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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ermitteln einer Abgaszusammensetzung eines Abgases einer Brennkraftmaschine sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung.
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Hintergrund der Erfindung
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Die selektive katalytische Reduktion (engl.: Selective Catalytic Reduction; SCR) mittels Ammoniaks (NH3) bzw. ammoniakabspaltender Reagenzien stellt ein geeignetes Verfahren für die Minderung von Stickstoffoxiden (NOx) in sauerstoffreichen Abgasen dar. Das Arbeitsfenster eines SCR-Katalysators respektive sein Wirkungsgrad bzw. seine Effizienz werden hauptsächlich durch die physikalische Größen Temperatur und Raumgeschwindigkeit bestimmt. Maßgeblich für die Effizienz ist der Bedeckungsgrad des Katalysators mit adsorbiertem NH3. Um möglichst hohe Stickstoffoxidumsätze zu erzielen, ist es häufig zweckmäßig, das SCR-System bei einem hohen Ammoniakfüllstand zu betreiben.
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Steigt aufgrund eines Lastsprungs des Verbrennungsmotors die Temperatur des befüllten SCR-Katalysators an, sinkt dessen Ammoniakspeichervermögen, was zu Ammoniakschlupf führen kann. SCR-Katalysatoren, die motornah verbaut sind, um früh nach einem Motorstart Stickstoffoxide zu konvertieren, sind besonders stark von dynamischen Temperaturgradienten und somit von derartigen Desorptionsereignissen betroffen. Ein zweiter SCR-Katalysator kann daher stromabwärts des ersten SCR-Katalysators im Abgasstrang vorgesehen werden, um Ammoniak aus Ammoniakschlupf des ersten Katalysators zu adsorbieren und anschließend umzusetzen.
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Mit steigenden Anforderungen an die Abgasnachbehandlung werden vermehrt Systeme mit zwei SCR-Katalysatoren mit jeweils eigener Dosiereinrichtung stromaufwärts des jeweiligen SCR-Katalysators eingesetzt. Zur Regelung und Überwachung der SCR-Katalysatoren werden meist drei NOx-Sensoren (vor dem ersten Katalysator und jeweils hinter den beiden Katalysatoren) verbaut.
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Ein NOx-Sensor gibt typischerweise eine gemessene NOx-Konzentration des Abgases wieder. Bedingt durch das Messprinzip besitzt jedoch ein NOx-Sensor typischerweise eine Querempfindlichkeit gegenüber Ammoniak (NH3). In einem solchen Fall misst der NOx-Sensor immer beide Komponenten im Abgas: NOx und NH3. Folglich liegt keine direkte Information über den NH3-Anteil (oder den NOx-Anteil) des Messwertes vor.
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Offenbarung der Erfindung
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Erfindungsgemäß werden ein Verfahren zum Ermitteln einer Abgaszusammensetzung eines Abgases einer Brennkraftmaschine sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche vorgeschlagen. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Ermitteln einer Abgaszusammensetzung eines Abgases einer Brennkraftmaschine in Bezug auf einen Ammoniak- und einen Stickstoffoxidanteil, in einem Abgassystem mit zumindest einem SCR-Katalysator, umfasst ein Erfassen, insbesondere mittels eines Sensors, eines ersten Signals, das in seiner Höhe von dem Stickstoffoxidanteil des Abgases stromauf des zumindest einen SCR-Katalysators abhängt, ein Erfassen, insbesondere mittels eines Sensors, eines zweiten Signals, das in seiner Höhe von dem Ammoniak- und dem Stickstoffoxidanteil des Abgases stromab des zumindest einen SCR-Katalysators abhängt, ein Speichern der beiden Signale zumindest über einen Beobachtungszeitraum hinweg und ein Ermitteln der Ammoniak- und optional auch der Stickstoffoxidanteile des Abgases stromab des zumindest einen SCR-Katalysators mittels einer Rechenvorschrift, die die beiden Signale während des Beobachtungszeitraumes als Eingangsgrößen verwendet. Dabei werden Parameter der Rechenvorschrift so angepasst, dass ein mittels der Rechenvorschrift berechnetes Summensignal dem erfassten zweiten Signal über den Beobachtungszeitraum hinweg möglichst exakt entspricht. Die Ammoniak- und Stickstoffoxidanteile werden dann vorzugsweise aus den angepassten Parametern ermittelt. Dadurch kann ohne zusätzliche kostenintensive Sensorik der Ammoniakschlupf durch den zumindest einen Katalysator quantifiziert werden und damit die Ammoniakdosierung und das Emissionsverhalten des Abgassystems verbessert werden.
