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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Steuern eines SCR-Katalysators sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung.
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Stand der Technik
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Zur Reduzierung von Stickoxiden im Abgas von Verbrennungsmotoren sind verschiedene Maßnahmen bekannt. Insbesondere werden Katalysatoren auf dem Prinzip der selektiven katalytischen Reduktion (SCR, selective catalytic reduction) eingesetzt, bei denen üblicherweise die Stickoxide (NO, NO2, zusammengefasst als NOx) mittels Ammoniak zu Stickstoff (N2) und Wasser umgesetzt werden. Zu diesem Zweck wird in das Abgas eine wässrige Harnstofflösung in den Abgasstrang injiziert, aus der bei geeigneten Temperaturen wiederum Kohlendioxid CO2 und Ammoniak NH3 entstehen. Anstelle der Harnstoff-Wasser-Lösung (HWL) sind generell auch andere Reduktionsmittel denkbar, die für eine selektive Reduktion in dem SCR-Katalysator geeignet sind.
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Für eine effiziente Reduzierung der Stickoxide, insbesondere zur Einhaltung der immer anspruchsvolleren Emissionsgrenzwerte für Stickoxide und CO2, ist es wichtig, dass die eingespritzte Menge der Harnstofflösung möglichst genau an die momentanen Stickoxid-Emissionen des Motors und die Betriebsbedingungen im Katalysator angepasst wird. Bei einer zu geringen Dosierung können die Stickoxide nicht mit ausreichendem Wirkungsgrad gemindert werden, während bei einer zu hohen Dosierung übriges Ammoniak unerwünscht in das Abgas nach dem Katalysator und damit in die Umgebungsluft gelangen kann, was auch als Ammoniak-Schlupf bezeichnet wird. Als Dosiereinrichtung kann beispielsweise ein bekanntes Dosierventil mit geeigneter Steuerung verwendet werden, das üblicherweise im Bereich des Eingangs des Katalysators angeordnet ist. Es sind aber auch andere Einspritzpositionen denkbar, ebenso wie eine Kombination mehrerer Dosiereinrichtungen an verschiedenen Orten im Abgasnachbehandlungssystem.
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Heute bekannte SCR-Katalysatoren speichern Ammoniak bzw. NH3 durch Adsorption an der Katalysatoroberfläche. Die NOx-Konversion im SCR-Katalysator ist umso erfolgreicher, je größer das Reduktionsmittelangebot im Katalysator ist. Solange die Speicherfähigkeit des SCR-Katalysators für NH3 noch nicht ausgeschöpft ist, wird zu viel dosiertes Reduktionsmittel gespeichert. Im Hinblick auf das gespeicherte NH3 wird auch von NH3-Füllstand des Katalysators gesprochen. Wenn weniger Reduktionsmittel zur Verfügung gestellt wird, als für die Konversion der aktuell im Abgas vorhandenen Stickoxide notwendig ist, wird das gespeicherte Reduktionsmittel für die Konversion der Stickoxide verbraucht und damit der NH3-Füllstand verringert.
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Der Wirkungsgrad des Katalysators ist von der Temperatur, von der Raumgeschwindigkeit und ganz entscheidend auch von dessen Füllstand abhängig. Bei einem hohen Füllstand steht zusätzlich zum direkt dosierten Ammoniak auch gespeichertes Ammoniak zur Verfügung, wodurch sich der Wirkungsgrad gegenüber entleertem Katalysator erhöht. Das Speicherverhalten ist wiederum abhängig von der jeweiligen Betriebstemperatur des Katalysators. Je geringer die Temperatur ist, umso größer ist das Speichervermögen.
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Hat der Katalysator seinen Speicher vollständig gefüllt, kann es aber bei Lastsprüngen zu NH3-Schlupf kommen, auch wenn kein Reduktionsmittel mehr dosiert wird. Sollen möglichst hohe NOx-Umsätze erzielt werden, ist es jedoch unumgänglich, das SCR-System bei einem hohen NH3-Füllstand zu betreiben.
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Die Alterung eines Katalysators ist in der Regel eine Funktion der Temperatur. Das bedeutet, je höher die Temperatur des SCR ist, desto stärker ist die anzunehmende Schädigung. Bei einem kombinierten SCR mit Partikelfilter (SCRF) erreichen die Katalysatoren beispielsweise bis zu 650° C während der Regenerationsphase. Bei einer Überladung mit Ruß kann die Temperatur kurzfristig auch deutlich höher sein. Somit ist in diesem Fall insbesondere die Anzahl und Art der Partikelfilterregenerationen für die aktuelle Alterung maßgebend. Die Alterung kann in Katalysatormodellen, die für die Steuerung genutzt werden, beispielsweise durch einen Alterungsfaktor berücksichtigt werden. Bislang wird der Alterungsfaktor im Wesentlichen über eine Verweilzeit bei bestimmten Temperaturen ermittelt und an die Katalysatormodelle weitergegeben. Dabei kann aber die tatsächliche Alterung eines Katalysators deutlich von dieser groben Modellierung abweichen. Die unerwünschte Folge sind höhere NOx-Emissionen oder mehr NH3-Schlupf.
