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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Kraftfahrzeugs, wobei das Kraftfahrzeug eine zum Beschleunigen und zum rekuperativen Verzögern des Kraftfahrzeugs vorgesehene und ausgebildete Antriebseinrichtung sowie ein Bremssystem mit wenigstens einer zum Verzögern des Kraftfahrzeugs vorgesehenen und ausgebildeten Reibbremse aufweist, und wobei zum Verzögern des Kraftfahrzeugs zumindest zeitweise eine Sollbremskraft an der wenigstens einen Reibbremse eingestellt wird. Die Erfindung betrifft weiterhin ein Kraftfahrzeug.
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Aus dem Stand der Technik ist beispielsweise die Druckschrift
DE 10 2017 205 810 A1 bekannt. Diese beschreibt ein Verfahren zum Reinigen eines Reibbremssystems eines Fahrzeugs, bei dem für jede Reibbremse des Reibbremssystems ein Korrosionskennwert ermittelt wird, und bei dem für den Fall, dass ein Korrosionskennwert mindestens einer Reibbremse einen vorgegebenen Schwellenwert überschreitet, ein Bremskraftverteilungssystem des Fahrzeugs dazu konfiguriert wird, bei zukünftigen Bremsungen, in denen das Bremskraftverteilungssystem verwendet wird, die mindestens eine Reibbremse für die der Korrosionskennwert ermittelt wurde, der den vorgegebenen Schwellenwert übersteigt, gegenüber einer Standardkonfiguration des Bremskraftverteilungssystems vermehrt zum Bremsen zu verwenden.
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Weiterhin offenbart die Druckschrift
DE 10 2016 217 681 A1 ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs mit einer Traktionsbatterie und einer Bremsanlage, wobei die Bremsanlage zumindest eine Reibbremse, deren Reibflächen entweder durch eine fahrerveranlasste Bremsbetätigung oder durch eine fahrerunabhängige Bremsbetätigung in Reibkontakt mit entsprechenden Bremsbelägen gebracht werden können, wobei die fahrerunabhängige Bremsbetätigung bei Vorliegen mindestens eines Reinigungskriteriums mit einem definierten Druck über eine definierte Zeitspanne erfolgt, und eine als Generator betreibbare elektrische Maschine, die in einem Rekuperationsbetrieb die Traktionsbatterie auflädt, umfasst, wobei das Reinigungskriterium bei einem Ladezustand der Traktionsbatterie oberhalb eines Schwellenwerts vorliegt.
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Es ist Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zum Betreiben eines Kraftfahrzeugs vorzuschlagen, welches gegenüber bekannten Verfahren Vorteile aufweist, insbesondere eine Bremsbereitschaft des Kraftfahrzeugs zuverlässig sicherstellt, indem die Reibbremse von Zeit zu Zeit gereinigt wird.
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Dies wird erfindungsgemäß mit einem Verfahren zum Betreiben eines Kraftfahrzeugs mit den Merkmalen des Anspruchs 1 erreicht. Dabei ist vorgesehen, dass aus der Sollbremskraft eine Sollverzögerung ermittelt und aus einer Abweichung einer Istverzögerung des Kraftfahrzeugs von der Sollverzögerung ein einen Zustand der wenigstens einen Reibbremse beschreibender Zustandswert berechnet wird, wobei bei einem Unterschreiten eines Schwellenwerts durch den Zustandswert die an der wenigstens einen Reibbremse eingestellte Sollbremskraft zum Reinigen der wenigstens einen Reibbremse ausgehend von einer Vorgabebremskraft vergrößert wird.
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Das beschriebene Verfahren dient zum Betreiben des Kraftfahrzeugs. Das Kraftfahrzeug weist die Antriebseinrichtung und das Bremssystem auf. Die Antriebseinrichtung dient einerseits zeitweise zum Beschleunigen und andererseits zeitweise zum Verzögern des Kraftfahrzeugs. Unter dem Beschleunigen ist ein Vergrößern einer Fahrgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs und unter Verzögern ein Verringern der Fahrgeschwindigkeit zu verstehen. Allgemeiner ausgedrückt ist die Antriebseinrichtung also zum Antreiben des Kraftfahrzeugs und insoweit zum Bereitstellen eines auf das Antreiben des Kraftfahrzeugs gerichteten Antriebsdrehmoments vorgesehen. Das Antriebsdrehmoment kann hierbei entweder auf das Beschleunigen oder das Verzögern des Kraftfahrzeugs gerichtet sein beziehungsweise ist zeitweise auf das Beschleunigen und zeitweise auf das Verzögern gerichtet.
