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Stand der Technik
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Die Erfindung geht aus von einem Verfahren und einer Vorrichtung zum Bestimmen einer Reglerausgangsgröße eines Reglers, insbesondere für eine Handmomentenregelung eines Steer-by-Wire Lenksystems für ein Fahrzeug.
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Bei Steer-by-Wire Lenksystemen wird ein gewünschtes Lenkgefühl für einen Fahrer durch eine Regelung erzeugt. Dabei wird ein entsprechendes Ist-Moment gemessen und an einen Regler zurückgeführt. Das gewünschte Lenkgefühl wird dabei durch ein Soll-Moment abgebildet, das dem Regler zugeführt wird. Der Regler berechnet ein entsprechendes Ausgangssignal so, dass das Ist-Moment dem Soll-Moment möglichst zu jeder Zeit gleicht. Der Regler wird dabei so entworfen, dass eine definierte Spezifikation an den Regler erfüllt wird. Die Spezifikation umfasst üblicherweise mehrere Zielgrößen, wie beispielsweise ein gutes Führungsverhalten, ausreichende Störunterdrückung, genügend Robustheit, haptische Unauffälligkeit, etc. Mit einem Regler, der eine eindeutige Bedatung und/oder Parametrierung aufweist, ist das gleichzeitige Erfüllen aller Zielvorgaben sehr schwierig, da diese typischerweise nicht unabhängig voneinander sind und daher einen Kompromiss erfordern.
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Deshalb ist ein Regler wünschenswert, der an eine Betriebssituation anpassbar ist und die entsprechenden gewünschten Zielvorgaben insbesondere bezüglich einem guten Führungsverhalten, ausreichender Störunterdrückung, genügend Robustheit und/oder haptischer Unauffälligkeit erfüllt.
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DE 10 2019 202 769 A 1 betrifft eine Bewegungssteuerung eines Kraftfahrzeugs mittels Regelung. Ein Ziel dieser Regelung besteht darin, ein gutes Führungsverhalten zu erzielen, also, die Regelabweichung zwischen Soll und IstWert zu optimieren.
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US 7,130,729 B2 betrifft eine adaptive Kompensation einer Hinterachslenkungsregelung mittels Fahrzeugdynamischer Parameterschätzung mit einem Gain-Scheduler. Dieser ist als eine vordefinierte Funktion von Parametern des Fahrzeuges realisiert und wird parallel zu einer Reglereinheit in einem offenen Kreis ausgeführt, wobei eine Stellgröße abhängig von einer Summe aus einer Stellgröße der Reglereinheit und einer Stellgröße des Gain-Scheduler bestimmt wird. Wünschenswert ist es, demgegenüber ein Regelkonzept bereitzustellen, das in der Lage ist, mehrere widerstreitenden Zielvorgabe mit unterschiedlichen Kompromissen, die auf Lenk- und Fahrsituation abgestimmt werden, zu erfüllen. Von besonderem Interesse sind dabei Zielvorgaben die außer dem Führungsverhalten, auch um andere Zielgröße betreffen, die sich durch Signale des Systems nicht zeitlich quantifizieren lassen. Beispiele für solche Zielgrößen sind z.B. haptische Auffälligkeit oder Robustheit.
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Offenbarung der Erfindung
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Dies wird durch eine Vorrichtung und ein Verfahren gemäß den unabhängigen Ansprüchen erreicht.
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Eine Übertragungsfunktion eines geschlossenen Regelkreises charakterisiert mit deren Amplitude und Phase in bestimmten Frequenzbereichen verschiedene Zielgrößen, z.B. Führungsverhalten, haptische Auffälligkeit oder Robustheit. Bei der in
DE 10 2019 202 769 A beschriebenen Vorgehensweise tritt de Gain-Scheduler, im Pfad der Ist-Werte auf. Das bedeutet, der Gain-Scheduler tritt bezüglich eines Systemverhaltens im geschlossenen Regelkreis nichtlinear auf. D.h. es kann sein, dass die Robustheit, z.B. beim Erhöhen eines Gains des Gain-Schedulers mit einem Gain-Scheduling Parameter zuerst verbessert wird, sich bei weiterem Erhöhen wieder verschlechtert. Deshalb ist es schwer anzugeben, in welche Richtung der Gain-Scheduling Parameter im Gain-Scheduler zu verändern ist, um die Robustheit zu erhöhen. Demgegenüber ist ein Verhalten im geschlossenen Regelkreis durch die Vorrichtung und das Verfahren gemäß den unabhängigen Ansprüchen aufgrund seiner Anpassung linear abhängig vom Gain-scheduling Parameter. Daher ist ein Zusammenhang zwischen einer Zielgröße und einem Gain-Scheduling Parameter monoton.
