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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Assistenzsystems, ein Computerprogrammprodukt, ein Assistenzsystem und ein Fahrzeug mit einem Assistenzsystem.
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Es sind Assistenzsysteme bekannt, die in bestimmten kritischen Situationen eine automatische Bremsung des Fahrzeugs veranlassen oder auslösen. Derartige Systeme sind beispielsweise als Notbremsassistenten bekannt. Gerade bei Einparkvorgängen kommt es nicht nur darauf an, dass das Fahrzeug nicht mit einem Hindernis kollidiert, sondern auch, dass es möglichst nahe oder mit einem vorbestimmten Abstand zu dem Hindernis zum Stehen kommt, da der Raum des Parkplatzes begrenzt ist.
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Gerade in derartigen Situation, die bei eher geringen Geschwindigkeiten, beispielsweise weniger als 15 km/h, auftreten, ist daher eine zeitlich exakte Auslösung der Bremsung wünschenswert. Insbesondere dann, wenn der Nutzer des Fahrzeugs dieses manuell kontrolliert und ein Hindernis übersehen hat oder die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hat, darf jedoch auch nicht zu spät ausgelöst werden. Um den korrekten Auslösezeitpunkt zu bestimmen, sollte eine Dauer des gesamten Prozesses von der Objekterfassung mittels Sensorik bis zum eigentlichen Bremsvorgang umfassend den Bremsweg möglichst genau bekannt sein. Hierbei spielen verschiedene Aspekte, die sich beispielsweise zwischen Fahrzeugtypen, aber auch zwischen unterschiedlichen Fahrzeugen einer Baureihe unterscheiden und sich sogar im Verlauf der Nutzung eines bestimmten Fahrzeugs ändern können, eine Rolle. Aufgrund der vielen Einflussfaktoren kann der optimale Auslösezeitpunkt bislang nur grob geschätzt werden. Diesbezüglich besteht Verbesserungsbedarf.
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DE 10 2015 113 078 A1 offenbart ein Verfahren und ein System zur Inbetriebnahme eines Bremssystems mit vorgegebenen Zulassungsvoraussetzungen, wobei das Bremssystem zumindest anteilig eine Reibungsbremse aufweist und wobei das Bremssystem weiter eine Steuerung mit einem initialen Steuerdatensatz zur Ansteuerung des Bremssystems im Betrieb aufweist. Es ist vorgeschlagen, auf der Grundlage eines realen Referenzbetriebs und eines virtuellen Testbetriebs den Steuerdatensatz für das Bremssystem derart einzustellen, dass die vorgegebenen Zulassungsvoraussetzungen erreicht werden.
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Vor diesem Hintergrund besteht eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung darin, den Betrieb eines Assistenzsystems zu verbessern.
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Demgemäß wird ein Verfahren zum Betreiben eines Assistenzsystems für ein Fahrzeug vorgeschlagen. Das Assistenzsystem ist zum Veranlassen einer automatischen Bremsung mit dem Fahrzeug eingerichtet. Das Verfahren weist die Schritte auf:
- A) Ausgeben eines Bremssignals an ein Bremssystem des Fahrzeugs zum Einleiten einer automatischen Bremsung,
- B) Empfangen eines für die eingeleitete Bremsung indikativen Sensorsignals,
- C) Ermitteln einer Latenz zwischen dem Ausgeben des Bremssignals und der eingeleiteten Bremsung in Abhängigkeit des ausgegebenen Bremssignals und des erfassten Sensorsignals, und
- D) Betreiben des Assistenzsystems auf Basis der ermittelten Latenz.
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Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass die Latenz, das heißt die zeitliche Verzögerung, von der Entscheidung, dass eine Bremsung durchzuführen ist, bis eine Bremskraft einsetzt, für das jeweilige Fahrzeug und den jeweiligen Betriebszustand des Fahrzeugs ermittelbar ist und damit sehr genau bekannt ist. Die Latenz tritt beispielsweise aufgrund einer Signalverarbeitung, einer Signalübertragungsdauer sowie einer Betätigungsdauer des Bremssystems. Somit kann der Auslösezeitpunkt zum Auslösen der Bremsung situationsabhängig exakt bestimmt werden, womit ein zuverlässigerer und sicherer Betrieb des Fahrzeugs ermöglicht ist.
