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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Stahlblechs mit einem zweischichtigen Kristallisationsgefüge sowie ein Stahlblech mit einem zweischichtigen Kristallisationsgefüge, das insbesondere für die Herstellung von Verpackungen in Tiefziehverfahren eingesetzt werden kann, sowie einen aus dem Stahlblech gefertigten Behälter.
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Zur Herstellung von Verpackungen aus Stahlblechen, wie z.B. Weißbleche oder elektrolytisch verchromte Stahlbleche (electrolytic chromium coated steel, ECCS), werden aus Gründen der Ressourceneffizienz zunehmend dünnere Stahlbleche mit Dicken im Bereich von 0,1 bis 0,25 mm eingesetzt. Damit aus dünneren Stahlblechen ausreichend stabile Verpackungen herstellbar sind, muss die Festigkeit von Verpackungsstählen erhöht werden. Weiterhin muss gewährleistet sein, dass die Stahlbleche trotz niedrigerer Dicke und höherer Festigkeit gut umformfähig bleiben, damit das Stahlblech den bei der Herstellung von Verpackungen in Tiefzieh- und Abstreckziehverfahren auftretenden starken Verformungen unterzogen werden kann.
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Aus dem Stand der Technik ist es grundsätzlich bekannt, die Festigkeit von Stählen durch Einbringen von ungebundenem, im Stahl gelösten Stickstoff zu erhöhen. Das Einbringen von ungebundenem Stickstoff in den Stahl wird als Aufsticken bzw. Nitrieren oder Nitridieren bezeichnet und stellt ein bekanntes Verfahren zur Mischkristallverfestigung von Stahl und Stahlprodukten dar.
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Bei Stahlblechen, welche für die Herstellung von Verpackungen vorgesehen sind (diese werden auch als Verpackungsstahl bezeichnet), ist es ebenfalls bekannt, die Festigkeit durch Aufsticken des Stahls zu erhöhen. Aus der
DE 102014116929 B3 ist bspw. ein Verfahren zur Herstellung eines aufgestickten Verpackungsstahls aus einem warmgewalzten Stahlprodukt mit einem Kohlenstoffgehalt von 400 bis 1200 ppm bekannt, in dem das Warmband zu einem Stahlflachprodukt kaltgewalzt und das kaltgewalzte Stahlflachprodukt anschließend in einem Glühofen rekristallisierend geglüht wird, insbesondere in einem Durchlaufglühofen, wobei in den Glühofen ein stickstoffhaltiges Gas eingeleitet und auf das Stahlflachprodukt gerichtet wird, um ungebundenen Stickstoff in das Stahlflachprodukt in einer Menge entsprechend einer Konzentration von mehr als 100 ppm einzubringen oder die Menge von ungebundenem Stickstoff im Stahlflachprodukt auf eine Konzentration von mehr als 100 ppm zu erhöhen. Das geglühte und aufgestickte Stahlflachprodukt wird schließlich mit einer Kühlrate von wenigstens 100 K/s unmittelbar nach dem rekristallisierenden Glühen abgekühlt. Mit diesem Verfahren lassen sich kaltgewalzte Stahlflachprodukte für Verpackungszwecke mit einer Zugfestigkeit von mehr als 650 MPa und insbesondere zwischen 700 MPa und 850 MPa herstellen.
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Aus der
WO 2005/056 841 A1 ist ein Verfahren zur Herstellung eines Stahlblechs mit einem Stickstoffgradienten über der Dicke des Stahlblechs mit einer hohen Stickstoffkonzentration an der Oberfläche und einer niedrigeren Stickstoffkonzentration im Kernbereich bekannt, wobei der Stickstoff während oder nach einem Glühen des Stahlblechs in einem Glühofen mit einer Ammoniakgasatmosphäre bei Temperaturen zwischen 550°C und 800°C nach einer vollständigen Rekristallisation des Stahlblechs eingebracht wird.
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Aus der
US 3 219 494 ist ein Verfahren zur Herstellung von hochfesten Stahlbändern für die Herstellung von Weißblech und anderen Verpackungsstählen durch Aufsticken des Stahlbands bekannt, in dem das zu einem Coil aufgewickelte Stahlband in einem Haubenglühofen aufgestickt wird, um zunächst eine stickstoffreiche äußere Schale in dem Stahlband zu erzielen, wobei das Aufsticken in dem Haubenglühofen durch eine Ammoniakgas-Atmosphäre erfolgt, und eine gleichmäßige Verteilung des dabei oberflächennah eingebrachten Stickstoffs über die Dicke des Stahlbands durch eine Diffusion des Stickstoffs bei Erhitzen des Stahlblechs in einer Inertgasatmosphäre auf Temperaturen oberhalb der Rekristallisationstemperatur vorgenommen wird, wodurch der Stickstoff aus der stickstoffreichen äußeren Schale durch das Stahlband in dessen Kernbereich diffundieren kann und das Gefüge des Stahls vollständig rekristallisiert wird. Dabei konnten bei Stahlblechen mit einer Dicke von 0,25 mm Festigkeiten im Bereich von 439 MPa bis zu 527 MPa erzielt werden.
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Bei der Umformung von Stahlblechen in Tiefziehverfahren zur Herstellung von Verpackungen kommt es insbesondere in den Bereichen mit einem kleinen Biegeradius, insbesondere mit Biegeradien kleiner als 14 mm, aufgrund des körnigen Gefüges des Stahls zu Aufrauhungen an der Außenseite des umgeformten Bereichs. Der Grad der Aufrauhung hängt dabei von der Feinheit des Stahlgefüges ab. Je kleiner die mittlere Korngröße des Stahlgefüges ist, desto geringer ist die Aufrauhung. Verpackungsstähle mit niedrigen Kohlenstoffgehalten im Bereich von 100 bis 1000 ppm (0,01-0,1 Gew.%) weisen typischerweise eine Korngröße (mittlerer Korndurchmesser) im Bereich von 10 bis 30 µm auf. Bedingt durch die (relativ grobkörnige) Kornstruktur des Stahls kommt es beim Umformen zu Aufrauhungen an der Außenseite des umgeformten Bereichs, weil die Körner des Stahlgefüges beim Umformen radial nach außen gedrängt werden und sich dann an der Oberfläche des Stahlblechs durchdrücken können. Dies ist insbesondere bei kaltgewalzten Stahlblechen zu beobachten, die nach dem Kaltwalzen vollständig rekristalliert worden sind. Kaltgewalzte Stahlbleche zur Herstellung von Verpackungen werden nach dem Kaltwalzen in der Regel vollständig rekristallisiert, um den ursprünglichen Gefügezustand und die Umformfähigkeit des Stahlblechs wiederherzustellen. Vollständig rekristallisierte Stahlbleche weisen jedoch ein grobes Stahlgefüge mit einer vergleichsweise hohen mittleren Korngröße auf und sind weicher als walzharte Stahlbleche. Aufgrund der geringeren Feinheit und der geringeren Festigkeit von rekristallisierten Stahlblechen steigt die Anfälligkeit für eine starke Aufrauhung beim Umformen, weil sich die gröberen Körner des Stahlgefüges beim Umformen an der Oberfläche optisch sichtbar durchdrücken können. Derartige Aufrauhungen führen an der Verpackung, bspw. einer Dose, häufig zu Problemen in Bezug auf Stabilität und Korrosionsbeständigkeit, weil die aufgerauten Bereiche an der mechanisch stark belasteten Außenseite der Verpackung, bspw. an den Rändern von Dosenböden, liegen.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, ein Stahlblech für die Herstellung von Verpackungen mit hoher Festigkeit und guter Umformbarkeit aufzuzeigen, bei dem es auch bei starken Umformungen mit kleinen Biegeradien, insbesondere bei Biegeradien von weniger als 14 mm nicht zu einer Aufrauhung an der Außenseite des umgeformten Bereichs kommt. Dabei soll das Stahlblech insbesondere Festigkeiten von wenigstens 500 MPa bei einer Bruchdehnung von wenigstens 5 % aufweisen, um den mechanischen Anforderungen in den Umformverfahren auch bei geringen Dicken des Stahlblechs von weniger als 0,3 mm zu genügen. Das Stahlblech soll dabei für den vorgesehenen Verwendungszweck als Verpackungsstahl gleichzeitig eine ausreichende Umformfähigkeit aufweisen, beispielsweise in Tiefzieh- oder Abstreckziehverfahren, damit aus dem Stahlflachprodukt bestimmungsgemäß Verpackungen, wie z.B. Konserven- oder Getränkedosen, hergestellt werden können. Eine weitere Aufgabe der Erfindung besteht in der Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung eines solchen Stahlblechs für Verpackungen.
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Diese Aufgaben werden mit einem Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie mit einem Stahlblech mit den Merkmalen des Anspruchs 10 gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens und des Stahlblechs sind in den abhängigen Ansprüchen aufgezeigt.
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Wenn von einem Stahlblech gesprochen wird, ist ein Stahlflachprodukt in Form einer Blechtafel oder eines Bands gemeint. Angaben in % oder ppm, die einen Gehalt oder eine Konzentration eines Legierungsbestandteils des Stahls bzw. des kaltgewalzten Stahlblechs betreffen, beziehen sich jeweils auf das Gewicht des Stahls bzw. des Stahlblechs.
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In dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Herstellung eines Stahlblechs für Verpackungen wird ein kaltgewalztes Stahlblech mit einer ersten Seite und einer zweiten Seite, welches aus einem Stahl mit einem auf das Gewicht bezogenen Kohlenstoffgehalt (C) von 10 bis 1000 ppm hergestellt ist und eine (im Wesentlichen durch die Stahlkomposition vorgegebene) Rekristallisationstemperatur (TR) aufweist, auf der ersten Seite mit einer für Stickstoff zumindest teilweise undurchlässigen Sperrschicht versehen und danach bevorzugt in einem Durchlaufglühofen auf eine (maximale) Erwärmungstemperatur, die mindestens so groß ist wie die Rekristallisationstemperatur, erwärmt, wobei das Erwärmen zumindest bis zum Erreichen der Rekristallisationstemperatur wenigstens zeitweise in einer aufstickenden Gasatmosphäre erfolgt, wodurch beim Erwärmen des Stahlblechs Stickstoff aus der aufstickenden Gasatmosphäre zumindest in einen oberflächennahen Bereich an der zweiten Seite des Stahlblechs diffundiert und in diesem Bereich eingelagert wird, wodurch die Rekristallisationstemperatur des Stahls in dem oberflächennahen Bereich an der zweiten Seite des Stahlblechs um einen Wert ΔT angehoben wird, wobei die Erwärmungstemperatur TE so ausgewählt wird, dass sie einerseits größer oder gleich der Rekristallisationstemperatur und andererseits kleiner als die um ΔT erhöhte Rekristallisationstemperatur (TR+ΔT) in dem oberflächennahen Bereich ist.
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Bei der Erwärmungstemperatur TE handelt es sich um die maximale Temperatur in der thermischen Behandlung des kaltgewalzten Stahlblechs, d.h. weder vor noch während oder nach der thermischen Behandlung gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren wird das kaltgewalzte Stahlblech auf höhere Temperaturen als die (maximale) Erwärmungstemperatur TE erwärmt. Beim Erwärmen des kaltgewalzten Stahlblechs wird Stickstoff aus der aufstickenden Gasatmosphäre nur in den oberflächennahen Bereich auf der zweiten Seite des Stahlblechs eingelagert, indem (atomarer) Stickstoff aus der aufstickenden Gasatmosphäre auf der zweiten Seite des Stahlblechs in den oberflächennahen Bereich diffundiert. Auf der gegenüberliegenden ersten Seite des Stahlblechs, welche von der Sperrschicht abgedeckt ist, wird das Eindringen von Stickstoff durch die Sperrschicht verhindert. Dadurch wird die Rekristallisationstemperatur des Stahls nur in dem oberflächennahen Bereich auf der zweiten Seite des Stahlblechs um einen Wert ΔT angehoben, während die Rekristallisationstemperatur in einem Bereich an der ersten Seite des Stahlblechs zumindest im Wesentlichen unverändert bleibt, also der ursprünglichen Rekristallisationstemperatur des Stahls entspricht, die durch die Stahlkomposition des kaltgewalzten Stahlblechs vor der Erwärmung bestimmt ist. Die Erwärmungstemperatur (TE) wird also so ausgewählt, dass TR ≤ TE < TR + ΔT gilt, wobei TR die ursprüngliche Rekristallisationstemperatur des Stahls ist.