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Offenbarung der Erfindung
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Erfindungsgemäß werden ein Verfahren zur Steuerung eines Katalysators sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche vorgeschlagen. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung.
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Insbesondere wird ein Verfahren vorgeschlagen, bei dem Konzentrationswerte im Abgas stromabwärts hinter dem Katalysator erfasst werden, wobei mindestens ein Konzentrationswert für NH3 und ein Konzentrationswert für NOx erfasst werden, und außerdem modellierte Konzentrationswerte für NH3 und NOx stromabwärts hinter dem Katalysator auf Basis eines Katalysatormodells berechnet werden. Das Modell umfasst dabei einen Alterungsparameter, welcher eine Alterung des modellierten Katalysators zumindest teilweise beschreibt. Die erfassten Konzentrationswerte werden mit den modellierten Konzentrationswerten verglichen, und abhängig von dem Ergebnis des Vergleichs wird der Alterungsparameters des Modells und/oder eine vorgegebenen Dosiermenge für ein Reduktionsmittel in dem SCR-Katalysator geändert. Falls die modellierten und erfassten Werte im Wesentlichen übereinstimmen, werden Modell und Dosiermenge bevorzugt nicht geändert. Auf diese Weise kann das System den Alterungsfaktor im Modell kontinuierlich und selbständig auf Grundlage der gemessenen separaten Werte für NH3 und NOx anpassen und so Abweichungen der Modellierung gering halten.
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Gemäß einer Ausführungsform wird dabei der Alterungsparameter geändert, falls das Vergleichen der Konzentrationswerte ergibt, dass die Abweichung zwischen den erfassten Konzentrationswerten und den modellierten Konzentrationswerten sowohl für NH3 kleiner als ein vorgegebener erster als auch für NOx kleiner als ein vorgegebener zweiter Schwellwert ist, wobei der erste und der zweite Schwellwert kleiner oder gleich null sind, oder falls das Vergleichen der Konzentrationswerte ergibt, dass die Abweichung zwischen den erfassten Konzentrationswerten und den modellierten Konzentrationswerten sowohl für NH3 größer als ein vorgegebener dritter als auch für NOx größer als ein vorgegebener vierter Schwellwert ist, wobei der dritte und der vierte Schwellwert größer oder gleich null sind. Damit wird der Alterungsparameter des Modells immer dann geändert, wenn beide Messungen ergeben, dass die gemessenen Signale schlechter oder besser als die modellierte Vorhersage sind.
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Optional können dabei auch eine oder mehrere Freigabebedingungen für erfasste Konzentrationswerte geprüft werden, wobei erfasste Konzentrationswertebeispielsweise verworfen werden können, falls mindestens eine Freigabebedingung für diese erfassten Konzentrationswerte nicht erfüllt ist. Dabei können als Freigabebedingungen beispielsweise die folgenden verwendet werden, einzeln oder in beliebiger Kombination miteinander: ein unterer und/oder oberer Grenzwert für die Katalysatortemperatur, ein Status eines Sensors zum Erfassen von Konzentrationswerten, ein Grenzparameter zur Beschreibung einer Fahrdynamik, ein Grenzwert für einen Massenstrom des Abgases vor dem Katalysator, und weitere. Damit wird sichergestellt, dass nur geeignete Betriebspunkte zur Auswertung und Anpassung von Dosierung oder Modell genutzt werden.
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Für den Alterungsparameter kann beispielsweise ein maximaler Wert vorgegeben sein, der einem voll funktionsfähigen Katalysator entspricht, und ein minimaler Wert, der einem nicht mehr ausreichend funktionsfähigen Katalysator entspricht.
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Das Vergleichen von erfassten und modellierten Konzentrationswerten kann umfassen, die Konzentrationswerte über einen vorgegebenen Zeitraum zu integrieren und eine Differenz aus den modellierten und den erfassten integrierten Konzentrationswerten zu bilden. Optional können die Werte auch normiert werden, beispielsweise auf die gefahrene Wegstrecke. Der vorgegebene Zeitraum für die Integration kann beispielsweise abhängig von einer definierten Fahrstrecke bestimmt werden oder abhängig von einer definierten Bezugsmenge an Roh-NOx-Emissionen durch den Verbrennungsmotor.