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Das Assistenzsystem kann auch als Fahrassistenzsystem, Fahrerassistenzsystem oder dergleichen bezeichnet werden.
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Man kann das vorgeschlagene Verfahren auch als Kalibrationsverfahren oder Selbstkalibrationsverfahren bezeichnen, da dieses Verfahren es ermöglicht, dass die Latenz individuell für das jeweilige Fahrzeug, in welchem das Assistenzsystem verwendet wird, ermittelt wird. Weiterhin werden in dem Verfahren ein Betriebszustand des Fahrzeugs und des Bremssystems, insbesondere auch ein Verschleißzustand von Verschleißteilen, automatisch berücksichtigt. Ferner sind auch Effekte, die von der Architektur des Kommunikationssystems des jeweiligen Fahrzeugs abhängen, automatisch in dem Ergebnis enthalten. Insbesondere wird das Assistenzsystem mit Hilfe einer Software betrieben, welche lediglich für Geschwindigkeiten aktiviert wird, die geringer als ein Schwellenwert ist. Der Schwellenwert beträgt vorzugsweise zwischen 15 und 50 km/h, insbesondere zwischen 20 und 35 km/h. Insbesondere ist das Assistenzsystem als Notbremsassistent ausgebildet. Vorzugsweise ist das Assistenzsystem weiterhin als Parkassistenzsystem ausgebildet. Das Parkassistenzsystem ist dazu eingerichtet, automatisiert einzuparken. Insbesondere ist das Parkassistenzsystem dazu eingerichtet, automatisiert nach einem Parkplatz zu suchen.
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In Schritt B) wird ein Sensorsignal empfangen, das beispielsweise von einem Raddrehzahlsensor oder einem Beschleunigungssensor stammt und von welchem abgeleitet werden kann, dass der Bremsvorgang eingeleitet ist, das heißt, dass eine Verzögerung erzielt wird. Das Sensorsignal trägt insbesondere einen Zeitstempel, der sich auf den Erfassungszeitpunkt des Sensorsignals durch den jeweiligen Sensor bezieht, so dass eine Übertragungsdauer des Sensorsignals von dem Sensor zu dem Assistenzsystem sich nicht auswirkt.
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In Schritt C) wird beispielsweise eine Differenz der Zeitpunkte des Ausgebens des Bremssignals und des Erfassungszeitpunkts des Sensorsignals gebildet, um die Latenz zu bestimmen.
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In Ausführungsformen weist die Latenz mehrere Beiträge auf, die jeweils einzeln bestimmt oder ermittelt werden und auf deren Basis anschließend die Gesamtlatenz ermittelt wird.
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Es sei angemerkt, dass die wie vorstehend beschrieben bestimmte Latenz eine Dauer eines Prozesses zum Entscheiden, ob gebremst werden muss oder sollte, nicht umfasst.
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Die ermittelte Latenz wird beispielsweise gespeichert und gemäß Schritt D) beim Treffen einer Entscheidung zum Einleiten einer Bremsung berücksichtigt.
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Es sei angemerkt, dass das vorstehend genannte Verfahren beispielsweise zu Beginn jeder Fahrt, mehrfach während einer Fahrt, einmal in einem bestimmten Zeitraum und/oder einmal je einer bestimmten Anzahl an Fahrten oder gefahrener Strecke durchgeführt werden kann, um eine jeweils aktuelle Latenz zu ermitteln.
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Gemäß einer Ausführungsform des Verfahrens umfasst dieses:
- Erfassen einer ersten Latenzzeit, die eine Dauer von einem Ausgeben eines Bremssignals von dem Assistenzsystem bis zu einem Empfang des Bremssignals von dem Bremssystem umfasst, und
- Erfassen einer zweiten Latenzzeit, die eine Dauer von einem Empfang des Bremssignals durch das Bremssystem bis zum Einleiten der Bremsung umfasst, wobei der Schritt C) auf Basis der erfassten ersten und zweiten Latenzzeit durchgeführt wird.