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Im Verfahren ist vorgesehen, dass eine Reglerausgangsgröße einer Regeleinrichtung mit einem Regler für eine Regelstrecke, insbesondere für eine Handmomentenregelung eines Steer-by-Wire Lenksystems für ein Fahrzeug, bestimmt wird, wobei eine vorgegebene Reglereigenschaft des Reglers durch einen vorgegebenen Anpassungsanteil angepasst wird, wobei ein Einfluss des vorgegebenen Anpassungsanteils auf die Reglereigenschaft abhängig von einem Parameter kontinuierlich verändert wird, wobei der Parameter abhängig von einer Betriebsgröße der Regelstrecke, insbesondere einer Lenk- und/oder Fahrsituation des Fahrzeugs, bestimmt wird und die Reglerausgangsgröße mit dem Regler bestimmt wird. Dadurch wird der Regler mit einer situativ abhängigen Reglerbedatung betrieben und abhängig von Lenk- und/oder Fahrsituationen des Fahrzeugs die Reglereigenschaften kontinuierlich anzupassen, ohne dass dabei Unstetigkeiten entstehen, die beispielsweise ein Fahrer des Fahrzeugs wahrnimmt.
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Vorzugsweise ist vorgesehen, dass der vorgegebene Anpassungsanteil abhängig von einer Betriebsgröße des Reglers bestimmt wird.
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Vorzugsweise ist vorgesehen, dass die Reglerausgangsgröße abhängig von einer Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung bestimmt wird, wobei die Übertragungsfunktion abhängig von einer Koprime-Faktorisierung der Regelstrecke definiert und der Anpassungsanteil mit der Youla-Parametrisierung parametriert ist, wobei die Youla-Parametrisierung durch den Parameter skaliert wird. Dadurch ist eine Stabilität eines geschlossenen Regekreises, der den Regler und die Regelstrecke umfasst, trotz der Anpassung der Reglereigenschaften beziehungsweise einer Umbedatung des Reglers garantiert. Somit wird es ermöglicht, die Reglereigenschaften kontinuierlich ohne einen schaltenden Betrieb zu verändern und gleichzeitig die Stabilität des Regelkreises zu gewährleisten.
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Vorzugsweise ist vorgesehen, dass wenigstens ein Übertragungsverhalten des Regelkreises, der die Regeleinrichtung und die Regelstrecke umfasst, insbesondere eine Störunterdrückung, durch den Parameter modifiziert wird und wenigstens ein anderes Übertragungsverhalten nicht. Dadurch wird es ermöglicht, die aus der Lenk- und/oder Fahrsituationen des Fahrzeugs resultierenden Zielgrößen an den Regler kontinuierlich und individuell zu erreichen.
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Vorzugsweise ist vorgesehen, dass ein Gradient des Parameters nicht begrenzt wird. Das bedeutet, der Gradient muss nicht begrenzt werden. Dadurch kann eine Dynamik des Parameters beliebig gewählt werden ohne Instabilität zu induzieren.
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Zudem ist eine Vorrichtung vorgesehen, die dazu ausgebildet ist eine Reglerausgangsgröße einer Regeleinrichtung mit einem Regler für eine Regelstrecke, insbesondere für eine Handmomentenregelung eines Steer-by-Wire Lenksystems für ein Fahrzeug, zu bestimmen, wobei die Vorrichtung dazu ausgebildet ist, eine vorgegebene Reglereigenschaft des Reglers durch einen vorgegebenen Anpassungsanteil anzupassen; einen Einfluss des vorgegebenen Anpassungsanteils auf die Reglereigenschaft abhängig von einem Parameter kontinuierlich zu verändern; den Parameter abhängig von einer Betriebssituation der Regelstrecke, insbesondere einer Lenk- und/oder Fahrsituation des Fahrzeugs, zu bestimmen und die Reglerausgangsgröße mit dem Regler zu bestimmen.
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Es kann vorgesehen sein, dass die Vorrichtung dazu ausgebildet ist, den vorgegebenen Anpassungsanteil abhängig von einer Betriebsgröße des Reglers zu bestimmen.
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Es kann vorgesehen sein, dass die Vorrichtung dazu ausgebildet ist, die Reglerausgangsgröße abhängig von einer Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung zu bestimmen, wobei die Übertragungsfunktion durch eine Koprime-Faktorisierung der Regelstrecke definiert und der Anpassungsanteil mit einer Youla-Parametrierung parametriert ist, und wobei die Vorrichtung dazu ausgebildet ist, die Youla-Parametrierung durch den Parameter zu skalieren.