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Dadurch bildet sich in dem Stahlblech ein zweischichtiges Kristallisationsgefüge aus, wobei das Stahlblech an der ersten Seite einen ersten Bereich, der zumindest im Wesentlichen vollständig rekristallisiert ist, und an der zweiten Seite einen zweiten Bereich umfasst, der nicht oder höchstens teilweise rekristallisiert ist. Diese zweischichtige Struktur des Kristallisationsgefüges ergibt sich in dem erfindungsgemäßen Verfahren, weil der (oberflächennahe) zweite Bereich auf der zweiten Seite des Stahlblechs aufgrund der Aufstickung während des Erwärmens eine höhere Rekristallisationstemperatur aufweist als der angrenzende erste Bereich auf der ersten Seite, der aufgrund der Sperrschicht während des Erwärmens nicht aufgestickt wird. Da die Erwärmungstemperatur zwischen der (um ΔT erhöhten) Rekristallisationstemperatur des (oberflächennahen) zweiten Bereichs und der Rekristallisationstemperatur des daran angrenzenden ersten Bereichs (der nicht aufgestickt wird und daher eine Rekristallisationstemperatur aufweist, die zumindest im Wesentlichen der ursprünglichen Rekristallisationstemperatur des Stahls entspricht) liegt, wird beim Erwärmen nur der nicht aufgestickte erste Bereich rekristallisiert, während der aufgestickte (oberflächennahe) zweite Bereich nicht oder nur unvollständig rekristallisiert und infolgedessen noch (vom Kaltwalzen) walzhart ist.
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Die Sperrsicht an der ersten Seite des Stahlblechs verhindert, dass dort atomarer Stickstoff durch die Oberfläche in das Innere des Stahlblechs diffundieren kann. Um dies zu gewährleisten, ist das Material, aus dem die Sperrschicht gebildet ist, zweckmäßig temperaturbeständig, insbesondere für Temperaturen oberhalb von 300°C und bevorzugt bis mindestens 600°C, weil bei diesen Temperaturen das Aufsticken des Stahlblechs im Glühofen erfolgt, wobei sich an der warmen Oberfläche des Stahlblechs durch eine katalytische Reaktion Stickstoffatome aus der Gasatmosphäre des Glühofens anlagern und in das Stahlblech diffundieren.
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Die Sperrsicht kann bspw. durch einen hitzebeständigen Lack, wie z.B. einem Ofenlack oder einem Motorlack auf Silikonharzbasis, gebildet sein. Zum Aufbringen der Sperrschicht wird das hitzebeständige Lackmaterial einseitig auf der ersten Seite des Stahlblechs vor dem Einbringen in den Glühofen aufgebracht, bspw. im Sprühverfahren. Die Sperrsicht kann auch durch eine elektrolytisch auf einer Seite des Stahlblechs abgeschiedenen Beschichtung ausgebildet werden, bspw. einer Chrom-/Chromoxid-Schicht, insbesondere mit einer Gewichtsauflage des Chroms im Bereich von 80 bis 140 mg/m2.
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Bei der Sperrschicht handelt es sich bevorzugt um eine Sol-Gel-Schicht, insbesondere eine Schicht aus SiO2, TiO2 und/oder ZrO2. Derartige Sol-Gel-Schichten lassen sich über Sol-Gel-Prozesse herstellen und auf effiziente Weise auf eine Stahlblechoberfläche applizieren, indem die als Beschichtunglösungen verwendeten Sole, die als kolloidale Dispersionen vorliegen, auf der Oberfläche der ersten Seite des Stahlblechs aufgetragen und die nasschemisch ausgebildete Schicht anschließend geliert und getrocknet wird. Für die Herstellung einer SiO2-Sol-Gel-Schicht können insbesondere Silizium-Alkoholate als Präkursoren eingesetzt werden. Insbesondere kann dafür eine wässrige Lösung von
- - Tetramethylorthosilicat (TMOS),
- - Tetraethylorthosilicat (TEOS)
- - oder Tetraisopropylorthosilicat (TPOS)
einseitig an der ersten Seite a auf die Oberfläche des Stahlbands aufgebracht werden. Für die Herstellung von ZrO2- oder TiO2- Sol-Gel-Schichten können wässrige Lösungen von Zirconiumpropylat oder Titan-(2-propylat) appliziert werden.
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Die Sol-Gel-Schicht wird bevorzugt nasschemisch in einem Bandbeschichtungsprozess an der ersten Seite auf die Oberfläche des Stahlbands appliziert. Dadurch lässt sich der Sol-Gel-Prozess zum Applizieren der Sol-Gel-Schicht auf der Stahlblechoberfläche zur Erzielung einer effizienten Verfahrensführung in einen Banddurchlaufprozess integrieren, in dem das Stahlblech in Bandform vorliegt und das anschließende Aufsticken und Glühen des Stahlbands in einem Durchlaufglühofen erfolgt, durch den das Band mit einer vorgegebenen Bandgeschwindigkeit durchgeleitet wird. Das Applizieren der Sol-Gel-Schicht erfolgt dabei in einem gesonderten Schritt bandaufwärts des Durchlaufglühofens. Das Gelieren und Trocknen des Sols kann dabei zumindest teilweise während der Erwärmung des Stahlbands im Durchlaufglühofen erfolgen, wodurch eine sehr effiziente Verfahrensführung erzielt und die Länge der Bandanlage reduziert werden kann. Es hat sich gezeigt, dass durch Sol-Gel-Verfahren, insbesondere zur Herstellung von SiO2-Schichten, dichte und gleichmäßige Sperrschichten auf einer Seite eines Stahlblechs appliziert werden können, weshalb dieses Verfahren zur Aufbringung der Sperrschicht bevorzugt wird.
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Um eine zumindest im Wesentlichen vollständige Rekristallisation des ersten Bereichs zu erzielen, wird die Temperatur des Stahlblechs nach Erreichen der Erwärmungstemperatur bevorzugt über eine vorgegebene Glühdauer (tG) auf der Erwärmungstemperatur (TE) gehalten. Die Glühdauer liegt dabei bevorzugt bei mehr als 1 Sekunde, insbesondere im Bereich von 1 bis 80 Sekunden, bevorzugt im Bereich von 1 bis 10 Sekunden. Bei längeren Glühdauern von bspw. mehr als 10 Sekunden erfolgt neben einer vollständigen Rekristallisation des ersten Bereichs eine Vergleichmäßigung der Verteilung des beim Erwärmen eingebrachten Stickstoffs über die Dicke des Stahlblechs, was im Kernbereich des Stahlblechs zu einer breiteren Übergangszone zwischen dem rekristallisierten ersten Bereich und dem nicht oder kaum rekristallisierten zweiten Bereich führt.
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Gegenstand der Erfindung ist daher auch ein Stahlblech, das insbesondere für die Herstellung von Verpackungen eingesetzt werden kann und aus einem Stahl mit einem auf das Gewicht bezogenen Kohlenstoffgehalt (C) von 10 bis 1000 ppm hergestellt ist und eine Dicke von weniger als 0,5 mm aufweist, wobei das Stahlblech ein zweischichtiges Kristallisationsgefüge mit einem ersten Bereich an der ersten Seite und einem zweiten Bereich an der zweiten Seite aufweist, wobei der erste Bereich zumindest im Wesentlichen rekristallisiert und der zweite Bereich nicht oder zumindest nicht vollständig rekristallisiert ist, und an der Oberfläche der ersten Seite eine für Stickstoff undurchlässige Sperrschicht angeordnet ist.
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Das zweischichtige Kristallisationsgefüge der erfindungsgemäßen Stahlbleche wird im Folgenden auch als zweischichtige Gefügestruktur bezeichnet.
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Das Stahlblech gemäß der Erfindung weist dabei eine sehr hohe Festigkeit von mehr als 500 MPa, insbesondere mehr als 600 MPa und bevorzugt mehr als 700 MPa, bei einer für Tiefziehanwendungen akzeptablen Dehnbarkeit (Bruchdehung) von wenigstens 5 % auf. Gleichzeitig verfügt das Stahlblech über eine gute Umformfähigkeit, insbesondere in Tiefziehprozessen. Dabei zeichnet sich das Stahlblech besonders dadurch aus, dass es auch bei starken Umformungen mit sehr kleinen Biegeradien von weniger als ... nicht zu einer Aufrauhung an der Außenseite des Biegeradius kommt, wenn der noch walzharte, nicht rekristallisierte zweite Bereich an der Außenseite des Biegeradius liegt. Dies wird dadurch erzielt, dass sich die groben Körner des rekristallisierten ersten Bereichs aufgrund der hohen Festigkeit des walzharten zweiten Bereichs nicht an der Oberfläche der Außenseite des Biegeradius durchdrücken können. Der noch walzharte zweite Bereich bildet dadurch eine Barriere für die groben Körner das rekristallisierten Stahlgefüges des ersten Bereichs. Der walzharte zweite Bereich verhindert dabei, dass sich größere Körner aus dem rekristallisierten ersten Bereich beim Umformen nach außen bis an die Oberfläche des Stahlblechs optisch sichtbar durchdrücken können. Dadurch können einerseits unerwünschte optische Effekte und mechanische Instabilitäten beim Umformen vermieden und andererseits eine Porigkeit sowie Risse in einem auf die Oberfläche der zweiten Seite des Stahlblechs aufgebrachten Lack unterbunden werden.
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Eine besonders gute Umformfähigkeit des Stahlblechs wird erzielt, wenn der walzharte zweite Bereich möglichst dünn und insbesondere dünner als der rekristallisierte erste Bereich ist. Bevorzugt weist der erste Bereich eine Dicke im Bereich von 50 µm bis 450 µm, besonders bevorzugt im Bereich von 90 µm bis 400 µm und insbesondere zwischen 150 µm und 300 µm auf und die Dicke des zweiten Bereichs liegt bevorzugt im Bereich von 1 µm bis 50 µm, und besonders bevorzugt im Bereich von 2 µm bis 10 µm. Bevorzugt liegt die Dicke des zweiten Bereichs zwischen 1 % und 10 % der Dicke des ersten Bereichs. Bei diesen geringen Dicken des nicht oder kaum rekristallisierten zweiten Bereichs wird die Umformfähigkeit des Stahlblechs durch die hohe Festigkeit des noch walzharten zweiten Bereichs kaum beeinflusst. Dennoch bildet der zweite Bereich beim Umformen des Stahlblechs eine ausreichende Barriere für das Durchdrücken von groben Körnern des Stahlgefüges an der Oberfläche des Stahlblechs, wodurch eine Aufrauhung der Oberfläche verhindert wird.
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Der Wert ΔT, um den sich die Rekristallisationstemperatur im zweiten Bereich durch das Einlagern von Stickstoff beim Erwärmen des Stahlblechs erhöht, kann durch den nach Beendigung der Erwärmung in dem zweiten Bereich des Stahlblechs durch Aufsticken eingebrachten Stickstoffgehalt gesteuert werden, wobei insbesondere ein linearer Zusammenhang zu beobachten ist, der durch ΔT = a · ΔN(ppm) beschrieben werden kann, wobei a eine Proportionalitätskonstante ist und ΔN(ppm) der beim Erwärmen des Stahlblechs durch Aufsticken in den zweiten Bereich eingebrachte Stickstoffgehalt in ppm (bezogen auf das Gewicht des Stahls) ist. Durch Versuche an mit verschiedenem Stickstoffgehalt aufgestickten Proben mit ansonsten gleicher Legierungskomposition konnte beispielhaft ein Wert von a ≅ 1,2 K/ppm ermittelt werden. Demnach kann bereits bei einer geringen Aufstickung von ΔN im Bereich von 10 ppm bis 20 ppm (entsprechend 0,001 bis 0,002 Gew.%) eine Erhöhung der Rekristallisationstemperatur im Saumbereich im Bereich von ΔT ≅ 10 K bis 24 K erzielt werden. Bei einer höheren Aufstickung von bspw. ΔN = 100 ppm (entsprechend 0,01 Gew.%) beträgt die (theoretisch erzielbare) Erhöhung der Rekristallisationstemperatur im Saumbereich bereits ΔT ≅ ca. 120 K. Bevorzugt ist der Wert ΔT, um den sich die Rekristallisationstemperatur im zweiten Bereich durch das Einlagern von Stickstoff beim Erwärmen des Stahlblechs erhöht, größer als K und besonders bevorzugt größer als 100 K ist und liegt insbesondere im Bereich von 100 K bis 250 K.
