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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Bremssystems eines Kraftfahrzeugs, das eine zum rekuperativen Verzögern des Kraftfahrzeugs ausgelegte Antriebseinrichtung sowie eine wenigstens einem Rad des Kraftfahrzeugs zugeordnete Betriebsbremseinrichtung aufweist. Die Erfindung betrifft weiterhin ein System zur Durchführung und Steuerung des Verfahrens.
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Das Kraftfahrzeug kann mit Hilfe der Antriebseinrichtung rekuperativ verzögert werden. Darunter ist zu verstehen, dass zum Verzögern des Kraftfahrzeugs, also zum Verringern der Fahrgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs, mit Hilfe des Antriebsaggregats beziehungsweise eines der Antriebsaggregate ein auf das Verzögern des Kraftfahrzeugs gerichtetes Drehmoment erzeugt wird. Vorzugsweise ist hierzu das Antriebsaggregat beziehungsweise eines der Antriebsaggregate als elektrische Maschine ausgestaltet, welche zum rekuperativen Verzögern herangezogen und hierzu als Generator betrieben wird. Entsprechend kann mit Hilfe der elektrischen Maschine kinetische Energie des Kraftfahrzeugs zu seinem Verzögern in elektrische Energie umgewandelt und nachfolgend vorzugsweise zwischengespeichert werden.
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Alternativ oder zusätzlich kann das Kraftfahrzeug mit Hilfe der Betriebsbremseinrichtung verzögert werden, welche dem wenigstens einen Rad des Kraftfahrzeugs zugeordnet ist. Das bedeutet, dass mit Hilfe der Betriebsbremseinrichtung das Rad und entsprechend das Kraftfahrzeug abgebremst werden können. Vorzugsweise ist die Betriebsbremseinrichtung mehreren Rädern des Kraftfahrzeugs zugeordnet, insbesondere allen Rädern, kann also bremsend auf diese einwirken. Die Betriebsbremseinrichtung weist eine dem Rad zugeordnete Radbremse auf, im Falle der mehreren Räder also mehrere Radbremsen, wobei jedem der bremsbaren Räder eine derartige Radbremse zugeordnet ist. Mit Hilfe der Radbremse beziehungsweise der Betriebsbremseinrichtung kann kinetische Energie des Kraftfahrzeugs zu dessen Verzögern durch Reibung in Wärme umgewandelt werden. In der Regel sind die Radbremsen als Reibbremse ausgeführt.
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Weil das rekuperative Verzögern des Kraftfahrzeugs mit Hilfe der Antriebseinrichtung gegenüber dem Bremsen mit Hilfe der Betriebsbremseinrichtung Vorteile aufweist, wird bevorzugt zum Verzögern des Kraftfahrzeugs die Antriebseinrichtung herangezogen. Das bedeutet, dass die Betriebsbremseinrichtung beziehungsweise die Radbremse der Betriebsbremseinrichtung seltener zum Einsatz kommt als bei herkömmlichen Kraftfahrzeugen, welche nicht rekuperativ verzögerbar sind. Weil jedoch die Betriebsbremseinrichtung üblicherweise Bestandteile aufweist, beispielsweise eine Bremsscheibe und/oder einen Bremssattel, welche unter bestimmten Umgebungsbedingungen korrodieren können, kann es durch diesen seltenen Einsatz der Betriebsbremseinrichtung zu unerwünschten Erscheinungen, wie beispielsweise einer Geräuschbildung, einer Bremskraftverringerung, einer optischen Beeinträchtigung und/oder einem erhöhten Austauschbedarf von Verschleißteilen der Betriebsbremseinrichtung kommen.
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Daher sind Funktionen zur Konditionierung der Reibbremse, auch Bremsenputzfunktionen genannt, üblich, die eine aktive Reinigung der Reibbremse durch Anlegen der Bremsbeläge an die Bremsscheibe bzw. Bremstrommel bewirken. Die Bremsenputzfunktion bewirkt einen aktiven Druckaufbau in der Reibbremse bzw. unterdrückt die Rekuperation zugunsten des Einsatzes der Reibbremse. Die Bremsenputzfunktionen sind meistens recht einfach gehalten und verbieten die Rekuperation, bis ein bestimmtes vorgegebenes Kriterium erfüllt ist, wie z.B. ein bestimmter Energieeintrag in die Reibbremse. Es werden hierbei in der Regel Kriterien vorgegeben, die vorab offline, d.h. während der Fahrzeugentwicklung ermittelt wurden.
