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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung der momentanen Schaltverlustleistung eines Transistors, insbesondere eines Feldeffekttransistors (FET), beispielsweise eines Metalloxid-Halbleiter-Feldeffekttransistors (MOSFET).
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In vielen Bereichen der Automobilindustrie werden heute bürstenlose Motoren (BLDC) eingesetzt, welche mittels eines Drei-Phasen-Inverters (B6C - Six Pulse Bridge Converter) angesteuert werden müssen. In solchen Drei-Phasen-Invertern kommen Transistoren, insbesondere MOSFETs zum Einsatz, die mit hohen Schaltfrequenzen die Ausgangsspannungen regeln. Diese Bauelemente stellen eine der größten Wärmequellen in einem solchen Drei-Phasen-Inverter dar und müssen daher durch eine entsprechende Steuereinheit thermisch überwacht und geschützt werden. Um einen solchen Schutz zu implementieren, ist es essenziell, die Verlustleistungen der einzelnen Transistoren zu kennen, um die internen Temperaturen dieser Bauelemente mit hoher Genauigkeit abschätzen zu können.
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Die Gesamtverlustleistung in einem solchen Bauelement setzt sich zusammen aus der Leitungsverlustleistung und der Schaltverlustleistung. Die Leitungsverlustleistung bezeichnet die innerhalb des Transistors im durchgeschalteten Zustand umgesetzte elektrische Leistung. Sie hängt vom Rest-Widerstand des Transistors im durchgeschalteten Zustand und dem jeweiligen Schaltstrom ab, welcher durch den Transistor fließt. Als Schaltstrom wird im Folgenden der Strom zwischen Drain und Source bzw. Emitter und Kollektor des Transistors bei durchgeschaltetem Transistor in einem eingeschwungenem Zustand bezeichnet. Die Beschreibung der Schaltverlustleistung ist hingegen wesentlich komplexer und insbesondere bei hohen Schaltfrequenzen, wie sie in Drei-Phasen-Invertern auftreten, relevant. Sie hängt vom jeweiligen Schaltstrom, der Schaltspannung, der Schaltfrequenz, dynamischen Parametern des Transistors und außerdem von der parasitären Induktivität des den Transistor umgebenden Schaltkreises ab. Die Schaltspannung ist dabei die Spannung die bei sperrendem Transistor zwischen Drain und Source bzw. Emitter und Kollektor anliegt. Die Schaltfrequenz gibt die Rate der Umschaltvorgänge pro Sekunde an, mit der der Transistor zwischen einem durchgeschalteten Zustand und einem sperrenden Zustand umgeschaltet wird.
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Da eine genaue Betrachtung all dieser Faktoren eine zu große Rechenleistung und insbesondere Rechenzeit benötigen würde, werden in entsprechenden Steuereinheiten bei der Überwachung der Transistoren Vereinfachungen vorgenommen, welche insbesondere die parasitäre Induktivität nicht oder unzureichend mit einbeziehen. Da die parasitäre Induktivität jedoch einen direkten Einfluss auf die Genauigkeit der Abschätzung der Schaltverluste hat, führt eine Nichtbeachtung zu einer Verschlechterung der Genauigkeit der Abschätzung der internen Verbindungstemperatur im Transistor.
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Es ist somit Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Verfahren zur Bestimmung der momentanen Schaltverlustleistung anzugeben, welches auch bei nicht zu vernachlässigenden parasitären Induktivitäten eine genaue Abschätzung der Schaltverlustleistung bietet.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst, indem eine Referenzverlustleistung für zumindest einen Referenzschaltstrom gemessen wird und eine angepasste Schaltzeit aus der gemessenen Referenzverlustleistung für den Referenzschaltstrom berechnet wird. Es wird also für einen Schaltstrom die Schaltverlustleistung nicht berechnet, sondern tatsächlich gemessen und als Referenzverlustleistung herangezogen. Aus diesem Messwert wird daraufhin eine angepasste Schaltzeit bestimmt, die bei einer Berechnung der Schaltverlustleistung für einen Schaltstrom, der dem Referenzschaltstrom entspricht, den gemessenen Wert der Referenzverlustleistung ergibt. Die Bestimmung der angepassten Schaltzeit kann beispielsweise bei oder direkt nach der Herstellung einer entsprechenden Schaltung mit dem Transistor, wie beispielsweise einem Drei-Phasen-Inverter, geschehen.
