die Amplitude der auszuwertenden dynamischen Größe der Drehzahlregelstrecke y(t) sei y. Dann ergibt sich die kritische Reglerverstärkung K
Krit des Regelkreises zu:
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Mit der ermittelten kritischen Periodendauer des Regelkreises Tp ergibt sich beispielsweise mit den Einstellregeln nach Ziegler-Nichols oder Chien, Hrones, Reswick eine stabile Parametrierung des Drehzahlregelkreises. Beispielsweise kann Ziegler-Nichols verwendet werden:
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Die Ermittlung der Reglerparameter des Positionsreglers 1 erfolgt analog zum Vorgehen für den Drehzahlregler 2. Voraussetzung hierfür ist, dass die Reglerparameter des Drehzahlreglers 2b bereits ermittelt wurden. Die Positionsregelstrecke 4 setzt sich zusammen aus der Reihenschaltung von Drehzahlregler 2, Stromregler (nicht explizit dargestellt) und der mechanischen Strecke.
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Zuerst wird zur automatischen Regler-Parametrierung der Schalter 5 auf die untere Stellung gebracht und wie oben beschrieben ein Drehzahlsollwert vorgegeben, um über die sich einstellenden Verhältnisse aus Anregung und Streckenausgang die Reglerparameter des Drehzahlreglers 2b zu ermittelt.
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Anschließend wird der Schalter 5 in die obere Stellung gebracht und der Schalter 6 in die untere Stellung, um die Reglerparameter für den Positionsregler 1 b zu ermitteln.
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Für den Betrieb befinden sich dann beide Schalter 5, 6 in der oberen Stellung und die kaskadierte Regelung ist aktiv. Für jede der unteren Schalterstellungen sind nur wenige Millisekunden im jeweiligen Zweipunktregler-Modus erforderlich.
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Erfindungsgemäß kann die Amplitude der Zweipunktregler 1a bzw. 2a automatisch ermittelt werden. Die Amplitude darf weder so groß sein, dass weitere Begrenzungen des Antriebssystems greifen (Spannungsgrenzen, Stromgrenzen, ...), noch darf sie zu gering sein, damit sich ein akzeptables Signal-Rausch-Verhältnis einstellt.
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Auch mehrere Messungen mit unterschiedlichen Amplituden hintereinander kommen in Frage, um eine optimale Regelung auch für ausgeprägte Nichtlinearitäten zu finden. Das heißt man würde mit mehreren Amplituden messen und jedes Mal einen Regler auslegen und bspw. den wählen, der in allen Punkten stabil ist.
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Die Erfindung ermöglicht es, den Drehzahlregler 2b und den Positionsregler 1b für einfache Regelstrecken, ohne Kenntnis der Streckenparameter innerhalb weniger Millisekunden einzustellen und gegebenenfalls hieraus den Verlauf der Stabilitätsgrenze zu ermitteln. Ein Expertenwissen ist für die Einstellung nicht notwendig. Entsprechendes gilt für den nicht explizit dargestellten Stromregler, dessen Reglerparameter auf die gleiche Art und Weise ermittelbar sind.