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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine entsprechende Steuereinheit bzw. Vorrichtung zur aktiven Störgeräuschunterdrückung (auf Englisch Active Noice Cancelling) in einem Fahrzeug, das durch eine elektrische Antriebsmaschine angetrieben wird.
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Ein Fahrzeug kann eine Geräuschunterdrückungseinheit aufweisen. Aktive Geräuschunterdrückung („Active Noise Cancelling“, ANC) kann dazu verwendet werden, z.B. Motorengeräusche und/oder Abrollgeräusche zu reduzieren, die ggf. von einem Fahrzeuginsassen im Fahrzeuginnenraum des Fahrzeugs als störend wahrgenommen werden können.
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Ein Fahrzeug mit einer elektrischen Antriebsmaschine weist keine Motorgeräusche eines Verbrennungsmotors auf, mit denen andere Störgeräusche, wie z.B. Fahrbahngeräusche, Geräusche des Fahrzeuggetriebes, Abrollgeräusche, etc., maskiert bzw. kaschiert werden können. Diese Störgeräusche können von einem Nutzer, insbesondere von einem Insassen, eines Fahrzeugs als störend empfunden werden.
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Das vorliegende Dokument befasst sich mit der technischen Aufgabe, Störgeräusche in einem Fahrzeug, das mit zumindest einer elektrischen Antriebsmaschine betrieben wird, in besonders zuverlässiger Weise zu reduzieren oder zu unterdrücken.
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Die Aufgabe wird durch jeden der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen werden u.a. in den abhängigen Ansprüchen beschrieben. Es wird darauf hingewiesen, dass zusätzliche Merkmale eines von einem unabhängigen Patentanspruch abhängigen Patentanspruchs ohne die Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs oder nur in Kombination mit einer Teilmenge der Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs eine eigene und von der Kombination sämtlicher Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs unabhängige Erfindung bilden können, die zum Gegenstand eines unabhängigen Anspruchs, einer Teilungsanmeldung oder einer Nachanmeldung gemacht werden kann. Dies gilt in gleicher Weise für in der Beschreibung beschriebene technische Lehren, die eine von den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche unabhängige Erfindung bilden können.
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Gemäß einem Aspekt wird eine Vorrichtung zur aktiven Unterdrückung eines Störgeräusches eines Fahrzeugs beschrieben, das eine elektrische Antriebsmaschine aufweist. Das Störgeräusch kann dabei direkt oder indirekt durch den Betrieb der elektrischen Antriebsmaschine bewirkt werden. Das Störgeräusch kann z.B. ein Verzahnungsgeräusch einer Komponente (z.B. eines Zahnrads in einem Getriebe) auf dem Antriebsstrang zwischen der elektrischen Antriebsmaschine und ein oder mehreren angetriebenen Rädern des Fahrzeugs umfassen. Alternativ oder ergänzend kann das Störgeräusch ein Geräusch umfassen, das von der Fahrbahn, insbesondere von der unebenen Fahrbahn, an einem von der elektrischen Antriebsmaschine angetriebenen Rad des Fahrzeugs bewirkt wird. Das Störgeräusch kann in einem Innenraum, insbesondere in einer Insassenkabine, des Fahrzeugs für einen Nutzer des Fahrzeugs hörbar sein.
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Das Störgeräusch kann derart sein, dass die Ursache für das Störgeräusch Auswirkungen auf das von der elektrischen Antriebsmaschine gestellte Drehmoment hat. Mit anderen Worten, die Ursache für das Störgeräusch kann derart sein, dass die Ursache für das Störgeräusch zu entsprechenden Drehmomentschwankungen des von der elektrischen Antriebsmaschine gestellten Drehmoments führt.
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Die Vorrichtung kann eingerichtet sein, Betriebsinformation in Bezug auf den zeitlichen Verlauf eines Stroms (insbesondere eines Phasenstroms) und/oder einer Spannung (insbesondere einer Phasenspannung) zu ermitteln, mit denen die elektrische Antriebsmaschine betrieben wird. Insbesondere kann die Vorrichtung eingerichtet sein, ein Messsignal, etwa ein abgetastetes Messsignal, des Stroms und/oder der Spannung als Betriebsinformation zu ermitteln. Die Abtastfrequenz des Stroms und/oder der Spannung kann dabei bevorzugt größer als oder gleich wie 5kHz oder 8kHz oder 10kHz sein.