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Gemäß einer Ausführungsform wird weiter die vorgegebene Dosiermenge für ein Reduktionsmittel reduziert, falls das Vergleichen der Konzentrationswerte ergibt, dass die Abweichung zwischen den erfassten Konzentrationswerten und den modellierten Konzentrationswerten für NOx kleiner ist als der vorgegebene erste Schwellwert, während die Abweichung zwischen den erfassten Konzentrationswerten und den modellierten Konzentrationswerten für NH3 größer ist als der vorgegebene zweite Schwellwert, und die vorgegebene Dosiermenge für ein Reduktionsmittel wird erhöht, falls das Vergleichen der Konzentrationswerte ergibt, dass die Abweichung zwischen den erfassten Konzentrationswerten und den modellierten Konzentrationswerten für NOx größer ist als der vorgegebene dritte Schwellwert, während die Abweichung zwischen den erfassten Konzentrationswerten und den modellierten Konzentrationswerten für NH3 kleiner ist als der vorgegebene vierte Schwellwert.
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Der Alterungsparameter wird vorzugsweise kontinuierlich verändert, beispielsweise über eine geeignete Regelstrecke wie etwa einen I-Regler. Für die Anpassung des Alterungsparameters kann jedoch beispielsweise auch eine Schrittgröße festgelegt oder vorgegeben sein, um die der Alterungsparameter des Modells erhöht oder reduziert wird, falls die jeweiligen Bedingungen zutreffen.
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Bevorzugt können die Konzentrationswerte im Abgas hinter dem Katalysator durch einen Multigassensor erfasst werden, der in der Lage ist, separate Signale für NH3 und NOx auszugeben. Ebenso können aber auch getrennte Sensoren für NH3 und NOx werden oder ein Signal eines Sensors weiterverarbeitet werden, um daraus getrennte Messwerte für die beiden Größen zu gewinnen.
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Eine erfindungsgemäße Recheneinheit, z.B. ein Steuergerät eines Kraftfahrzeugs, ist, insbesondere programmtechnisch, dazu eingerichtet, ein erfindungsgemäßes Verfahren durchzuführen.
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Auch die Implementierung eines erfindungsgemäßen Verfahrens in Form eines Computerprogramms oder Computerprogrammprodukts mit Programmcode zur Durchführung aller Verfahrensschritte ist vorteilhaft, da dies besonders geringe Kosten verursacht, insbesondere wenn ein ausführendes Steuergerät noch für weitere Aufgaben genutzt wird und daher ohnehin vorhanden ist. Geeignete Datenträger zur Bereitstellung des Computerprogramms sind insbesondere magnetische, optische und elektrische Speicher, wie z.B. Festplatten, Flash-Speicher, EEPROMs, DVDs u.a.m. Auch ein Download eines Programms über Computernetze (Internet, Intranet usw.) ist möglich.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und der beiliegenden Zeichnung.
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Die Erfindung ist anhand von Ausführungsbeispielen in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnung beschrieben.
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Figurenliste
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- 1 zeigt ein beispielhaftes System, in dem Ausführungsformen der Erfindung verwendet werden können;
- 2 zeigt einen beispielhaften Verfahrensablauf einer Ausführungsform;
- 3 zeigt beispielhafte Messwerte gemäß einer Ausführungsform für einen Fall, in dem die aktuelle Alterung kleiner als die modellierte Alterung ist; und
- 4 zeigt beispielhafte Messwerte gemäß einer Ausführungsform für einen Fall, in dem die aktuelle Alterung größer als die modellierte Alterung ist.
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Ausführungsform(en) der Erfindung
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1 zeigt ein System, in dem Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung zur Anwendung kommen können. Gezeigt ist ein Abschnitt eines Abgasstrangs mit verschiedenen Elementen eines Abgasnachbehandlungssystems. Dabei können ein oder mehrere SCR-Katalysatoren im Abgasstrang hintereinander vorgesehen sein.
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Im vorliegenden Beispiel wird das Abgas zunächst in einen Oxidationskatalysator 10 eingeleitet und von dort einem ersten SCR-Katalysator 20 zugeleitet, der beispielsweise in Form eines mit einem Partikelfilter kombinierten SCR-Katalysator ausgebildet sein kann (SCRF, SCR on Filter). Anschließend wird das Abgas stromabwärts weiter durch einen zweiten SCR-Katalysator 30 geleitet. Das Abgasnachbehandlungssystem kann dabei auch weitere Abgasbehandlungselemente wie andere Katalysatoren, Filter oder sonstige umfassen, die hier nicht ausdrücklich beschrieben sind.