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Die erste Latenzzeit ist beispielsweise eine Verzögerung, die zum Übertragen des Bremssignals auftritt. Diese kann von der Architektur des Kommunikationssystems des Fahrzeugs, über das das Assistenzsystem mit dem Bremssystem kommuniziert, abhängen. Beispiele hierfür sind ein CAN-Bus oder auch ein automotive ethernet. Insbesondere wenn sich ein Gateway oder ein Router zwischen dem Assistenzsystem und dem Bremssystem befindet, das Nachrichten zwischen unterschiedlichsten Steuergeräten eines Fahrzeugs verteilt und/oder übersetzt, können hierbei Verzögerungen von mehreren Millisekunden, beispielsweise bis zu 50 ms, auftreten.
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Die erste Latenzzeit kann beispielsweise durch ein Ping-Signal ermittelt werden, wobei die Zeitdauer, bis nach dem Aussenden des Ping-Signals an das Bremssystem der Antwort-Ping empfangen wird, etwa der doppelten ersten Latenzzeit entspricht. In bevorzugten Ausführungsformen wird die erste Latenzzeit auf Basis eines PtP (precision-time-protocol) ermittelt. Das PtP kann hierbei in Software oder auch in Hardware ausgebildet sein.
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Die zweite Latenzzeit ist beispielsweise eine Verzögerung, die aufgrund einer Trägheit der Betätigungskomponenten des Bremssystems auftritt. Beispielsweise muss bei einer hydraulisch betätigten Scheibenbremse zunächst ein Druck einer Bremsflüssigkeit aufgebaut werden, so dass die Bremsflüssigkeit auf die Kolben einer Bremszange drückt und diese damit betätigt, wobei dann ein Leerweg zwischen den Bremsbelägen und der Bremsscheibe überwunden werden muss, bevor eine Verzögerung eintritt.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens umfasst das Erfassen der ersten Latenzzeit ein Erfassen einer Signallaufzeit von dem Assistenzsystem zu dem Bremssystem auf Basis eines Ping-Signals und/oder auf Basis des Precision-time-protocols.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens ermittelt das Assistenzsystem für unterschiedliche Bremssysteme des Fahrzeugs jeweils eine separate Latenz.
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Unterschiedliche Bremssysteme sind beispielsweise ein Bremssystem für eine erste Achse und ein Bremssystem für eine zweite Achse. Es können aber auch mehrere Bremssysteme für eine Achse vorgesehen sein, die beispielsweise unterschiedliche Wirkmechanismen aufweisen. Beispielsweise können mechanische und/oder elektromagnetische Bremssysteme vorgesehen sein, die zudem unterschiedliche Betätigungsmechanismen aufweisen können. Beispielsweise kann es sich um eine seilzugbetätigte Bremse handeln, eine pneumatisch und/oder hydraulisch betätigte Bremse, um eine elektrisch und/oder elektromagnetisch betätigte Bremse und dergleichen mehr. Zudem kann die Bremskraft auf Basis von Reibung, wie bei einer Trommel- oder Scheibenbremse, und/oder auch auf Basis einer elektromagnetischen Wechselwirkung, wie bei einer Wirbelstrombremse oder bei einem Elektromotor im Generatorbetrieb, erzeugt werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens wird die Latenz zu Beginn jeder Fahrt mit dem Fahrzeug ermittelt.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens wird die Latenz in Abhängigkeit eines Betriebszustands des Fahrzeugs und/oder einer Änderung des Betriebszustands des Fahrzeugs für den jeweiligen Betriebszustand aktuell ermittelt.
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Der Betriebszustand des Fahrzeugs umfasst beispielsweise eine Betriebsdauer, eine Fahrzeuggeschwindigkeit, eine Umgebungstemperatur, eine Temperatur des Bremssystems oder einer Komponente des Bremssystems, und dergleichen mehr. Eine Änderung des Betriebszustands bezieht sich insbesondere auf einen früheren Betriebszustand, beispielsweise den Betriebszustand bei Fahrtantritt, insbesondere bezieht sich die Änderung auf einen Betriebszustand, zu dem die Latenz ermittelt wurde.