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Die Antriebseinrichtung verfügt zum Bereitstellen des Antriebsdrehmoments über wenigstens ein Antriebsaggregat, welches als elektrische Maschine beziehungsweise als elektrische Traktionsmaschine vorliegt. Das Antriebsaggregat kann zum rekuperativen Verzögern des Kraftfahrzeugs herangezogen werden, also dem Verzögern des Kraftfahrzeugs unter Umwandlung von kinetischer Energie des Kraftfahrzeugs in elektrische Energie. Vorzugsweise ist das Antriebsaggregat elektrisch an einen Energiespeicher zum Zwischenspeichern von elektrischer Energie angeschlossen, sodass die bei dem rekuperativen Verzögern des Kraftfahrzeugs anfallende elektrische Energie in dem Energiespeicher zwischengespeichert wird beziehungsweise zwischengespeichert werden kann.
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Zusätzlich zu der Antriebseinrichtung liegt das Bremssystem vor, welches dem Verzögern des Kraftfahrzeugs dient und entsprechend ausgestaltet ist. Das Bremssystem weist die wenigstens eine Reibbremse auf, mittels welcher das Kraftfahrzeug verzögert werden kann. Die Reibbremse weist beispielsweise ein erstes Bremsenelement, insbesondere eine Bremsscheibe, und ein zweites Bremsenelement, welches insbesondere über Bremsbacken verfügt, auf. Zum Verzögern des Kraftfahrzeugs werden die beiden Bremsenelemente miteinander in Reibkontakt gebracht, beispielsweise werden die Bremsbacken derart aufeinander zu verlagert, dass sie die Bremsscheibe kraftschlüssig zwischen sich aufnehmen.
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Besonders bevorzugt verfügt das Bremssystem selbstverständlich über mehrere Reibbremsen, wobei bevorzugt mehreren Rädern des Kraftfahrzeugs, insbesondere jedem der Räder des Kraftfahrzeugs, jeweils wenigstens eine solche Reibbremse zugeordnet ist, bevorzugt genau eine solche Reibbremse. Sofern im Rahmen dieser Beschreibung von der Reibbremse oder der wenigstens einen Reibbremse die Rede ist, so sind die Ausführungen grundsätzlich analog. Zudem sind sie bevorzugt auf jede der mehreren Reibbremsen anwendbar, sofern diese vorliegen. Umgekehrt sind selbstverständlich auch die Ausführungen für mehrere Reibbremsen auf die Reibbremse beziehungsweise die wenigstens eine Reibbremse anwendbar.
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Zum Verzögern des Kraftfahrzeugs wird zumindest zeitweise die Sollbremskraft an der wenigstens einen Reibbremse eingestellt. Die Reibbremse wird hierauf zum Erzeugen der Sollbremskraft angesteuert. Beispielsweise wird anhand der an der Reibbremse eingestellten Bremskraft ein Bremsdruck ermittelt, mit welchem schließlich die Bremselemente, insbesondere die Bremsbacken, beaufschlagt werden. In diesem Fall ist die Reibbremse also eine hydraulische Reibbremse. Alternativ kann die Reibbremse jedoch selbstverständlich auch eine elektrische Reibbremse, eine pneumatische Reibbremse oder dergleichen sein.
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Grundsätzlich wird bei dem Verzögern des Kraftfahrzeugs jedoch das rekuperative Verzögern mittels der Antriebseinrichtung vorgezogen, weil die hierbei anfallende elektrische Energie zu einem späteren Zeitpunkt beispielsweise zum Beschleunigen des Kraftfahrzeugs genutzt werden kann. Aus diesem Grund wird das Bremssystem beziehungsweise die wenigstens eine Reibbremse im Vergleich zu Kraftfahrzeugen, welche das rekuperative Verzögern nicht ermöglichen, seltener genutzt. Hieraus resultiert eine verringerte Selbstreinigungswirkung der Reibbremse. Die Selbstreinigungswirkung wird durch die Reibwirkung der Bremsenelemente gegeneinander erzielt, beispielsweise also aufgrund der Reibwirkung der Bremsbacken beziehungsweise entsprechender Bremsbelege auf die Bremsscheibe.