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Insbesondere nimmt die Rechenvorschrift einen während des Beobachtungszeitraums konstanten Wirkungsgrad des zumindest einen SCR-Katalysators im Hinblick auf eine Stickstoffoxid-Reduktion an. Dies ist eine Möglichkeit, mit relativ wenig Aufwand sehr exakte Ergebnisse zu erzielen, die eine gezielte Minimierung relevanter Emissionsbestandteile ermöglichen.
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Insbesondere nimmt die Rechenvorschrift einen während des Beobachtungszeitraums konstanten Ammoniakanteil des Abgases stromab des zumindest einen SCR-Katalysators an. Dies ist eine relativ wenig vereinfachende Annahme, da der Ammoniakanteil nur eine geringe Dynamik aufweist. Gleichzeitig erleichtert eine solche Annahme die Berechnung erheblich und spart damit Rechenkapazität ein.
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Die Rechenvorschrift kann den Stickstoffoxidanteil stromab des zumindest einen SCR-Katalysators vorteilhafterweise anhand einer Dynamik des ersten Signals ermitteln, da die Dynamik des Signals im Wesentlichen von dem Stickstoffoxidanteil abhängt; der Ammoniakanteil weist typischerweise eine sehr geringe Dynamik auf.
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Dabei wird die möglichst exakte Entsprechung vorteilhafterweise durch Minimieren einer Fehlerquadratsumme aus berechnetem und erfasstem Summensignal erreicht. Dies stellt eine bewährte Methode zur zuverlässigen Optimierung dar.
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Insbesondere können ferner ein Ermitteln eines Bestimmtheitsmaßes R2, das angibt, wie stark sich eine Streuung des berechneten Summensignals mit einer Streuung der erfassten Signale erklären lässt, und, anhand des Bestimmtheitsmaßes, ein Ermitteln, ob die Anpassung der Parameter erfolgreich war, durchgeführt werden. Dabei kann der Ammoniakanteil an dem Summensignal insbesondere als Null angenommen werden und diese Annahme als korrekt bewertet werden, wenn das Bestimmtheitsmaß R2 eine vorbestimmbare Schwelle überschreitet. Dadurch vereinfacht sich die Berechnung ggf. erheblich und kann dennoch nützliche Informationen (z.B. in Form einer binären Aussage, ob Ammoniakschlupf auftritt) liefern. Wird der Ammoniakanteil als von Null verschieden angenommen, kann bei ausreichend hohem R2 der Ammoniakanteil direkt aus den angepassten Parametern entnommen werden.
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Eine erfindungsgemäße Recheneinheit, z.B. ein Steuergerät eines Kraftfahrzeugs, ist, insbesondere programmtechnisch, dazu eingerichtet, ein erfindungsgemäßes Verfahren durchzuführen.
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Auch die Implementierung eines erfindungsgemäßen Verfahrens in Form eines Computerprogramms oder Computerprogrammprodukts mit Programmcode zur Durchführung aller Verfahrensschritte ist vorteilhaft, da dies besonders geringe Kosten verursacht, insbesondere wenn ein ausführendes Steuergerät noch für weitere Aufgaben genutzt wird und daher ohnehin vorhanden ist. Schließlich ist ein maschinenlesbares Speichermedium vorgesehen mit einem darauf gespeicherten Computerprogramm wie oben beschrieben. Geeignete Speichermedien bzw. Datenträger zur Bereitstellung des Computerprogramms sind insbesondere magnetische, optische und elektrische Speicher, wie z.B. Festplatten, Flash-Speicher, EEPROMs, DVDs u.a.m. Auch ein Download eines Programms über Computernetze (Internet, Intranet usw.) ist möglich. Ein solcher Download kann dabei drahtgebunden bzw. kabelgebunden oder drahtlos (z.B. über ein WLAN-Netz, eine 3G-, 4G-, 5G- oder 6G-Verbindung, etc.) erfolgen.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und der beiliegenden Zeichnung.
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Die Erfindung ist anhand eines Ausführungsbeispiels in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnung beschrieben.
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Figurenliste
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- 1 zeigt eine Abgasanlage, wie sie im Rahmen der Erfindung verwendet werden kann, in vereinfachter schematischer Darstellung.