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DE 10 2013 224 143 A1 offenbart ein Verfahren zum Betreiben eines Bremssystems eines Fahrzeugs, bei dem mindestens einmal ein Bremsdruck über einem vorgegebenen Schwellwert in mindestens einer hydraulischen Radbremse des Bremssystems aufgebaut wird, obwohl fahrer- oder assistenzseitig aktiv oder passiv kein Bremsvorgang verlangt wird, oder obwohl ein fahrer- oder assistenzseitig aktiv vorgegebenes Soll-Bremsmoment unter einem bewirkten Reibbremsmoment liegt und/oder obwohl ein fahrer- oder assistenzseitig aktiv vorgegebenes Soll-Bremsmoment mittels mindestens eines Generators vollständig ausführbar wäre. Das mindestens einmalige Aufbauen des Bremsdrucks über dem vorgegebenen Schwellwert in der jeweiligen hydraulischen Radbremse wird zyklisch und/oder ab Ermitteln mindestens eines vorgegebenen Indikators für ein Nichteinhalten einer vorgegebenen Mindestauslastung der jeweiligen hydraulischen Radbremse und/oder für ein Abweichen eines Zustands mindestens eines Elements der jeweiligen hydraulischen Radbremse von einem Normalzustand ausgeführt. Unter Anderem ist auch ein Abweichen des Verhältnisses von Ist-Reibbremsmoment und Ist-Bremsdruck einer Radbremse von einem vorgegebenen Normalwert als nutzbarer Indikator genannt.
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Das offline ermittelte Abbruchkriterium ist meist recht ungenau, da es nicht alle Zustände und Situationen im Fahrzeug abdecken kann und die zugrunde liegenden Effekte stochastischen Streuungen unterliegen. Daher wird oft die Reibbremse entweder nicht lange genug konditioniert, um die Beeinträchtigungen vollständig zu beseitigen, oder es wird zu lange konditioniert, was den Verschleiß der Reibbremse beschleunigt und die Effizienz des Fahrzeugs verringert (da die Rekuperation länger als nötig unterdrückt wird).
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Es ist daher eine Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zum Betreiben eines Bremssystems eines Kraftfahrzeugs vorzuschlagen, welches gegenüber bekannten Verfahren Vorteile aufweist, insbesondere dauerhaft einen zuverlässigen und unauffälligen Betrieb der Betriebsbremseinrichtung ermöglicht und andererseits übermäßigen Verschleiß in der Betriebsbremseinrichtung verhindert.
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Dies wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren zum Betreiben eines Bremssystems eines Kraftfahrzeugs mit den Merkmalen des Anspruchs 1 erreicht. Ausführungsformen ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen und der Beschreibung.
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Dabei ist vorgesehen, dass eine Bremsenputzfunktion mit einem online, d.h. während der Fahrt berechneten Abbruchkriterium eingesetzt wird. Das erfindungsgemäße Verfahren bietet den Vorteil, dass die Reibbremse weder zu lange geputzt wird, was zu einer Verringerung der Lebensdauer der Bremsbeläge führen würde, noch zu kurz, was die maximal erreichbare Bremswirkung verringern würde.
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Außerdem wird ein System zum Betrieb eines Bremssystems eines Kraftfahrzeugs mit den Merkmalen des Anspruchs 11 vorgestellt. Ausführungsformen ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen und der Beschreibung.
