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Die Erfindung betrifft ein Fahrassistenzsystem (FAS) und ein Verfahren zum Betreiben eines solchen Fahrassistenzsystems. Dabei kann es sich um ein Fahrassistenzsystem handeln, welches ein assistiertes oder wenigstens teilautomatisiertes Fahren eines Fahrzeugs ermöglicht. Insbesondere kann die Erfindung im Zusammenhang mit einem verbesserten Einregeln einer Kurvengeschwindigkeit im Rahmen eines längsregelnden FAS, wie z.B. einer automatischen Abstandsgeschwindigkeitsregelung (Adaptive Cruise Control - ACC), angewendet werden.
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Unter dem Begriff „automatisiertes Fahren“ wird im Rahmen des Dokuments ein Fahren mit automatisierter Längs- und/oder Querführung verstanden. Beim automatisierten Fahren kann es sich beispielsweise um ein zeitlich längeres Fahren auf der Autobahn oder um ein zeitlich begrenztes Fahren im Rahmen des Einparkens handeln. Der Begriff „automatisiertes Fahren“ umfasst automatisiertes Fahren mit einem beliebigen Automatisierungsgrad. Beispielhafte Automatisierungsgrade sind assistiertes, teilautomatisiertes, hochautomatisiertes, vollautomatisiertes und autonomes Fahren (mit jeweils zunehmendem Automatisierungsgrad). Die vorstehend genannten fünf Automatisierungsgrade entsprechen den SAE-Leveln 1 bis 5 der Norm SAE J3016 (SAE - Society of Automotive Engineering). Beim assistierten Fahren (SAE-Level 1) führt das System die Längs- oder Querführung in bestimmten Fahrsituationen durch. Beim teilautomatisierten Fahren (SAE-Level 2) übernimmt das System die Längs- und Querführung in bestimmten Fahrsituationen, wobei der Fahrer das System wie beim assistierten Fahren dauerhaft überwachen muss. Beim hochautomatisierten Fahren (SAE-Level 3) übernimmt das System die Längs- und Querführung in bestimmten Fahrsituationen, ohne dass der Fahrer das System dauerhaft überwachen muss; der Fahrer muss aber innerhalb einer gewissen Zeit in der Lage sein, die Fahrzeugführung auf Anforderung durch das System zu übernehmen. Beim vollautomatisierten Fahren (SAE-Level 4) übernimmt das System die Fahrzeugführung in bestimmten Fahrsituationen, selbst wenn der Fahrer auf eine Anforderung zum Eingreifen nicht reagiert, so dass der Fahrer als Rückfallebene entfällt. Beim autonomen Fahren (SAE-Level 5) können vom System alle Aspekte der dynamischen Fahraufgabe unter jeder Fahrbahn- und Umgebungsbedingung durchgeführt werden, welche auch von einem menschlichen Fahrer beherrscht werden. Der SAE-Level 5 entspricht somit einem fahrerlosen Fahren, bei dem das System während der ganzen Fahrt alle Situationen wie ein menschlicher Fahrer automatisch bewältigen kann; ein Fahrer ist generell nicht mehr erforderlich.
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Generell besteht ein Bestreben zur fortlaufenden Verbesserung von Fahrassistenzfunktionen, wie z.B. ACC, um den Benutzerkomfort weiter zu erhöhen. Bei ACC betrifft dies beispielsweise das Einstellen von sicheren und als komfortabel empfundenen Kurvengeschwindigkeiten. Dies ist insbesondere in städtischen Situationen mit vergleichsweise häufigen und engen Kurven relevant.
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Bei im Stand der Technik bekannten ACC-Systemen erfolgt eine Kurvengeschwindigkeitsbegrenzung üblicherweise auf der Basis von fahrzeugdynamischen Daten, die kennzeichnend für eine (gegenwärtige) Kurvenfahrt sind, wie z.B. einer Gierrate und/oder einer Querbeschleunigung. Allein auf der Grundlage solcher Ist-Größen ist jedoch ein prädiktives Verhalten, d.h. keine vorausschauende Anpassung der Längsdynamik vor dem eigentlichen Befahren einer Kurve, nicht oder nur sehr schwer bzw. nur in geringem Maße möglich. Beispielsweise könnte es bei herkömmlichen ACC-System bei einem Abbiegevorgang an einer Kreuzung zu einem von den Fahrzeuginsassen als wenig komfortabel empfundenen „Hineinschießen“ in die Kurve, gefolgt von einem vergleichsweise abrupten Abbremsen, kommen, falls die Kurvengeschwindigkeit erst begrenzt wird, wenn die Gierrate einen bestimmten Schwellwert erreicht.