- 2 zeigt eine vorteilhafte Ausgestaltung eines erfindungsgemäßen Verfahrens in Form eines stark vereinfachten Flussdiagramms.
- 3 zeigt ein Diagramm, das eine vorteilhafte Ausgestaltung eines erfindungsgemäßen Verfahrens veranschaulicht.
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Ausführungsform(en) der Erfindung
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In 1 ist eine Anordnung mit Abgasanlage, wie sie im Rahmen der Erfindung verwendet werden kann, schematisch gezeigt und insgesamt mit 100 bezeichnet.
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Die Anordnung 100 umfasst eine Brennkraftmaschine 1 sowie mehrere stromab der Brennkraftmaschine 1 angeordnete Katalysatoren 11, 12, 13. In dem dargestellten Beispiel sind mehrere Sensoren 17, 18, 19 vorgesehen, insbesondere Sensoren, die zur Ermittlung einer Zusammensetzung des Abgases in dem Abgassystem eingerichtet sind. Die Sensoren 17, 18, 19 sind jeweils mit einer Recheneinheit 20, beispielsweise einem Steuergerät eines Kraftfahrzeugs, das die Anordnung 100 umfasst, datenleitend verbunden.
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Die Recheneinheit 20 ist in dem dargestellten Beispiel ferner mit der Brennkraftmaschine 1 sowie externen Vorrichtungen 14, 15, 16, beispielsweise Sekundärluftzuleitungen, Abgasbrenner, Reduktionsmitteldosiereinheiten, elektrische Heizelemente oder Ähnliches, die jeweils einem der Katalysatoren 11, 12, 13 zugeordnet sind, datenleitend verbunden. Insbesondere elektrische Heizelemente können auch direkt im Katalysator bzw. innerhalb eines Gehäuses des Katalysators angeordnet sein.
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Ein von der Brennkraftmaschine 1 erzeugtes Abgas 10 wird nacheinander den Katalysatoren 11, 12, 13 zugeführt, um in diesen gereinigt bzw. entgiftet zu werden. Dabei kann jeder der Katalysatoren 11, 12, 13 jeweils für eine bestimmte Entgiftung oder für mehrere simultane Entgiftungen vorgesehen sein. Beispielsweise kann ein erster Katalysator 11, der nahe der Brennkraftmaschine 1 angeordnet sein kann, als Dreiwegekatalysator (engl. three way catalyst; TWC) ausgebildet sein, während ein zweiter 12 und dritter 13 Katalysator andere Katalysatoren und/oder Reinigungskomponenten wie NOx-Speicherkatalysatoren, SCR-Katalysatoren, Partikelfilter o.Ä. umfassen können. Die zweiten und dritten Katalysatoren 12, 13 können jedoch ebenfalls einen oder mehrere weitere TWC umfassen. Ferner kann auch der erste Katalysator 11 eine oder mehrere andere Reinigungskomponenten umfassen und muss nicht zwingend als TWC ausgestaltet sein.
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Es versteht sich, dass für Abgassysteme eines Dieselmotors entsprechend angepasste Katalysatoren verwendet werden können, insbesondere Oxidationskatalysatoren, Mager-NOx-Fallen (engl. Lean-NOx-Trap, LNT), SCR-Katalysatoren, Partikelfilter und dergleichen. Der besseren Lesbarkeit halber wird hier die Erfindung anhand eines Beispiels mit einem Ottomotor als Brennkraftmaschine 1 näher erläutert.