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Bei der eigentlichen Verwendung einer solchen Schaltung wird dann eine momentane Schaltspannung des Transistors gemessen und der momentane Schaltstrom des Transistors gemessen. Momentan bedeutet insbesondere, dass die Messungen direkt während des Betriebs vorgenommen werden können. Die momentane Schaltverlustleistung wird dann zumindest aus der angepassten Schaltzeit, der momentanen Schaltspannung und dem momentanen Schaltstrom berechnet. Erfindungsgemäß wird daher nicht die eigentliche Schaltzeit des Transistors, wie sie beispielsweise gemessen oder dem Datenblatt des Transistors entnommen werden kann, zur Berechnung genutzt, sondern es wird die angepasste Schaltzeit verwendet, welche aus der tatsächlichen Messung der Schaltverlustleistung resultiert. Diese wird insbesondere gemeinsam mit den aktuell gemessenen Werten der Schaltspannung und der Schaltströme verwendet, um die aktuelle Schaltverlustleistung zu bestimmen.
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Im Betrieb wird der Transistor abwechselnd mit einer vorgegebenen und gegebenenfalls variablen Schaltfrequenz ein- und ausgeschaltet. Vor einem Einschaltvorgang kann in einem sperrenden Zustand des Transistors die Schaltspannung, das heißt die Spannung zwischen Drain und Source bzw. zwischen Emitter und Kollektor, gemessen werden. Danach wird der eigentliche Einschaltvorgang durchgeführt, bei dem der Transistor in den durchgeschalteten beziehungsweise leitenden Zustand überführt wird. Nach einer Wartezeit nach dem Einschaltvorgang bis der Schaltstrom eingeschwungen ist, kann der Schaltstrom, das heißt der Strom zwischen Drain und Source bzw. zwischen Emitter und Kollektor, gemessen werden. Die Wartezeit kann beispielsweise 2 bis 3 Mikrosekunden betragen. Nach dieser Wartezeit hat der Schaltstrom im Wesentlichen seinen Endwert erreicht.
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Das Verfahren kann in einer Steuereinheit, beispielsweise zur Ansteuerung eines BLDC Motors, implementiert sein. Das Verfahren kann auch aufgeteilt in zwei Recheneinheiten implementiert sein. Insbesondere können in einer ersten Recheneinheit die folgenden Schritte implementiert sein: Die Messung der Referenzverlustleistung für zumindest einen Referenzschaltstrom und Berechnung der angepassten Schaltzeit aus der gemessenen Referenzverlustleistung für den Referenzschaltstrom. Die angepasste Schaltzeit kann dann an eine zweite Recheneinheit übertragen und dort gespeichert werden, in welcher die weiteren Schritte implementiert sind: Messung der momentanen Schaltspannung des Transistors, Messung des momentanen Schaltstroms des Transistors und Berechnung der momentanen Schaltverlustleistung zumindest aus der gespeicherten angepassten Schaltzeit, der momentanen Schaltspannung und des momentanen Schaltstroms.
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Dabei können die Schritte zur Bestimmung der angepassten Schaltzeit einmal für eine vorgegebene Schaltung durchgeführt werden. Die ermittelten Werte können dann in vielen gleichartigen Schaltungen eingesetzt werden, in denen die restlichen Verfahrensschritte implementiert sind.