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Es kann vorgesehen sein, dass die Vorrichtung dazu ausgebildet ist, wenigstens ein Übertragungsverhalten des Regelkreises, der die Regeleinrichtung und die Regelstrecke umfasst, insbesondere eine Störunterdrückung, durch den Parameter zu modifizieren und wenigstens ein anderes Übertragungsverhalten nicht.
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Es kann vorgesehen sein, dass die Vorrichtung ohne eine Begrenzung eines Gardienten des Parameters ausgebildet ist.
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Für eine Regelung eines Fahrzeugs, umfasst das Fahrzeug die Vorrichtung.
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Weitere vorteilhafte Ausführungsformen ergeben sich aus der folgenden Beschreibung und der Zeichnung. In der Zeichnung zeigt:
- 1 eine schematische Darstellung eines Teils eines Steer-by-Wire Lenksystems,
- 2 ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Bestimmen einer Reglerausgangsgröße eines Reglers,
- 3 eine schematische Darstellung eines Teils eines Fahrzeugs.
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1 zeigt eine schematische Darstellung einer Vorrichtung 100 für eine Regelung einer Regelstrecke 102. Die Vorrichtung 100 umfasst eine Regeleinrichtung 104, die der Regelstrecke 102 eine Reglerausgangsgröße 106 durch einen Regler 108 bereitstellt. Die Regelung wird im Folgenden am Beispiel einer Handmomentenregelung eines Steer-by-Wire Lenksystems beschrieben.
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Die Reglerausgangsgröße 106 charakterisiert im Beispiel ein Motormoment für den Handmomentensteller des Steer-by-Wire Lenksystems. Ein Signal des Steer-by-Wire Lenksystems, das ein Ist-Moment 110 des Handmomentenstellers charakterisiert, wird dem Regler 108 als eine Eingangsgröße bereitgestellt.
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Zudem wird dem Regler 108 ein Soll-Moment 112 für das erwünschte Handmoment sowie ein Parameter 114, welcher im Folgenden auch als Parameter r bezeichnet wird, als weitere Eingangsgrößen zugeführt.
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Eine vorgegebene Reglereigenschaft des Reglers 108 wird durch einen vorgegebenen Anpassungsanteil 116 angepasst. Ein Einfluss des vorgegebenen Anpassungsanteils 116 auf die Reglereigenschaft wird von dem Parameter r kontinuierlich verändert. Der Parameter r wird abhängig von einer Betriebssituation des Steer-by-Wire Lenksystems, insbesondere einer Lenk- und/oder Fahrsituation des Fahrzeugs, bestimmt. Dadurch wird eine für die Betriebssituation geeignete Reglereigenschaft gewählt.
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Bei der Anpassung der Reglereigenschaft durch den Parameter r soll sichergestellt sein, dass ein Regelkreis, der die Regeleinrichtung 104 und die Regelstrecke 102 umfasst, stabil bleibt. Dafür wird die Regelstrecke 102 mittels einer Koprime-Faktorisierung folgendermaßen zerlegt
wobei die Regelstrecke 102 mit G(s) bezeichnet ist und die Übertragungsfunktionen N(s) und M(s) stabil sind. Aufgrund der Koprime-Eigenschaft existieren weitere stabile Übertragungsfunktionen X(s) und Y(s), sodass die Bezout-Identität
gilt. Jegliche Regeleinrichtung, die folgende Übertragungsmatrix K(s) aufweist,
mit einer vorgegebenen stabilen Übertragungsfunktion K
ff(s) und mit einer beliebigen stabilen Übertragungsfunktion Q(s) parametrisiert wird, stabilisiert die Regelstrecke G(s) und dadurch auch den Regelkreis. Die stabile Übertragungsfunktion Q(s) stellt den Anpassungsanteil 116 dar. Der Regler 108, der zusammen mit der Übertragungsfunktion Q(s) die Übertragungsmatrix K(s) ergibt, weist folgende Übertragungsmatrix J(s) auf,
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Die Übertragungsfunktion Q(s) als Anpassungsanteil 116 ist im Beispiel mit einer Youla-Parametrisierung parametrisiert, wobei die Youla-Parametrisierung durch den Parameter r skaliert wird. Der Regler 108 wird entsprechend dem im Vorherigen beschriebene Vorgehen entworfen, wodurch die Reglereigenschaften der Regeleinrichtung 104 über den Parameter r angepasst werden können. Dabei bleibt die Stabilität des Regelkreises erhalten.