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Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird sichergestellt, dass die Effizienz der Reibbremse erhalten bleibt und z.B. in einer Notbremssituation weiterhin eine maximale Bremswirkung der jeweiligen Radbremse abgerufen werden kann und die Rekuperation nicht unnötig lange unterdrückt wird. Das erfindungsgemäße System ermöglicht in vorteilhafter Weise die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Abweichungen des Ist-Reibwertes einer Reibbremse vom Normreibwert lassen sich in drei Kategorien einteilen:
- 1. Veränderungen des Reibwerts vor der Fahrt, z.B. durch Korrosion. Diese sind schwer kalkulierbar bzw. modellierbar, da sie von vielen stochastischen Einflüssen wie Standzeit oder Feuchtigkeit abhängen; Änderungen des Ist-Reibwerts dieser Kategorie sollen durch die Bremsenkonditionierung rückgängig gemacht werden, indem diese z.B. die Korrosion entfernt;
- 2. Veränderungen des Reibwerts während der Fahrt durch Temperaturänderungen beim Bremsen. Diese sind relativ genau bekannt, daher kann dafür ein Modell zur Reibwertänderung erstellt werden. Für die Erfassung dieser Einflüsse können Sensoren vorgesehen sein, z.B. Temperatursensoren. Alternativ können diese Einflüsse auch modelliert werden, z.B. über eine Energiebilanz bzw. den Energieeintrag in die Betriebsbremseinrichtung;
- 3. Veränderungen des Reibwerts während der Fahrt, z.B. durch Nässe, die schwer modellierbar sind. Diese spielen in vielen Fällen jedoch nur eine geringe Rolle.
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Der Erfindung liegt die Idee zugrunde, durch die Bremsenputzfunktion die Reibwertänderungen der Kategorie 1 zu entfernen.
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Gegenstand der Erfindung ist daher ein Verfahren zum Betrieb eines Bremssystems eines Kraftfahrzeugs, das eine zum rekuperativen Verzögern des Kraftfahrzeugs ausgelegte Antriebseinrichtung aufweist sowie eine wenigstens einem Rad des Kraftfahrzeugs zugeordnete Betriebsbremseinrichtung umfassend mindestens eine Reibbremse, die als Scheibenbremse oder Trommelbremse ausgeführt ist. Das erfindungsgemäße Verfahren umfasst folgende Schritte:
- a) Einleiten eines Konditionierungsvorgangs mindestens einer Reibbremse durch Anlegen der Bremsbeläge an die Bremsscheibe bzw. Bremstrommel der Reibbremse;
- b) Bestimmung des Ist-Reibwerts der Reibbremse;
- c) Beenden des Konditionierungsvorgangs bei Erreichen eines vorgegebenen Abbruchkriteriums.
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In einer Ausführungsform besteht das Abbruchkriterium darin, dass der Ist-Reibwert der Reibbremse einen im Rahmen des Konditionierungsvorgangs berechneten Grenzwert erreicht oder überschreitet. In einer Ausführungsform wird dieser Grenzwert berechnet aus dem Nennreibwert der Reibbremse unter Berücksichtigung von modellierten Reibwertänderungen z.B. durch Temperaturänderungen (d.h. Veränderungen der Kategorie 2) beim Konditionierungsvorgang und eines vorgegebenen Toleranzbereichs. Die in die Modellierung eingehenden Temperaturänderungen werden in einer Ausführungsform mit Hilfe eines Temperatursensors gemessen; in einer anderen Ausführungsform werden sie über eine Energiebilanz modelliert. Die modellierbaren Änderungen können ggf. vernachlässigt werden, wenn der Einfluss als gering eingeschätzt wird. So steigt z.B. bei wenig dynamischen Bremsungen die Bremsentemperatur nur gering an. Wenn der Ist-Reibwert den berechneten Grenzwert erreicht, wird die Konditionierung beendet.
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In einer anderen Ausführungsform besteht das Abbruchkriterium darin, dass der Gradient des Verhältnisses des Ist-Reibwerts der Reibbremse zu dem Soll-Reibwert einen vorgegebenen Grenzwert erreicht oder unterschreitet. In einer weiteren Ausführungsform wird anstelle des Reibwerts das Bremsmoment betrachtet. In dem Soll-Reibwert bzw. dem Soll-Bremsmoment sind dabei die durch die Temperaturänderung verursachten Änderungen berücksichtigt. Konvergiert das Verhältnis Ist-Reibwert/Soll-Reibwert bzw. Ist-Bremsmoment/Soll-Bremsmoment gegen 1, so geht auch der Gradient gegen Null. Es ist für eine effektive Konditionierung vielfach nicht nötig, dass der Gradient den Wert Null erreicht, sondern es kann ein von Null verschiedener Grenzwert festgesetzt werden. Hierdurch kann die für die Konditionierung erforderliche Zeitdauer verkürzt werden.