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Die Erwärmung des Stahlblechs kann in dem erfindungsgemäßen Verfahren entweder in einem einstufigen Erwärmungsschritt oder auch in einer zweistufigen thermischen Behandlung erfolgen. Bei einer einstufigen Erwärmung wird das Stahlblech innerhalb einer Aufheizzeit (tE) von Raumtemperatur auf die Erwärmungstemperatur (TE) erwärmt und nach Erreichen der Erwärmungstemperatur (TE) über eine vorgegebene Glühdauer (tG) auf der Erwärmungstemperatur (TE) gehalten, wobei die Aufheizzeit (tE) bevorzugt im Bereich von 1,0 bis 300 Sekunden und/oder die Glühdauer (tG) bevorzugt im Bereich von 1,0 Sekunden bis 80 Sekunden, besonders bevorzugt zwischen 1 und 10 Sekunden liegt. Während der Erwärmung wird das Stahlblech dabei zumindest zeitweise einer aufstickenden Gasatmosphäre ausgesetzt, insbesondere einer ammoniakhaltigen Gasatmosphäre mit einem Volumenanteil des Ammoniaks im Bereich von 0,1 bis 6 %.
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Bei einer zweistufigen Erwärmung erfolgt das Aufsticken in einer ersten Stufe bei einer Zwischentemperatur und in einer zweiten Stufe bei einer gegenüber der Zwischentemperatur höheren Erwärmungstemperatur erfolgt ein Glühen (weshalb die Erwärmungstemperatur nachfolgend auch als Glühtemperatur bezeichnet wird). Die Zwischentemperatur ist dabei kleiner als die ursprüngliche Rekristallisationstemperatur TR. In dem zweistufigen Prozess wird das Stahlblech in der ersten Stufe von Raumtemperatur innerhalb einer ersten Aufheizzeit auf die Zwischentemperatur Tz < TR erwärmt und während einer Haltezeit tH zumindest annähernd auf dieser Temperatur gehalten. Die Zwischentemperatur Tz liegt dabei bevorzugt im Bereich von 300°C bis 600°C, besonders bevorzugt zwischen 400°C und 550°C, weil ab einer Temperatur von ca. 300°C bei Verwendung von Ammoniakgas als aufstickender Bestandteil der Gasatmosphäre des Glühofens die Dissoziation zu atomarem Stickstoff an metallischen Oberflächen beginnt. Bei Temperaturen bis zu ca. 550°C erfolgt jedenfalls für die meisten der Legierungskompositionen gemäß der Erfindung noch keine (vollständige) Rekristallisation. Bei den bevorzugten Zwischentemperaturen Tz in der ersten Stufe erfolgt daher zwar eine Diffusion des dissoziierten Stickstoffs aus der aufstickenden Gasatmosphäre in den zweiten Bereich des Stahlblechs, allerdings noch keine Rekristallisation. Die Rekristallisation des ersten Bereichs erfolgt erst in der zweiten Stufe, in der das Stahlblech auf die Erwärmungstemperatur (Glühtemperatur) TE erhitzt wird, die gleich groß oder größer als die ursprüngliche Rekristallisationstemperatur TR ist aber unterhalb von TR + ΔT liegt. Die Erwärmungstemperatur TE liegt bspw. im Bereich von 650°C bis 800°C, je nach dem Wert der ursprünglichen Rekristallisationstemperatur TR des verwendeten Stahls, und insbesondere bei ca. 750°C.
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Wie bei dem einstufigen Erwärmen des Stahlblechs in dem ersten Ausführungsbeispiel erfolgt auch in dem zweistufigen Verfahren zumindest im Wesentlichen nur eine (teilweise) Rekristallisation des ersten Bereichs des Stahlblechs, wohingegen der zweite Bereich nicht rekristallisiert wird. Eine Rekristallisation des in der ersten Stufe aufgestickten zweiten Bereichs wird verhindert, indem die Erwärmungstemperatur (Glühtemperatur) TE_so gewählt wird, dass sie unterhalb der durch das Aufsticken des zweiten Bereichs um ΔT erhöhten Rekristallisationstemperatur TR + ΔT liegt.
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In der zweistufigen thermischen Behandlung wird das Stahlblech zweckmäßig in einem Durchlaufglühofen zunächst in der ersten Stufe bei einer niedrigeren Zwischentemperatur Tz, die unterhalb der (ursprünglichen) Rekristallisationstemperatur TR des Stahls liegt, während einer Haltezeit, die bevorzugt im Bereich von 10 bis 150 Sekunden liegt, im oberflächennahen zweiten Bereich an der zweiten Seite des Stahlblechs aufgestickt und in einer zweiten Stufe bei einer gegenüber der Zwischentemperatur höheren Erwärmungstemperatur (Glühtemperatur TE), die oberhalb der (ursprünglichen) Rekristallisationstemperatur (TR) des Stahls liegt, während einer Glühdauer tG, die bevorzugt im Bereich von 1 bis 300 Sekunden, besonders bevorzugt von 1 bis 10 Sekunden liegt, nur im ersten Bereich zumindest teilweise rekristallisierend geglüht.
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Die erste Aufheizzeit (tE 1), in der das Stahlblech in dem zweistufigen Prozess von Raumtemperatur auf die Zwischentemperatur erwärmt wird, liegt dabei bevorzugt im Bereich von 1,0 bis 120 Sekunden, besonders bevorzugt zwischen 10 und 90 Sekunden, und kann entsprechend den gewünschten Materialeigenschaften des erfindungsgemäßen Stahlblechs angepasst werden, wie im ersten Ausführungsbeispiel. Die Haltezeit (tH), in der das Stahlblech auf der Zwischentemperatur gehalten wird, liegt hier ebenfalls bevorzugt im Bereich von 1,0 bis 90 Sekunden, besonders bevorzugt zwischen 10 und 60 Sekunden und wird ebenfalls entsprechend den gewünschten Materialeigenschaften des erfindungsgemäßen Stahlblechs ausgewählt. Nach Ablauf der Haltezeit kann das Stahlblech entweder nach einer Abkühlung oder unmittelbar ohne Abkühlung in der zweiten Stufe in einer zweiten Aufheizzeit (tE 2) auf die Erwärmungstemperatur TE (Glühtemperatur) erwärmt und während einer Glühdauer (tG) zumindest annähernd auf dieser Erwärmungstemperatur TE gehalten werden. Dabei kann optional im Glühofen auch während der Glühdauer eine aufstickende Gasatmosphäre vorhanden sein, aus der dissozierter (atomarer) Stickstoff zur Verfügung gestellt wird, so dass auch noch während der Glühdauer tG ein (weiteres) Aufsticken des Stahlblechs im tieferliegenden zweiten Bereich erfolgen kann. Dies führt zu einer Vergrößerung des zweiten Bereichs in Richtung der ersten Seite des Stahlblechs und dadurch zu einer Erhöhung der Dicke des zweiten Bereichs. Die Erwärmungstemperatur TE (Glühtemperatur) liegt auch dabei zwischen der ursprünglichen Rekristallisationstemperatur TR und der durch das Aufsticken in dem Saumbereich des Stahlblechs auf TR + ΔT erhöhten Rekristallisationstemperatur. Es gilt also auch in dem zweistufigen Prozess für die Erwärmungstemperatur TE: TR ≤ TE < TR + ΔT, wobei die Zwischentemperatur (Tz) kleiner als die ursprüngliche Rekristallisationstemperatur TR ist.
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Sowohl bei der einstufigen als auch bei der zweistufigen Verfahrensführung wird das Stahlblech während dem Aufheizen und vor Erreichen der Rekristallisationstemperatur zumindest zeitweise der aufstickenden Gasatmosphäre ausgesetzt, aus der dissoziierter (atomarer) Stickstoff in dem Glühofen bereitgestellt wird, welcher zunächst oberflächennah nur in dem zweiten Bereich auf der ersten Seite des Stahlblechs in das Stahlblech eindiffundiert und dort die Rekristallisationstemperatur erhöht, während auf der ersten Seite des Stahlblechs das Eindringen von Stickstoff durch die Sperrschicht verhindert wird.
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Der Stahl des kaltgewalzten Stahlblechs weist bezogen auf das Gewicht bevorzugt folgende Zusammensetzung auf:
• | Kohlenstoff, C: | mehr als 0,001 % und weniger als 0,1 %, |
| bevorzugt weniger als 0,06 %; |
• | Mangan, Mn: | mehr als 0,01 % und weniger als 0,6 %; |
• | Phosphor, P: | weniger als 0,04 %; |
• | Schwefel, S: | weniger als 0,04 % und bevorzugt mehr als 0,001 |
| %; | |
• | Aluminium, Al: | weniger als 0,08 %; |
• | Silizium, Si: | weniger als 0,1 %; |
• | optional Kupfer, Cu: | weniger als 0,1 %; |
• | optional Chrom, Cr: | weniger als 0,1 %; |
• | optional Nickel, Ni: | weniger als 0,1 %; |
• | optional Titan, Ti: | weniger als 0,1 % und bevorzugt mehr als 0,02 |
| %; | |
• | optional Niob, Nb: | weniger als 0,08 % und bevorzugt mehr als 0,01 |
| %; | |
• | optional Molybdän, Mo: | weniger als 0,08 %; |
• | optional Zinn, Sn: | weniger als 0,05 %; |
• | optional Bor, B: | weniger als 0,01 %, bevorzugt weniger als 0,005 |
| % und bevorzugt mehr als 0,0005 %; |
• | optional Stickstoff, N0: | weniger als 0,02 %, insbesondere weniger als |
| 0,016 %, und bevorzugt mehr als 0,001 %; |
• | Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen, |
• | wobei der auf das Gewicht bezogene mittlere Stickstoffanteil (N), gemittelt über die gesamte Dicke des Stahlblechs, nach dem Erwärmen des kaltgewalzten Stahlblechs in der aufstickenden Gasatmosphäre mindestens 0,01% und bevorzugt mindestens 0,015% beträgt. |
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Wenn von einem mittleren Stickstoffanteil (N) oder einem mittleren Stickstoffgehalt gesprochen wird, ist die über die jeweilige Dicke gemittelte Stickstoffkonzentration gemeint. Beim mittleren Stickstoffanteil (N) des Stahlblechs ist demnach die über die Dicke des Stahlblechs gemittelte Stickstoffkonzentration gemeint.
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Der Stahl des kaltgewalzten Stahlblechs kann dabei bereits einen anfänglichen Stickstoffgehalt N0 von bevorzugt mehr als 0,001 Gew.% und weniger als 0,02 Gew.% und besonders bevorzugt von weniger als 0,016 Gew. % aufweisen. Es kann jedoch auch ein Stahl eingesetzt werden, der abgesehen von unvermeidbaren Stickstoff-Verunreinigen keinen Stickstoff enthält. Eine Begrenzung des ursprünglichen Stickstoffgehalts auf Werte von weniger als 0,02 Gew.% ermöglicht ein problemloses Kaltwalzen des aus dem Stahl durch Warmwalzen hergestellten Warmbands mit den üblichen Kaltwalzvorrichtungen (Walzstrassen für das Kaltwalzen von Stahlblechen zu Feinstblechen). Weiterhin wird bei niedrigen Anfangs-Stickstoffgehalten von N0 < 0,02 Gew.% in dem Stahl die Ausbildung von Defekten beim Gießen einer Bramme verhindert. Zur Erzielung eines möglichst hohen (mittleren) Stickstoffgehalts in dem kaltgewalzten Stahlblech, und dadurch zur Erzielung einer hohen Mischkristallverfestigung, ist es jedoch vorteilhaft, wenn der zur Herstellung des Warmbands verwendete Stahl bereits einen (anfänglichen) Stickstoffgehalt aufweist, der bevorzugt im Bereich von 0,001 Gew.% bis 0,02 Gew.% und besonders bevorzugt zwischen 0,005 Gew.% und 0,016 Gew.% liegt.