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Es gibt im Stand der Technik bereits einige Ansätze für eine vorausschauende Anpassung einer Längsdynamik eines Kraftfahrzeugs.
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Beispielsweise sieht ein in der
DE 10 2005 055 322 B4 beschriebener Ansatz vor, dass während einer Fahrgeschwindigkeitsregelung eine Soll-Beschleunigung reduziert wird, wenn aus den Daten eines Navigationssystems der Beginn einer Kurve im vorausliegenden Fahrbahnverlauf ermittelt wird.
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Auch bei einem in der
DE 100 47 749 A1 vorgeschlagenen Ansatz wird ein Parameter zur Längsregelung abhängig von den Informationen eines Navigationssystems bestimmt. Dabei können ferner eine vom Fahrer programmierte Route sowie Betriebsgrößen des Fahrzeugs, wie z.B. ein Blinkersignal, ein Lenkwinkelsignal und/oder ein Fahrzeuggeschwindigkeitssignal, Berücksichtigung finden.
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Es besteht ein Bedarf, die Möglichkeiten einer prädiktiven Berücksichtigung eines Streckenverlaufs bei der Steuerung der Fahrzeugführung im Rahmen von Fahrassistenzsystemen weiter zu verbessern. Daher ist es eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein insbesondere in dieser Hinsicht verbessertes Fahrassistenzsystem sowie in Verfahren zum Betreiben eines solchen Fahrassistenzsystems anzugeben.
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Die Aufgabe wird durch die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
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Es wird darauf hingewiesen, dass zusätzliche Merkmale eines von einem unabhängigen Patentanspruch abhängigen Patentanspruchs ohne die Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs oder nur in Kombination mit einer Teilmenge der Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs eine eigene und von der Kombination sämtlicher Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs unabhängige Erfindung bilden können, die zum Gegenstand eines unabhängigen Patentanspruchs, einer Teilungsanmeldung oder einer Nachanmeldung gemacht werden kann. Dies gilt in gleicher Weise für in der Beschreibung erläuterte technische Lehren, die eine von den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche unabhängige Erfindung bilden können.
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Ein erster Aspekt der Erfindung betrifft ein Fahrassistenzsystem (FAS) für ein Fahrzeug.
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Das Fahrzeug kann insbesondere ein Kraftfahrzeug sein. Unter dem Begriff Kraftfahrzeug soll dabei insbesondere ein Landfahrzeug, das durch Maschinenkraft bewegt wird, ohne an Bahngleise gebunden zu sein, verstanden werden. Ein Kraftfahrzeug in diesem Sinne kann z.B. als Kraftwagen, Kraftrad oder Zugmaschine ausgebildet sein.
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Das FAS kann z.B. eine oder mehrere an sich bekannte Fahrassistenzfunktionen zum assistierten oder teilautomatisierten Fahren bereitstellen, insbesondere mit einer wenigstens teilweise automatisierten Längsführung, wie z.B. eine Geschwindigkeitsbegrenzung, eine automatische Geschwindigkeitsregelung oder eine automatische Abstandsgeschwindigkeitsregelung (ACC). Zusätzlich oder alternativ ist es aber auch möglich, dass das FAS eine oder mehrere an sich bekannte Fahrassistenzfunktionen mit einer wenigstens teilweise automatisierten Querführung bereitstellt, wie z.B. einen Lenk- und Spurführungsassistenten (LSA), einen Ausweichassistenten (AWA), einen Spurwechselassistenten (SWA) oder dergleichen.
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Erfindungsgemäß umfasst das FAS eine Erfassungsvorrichtung, die zum Erfassen eines Blickverhaltens eines Insassen, wie z.B. eines Fahrers, des Fahrzeugs eingerichtet ist. Die Erfassungsvorrichtung kann beispielsweise eine in dem Fahrzeug angeordnete Innenraumkamera sein oder eine solche umfassen.
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Des Weiteren umfasst das FAS eine Auswertevorrichtung, die eingerichtet ist zum Bestimmen (i.S.v. Feststellen), ob das erfasste Blickverhalten (z.B. mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit) auf eine bevorstehende und/oder durch den Insassen beabsichtigte Kurvenfahrt des Fahrzeugs hindeutet.