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In einer bevorzugten Ausführungsform wird die Latenz bei einer durchgeführten Bremsung mit dem Fahrzeug ermittelt. Die durchgeführte Bremsung kann eine manuell von dem Nutzer des Fahrzeugs veranlasste Bremsung während einer regulären Fahrt mit dem Fahrzeug sein. Da derartige Bremsungen im normalen Fahrbetrieb häufig auftreten, kann somit die Latenz immer wieder aktuell ermittelt werden, ohne dass hierfür ein separater Prozess, insbesondere eine separate Bremsung, durchgeführt werden müsste.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens wird die Latenz während einer Fahrt regelmäßig aktuell ermittelt.
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„Regelmäßig“ bedeutet beispielsweise wenigstens einmal pro Stunde und/oder periodisch.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens umfasst der Schritt B):
- Empfangen eines Raddrehzahl-Sensorsignals eines von dem Bremssystem gebremsten Rades, und
- Ermitteln einer Verzögerung der Raddrehzahl des gebremsten Rades in Abhängigkeit des empfangenen Raddrehzahl-Sensorsignals und/oder eines Signals eines Beschleunigungssensors.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens umfasst der Schritt der Schritt B):
- Empfangen eines für einen Druck einer Bremsflüssigkeit einer hydraulisch betätigten Bremse indikativen Bremsdruck-Sensorsignals, und
- Vergleichen des Bremsdruck-Sensorsignals mit einem vorbestimmten Druck-Schwellwert.
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Auf Basis des Vergleichs kann abgeleitet werden, ob die Bremsbeläge der Bremse mit einem vorbestimmten Anpressdruck anliegen und damit der Bremsvorgang begonnen hat.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens umfasst der Schritt D):
- Ermitteln eines Abstands zwischen dem Fahrzeug und einem Objekt in einer Umgebung des Fahrzeugs, zu dem eine Notbremsung auszulösen ist, um eine Kollision des Fahrzeugs mit dem Objekt zu vermeiden, in Abhängigkeit einer aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeit und der ermittelten Latenz.
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Der Abstand wird insbesondere derart ermittelt, dass eine Kollision des Fahrzeugs mit dem Objekt vermieden wird.
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Der ermittelte Abstand korrespondiert mit einem Auslösezeitpunkt, da Zeit und Strecke für das Fahrzeug durch die Fahrzeuggeschwindigkeit gekoppelt sind.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens wird der Abstand zusätzlich in Abhängigkeit einer aktuellen Beladung des Fahrzeugs, einem aktuellen Verschleißzustand des Bremssystems und/oder von aktuellen Witterungsbedingungen ermittelt.
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Je höher die Beladung, umso höher ist das Fahrzeuggewicht und damit auch der erwartete Bremsweg. Entsprechend kann eine erzielte Bremskraft von dem Verschleißzustand der Bremse abhängen. Weiterhin kann Feuchtigkeit eine Bremskraft temporär reduzieren und ein Reibungskoeffizient zwischen einem Reifen und der Fahrbahn kann ebenfalls von der Witterung abhängen. Diese Effekte können bei dieser Ausführungsform vorteilhaft berücksichtigt werden, so dass das Assistenzsystem noch zuverlässiger arbeitet.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahren werden mehrere Einzelwerte für die Latenz ermittelt, wobei ein Mittelwert der mehreren Einzelwerte ermittelt wird und der Schritt D) auf Basis des Mittelwerts durchgeführt wird.
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Diese Ausführungsform ist insbesondere dann vorteilhaft, wenn statistische Einflüsse die Latenz signifikant beeinflussen.
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Gemäß einem zweiten Aspekt wird ein Computerprogrammprodukt vorgeschlagen, welches Befehle umfasst, die bei der Ausführung des Programms durch einen Computer diesen veranlassen, das vorstehend beschriebene Verfahren auszuführen.
