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Die Erfindung betrifft die Steuerung eines Kraftrads. Insbesondere betrifft die Erfindung die Unterstützung eines menschlichen Fahrers bei der Steuerung des Kraftrads.
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Ein Kraftrad umfasst einen Antriebsstrang mit einem Antriebsmotor, einer Kupplung und einem Schaltgetriebe, sowie ein Bremssystem. Das Bremssystem wird allgemein durch einen Handhebel und einen Fußhebel gesteuert. Ein zweiter Handhebel und ein zweiter Fußhebel sind der Kupplung und dem Schaltgetriebe zugeordnet, um eine eingelegte Gangstufe zu verändern. Ein durch den Antriebsmotor bereitgestelltes Antriebsmoment kann üblicherweise mittels eines Drehgriffs gesteuert werden.
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Eine Steuerung des Bremssystems per Hand ist für viele Fahrer deutlich genauer als per Fuß. Obwohl moderne Krafträder häufig über ein Antiblockiersystem verfügen, ist es für bestimmte Anwendungsfälle wünschenswert, dass der Fahrer das Bremssystem vollständig per Hand steuern kann. Üblicherweise befindet sich der erste Handhebel zur Betätigung der Vorderradbremse auf der in Fahrtrichtung rechten Lenkerseite. Auf der linken Lenkerseite befindet sich üblicherweise der zweite Handhebel zur Betätigung der Kupplung. Wird für die Betätigung der Hinterradbremse ein weiterer Handhebel nachgerüstet, so besteht die Gefahr, dass der Fahrer die Hebel verwechselt oder dass die Betätigung eines der Hebel durch einen anderen Hebel beeinträchtigt ist.
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Eine der Erfindung zu Grunde liegende Aufgabe besteht darin, eine Technik bereitzustellen, die eine verbesserte Steuerung eines Kraftrads durch einen menschlichen Fahrer ermöglicht. Die Erfindung löst die Aufgabe mittels der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche. Unteransprüche geben bevorzugte Ausführungsformen wieder.
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Ein Kraftrad umfasst einen Handhebel zur Betätigung durch einen Fahrer des Kraftrads; einen ersten Aktuator zur Betätigung einer Kupplung, um einen Antriebsstrang des Kraftrads zu unterbrechen; und einen zweiten Aktuator zur Betätigung einer Betriebsbremse des Kraftrads.
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Nach einem ersten Aspekt der vorliegenden Erfindung wird eine Steuervorrichtung zur Steuerung des Kraftrads bereitgestellt, die dazu eingerichtet ist, einen Fahrzustand des Kraftrads zu bestimmen; in Abhängigkeit des bestimmten Fahrzustands genau einen der Aktuatoren auszuwählen; und eine Betätigung des ausgewählten Aktuators mittels des Handhebels zu ermöglichen.
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Der jeweils andere Aktuator bleibt üblicherweise durch den Handhebel unbetätigt. In Abhängigkeit des Fahrzustands des Kraftrads kann mittels desselben Handhebels also entweder nur die Kupplung oder nur die Betriebsbremse betätigt werden. Übliche Bedienelemente des Kraftrads für eine Hand des Fahrers können unverändert bleiben. Ein ansonsten üblicher Fußhebel zur Betätigung der Betriebsbremse kann entfallen oder zur Steuerung einer anderen Funktion des Kraftrads verwendet werden. Der Handhebel kann insbesondere zur Betätigung mit der linken Hand des Fahrers vorgesehen sein. Gegenüber einer üblichen Konfiguration des Kraftrads, bei der die Kupplung mit der linken Hand betätigt wird, muss sich ein Fahrer nicht umgewöhnen.
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Ein Bremssystem des Kraftrads kann hydraulisch arbeiten. Insbesondere kann der Handhebel auf einen hydraulischen Geberzylinder wirken und beide Aktuatoren können je einen hydraulischen Nehmerzylinder umfassen. Das Ermöglichen der Betätigung kann mittels eines hydraulischen Ventils erfolgen, das den Geberzylinder hydraulisch mit dem Nehmerzylinder des ausgewählten Aktuators verbindet. Der jeweils nicht ausgewählte Nehmerzylinder kann in entsprechender Weise hydraulisch mit einem Reservoir für hydraulisches Fluid verbunden werden, um eine Betätigung durch diesen Nehmerzylinder erforderlichenfalls abzubauen.