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Die bestimmte momentane Schaltverlustleistung kann zum Abschätzen einer Temperatur des Transistors genutzt werden und beispielsweise bei Überschreitung eines Grenzwerts eine Warnung ausgegeben oder der Transistor abgeschaltet werden.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird die Messung der Referenzverlustleistung für den zumindest einen Referenzschaltstrom durch Messung des genauen Zeitverlaufs der Spannung des Transistors zwischen Drain und Source bzw. zwischen Emitter und Kollektor und des genauen Zeitverlaufs des Stroms des Transistors zwischen Drain und Source bzw. zwischen Emitter und Kollektor während eines Schaltvorgangs durchgeführt. Aus diesen beiden Zeitverläufen kann durch Multiplikation der Zeitverlauf der in dem Transistor umgesetzten elektrischen Leistung bestimmt werden. Für die Messung kann beispielsweise ein Oszilloskop, mit guter Zeitauflösung und einer Rogowski Messspule oder einem entsprechenden Shunt für die Strommessung verwendet werden. Durch zeitliche Integration und Multiplikation mit der Schaltfrequenz kann daraus eine gemittelte Leistung als Schaltverlustleistung bestimmt werden.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird die Messung der Referenzverlustleistung für zumindest einen Referenzschaltstrom durch Messung einer Temperatur und/oder eines Temperaturverlaufs des Transistors oder durch Messung der generierten Wärmemenge durchgeführt. Da durch eine derartige Messung die gesamte Verlustleistung bestimmt wird, kann beispielsweise aus einer Variation der Anzahl der Schaltvorgänge, also der Schaltfrequenz, der Leitungsanteil der Verlustleistung herausgerechnet werden.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird zumindest eine angepasste Schaltzeit für einen Einschaltvorgang (Einschaltzeit) und eine angepasste Schaltzeit für einen Ausschaltvorgang (Ausschaltzeit) des Transistors berechnet und beide angepassten Schaltzeiten zur Berechnung der momentanen Schaltverlustleistung verwendet. Da das Verhalten des Transistors bei einem Einschaltvorgang und einem Ausschaltvorgang unterschiedlich ist, kann somit eine besonders genaue Bestimmung der Schaltverlustleistung realisiert werden. Die angepasste Einschaltzeit und die angepasste Ausschaltzeit können beispielsweise addiert in die Berechnung der Schaltverlustleistung eingehen, da durch das abwechselnde an- und ausschalten des Transistors immer gleich viele Einschaltvorgänge wie Ausschaltvorgänge durchgeführt werden.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung werden zumindest für zwei verschiedene Referenzschaltströme, durch Messung der entsprechenden Referenzverlustleistungen, die jeweiligen angepassten Schaltzeiten berechnet und zur Berechnung der momentanen Schaltverlustleistung verwendet. Dazu wird insbesondere eine angepasste Schaltzeit für den gemessenen momentanen Schaltstrom verwendet, die aus den zwei angepassten Schaltzeiten der zwei verschiedenen Referenzschaltströme bestimmt wird. Insbesondere kann aus den beiden Werten der Referenzschaltströme mittels linearer Interpolation die angepasste Schaltzeit für den gemessenen momentanen Schaltstrom ermittelt werden. Die angepasste Schaltzeit die zur Berechnung der momentanen Schaltverlustleistung verwendet wird, wird daher basierend auf dem momentanen Schaltstrom ausgewählt bzw. bestimmt. Insbesondere können für den im Betrieb typischerweise auftretenden Bereich der Schaltströme die angepassten Schaltzeiten für verschiedene Referenzschaltströme bestimmt werden. Für einen gemessenen momentanen Schaltstrom kann dann beispielsweise aus den Werten der zwei nächstgelegenen, oberhalb und unterhalb liegenden, Referenzstromwerten eine Bestimmung der angepassten Schaltzeit mittels linearer Interpolation durchgeführt werden.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird die momentane Schaltverlustleistung basierend auf einer Berechnungsformel aus der angepassten Schaltzeit berechnet, wobei die angepasste Schaltzeit mit Hilfe der gleichen Berechnungsformel aus den Messwerten der Referenzverlustleistung berechnet wird.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird die Schaltverlustleistung aus der Schaltspannung V
DS, einem internen Spannungsabfall in dem Transistor V
D, dem Schaltstrom
ID , einer Schaltfrequenz fsw und den schaltstromabhängigen angepassten Schaltzeiten t
on adj(
ID ), t
off adj(
ID ), insbesondere nach folgender Berechnungsformel berechnet:
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist die angepasste Schaltzeit kleiner als die tatsächliche Schaltzeit des Transistors. Die tatsächliche Schaltzeit des Transistors kann dem Datenblatt des Transistors entnommen werden oder experimentell bestimmt werden.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung beträgt die angepasste Schaltzeit für einen Ausschaltvorgang 40 % bis 70 % der tatsächlichen Schaltzeit.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist die angepasste Schaltzeit für einen Ausschaltvorgang für einen ersten Referenzschaltstrom kleiner als für einen zweiten Referenzschaltstrom der größer ist als der erste Referenzschaltstrom. Die angepasste Schaltzeit für einen Ausschaltvorgang steigt somit mit steigendem Schaltstrom.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist die angepasste Schaltzeit für einen Einschaltvorgang für einen ersten Referenzschaltstrom größer als für einen zweiten Referenzschaltstrom der größer ist als der erste Referenzschaltstrom. Die angepasste Schaltzeit für einen Einschaltvorgang sinkt daher mit steigendem Schaltstrom.