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Das FAS umfasst zudem eine Steuervorrichtung, die eingerichtet ist zum Erzeugen von Steuersignalen für eine Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs in Abhängigkeit von einem Ergebnis des Bestimmens, ob das erfasste Blickverhalten auf eine bevorstehende und/oder durch den Insassen beabsichtigte Kurvenfahrt des Fahrzeugs hindeutet.
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Die Steuervorrichtung kann ferner eingerichtet sein, die erzeugten Steuersignale an eine entsprechende Aktuatorik zur Beeinflussung des Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs auszugeben. Gemäß einer Weiterbildung kann das FAS auch eine solche Aktuatorik umfassen, d.h. eine Aktuatorik, die eingerichtet ist, die Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs in Abhängigkeit von den Steuersignalen zu steuern. Die Aktuatorik kann insbesondere eine Längsführungsaktuatorik, wie z.B. eine Bremseinrichtung und einen Antriebsstrang, und/oder eine Querführungsaktuatorik, wie z.B. eine Lenkung, umfassen.
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Die Auswertevorrichtung und die Steuervorrichtung können z.B. jeweils eine oder mehrere Datenverarbeitungseinrichtung(en) aufweisen, welche mittels eines oder mehrerer entsprechender Computerprogramme bzw. Computerprogrammteile eingerichtet sind, den Bestimmungsschritt bzw. den Schritt des Erzeugens der Steuersignale auszuführen. Dabei ist auch denkbar, dass die Auswertevorrichtung und die Steuervorrichtung auf ein und dieselbe Datenverarbeitungseinrichtung zurückgreifen.
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Es liegt also auch im Rahmen der Erfindung, dass ein und dieselbe Datenverarbeitungseinrichtung, wie z.B. ein Steuergerät, sowohl die Auswertevorrichtung als auch die Steuervorrichtung realisieren kann. Es muss sich demnach bei der Auswertevorrichtung und der Steuervorrichtung nicht notwendigerweise um separate (Datenverarbeitungs-)Vorrichtungen handeln.
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Allgemeine können die genannten Funktionen aber auch auf mehreren separaten oder räumlich verteilten Datenverarbeitungseinrichtungen ausgeführt werden. Dabei ist es z.B. auch denkbar, dass die Erfassungsvorrichtung eine oder mehrere Datenverarbeitungseinrichtungen aufweist, welche einen Teil der genannten Funktionen, wie z. B. den Bestimmungsschritt der Auswertevorrichtung, ganz oder teilweise ausführen.
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Mit anderen Worten kann es gemäß einigen Ausführungsformen funktionale und/oder hardwaretechnische Überschneidungen zwischen der Erfassungsvorrichtung, der Auswertevorrichtung und der Steuervorrichtung geben und einige dieser Vorrichtungen, insbesondere die Auswertevorrichtung und die Steuervorrichtung, können gemäß einigen Ausführungsformen sogar identisch sein.
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Beim Bestimmen, mittels der Auswertevorrichtung, ob das erfasste Blickverhalten auf eine bevorstehende und/oder durch den Insassen beabsichtigte Kurvenfahrt des Fahrzeugs hindeutet, können zum Beispiel geeignete Verfahren der Computer Vision, etwa unter Verwendung von künstlichen neuronalen Netzen und Deep Learning, zum Einsatz kommen.
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Gemäß einer Ausführungsform umfasst das Bestimmen, ob das erfasste Blickverhalten auf eine bevorstehende und/oder durch den Insassen beabsichtigte Kurvenfahrt des Fahrzeugs hindeutet, ein Auswerten des erfassten Blickverhaltens hinsichtlich einer Blickrichtung des Insassen.
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Dabei kann sich das erfasste Blickverhalten insbesondere auf eine Blickrichtung im Sinne einer erfassten Ausrichtung der Pupille(n) des Insassen beziehen. Alternativ oder zusätzlich ist auch eine Erfassung der Blickrichtung anhand einer Kopfpose oder speziell eines „Nasenvektors“ des Insassen bzw. des Wechselverhaltens beider Informationen (d.h. Blickrichtung entsprechend der Pupillenausrichtung und Kopfpose bzw. Nasenvektor) denkbar.