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Aus diesem Grund ist es vorgesehen, von Zeit zu Zeit die Reibbremse bevorzugt zu betätigen, damit sich eine gewisse Reinigungswirkung einstellt. Beispielsweise ist es vorgesehen, das bevorzugte Betätigen der Reibbremse in bestimmten Zeitintervallen vorzunehmen. Hieraus kann jedoch ein erhöhter Verschleiß der Reibbremse resultieren, sodass diese frühzeitig ausgetauscht werden muss. Zusätzlich können auch negative Einflüsse auf einen Komfort und eine Geräuschentwicklung des Kraftfahrzeugs auftreten.
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Aus diesem Grund soll das Reinigen der Reibbremse bedarfsgerecht durchgeführt werden. Hierzu wird die an der Reibbremse eingestellte Sollbremskraft herangezogen und aus dieser eine Sollverzögerung ermittelt. Unter der Sollverzögerung ist diejenige Verzögerung zu verstehen, welcher das Kraftfahrzeug bei vollständig gereinigter Reibbremse unterworfen sein müsste. Das Ermitteln der Sollverzögerung aus der Sollbremskraft erfolgt also unter der Annahme einer vollständig intakten und vollständig gereinigten Reibbremse.
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Zudem wird die Istverzögerung des Kraftfahrzeugs ermittelt, beispielsweise gemessen, und die Abweichung zwischen der Sollverzögerung und der Istverzögerung berechnet. Unter der Istverzögerung ist die mittels der Reibbremse bewirkte Verzögerung des Kraftfahrzeugs zu verstehen, insbesondere nur diese. Wird die Verzögerung des Kraftfahrzeugs allein mittels der Reibbremse bewirkt, so entspricht die Istverzögerung einer tatsächlichen Verzögerung des Kraftfahrzeugs, welche insbesondere gemessen wird. Wird die Verzögerung des Kraftfahrzeugs hingegen sowohl mittels der Reibbremse als auch mittels der Antriebseinrichtung bewirkt, so wird die Istverzögerung bevorzugt entsprechend korrigiert, insbesondere entspricht sie der tatsächlichen Verzögerung abzüglich der mittels der Antriebseinrichtung bewirkten Verzögerung.
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Alternativ kann es auch vorgesehen sein, dass die Istverzögerung stets der tatsächlichen Verzögerung des Kraftfahrzeugs entspricht. In diesem Fall wird bevorzugt als Sollverzögerung eine Verzögerung verwendet, die sowohl die mittels der Reibbremse bewirkte Verzögerung als auch die mittels der Antriebseinrichtung bewirkte Verzögerung - falls vorhanden - berücksichtigt. Die Sollverzögerung ist also die Summe der unter Verwendung der Reibbremse (theoretisch) bewirkten Verzögerung und der unter Verwendung der Antriebseinrichtung (theoretisch) bewirkten Verzögerung.
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Aus der Abweichung wird der Zustandswert berechnet, der den Zustand der wenigstens einen Reibbremse beschreibt. Unter dem Zustand der Reibbremse ist hierbei beispielsweise ein Korrosionszustand zu verstehen. Je weiter die Istverzögerung von der Sollverzögerung abweicht, insbesondere nach unten, umso stärker ist eine angenommene Korrosion der Reibbremse. Je größer die Abweichung der Istverzögerung von der Sollverzögerung ist, umso kleiner ist der aus ihr berechnete Zustandswert. Bevorzugt wird der Zustandswert in einem Wertebereich on 0 bis 1 beziehungsweise von 0 % bis 100 % berechnet, wobei kleinere Werte für einen schlechteren Zustand der Reibbremse, also insbesondere eine stärkere Korrosion der Reibbremse, stehen.
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Unterschreitet der Zustandswert den Schwellenwert, ist der Zustandswert also kleiner als der Schwellenwert, so soll das Reinigen der Reibbremse vorgenommen werden. Hierzu wird die an der Reibbremse eingestellte Sollbremskraft vergrößert, nämlich ausgehend von der Vorgabebremskraft. Unter der Vorgabebremskraft ist diejenige Bremskraft zu verstehen, welche von dem Kraftfahrzeug für die Reibbremse vorgegeben wird. Die Sollbremskraft ist die an der Reibbremse eingestellte Bremskraft. Die Sollbremskraft weicht vorzugsweise lediglich zum Reinigen der Reibbremse von der Vorgabebremskraft ab. Abseits des Reinigens entspricht die Sollbremskraft stets der Vorgabebremskraft.