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Ein Computerprogrammprodukt, wie z.B. ein Computerprogramm-Mittel, kann beispielsweise als Speichermedium, wie z.B. Speicherkarte, USB-Stick, CD-ROM, DVD, oder auch in Form einer herunterladbaren Datei von einem Server in einem Netzwerk bereitgestellt oder geliefert werden. Dies kann zum Beispiel in einem drahtlosen Kommunikationsnetzwerk durch die Übertragung einer entsprechenden Datei mit dem Computerprogrammprodukt oder dem Computerprogramm-Mittel erfolgen.
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Gemäß einem dritten Aspekt wird ein Assistenzsystem für ein Fahrzeug vorgeschlagen. Das Assistenzsystem ist zum Veranlassen einer automatischen Bremsung mit dem Fahrzeug eingerichtet ist. Das Assistenzsystem weist auf:
- eine Ausgabeeinheit zum Ausgeben eines Bremssignals an ein Bremssystem des Fahrzeugs zum Einleiten einer Bremsung,
- eine Empfangseinheit zum Empfangen eines für die eingeleitete Bremsung indikativen Sensorsignals,
- eine Ermittlungseinheit zum Ermitteln einer Latenz zwischen dem Ausgeben des Bremssignals und dem Einleiten der Bremsung in Abhängigkeit des ausgegebenen Bremssignals und des erfassten Sensorsignals, und
- eine Steuereinheit zum Betreiben des Assistenzsystems auf Basis der ermittelten Latenz.
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Das Assistenzsystem wird vorzugsweise mit dem Verfahren gemäß dem ersten Aspekt betrieben. Die für das vorgeschlagene Verfahren beschriebenen Ausführungsformen und Merkmale gelten für das vorgeschlagene Assistenzsystem entsprechend.
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Die jeweilige Einheit des Assistenzsystems kann hardwaretechnisch und/oder softwaretechnisch implementiert sein. Bei einer hardwaretechnischen Implementierung kann die jeweilige Einheit zum Beispiel als Computer oder als Mikroprozessor ausgebildet sein. Bei einer softwaretechnischen Implementierung kann die jeweilige Einheit als Computerprogrammprodukt, als eine Funktion, als eine Routine, als ein Algorithmus, als Teil eines Programmcodes oder als ausführbares Objekt ausgebildet sein. Ferner kann jede der vorliegend genannten Einheiten auch als Teil eines übergeordneten Steuerungssystems des Fahrzeugs, wie beispielsweise einer zentralen elektronischen Steuereinrichtung und/oder einem Motorsteuergerät (ECU: Engine Control Unit), ausgebildet sein.
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Gemäß einem vierten Aspekt wird ein Fahrzeug mit einem Bremssystem und mit einem Assistenzsystem gemäß dem dritten Aspekt vorgeschlagen.
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Das Fahrzeug ist beispielsweise ein Personenkraftwagen oder auch ein Lastkraftwagen. Das Fahrzeug umfasst vorzugsweise eine Anzahl an Sensoreinheiten, die zum Erfassen des Fahrzustands des Fahrzeugs und zum Erfassen einer Umgebung des Fahrzeugs eingerichtet sind. Beispiele für derartige Sensoreinheiten des Fahrzeugs sind Bildaufnahmeeinrichtungen, wie eine Kamera, ein Radar (engl. radio detection and ranging) oder auch ein Lidar (engl. light detection and ranging), Ultraschallsensoren, Ortungssensoren, Radwinkelsensoren, Raddrehzahlsensoren, IMU-Sensoren und/oder Beschleunigungssensoren. Die Sensoreinheiten sind jeweils zum Ausgeben eines Sensorsignals eingerichtet, beispielsweise an das Assistenzsystem, welches das Verfahren gemäß dem ersten Aspekt auf Basis der empfangenen Sensorsignale durchführt.