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Im Rahmen dieser Erfindung ist wenigstens einer der Katalysatoren 11, 12, 13 als SCR-Katalysator ausgebildet, dem mittels einer Reduktionsmitteldosiereinheit (eine der externen Vorrichtungen 14, 15, 16) Ammoniak bzw. ein Ammoniak erzeugendes Reduktionsmittel, insbesondere Harnstofflösung zugeführt wird. Wie eingangs bereits erläutert, werden mittels des so zugeführten Reduktionsmittels, das zumindest teilweise auch in dem SCR-Katalysator gespeichert werden kann, Stickstoffoxide, die in dem dem Abgassystem 120 zugeführten Abgas enthalten sind, zu Stickstoff und Wasser reduziert. Um der besseren Lesbarkeit Willen, wird im Folgenden davon ausgegangen, dass der erste Katalysator 11 als Diesel-Oxidationskatalysator (DOC), der zweite Katalysator 12 als SCR-Katalysator und der dritte Katalysator ebenfalls als SCR-Katalysator ausgestaltet sind. In einem solchen Fall sind die Sensoren 17, 18, 19 jeweils als NOx-Sensoren ausgebildet, die ein Signal, dessen Intensität (z.B. Höhe einer Signalspannung) von einer Konzentration von nicht elementaren Stickstoffverbindungen in dem jeweils analysierten Abgas abhängt, ausgeben. Typischerweise sind derartige Sensoren nicht selektiv für Stickstoffoxide, sondern weisen eine Querempfindlichkeit gegenüber anderen Stickstoffverbindungen, insbesondere gegenüber Ammoniak, auf. Die externen Vorrichtungen 15, 16, die jeweils stromauf der SCR-Katalysatoren 12, 13 angeordnet sind, werden hier als Dosiervorrichtungen für Ammoniak bzw. Harnstofflösung angesehen.
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In 2 ist eine vorteilhafte Ausgestaltung eines erfindungsgemäßen Verfahrens schematisch in Form eines vereinfachten Flussdiagramms dargestellt und insgesamt mit 200 bezeichnet.
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Wird in der Beschreibung des Verfahrens 200 Bezug auf Vorrichtungskomponenten genommen, betreffen diese insbesondere in Verbindung mit 1 diskutierte Komponenten. Der Einfachheit halber und um Wiederholungen zu vermeiden, wird das Verfahren 200 in Bezug auf den ersten SCR-Katalysator 12 beschrieben, es kann jedoch auch für den zweiten SCR-Katalysator 13 oder für beide SCR-Katalysatoren 12, 13 durchgeführt werden.
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In 3 ist ein Diagramm, das die Anwendung einer vorteilhaften Ausgestaltung eines erfindungsgemäßen Verfahrens, beispielsweise des Verfahrens 200 aus 2, veranschaulicht, gezeigt und insgesamt mit 300 bezeichnet. Auf der Abszisse des Diagramms 300 ist die Zeit t aufgetragen, während die Ordinate die Höhe des Signals eines Sensors 17, 18, 19 darstellt.
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Das hier beschriebene Verfahren 200 beruht auf gespeicherten Messdaten der Sensoren 17, 18 für einen vorgegebenen Zeitraum (auch als Register bezeichnet), der zum Zeitpunkt der Auswertung in der Vergangenheit liegt, d.h. die Historie abbildet. Auf Basis der Historie werden Parameter eines einfachen Modells des SCR-Katalysators 12 optimiert und aus den optimierten Parametern der Anteil von Stickstoffoxiden und Ammoniak im Abgas stromab des Katalysators 12 ermittelt. Die in
3 dargestellten Kurvenverläufe
und
sind ein Beispiel für eine derartige in dem Register gespeicherte Historie.
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Der erwähnte Zeitraum kann z.B. 3 s betragen, wobei z.B. alle 100 ms ein Wert gespeichert wird. Für ein Signal z.B.
(= gemessene NOx-Konzentration vor dem bzw. stromauf des SCR-Katalysators 12) ergeben sich im Beispiel 31 Messwerte. Als Messkanäle werden die gemessene NOx-Konzentration vor dem SCR-Katalysator 12
sowie hinter dem SCR-Katalysator 12
im beschriebenen Register gespeichert.
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Zu einem aktuellen Zeitpunkt wird für die so gespeicherten Ein- und Ausgangsdaten ein einfaches Modell berechnet, das auf Basis der Eingangswerte
die Ausgangswerte
abbildet:
mit den Parametern:
- k: 1 - Katalysatoreffizienz, d.h. Faktor für NOx-Schlupf (konstant über den Beobachtungszeitraum)
- Δt: Gaslaufzeit (konstant über den Beobachtungszeitraum) modellierte NH3 Konzentration stromab des SCR-Katalysators (konstant über den Beobachtungszeitraum) und dem Ausgangswert:
- modellierter Wert an der Stelle des NOx-Sensors hinter dem SCR-Katalysator 12 zu jedem Zeitpunkt.
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Die Werte für die Parameter werden zu jedem Auswertezeitpunkt auf Basis der gespeicherten Daten mit einem Optimierungsverfahren bestimmt. Das Optimierungsverfahren hat das Ziel, die Parameter zu finden, mit denen die Summe der Fehlerquadrate (SSE: Sum of squared errors) minimal ist.