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Der Gradient ist auch ein Indikator für die Effektivität des Konditionierungsvorgangs. Liegt eine Veränderung des Reibwerts der Kategorie 3 vor, so kann diese unter Umständen nicht durch den Konditionierungsvorgang beseitigt werden. Dies hat zur Folge, dass sich das Verhältnis Ist-Reibwert/Soll-Reibwert bzw. Ist-Bremsmoment/Soll-Bremsmoment während des Konditionierungsvorgangs nur wenig ändert, der Gradient also sehr kleine Werte annimmt. In diesem Fall kann der Konditionierungsvorgang abgebrochen werden, obwohl nicht der gewünschte Ist-Reibwert der Reibbremse erreicht ist.
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Es ist auch möglich, den Konditionierungsvorgang nicht zusammenhängend auszuführen, sondern in mehreren Etappen. Beispielsweise kann es sinnvoll sein, den Konditionierungsvorgang nur dann einzuleiten, wenn Bedingungen vorliegen, welche eine gute Schätzung des Ist-Reibwerts und/oder eine hohe Effektivität der Konditionierung erlauben, und ihn zu unterbrechen, wenn diese Bedingungen nicht mehr gegeben sind. Oder es kann aus Gründen der Energieeffizienz zu bestimmten Zeitpunkten sinnvoll sein, eine Konditionierung der Reibbremse durchzuführen oder zu bestimmten Zeitpunkten gerade nicht durchzuführen.
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Zur Bestimmung des Ist-Reibwerts der Reibbremse existieren mehrere Alternativen. In einer Ausführungsform des Verfahrens wird der Ist-Reibwert der Reibbremse bestimmt durch
- a) Einstellen eines Bremsmoments an einem Rad oder einer Achse oder beiden Achsen des Kraftfahrzeugs über ein Aktorsystem, welches eine höhere Stellgenauigkeit aufweist als die mindestens eine Reibbremse umfassende Betriebsbremseinrichtung;
- b) Messung der durch das Bremsmoment bewirkten Verzögerung des Rades oder der Achse oder des Fahrzeugs;
- c) Bestimmung des Übertragungsverhaltens zwischen Bremsmoment und Verzögerung des Rades oder der Achse oder des Fahrzeugs;
- d) Aufbringen eines Soll-Bremsmoments an dem Rad oder der Achse oder beiden Achsen des Kraftfahrzeugs über die Reibbremse;
- e) Messung der durch das Bremsmoment bewirkten Verzögerung des Rades oder der Achse oder des Fahrzeugs;
- f) Abschätzen des Ist-Bremsmoments über das Inverse des in Schritt c) bestimmten Übertragungsverhaltens zwischen Bremsmoment und Verzögerung des Rades oder der Achse oder des Fahrzeugs;
- g) Berechnung des Ist-Reibwertes der Reibbremse.
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Der Ist-Reibwert kann dabei aus dem Soll-Bremsmoment und dem Ist-Bremsmoment und dem Nennreibwert der Reibbremse berechnet werden gemäß
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Alternativ kann der Ist-Reibwert auch aus dem Ist-Bremsmoment und dem Bremsdruck der Betriebsbremseinrichtung berechnet werden gemäß
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Aktorsysteme wie EM-Einzelradmotoren und EM-Achsmotoren können mit einer höheren Stellgenauigkeit als das Betriebsbremssystem ein Bremsmoment auf ein Rad bzw. eine Achse aufbringen, oder z.B. über einen Generator mit anschließender Allradkupplung auf beide Achsen. EM steht dabei für Elektromotor oder elektrische Maschine. Das Soll-Bremsmoment entspricht also gut dem Ist-Bremsmoment, während bei einer Reibbremse Soll-Bremsmoment und Ist-Bremsmoment in der Regel voneinander abweichen.