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Vor jedem SCR-Katalysator 20, 30 ist mindestens ein Dosierelement 40, 50 wie etwa ein Einspritzventil angeordnet, das eine Einspritzung von Reduktionsmittel wie z.B. einer Harnstoff-Wasser-Lösung ermöglicht. Wahlweise kann die Reduktionsmittel-Einspritzung auch an einer anderen Stelle als hier gezeigt erfolgen.
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Außerdem werden Sensoren 60, 70 und 80 verwendet, um die aktuellen Werte der NOx-Emissionen und/oder des NH3-Schlupfs bestimmen zu können und den Katalysator entsprechend steuern zu können. Dabei können insbesondere Multigas-Sensoren verwendet werden, die in der Lage sind, getrennte Signale für NOx und NH3 zu liefern. In diesem Fall ist es ausreichend, wenn jeweils ein MultigasSensor 70 und 80 hinter dem jeweiligen Katalysator 20 und 30 angeordnet ist, der beide Signale misst und separat ausgibt. Alternativ können aber auch zwei einzelne Sensoren für NOx und NH3 nach jedem der Katalysatoren vorgesehen sein. Es muss nur möglich sein, getrennte Signale zu gewinnen oder mindestens indirekt daraus ableiten zu können, also ein NOx-Signal ohne NH3-Anteil durch Querempfindlichkeiten und ein getrenntes NH3-Signal. Ebenso können diese Ausführungsformen kombiniert werden, so dass nach einem der Katalysatoren mit einem Multigassensor gemessen wird und nach dem anderen Katalysator mit zwei separaten Sensoren. Die Signale der Sensoren werden von einer Steuereinheit ausgelesen, welche für die Steuerung des Katalysators zuständig ist. Dies kann eine dezidierte Katalysatorsteuerung sein oder auch eine zentrale Steuereinheit des Fahrzeugs. In der Steuereinheit können auch Werte dieser Sensoren und andere Parameterwerte, Vorgaben, Berechnungsmodelle und Grenzwerte abgespeichert werden und/oder aktualisiert werden.
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Ein Alterungsfaktor für einen SCR-Katalysator kann beispielsweise als Wert zwischen 0 und 1 angegeben werden, wobei als maximaler Wert für einen neuen Katalysator ein Alterungsfaktor von 1 gewählt werden kann und mit zunehmender Alterung des Katalysators der Wert reduziert wird. Ein weiterer vorgegebener Grenzwert unter 1 oder der Wert 0 kann dann angeben, dass der Katalysator maximal gealtert ist (BPU, „best performing unacceptable“) und ausgetauscht werden muss, da er die jeweils erwünschten Vorgaben zur Abgasreinigung nicht mehr erreicht. Über eine kontinuierliche Anpassung des Alterungsfaktors kann ein Modell somit optimal an den aktuellen Zustand des SCR-Katalysators angepasst werden, also beispielsweise an langfristige Änderungen wie eine temperaturbedingte Schädigung, aber auch an kurzfristige Änderungen wie eine Vergiftung durch unverbrannte Kohlenwasserstoffe und eine damit einhergehende verringerte katalytische Aktivität.
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2 zeigt einen beispielhaften Verfahrensablauf gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung. Dabei wird im Folgenden ein Verfahren für einen der Katalysatoren beschrieben, das dann getrennt auf jeden SCR-Katalysator im System angewendet werden kann.
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Zur verbesserten Steuerung des Katalysatorsystems und der über die Dosierelemente 40 und 50 eingebrachten Einspritzmengen des Reduktionsmittels kann nun in Schritt 200 nach jedem Katalysator 20, 30 der aktuelle Gehalt an NOx und NH3 durch geeignete Sensoren 70 und 80 separat gemessen werden, insbesondere hinter dem Katalysator. Für dieselben Werte können durch ein Katalysatormodell in einer Steuereinheit in Schritt 202 Modellwerte berechnet werden, die einem erwarteten Sollwert entsprechen. Dabei können natürlich im realen Ablauf die Berechnung 202 der modellierten Werte und die Messung 200 der tatsächlichen Werte auch in umgekehrter Reihenfolge oder parallel zueinander erfolgen.
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In Schritt 204 können die Modellwerte und/oder die gemessenen Werte optional weiteren Schritten unterzogen werden, wie etwa einer Normierung oder Integration, die nachstehend in Zusammenhang mit den weiteren Beispielen noch detaillierter beschrieben werden.
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Optional können an dieser Stelle gemäß Schritt 206, oder einer anderen Stelle im Verfahrensablauf, Freigabebedingungen geprüft werden, die angeben, ob die derzeitigen Messwerte für eine Auswertung und anschließende Änderung von Dosiermenge und/oder Alterungsfaktor sinnvoll sind und verwendet werden sollen. Falls nicht, können die Werte verworfen und erneut gemessen werden. Die Überprüfung der Freigabebedingungen kann zu einem beliebigen Zeitpunkt im Verfahren erfolgen, d.h. direkt nach Erfassung der Sensorwerte oder auch erst z.B. nach der Berechnung der Differenzen, so dass Differenzwerte ohne Freigabe nicht berücksichtigt werden.