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Dafür können bekannte Optimierungsverfahren wie z.B. das Gradientenverfahren verwendet werden. Da es sich um ein stark vereinfachtes Modell für einen kurzen Beobachtungszeitraum handelt, ist es möglich, auch auf dem Steuergerät trotz begrenzter Ressourcen in ausreichend kurzer Zeit die optimalen Parameter zu finden. Das Ende der Optimierung ist (wie beim Gradientenverfahren üblich) erreicht, wenn sich das Optimierungskriterium (SSE) nicht mehr ausreichend stark verbessern wird (ΔSSE < Schwelle) oder die maximale Anzahl an Iterationen durchgeführt wurden. Es versteht sich, dass auch andere Optimierungsalgorithmen verwendet werden können.
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Auch mit folgender Gleichung (3) lässt sich die Änderung von Δ(t) bzw. deren Richtung zur Optimierung ermittelt werden, um schnell zu einem passenden Wert für die Gaslaufzeit zu gelangen.
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Je nach Betriebssituation und in Abhängigkeit von den aufgenommenen Messdaten ist es mehr oder weniger gut möglich, die Optimierungsaufgabe zu lösen. Um am Ende der Optimierung festzustellen, ob die Optimierung ausreichend gut war, kann das Optimierungskriterium (SSE) auf eine Schwelle überprüft werden (SSE < SSE-Schwellwert => Optimierung ausreichend gut). Ein Wert von 500 entspricht bei 3 s Beobachtungszeit beispielsweise ungefähr einer mittleren Abweichung von 4 ppm und ist ein guter Orientierungswert.
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Alternativ kann auch das Bestimmtheitsmaß nach Formel (4) berechnet und verwendet werden:
wobei
der Mittelwert der Sensorwerte nach dem SCR ist.
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Das Bestimmtheitsmaß R
2 gibt an, wie stark sich die Streuung des NOx-Modellwerts
mit der Streuung der Sensorwerte
erklären lässt. Der Wert ist 1, wenn dies zu 100% der Fall ist, die Signale also sehr stark korrelieren. R
2 nimmt kleinere Werte an, je schlechter das Modell die Wirklichkeit abbildet. Liegt das Bestimmtheitsmaß nach der Optimierung über einer Schwelle (z.B. 0,5) kann davon ausgegangen werden, dass die Optimierung ausreichend gut war und die entsprechenden Parameter mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr nahe an den wirklichen NOx- und NH
3-Werten liegen. Der NH
3-Wert kann dabei direkt abgelesen werden
Der NOx-Anteil kann aus dem Term
berechnet werden.
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Das beschriebene Verfahren kann prinzipbedingt nur dann funktionieren, wenn die beiden Signalanteile (NOx und NH
3) eine unterschiedliche Charakteristik bzw. Dynamik aufweisen. Da davon ausgegangen wird, dass sich das NH
3-Signal in dem kurzen Beobachtungszeitraum nicht ändert, muss das NOx-Signal (wenn >0) eine bestimmte Dynamik aufweisen. Dies wird geprüft, indem die Gradienten (d.h. Differenzenquotienten (siehe Formel 5)) des NOx-Sensorsignals vor dem Katalysator
im gespeicherten Zeitraum bestimmt werden. Diese Gradienten werden mit einem Schwellwert (z.B. 25 ppm/s) verglichen. Liegt der Anteil der Gradientenwerte, die über dieser Schwelle liegen, über einem Schwellwert (z.B. 80%), ist die Dynamik des Eingangssignals groß genug, sodass, sollte der SCR-Katalysator NOx passieren lassen, das Ausgangssignal
ebenfalls eine für die Unterscheidung von NH
3 ausreichend große Dynamik besitzt.
wobei i der Index einer Schleife durch das gespeicherte Register und dt die Abtastrate ist.
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Da sich bei sehr kleinen NOx-Sensorwerten
die Toleranzen des NOx-Sensors relativ stark auswirken, kann die Optimierung und Signalbewertung auf Werte über einem Schwellwert (z.B. 10 ppm) beschränkt werden. In diesem Fall ist es sinnvoll, die Bewertung nur dann zu starten, wenn ein ausreichend hoher Anteil an NOx-Sensorwerten über dem Schwellwert vorhanden ist (z.B. mindestens 70%).