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Dabei kann das Blickverhalten z.B. insbesondere hinsichtlich einer Verweildauer des Blicks des Insassen in einer bestimmten Blickrichtung ausgewertet werden.
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Weiter ist möglich, dass ein Auswerten des erfassten Blickverhaltens hinsichtlich eines oder mehrerer Blickrichtungswechsel, insbesondere einschließlich einer Blickrichtungswechselgeschwindigkeit und/oder einer Blickrichtungswechselhäufigkeit (ggf. pro Zeiteinheit), erfolgt. Es kann also insbesondere vorgesehen sein, dass das Bestimmen, ob das erfasste Blickverhalten auf eine bevorstehende und/oder durch den Insassen beabsichtigte Kurvenfahrt des Fahrzeugs hindeutet, ein Auswerten des erfassten Blickverhaltens hinsichtlich eines zeitlichen Verlaufs eines oder mehrerer Blickrichtungswechsel umfasst.
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Im Einklang mit den vorstehend beschriebenen Ausführungsvarianten hinsichtlich der Auswertung des erfassten Blickverhalten ist beispielsweise denkbar, dass eine bevorstehende oder durch den Fahrer beabsichtigte Abbiegung, einschließlich der Richtung der Abbiegung, daran erkannt wird, dass der Fahrer seinen Kopf bzw. seinen Blick z.B. deutlich nach links und sodann deutlich nach rechts (oder umgekehrt) wendet. Üblicherweise schaut ein Fahrer nämlich, z.B. je nach einer Vorfahrtsituation, an einer Abbiegung in einer bestimmten Reihenfolge in mehrere Richtungen, und zwar ggf. jeweils mit einer typischen Verweildauer seines Blicks. Eine Analyse einer Blickrichtungswechselhäufigkeit und/oder Blickrichtungswechselgeschwindigkeit kann dabei z.B. für eine Abgrenzung von Situationen dienen, in denen der Fahrer sich von Objekten, wie etwa am Fahrbahnrand befindlichen Werbeplakaten, ablenken lässt und z.B. konstant über einen längeren Zeitraum, wie etwa 10 Sekunden, seinen Blick deutlich nach links wendet.
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Je nach Ausprägung des Wendens des Kopfes bzw. Blicks des Fahrers kann dabei z.B. auch speziell auf einen durch den Fahrer beabsichtigter U-Turn oder dergleichen geschlossen werden (wobei in die Bewertung auch zusätzliche Daten einfließen können, wie z.B. ein für einen bevorstehenden U-Turn charakteristisches Verzögerungsverhalten des Fahrzeugs, sofern der Fahrer die Längsführung insoweit selbst beeinflusst).
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Gemäß einer Ausführungsform ist die Steuervorrichtung eingerichtet, die Steuersignale im Rahmen eines assistierten oder teilautomatisierten Fahrens, also im Rahmen eines automatisierten Fahrens gemäß SAE-Level 1 oder SAE-Level 2, bereitzustellen. Dabei kann vorgesehen sein, dass das FAS insbesondere eine wenigstens teilweise automatisierte Längsführung unterstützt, beispielsweise im Rahmen eines Geschwindigkeitsbegrenzers, eines Geschwindigkeitsreglers oder eines Abstandsgeschwindigkeitsreglers (ACC). Bei derartigen längsregelnden bzw. die Längsführung beeinflussenden FAS, bei welchen der Fahrer die Querführung noch im Wesentlichen oder ganz manuell übernimmt, „weiß“ das FAS - im Unterschied beispielsweise zu SAE-Level-3-Systemen mit eigener Trajektorien- und ggf. Routenplanung - nämlich nicht ohne Weiteres im Voraus um eine bevorstehende oder beabsichtigte Kurvenfahrt. Daher kann die Erfindung im Rahmen solcher Systeme besonders vorteilhaft eingesetzt werden, um die Längsdynamik prädiktiv an die Kurvenfahrt anzupassen.
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Gemäß einer Ausführungsform ist die Steuervorrichtung eingerichtet, in Abhängigkeit von dem erfassten Blickverhalten eine Soll- oder Grenzgeschwindigkeit und/oder eine Soll- oder Grenzbeschleunigung im Rahmen einer automatisierten Längsführung des Fahrzeugs, wie z.B. eines Geschwindigkeitsbegrenzers, eines Geschwindigkeitsreglers oder eines Abstandsgeschwindigkeitsreglers (ACC), anzupassen. Dabei kann insbesondere vorgesehen sein, dass eine Soll- oder Grenzgeschwindigkeit, wie z.B. eine sogenannte Kurvengrenzgeschwindigkeit bei ACC, und/oder eine Soll- oder Grenzbeschleunigung reduziert wird, wenn das Bestimmen ergibt, dass das erfasste Blickverhaltens auf eine bevorstehenden und/oder durch den Insassen beabsichtigte Kurvenfahrt des Fahrzeugs hindeutet.