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Beispielsweise kann geprüft werden, ob die verwendeten Sensoren betriebsbereit sind. Ebenso kann die Katalysatortemperatur berücksichtigt werden, so dass nur Vergleichswerte zur Anpassung des Alterungsfaktors genutzt werden, wenn die Katalysatoren sich in einem für die Auswertung günstigen Temperaturbereich befinden. Dafür können ein unterer und/oder ein oberer Temperaturgrenzwert festgelegt werden. Beispielsweise werden in einem SCRF bevorzugt die Regenerationsphasen des Partikelfilters, während derer sehr hohe Temperaturen vorherrschen, nicht bei der Auswertung berücksichtigt, so dass als obere Grenze eine Temperatur von etwa 500°C vorgegeben sein kann. Ebenso kann die Phase nach einem Kaltstart, in der der Katalysator noch nicht seine geeignete Betriebstemperatur erreicht hat, durch eine untere Grenze von beispielsweise 230°C von der Auswertung ausgeschlossen werden. Es versteht sich, dass diese Temperaturwerte nur beispielhaft angegeben sind und unter anderem von den Betriebsbedingungen des jeweiligen Katalysators abhängig sind.
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Darüber hinaus kann der Roh-NOx-Massenstrom mit einem Schwellwert für die Freigabe geprüft werden, um zuverlässige Werte zu erhalten. Bei einem zu niedrigen Massenstrom können Offsetfehler der Sensoren auftreten. Auch die aktuellen Fahrbedingungen können insgesamt berücksichtigt werden, beispielsweise durch Definition eines weiteren Faktors, der angibt, wie dynamisch oder stationär die Fahrbedingungen sind. Stationäre Bedingungen können für die Freigabe vorteilhaft sein, da das Ergebnis nicht durch Gaslaufzeiten verfälscht wird.
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Alle diese Bedingungen und Überprüfungen können einzeln oder in beliebiger Kombination zur Freigabe der Messwerte und/oder der Auswertungsergebnisse verwendet werden. Ebenso können weitere Freigabebedingungen genutzt werden, die hier nicht genannt sind.
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Bei erfüllter Freigabe können die gemessenen Werte dann in Schritt 208 mit zugehörigen Modellwerten verglichen werden. In Abhängigkeit von dem Ergebnis des Vergleichs kann beispielsweise die Dosiermenge des Reduktionsmittels im nächsten Schritt angepasst werden.
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Aus dem Vergleich 208 können dann neben der Anpassung der Dosiermenge aber auch Schlüsse gezogen werden, inwieweit der derzeit verwendete Alterungsfaktor des Modells passend ist. Falls festgestellt wird, dass die aktuelle tatsächliche Alterung des Katalysators größer ist als die verwendete modellierte Alterung, kann dann der Alterungsfaktor im Modell entsprechend angepasst werden. Auf diese Weise kann das System den aktuellen Alterungsfaktor kontinuierlich und selbständig lernen und die Abweichungen der Werte zu den Modellwerten minimieren. Nur die Rahmenbedingungen werden vorgegeben.
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Für einen Katalysator werden also gemäß einer Ausführungsform die Ist-Werte des NH3-Schlupfs und der NOx-Emissionen hinter dem Katalysator kontinuierlich bzw. in vorgegebenen Abständen als Massenstrom oder als Konzentration (z.B. in ppm, parts per million) gemessen, so dass als Ergebnis für jeden Messpunkt ein Wert NOx_lst und ein Wert NH3_lst vorliegt. Ebenso kann unter Verwendung eines aktuellen Modells des Katalysators ein Modellwert für diese beiden Parameter gebildet werden. In das Modell fließt der Alterungsfaktor des Katalysators ein. Somit erhält man modellierte Sollwerte NH3-Soll und NOx-Soll für den Ammoniakschlupf und die NOx-Emissionen, welche dann mit den gemessenen Ist-Werten verglichen werden können.
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Abhängig von dem Ergebnis des Vergleichs können dann verschiedene Schlüsse in Bezug auf die Alterung und den aktuellen Füllstand des Katalysators gezogen werden und im nächsten Schritt entsprechend die Dosiermenge und/oder das Modell angepasst werden.
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Gemäß einer Ausführungsform können dabei fünf Fälle unterschieden werden:
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In Fall 1 (Schritt
211) entsprechen die gemessenen Ist-Werte im Wesentlichen den Sollwerten, d.h.