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In einer alternativen Ausgestaltung wird das Verfahren ohne Offset, d.h.
durchgeführt. In dieser Variante ist die Optimierung nur dann erfolgreich, wenn es sich vornehmlich um NOx handelt und der NH
3-Anteil sehr klein ist. Der Erfolg lässt sich hierbei am Bestimmtheitsmaß (siehe Formel 4) ablesen. D.h. ist das Bestimmtheitsmaß über einer Schwelle (z.B. 0,8), handelt es sich beim Signal vornehmlich um NOx. Ist das Bestimmtheitsmaß unter einer Schwelle, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch ein größerer NH
3-Anteil vorhanden ist. Diese Ausgestaltung führt also im Gegensatz zu dem zuvor beschriebenen Verfahren zu einer binären Aussage. Auch diese Information kann für die Dosierstrategie nützlich sein.
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Die zu bestimmenden Parameter können, wie oben beschrieben, durch eine Optimierung bestimmt werden. Alternativ oder zusätzlich zu einer Bestimmung der Startwerte für die Optimierung können die Parameter anhand der gespeicherten Messdaten berechnet werden (siehe 3):
- Verzögerungszeit Δt: Die Verzögerungszeit wird anhand des Zeitabstands der Hoch- bzw. Tiefpunkte des NOx-Sensorsignals vor und hinter dem SCR-Katalysator berechnet. Zur Erkennung der Hoch- bzw. Tiefpunkte in den aufgenommenen Messdaten werden die Zeitpunkte der Vorzeichenänderungen der Gradienten / Differenzenquotienten bestimmt (positiver Gradient gefolgt von negativem Gradient => Hochpunkt und umgekehrt). Auf Basis dieser Zeitpunkte kann die Verzögerungszeit für jeden Hochpunkt und jeden Tiefpunkt separat berechnet werden. Dies stellt den Schritt 201 des Verfahrens 200, wie es in 2 dargestellt ist, dar.
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Für die nachfolgende Optimierung werden auf Basis der ermittelten Verzögerungszeit(en) in einem Schritt 202 mehrere Gaslaufzeiten für die Berechnung festgelegt, beispielsweise drei verschiedene, geringfügig voneinander abweichende Gaslaufzeiten Δt1, Δt2, Δt3.
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In einem Schritt 203 wird eine der in Schritt 202 festgelegten Gaslaufzeiten für die weitergehende Berechnung ausgewählt.
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Effizienzfaktor k: Der Effizienzfaktor kann auf Basis der maximalen Veränderungen der Signale
im Beobachtungszeitraum berechnet werden. Dies geschieht in einem Schritt 204.
wie in
3 dargestellt.
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Auf Basis der berechneten Verzögerungszeit Δt und des bestimmten Effizienzfaktors k kann der optimale Offset
als Mittelwert aller Differenzen des Sensorwerts und des modellierten NOx-Anteils
bestimmt werden. Dies erfolgt in dem dargestellten Beispiel ebenfalls in Schritt 204.
wobei
das um Δt verschobene NOx-Signal vor SCR-Katalysator
ist.
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Die so bestimmten Werte können direkt im Modell verwendet werden oder dienen als Initialisierungswerte für eine nachfolgende Optimierung. In letzterem Fall, der dem in 2 dargestellten Beispiel entspricht, wird ferner die Fehlerquadratsumme SSE in dem Schritt 204 auf Basis der Initialisierungswerte berechnet.
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In einem Schritt 205 werden für zwei in verschiedene Richtungen vom Initialwert des Effizienzfaktors k um den gleichen kleinen Betrag abweichende Werte kpos und kneg die zugehörigen Offsets rNH3pos und rNH3neg sowie die jeweiligen SSEpos bzw. SSEneg berechnet.
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In einem Schritt 206 wird daraufhin das Vorzeichen für die weitere Optimierung des Effizienzfaktors k festgelegt, indem das Vorzeichen gewählt wird, bei dem in Schritt 205 die geringere Fehlerquadratsumme aus SSEpos und SSEneg resultierte. Ferner wird in dem Schritt 206 auf Basis des Verhältnisses der Veränderung der Fehlerquadratsumme ΔSSE zu der Veränderung des Effizienzfaktors Δk die Magnitude der weiteren Veränderung Δk des Effizienzfaktors k festgelegt.
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In Schritt 207 wird diese Veränderung des Effizienzfaktors k vollzogen und wiederum Offset rNH3 und SSE berechnet.