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Wenn der Stahl des kaltgewalzten Stahlblechs einen anfänglichen Stickstoffgehalt (N0) aufweist, erhöht sich der Stickstoffgehalt beim Erwärmen des kaltgewalzten Stahlblechs in dem zweiten Bereich an der zweiten Seite des Stahlblechs auf einen über den anfänglichen Stickstoffgehalt (N0) liegenden Wert. Wenn sich der auf das Gewicht bezogene Stickstoffgehalt in dem zweiten Bereich dabei auf einen über die Dicke dieses Bereichs gemittelten Wert erhöht, der bevorzugt mehr als 50 ppm und besonders bevorzugt zwischen 400 und 800 ppm über dem anfänglichen Stickstoffgehalt (N0) des Stahls liegt, wird - je nach Dicke des zweiten Bereichs - eine (teilweise beträchtliche) Erhöhung der Festigkeit des Stahlblechs beobachtet. Es können dabei Festigkeiten des Stahlblechs von mehr als 700 MPa bei Bruchdehnungen von wenigstens 5 % erzielt werden. Der (mittlere) Stickstoffgehalt des in dem zweiten Bereich durch das Aufsticken eingelagerten Stickstoffs kann dabei bis zur Löslichkeitsgrenze des Stickstoff im Eisen von ca. 1000 ppm reichen.
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Je nach Einstellung der Verfahrensparameter, insbesondere der Haltezeit und der Glühdauer, sowie der (optional vorliegenden) Konzentration des aufstickenden Gases (insbesondere Ammoniak) in der Gasatmosphäre des Glühofens während des Glühens des Stahlblechs bei der Erwärmungstemperatur (Glühtemperatur) wird auch der erste Bereich des Stahlblechs in einem gewissen Umfang aufgestickt. Bevorzugt fällt das Aufsticken des ersten Bereichs jedoch (erheblich) geringer aus, um nach dem Glühen bzw. am Ende der Erwärmung einen möglichst großen Unterschied im Rekristallisationsgrad des ersten Bereichs und des zweiten Bereichs zu erzielen. Bevorzugt weist der zweite Bereich einen Rekristallisationsgrad von weniger als 30% und besonders bevorzugt von weniger als 20% auf und der erste Bereich weist einen Rekristallisationsgrad von mehr als 70% und besonders bevorzugt von mehr als 80% auf. Besonders bevorzugt ist der erste Bereich vollständig rekristallisiert.
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In bevorzugten Ausführungsbeispielen enthält der Stahl, aus dem das erfindungsgemäße Stahlblech in Vorstufen durch Warmwalzen und anschließendem Kaltwalzen hergestellt wird, bezogen auf das Gewicht, mehr als 0,001 % und weniger als 0,1 % C, mehr als 0,01 % und weniger als 0,6 % Mn, weniger als 0,04 % P, weniger als 0,04 % S, weniger als 0,08 %Al, weniger als 0,1 % Si, sowie optional einen anfänglichen Stickstoffgehalt (N0) von bis zu 0,020% und bevorzugt von 0,016% oder weniger und als Rest Eisen sowie unvermeidbare Verunreinigungen. Nach dem Aufsticken enthält das Stahlblech bevorzugt einen mittleren Stickstoffgehalt N > N0 von wenigstens 0,020 % oder mehr, besonders bevorzugt von 0,025 % oder mehr und insbesondere im Bereich von 0,040 bis 0,080 % N. Die Zugfestigkeit des Stahlblechs liegt bei einem mittleren Stickstoffgehalt von N > 0,040 % bei wenigstens 800 MPa, wobei das Stahlblechgleichzeitig eine Bruchdehnung im Bereich von 2% bis 10% und damit eine ausreichende Umformbarkeit für Tiefziehprozesse aufweist.
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Der beim Erwärmen des kaltgewalzten Stahlblechs in dem zweiten Bereich eingelagerte Stickstoff kann (bis zur Löslichkeitsgrenze) in gelöster Form und/oder in gebundener Form als Nitrid vorliegen. Bei Anwesenheit starker Nitridbildner in dem Stahl liegt der eingelagerte Stickstoff zumindest teilweise als in Nitriden gebundener Stickstoff, insbesondere als TiN und/oder NbN und/oder AlN, vor. Da zur Erhöhung der Festigkeit eine interstitielle Einlagerung des beim Aufsticken in den zweiten Bereich eingebrachten Stickstoffs bevorzugt wird, enthält der Stahl zweckmäßig möglichst wenig Nitridbildner wie Ti, Nb, Mo oder Al, wenn eine hohe Festigkeit des Stahlblechs erzielt werden soll. Daher werden folgende Obergrenzen für die Gewichtsanteile der Nitridbildner bevorzugt:
- • Al: weniger als 0,08 %Si:
- • Ti: weniger als 0,1 % und bevorzugt mehr als 0,02 %;
- • Nb: weniger als 0,08 % und bevorzugt mehr als 0,01 %;
- • Mo: weniger als 0,08 %;
- • B: weniger als 0,01 %, bevorzugt weniger als 0,005 %;
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Andererseits fördert die Ausbildung von Nitriden beim Aufsticken des zweiten Bereichs eine scharfe Abgrenzung des rekristallisierten ersten Bereichs und des nicht oder zumindest nicht vollständig rekristallisierten zweiten Bereichs des Stahlblechs. Daher wird dem Stahl eine ausreichende Menge von starken Nitridbildnern wie Ti, Nb, Mo und/oder Al zugegeben, wenn ein möglichst hoher Unterschied im Rekristallisationsgrad des ersten Bereichs und des zweiten Bereichs angestrebt wird. Dabei enthält der Stahl des kaltgewalzten Stahlblechs bezogen auf das Gewicht bevorzugt mehr als 200 ppm Titan und/oder mehr als 100 ppm Niob und/oder mehr als 0,0005 % Bor und/oder mehr als 50 ppm Aluminium. Besonders bevorzugt beträgt die Summe der Gewichtsanteile der starken Nitridbildner in diesem Fall mehr als 300 ppm und bevorzugt mehr als 500 ppm. Die starken Nitridbildner wie Ti, Nb, und/oder Aluminium, binden den im ersten Bereich eingelagerten Stickstoff und verhindern dadurch, dass der zunächst nur oberflächennah eingelagerte Stickstoff weiter in das Innere des Stahlblechs in Richtung der ersten Seite diffundieren kann. Somit wird an der Oberfläche des Stahlblechs eine verglichen mit der Blechdicke sehr dünner erster Bereich mit einem hohen Stickstoffgehalt erzeugt, der in diesem Bereich zu einer starken Erhöhung der Rekristallisationstemperatur führt. Wenn nun gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren eine Erwärmung des kaltgewalzten Stahlblechs auf Temperaturen erfolgt, die einerseits höher als die (ursprüngliche) Rekristallisationstemperatur des Stahls im (nicht oder nur geringfügig aufgestickten) zweiten Bereich des Stahlblechs und andererseits niedriger als die (erhöhte) Rekristallisationstemperatur des aufgestickten Bereichs liegen, wird nur der erste Bereich (vollständig) rekristallisiert und der zweite Bereich bleibt aufgrund der erhöhten Rekristallisationstemperatur walzhart. Daraus ergibt sich eine zweischichtige Gefügestruktur des Kristallisationsgefüges in dem erfindungsgemäßen Stahlblech mit scharfen Grenzen zwischen dem ersten Bereich und dem zweiten Bereich.
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An der freien Oberfläche des zweiten Bereichs kann sich, je nach der Konzentration des Stickstoffs in dem Sticksstoffdonor, auch eine oberflächliche Nitridschicht, insbesondere eine Eisennitridschicht, ausbilden. Diese oberflächliche Nitridschicht ist in Bezug auf eine Aufrauhung beim Umformen des Stahlblechs nachteilig, da sie spröde ist und beim Umformen abreißen kann. Die Bildung einer oberflächlichen Nitridschicht hängt dabei ganz Wesentlich von der Konzentration des Stickstoffs in der aufstickenden Gasatmosphäre des Glühofens ab. Bei Verwendung einer Gasatmosphäre mit Ammoniak als Stickstoffdonor kann bspw. im Labormaßstab ab einem Ammoniakgehalt von ca. 2 bis 3 Vol.% die Ausbildung einer Nitridschicht an der Oberfläche des ersten Bereichs beobachtet werden. Die Nitridschicht ist dabei sehr dünn und weist eine Dicke im Bereich von ca. 10 µm oder weniger auf. Zur Vermeidung einer Nitridschicht an der Oberfläche des zweiten Bereichs wird die Konzentration des Ammoniaks in der Gasatmosphäre bevorzugt auf 3 Vol.% oder weniger eingestellt. Der Volumenanteil des Ammoniaks in der Gasatmosphäre bezieht sich dabei auf die Verhältnisse in einem Laborversuch, in dem Stahlbleche mit einer Induktionsheizung erwärmt worden sind, wobei der Volumenanteil des Ammoniaks in der Gasatmosphäre des Laborofens bei Raumtemperatur ermittelt worden ist.
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Die Ausbildung der zweischichtigen Gefügestruktur in Bezug auf den Kristallisationsgrad des ersten und des zweiten Bereichs des Stahlblechs lässt sich insbesondere durch die Aufheizzeit und die Glühdauer beeinflussen. Bevorzugt wird das kaltgewalzte Stahlblech innerhalb einer Aufheizzeit von 1,0 bis 120 Sekunden von Raumtemperatur (ggf. stufenweise, mit dazwischen eingefügten Haltephasen, in denen die Temperatur während einer Haltezeit konstant gehalten wird) auf die Erwärmungstemperatur (TE) erwärmt und über eine Glühdauer (tG) zwischen 1,0 und 90 Sekunden auf der Erwärmungstemperatur gehalten. Eine kurze Aufheizzeit und eine kurze Glühdauer trägt zu einer stärkeren Ausbildung eines Stickstoffgradienten von der zweiten Seite zur ersten Seite des Stahlblechs bei, da bei kurzen Aufheizzeiten- und Glühdauern der zunächst nur an der Oberfläche im zweiten Bereich des Stahlblechs eingelagerte Stickstoff nicht in den Kernbereich diffundieren kann. Bei längeren Glühdauern ist eine Diffusion des Stickstoffs aus dem oberflächennahen zweiten Bereich in den Kernbereich zu beobachten, mit der Folge, dass auch der Kernbereich des Stahlblechs zumindest leicht aufgestickt wird.
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Die Dicke des nicht rekristallisierten zweiten Bereichs kann daher durch die Aufheizzeit gesteuert werden, wobei ein linearer Zusammenhang zwischen der Dicke des zweiten Bereichs und der Aufheizzeit beobachtet werden kann. Damit steht über die Aufheizzeit ein einstellbarer Verfahrensparameter des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Verfügung, über den gezielt die Dicke des nicht rekristallisierten und deshalb walzharten zweiten Bereichs eingestellt werden kann. Je nach gewählter Aufheizzeit können Dicken des zweiten Bereichs zwischen 0,1 µm und 150 µm eingestellt werden, wobei die Dicke des zweiten Bereichs möglichst dünn sein sollte und bevorzugt zwischen 1 µm und 10 µm und insbesondere zwischen 1 µm und 2 µm liegt. Die Sperrschicht an der Oberfläche des ersten Bereichs weist eine geringe Dicke von bevorzugt weniger als 1 µm, insbesondere weniger als 0,1 µm auf und ist besonders bevorzugt dünner als der zweite Bereich. Die Sperrschicht weist dabei eine Dicke auf, die ausreichend hoch ist, um das Eindiffundieren von Stickstoff an der ersten Seite des Stahlblechs, insbesondere bei Temperaturen oberhalb von 300°C und insbesondere zwischen 300°C und 600°C zumindest im Wesentlichen vollständig zu verhindern. Gleichzeitig beeinfusst die Sperrschicht die mechanischen Eigenschaften des Stahlblechs aufgrund ihrer geringen Dichte nicht oder zumindest nicht erheblich.