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Die Aufgabe wird außerdem gelöst durch eine erfindungsgemäße Steuereinheit zur Bestimmung der momentanen Schaltverlustleistung eines Transistors. Diese weist eine Speichereinrichtung auf, in der zumindest eine angepasste Schaltzeit gespeichert ist, welche aus einer Messung einer Referenzverlustleistung für zumindest einen Referenzschaltstrom berechenbar ist. Die Steuereinheit ist außerdem dazu eingerichtet,
- - eine momentane Schaltspannung des Transistors zu messen,
- - den momentanen Schaltstrom des Transistors zu messen und
- - die momentane Schaltverlustleistung zumindest aus der angepassten Schaltzeit, der momentanen Schaltspannung und dem momentanen Schaltstrom zu berechnen.
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In besonders bevorzugten Ausführungsformen der Steuereinheit kann diese außerdem die oben bezüglich des Verfahrens beschriebenen Merkmale aufweisen.
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Weitere Merkmale, Vorteile und Anwendungsmöglichen der Erfindung ergeben sich auch durch die nachfolgende Beschreibung von Ausführungsbeispielen und der Zeichnungen. Dabei gehören alle beschriebenen und/oder bildlich dargestellten Merkmale sowohl einzeln als auch in beliebiger Kombination zum Gegenstad der Erfindung, auch unabhängig von ihrer Zusammenfassung in den Ansprüchen oder deren Rückbezügen.
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Es zeigen:
- 1 ein Schaltbild eines Drei-Phasen-Inverters für den das erfindungsgemäße Verfahren eingesetzt werden kann,
- 2 den idealisierten Strom- und Spannungsverlauf eines MOSFETs bei einem Einschaltvorgang,
- 3 den idealisierten Strom- und Spannungsverlauf eines MOSFETs bei einem Ausschaltvorgang,
- 4 den gemessenen Strom- und Spannungsverlauf eines MOSFETs bei einem Einschaltvorgang,
- 5 den gemessenen Strom- und Spannungsverlauf eines MOSFETs bei einem Ausschaltvorgang,
- 6 die Schaltverlustleistungen bei verschiedenen Schaltströmen für einen Einschaltvorgang,
- 7 die Schaltverlustleistungen bei verschiedenen Schaltströmen für einen Ausschaltvorgang,
- 8 eine schematische Darstellung des Ablaufs des erfindungsgemäßen Verfahrens;
- 9 eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Steuereinheit,
- 10 ein Vergleich der tatsächlichen Schaltzeiten und der angepassten Schaltzeiten bei verschiedenen Schaltströmen für einen Einschaltvorgang,
- 11 ein Vergleich der tatsächlichen Schaltzeiten und der angepassten Schaltzeiten bei verschiedenen Schaltströmen für einen Ausschaltvorgang,
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1 zeigt ein Schaltbild eines Drei-Phase-Inverters 10 mit bürstenlosem Gleichspannungs- (BLDC) Motor M. Eine Eingangsspannung DC ist über einen PI-Filter mit einem DC-Link Kondensator C3 verbunden. Der PI-Filter weist zwei Kondensatoren C1 und C2 und eine dazwischen geschaltete Spule L1 auf. In dem dargestellten Schaltbild sind außerdem Ersatzschaltzeichen für die inneren Widerstände sämtlicher Bauteile eingezeichnet. Der Kondensator C1 weist einen inneren Widerstand RC1 auf, der Kondensator C2 hat einen inneren Widerstand RC2 und die Spule L1 hat einen inneren Widerstand RL1 . Für den Kondensator C3 sind sowohl die Ersatzschaltzeichen des inneren ohmschen Widerstands RC3 als auch der inneren Induktivität LC3 dargestellt. Durch die Vielzahl an Leitungen und Bauteilen weist die Schaltung eine parasitäre Induktivität auf, welche zusammengefasst mit LP in dem Schaltbild der 1 dargestellt ist. Zur Strommessung ist ein gemeinsamer Shunt-Widerstand Rs vorgesehen.
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Der Kern des Drei-Phasen-Inverters 10 wird durch sechs Transistoren Q1 bis Q6 gebildet, die als MOSFETs ausgeführt sind. Diese verbinden die drei Phasen R, S, T des BLDC Motors M jeweils entweder mit der positiven oder negativen Seite der Spannungsversorgung DC. Zum Betrieb des BLDC Motors M schalten die MOSFETs Q1 bis Q6 mit einer Schaltfrequenz fsw von etwa 20.000 Hz zwischen einem sperrenden und einem durchgeschalteten Zustand um.