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Weitere mögliche Implementierungen der Erfindung umfassen auch nicht explizit genannte Kombinationen von zuvor oder im Folgenden bezüglich der Ausführungsbeispiele beschriebenen Merkmale oder Ausführungsformen. Dabei wird der Fachmann auch Einzelaspekte als Verbesserungen oder Ergänzungen zu der jeweiligen Grundform der Erfindung hinzufügen.
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Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen und Aspekte der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche sowie der im Folgenden beschriebenen Ausführungsbeispiele der Erfindung. Im Weiteren wird die Erfindung anhand von bevorzugten Ausführungsformen unter Bezugnahme auf die beigelegten Figuren näher erläutert.
- 1 zeigt eine schematische Ansicht eines Fahrzeugs aus einer Vogelperspektive;
- 2 zeigt eine schematische Ansicht eines Bremssystems für ein Fahrzeug;
- 3 zeigt eine schematische Ansicht eines Übertragungsweges eines Bremssignals;
- 4 zeigt ein schematisches Blockschaltbild eines Ausführungsbeispiels eines Assistenzsystems; und
- 5 zeigt ein schematisches Blockschaltbild eines Ausführungsbeispiels für ein Verfahren zum Betreiben eines Assistenzsystems.
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In den Figuren sind gleiche oder funktionsgleiche Elemente mit denselben Bezugszeichen versehen worden, sofern nichts anderes angegeben ist.
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1 zeigt eine schematische Ansicht eines Fahrzeugs 100 aus einer Vogelperspektive. Das Fahrzeug 100 ist beispielsweise ein Auto, das in einer Umgebung 200 angeordnet ist. Das Auto 100 weist ein Assistenzsystem 110 auf, das beispielsweise als ein Steuergerät ausgebildet ist. Zudem sind an dem Auto 100 eine Mehrzahl an Umgebungssensoreinrichtungen 120, 130 angeordnet, wobei es sich beispielhaft um optische Sensoren 120 und Ultraschallsensoren 130 handelt. Die optischen Sensoren 120 umfassen beispielsweise visuelle Kameras, ein Radar und/oder ein Lidar. Die optischen Sensoren 120 können jeweils ein Bild eines jeweiligen Bereichs aus der Umgebung 200 des Autos 100 erfassen und als optisches Sensorsignal ausgeben. Die Ultraschallsensoren 130 sind zum Erfassen eines Abstands zu in der Umgebung 200 angeordneten Objekten und zum Ausgeben eines entsprechenden Sensorsignals eingerichtet. Mittels der von den Sensoren 120, 130 erfassten Sensorsignalen ist das Assistenzsystem 110 in der Lage, das Auto 100 teilautonom oder auch vollautonom zu fahren. Außer den in der 1 dargestellten optischen Sensoren 120 und Ultraschallsensoren 130 kann vorgesehen sein, dass das Fahrzeug 100 verschiedene weitere Sensoreinrichtungen 120, 130 aufweist. Beispiele hierfür sind ein Raddrehzahlsensor, ein Lenkwinkelsensor, ein Mikrofon, ein Beschleunigungssensor, eine Antenne mit gekoppeltem Empfänger zum Empfangen von elektromagnetisch übertragbarer Datensignale, und dergleichen mehr.
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Das Assistenzsystem 110 ist dazu eingerichtet, eine Latenz eines Bremssystems 140 (siehe 2) des Fahrzeugs 100 zu ermitteln, wie anhand der 2 - 5 im Folgenden detailliert erläutert.