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Es kann somit Betriebsinformation, insbesondere zumindest ein Messsignal, ermittelt werden, das den zeitlichen Verlauf zumindest eines Phasenstroms und/oder zumindest einer Phasenspannung anzeigt, mit denen die elektrische Antriebsmaschine betrieben wird. Der zeitliche Verlauf eines Phasenstroms und/oder einer Phasenspannung zeigt dabei typischerweise den zeitlichen Verlauf des von der elektrischen Antriebsmaschine gestellten Drehmoments an. Insbesondere können aus dem zeitlichen Verlauf des Phasenstroms und/oder der Phasenspannung Drehmomentschwankungen (die mit der Ursache des Störgeräusches zusammenhängen) erkannt werden. Die zeitliche Auflösung der Betriebsinformation, insbesondere des Messsignals, ist dabei bevorzugt ausreichend hoch, um Drehmomentschwankungen in einem für den Menschen hörbaren Frequenzbereich erkennen zu können.
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Die Vorrichtung kann eingerichtet sein, auf Basis des Messsignals des Stroms, insbesondere des Stroms zumindest einer Phase, der elektrischen Antriebsmaschine eine Stromregelung des Stroms zu bewirken. Die Stromregelung kann z.B. dazu genutzt werden, um den Strom auf einen bestimmten Zielwert zu regeln und/oder um das von der elektrischen Antriebsmaschine bewirkte Drehmoment auf einen bestimmten Zielwert zu regeln. Die Ursache für das Störgeräusch kann dabei als externe Störquelle auf den Regelkreis wirken, und dadurch Regelfehler bewirken, die sich in dem Messsignal des Stroms und/oder in dem Messsignal der Spannung widerspiegeln. Somit können in besonders zuverlässiger Weise dem Störgeräusch entsprechende Schwankungen aus dem Messsignal des Stroms und/oder der Spannung entnommen werden.
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Die Vorrichtung ist ferner eingerichtet, auf Basis der Betriebsinformation, insbesondere auf Basis des Messsignals des Stroms und/oder der Spannung, ein Kompensationssignal (d.h. ein Audiosignal) zur zumindest teilweisen Unterdrückung des Störgeräusches zu generieren. Des Weiteren kann die Vorrichtung eingerichtet sein, zu bewirken, dass das Kompensationssignal durch zumindest einen Lautsprecher des Fahrzeugs ausgegeben wird, um (im Innenraum des Fahrzeugs) eine akustische Kompensations-Schallwelle zu bewirken, durch die das Störgeräusch, insbesondere an zumindest einer Position des Fahrzeugs, zumindest teilweise (oder vollständig) ausgelöscht und/oder gedämpft wird.
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Es wird somit eine Vorrichtung beschrieben, die ausgebildet ist, aus dem zeitlichen Verlauf des Stroms und/oder der Spannung, mit denen eine elektrische Antriebsmaschine betrieben wird, in effizienter und präziser Weise eine aktive Geräuschunterdrückung zu bewirken.
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Die Vorrichtung kann eingerichtet sein, ein Frequenzspektrum, insbesondere ein Amplitudenspektrum und/oder ein Phasenspektrum, des Messsignals (des Stroms und/oder der Spannung) zu ermitteln. Das Frequenzspektrum kann z.B. mittels einer Fast Fourier Transform (FFT) ermittelt werden. Das Kompensationssignal kann dann in besonders präziser Weise auf Basis des Frequenzspektrums ermittelt werden. Insbesondere kann die Vorrichtung eingerichtet sein, ein oder mehrere Frequenzkomponenten des Frequenzspektrums zu identifizieren, die eine Amplitude aufweisen, die größer als oder gleich wie ein vordefinierter Amplituden-Schwellenwert sind (und die in einem für den Menschen hörbaren Frequenzbereich liegen). Es können somit ein oder mehrere signifikante Frequenzkomponenten des Frequenzspektrums des Messsignals ermittelt werden. Diese ein oder mehreren signifikanten Frequenzkomponenten weisen typischerweise ein oder mehrere entsprechende Frequenzkomponenten in dem Störgeräusch auf.