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In 2 sind die Strom- und Spannungsverläufe eines idealisierten Einschaltvorgangs eines der MOSFETs Q1 bis Q6 aus 1 in vereinfachter Form dargestellt. Zu Beginn ist die Spannung zwischen Drain und Source Uds(t)ideal des MOSFETS Q1 bis Q6 maximal und entspricht daher der Schaltspannung UDS und der Strom Id(t)ideal ist null. Zum Schalten des MOSFETs Q1 bis Q6 wird dessen Gatespannung Ugs(t)ideal erhöht, bis diese nach einer Zeit t1 einen ersten Wert UTH erreicht. Ab diesem Wert steigt der Strom Id(t)ideal zwischen Drain und Source des MOSFETs Q1 bis Q6 linear an, während die Spannung Uds(t)ideal zwischen Drain und Source noch maximal bleibt. Nach einer weiteren Zeitspanne t2 beginnt die Spannung Uds(t)ideal zwischen Drain und Source linear abzufallen und der Strom Id(t)ideal hat seinen Maximalwert ID erreicht. Die Gatespannung Ugs(t)ideal hat einen Wert UM erreicht und bleibt für eine Zeitspanne t3 auf diesem Wert. Während dieser Zeitspanne t3 fällt die Spannung Uds(t)ideal zwischen Drain und Source des MOSFETs Q1 bis Q6 linear bis auf null ab. Die Fläche unter den Kurven Uds(t)ideal und Id(t)ideal stellt die während des Schaltvorgangs umgesetzte elektrische Energie Wsw_ON_ideal dar, aus der sich mittels der Schaltfrequenz fsw die Schaltverlustleistung Psw_ideal bestimmen lässt. Die MOSFETs weisen jeweils eine Eingangskapazität zwischen Gate und Source beziehungsweise Gate und Drain auf, denen jeweils eine entsprechende Ladung Qgs und Qgd zugeordnet ist.
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3 zeigt äquivalent zu 2 einen idealisierten Ausschaltvorgang eines der MOSFETs Q1 bis Q6 der 1. Zu Beginn ist der Transistor in einem durchgeschalteten Zustand und der Strom Id(t)ideal zwischen Drain und Source des Transistors Q1 bis Q6 ist maximal und entspricht dem Schaltstrom ID . Die Spannung Uds(t)ideal zwischen Drain und Source des Transistors Q1 bis Q6 ist hingegen minimal. Die Gatespannung Ugs(t)ideal liegt ebenfalls auf ihrem Maximalwert. Zum Sperren des MOSFETs Q1 bis Q6 wird die Gatespannung Ugs(t)ideal gesenkt, bis diese einen Wert UM erreicht. Zu diesem Zeitpunkt beginnt die Spannung Uds(t)ideal zwischen Drain und Source zu steigen und hat nach einer Zeitspanne t1 ihren Maximalwert UD erreicht. In dieser Zeitspanne bleibt die Gatespannung Ugs(t)ideal konstant auf dem Wert UM . Nun beginnt der Strom Id(t)ideal durch den MOSFET Q1 bis Q6 linear abzufallen bis er nach einer Zeitspanne t2 den Wert null erreicht hat. Zu diesem Zeitpunkt ist die Gatespannung Ugs(t)ideal auf den Wert UTH gesunken. Die Fläche unter den Kurven Uds(t)ideal und Id(t)ideal entspricht der umgesetzten elektrischen Energie Wsw_OFF_ideal und bestimmt somit die Verlustleistung durch den Ausschaltvorgang.
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Die gesamte Verlustleistung durch die Ein- und Ausschaltvorgänge in diesen idealisierten Prozessen lässt sich durch die folgende Formel beschreiben:
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Dabei geht neben der Schaltspannung VDS, dem Schaltstrom ID , der Schaltfrequenz fsw auch der Spannungsabfall VD über die interne Diode des MOSFETs Q1 bis Q6 sowie die Einschaltzeit tON und die Ausschaltzeit tOFF des MOSFETs Q1 bis Q6 in die Berechnung der Schaltverlustleistung Psw ein.