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Es kann vorgesehen sein, die Sollbremskraft lediglich dann zum Reinigen der Reibbremse zu vergrößern, falls das Kraftfahrzeug verzögert werden soll, also zum Verzögern des Kraftfahrzeugs. Es kann jedoch auch vorgesehen sein, dass die Sollbremskraft ausgehend von einer Vorgabebremskraft von Null vergrößert wird. In diesem Fall wird bevorzugt die Antriebseinrichtung derart eingestellt, dass die Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs trotz der vergrößerten und von Null verschiedenen Sollbremskraft konstant bleibt.
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Auf die beschriebene Art und Weise kann ein bedarfsgerechtes Reinigen der Reibbremse vorgenommen werden. Insbesondere erfolgt das Reinigen der Reibbremse lediglich dann, wenn anhand des Vergleichs der Istverzögerung mit der Sollverzögerung festgestellt wird, dass die Reibbremse nicht die gewünschte Bremsleistung erzielt, sondern hinter dieser zurückbleibt. Hierdurch werden ein vorzeitiger Austausch der Reibbremse sowie die vorstehend beschriebene Verringerung des Komforts und die Geräuschentwicklung zuverlässig vermieden.
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Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass die Sollverzögerung als Ausgangsgröße einer in Form einer Tabelle, eines Kennfelds und/oder einer mathematischen Funktion vorliegenden Beziehung ermittelt wird, die als Eingangsgröße die Sollbremskraft aufweist. Die Beziehung weist insgesamt also die Sollbremskraft als Eingangsgröße und die Sollverzögerung als Ausgangsgröße auf. Zum Ermitteln der Sollverzögerung wird also der Beziehung die Sollbremskraft zugeführt, woraufhin die Sollverzögerung als Ausgangsgröße vorliegt. Die Beziehung liegt in Form der Tabelle, des Kennfelds beziehungsweise der mathematischen Beziehung vor. Dies ermöglicht eine schnelle und einfache Berechnung der Sollverzögerung, wozu bereits eine geringe Rechenleistung hinreichend ist.
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Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass zum Ermitteln der Sollverzögerung mittels der Beziehung als weitere Eingangsgröße eine der nachfolgenden Größen verwendet wird: Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs, Masse des Kraftfahrzeugs, Umgebungstemperatur, Bremsentemperatur, Alter der Reibbremse und Fahrwiderstand. Die Sollbremskraft ist also nicht die einzige Eingangsgröße der Beziehung. Vielmehr kann zumindest eine der genannten Größen als weitere Eingangsgröße herangezogen werden. Besonders bevorzugt dienen mehrere der genannten Größen als weitere Eingangsgrößen, insbesondere alle der genannten Größen.
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Unter der Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs ist die momentane Fahrgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs zu verstehen. Die Masse des Kraftfahrzeugs beschreibt die momentane Masse, welche beispielsweise fest vorgegeben ist oder abgeschätzt wird. Die Umgebungstemperatur ist die in der Umgebung des Kraftfahrzeugs vorliegende Temperatur, wohingegen die Bremsentemperatur die momentane Temperatur der Reibbremse, insbesondere der Bremsscheibe, ist. Auch das Alter der Reibbremse kann in die Berechnung der Sollverzögerung einfließen, wobei das Alter beispielsweise in Form von Betriebsstunden der Reibbremse vorliegt. Mit zunehmendem Alter der Reibbremse kann die aus der Sollbremskraft resultierende Verzögerung verringert sein, sodass es sinnvoll ist, auch das Alter bei dem Bestimmen der Sollverzögerung zu verwenden.
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Unter dem Fahrwiderstand ist schließlich die Summe aller Widerstände zu verstehen, die das Kraftfahrzeug während seines Fahrbetriebs überwinden muss. Der Fahrwiderstand umfasst wenigstens einen der folgenden Widerstände: Luftwiderstand, Rollwiderstand, Steigungswiderstand und Beschleunigungswiderstand. Wenigstens einer der genannten Widerstände kann also zum Ermitteln der Sollverzögerung herangezogen werden, bevorzugt erfolgt dies jedoch für mehrere der genannten Widerstände oder sogar alle der genannten Widerstände. Auf die beschriebene Art und Weise ist eine äußerst genaue Ermittlung der Sollverzögerung möglich, welche mithilfe der Reibbremse erzielbar ist.