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Es liegt auch im Rahmen der Erfindung, dass die Steuervorrichtung gemäß einigen Ausführungsformen eingerichtet sein kann, die Steuersignale ferner in Abhängigkeit von einer oder mehreren der folgenden Informationen zu erzeugen: Navigationsdaten, wie z.B. Satellitennavigationsdaten, ggf. in Verbindung mit einer geplanten Route; Kartendaten, insbesondere in Verbindung mit Navigationsdaten, Routendaten oder anderen Fahrzeugpositionsdaten; ein Blinkerstatus des Fahrzeugs; ein Ist-Lenkwinkel; eine (zeitliche) Lenkwinkeländerung, insbesondere in Form einer zeitlichen Ableitung des Lenkwinkels; eine Ist-Gierrate; eine (zeitliche) Gierratenänderung, insbesondere in Form einer zeitlichen Ableitung der Gierrate; eine Querbeschleunigung; eine (zeitliche) Querbeschleunigungsänderung, insbesondere in Form einer (zeitlichen) Ableitung der Querbeschleunigung. Durch das zusätzliche Heranziehen derartiger Eingangsdaten kann beispielsweise in vorteilhafter Weise vermieden werden, dass zu viele falsch-positive Bestimmungen eines vermeintlich bevorstehenden Kurvenfahrt erfolgen, was bei einem alleinigen Verlassen auf das Fahrerblickverhalten unter Umständen z.B. unnötige Eingriffe in die Längsdynamik des Fahrzeugs zur Folge haben könnte. Ferner kann durch die Berücksichtigung der zusätzlichen Eingangsdaten u.U. eine Abbiegeabsicht noch früher erkannt werden und somit eine noch frühere Reduzierung der Längsdynamik bzw. eine besser angepasste Wahl der Kurvengeschwindigkeit ermöglicht werden.
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Ein zweiter Erfindungsaspekt ist ein Verfahren zum Betreiben eines FAS. Dabei kann das FAS ein FAS gemäß dem ersten Erfindungsaspekt sein. Dementsprechend können Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens den in diesem Dokument beschriebenen Ausführungsformen des erfindungsgemäßen FAS entsprechen und umgekehrt.
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Ein Schritt des Verfahrens ist ein Erfassen eines Blickverhaltens eines Insassen eines Fahrzeugs. Das Erfassen kann beispielsweise mittels der Erfassungsvorrichtung des FAS gemäß dem ersten Erfindungsaspekt ausgeführt werden.
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Ein weiterer Schritt ist ein Bestimmen, ob das erfasste Blickverhalten auf eine bevorstehende und/oder durch den Insassen beabsichtigte Kurvenfahrt des Fahrzeugs hindeutet. Das Bestimmen kann beispielsweise mittels der Auswertevorrichtung des FAS gemäß dem ersten Erfindungsaspekt erfolgen.
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Ein weiterer Schritt ist ein Erzeugen von Steuersignalen für eine Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs in Abhängigkeit von einem Ergebnis des Bestimmens, ob das erfasste Blickverhalten auf eine bevorstehende und/oder durch den Insassen beabsichtigte Kurvenfahrt des Fahrzeugs hindeutet. Das Erzeugen der Steuersignale kann beispielsweise mittels der Steuervorrichtung des FAS gemäß dem ersten Erfindungsaspekt ausgeführt werden.
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Gemäß einer Weiterbildung umfasst das Verfahren als einen weiteren Schritt ein Ausgeben der erzeugten Steuersignale an eine Aktuatorik zur Beeinflussung des Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs. In einem weiteren Schritt kann sodann die Längs- und/oder Querführung mittels der Aktuatorik in Abhängigkeit von den Steuersignalen gesteuert werden.