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Die Vorrichtung kann eingerichtet sein, das Kompensationssignal auf Basis der ein oder mehreren identifizierten Frequenzkomponenten zu ermitteln. Zu diesem Zweck kann ein Audiosignal generiert werden, das die ein oder mehreren identifizierten Frequenzkomponenten aufweist, jedoch mit einer entgegengesetzten Phase (im Vergleich zu der Phase in dem Phasenspektrum des Messsignals). So kann eine besonders präzise Geräuschunterdrückung bewirkt werden.
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Die Vorrichtung kann eingerichtet sein, das Kompensationssignal anhand zumindest einer im Vorfeld ermittelten Kompensationseinheit auf Basis der Betriebsinformation, insbesondere auf Basis des Messsignals des Stroms und/oder der Spannung, zu ermitteln. Die Kompensationseinheit kann z.B. ein angelerntes neuronales Netzwerk umfassen. Durch die Verwendung einer im Vorfeld angelernten Kompensationseinheit kann die Geräuschunterdrückung in besonders präziser und effizienter Weise bewirkt werden.
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Die Vorrichtung kann eingerichtet sein, ein von einem Mikrofon des Fahrzeugs erfasstes Mikrofonsignal in Bezug auf das Störgeräusch, insbesondere in Bezug auf das anhand des Kompensationssignals zumindest teilweise unterdrückte Störgeräusch, zu erfassen. Das Mikrofonsignal, insbesondere die Energie des Mikrofonsignals, kann somit die Güte des durch die Kompensationseinheit ermittelten Kompensationssignals für die Geräuschunterdrückung anzeigen.
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Die Vorrichtung kann ferner eingerichtet sein, die Kompensationseinheit auf Basis des Mikrofonsignals und auf Basis der Betriebsinformation, insbesondere auf Basis des Messsignals des Stroms und/oder der Spannung, anzupassen. Zu diesem Zweck können wiederholt an einer Sequenz von Zeitpunkten jeweils die Betriebsinformation und das Mikrofonsignal ermittelt werden. Die Kompensationseinheit kann dann derart angepasst werden, dass die Energie des Mikrofonsignals im zeitlichen Mittel reduziert, insbesondere minimiert, wird. Die Kompensationseinheit kann somit während des Betriebs des Fahrzeugs angelernt werden. So kann die Güte der Geräuschunterdrückung weiter erhöht werden.
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Das Fahrzeug kann eine erste elektrische Antriebsmaschine umfassen, die eingerichtet ist, auf die Frontachse des Fahrzeugs einzuwirken. Des Weiteren kann das Fahrzeug eine zweite elektrische Antriebsmaschine umfassen, die eingerichtet ist, auf die Heckachse des Fahrzeugs einzuwirken. Durch die erste Antriebsmaschine kann ein erstes Störgeräusch auf dem ersten Antriebsstrang der ersten Antriebsmaschine bewirkt werden. In entsprechender Weise kann durch die zweite Antriebsmaschine ein zweites Störgeräusch auf dem zweiten Antriebsstrang der zweiten Antriebsmaschine bewirkt werden.
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Die Vorrichtung kann eingerichtet sein, erste Betriebsinformation (insbesondere ein erstes Messsignal für den Strom und/oder die Spannung) für die erste elektrische Antriebsmaschine und zweite Betriebsinformation (insbesondere ein zweites Messsignal für den Strom und/oder die Spannung) für die zweite elektrische Antriebsmaschine zu ermitteln.
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Des Weiteren kann die Vorrichtung eingerichtet sein, auf Basis der ersten Betriebsinformation für die erste elektrische Antriebsmaschine und auf Basis der zweiten Betriebsinformation für die zweite elektrische Antriebsmaschine Positionsinformation in Bezug auf die Position einer Störquelle des Störgeräusches zu ermitteln. Diese Positionsinformation kann z.B. für eine Fehlerdiagnose im Rahmen der Wartung des Fahrzeugs verwendet werden.