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In einer Ausführungsform dient die zum rekuperativen Verzögern des Kraftfahrzeugs ausgelegte Antriebseinrichtung als Aktorsystem mit höherer Stellgenauigkeit als die Betriebsbremseinrichtung. Es wird zuerst mit der zum rekuperativen Verzögern des Kraftfahrzeugs ausgelegten Antriebseinrichtung (Generator, E-Maschine) verzögert und das Übertragungsverhalten zwischen Bremsmoment und Fahrzeugverzögerung oder zwischen Bremsmoment und Radverzögerung bestimmt. Der Ist-Reibwert der Reibbremse wird während des Konditionierungsvorgangs bestimmt, d.h. es werden die Bremsbeläge angelegt und es wird somit über die Reibbremse verzögert und die Radverzögerung bzw. die Achsenverzögerung oder die Fahrzeugverzögerung gemessen. Mit dem inversen Übertragungsverhalten zwischen Bremsmoment und Verzögerung kann dann der Ist-Reibwert der Reibbremse berechnet werden.
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In einer anderen Ausführungsform wird der Ist-Reibwert der Reibbremse bestimmt aus einem Messwert der Fahrzeugverzögerung und der Fahrzeugmasse. In wieder einer anderen Ausführungsform wird der Ist-Reibwert der Reibbremse bestimmt aus einem Messwert der Radverzögerung und dem Radträgheitsmoment.
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Die Einleitung des Konditionierungsvorgangs im erfindungsgemäßen Verfahren kann zyklisch erfolgen und/oder bei Ermittlung mindestens eines vorgegebenen Indikators für ein Nichteinhalten einer vorgegebenen Mindestauslastung der jeweiligen Reibbremse und/oder bei Auftreten einer Abweichung eines Zustands mindestens eines Elements der jeweiligen Reibbremse von einem Normalzustand.
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Mit der hier beschriebenen Vorgehensweise kann auf einfache und zuverlässige Art und Weise ermittelt werden, in welchem Zustand die Betriebsbremseinrichtung ist. In Abhängigkeit von der Bremszustandsgröße kann das erfindungsgemäße Konditionierungsverfahren durchgeführt werden, um den Zustand der Betriebsbremseinrichtung zu verbessern, insbesondere die Betriebsbremseinrichtung zu regenerieren.
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Insbesondere Bremsbelagverschleißindikatoren können bei der Überwachung der mindestens einen Reibbremse berücksichtigt werden. Auch basierend auf einem rein zeitgesteuerten Algorithmus und/oder auf einem Algorithmus, welcher die einzelnen Betätigungen/Bremsungen überwacht, kann der Zustand der mindestens einen Reibbremse überwacht werden. Beispielsweise kann als Indikator für ein Nichteinhalten der vorgegebenen Mindestauslastung der jeweiligen Reibbremse ermittelt werden, ob innerhalb eines vorgegebenen Zeitintervalls und/oder innerhalb einer vorgegebenen Anzahl von Bremsungen eine vorgegebene Mindesthäufigkeit der Betätigung der Reibbremse erreicht wird. Auch ein Nichtbenutzen des Fahrzeugs für eine längere Zeitdauer kann als Indikator ermittelt werden.
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Als Alternative oder als Ergänzung dazu kann als Indikator ermittelt werden, ob eine Korrosion ein Verschleiß, eine Flüssigkeitsbenetzung, eine Flüssigkeitsdurchdringung, ein Verglasen, eine thermische Überbeanspruchung und/oder eine Alterung mindestens eines Elements der Reibbremse festgestellt wird.
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Sofern mindestens einer der hier aufgezählten Indikatoren festgestellt wird, kann verlässlich mittels der Ausführung des Verfahrens der gute Zustand und die verlässliche Einsetzbarkeit der jeweiligen Reibbremse wiederhergestellt werden. Somit können insbesondere Alterungseffekte so frühzeitig behoben bzw. unterbunden werden, dass die Lebenszeit der Reibbremse verlängert wird.