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Ein dritter Erfindungsaspekt ist ein Computerprogramm, umfassend Befehle, die bei der Ausführung des Computerprogramms durch eine Datenverarbeitungseinrichtung diese veranlassen, anhand von Daten, die ein erfasstes Blickverhaltens eines Insassen eines Fahrzeugs kennzeichnen, zu bestimmen, ob das erfasste Blickverhalten auf eine bevorstehende und/oder durch den Insassen beabsichtigte Kurvenfahrt des Fahrzeugs hindeutet; und in Abhängigkeit von einem Ergebnis des Bestimmens, ob das erfasste Blickverhalten auf eine bevorstehende und/oder durch den Insassen beabsichtigte Kurvenfahrt des Fahrzeugs hindeutet, Steuersignale für eine Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs zu erzeugen. Dabei kann das Computerprogramm auch auf mehrere separate Teilprogramme aufgeteilt sein, die jeweils auf verschiedenen, ggf. räumlich voneinander entfernten Datenverarbeitungseinrichtungen (wie z.B. mehreren separaten Prozessoren) ausgeführt werden können.
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Das Computerprogramm kann eingerichtet sein, insbesondere den Bestimmungsschritt sowie den Schritt des Erzeugens der Steuersignale des Verfahrens gemäß dem zweiten Erfindungsaspekt auszuführen. Dementsprechend kann das Computerprogramm z.B. auf einer oder mehreren Datenverarbeitungseinrichtungen ausgeführt werden, welche die Auswertevorrichtung und die Steuervorrichtung (oder Teile davon) des FAS gemäß dem ersten Erfindungsaspekt bilden bzw. welche von der Auswertevorrichtung und der Steuervorrichtung umfasst sind. Wie weiter oben erwähnt, ist dabei auch möglich, dass die Auswertevorrichtung und die Steuervorrichtung identisch sind.
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Ein vierter Erfindungsaspekt ist ein computerlesbares Speichermedium, auf dem ein Computerprogramm gemäß dem dritten Erfindungsaspekt gespeichert ist.
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Ein fünfter Erfindungsaspekt ist ein Fahrzeug mit einem FAS gemäß dem ersten Erfindungsaspekt.
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Im Einklang mit einigen vorstehend und nachfolgend beschriebenen Ausführungsformen liegt der Erfindung der Gedanke zu Grunde, eine im Rahmen eines FAS automatisierte Längs- und/oder Querführung eines Fahrzeugs in Abhängigkeit von einem festgestellten Blickverhalten eines Fahrzeuginsassen, das auf beabsichtigte Kurvenfahrt hindeutet, anzupassen. Durch eine Auswertung des Blickverhaltens des Fahrers, ggf. in Verbindung mit weiteren Eingangsdaten, kann eine Abbiegeabsicht bereits vor oder beim Einfahren in die Kurve erkannt werden und somit eine geeignete Längsdynamikreduzierung (d.h. z.B. eine geringere Beschleunigung) in die Parametrierung für die Regelung der Geschwindigkeit mit einfließen. Im Ergebnis kann hierdurch z.B. eine situativ angepasst Reduzierung der Kurvengeschwindigkeit erreicht werden.
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Die Erfindung wird nun anhand von Ausführungsbeispielen sowie unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen näher erläutert. Dabei sind die vorstehend oder nachfolgend in der Beschreibung genannten und/oder in den Zeichnungen alleine gezeigten Merkmale und Merkmalskombinationen nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar, ohne den Rahmen der Erfindung zu verlassen.
- 1 veranschaulicht beispielhaft und schematisch ein Fahrassistenzsystem.
- 2 veranschaulicht beispielhaft und schematisch einen Verfahrensablauf zum Betreiben eines Fahrassistenzsystems, wie z.B. des Fahrassistenzsystems aus 1.
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1 zeigt einen Ausschnitt eines Fahrzeugs 5, das mit einem Fahrassistenzsystem (FAS) 1 ausgestattet ist. Das FAS 1 kann beispielsweise insbesondere eine längsregelnde Fahrassistenzfunktion, wie z.B. einen Abstandsgeschwindigkeitsregler (ACC), bereitstellen.
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Aspekte der Funktionsweise des FAS 1 sollen im Folgenden erläutert werden, wobei sogleich auch auf die in 2 in einem schematischen Ablaufdiagramm dargestellten Schritte 21-24 eines Verfahrens 2 zum Betreiben eines FAS, wie z.B. des FAS 1 aus 1, Bezug genommen wird.