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Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass nach Ablauf einer bestimmten Zeitspannte seit dem Vergrößern der Sollbremskraft und/oder bei Erreichen oder Überschreiten des Grenzwerts durch den Zustandswert die Sollbremskraft auf die Vorgabebremskraft zurückgesetzt wird. Das Reinigen der Reibbremse soll selbstverständlich nur solange wie nötig durchgeführt werden, um eine übermäßige Beanspruchung der Reibbremse und damit einen vorzeitigen Verschleiß zu verhindern. Entsprechend wird die Sollbremskraft nach gewisser Zeit auf die Vorgabebremskraft zurückgesetzt. Hierbei sei darauf hingewiesen, dass sich die Vorgabebremskraft selbstverständlich über der Zeit verändern kann, sodass also die Vorgabebremskraft, auf welche die Sollbremskraft zurückgesetzt ist, einen anderen Wert aufweist als die Vorgabebremskraft zu Beginn des Reinigens der Reibbremse.
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Das Zurücksetzen der Sollbremskraft auf die Vorgabebremskraft wird beispielsweise nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne vorgenommen, welche seit dem Vergrößern der Sollbremskraft verstrichen ist. Die Zeitspanne ist derart gewählt, dass von einer vollständigen Reinigung der Reibbremse ausgegangen werden kann. Beispielsweise ist die Zeitspanne konstant gewählt. Bevorzugt wird sie jedoch in Abhängigkeit von dem Zustandswert berechnet.
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Besonders bevorzugt ist die Zeitspanne umso länger, je kleiner der Zustandswert zu Beginn des Reinigens ist.
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Zusätzlich oder alternativ erfolgt das Zurücksetzen der Sollbremskraft, falls der Zustandswert den Grenzwert erreicht oder überschreitet, also gleich oder größer ist als dieser. Das Ermitteln des Zustandswerts wird insoweit während des Reinigens weiterhin vorgenommen, beispielsweise in bestimmten Intervallen oder kontinuierlich. Hierdurch kann ein äußerst bedarfsgerechtes Reinigen der Reibbremse erfolgen. Besonders bevorzugt ist es vorgesehen, die Sollbremskraft zurückzusetzen, sofern eine der beiden genannten Bedingungen erfüllt ist. Es ist also nicht notwendig, dass beide Bedingungen erfüllt sind, wenngleich auch dies vorausgesetzt werden kann.
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Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass eine Differenz zwischen der Sollbremskraft und der Vorgabebremskraft in Abhängigkeit von dem Zustandswert eingestellt wird. Insbesondere wird die Differenz hierbei umso größer gewählt, je kleiner der Zustandswert ist. In anderen Worten wird das Reinigen der Reibbremse umso intensiver ausgeführt, je kleiner der Zustandswert, also je schlechter der Zustand der Reibbremse ist. Hierdurch wird ein bedarfsgerechtes Reinigen der Reibbremse erzielt, wobei gleichzeitig ein übermäßiger Verschleiß der Reibbremse vermieden wird.
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Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass die an dem Bremssystem eingestellte Sollbremskraft eine erste Sollbremskraft ist, die zusammen mit einer an der Antriebseinrichtung eingestellten zweiten Sollbremskraft aus einer Gesamtsollbremskraft ermittelt wird. Vorstehend wurde bereits darauf hingewiesen, dass das Kraftfahrzeug nicht nur mittels des Bremssystems, sondern auch mithilfe der Antriebseinrichtung verzögert werden kann. Entsprechend wird zunächst die Gesamtsollbremskraft ermittelt und vorgegeben. Aus dieser werden anschließend die erste Sollbremskraft und die zweite Sollbremskraft berechnet, wobei die erste Sollbremskraft an dem Bremssystem und die zweite Sollbremskraft an der Antriebseinrichtung eingestellt wird.
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Das Aufteilen der Gesamtsollbremskraft auf die erste Sollbremskraft und die zweite Sollbremskraft erfolgt beispielsweise gemäß einem vorgegebenen Verhältnis. Dieses Verhältnis kann konstant sein, jedoch auch von wenigstens einer der genannten Größen abhängen: Ladestand des Energiespeichers, Gesamtsollbremskraft, Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs und Masse des Kraftfahrzeugs.