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Alternativ oder ergänzend kann die Vorrichtung eingerichtet sein, auf Basis der ersten Betriebsinformation für die erste elektrische Antriebsmaschine und auf Basis der zweiten Betriebsinformation für die zweite elektrische Antriebsmaschine ein oder mehrere Kompensationssignale zur aktiven Geräuschunterdrückung (insbesondere zur aktiven Geräuschunterdrückung im Innenraum des Fahrzeugs) zu ermitteln. Durch die Berücksichtigung der Betriebsinformation von mehreren elektrischen Antriebsmaschinen kann die Güte der Geräuschunterdrückung weiter erhöht werden.
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Alternativ oder ergänzend kann die Vorrichtung eingerichtet sein, auf Basis der ersten Betriebsinformation für die erste elektrische Antriebsmaschine und auf Basis der zweiten Betriebsinformation für die zweite elektrische Antriebsmaschine (insbesondere auf Basis der o.g. Positionsinformation) zumindest einen Lautsprecher aus einer Mehrzahl von unterschiedlich positionierten Lautsprechern des Fahrzeugs für die Wiedergabe des Kompensationssignals auszuwählen. Durch die Lokalisierung der Störquelle kann die Güte der Geräuschunterdrückung weiter erhöht werden.
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Die Vorrichtung kann eingerichtet sein, ein Mikrofonsignal in Bezug auf das Störgeräusch zu erfassen (z.B. anhand eines Mikrofons des Fahrzeugs). Das Kompensationssignal kann dann ggf. auch auf Basis der Mikrofonsignals ermittelt werden. Beispielsweise kann die Vorrichtung eingerichtet sein, auf Basis der Betriebsinformation für die elektrische Antriebsmaschine des Fahrzeugs ein oder mehrere signifikante Frequenzkomponenten in ein oder mehreren entsprechenden Frequenz-Teilbereichen zu identifizieren. Das Kompensationssignal kann dann auf Basis der ein oder mehrere Frequenzkomponenten des Mikrofonsignals in den ein oder mehreren identifizierten Frequenz-Teilbereichen ermittelt werden. Insbesondere kann die Vorrichtung eingerichtet sein, die Betriebsinformation dazu zu nutzen, ein oder mehrere signifikante Frequenzkomponenten bzw. Frequenz-Teilbereiche des Störgeräusches zu identifizieren. Die Kompensation der ein oder mehreren identifizierten Frequenzkomponenten bzw. Frequenz-Teilbereiche des Störgeräusches kann dann auf Basis des Mikrofonsignals in Bezug auf das Störgeräusch erfolgen. Durch die zusätzliche Berücksichtigung eines Mikrofonsignals kann die Güte der aktiven Geräuschunterdrückung weiter erhöht werden.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein (Straßen-)Kraftfahrzeug (insbesondere ein Personenkraftwagen oder ein Lastkraftwagen oder ein Bus) beschrieben, das die in diesem Dokument beschriebene Vorrichtung umfasst.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Verfahren zur aktiven Unterdrückung eines Störgeräusches eines Fahrzeugs beschrieben, das eine elektrische Antriebsmaschine aufweist. Das Verfahren umfasst das Ermitteln von Betriebsinformation in Bezug auf den zeitlichen Verlauf des Stroms und/oder der Spannung, mit denen die elektrische Antriebsmaschine betrieben wird. Des Weiteren umfasst das Verfahren das Generieren, auf Basis der Betriebsinformation, eines Kompensationssignals zur zumindest teilweisen Unterdrückung des Störgeräusches.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Software (SW) Programm beschrieben. Das SW Programm kann eingerichtet werden, um auf einem Prozessor (z.B. auf einem Steuergerät eines Fahrzeugs) ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auszuführen.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Speichermedium beschrieben. Das Speichermedium kann ein SW Programm umfassen, welches eingerichtet ist, um auf einem Prozessor ausgeführt zu werden, und um dadurch zumindest das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auszuführen.
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Es ist zu beachten, dass die in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme sowohl alleine, als auch in Kombination mit anderen in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systemen verwendet werden können. Des Weiteren können jegliche Aspekte der in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systemen in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden. Insbesondere können die Merkmale der Ansprüche in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden.