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Treten jedoch beispielsweise hohe parasitäre Induktivitäten Lp auf, wie dies beispielsweise durch einen großen physikalischen Abstand zwischen den einzelnen MOSFETs Q1 bis Q6 und dem DC Link Kondensator C3 , wie er in 1 dargestellt ist, hervorgerufen wird, so bildet diese Berechnungsformel die Realität nicht mehr in akzeptabler Genauigkeit ab. Dies lässt sich beispielsweise 4 entnehmen, die einen gemessenen Verlauf der Gatespannung Ugs(t), der Spannung Uds(t) zwischen Drain und Source, des Stroms Id(t) zwischen Drain und Source und der elektrisch umgesetzten Leistung in dem Transistor Psw(t) für einen Einschaltvorgang zeigt. Zum Vergleich mit der Theorie sind darüber hinaus in gestrichelten Linien noch die theoretischen Verläufe Ugs(t)ideal , Uds (t)ideal und Id (t)ideal entsprechend 2 eingezeichnet. Wie sich 4 entnehmen lässt, beginnt der Spannungsabfall der Spannung Uds(t) bereits wesentlich früher als in dem idealisierten Verlauf Uds (t)ideal wie er mittels der gestrichelte Linie dargestellt ist. Der Strom Id(t) beginnt hingegen erst wesentlich später zu steigen und steigt insbesondere zuerst mit sehr geringem dl/dt. Der so gemessene Verlauf der elektrischen Leistung Psw(t), der sich aus einer Multiplikation der Spannungskurve Uds(t) und der Stromkurve Id(t) ergibt, ist daher wesentlich flacher und die Größe der umgesetzten elektrischen Energie fällt daher wesentlich geringer aus.
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5 zeigt äquivalent zu 4 den tatsächlich gemessenen Verlauf der Gatespannung Ugs(t), der Spannung Uds(t) zwischen Drain und Source, des Stroms Id(t) zwischen Drain und Source und der elektrisch umgesetzten Leistung Psw(t) in dem Transistor Q1 bis Q6 bei einem Ausschaltvorgang. Zum Vergleich sind auch hier in gestrichelten Linien die theoretischen Werte aus dem idealisierten Verlauf der 3 eingezeichnet. Während der Strom Id(t) mehr oder weniger exakt dem idealisierten Verlauf folgt, beginnt die Spannung Uds(t) verzögert zu steigen und steigt insbesondere zuerst mit geringem dU/dt. Die Spannung Uds(t) steigt außerdem über den theoretischen Maximalwert hinaus und führt eine Schwingung um den theoretischen Maximalwert aus und relaxiert zu diesem. Auch für den Ausschaltvorgang ist die umgesetzte elektrische Leistung zumindest ein wenig geringer als die für den idealisierten Fall erwartete Verlustleistung.
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Errechnet man beispielhaft basierend auf der oben angegebenen Formel für den idealisierten Verlauf die Verlustleistung für einen Einschaltvorgang, ergibt sich:
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Dies weicht stark von der tatsächlichen gemessenen Verlustleistung von 2,4W ab. 6 zeigt einen Vergleich zwischen den aus dem idealisierten Verlauf berechneten Verlustleistungen Psw_ideal für verschiedene Schaltströme ID mit den tatsächlichen, gemessenen Verlustleistungen Psw_measured . Es zeigt sich, dass mit steigendem Schaltstrom ID die Abweichungen zwischen den errechneten Verlustleistungswerten Psw_ideal und der tatsächlichen Verlustleistung Psw_measured stark ansteigen. Insbesondere für große Schaltströme ID führt daher die theoretische Betrachtung zu großen Diskrepanzen in der ermittelten Verlustleistung und führt damit zu einer fehlerhaften Abschätzung der Temperatur des Bauelements.
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7 zeigt äquivalent zu 6 die berechneten Verlustleistungswerte Psw_ideal aus dem idealisierten Verlauf und die tatsächlich gemessenen Verlustleistungswerte Psw_measured für einen Ausschaltvorgang bei verschiedenen Schaltströmen ID . Der Ausschaltvorgang wird zwar wesentlich besser als der Einschaltvorgang durch die idealisierten Verläufe beschrieben, es zeigen sich dennoch, insbesondere bei großen Strömen, starke Abweichungen zum tatsächlich gemessenen Verlustleistungsverlauf Psw_measured .
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Erfindungsgemäß werden aus den gemessenen Verlustleistungen, wie sie in
6 und
7 dargestellt sind, angepasste Schaltzeiten errechnet.