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Es kann vorgesehen sein, dass das Verzögern des Kraftfahrzeugs in einer ersten Betriebsart allein mittels der Antriebseinrichtung erfolgt. In einer zweiten Betriebsart erfolgt das Verzögern des Kraftfahrzeugs mithilfe der Antriebseinrichtung und des Bremssystems gemeinsam. In einer dritten Betriebsart erfolgt das Verzögern beispielsweise allein mithilfe des Bremssystems, also ohne die Antriebseinrichtung.
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In der ersten Betriebsart ist also die erste Sollbremskraft gleich Null, wohingegen die zweite Sollbremskraft der Gesamtsollbremskraft entspricht. In der zweiten Betriebsart ergibt die Summe aus der ersten Sollbremskraft und der zweiten Sollbremskraft die Gesamtsollbremskraft und in der dritten Betriebsart ist die erste Sollbremskraft gleich der Gesamtsollbremskraft und die zweite Sollbremskraft gleich Null.
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Zum Reinigen der Reibbremse wird entweder die zweite Betriebsart oder die dritte Betriebsart herangezogen. Es sei darauf hingewiesen, dass falls mehrere Reibbremsen vorliegen und Bestandteil des Bremssystems sind, mehrere erste Sollbremskräfte vorliegen, nämlich für jede der mehreren Reibbremsen eine erste Sollbremskraft. Sofern im Rahmen dieser Beschreibung von der ersten Sollbremskraft die Rede ist, so ist stets zu beachten, dass mehrere erste Sollbremskräfte vorliegen können und sich insoweit die Gesamtsollbremskraft aus den mehreren Sollbremskräften und der zweiten Sollbremskraft zusammensetzt. Auf die beschriebene Art und Weise lässt sich stets ein effizientes und sicheres Verzögern des Kraftfahrzeugs erzielen.
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Wie vorstehend bereits angedeutet, ist die Istverzögerung bevorzugt lediglich die mittels der Reibbremse bewirkte Verzögerung. Die Istverzögerung wird aus der tatsächlichen Verzögerung des Kraftfahrzeugs derart ermittelt, dass sie unabhängig von der mittels der Antriebseinrichtung bewirkten Verzögerung des Kraftfahrzeugs ist. Eine solche Vorgehensweise wird insbesondere in der zweiten Betriebsart verwendet. In der dritten Betriebsart entspricht die Istverzögerung der tatsächlichen Verzögerung, da das Kraftfahrzeug allein mittels der Reibbremse gebremst wird.
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Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass bei dem Vergrößern der ersten Sollbremskraft zum Reinigen der wenigstens einen Reibbremse die zweite Sollbremskraft verkleinert wird. Es ist insoweit also vorgesehen, dass die Gesamtsollbremskraft unmittelbar vor dem Reinigen und unmittelbar zu Beginn des Reinigens gleich ist. Während die erste Sollbremskraft ausgehend von einer ersten Vorgabebremskraft um einen ersten Betrag vergrößert wird, wird die zweite Sollbremskraft ausgehend von einer zweiten Vorgabebremskraft um einen zweiten Betrag verkleinert, wobei der erste Betrag und der zweite Betrag identisch sind. Durch das Reinigen der Reibbremse ergibt sich also keinerlei Beeinflussung eines Fahrbetriebs des Kraftfahrzeugs.
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Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass die erste Sollbremskraft auf eine erste Vorgabebremskraft und die zweite Sollbremskraft auf eine zweite Vorgabebremskraft eingestellt werden, die in Summe der Gesamtsollbremskraft entsprechen, die Istverzögerung ermittelt und als Sollverzögerung abgespeichert wird, anschließend die erste Sollbremskraft ausgehend von der ersten Vorgabebremskraft vergrößert und die zweite Sollbremskraft ausgehend von der zweiten Vorgabebremskraft verkleinert wird, und der Zustandswert aus der Abweichung zwischen der Istverzögerung und der abgespeicherten Sollverzögerung ermittelt wird.