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Beim Erwärmen des kaltgewalzten Stahlblechs in der aufstickenden Gasatmosphäre stellt sich in dem zweiten Bereich ein Gradient des Stickstoffgehalts ein, wobei der Stickstoffgehalt von der zweiten Seite zur ersten Seite des kaltgewalzten Stahlblechs stetig abnimmt. Die Menge des in den zweiten Bereich eingelagerten Stickstoffs kann über die Stickstoffkonzentration der aufstickenden Gasatmosphäre, insbesondere über den Volumenanteil des Ammoniaks in der Gasatmosphäre des Glühofens, gesteuert werden.
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Bevorzugt erfolgt das Erwärmen des Stahlblechs in einem Durchlaufglühofen mit einer stickstoffhaltigen Gasatmosphäre, durch den das zweckmäßig als Band vorliegende Stahlblech durchgeführt wird. Die stickstoffhaltige Gasatmosphäre kann insbesondere durch Einleiten von Ammoniakgas in den Glühofen bereitgestellt werden, wobei beim Erwärmen die Ammoniakmoleküle aufgrund einer katalytischen Reaktion an der erwärmten Oberfläche des zweiten Bereichs des Stahlblechs thermisch zu atomarem Stickstoff dissoziieren, und durch die Oberfläche des zweiten Bereichs in das Stahlblech diffundieren. Auf der ersten Seite des Stahlblechs wird dieser Diffusionsprozess durch die Sperrschicht zumindest gehemmt oder bevorzugt vollständig unterdrückt, weshalb dort beim Erwärmen kein oder nur sehr wenig Stickstoff in das Stahlblech diffundieren kann. Die Volumenkonzentration des Ammoniaks in der stickstoffhaltigen Gasatmosphäre liegt dabei bevorzugt bei mehr als 0,1 %, insbesondere zwischen 0,1 % und 10 % und besonderes bevorzugt zwischen 0,1 % und 5 %, insbesondere zwischen 0,5 % und 3 %. Besonders bevorzugt erfolgt das Erwärmen des kaltgewalzten Stahlblechs in einer inerten Schutzgasatmosphäre, welche insbesondere HNx enthält, wobei die Volumenkonzentration des HNx in der stickstoffhaltigen Gasatmosphäre bevorzugt zwischen 90 % und 99,5 % liegt.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren können demnach Stahlbleche aus einem Stahl mit einem auf das Gewicht bezogenen Kohlenstoffgehalt (C) von 10 bis 1000 ppm und einer Dicke von weniger als 0,5 mm hergestellt werden, welche ein zweischichtiges Kristallisationsgefüge mit einem ersten Bereich an einer ersten Seite des Stahlblechs und einem zweiten Bereich an einer zweiten Seite des Stahlblechs aufweisen, wobei der erste Bereich zumindest im Wesentlichen rekristallisiert und der zweite Bereich nicht oder zumindest nicht vollständig rekristallisiert ist und - bedingt durch das Herstellungsverfahren - an der Oberfläche der ersten Seite eine für Stickstoff undurchlässige Sperrschicht vorhanden ist. Zumindest in dem zweiten Bereich des Stahlblechs ist dabei ein Gradient des Stickstoffgehalts vorhanden, wobei der Stickstoffgehalt von der Oberfläche der zweiten Seite zur ersten Seite hin abnimmt.
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Der zweite Bereich des Stahlblechs weist daher eine deutlich höhere Härte als der erste Bereich auf. Bevorzugt weist der zweite Bereich eine Vickers-Härte von wenigstens 220 HV 0,025 und besonders bevorzugt von wenigstens 300 HV 0,025 auf. Die Vickers-Härte im ersten Bereich liegt bevorzugt bei wenigstens 100 HV0,025 und bei weniger als 280 HV0,025. Das Verhältnis der Härte des zweiten Bereichs zur Härte des ersten Bereichs ist bevorzugt größer als 1,2 und besonders bevorzugt größer als 1,4.
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Wenn der auf das Gewicht bezogene mittlere Stickstoffgehalt in dem zweiten Bereich des Stahlblechs nach dem Aufsticken zwischen 400 und 800 ppm liegt, können besonders hohe Festigkeiten und Härtewerte erzielt werden.
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Die beiden Bereiche der zweischichtigen Gefügestruktur unterscheiden sich dabei nicht nur in Bezug auf ihre Härte bzw. Festigkeit sondern auch in Bezug auf ihre Textur voneinander. So kann der zumindest im Wesentlichen rekristallisierte erste Bereich und der kaum oder nicht rekristallisierte zweite Bereich bspw. auch durch das Verhältnis der {001}-Orientierung und der {111}-Orientierung in der ε- Faser voneinander unterschieden werden. Das Verhältnis der {001}-Orientierung und der {111}-Orientierung in der ε- Faser kann dabei als „Verformungsindex“ definiert werden, der das Umformverhalten des Stahlblechs charakterisiert. Eine {111}-Orientierung ermöglicht dabei eine gute Umformbarkeit und weist einen guten Lankford-Koeffizienten (r-Wert) auf, wohingegen die {001}-Orientierung weniger gut umformbar ist. Die ε- Faser ist dabei durch den <110>-Vektor parallel zur Querrichtung (senkrecht zur Walzrichtung und zur Normalenrichtung in der Bandebene des Stahlbands) liegend definiert. In den Stahlblechen gemäß der Erfindung weist jeweils der rekristallisierte erste Bereich einen Verformungsindex von weniger als 0,8 auf und der zweite Bereich weist einen Verformungsindex von mehr als 2,0 und insbesondere zwischen 2,0 und 5,0 auf. Entsprechende Charakterisierungen der Texturen in der ersten und der zweiten Schicht lassen sich auch für andere Fasern des Gefüges definieren, bspw. für die α-Faser, die durch den <110>-Vektor in Walzrichtung liegend definiert ist.
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Eine vorteilhafte scharfe Abgrenzung des ersten und des zweiten Bereichs voneinander ist gegeben, wenn das Stahlblech im zweiten Bereich einen (Re-)kristallisationsgrad von weniger als 30%, bevorzugt weniger als 20%, aufweist und/oder wenn der erste Bereich einen (Re)kristallisationsgrad von mehr als 70%, bevorzugt von mehr als 80%, aufweist. Eine besonders scharfe Abgrenzung der beiden Bereiche lässt sich erzielen, wenn für die Erwärmungstemperatur (TE) gilt: TE = TR + ΔT/2. Bevorzugt liegt die Erwärmungstemperatur TE im Bereich von TR + ΔT/3 bis TR + 2 ΔT/3.
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Die mit dem Verfahren gemäß der Erfindung hergestellten Stahlbleche können vorteilhaft für die Herstellung von Verpackungen eingesetzt werden, wobei das Stahlblech dabei in Umformprozessen bspw. zu einem Dosenkörper einer Dose geformt werden können. Dabei wird das Stahlblech teilweise starken Umformungen mit sehr kleinen Biegeradien von weniger als 14 mm unterzogen. Die erfindungsgemäßen Stahlbleche zeichnen sich dabei besonders dadurch aus, dass beim Umformen kaum eine Aufrauhung der Oberfläche an der Außenseite eines Biegeradius erfolgt, wenn der noch walzharte zweite Bereich an der Außenseite des Biegeradius liegt. Die bei einer Umformung auftretende Aufrauhung lässt sich bspw. über einen 4-Radien-Napf-Test erfassen, in dem eine Stahlblechprobe zu einem quaderförmigen Behälter mit unterschiedlichen Biegeradien an den vier Ecken des Quaders im Tiefzug umgeformt und danach die Rauheit an der Außenseite der Biegeradien des Behälters gemessen wird. Bei den erfindungsgemäßen Stahlblechen weist die außenliegende Oberfläche des zweiten Bereichs nach einer Umformung des Stahlblechs um einen Biegeradius im Bereich von 8 mm bis 14 mm bevorzugt eine Rauheit (Ra) von weniger als 1,0 µm und besonders bevorzugt von weniger als 0,8 µm und/oder einen Aufraufaktor von weniger als 3, bevorzugt von weniger als 2,5 auf, wobei der Aufraufaktor durch das Verhältnis der Rauheit der Oberfläche des zweiten Bereichs an der Außenseite des 90°-Winkels und der Rauheit des Stahlblechs in einem unverformten Abschnitt des aus dem Stahlblech geformten Behälters definiert ist.
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Gegenstand der Erfindung ist daher neben dem Herstellungsverfahren und dem daraus erzeugten Stahlblech auch ein aus dem Stahlblech erzeugter Behälter, der wenigstens über einen konvex umgeformten Abschnitt verfügt, wobei der zweite Bereich des erfindungsgemäßen Stahlblechs dabei auf der konvexen Außenseite des umgeformten Abschnitts zu liegen kommt. Bei dem Behälter kann es sich insbesondere um eine Dose mit einem Dosenboden und einem daran angeformten Rumpf handeln, wobei der Übergang zwischen dem Dosenboden und dem Rumpf den umgeformten Abschnitt ausbildet.
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Diese und weitere Vorteile des erfindungsgemäßen Verpackungsstahls und des Herstellungsverfahrens ergeben sich aus den nachfolgend unter Bezugnahme auf die begleitenden Zeichnungen näher beschriebenen Ausführungsbeispielen. Die Zeichnungen zeigen:
- 1: schematische Darstellung eines Ausführungsbeispiels des Erwärmungsschritts des erfindungsgemäßen Verfahrens in Form eines Temperatur-ZeitDiagramms;
- 2: schematische Darstellung des Querschnitts eines erfindungsgemäßen Stahlblechs mit einer zweischichtigen Gefügestruktur (2a) mit einer schematischen Darstellung des Verlaufs der Stickstoffkonzentration (N) und der Rekristallisationstemperatur (TR) über die Dicke (x) des Stahlblechs ( 2b);
- 3: Mikroskopische Querschnitts-Aufnahme (metallographischer Schliff) eines erfindungsgemäßen Stahlblechs mit einer zweischichtigen Gefügestruktur;
- 4: Darstellung des Querschnitts-Verlaufs der Vickers-Härte (HV 0,025) über die Dicke des Stahlblechs, gemessen an verschiedenen Proben erfindungsgemäßer Stahlbleche, die in dem erfindungsgemäßen Verfahren mit unterschiedlichen Aufheizzeiten (tE) erwärmt und aufgestickt worden sind;
- 5: Gegenüberstellung von Spannungs-Dehnungs-Diagrammen [σ (ε)] von erfindungsgemäßen Stahlblechen, die mit unterschiedlichen Aufheizzeiten (tE) erwärmt und aufgestickt worden sind;
- 6: schematische Darstellung des 4-Radien-Napf-Tests mit einer Draufsicht auf den Boden eines in diesem Test aus den erfindungsgemäßen Stahlblechen erzeugten Behälter (6a) mit unterschiedlichen Biegeradien an den Ecken des Behälters und einem Ausschnitt einer Seitenansicht des Behälters ( 6b);
- 7: Darstellung der Ergebnisse des 4-Radien-Napf-Tests aus 6, durchgeführt an Proben erfindungsgemäßer Stahlbleche, wobei in 7a die Rauheit (Ra in µm) an der Außenseite der Biegeradien (R1 bis R4) an den verschiedenen Positionen (P0 bis P4) aus 6b und in 7b der Aufraufaktor (Ra-Faktor = Ra / R0 mit R0 als Rauheit des Stahlblechs in einem unverformten Abschnitt des Behälters) an diesen Positionen (P0 bis P4) dargestellt ist;
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Als Ausgangsprodukt für die Herstellung erfindungsgemäßer Stahlbleche mit dem erfindungsgemäßen Verfahren werden warmgewalzte und anschließend kaltgewalzte Stahlbleche mit einem auf das Gewicht bezogenen Kohlestoffgehalt von 10 bis 1000 ppm verwendet. Die Legierungszusammensetzung des Stahls erfüllt dabei zweckmäßig die durch Normen für Verpackungsstahl vorgegebenen Grenzwerte (wie z.B. in der Norm ASTM A623-11 „Standard Specification for Tin Mill Products“ oder im „European Standard EN 10202“ definiert), kann jedoch insbesondere in Bezug auf den ursprünglichen Stickstoffgehalt davon abweichen, wenn insbesondere hochaufgestickte Stahlbleche mit einem hohen Stickstoffgehalt von mehr als 0,02 Gew.% erzeugt werden sollen. Im Folgenden werden die Bestandteile des Stahls, aus dem erfindungsgemäße Stahlbleche hergestellt werden können, im Einzelnen erläutert:
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Zusammensetzung des Stahls:
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• | Kohlenstoff, C: | mehr als 0,001 % und weniger als 0,1 %, bevorzugt weniger als |
| 0,06 %; | |
Kohlenstoff wirkt härte- bzw. festigkeitssteigernd. Daher enthält der Stahl bevorzugt mehr als 0,001 Gew.% Kohlenstoff. Um die Walzbarkeit des Stahlblechs beim primären Kaltwalzen und ggf. in einem zweiten Kaltwalzschritt (Dressieren) zu gewährleisten und die Bruchdehnung nicht zu senken, sollte der Kohlenstoffgehalt 0,1 Gew.% nicht übersteigen.