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Das FAS 1 umfasst eine Erfassungsvorrichtung in Form einer Innenraumkamera 11, die zum Erfassen 21 eines Blickverhaltens eines Insassen, wie hier eines Fahrers 3, des Fahrzeugs 5 eingerichtet ist. Dementsprechend ist ein Schritt des Verfahrens 2 das Erfassen 21 eines Blickverhaltens eines Insassen 3 eines Fahrzeugs 5.
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Das FAS 1 umfasst ferner eine Auswertevorrichtung 12, die eingerichtet ist, von der Innenraumkamera 11 Daten, die das erfasste Blickverhalten des Insassen 3 kennzeichnen, zu empfangen, und auf der Grundlage der empfangenen Daten zu bestimmen, ob das erfasste Blickverhalten auf eine bevorstehende und/oder durch den Insassen 3 beabsichtigte Kurvenfahrt des Fahrzeugs 5 hindeutet. Dementsprechend ist ein weiterer Schritt des Verfahrens 2 das Bestimmen 22, ob das erfasste Blickverhalten auf eine bevorstehende und/oder durch den Insassen 3 beabsichtigte Kurvenfahrt des Fahrzeugs 5 hindeutet.
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Des Weiteren umfasst das FAS 1 eine Steuervorrichtung 13, die eingerichtet ist zum Erzeugen von Steuersignalen für eine Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs 5 in Abhängigkeit von einem Ergebnis des Bestimmens, ob das erfasste Blickverhalten auf eine bevorstehende und/oder durch den Insassen 3 beabsichtigte Kurvenfahrt des Fahrzeugs 5 hindeutet. Ein damit korrespondierender weiterer Schritt des Verfahrens 2 ist das Erzeugen 23 von Steuersignalen für eine Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs 5 in Abhängigkeit von einem Ergebnis des Bestimmens 22, ob das erfasste Blickverhalten auf eine bevorstehenden und/oder durch den Insassen 3 beabsichtigte Kurvenfahrt des Fahrzeugs 5 hindeutet.
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Beispielsweise kann im Fall einer automatisierten Längsführung, wie z.B. bei ACC, mittels der Steuersignale im Vorfeld einer Kurve eine Längsdynamik des Fahrzeugs 5 in geeigneter Weise angepasst (d.h. z.B. reduziert) werden. Konkret kann die Steuervorrichtung 13 z.B. eingerichtet sein, in Abhängigkeit von dem erfassten Blickverhalten eine Soll- oder Grenzgeschwindigkeit und/oder eine Soll- oder Grenzbeschleunigung im Rahmen einer wenigstens teilweise automatisierten Längsführung des Fahrzeugs 5 anzupassen.
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Abweichend von der schematischen Darstellung gemäß 1 ist es auch möglich, dass die Auswertevorrichtung 12 und die Steuervorrichtung 13 einander funktional und/oder hardwaretechnisch überschneiden oder sogar identisch sind. Beispielsweise kann ein Steuergerät vorgesehen sein, das die Funktionalitäten sowohl der Auswertevorrichtung 12 also auch der Steuervorrichtung 13 umsetzt. Es ist ferner möglich, dass bereits die Erfassungsvorrichtung 11 mit einer hinreichenden datenverarbeitungstechnischen Intelligenz ausgestattet ist, um z.B. die Funktionalität der Auswertevorrichtung 12 ganz oder teilweise auszuführen. Mit anderen Worten kann die Auswertevorrichtung 12 also ganz oder teilweise in die Erfassungsvorrichtung 11 integriert sein.
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Gemäß einigen Ausführungsformen kann dem FAS 1 ferner eine Aktuatorik 14 zugerechnet werden, welche eingerichtet ist, die Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs 5 in Abhängigkeit von den erzeugten Steuersignalen zu steuern. Die Aktuatorik 14 kann insbesondere eine Längsführungsaktuatorik, wie z.B. eine Bremseinrichtung und einen Antriebsstrang, und/oder eine Querführungsaktuatorik, wie z.B. eine Lenkung, umfassen. Dementsprechend kann ein weiterer Schritt 24 des Verfahrens 2 ein Ausgeben der erzeugten Steuersignale an eine Aktuatorik 14 zur Beeinflussung des Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs sowie ein Steuern der Längs- und/oder Querführung mittels der Aktuatorik 14 und in Abhängigkeit von den Steuersignalen umfassen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102005055322 B4 [0006]
- DE 10047749 A1 [0007]