8 zeigt einen Ablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens. In einem Schritt
101 werden die tatsächlichen Schaltverlustleistungen
Psw_measured als Referenzverlustleistung für ausgewählte Referenzschaltströme
ID jeweils für einen Ausschaltvorgang P
sw_measured_OFF und einen Einschaltvorgang P
sw_measured_ON gemessen. Dies kann wie oben beschrieben beispielsweise durch Messung der exakten Strom- und Spannungsverläufe
Uds(t) und
Id(t) bei Einschalt- und Ausschaltvorgängen erfolgen. Im nächsten Schritt
102 werden die angepassten Schaltzeiten t
ON_adj (
ID ) und t
OFF_adj (
ID ) für die Referenzschaltströme
ID , für welche die Referenzverlustleistung
Psw_measured gemessen wurde, berechnet. Dazu kann die obige Formel getrennt für Einschaltvorgang und Ausschaltvorgang aufgelöst werden:
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In einem Schritt 103 wird die momentane Schaltspannung gemessen. Dies geschieht im sperrenden Zustand des Transistors und kann für eine hohe Auflösung bei jedem Schaltvorgang stattfinden. Bei einer Schaltfrequenz von 20kHz findet somit alle 50 Mikrosekunden eine entsprechende Messung statt. Um den Prozessor nicht zu überlasten kann alternativ nur bei jedem zweiten Schaltvorgang oder noch seltener gemessen werde, da heißt beispielsweise alle 100 Mikrosekunden. Zur Spannungsmessung kann ein Spannungsteiler und ein entsprechender AD-Wandler Eingang eines Mikroprozessors verwendet werden.
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In einem Schritt 104 wird der momentane Schaltstrom gemessen Dies geschieht im leitenden Zustand des Transistors und kann für eine hohe Auflösung bei jedem Schaltvorgang erfolgen. Bei einer Schaltfrequenz von 20kHz finden somit alle 50 Mikrosekunden eine entsprechende Messung statt. Um den Prozessor nicht zu überlasten kann alternativ nur bei jedem zweiten Schaltvorgang oder auch noch seltener gemessen werde, das heißt alle 100 Mikrosekunden. Zur Messung kann ein gemeinsamer Shunt Rs, welcher in dem DC-Bus positioniert ist, genutzt werden. Der Spannungsabfall über dem Shunt Rs kann verstärkt und wiederum mittels eines Mikroprozessors über einen AD-Wandler gemessen werden.
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In einem Schritt 105 werden die angepassten Schaltzeiten für den momentanen Schaltstrom bestimmt. Dazu werden die angepassten Schaltzeiten für den nächstgelegenen Referenzschaltstrom größer als der momentane Schaltstrom und für den nächstgelegene Referenzschaltstrom kleiner als der momentane Schaltstrom herangezogen. Aus diesen Werten werden mittels linearer Interpolation die angepassten Schaltzeiten für den momentanen Schaltstrom bestimmt.
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Im letzten Schritt
106 wird die aktuelle Schaltverlustleistung aus den angepassten Schaltzeiten für den momentanen Schaltstrom, der momentanen Schaltspannung und dem momentanen Schaltstrom mit folgender Berechnungsformel berechnet:
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9 zeigt eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Steuereinheit 1. Diese weist im Wesentlichen eine Recheneinrichtung 2 auf, welche auf eine Speichereinrichtung 3 zugreifen kann, wobei auf der Speichereinrichtung 3 für verschiedene Schaltströme ID eine angepasste Schaltzeit tON adj und eine angepasste Schaltzeit tOFF adj gespeichert ist. Dabei kann jeweils ein Vektor mit angepassten Schaltzeiten für den Einschaltvorgang und ein Vektor mit angepassten Schaltzeiten für den Ausschaltvorgang gespeichert sein. Die Recheneinrichtung 2 ist mit einem Spannungssensor 5 verbunden, der die Spannung zwischen Drain und Source eines MOSFETs Q1 bis Q6 misst, dessen momentane Schaltverlustleistung Psw bestimmt werden soll. Außerdem ist die Recheneinrichtung 2 mit einem Stromsensor 4 verbunden, der den Strom Id(t) zwischen Source und Drain des MOSFETs Q1 bis Q6 misst. Die Recheneinrichtung 2 ist dazu eingerichtet Schritte des in 8 schematisch dargestellten Verfahrens auszuführen, um die momentane Schaltverlustleistung Psw zu ermitteln. Die Recheneinrichtung 2 gibt dann ein Ausgangssignal 6 aus, welches der Schaltverlustleistung Psw entspricht.
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In 10 ist ein Vergleich zwischen den tatsächlichen Schaltzeiten tON des Transistors Q1 bis Q6 und den aus den gemessenen Verlustleistungen errechneten angepassten Schaltzeiten tONadj für Einschaltvorgänge dargestellt. Es ist zu erkennen, dass insbesondere für große Schaltströme ID die angepassten Schaltzeiten tONadj stark von den tatsächlichen Schaltzeiten tON des Transistors Q1 bis Q6 abweichen. Während für geringe Ströme ID die angepassten Schaltzeiten tONadj noch fast den tatsächlichen Schaltzeiten tON entsprechen, zeigt sich ein völlig verschiedener Verlauf. Während die tatsächliche Schaltzeiten tON mit steigendem Schaltstrom ID leicht ansteigen von einem Wert von etwa 420 ns bei sehr kleinen Strömen ID bis auf etwa 560ns bei 94A, sinken die angepassten Schaltzeiten tONadj mit steigendem Strom ID bis auf einen Wert von 180ns bei 94A.