• | Mangan, Mn: | mehr als 0,01 % und weniger als 0,6 %; |
Mangan wirkt ebenfalls härte- bzw. festigkeitssteigernd. Außerdem verbessert Mangan die Schmiedbarkeit, die Schweißbarkeit und den Verschleißwiderstand von Stahl. Ferner wird durch Zugabe von Mangan die Rotbruch-Neigung beim Warmwalzen gemindert und Mangan führt zu einer Kornfeinung. Daher ist ein Mangangehalt von wenigstens 0,01 Gew.% zu bevorzugen. Zur Erzielung hoher Festigkeiten ist ein Mangangehalt von mehr als 0,1 Gew.%, insbesondere von 0,20 Gew.% oder mehr zu bevorzugen. Wenn der Mangangehalt jedoch zu hoch wird geht dies zu Lasten der Korrosionsbeständigkeit des Stahls. Außerdem wird bei zu hohen Mangangehalten die Festigkeit zu hoch, was dazu führt, dass der Stahl nicht mehr kaltwalzbar und umformbar ist. Daher ist die bevorzugte Obergrenze für den Mangangehalt bei 0,6 Gew.%.
• | Phosphor, P: | weniger als 0,04 % |
Phosphor ist ein unerwünschtes Begleitelement in Stählen. Ein hoher Phosphorgehalt führt insbesondere zu einer Versprödung des Stahls und verschlechtert daher die Umformfähigkeit von Stahlblechen, weshalb die Obergrenze für den Phosphorgehalt bei 0,04 Gew. % liegt.
• | Schwefel, S: | weniger als 0,04 % und bevorzugt mehr als 0,001 % |
Schwefel ist ein unerwünschtes Begleitelement, das die Dehnbarkeit und die Korrosionsbeständigkeit verschlechtert. Daher sollte nicht mehr als 0,04 Gew.% Schwefel im Stahl enthalten sein. Andererseits müssen für eine Entschwefelung von Stahl aufwändige und kostenintensive Maßnahmen ergriffen werden, weshalb aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein Schwefelgehalt von weniger als 0,001 Gew.% nicht mehr vertretbar ist. Der Schwefelgehalt liegt daher bevorzugt im Bereich von 0,001 Gew.% bis 0,04 Gew.%, besonders bevorzugt zwischen 0,005 Gew.% und 0,01 Gew.%.
• | Aluminium, Al: | weniger als 0,08 % |
Aluminium wirkt bei der Stahlherstellung im Gießprozess als Desoxidationsmittel zur Stahlberuhigung. Aluminium erhöht weiterhin die Zunderbeständigkeit und die Umformfähigkeit. Außerdem bildet Aluminium mit Stickstoff Nitride, welche in den erfindungsgemäßen Stahlblechen vorteilhaft sind. Deshalb wird Aluminium bevorzugt in einer Konzentration von 0,005 Gew.% oder mehr eingesetzt. Andererseits können Aluminiumkonzentrationen von mehr als 0,08 Gew.% zu Oberflächendefekten in Form von Aluminiumclustern führen, weshalb diese Obergrenze für den Aluminiumgehalt bevorzugt nicht überschritten werden sollte.
• | Silizium, Si: | weniger als 0,1 %; |
Silizium erhöht im Stahl die Zunderbeständigkeit und ist ein Mischkristallhärter. Bei der Stahlherstellung hat es die positive Wirkung die Schmelze dünnflüssiger zu machen und dient als Desoxidationsmittel. Ein weiterer positiver Einfluss von Silizium auf Stahl ist, dass es die Zugfestigkeit, Streckgrenze und Zunderbeständigkeit erhöht. Daher ist ein Siliziumgehalt von 0,003 Gew.% oder mehr zu bevorzugen. Wenn der Siliziumgehalt jedoch zu hoch wird und insbesondere 0,1 Gew.% übersteigt, kann die Korrosionsbeständigkeit des Stahls verschlechtert werden und Oberflächenbehandlungen, insbesondere durch elektrolytische Beschichtungen, können erschwert werden.
• | optional Stickstoff, N0: | weniger als 0,02 %, insbesondere weniger als 0,016 %, |
| und bevorzugt mehr als 0,001 % |
Stickstoff ist ein optionaler Bestandteil in der Stahlschmelze, aus dem der Stahl für die erfindungsgemäßen Stahlbleche hergestellt wird. Zwar wirkt Stickstoff als Mischkristallverfestiger härte- und festigkeitssteigernd. Allerdings führt ein zu hoher Stickstoffgehalt in der Stahlschmelze von mehr als 0,02 Gew.% dazu, dass das aus der Stahlschmelze hergestellte Warmband nicht mehr kaltwalzbar ist. Weiterhin erhöht ein hoher Stickstoffgehalt in der Stahlschmelze die Gefahr von Defekten im Warmband, da bei Stickstofkonzentrationen von 0,016 Gew.% oder mehr die Warmumformfähigkeit geringer wird. Gemäß der Erfindung ist vorgesehen, den Stickstoffgehalt des Stahlblechs nachträglich durch Aufsticken des kaltgewalzten Stahlblechs in einem Glühofen zu erhöhen. Deshalb kann auf das Einbringen von Stickstoff in die Stahlschmelze gänzlich verzichtet werden. Zur Erzielung einer starken Mischkristallverfestigung ist es jedoch zu bevorzugen, wenn bereits in der Stahlschmelze ein anfänglicher Stickstoffgehalt von mehr als 0,001 Gew. %, besonders bevorzugt von 0,010 Gew. % oder mehr enthalten ist.
• | optional: | Nitridbildner, insbesondere Niob, Titan, Zirconium, Vanadium: |
Nitridbildende Elemente wie Aluminium, Titan, Niob, Zirconium oder Vanadium sind im Stahl der erfindungsgemäßen Stahlbleche optional von Vorteil, um den ggf. ursprünglich im Stahl schon enthaltenen Stickstoff und den durch das spätere Aufsticken im Glühofen nachträglich eingebrachten Stickstoff zumindest teilweise in Form von Nitriden abzubinden. Dadurch kann das Umformverhalten verbessert werden und es können nahezu alterungsfreie IF- (Interstitial Free) Stahlbleche erzeugt werden. Dabei sind Aluminiun, Titan und/oder Niob als Bestandteile des Stahls besonders zu bevorzugen, da sie neben ihrer Eigenschaft als starke Nitridbildner auch noch als Mikrolegierungsbestandteile über eine Kornfeinung festigkeitssteigernd wirken, ohne die Zähigkeit herabzusetzen.
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Deshalb enthält der Stahl bezogen auf das Gewicht optional und bevorzugt
- • Titan, Ti: bevorzugt mehr als 0,02 %, besonders bevorzugt mehr als 0,02 % aber weniger als 0,1 %, und/oder
- • Niob, Nb: bevorzugt mehr als 0,01 %, aber weniger als 0,08 %, und/oder
- • Aluminium, Al: bevorzugt mehr als 0,005 Gew.% aber weniger als 0,08 Gew.%, und/oder
- • Molybdän, Mo: weniger als 0,08 %;
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Weitere optionale Komponenten:
- Neben dem Reststoff Eisen (Fe) und unvermeidlichen Verunreinigungen kann der Stahl noch weitere optionale Bestandteile enthalten, wie z.B.
- • optional Kupfer, Cu: weniger als 0,1 %;
- • optional Chrom, Cr: weniger als 0,1 %;
- • optional Nickel, Ni: weniger als 0,1 %;
- • optional Zinn, Sn: weniger als 0,05 %;
- • optional Bor, B: weniger als 0,01 %, bevorzugt weniger als 0,005 % und bevorzugt mehr als 0,0005 %;
um dem Stahl ggf. weitere vorteilhafte Eigenschaften zu verleihen, die sich durch diese Zusatzbestandteile erzielen lassen.
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In Tabelle 1 sind Ausführungsbeispiele für Stahlkompositionen A, B und C angeführt, aus denen durch Warmwalzen und Kaltwalzen Stahlbleche hergestellt werden können, die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Herstellung eines zweischichtigen Kristallisationsgefüges behandelt werden können, um eine zweischichtige Gefügestruktur in dem kaltgewalzten Stahlblech auszubilden.
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Herstellungsverfahren des Stahlblechs:
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Mit der beschriebenen Zusammensetzung des Stahls wird eine Stahlschmelze erzeugt, wobei der Stahl in bevorzugten Ausführungsbeispielen zur Erzielung eines hohen (mittleren) Stickstoffgehalts des Stahlblechs bereits einen anfänglichen Stickstoffgehalt N0 erhalten kann, indem der Stahlschmelze Stickstoff zugegeben wird, bspw. durch Einblasen von Stickstoffgas und/oder durch Zugabe einer festen Stickstoffverbindung wie Kalk-Stickstoff (Calcium Cyanamid) oder Mangannitrid. Um die Festigkeit des aus der Stahlschmelze erzeugten Stahlblechs aufgrund einer Stickstoff-Mischkristallverfestigung nicht zu hoch werden zu lassen und um die Warmumformbarkeit des Stahls zu erhalten sowie durch Nitride hervorgerufene Defekte in der aus der Stahlschmelze erzeugten Bramme zu vermeiden, ist es vorteilhaft, wenn der anfängliche Stickstoffgehalt (N0) des Stahls 0,02 Gew.% nicht überschreitet und bevorzugt bei 0,016 Gew.% oder weniger liegt.
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Aus der Stahlschmelze wird zunächst eine Bramme gegossen und diese wird danach warmgewalzt und auf Raumtemperatur abgekühlt. Das so erzeugte Warmband weist dabei Dicken im Bereich von 1 bis 4 mm auf und wird ggf. zu einer Rolle (Coil) bei einer vorgegebenen Aufwickeltemperatur (Haspeltemperatur) von 500 bis 750 °C, bevorzugt im Bereich von 650°C bis 750°C aufgewickelt. Zur Herstellung eines Verpackungsstahls in Form eines dünnen Stahlblechs in den üblichen Feinstblechdicken von weniger als 0,5 mm, bevorzugt von weniger als 0,3 mm, wird das Warmband kaltgewalzt, wobei eine Dickenreduktion im Bereich von 50 bis über 90 % erfolgen kann.
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Auf eine der beiden Seiten des auf eine Dicke von weniger als 0,5 mm kaltgewalzten Stahlblechs wird anschließend eine für (atomaren) Stickstoff undurchlässige Sperrschicht in Form einer Sol-Gel-Schicht, insbesondere einer Schicht aus SiO2, TiO2 und/oder ZrO2, auf der Oberfläche des Stahlblechs appliziert. Dabei wird in einem Bandbeschichtungsprozess bspw. eine Dispersion eines Silizium-Alkoholats an einer ersten Seite (a) auf die Oberfläche des Stahlbands aufgebracht. Hierfür wird auf die erste Seite des als Stahlband vorliegenden Stahlblechs in einem nasschemischen Beschichtungsverfahren die Dispersion mittels Sprühdüsen als Sol aufgesprüht oder mit Rakeln appliziert und anschließend getrocknet. Dabei entstehen zunächst Molekülketten und nach längerer Dauer kleinste Partikel. Im weiteren Verlauf bilden die Partikel im Sol ein Netzwerk aus. In der nasschemisch applizierten Sol-Schicht wird anschließend ein Gelzustand aufgrund von Hydrolyse- und Kondensationsreaktionen erzeugt. Das Gelieren kann durch Wärmezufuhr beschleunigt werden.