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Im Weiteren wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher beschrieben. Dabei zeigen
- 1a ein beispielhaftes Fahrzeug mit einer Geräuschunterdrückungseinheit;
- 1b einen beispielhaften Wechselrichter für eine elektrische Antriebsmaschine eines Fahrzeugs;
- 1c einen beispielhaften Verlauf einer Phasenspannung;
- 2a ein beispielhaftes Frequenzspektrum des zeitlichen Verlaufs einer Phase des Motorstroms;
- 2b ein beispielhaftes Kompensationssignal;
- 3 eine beispielhafte Vorrichtung zum Anlernen einer Kompensationseinheit; und
- 4 ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens zur aktiven Unterdrückung eines Störgeräusches.
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Wie eingangs dargelegt, befasst sich das vorliegende Dokument mit der zuverlässigen Unterdrückung bzw. Reduzierung von Störgeräuschen im Innenraum eines Fahrzeugs, das zumindest eine elektrische Antriebsmaschine aufweist. In diesem Zusammenhang zeigt 1 ein beispielhaftes Fahrzeug 100 mit einer Geräuschunterdrückungseinheit, kurz ANC-Einheit, 109. Die ANC-Einheit 109 kann ein oder mehrere Mikrofone 108 umfassen, die eingerichtet sind, Mikrofonsignale in Bezug auf Geräusche an zumindest einer Position (z.B. an der Fahrerposition oder an einer Insassenposition) des Fahrzeugs 100 zu erfassen. Eine Steuereinheit bzw. Vorrichtung 101 des Fahrzeugs 100, insbesondere die Steuereinheit bzw. Vorrichtung 101 der ANC-Einheit 109, kann eingerichtet sein, auf Basis der Mikrofonsignale der ein oder mehreren Mikrofone 108 ein oder mehrere Kompensations- bzw. Geräuschunterdrückungssignale für ein oder mehrere Lautsprecher 107 zu erzeugen. Durch die Wiedergabe der ein oder mehreren Kompensationssignale über die ein oder mehreren Lautsprecher 107 kann bewirkt werden, dass Störgeräusche an der zumindest einen Position des Fahrzeugs 100 zumindest teilweise unterdrückt werden.
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Das Fahrzeug 100 kann ein oder mehrere elektrische Maschinen 111, 112 zum Antrieb des Fahrzeugs 100 aufweisen, z.B. eine elektrische Maschine 111 zum Antrieb der Vorderachse des Fahrzeugs 100 und/oder eine elektrische Maschine 112 zum Antrieb der Hinterachse des Fahrzeugs 100. Eine elektrische Maschine 111, 112, insbesondere eine Synchronmaschine, kann mit einem Wechselstrom, insbesondere mit einem Drehstrom, betrieben werden.
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1b zeigt einen beispielhaften Wechselrichter 150, der eingerichtet ist, auf Basis einer Bordnetzspannung UDC 160 (d.h. einer Gleichspannung) Phasenspannungen 161 (d.h. Wechselspannungen) für die unterschiedlichen Spulen einer elektrischen Antriebsmaschine 110, 112 (z.B. eines Fahrzeugs 100) zu generieren. Der Wechselrichter 150 (bzw. Inverter) umfasst mehrere Schalter bzw. Schaltelement 152, die in dem dargestellten Beispiel für jede Phase jeweils in einer Halbbrücke angeordnet sind. Die Schaltelemente 152 werden durch eine Steuereinheit 101 angesteuert, um die Phasenspannungen 151 für die elektrische Maschine 111, 112 zu generieren.