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2 zeigt eine schematische Ansicht eines Bremssystems 140 für ein Fahrzeug 100, beispielsweise dem Fahrzeug 100 der 1. Es handelt sich bei dem dargestellten Bremssystem 140 beispielsweise um ein hydraulisch betätigtes Scheibenbremssystem. An einer Achse 101 des Fahrzeugs 100 sind zwei einzeln gelagerte Räder 102 angeordnet, wobei jedem Rad 102 eine Bremse aufweisend eine Bremszange 146 und eine Bremsscheibe 147 zugeordnet ist. Die jeweilige Bremsscheibe 147 ist starr mit dem zugeordneten Rad 102 gekoppelt und damit dazu eingerichtet, ein Bremsmoment auf das Rad 102 zu übertragen. Bei einer Bremsung werden Bremsbeläge von hydraulisch betätigten Kolben in der Bremszange 146 auf die Bremsscheibe 147 gedrückt, wobei die Reibung zwischen Bremsscheibe 147 und Bremsbelägen das Bremsmoment bewirkt. Zur Betätigung der Kolben muss eine Hydraulikflüssigkeit unter Druck gesetzt werden, was durch eine Betätigungseinheit 144 erfolgt, die hier als eine Bremspumpe ausgebildet ist. Die Bremspumpe 144 wird ihrerseits von einer Bremssteuerung 142 angesteuert. Die Bremssteuerung 142 kann beispielsweise Teil eines ESP-Steuergeräts (ESP: elektronisches Stabilitätsprogramm) oder eines ABS-Steuergeräts (ABS: Anti-Blockier-System) sein.
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Der Befehl zum Bremsen kann die Bremssteuerung 142 beispielsweise von dem Assistenzsystem 110 empfangen. Beispielsweise hat das Assistenzsystem 110 auf Basis von Ultraschall-Sensorsignalen ein Objekt in der Umgebung 200 (siehe 1) des Fahrzeugs ermittelt und das Fahrzeug 100 befindet sich auf Kollisionskurs mit diesem Objekt, weshalb das Fahrzeug 100 zu stehen gebracht werden soll. Sobald das Assistenzsystem 110 den Bremsbefehl ausgibt, folgt eine Abfolge von Vorgängen, die jeweils etwas Zeit beanspruchen, bis zuletzt die Bremse schließt und damit ein Bremsmoment wirkt. Dies ist beispielhaft anhand der 3 näher erläutert.
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3 zeigt eine schematische Ansicht eines Übertragungsweges eines Bremssignals. Zunächst gibt das Assistenzsystem 110 das Bremssignal aus. Vorliegend sind das Assistenzsystem 110 und die Bremssteuerung 142 über ein Gateway 104 kommunikativ miteinander verbunden. Das Gateway 104 empfängt das Bremssignal von dem Assistenzsystem 110 und sendet dieses an die Bremssteuerung 142 weiter. Hierbei kann eine Verzögerung auftreten, da das Gateway 104 eine begrenzte Verarbeitungsgeschwindigkeit hat und möglicherweise noch andere Signale weiterleiten muss, die zeitlich vor dem Bremssignal eingegangen sind (man kann sagen, dass das Gateway 104 eine Queue abarbeitet). Es ergibt sich somit eine erste Latenzzeit T1, bis das Bremssignal von dem Assistenzsystem 110 bei der Bremssteuerung 142 eingeht. Die Zeit T1 hängt somit insbesondere von einer Signalübertragungs-Architektur des jeweiligen Fahrzeugs 100 ab. Je weniger Elemente an der Signalübertragung beteiligt sind, um so kürzer ist die Übertragungsdauer.
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Die Bremssteuerung 142 verarbeitet das Bremssignal und gibt einen entsprechenden Steuerbefehl an eine Betätigungseinheit 144 der Bremse. Je nach Art und Aufbau der jeweiligen Bremse ergeben sich unterschiedliche Beiträge zu einer zweiten Latenzzeit T2, die eine Dauer vom Ansteuern der Bremse bis zum Eintritt eines Bremsmoments umfasst. Dies umfasst insbesondere eine Zeitdauer, die ein Aktuator benötigt, um einen Leerweg zu überwinden, eine Zeitdauer, die ein Elektromagnet zum Aufbauen eines Magnetfeldes benötigt (beispielsweise bei einer Wirbelstrombremse), oder auch eine Zeitdauer, die ein Elektromotor dafür benötigt, in eine bestimmte Drehposition zu gelangen, an der der Elektromotor in einen Generatorbetrieb geschaltet werden kann.