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Dies kann bedeuten, dass Alterung und NH3-Füllstand des Katalysators dem derzeitigen Modell entsprechen und keine Anpassung erforderlich ist. Dabei können optional Toleranzen bzw. Schwellwerte vorgegeben werden, innerhalb derer zwei Werte für diesen ersten Fall als im Wesentlichen gleich betrachtet werden können, um zu häufige Anpassungen zu vermeiden. Ein derartiger Schwellwert kann aber auch erst in einem folgenden Schritt genutzt werden, beispielsweise im Rahmen einer Freigabelogik für die Ergebnisse des Wertevergleichs.
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In Fall 2 (Schritt
212) ist der Ist-Wert für NO
x größer als der Sollwert für NO
x, während der Ist-Wert für NH
3 kleiner ist als der Sollwert,
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Dies bedeutet also, dass die Emissionen nach dem Katalysator höher als erwartet sind und der Schlupf geringer, so dass geschlossen werden kann, dass der Katalysator einen zu niedrigen Füllstand aufweist. Entsprechend kann als Folge die Einspritzung von NH3 bzw. Reduktionsmittel (HWL) um einen vorgegebenen Wert erhöht werden. Dabei kann es sich um eine fest definierte Mehrmenge handeln, oder die Mehrmenge kann abhängig von bestimmten Parametern, etwa abhängig von der Differenz zwischen Soll- und Ist-Werten bestimmt werden.
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Optional kann zu diesem Zweck ein geeigneter Regler vorgesehen sein, der auf Grundlage einer entsprechend angelegten Regelstrecke auf den Sollwert regelt und die zugehörige Mehrmenge als Stellgröße variabel festlegt. Es kann dabei festgelegt sein, dass der Regler nur dann genutzt wird, wenn der Wertevergleich im ersten Schritt eine Anpassung der Dosiermenge als Ergebnis fordert. Ebenso könnten Mehrmengen auf Grundlage eines Kennfelds für verschiedene Betriebsbedingungen vorgegeben sein.
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In einem weiteren Fall 3 (Schritt
213) ist für NO
x der Istwert kleiner als der Soll-Wert, während für NH
3 der Ist-Wert größer ist als der Soll-Wert,
so dass also die NO
x-Emissionen nach dem Katalysator geringer sind als modelliert und der Schlupf höher als modelliert. Dieses Ergebnis weist darauf hin, dass der Katalysatorfüllstand zu hoch ist, so dass als Folge die Dosiermenge um einen gewissen Wert verringert werden kann. Wie zuvor bei der Erhöhung der Dosiermenge kann es sich um eine fest vorgegebene Mindermenge oder eine auf Basis der Soll- und Istwerte berechnete oder durch einen Regler bestimmte Mindermenge handeln.
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In Fall 4 (Schritt
214) ist erneut wie in Fall 1 der NO
x-lstwert größer als der NO
x-Sollwert, während allerdings gleichzeitig auch der Ist-Wert für den NH
3-Schlupf größer ist als der Sollwert, also
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Dies entspricht einer Situation, in der beide gemessenen Werte schlechter sind, als es anhand des aktuellen Modells vorhergesagt wurde. Daraus kann geschlossen werden, dass der Katalysator eine stärkere Alterung aufweist, als sie in dieser verwendeten Modellierung berücksichtigt wurde. Als Folge kann der Alterungsfaktor in dem Modell reduziert werden.
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In Fall 5 (Schritt
215) schließlich sind die Istwerte sowohl für NO
x als auch für NH
3 niedriger und damit besser als die Sollwerte,
das Modell hat also ein insgesamt schlechteres Katalysatorverhalten vorhergesagt, als es der Messung entspricht. Dies bedeutet, dass angenommen werden kann, dass der Katalysator weniger gealtert ist, als es in der derzeitigen Modellierung berücksichtigt wurde. Als Folge kann der Alterungsfaktor im Modell entsprechend erhöht werden.
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Dabei kann das Maß der Veränderung des Alterungsfaktors auf unterschiedliche Weise bestimmt werden, beispielsweise durch Anwendung eines geeigneten Regelglieds wie etwa einem I-Regler. Alternativ kann die Schrittweite der Erhöhung oder Reduzierung des Alterungsfaktors in den Fällen 4 und 5 fest vorgegeben sein, so dass beispielsweise bei einer Erfüllung der Bedingungen der jeweiligen Vergleichsfälle der Alterungsfaktor um einen Wert von 0,01 oder einen anderen geeigneten Wert erhöht oder reduziert wird, oder es kann eine variable Veränderung des Alterungsfaktors in Abhängigkeit bestimmter Bedingungen oder Parameter vorgesehen sein. Dabei können vorhandene Daten mit einfließen, die beispielsweise den üblichen Alterungsverlauf des verwendeten Katalysators berücksichtigen.