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1c zeigt eine beispielhafte Phasenspannung 151, die durch die Schaltelemente 152 einer Halbbrücke generiert werden kann. Wie aus 1c ersichtlich, werden die Schaltelemente 152 mit einem bestimmten Pulsmuster geschaltet (d.h. geöffnet bzw. geschlossen), um eine (sinusförmige) Wechselspannung 151 zu generieren. Das Pulsmuster für einen bestimmten (statischen) Betriebspunkt der elektrischen Maschine 111, 112 (z.B. für ein zu bewirkendes Ziel-Drehmoment) kann im Vorfeld ermittelt werden, z.B. mittels eines Optimierungsverfahren wie SOPWM (Synchronous optimal pulse width modulation), durch das ein bestimmtes Optimierungskriterium (z.B. die harmonische Verzerrung der Phasenströme) optimiert, insbesondere minimiert, werden kann. Die ermittelten Pulsmuster für unterschiedliche Betriebspunkte (z.B. für unterschiedliche Ziel-Drehmomente) der elektrischen Maschine 111, 112 können abgespeichert werden, z.B. in einer Look-Up Tabelle (LUT). Die einzelnen Pulsmuster weisen dabei für jede Welle bzw. Halbwelle der zu generierenden Wechselspannung jeweils eine bestimmte Anzahl N von Pulsen auf, wobei N eine ganze Zahl ist (z.B. N=1, 2, 3, 4, 5, 6 oder mehr). Die unterschiedlichen Betriebspunkte der elektrischen Maschine 111, 112 können z.B. unterschiedliche zu stellende Drehmomente und/oder unterschiedliche Drehgeschwindigkeiten umfassen.
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Die Steuereinheit bzw. Vorrichtung 101 kann eingerichtet sein, eine Regelung der Phasenströme 162 durchzuführen, z.B. um zu bewirken, dass die elektrische Maschine 111, 112 ein bestimmtes (ggf. konstantes) Ziel-Drehmoment bereitstellt. Zu diesem Zweck kann das Fahrzeug 100 ein oder mehrere Messeinheiten 110 umfassen, die eingerichtet sind, Messsignale in Bezug auf ein oder mehrere Ist-Phasenströme 162 zu erfassen. Es kann ein Regelfehler aus der Abweichung zwischen den ein oder mehreren erfassten Ist-Phasenströmen 162 und den ein oder mehrere Soll-Phasenströmen ermittelt werden, und die ein oder mehreren Phasenspannungen 161 können dann in Abhängigkeit von dem Regelfehler angepasst werden (z.B. durch Anpassen des in 1c dargestellten Pulsmusters).
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Schwingungen, insbesondere Drehmomentschwankungen, z.B. aufgrund von einer unebenen Fahrbahn und/oder aufgrund eines Zahnrads in einem Getriebe des Fahrzeugs 100, führen zu entsprechenden Schwingungen in den Phasenströmen 162 (d.h. in den Motorströmen). Die Phasenströme 162 werden durch die Messeinheiten 110 (insbesondere im Rahmen der Phasenstrom-Regelung) mit einer relativ hohen zeitlichen Auflösung abgetastet. Die Abtastrate kann dabei derart hoch sein, dass Schwingungen bis zu einer Frequenz von 5kHz aus einem gemessenen Phasenstromsignal erkennbar sind.
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Die ein oder mehreren gemessenen Phasenstromsignale zeigen somit Drehmomentschwankungen an, die typischerweise mit Störgeräuschen im hörbaren Frequenzbereich einhergehen (wie z.B. Störgeräusche aufgrund von Fahrbahnunebenheiten und/oder aufgrund des Abrollens eines Zahnrads eines Getriebes des Fahrzeugs 100). Insbesondere können Störgeräusche erkannt werden, die im Antriebsstrang des Fahrzeugs 100 zwischen der Antriebsmaschine 111, 112 und einem angetriebenen Rad des Fahrzeugs 100 bewirkt werden.
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Die Steuereinheit 101 kann eingerichtet sein, auf Basis eines gemessenen Phasenstromsignals ein Kompensationssignal zu generieren, das über zumindest einen Lautsprecher 107 des Fahrzeugs 100 ausgegeben wird, um eine aktive Geräuschunterdrückung zu bewirken. Insbesondere kann die Steuereinheit 101 eingerichtet sein, eine Frequenzanalyse des gemessenen Phasenstromsignals durchzuführen. Beispielsweise kann, wie in 2b dargestellt, ein Frequenzspektrum 200, insbesondere ein Amplitudenspektrum und/oder ein Phasenspektrum, des gemessenen Phasenstromsignals ermittelt werden, wobei das Frequenzspektrum 200 Amplituden bzw. Energiewerte 202 als Funktion der Frequenz 201 anzeigt.