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11 zeigt einen Vergleich zwischen den angepassten Schaltzeiten tOFFadj und den tatsächlichen Schaltzeiten tOFF für einen Ausschaltvorgang des Transistors Q1 bis Q6. Die beiden Kurven verlaufen zwar annähernd parallel, jedoch weisen die Werte bereits bei einem Strom ID von annäherend 0A einen großen Unterschied auf. Während die tatsächliche Schaltzeit tOFF des Transistors bei 100 ns liegt, beträgt die angepasste Schaltzeit tOFFadj lediglich 40 ns. Bei einem Strom von 94 A ist die tatsächliche Schaltzeit tOFF auf etwa 310 ns angestiegen während dahingegen die angepasste Schaltzeit tOFFadj lediglich auf einen Wert von etwa 200 ns ansteigt.
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Durch die erfindungsgemäße Verwendung der stark von den tatsächlichen Schaltzeiten abweichenden angepassten Schaltzeiten kann somit eine genaue Bestimmung der Schaltverlustleistung vorgenommen werden. Dies lässt sich den 6 und 7 entnehmen, in der die berechneten Schaltverlustleistungen Psw für verschiedene Schaltströme ID eingezeichnet sind, die fast exakt den gemessenen Werten der Schaltverlustleistungen entsprechen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Steuereinheit
- 2
- Recheneinheit
- 3
- Speichereinrichtung
- 4
- Stromsensor
- 5
- Spannungssensor
- 6
- Ausgangswert
- 10
- Drei-Phasen-Inverter
- 101
- Messen Referenzverlustleistung
- 102
- Berechnen angepasste Schaltzeit
- 103
- Messen Schaltspannung
- 104
- Messen Schaltstrom
- 105
- Bestimmen angepasste Schaltzeit für momentanen Schaltstrom
- 106
- Berechnen Schaltverlustleistung
- DC
- Versorgungsspannung
- C1
- erster Kondensator PI-Filter
- L1
- Spule Pl-Filter
- C2
- Zweiter Kondensator Pl-Filter
- RC1
- Innenwiderstand erster Kondensator PI-Filter
- RC2
- Innenwiderstand zweiter Kondensator PI-Filter
- RL1
- Innenwiderstand Spule PI-Filter
- C3
- DC-Link Kondensator
- RC3
- Innenwiderstand DC-Link Kondensator
- LC3
- Induktivität DC-Link Kondensator
- Lp
- parasitäre Induktivität
- Q1
- MOSFET
- Q2
- MOSFET
- Q3
- MOSFET
- Q4
- MOSFET
- Q5
- MOSFET
- Q6
- MOSFET
- M
- BLDC Motor
- R
- erste Phase BLDC Motor
- S
- zweite Phase BLDC Motor
- T
- dritte Phase BLDC Motor
- RS
- Shunt-Widerstand
- Uds(t)ideal
- Verlauf drain-source Spannung idealisiert
- Id(t)ideal
- Verlauf drain-source Strom idealisiert
- Ugs(t)ideal
- Verlauf Gatespannung idealisiert
- UM
- erster Grenzwert Gatespannung
- UTH
- Zweiter Grenzwert Gatespannung
- Wsw_ON_ideal
- Schaltverlust Einschaltvorgang
- Wsw_OFF_ideal
- Schaltverlust Ausschaltvorgang
- Uds(t)
- Verlauf drain-source Spannung
- Id(t)
- Verlauf drain-source Strom
- Ugs(t)
- Verlauf Gatespannung
- Psw(t)
- Verlauf Schaltverlustleistung
- ID
- Schaltstrom
- UDS
- Schaltspannung
- Psw_ideal
- Schaltverlustleistung idealisiert
- Psw_measured
- Schaltverlustleistung gemessen
- PSW
- Schaltverlustleistung aus Erfindung
- tON
- tatsächliche Einschaltzeit
- tONadj
- angepasste Einschaltzeit
- tOFF
- tatsächliche Ausschaltzeit
- tOFFadj
- angepasste Ausschaltzeit