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Für alle dargestellten Fälle 1 bis 5 gilt, dass auch Toleranzgrenzen durch geeignete Schwellwerte mit berücksichtigt werden können. Dabei können die Toleranzen für jeden Vergleichsfall vom Betrag gleich oder unterschiedlich groß sein. Entsprechend können dann die angepassten Vergleichsbedingungen zur Ermittlung von Abweichungen jeweils lauten:
und
wobei C
1, C
2 (erste und zweite) Schwellwerte bzw. Konstanten ≤ 0 sein können, und C
3, C
4 (dritte und vierte) Schwellwerte ≥ 0 sein können. Ergebnisse innerhalb dieser durch die Schwellwerte abgegrenzten Bereiche können dann als im Wesentlichen gleich (Fall 1) betrachtet werden. Damit werden beispielsweise ständige Anpassungen und Wechsel von Dosiermengen oder Altersfaktor verhindert.
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Bei Überschreitung der jeweiligen Schwellen und bei erfüllten Freigabebedingungen erfolgt die entsprechende Änderung des Alterungsfaktors. Wie bereits beschrieben wurde, kann alternativ die Prüfung der Freigabebedingungen auch erst nach dem Parametervergleich und der Einordnung in die genannten Fälle erfolgen.
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In den 3 und 4 werden verschiedene beispielhafte Messkurven und Parameter gezeigt, welche in einem Kraftfahrzeug mit zwei SCR-Katalysatoren 20, 30 und zwei Dosierventilen 40, 50 für die Einspritzung der Harnstofflösung gemessen wurden, wobei es sich bei einem der Katalysatoren 20 um einen SCRF handelt, d.h. einen mit einem Partikelfilter kombinierten SCR-Katalysator. Zur Messung wurde ein NOx-Sensor 60 vor dem ersten Katalysator und jeweils ein Multigassensor 70, 80 nach dem ersten 20 und dem zweiten 30 Katalysator verwendet. Die Messungen beziehen sich hier beispielhaft auf den ersten Katalysator 20, also den SCRF-Katalysator, und damit die Sensorsignale der Sensoren 60 und 70.
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3 zeigt ein Beispiel verschiedener Mess- und Parameterwerte für einen SCR(F)-Katalysator im Fall 5, also für einen Katalysator, dessen Verhalten bei der Messung besser ist, als das Modell es alterungsbedingt vorhersagt und der die Bedingung (5) wie oben dargestellt erfüllt.
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Im ersten Graph 310 sind dazu die Roh-NOx-Werte 312, d.h. die NOx-Emissionen aus dem Motor vor dem Katalysator, sowie die NOx-lstwerte 314 aus dem Sensorsignal und -Sollwerte 316 aus dem Modell für NOx stromabwärts nach dem Katalysator in ppm im zeitlichen Verlauf über einen Zeitraum von etwa 25 Sekunden angegeben. Es ist nach einem sprunghaften Anstieg ein relativ kontinuierlich hoher Roh-NOx-Ausstoß 312 erkennbar, der wie gewünscht durch den Katalysator deutlich reduziert wird. Die Soll- und Ist-Werte 314 bzw. 316 für NOx liegen nah beieinander, weisen aber insbesondere im Bereich des Anstiegs und Abfalls der Emissionen eine deutliche Differenz auf, so dass das Modell einen höheren NOx-Ausstoß vorhersagt, als das Sensorsignal misst.
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Der zweite Graph 320 zeigt die Soll-Werte 322 und Ist-Werte 324 für NH3 in ppm hinter dem SCRF-Katalysator über den gleichen Zeitbereich hinweg. Erneut sind die Ist-Werte aus dem Sensorsignal gewonnen, während die Sollwerte die modellierten Werte wiedergeben. Auch hier sind deutlichere Differenzen zwischen den Ist- und Sollwerten erkennbar.
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Im dritten Graph 330 sind schließlich die Vergleichswerte bzw. Differenzen von Sollwert und Istwert für NOx, Kurve 332, und NH3, Kurve 334 nach dem Katalysator aufgetragen. Dabei ist zu beachten, dass dieser Vergleich bzw. die Differenz von Ist- und Sollwert generell, auch für alle oben genannten fünf Bewertungsfälle, auf unterschiedliche Arten berechnet werden kann und bevorzugt nicht nur eine momentane Differenzbildung umfasst. Beispielsweise wurden im vorliegenden Fall aus 3 die Abweichungen der in mg/s vorgegebenen Massenströme von NOx und NH3 jeweils integriert und dann normiert in mg/km bereitgestellt, also bezogen auf die zurückgelegte Fahrstrecke. Die Fahrstrecke kann dabei direkt verwendet werden oder z.B. aus der Fahrgeschwindigkeit integriert werden. Alternativ können die Sensorsignale und Modellwerte als Konzentrationen dargestellt und ihre Differenzen ausgewertet werden, die dann wiederum integriert werden können. Statt den Vergleich auf die zurückgelegte Fahrstrecke zu beziehen, kann alternativ auch eine bestimmte NOx-Roh-Emissionsmenge als vorgegebene Bezugsgröße für die Integration verwendet werden.