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Auf Basis des Frequenzspektrums 200 können z.B. ein oder mehrere Frequenzkomponenten (mit einer jeweiligen Frequenz 201) ermittelt werden, die eine besonders hohe Amplitude 202 aufweisen. Diese ein oder mehreren Frequenzkomponenten haben typischerweise einen wesentlichen Einfluss auf das hörbare Störgeräusch. Das Kompensationssignal kann somit auf Basis der ein oder mehreren identifizierten Frequenzkomponenten generiert werden, insbesondere um die ein oder mehreren Frequenzkomponenten in dem Störgeräusch zu kompensieren. Zu diesem Zweck kann ein Kompensationssignal generiert werden, das die ein oder mehreren identifizierten Frequenzkomponenten mit einer um 180° verschobenen Phase umfasst.
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2b zeigt ein beispielhaftes Kompensationssignal 210 im Zeitbereich (d.h. die Amplitude 212 des Kompensationssignals 210 als Funktion der Zeit 211). Das Kompensationssignal 210 kann auf Basis des Frequenzspektrums 200 der ein oder mehreren gemessenen Phasenstromsignale, insbesondere auf Basis der ein oder mehreren identifizierten Frequenzkomponenten des Frequenzspektrums 200, ermittelt werden.
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Auf Basis eines gemessenen hochaufgelösten Motorstromsignals kann somit eine Korrelation zu den Geräuschen im Innenraum des Fahrzeugs 100 erstellt werden. Mittels der Korrelation kann ein Active Noise Cancelling Signal 210 über die ein oder mehreren Fahrzeuglautsprecher 107 in dem Innenraum des Fahrzeugs 100 ausgegeben werden, um den Gesamtgeräuschpegel in dem Innenraum des Fahrzeugs 100 zu senken.
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Das Fahrzeug 100 kann ggf. eine elektrische Maschine 111 an der Frontachse und eine elektrische Maschine 112 an der Hinterachse aufweisen. Für beide elektrische Maschinen 111, 112 kann jeweils zumindest ein Phasenstromsignal ermittelt werden. Auf Basis des jeweiligen Phasenstromsignals kann dann jeweils ein Störgeräusch im Frontbereich bzw. im Heckbereich des Fahrzeugs 100 erkannt werden (ggf. ohne Verwendung eines von einem Mikrofon 108 erfassten Mikrofonsignals). Es kann somit eine Lokalisierung der Störgeräusche erfolgen. Ferner kann für den Frontbereich bzw. für den Heckbereich des Fahrzeugs 100 jeweils ein Kompensationssignal 210 ermittelt werden (auf Basis des jeweiligen Phasenstromsignals). Das Kompensationssignal 210 für den Frontbereich des Fahrzeugs 100 kann dann durch ein oder mehrere Lautsprecher 107 im Frontbereich des Fahrzeugs 100, und das Kompensationssignal 210 für den Heckbereich des Fahrzeugs 100 kann dann durch ein oder mehrere Lautsprecher 107 im Heckbereich des Fahrzeugs 100 ausgegeben werden. So kann die Güte der Geräuschunterdrückung weiter verbessert werden.
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Wie bereits oben dargelegt, können sich auch Abrolleigenschaften von ein oder mehreren Zahnrädern auf einen gemessenes Phasenstromsignal auswirken. Es können somit ggf. auch Verzahnungsgeräusche einer elektrischen Maschine 111, 112 eliminiert werden. So können Kosten bei der akustischen Optimierung einer elektrischen Maschine 111, 112 reduziert werden.
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3 zeigt eine beispielhafte Kompensationseinheit 302, die eingerichtet ist, auf Basis zumindest eines gemessenen Phasenstromsignals 301 zumindest ein Kompensationssignal 210 zu ermitteln, das über zumindest einen Lautsprecher 107 des Fahrzeugs 100 wiedergegeben werden kann, um eine Kompensations-Schallwelle 304 zu erzeugen, durch die Störgeräusche im Innenraum des Fahrzeugs 100 zumindest teilweise kompensiert werden. Die Kompensationseinheit 302 kann im Rahmen der Entwicklung eines Fahrzeugs 100 durch akustische Messungen ermittelt worden sein. Dabei können z.B. ein oder mehrere Verstärkungsfaktoren ermittelt worden sein, mit denen ein oder mehrere signifikante Frequenzkomponenten eines Phasenstromsignals 301 zu verstärken bzw. zu dämpfen sind, um das Kompensationssignal 210 zu ermitteln.