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Die beiden Sollbremskräfte werden insoweit auf die entsprechenden Vorgabebremskräfte eingestellt. Die erste Vorgabebremskraft und die zweite Vorgabebremskraft entsprechen in Summe der Gesamtsollbremskraft, sodass auch die erste Sollbremskraft und die zweite Sollbremskraft in Summe gleich der Gesamtsollbremskraft sind. Gleichzeitig oder anschließend wird die Istverzögerung ermittelt, beispielsweise gemessen, welche bei der Gesamtsollbremskraft vorliegt. Diese Istverzögerung wird als Sollverzögerung abgespeichert. Die Istverzögerung kann ist diesem Fall der tatsächliche Verzögerung des Kraftfahrzeugs entsprechen. Bevorzugt ist jedoch auch hier die Istverzögerung die allein mittels der Reibbremse bewirkte Verzögerung.
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Nachfolgend wird als Sollverzögerung also die Istverzögerung verwendet. Es ist also nicht vorgesehen, die Sollverzögerung mittels der Beziehung zu bestimmen, sondern sie vielmehr aus der momentan vorliegenden Verzögerung des Kraftfahrzeugs zu ermitteln. Nach dem Abspeichern der Sollverzögerung wird die erste Sollbremskraft vergrößert und die zweite Sollbremskraft verkleinert. Dies geschieht derart, dass die Gesamtsollbremskraft vor dem Vergrößern der ersten Sollbremskraft beziehungsweise vor dem Verkleinern der zweiten Sollbremskraft gleich der nach dem Vergrößern und Verkleinern vorliegenden Gesamtsollbremskraft ist. In anderen Worten soll die Gesamtsollbremskraft konstant gehalten werden.
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Anschließend wird erneut die Istverzögerung ermittelt und die Abweichung zwischen der Istverzögerung und der abgespeicherten Sollverzögerung berechnet. Aus dieser Abweichung wird nachfolgend erneut der Zustandswert berechnet und auf die vorstehend beschriebene Art und Weise weiter vorgegangen. Eine derartige Vorgehensweise kann auf die Beziehung zum Bestimmen der Sollverzögerung verzichten und den Zustandswert allein aus der Istverzögerung des Kraftfahrzeugs berechnen. Hierdurch ergibt sich eine höhere Genauigkeit.
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Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass die wenigstens eine Reibbremse Bestandteil mehrerer Reibbremsen ist und das Ermitteln der Sollverzögerung und das Berechnen des Zustandswerts für die mehreren Reibbremsen individuell oder in Gruppen vorgenommen wird. Es liegt also nicht lediglich genau eine Reibbremse vor, sondern das Bremssystem verfügt über mehrere Reibbremsen, deren Bestandteil die wenigstens eine Reibbremse ist. Vorzugsweise ist jedem Rad des Kraftfahrzeugs wenigstens eine dieser mehreren Reibbremsen zugeordnet.
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Es kann vorgesehen sein, dass für jede der Reibbremsen jeweils die Sollverzögerung, die Abweichung und der Zustandswert ermittelt werden. Es kann jedoch auch vorgesehen sein, die Reibbremsen zu Gruppen zusammenzufassen und das Ermitteln der Sollverzögerung, der Abweichung und des Zustandswerts für jede der Gruppen durchzuführen. Beispielsweise umfasst eine erste der Gruppen die Reibbremsen einer ersten Radachse des Kraftfahrzeugs und eine zweite der Gruppen die Reibbremsen einer zweiten Radachse des Kraftfahrzeugs. Es ist also ein achsindividuelles Bestimmen des Zustandswerts vorgesehen. Durch das individuelle oder achsindividuelle Bestimmen des Zustandswerts wird eine besonders hohe Genauigkeit des Zustandswerts erzielt und damit eine hohe Betriebssicherheit des Kraftfahrzeugs umgesetzt.
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Die Erfindung betrifft weiterhin ein Kraftfahrzeug, insbesondere zur Durchführung des Verfahrens gemäß den Ausführungen im Rahmen dieser Beschreibung, wobei das Kraftfahrzeug eine zum Beschleunigen und zum rekuperativen Verzögern des Kraftfahrzeugs vorgesehene und ausgebildete Antriebseinrichtung sowie ein Bremssystem mit wenigstens einer zum Verzögern des Kraftfahrzeugs vorgesehenen und ausgebildeten Reibbremse aufweist, und wobei das Kraftfahrzeug dazu vorgesehen und ausgebildet ist, zum Verzögern des Kraftfahrzeugs zumindest zeitweise eine Sollbremskraft an der wenigstens einen Reibbremse einzustellen.