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Der vierte Graph 340 in 3 zeigt schließlich den Alterungsfaktor 342, der abhängig von den Vergleichsergebnissen und den geprüften Freigabebedingungen gleich bleibt oder angepasst wird. Wie bereits beschrieben, ist der Alterungsfaktor hier als dimensionsloser Faktor zwischen 0 und 1 ausgeführt, könnte aber auch anders implementiert werden. Aufgrund der im dritten Graph 330 gezeigten Abweichungen zwischen Soll- und Istwert wird der Alterungsfaktor 342 schließlich um eine Stufe von 0,41 auf 0,42 erhöht, da die Alterung kleiner ist als angenommen.
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Dabei können neben den beschriebenen Vergleichen der NOx/NH3-Werte optional auch weitere Auslöser für eine Anpassung des Alterungsfaktors vorgesehen sein, die hier nicht gezeigt oder beschrieben sind.
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4 zeigt eine weitere beispielhafte Messung und die zugehörigen Berechnungs- und Vergleichswerte in einem SCRF-Katalysator im Fall 4, also einen Fall, in dem die gemessenen Ist-Werte sowohl für den NH3-Schlupf als auch für die Stickoxide nach dem Katalysator höher und damit schlechter als die modellierten Sollwerte sind.
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Dabei sind die vier Graphen wie in 3 angeordnet und zeigen den Verlauf der Modell- und Messwerte über einen Bereich von etwa 55 Sekunden. Erneut zeigt der erste Graph 410 die Stickoxid-Werte vor und nach dem Katalysator, also den Roh-NOx-Wert 412, den NOx-Ist-Wert 414 nach dem Katalysator, sowie den NOx-Sohwert 416 nach dem Katalysator, jeweils in ppm. Die Roh-Emissionswerte schwanken auf hohem Niveau, bevor sie zum Ende hin abfallen. Der zweite Graph 420 zeigt den Sollwert 422 und den Istwert 424 für NH3 in ppm, während der dritte Graph 430 wieder die integrierten Abweichungen der Soll- und Istwerte für NOx (Kurve 432) und NH3 (434) darstellt. Im Ergebnis wird aufgrund der Messungen und der erfüllten Vergleichsbedingungen der Alterungsfaktor 442 in Graph 440 nach den ersten Messpunkten um eine Stufe von 0,44 auf 0,43 gesenkt, da die Abweichungen anzeigen, dass die Istwerte schlechter sind, als das Modell derzeit vorhersagt.
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Neben der beschriebenen Modellanpassung für die Dosierung kann der auf die beschriebene Weise aktuell gehaltene Alterungsfaktor auch für weitere Zwecke in der Steuerung verwendet werden. Beispielsweise kann auf dieser Basis der generelle Datenstand in Bezug auf den Katalysator angepasst werden, da ein gealtertes System beispielsweise weniger NOx-Umsatz generieren kann oder beim gleichen Umsatz mehr NH3-Schlupf erzeugt. Ebenso können die NH3-Füllstände an die korrigierte Alterung angepasst werden.
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Generell können die Ausführungsformen des vorstehenden Verfahrens in jedem Abgasnachbehandlungssystem von Verbrennungsmotoren mit einem SCR-Katalysator oder einem gleichwertigen System verwendet werden, beispielsweise in Benzin- oder Dieselmotoren. Das Steuerungsverfahren kann auch als Softwaremodul implementiert werden, das in neue oder bestehende Steuerungseinheiten für einen Katalysator bzw. für ein Fahrzeug integriert werden kann, soweit die Steuerung die Sensorsignale erhalten kann. Die genannten und gezeigten Zahlenwerte für Freigabebedingungen und Vergleichsschwellen sind nur beispielhaft zu verstehen und können in jedem System durch geeignete andere Werte ersetzt werden. Ebenso kann die Berücksichtigung der Alterung im Modell auf eine andere Weise als hier beschrieben umgesetzt werden, so dass sich auch die aus den Vergleichsfällen folgenden Anpassungsschritte entsprechend ändern, wobei dennoch der grundlegende Verfahrensverlauf wie oben dargestellt verwendet werden kann.