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Insgesamt ergibt sich daher eine Latenz TL, die die erste Latenzzeit T1 und die zweite Latenzzeit T2 umfasst. Es sei angemerkt, dass die Latenz weitere Beiträge umfassen kann und/oder dass die erste Latenzzeit T1 und die zweite Latenzzeit T2 in weitere Anteile unterteilt werden können.
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Das Assistenzsystem 110 ist dazu eingerichtet, wie nachfolgend anhand der 4 erläutert, die Latenz TL zu ermitteln.
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4 zeigt ein schematisches Blockschaltbild eines Ausführungsbeispiels eines Assistenzsystems 110 für ein Fahrzeug 100. Es handelt sich beispielsweise um das Assistenzsystem der 1, 2 oder 3 und das Fahrzeug der 1. Das Assistenzsystem 110 ist zum Veranlassen einer automatischen Bremsung mit dem Fahrzeug 100 eingerichtet, indem es ein entsprechendes Bremssignal an ein Bremssystem 140 (siehe 2) ausgibt. Um das Bremssignal zu einem optimalen Zeitpunkt, der weder verfrüht noch verspätet ist, auszugeben, ist das Assistenzsystem 110 zum Ermitteln der Latenz TL (siehe 3) eingerichtet. Das Assistenzsystem 110 umfasst eine Ausgabeeinheit 112 zum Ausgeben des Bremssignals an ein Bremssystem 140 des Fahrzeugs 100 zum Einleiten einer Bremsung, eine Empfangseinheit 114 zum Empfangen eines für die eingeleitete Bremsung indikativen Sensorsignals, eine Ermittlungseinheit 116 zum Ermitteln der Latenz TL zwischen dem Ausgeben des Bremssignals und dem Einleiten der Bremsung in Abhängigkeit des ausgegebenen Bremssignals und des erfassten Sensorsignals, und eine Steuereinheit 118 zum Betreiben des Assistenzsystem 110 auf Basis der ermittelten Latenz TL.
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5 zeigt ein schematisches Blockschaltbild eines Ausführungsbeispiels für ein Verfahren zum Betreiben eines Assistenzsystems 110 für ein Fahrzeug 100, beispielsweise des Assistenzsystems der 1 - 4 und das Fahrzeug der 1. In einem ersten Schritt S1 wird ein Bremssignal an ein Bremssystem 140 (siehe 2) des Fahrzeugs 100 zum Einleiten einer automatischen Bremsung ausgegeben. In einem zweiten Schritt S2 wird ein für die eingeleitete Bremsung indikatives Sensorsignal empfangen. Das Sensorsignal stammt beispielsweise von einem Raddrehzahlsensor, der eine Verzögerung der Raddrehzahl erfasst und ausgibt. In einem dritten Schritt S3 wird eine Latenz TL (siehe 3) zwischen dem Ausgeben des Bremssignals und der eingeleiteten Bremsung in Abhängigkeit des ausgegebenen Bremssignals und des erfassten Sensorsignals ermittelt. Vorzugsweise basiert dies auf jeweiligen Zeitstempeln der einzelnen Vorgänge, die mittels eines precision-time-protocols (PtP) ermittelt wurden. In einem vierten Schritt S4 wird das Assistenzsystem auf Basis der ermittelten Latenz TL betrieben. Dies umfasst insbesondere ein zugrunde legen der ermittelten Latenz TL um einen optimalen Auslösezeitpunkt für eine automatische Bremsung zu ermitteln.
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Obwohl die vorliegende Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen beschrieben wurde, ist sie vielfältig modifizierbar.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Fahrzeug
- 101
- Achse
- 102
- Rad
- 104
- Gateway
- 110
- Assistenzsystem
- 120
- Sensor
- 130
- Sensor
- 140
- Bremssystem
- 142
- Bremssteuerung
- 144
- Betätigungseinheit
- 146
- Bremszange
- 147
- Bremsscheibe
- 200
- Umgebung
- S1
- Verfahrensschritt
- S2
- Verfahrensschritt
- S3
- Verfahrensschritt
- S4
- Verfahrensschritt
- T1
- erste Latenzzeit
- T2
- zweite Latenzzeit
- TL
- Latenz
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102015113078 A1 [0004]