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Zum Gelieren und Trocknen wird das mit dem Sol beschichtete Stahlband in einen Ofen gebracht werden. Das Trocknen des Sol kann vorteilhaft zumindest teilweise in einem Durchlaufglühofen erfolgen, in dem die nachfolgende thermische Behandlung des Stahlblechs zum Aufsticken und teilweise Rekristallisieren des Stahlblechs erfolgt. Hierfür wird das kaltgewalzte und auf der ersten Seite mit der Sperrschicht versehene Stahlband durch einen Durchlaufglühofen geführt, in dem das Stahlband auf Temperaturen oberhalb der (ursprünglichen) Rekristallisationstemperatur TR des Stahls erhitzt wird. In dem erfindungsgemäßen Verfahren erfolgt vor oder bevorzugt gleichzeitig mit dem Rekristallisationsglühen ein Aufsticken des kaltgewalzten Stahlblechs durch ein Erwärmen des Stahlblechs in einer aufstickenden Gasatmosphäre in dem Durchlaufglühofen. Das Aufsticken wird bevorzugt gleichzeitig mit dem Rekristallisationsglühen in dem Glühofen durchgeführt, indem in den Glühofen ein stickstoffhaltiges Gas, bevorzugt Ammoniak (NH3) eingebracht, während das Stahlblech auf eine Temperatur oberhalb der (ursprünglichen) Rekristallisationstemperatur TR des Stahls erwärmt wird. Bei den Temperaturen im Glühofen, die bei Verwendung von Ammoniak als stickstoffhaltiges Gas bevorzugt bei mehr als 300°C liegen, wird durch Dissoziation des Stickstoffs aus dem stickstoffhaltigen Gas aufgrund einer katalytischen Reaktion atomarer Stickstoff gebildet, der auf der zweiten Seite des Stahlblechs (oberflächlich) an der Oberfläche des Stahlblechs in das Stahlblech diffundieren kann. An der ersten Seite des Stahlblechs wird das Eindiffundieren von Stickstoff durch die Sperrschicht verhindert.
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Um beim Erwärmen des Stahlblechs eine Oxidation der Stahlblechoberfläche an der zweiten Seite zu vermeiden wird zweckmäßig in dem Glühofen eine Schutzgasatmospähre verwendet. Bevorzugt besteht die Atmosphäre in dem Glühofen aus einer Mischung des als Stickstoffdonor wirkenden stickstoffhaltigen Gas und einem Schutzgas wie HNx, wobei der Volumenanteil des Schutzgases bevorzugt zwischen 90% und 99,5% liegt und der Rest des Volumenanteils der Gasatmospähre von dem stickstoffhaltigen Gas, insbesondere Ammoniakgas (NH3-Gas), gebildet wird.
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In 1 ist schematisch ein Temperatur-Zeit-Profil der thermischen Behandlung zum Aufsticken und Glühen des Stahlblechs in dem Glühofen in einem bevorzugten Ausführungsbeispiel für das erfindungsgemäße Verfahren dargestellt. In diesem ersten Ausführungsbeispiel erfolgt eine einstufige Wärmebehandlung des Stahlblechs in einem Durchlaufglühofen, wobei das Stahlblech während der einstufigen Erwärmung gleichzeitig rekristallisierend geglüht und aufgestickt wird. Wie aus 1 ersichtlich, wird das Stahlblech in diesem Ausführungsbeispiel von Raumtemperatur innerhalb einer Aufheizzeit (tE) mit einer bevorzugten (mittleren) Aufheizgeschwindigkeit von 10 bis 15 °C/s auf eine Erwärmungstemperatur TE ≥ TR erwärmt und während einer Glühdauer (tG) zumindest annährend auf dieser Temperatur gehalten. Die Erwärmungstemperatur TE entspricht dabei der Glühtemperatur, mit der das Stahlblech (bereichsweise) rekristallisierend geglüht wird und liegt zwischen der ursprünglichen Rekristallisationstemperatur TR und der durch das Aufsticken in dem Saumbereich des Stahlblechs auf TR + ΔT erhöhten Rekristallisationstemperatur. Es gilt hier für die Erwärmungstemperatur TE: TR ≤ TE < TR + ΔT.
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Die Aufheizzeit (tE) liegt dabei bevorzugt im Bereich von 1,0 bis 300 Sekunden, besonders bevorzugt zwischen 10 und 120 Sekunden, und kann entsprechend den gewünschten Materialeigenschaften des erfindungsgemäßen Stahlblechs angepasst werden, wie nachfolgend noch erläutert wird. Zur Anpassung der Aufheizzeit kann die Aufheizrate, mit der das Stahlblech im Glühofen erwärmt wird, bzw. die Durchlaufgeschwindigkeit des Stahlblechs durch einen Durchlaufglühofen entsprechend der gewünschten Aufheizzeit eingestellt werden. Zur Einstellung der bevorzugten Aufheizzeiten (tE) im Bereich von 1,0 bis 300 Sekunden kann bspw. eine Aufheizrate von 10 K/s bis 80 K/s gewählt werden. Während der Aufheizzeit ist das Stahlblech in dem Durchlaufglühofen der ausfstickenden Gasatmosphäre, insbesondere einer Ammoniak-Gasatmosphäre, ausgesetzt. Die Glühdauer (tG) liegt bevorzugt im Bereich von 1,0 bis 90 Sekunden, besonders bevorzugt zwischen 10 und 60 Sekunden und wird ebenfalls entsprechend den gewünschten Materialeigenschaften des erfindungsgemäßen Stahlblechs ausgewählt. Nach Ablauf der Glühdauer (tG) verlässt das Stahlblech den Glühofen und kühlt entweder passiv in der Umgebung ab oder wird durch eine aktive Kühlung, bspw. eine Wasserkühlung oder eine Gasstromkühlung, auf Raumtemperatur abgekühlt. Zweckmäßige Kühlraten liegen dabei im Bereich von 3 K/s bis 20 K/s bei einer Gasstromkühlung und bei mehr als 1000 K/s bei Einsatz einer Wasserkühlung.
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Die (ursprüngliche) Rekristallisationstemperatur TR des Stahls hängt von der Zusammensetzung des Stahls ab und liegt typischerweise im Bereich von 550 bis 720°C.
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Beim Erwärmen des kaltgewalzten Stahlblechs in dem Glühofen wird Stickstoff aus dem stickstoffhaltigen Gas zunächst nur in einem oberflächennahen Bereich auf der zweiten Seite des Stahlblechs eingelagert, indem atomarer Stickstoff durch die Stahlblechoberfläche diffundiert. Der in den oberflächennahen Bereich eindiffundierte Stickstoff kann sich entweder interstitiell in das Eisengitter des Stahls einlagern oder wird als Nitrid gebunden, insbesondere wenn in dem Stahl starke Nitridbildner wie Al, Nb, Ti, oder B vorhanden sind. Durch die Einlagerung des Stickstoffs wird die Rekristallisationstemperatur (TR) des Stahls in dem oberflächennahen zweiten Bereich um einen Wert ΔT angehoben. Dieser Anstieg der Rekristallisationstemperatur (TR) im oberflächennahen zweiten Bereich ist in den 1mit ΔT dargestellt.
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Erfindungsgemäß wird die Erwärmungstemperatur (TE) bzw. die Glühtemperatur nun so ausgewählt, dass TR ≤ TE < TR + ΔT gilt. Die Erwärmungstemperatur (TE) bzw. die Glühtemperatur wird also in dem erfindungsgemäßen Verfahren so eingestellt, dass sie zwischen der (ursprünglichen) Rekristallisationstemperatur (TR) des für die Herstellung des kaltgewalzten Stahlblechs verwendeten Stahls und der durch das oberflächennahe Aufsticken des Stahlblechs im oberflächennahen zweiten Bereich um den Wert ΔT erhöhten Rekristallisationstemperatur (TR + ΔT) liegt. Durch diese Einstellung der Erwärmungstemperatur (TE) (bzw. der Glühtemperatur) erfolgt eine Rekristallisation nur in einem sich an den oberflächennahen zweiten Bereich nach innen anschließenden ersten Bereich an der ersten Seite des Stahlblechs, in dem zumindest anfänglich beim Glühen und gleichzeitigen Aufsticken des Stahlblechs (noch) kein Stickstoff eingelagert worden ist. Die Erwärmungstemperatur (TE) liegt nämlich nur in diesem ersten Bereich des Stahlblechs oberhalb der Rekristallisationstemperatur (TR) und in dem zweiten Bereich, in dem die Rekristallisationstemperatur durch den eingelagerten Stickstoff um ΔT erhöht worden ist, liegt die Erwärmungstemperatur (TE) unterhalb der auf TR + ΔT erhöhten Rekristallisationstemperatur. Deshalb bildet sich über den Querschnitt des Stahlblechs eine zweischichtige Gefügestruktur mit einem zumindest im Wesentlichen, bevorzugt weitgehend vollständig rekristallisierten ersten Bereich 1 und einen zweiten Bereich 2 aus, wobei der zweiten Bereich 2 nicht oder zumindest nicht vollständig rekristallisiert ist.
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Die sich durch das Erwärmen des Stahlblechs in der stickstoffhaltigen Gasatmospähäre ergebende Gefügestruktur umfasst daher einen zumindest im Wesentlichen vollständig rekristallisierten ersten Bereich 1 und einen nicht rekristallierten zweiten Bereich 2, wie in der schematischen Schnittdarstellung eines erfindungsgemäßen Stahlblechs der 2 gezeigt ist. Der an der zweiten Seite b des Stahlblechs liegende zweite Bereich 2 ist dabei nicht oder zumindest nicht vollständig rekristallisiert und verbleibt deswegen in dem walzharten Zustand des kaltgewalzten Stahlblechs. Der an der ersten Seite a des Stahlblechs liegende erste Bereich 1 ist dagegen (insbesondere vollständig) rekristallisiert. An der ersten Seite a des Stahlblechs befindet sich die in 2 gezeigte Sperrschicht 3.
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Der Rekristallisationsgrad des zweiten Bereichs 2 und ersten Bereichs 1 kann dabei über die Erwärmungstemperatur (TE) und die Glühdauer (tG) eingestellt werden. Eine scharfe Abgrenzung des Kernbereichs 2 und des Saumbereichs 1 lässt sich bspw. erzielen, wenn die Glühdauer (tG) größer als 10 Sekunden ist und die Erwärmungstemperatur (TE) zwischen TR + ΔT/3 und TR + 2ΔT/3 liegt. Ebenso lässt sich die Dicke des Saumbereichs 1 über die Verfahrensparameter der Erwärmungstemperatur (TE) und der Aufheizzeit (tE) einstellen.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren lassen sich daher zweischichtige Gefügestrukturen mit einem zumindest weitgehend vollständig rekristallisierten ersten Bereich 1 und einem walzharten zweiten Bereich 2 erzeugen
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Nach der Herstellung der erfindungsgemäßen Stahlbleche können diese in üblicher Weise mit Konversions- oder Schutzschichten ein- oder beidseitig beschichtet werden, insbesondere durch elektrolytische Verzinnung oder Verchromung.
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Beispiele:
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Nachfolgend werden Ausführungsbeispiele für das Stahlblech, dessen Verwendung zur Herstellung von Behältern und das Verfahren gemäß der Erfindung erläutert.
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Aus der Stahlschmelze A mit der in Tabelle 1 aufgeführten Legierungskomposition (die ppm-Angaben beziehen sich auf den Gewichtsanteil der Legierungsbestandteile im Stahl, aus dem das kaltgewalzte Stahlblech hergestellt worden ist) wurden durch Warmwalzen und nachfolgendem Kaltwalzen Stahlbleche mit einer Dicke von 0,23 ± 0,01 mm hergestellt. Die kaltgewalzten Stahlbleche wurden einer thermischen Behandlung in einer ammoniakhaltigen Schutzgasatmosphäre mit einem Volumenanteil des Ammoniak von 5 % auf eine Erwärmungstemperatur TE von 750°C bei unterschiedlichen Aufheizzeiten tE erwärmt und für eine Glühdauer tG von 45 Sekunden auf der Erwärmungstemperatur TE gehalten.