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In einer Ausführungsform wird ermittelt, ob ein Verhältnis zwischen einem Ist-Reibbremsmoment und einem Ist-Bremsdruck der jeweiligen Reibbremse von einem vorgegebenen Normalverhältnis abweicht. Eine derartige Auswertung ist mittels einer vergleichsweise kostengünstigen und relativ wenig Bauraum benötigenden Elektronik durchführbar. Außerdem können der Ist-Bremsdruck und das zugehörige Ist-Reibbremsmoment mittels Sensoren ermittelt werden, welche in der Regel bereits an einem Fahrzeug verbaut sind. Das Verfahren ist somit ausführbar, ohne dass dazu zusätzliche Sensoren oder eine Elektronik mit einem vergleichsweise großen Volumen benötigt werden. In einer weiteren Ausführungsform ist die Elektronikeinrichtung zusätzlich dazu ausgelegt, mindestens ein Sensorsignal zumindest eines Drucksensors, eines Bremsbelagverschleißsensors, eines Flüssigkeitssensors und/oder eines Beschleunigungssensors zum Ermitteln des Indikators auszuwerten. Die Elektronikeinrichtung kann hierzu Sensoren nutzen, welche in der Regel bereits am Fahrzeug verbaut sind.
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Gegenstand der Erfindung ist auch ein System zum Betrieb eines Bremssystems eines Kraftfahrzeugs, das eine zum rekuperativen Verzögern des Kraftfahrzeugs ausgelegte Antriebseinrichtung aufweist sowie eine wenigstens einem Rad des Kraftfahrzeugs zugeordnete Betriebsbremseinrichtung umfassend mindestens eine Reibbremse, die als Scheibenbremse oder Trommelbremse ausgeführt ist.
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Das erfindungsgemäße System umfasst neben der Betriebsbremseinrichtung mindestens ein weiteres Aktorsystem, welches mit einer höheren Stellgenauigkeit als die Betriebsbremseinrichtung ein Bremsmoment an dem Rad bzw. der Achse aufbringen kann. In einer Ausführungsform ist dieses Aktorsystem die zum rekuperativen Verzögern des Kraftfahrzeugs ausgelegte Antriebseinrichtung. In einer Ausführungsform umfasst das Aktorsystem mindestens einen Achsmotor und/oder mindestens einen EM-Einzelradmotor.
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Das erfindungsgemäße System umfasst ferner mindestens einen Sensor. Dabei kann es sich beispielsweise um mindestens einen Raddrehzahlsensor und/oder mindestens einen Radgeschwindigkeitssensor und/oder um einen Längsverzögerungssensor handeln. In einer Ausführungsform umfasst das System mindestens einen Bremsdrucksensor. In einer Ausführungsform umfasst das System mindestens einen Sensor zur Messung der Fahrzeuggeschwindigkeit oder einen Sensor zur Messung einer Fahrzeugverzögerung. In einer weiteren Ausführungsform umfasst das System mindestens einen Temperatursensor. In einer Ausführungsform misst der mindestens eine Temperatursensor eine Temperatur in einer Reibbremse.
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Das erfindungsgemäße System umfasst auch eine Einheit zur Berechnung eines Ist-Reibwerts einer Reibbremse aus den Sensordaten und zur Steuerung eines Konditionierungsvorgangs der Reibbremse. Die Steuerung umfasst dabei das Einleiten eines Konditionierungsvorgangs und das Beenden des Konditionierungsvorgangs.
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Die Einheit ist auch dafür eingerichtet, das Erreichen eines vorgegebenen Abbruchkriteriums zu erkennen. In einer Ausführungsform ist die Einheit dafür eingerichtet, aus dem Nennreibwert der Reibbremse unter Berücksichtigung von modellierten Reibwertänderungen durch Temperaturänderungen und eines vorgegebenen Toleranzbereichs ein Abbruchkriterium zu berechnen. In einer anderen Ausführungsform ist die Einheit dafür eingerichtet, den Gradienten des Ist-Reibwerts der Reibbremse zu berechnen.
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Es versteht sich, dass die voranstehend genannten Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102013224143 A1 [0006]