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Daraufhin wird in einem Schritt 208 überprüft, ob SSE wieder gestiegen ist und/oder ob eine maximale Anzahl von Iterationsschritten erreicht ist. Ist beides nicht der Fall, Ausgang „n“, kehrt das Verfahren 200 zu dem Schritt 206 zurück, wobei die zuletzt berechnete SSE als neue Referenz definiert wird (Schritt 209). Wird in Schritt 208 hingegen festgestellt, dass die SSE wieder gestiegen ist und/oder dass die Maximalzahl an Iterationen erreicht ist, Ausgang „y“, wird in einem Schritt 210 die niedrigste der ermittelten Fehlerquadratsummen SSE identifiziert und die zugehörigen Werte Δt, k und rNH3als (vorläufige) Optimalwerte gespeichert.
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Dann wird in einem Schritt 211 überprüft, ob bereits alle in Schritt 202 definierten Gaslaufzeiten als Initialwert für die Berechnung (Schritt 204) verwendet wurden. Ist dies der Fall, Ausgang „y“, endet das Verfahren in einem Schritt 212 (und gibt die ermittelten Optimalwerte aus). Andernfalls, Ausgang „n“, kehrt das Verfahren zu Schritt 203 zurück und wählt eine weitere, noch nicht verwendete der mehreren Gaslaufzeiten für die weitere Berechnung aus.
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Wie oben beschrieben, gibt es besonders geeignete Betriebsbedingungen (insbesondere hohe Dynamik vor dem SCR-Katalysator), unter denen die Bestimmung des NOx- / NH
3-Anteils besonders gut funktioniert. Gleichzeitig ist nicht immer garantiert, dass das Modell ausreichend genau ist (SSE < Schwelle bzw. Bestimmungsmaß > Schwelle). Daraus resultiert, dass nur zeitweise ein gültiges NH
3- und NOx-Modellsignal berechnet werden kann. In Abhängigkeit von der Anwendung kann es sinnvoll sein, das NH
3-Signal in Zeiten, in denen kein neues Signal berechnet wird, einzufrieren (also als konstant anzunehmen) und den NOx-Wert anhand der Differenz zwischen dem NOx-Sensor
und dem eingefrorenen NH
3-Wert
zu berechnen. Dabei kann der eingefrorene Wert maximal so hoch sein wie der aktuelle Sensorwert (da nie mehr NH
3 vorhanden sein kann als das Signal, welches vom NOx-Sensor hinter dem SCR-Katalysator angezeigt wird). Der eingefrorene Wert läuft somit mit dem Sensorwert nach unten, sobald dieser den bisher eingefrorenen Wert unterschreitet. Erst wenn ein neuer gültiger Wert verfügbar ist, wird dieser übernommen.
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Alternativ kann der Offset
vor dem Einfrieren gefiltert werden. Insbesondere eignen sich dafür bekannte EWMA (Exponentially weighted moving average) Filter, aber auch andere Filter können verwendet werden.
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In einer weiteren Ausgestaltung wird statt des einfachen Modells für den Beobachtungszeitraum ein komplexeres z.B. kinetisches Modell berechnet. In diesem Fall kann als veränderlicher Parameter der Startfüllstand verwendet werden. Entweder wird nur der NOx-Anteil mit berechnet (und der NH3-Anteil weiterhin konstant gehalten) oder auch der NH3-Anteil. Sollte die Optimierung erfolgreich sein, kann in diesem Fall der Füllstand direkt durch mehr oder weniger Dosiermenge korrigiert werden.
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In einer weiteren Ausgestaltung wird der Optimierer mit den Werten des vorangegangenen Optimierungslaufs gestartet. Als weiterer alternativer Initialisierungswert für Δt kann auch aus Geometrie, Massenstrom, Druck und Temperatur der Volumenstrom des Abgases und daraus die theoretische Verzögerung berechnet werden. Diese Größe ist in vielen Katalysator-Modellen als Gaslaufzeit vorhanden.
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Es versteht sich, dass einige der erwähnten Schritte des Verfahrens 200 auch in anderer, beispielsweise umgekehrter Reihenfolge durchgeführt werden können. Ferner ist das Verfahren nicht zwangsläufig auf eine schrittweise Durchführung beschränkt, so dass die beschriebenen „Schritte“ des Verfahrens 200 ggf. auch teilweise oder vollständig parallel zueinander bzw. kontinuierlich simultan durchgeführt werden können.