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Die Gefügestruktur der wärmebehandelten Stahlbleche wurde mikroskopisch (kalteingebettet, geschliffen, poliert und nach Nital mit 3% Salpetersäure geätzt) untersucht. In 3 ist ein Beispiel einer mikroskopischen Querschnittsaufnahme eines metallographischen Schliffs eines erfindungsgemäßen Stahlblechs gezeigt, aus der die beiden Bereiche 1, 2 mit unterschiedlichem Kristallisationsgrad sowie die in dem Schliff der 3 nicht zu erkennende Sperrschicht 3 an der ersten Seite des Stahlblechs ersichtlich sind. Es wird aus 3 deutlich, dass das erfindungsgemäße Stahlblech eine zweischichtige Gefügestruktur mit einem rekristallisierten ersten Bereich 1 und einem nicht rekristallisierten zweiten Bereich 2 aufweist, wobei der erste Bereich 1 deutlich dicker als der zweite Bereich 2 ist.
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An Proben erfindungsgemäßer Stahlbleche wurde die Härte an verschiedenen Positionen über dem Querschnitt erfasst. 4 zeigt den Verlauf der Vickers-Härte HV 0,025 über die Dicke der Stahlblechproben an verschiedenen Positionen (Position 1 bis Position 7, wobei Position 1 die Oberfläche des Stahlblechs an der ersten Seite a und Position 7 die die Oberfläche des Stahlblechs an der zweiten Seite b ist). Aus 4 ist zu erkennen, dass die Härte über der Dicke der Stahlblechproben von der ersten Seite a zur zweiten Seite b stetig (linear) zunimmt.
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Dieser Verlauf der Härte über die Dicke des Stahlblechs ist auf eine Aufstickung des Stahlblechs im zweiten Bereich 2 mit einem von außen zur Mitte des Stahlblechs hin abnehmenden Stickstoffgehalt sowie die (vollständige) Rekristallisation des ersten Bereichs 1 während der thermischen Behandlung im Glühofen zurück zu führen. Der zweite Bereich 2 ist dabei noch walzhart und weist eine hohe Härte mit einem Härtemaximum an der Oberfläche des Stahlblechs an der zweiten Seite b auf.
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Aus 4 ist weiterhin erkennbar, dass die Absolutwerte der Vickers-Härte von der Aufheizzeit tE abhängen. Während die mit einer kurzen Aufheizzeit von bspw. tE = 60 Sekunden wärmebehandelten Proben eine niedrige Vickers-Härte an der ersten Seite a von ca. 100 aufweisen, haben die mit längerer Aufheizzeit von bspw. tE = 300 Sekunden behandelten Proben an derselben Seite eine Vickers-Härte von mehr als 150. Deshalb kann über die Aufheizzeit tE die Härte bzw. die Festigkeit der erfindungsgemäßen Stahlbleche eingestellt werden. Aus 4 lässt sich ferner erkennen, dass bei den längeren Aufheizzeiten von mehr als 120 Sekunden während des Erwärmens zumindest teilweise auch ein Aufsticken des ersten Bereichs 1 erfolgt, indem Stickstoff in diesen Bereich diffundiert und dort die Härte bzw. die Festigkeit des Stahls erhöht.
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Dies lässt sich auch durch Festigkeits- und Dehnungsmessungen an den erfindungsgemäßen Stahlblechen bestätigen. In 5 sind Beispiele für Spannungs-Dehnungs-Diagramme von zwei Proben erfindungsgemäßer Stahlbleche aus dem Stahl der Tabelle 1 gezeigt, welche mit jeweils unterschiedlicher Aufheizzeit von tE = 60 Sekunden bzw. tE = 300 Sekunden erwärmt und während dieser Aufheizzeiten aufgestickt worden sind.
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Aus 5 ist erkennbar, dass sich über die Aufheizzeit die mechanischen Parameter der erfindungsgemäßen Stahlbleche, insbesondere die Zugfestigkeit und die Bruchdehnung, einstellen lassen, wobei Zugfestigkeit von > 600 MPa bei Bruchdehnungen von mehr als 7% erzielbar sind.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren lassen sich demnach (aufgestickte) Stahlbleche herstellen, die sich durch eine sehr hohe Festigkeit von mehr als 600 MPa bei gleichzeitig guter Bruchdehnung von mehr als 5%, bevorzugt mehr als 7%, auszeichnen. Solche Stahlbleche sind hervorragend in Umformverfahren zur Herstellung von stabilen Verpackungen wie Konserven- und Getränkedosen sowie Teile davon wie (Aufreiß-)Deckel zu verarbeiten.
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Die genaue Zusammensetzung der Gefügestruktur, insbesondere die Dicke und der Kristallisationsgrad des ersten und des zweiten Bereichs sowie der durch das Aufsticken im Durchlaufglühofen erzeugte Stickstoffgehalt im ersten und im zweiten Bereich sowie der Gradient des Stickstoffgehalts über die Dicke des Stahlblechs lassen sich durch Variation der Verfahrensparameter beeinflussen. Deshalb können die Eigenschaften der mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Stahlbleche auf verschiedene Anwendungsfälle hin maßgeschneidert werden.
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Das Verhalten erfindungsgemäßer Stahlbleche beim Umformen wurde in einem 4-Radien-Napf-Test untersucht, indem Stahlblechproben zu einem quaderförmigen Behälter mit jeweils unterschiedlichen Biegeradien (R1, R2, R3, und R4) an den vier Ecken des Behälters geformt worden sind.
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6 zeigt den beim 4-Radien-Napf-Test aus den Stahlblechen geformten Behälter in einer schematischen Darstellung, wobei
6a eine Draufsicht auf den Behälterboden und
6b eine Schnittdarstellung in einer Seitenansicht im Bereich der Behälterwand zeigt. Aus
6a sind die unterschiedlichen Biegeradien (R1, R2, R3, R4) ersichtlich, welche folgende Größe aufweisen:
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An den in 6b gezeigten Positionen P0, P1, P2, P3 und P4 wurden Rauheitsmessungen durchgeführt, um den Mittenrauwert Ra zu ermitteln.
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Beim 4-Radien-Napf-Test wurde jeweils ein Stahlblech mit einem zweischichtigen Kristallisationsgefüge eingesetzt, wobei der rekristallisierte erste Bereich 1 und der nicht rekristallisierte (und daher noch walzharte) zweite Bereich 2 sowohl außen als auch innen an den Biegeradien angeordnet worden sind. Dabei wurden im 4-Radien-Napf-Test auch Stahlbleche untersucht, die eine unterschiedliche Dicke des zweiten Bereichs 2 haben. Die unterschiedliche Dicke des zweiten Bereichs 2 wurde dabei im Herstellungsverfahren durch unterschiedlich lange Aufheizzeiten (Probe A: tE = 1 Sekunde, Probe B: tE = 300 Sekunden) für das Aufsticken erzeugt.
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Die Ergebnisse des 4-Radien Napf-Tests sind in den 7A und 7B gezeigt. 7A zeigt die an den verschiedenen Biegeradien R1, R2, R3, R4 an den Positionen P1 bis P4 (s. 6b) sowie im Bereich des unverformten Bodens des Behälters (Position P0 in 6b) gemessene Mittenrauheit (Ra-Werte) für beide Varianten der untersuchten Stahlblechproben.
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Aus 7A ist zu erkennen, dass die Rauheit Ra an allen Biegeradien R1 bis R4 höher ist als die Rauheit im unverformten Boden des Behälters. Weiterhin ist aus 7A zu erkennen, dass die Rauheit an den Biegeradien R1 bis R4 bei den Behältern geringer ist, bei denen der nicht rekristallisierte (walzharte) zweite Bereich 2 an der Außenseite des Biegeradius liegt. Die Behälter, bei denen der rekristallisierte erste Bereich 1 an der Außenseite der Biegeradien liegt, weisen demgegenüber eine höhere Rauheit Ra auf. Bei den Behältern mit dem zweiten Bereich 2 außen an den Biegeradien R1 bis R4 liegend beträgt die Mittenrauheit (Ra) weniger als 1,0 µm und insbesondere weniger als 0,8 µm.
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In 7B ist ein Ra-Faktor dargestellt, der durch das Verhältnis der Ra-Werte an den Biegeradien R1 bis R4 und des Ra-Werts im unverformten Bodenbereich des Behälters definiert ist. Wie aus 7B ersichtlich, weisen die Behälter, bei denen der nicht rekristallisierte zweite Bereich 2 außen an den Biegeradien R1 bis R4 liegt, etwa um den Faktor 3 geringere Ra-Faktoren auf. Bei den Behältern mit dem zweiten Bereich 2 außen an den Biegeradien R1 bis R4 liegend beträgt der Aufraufaktor (Ra-Faktor) weniger als 3, insbesondere weniger als 2,5.
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Daraus ergibt sich, dass beim Umformen von Stahlblechen gemäß der Erfindung an der Außenseite von Biegeradien eine wesentlich geringere Aufrauhung erfolgt, wenn die zweite Seite b des Stahlblechs mit dem nicht rekristallisierten zweite Bereich 2 außen liegt. Die Ergebnisse des 4-Radien-Napf-Tests zeigen daher, dass sich die erfindungsgemäßen Stahlbleche hervorragend zur Herstellung von Behältern eignen, die im Bereich der Biegeradien der Behälter eine geringe Aufrauhung mit niedrigen Ra-Werten aufweisen. Dabei wird bevorzugt bei der Umformung des Stahlblechs zu einem Behälter die zweite Seite b des Stahlblechs mit dem nicht rekristallisierten zweiten Bereich 2 so angeordnet, dass diese Seite nach der Umformung an den Biegeradien des Behälters außen liegt. Dabei stellt der nicht rekristallisierte zweite Bereich 2 des Stahlblechs eine Barriere für größere Körner des Stahlgefüges dar und verhindert, dass sich die Körner des Stahlgefüges bis an die Oberfläche der zweiten Seite b optisch sichtbar durchdrücken können und dort eine unerwünschte Aufrauhung an der Außenseite des Biegeradius erzeugen. Bevorzugt wird dabei die Dicke des walzharten zweiten Bereichs 2 möglichst klein und insbesondere kleiner als 50 µm gewählt. Dies stellt sicher, dass die mechanischen Eigenschaften des Stahlblechs, insbesondere seine Umformbarkeit, durch den walzharten zweiten Bereich 2 nur unwesentlich beeinflusst werden. Dadurch wird insbesondere sichergestellt, dass die Umformbarkeit des Stahlblechs trotz des walzharten zweiten Bereichs 2, der eine hohe Härte und Festigkeit aufweist, nicht wesentlich reduziert wird. An der Innenseite der Biegeradien R1 bis R4 befindet sich nämlich die weiche und leichter umformbare erste Seite a des Stahlblechs mit dem weicheren und rekristallisierten ersten Bereich 1. Beim Umformen des Stahlblechs zu einem Biegeradius wird der erste Bereich 1 des Stahlblechs an der Innenseite des Biegeradius gestaucht, wobei der weiche, rekristallisierte erste Bereich 1 einen nur geringen Widerstand gegen diese Umformung bildet. Die Stahlbleche gemäß der Erfindung lassen sich daher trotz ihrer hohen Härte und Festigkeit an der zweiten Seite b in gängigen Umformungsverfahren, insbesondere in Tiefzugprozessen, problemlos zu Behältern umformen, ohne dass es an der Außenseite von umgeformten Bereichen zu einer nachteiligen Aufrauhung der Oberfläche des Stahlblechs kommt. Aus einem Vergleich der Rauheitswerte der Probe A und der Probe B gern.
7A lässt sich erkennen, dass die Dicke der zweiten Schicht 2 auf die Rauheit nur einen geringen Einfluss hat, weshalb unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung einer Aufrauhung beim Umformen des Stahlblechs die Dicke des zweiten Bereichs klein sein kann.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102014116929 B3 [0004]
- WO 2005/056841 A1 [0005]
- US 3219494 [0006]