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Die Regeleinrichtung 104 ergibt sich dementsprechend aus dem vorgegebenen Regler 108 der mit dem durch den Parameter r gemäß der Youla-Parametrierung skalierten Anpassungsanteil 116 kombiniert wird. Der Anpassungsanteil 116 wird beispielweise mit Berücksichtigung einer Lenk- und/oder Fahrsituation des Fahrzeugs spezifiziert oder abhängig von einer Betriebsgröße des Reglers 108 bestimmt.
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2 zeigt ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Bestimmen der Reglerausgangsgröße 106 des Reglers 108 für die Handmomentenregelung des Steer-by-Wire Lenksystems für ein Fahrzeug. In einem Schritt 200 wird eine Betriebssituation der Regelstrecke in Form einer Lenk und/oder Fahrsituation des Fahrzeugs bestimmt.
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In einem Schritt 202 wird abhängig von der Betriebssituation der Parameter r bestimmt und abhängig von dem Parameter r der Einfluss des Anpassungsanteils 116 verändert, wodurch die Reglereigenschaft angepasst wird.
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Der vorgegebene Anpassungsanteil 116 wird beispielweise abhängig von einer der Betriebsgröße des Reglers 108 bestimmt.
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In einem Schritt 204 wird die Reglerausgangsgröße 106 des Regler 108 durch den Regler 108 mit der zuvor angepassten Reglereigenschaft bestimmt und dem Steer-by-Wire Lenksystem bereitgestellt.
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Die Reglerausgangsgröße 106 wird im Beispiel abhängig von der Übertragungsfunktion K(s) der Regeleinrichtung 104 bestimmt.
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Die Übertragungsfunktion K(s) wird abhängig von einer Koprime-Faktorisierung der Regelstrecke 102, d.h. im Beispiel G(s), definiert. Der Anpassungsanteil 116 ist im Beispiel mit der Youla-Parametrierung Q(s) parametriert. Die Youla-Parametrierung Q(s) wird im Beispiel durch den Parameter 114 skaliert.
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Es kann vorgesehen sein, dass wenigstens ein Übertragungsverhalten des Regelkreises, insbesondere eine Störunterdrückung, durch den Parameter 114 modifiziert wird und wenigstens ein anderes Übertragungsverhalten nicht.
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Es kann vorgesehen sein, dass der Gradient des Parameters 114 nicht begrenzt wird.
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In 3 ist ein Teil eines Fahrzeugs 300 schematisch dargestellt. Das Fahrzeug 300 umfasst das Steer-by-Wire Lenksystem. Das Steer-by-Wire Lenksystem umfasst eine Lenkung 302 und einen Handmomentensteller 304.
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Im Beispiel umfasst das Fahrzeug 300 zwei Hinterräder 306 und zwei Vorderräder 308. Die Hinterräder 306 sind im Beispiel nicht lenkbar. Die Vorderräder 308 sind im Beispiel durch die Lenkung 302 lenkbar.
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Es können auch zusätzlich zu den Vorderrädern 308 oder statt der Vorderräder 308 die Hinterräder 306 durch eine Lenkung der Hinterachse lenkbar sein.
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Der Handmomentensteller 304 nimmt Richtungsvorgaben eines Fahrers auf und erzeugt ein Lenkgefühl für den Fahrer. Zur Erzeugung des Lenkgefühls enthält der Handmomentensteller 304 einen Motor 310 der ein entsprechendes Motormoment auf eine Rotorwelle 312 abgibt das dann über ein Getriebe 314 und einen Drehstab 316 an eine Lenkhandhabe 318 weitergeleitet wird. Als Lenkhandhabe 318 ist beispielhaft ein Lenkrad dargestellt.
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Das Fahrzeug 300 umfasst die Vorrichtung 100, wobei der Handmomentensteller 304 die Regelstrecke 102 darstellt. Im Beispiel wird der Motor 310 mit der Reglerausgangsgröße 106 abhängig vom Ist-Moment 110 des Handmomentstellers 304 angesteuert.
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Die Vorrichtung und das Verfahren wurde am Beispiel der Handmomentenregelung des Steer-by-Wire Lenksystems für das Fahrzeug 300 beschrieben. Das Verfahren ist auch für eine Reglerausgangsgröße eines Reglers für eine andere Regelstrecke anwendbar. Es kann vorgesehen sein, dass die Vorrichtung 100 für eine Reglerausgangsgröße einer Regeleinrichtung für eine andere Regelstrecke ausgebildet ist, insbesondere für einen anderen Teil des Steer-by-Wire Lenksystems oder einen anderen Teil des Fahrzeugs 300.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102019202769 A [0004, 0007]
- US 7130729 B2 [0005]