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Alternativ oder ergänzend kann die Kompensationseinheit 302 selbstlernend ausgebildet sein. Zu diesem Zweck kann mittels eines Mikrofons 108 des Fahrzeugs 100 ein Mikrofonsignal 305 in Bezug auf die (ggf. kompensierten) Störgeräusche im Innenraum des Fahrzeugs 100 erfasst werden. Die Kompensationseinheit 302 kann dann derart angelernt werden, dass durch die Kompensationseinheit 302 Kompensationssignale 210 ermittelt werden, durch die die (ggf. mittlere) Energie des Mikrofonsignals 305 reduziert, insbesondere minimiert, wird. Durch die Bereitstellung einer selbstlernenden Kompensationseinheit 302 kann die Güte der Geräuschunterdrückung weiter erhöht werden.
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4 zeigt ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften (ggf. Computerimplementierten) Verfahrens 400 zur aktiven Unterdrückung eines Störgeräusches eines Fahrzeugs 100 mit einer elektrischen Antriebsmaschine 111, 112. Das Störgeräusch kann dabei direkt oder indirekt von dem Betrieb der elektrischen Antriebsmaschine 111, 112 bewirkt werden. Insbesondere kann das Störgeräusch von einer Komponente (etwa von einem Zahnrad oder von einem angetriebenen Rad des Fahrzeugs) bewirkt werden, das auf dem von dem elektrischen Antriebsmaschine 111, 112 angetriebenen Antriebsstrang des Fahrzeugs 100 liegt.
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Das Verfahren 400 umfasst das Ermitteln 401 von Betriebsinformation in Bezug auf den zeitlichen Verlauf des Stroms 162 und/oder der Spannung 161, mit denen die elektrische Antriebsmaschine 111, 112 betrieben wird. Insbesondere kann als Betriebsinformation ein Messsignal 301 des Stroms 162 (z.B. von ein oder mehrere Phasenströmen) und/oder der Spannung 162 (von ein oder mehreren Phasen) der elektrischen Antriebsmaschine 111, 112 ermittelt werden. Das Messsignal 301 kann dabei mit einer Abtastrate erfasst werden, die bei 5kHz oder mehr, oder bei 10kHz oder mehr liegt. Das Messsignal 301 kann somit Frequenzkomponenten umfassen, die in dem für einen Menschen hörbaren Frequenzbereich liegen.
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Des Weiteren umfasst das Verfahren 40 das Generieren 402, (ggf. allein) auf Basis der Betriebsinformation, eines Kompensationssignals 210 zur zumindest teilweisen Unterdrückung des Störgeräusches. Das Kompensationssignal 210 kann in besonders effizienter Weise ggf. ohne Berücksichtigung eines Mikrofonsignals eines Mikrofons 108 ermittelt werden, mit dem das Störgeräusch erfasst wird.
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Das Kompensationssignal 210 kann zur Geräuschunterdrückung über zumindest einen Lautsprecher 107 des Fahrzeugs 100, insbesondere über einen Lautsprecher 107 im Innenraum des Fahrzeugs 100, ausgegeben werden. Durch die Berücksichtigung von ein oder mehreren Messsignalen 301 in Bezug auf ein oder mehrere Phasenströme 162 und/oder Phasenspannungen 161, mit denen die elektrische Antriebsmaschine 111, 112 betrieben wird, können Störgeräusche, insbesondere Störgeräusche, die mit dem Betrieb der elektrischen Antriebsmaschine 111, 112 in Zusammenhang stehen, in effizienter und präziser Weise zumindest teilweise unterdrückt werden.
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Die vorliegende Erfindung ist nicht auf die gezeigten Ausführungsbeispiele beschränkt. Insbesondere ist zu beachten, dass die Beschreibung und die Figuren nur beispielhaft das Prinzip der vorgeschlagenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme veranschaulichen sollen.