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Dabei ist das Kraftfahrzeug weiter dazu vorgesehen und ausgebildet, aus der Sollbremskraft eine Sollverzögerung zu ermitteln und aus einer Abweichung einer Istverzögerung des Kraftfahrzeugs von der Sollverzögerung einen einen Zustand der wenigstens einen Reibbremse beschreibenden Zustandswert zu berechnen, wobei bei einem Unterschreiten eines Schwellenwerts durch den Zustandswert die an der wenigstens einen Reibbremse eingestellte Sollbremskraft zum Reinigen der wenigstens einen Reibbremse ausgehend von einer Vorgabebremskraft vergrößert wird.
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Auf die Vorteile einer derartigen Ausgestaltung des Kraftfahrzeugs beziehungsweise einer derartigen Vorgehensweise wurde bereits hingewiesen.
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Sowohl das Kraftfahrzeug als auch das Verfahren zu seinem Betreiben können gemäß den Ausführungen im Rahmen dieser Beschreibung weitergebildet sein, sodass insoweit auf diese verwiesen wird.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand der in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiele näher erläutert, ohne dass eine Beschränkung der Erfindung erfolgt. Dabei zeigt die einzige
- Figur eine schematische Darstellung des Kraftfahrzeugs mit einer Antriebseinrichtung und einem Bremssystem.
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Die Figur zeigt eine schematische Darstellung eines Kraftfahrzeugs 1, welches eine Antriebseinrichtung 2 zum zumindest zeitweisen Antreiben von Rädern 3 des Kraftfahrzeugs 1 aufweist. Zwei der Räder 3 sind hierbei einer ersten Radachse 4 und zwei Räder 3 einer zweiten Radachse 5 zugeordnet. Die erste Radachse 4 liegt beispielsweise als Vorderradachse und die zweite Radachse 5 als Hinterradachse vor. Die Antriebseinrichtung 2 ist über jeweils ein Achsdifferential 6 beziehungsweise 7 antriebstechnisch an die Räder 3 der jeweiligen Radachse 4 beziehungsweise 5 angebunden. Zwischen der Antriebseinrichtung 2 und dem Achsdifferential 7 der zweiten Radachse 5 kann zudem eine Schaltkupplung 8 vorliegen.
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Die Antriebseinrichtung 2 verfügt über wenigstens ein Antriebsaggregat, mittels welchem das Kraftfahrzeug 1 beschleunigt sowie rekuperativ verzögert werden kann. Um stets ein zuverlässiges Verzögern des Kraftfahrzeugs 1 sicherzustellen, weist dieses zudem ein Bremssystem 9 auf, das über wenigstens eine Reibbremse 10, in dem hier dargestellten Ausführungsbeispiel mehrere Reibbremsen 10, verfügt. Vorzugsweise ist jedem der Räder 3 eine der Reibbremsen 10 antriebstechnisch zugeordnet, sodass das jeweilige Rad 3 mit der entsprechenden Reibbremse 10 bremsbar beziehungsweise verzögerbar ist.
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Zum Verzögern des Kraftfahrzeugs 1 wird an der wenigstens einen Reibbremse 10 zumindest zeitweise eine Sollbremskraft eingestellt. Es ist nun vorgesehen, dass aus der Sollbremskraft eine Sollverzögerung ermittelt wird. Weicht eine Istverzögerung des Kraftfahrzeugs 1 von der Sollverzögerung ab, so wird aus der Abweichung ein Zustandswert berechnet, welcher den momentanen Zustand der wenigstens einen Reibbremse 10 beschreibt. Unterschreitet der Zustandswert einen Schwellenwert, so wird ein Reinigen der entsprechenden Reibbremse 10 eingeleitet. Hierzu wird die an der Reibbremse 10 eingestellte Sollbremskraft ausgehend von einer Vorgabebremskraft vergrößert, um Korrosion von der Reibbremse 10 abzutragen. Weil das Reinigen der Reibbremse 10 nur dann erfolgt, wenn es tatsächlich notwendig ist, wird eine besonders hohe Lebensdauer der Reibbremsen 10 erzielt.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Kraftfahrzeug
- 2
- Antriebseinrichtung
- 3
- Rad
- 4
- 1. Radachse
- 5
- 2. Radachse
- 6
- Achsdifferential
- 7
- Achsdifferential
- 8
- Schaltkupplung
- 9
- Bremssystem
- 10
- Reibbremse
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102017205810 A1 [0002]
- DE 102016217681 A1 [0003]