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In einer weiteren Ausführungsform kann anstelle eines hydraulischen Betätigungssystems auch ein anderes, beispielsweise elektrisches Betätigungssystem verwendet werden. Der Handhebel kann einen elektrischen Geber umfassen und die Aktuatoren können elektrisch ansteuerbar sein. Der Geber kann beispielsweise ein Potentiometer oder einen digitalen Encoder umfassen. Das Ermöglichen der Betätigung kann dann durch Bereitstellen eines entsprechenden elektrischen Informations- oder Energieflusses vom Handhebel zum ausgewählten Aktuator bereitgestellt werden, beispielsweise mittels einer Verarbeitungseinrichtung, eines Schalters oder eines Halbleiters.
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Auch gemischte Systeme sind möglich. Beispielsweise kann an einem elektrohydraulischen Aktuator eine hydraulisch bewirkte Betätigung elektrisch gesteuert werden. Ein elektrohydraulischer Geber kann eine Betätigung des Handhebels elektrisch bestimmen und mittels einer elektrischen Pumpe einen hydraulische Betätigungsdruck für einen Nehmerzylinder erzeugen.
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Die Betriebsbremse kann insbesondere eine Radbremse des Kraftrads umfassen, bevorzugt die eines Hinterrads. Die Radbremse kann dann einzeln durch den Fahrer mittels Betätigung des Handhebels gesteuert werden. In einer besonders bevorzugten Ausführungsform ist ein weiterer Handhebel zur Betätigung durch die andere Hand des Fahrers vorgesehen, wobei der andere Handhebel auf ein anderes Rad des Kraftrads wirkt. So können ein Vorderrad und ein Hinterrad des Kraftrads unabhängig voneinander feinfühlig durch den Fahrer gesteuert werden, sodass auch schwierige Manöver mit höchster Präzision gefahren werden können.
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Der Antriebsstrang kann ein Schaltgetriebe umfassen, das dazu eingerichtet ist, eine eingelegte Gangstufe zu wechseln, ohne eine fahrergesteuerte Betätigung der Kupplung zu erfordern. Das Schaltgetriebe kann ein sequentielles Getriebe umfassen, in dem unterschiedliche Gangstufen in einer vorbestimmten Reihenfolge eingelegt werden können. Außer den Gangstufen kann auch ein Leerlauf gesteuert werden, bei dem der Antriebsstrang unabhängig von einer Betätigung der Kupplung unterbrochen ist.
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Befindet sich das Kraftrad in Bewegung, so kann von einer eingelegten Gangstufe in eine höhere oder niedrigere gewechselt werden, indem der Antriebsmotor vorübergehend angesteuert wird, ein bereitgestelltes Antriebsmoment zu verringern, während gleichzeitig mechanische Eingriffe der am Wechsel beteiligten Gangstufen im Schaltgetriebe entsprechend gesteuert werden.
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Die Gangstufen können beispielsweise mittels einer Klauenschaltung ein- oder ausgelegt werden. Ein Gangstufenwechsel kann manuell durch den Fahrer gesteuert werden, indem er beispielsweise mittels eines Drehgriffs den Antriebsmotor auf ein geringes Antriebsmoment im Antriebsstrang steuert und gleichzeitig, üblicherweise mittels des linken Fußes, die Klauenschaltung betätigt. Der Antriebsmotor kann auch in Abhängigkeit einer Betätigung des Ganghebels automatisch vorübergehend auf ein niedriges Antriebsmoment gesteuert werden. Die mechanische Betätigung des Schaltgetriebes kann auch mittels eines dritten Aktuators erfolgen, dessen Betätigung zusammen mit einer Drehmomentsteuerung des Antriebsmotors gesteuert werden kann. Der Gangstufenwechsel kann mittels einer dedizierten Steuervorrichtung erfolgen oder eine hierin beschriebene Steuervorrichtung kann die Steuerung durchführen.
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Insbesondere im Rennsport ist es üblich, eine eingelegte Gangstufe am fahrenden Kraftrad auf diese Weise sehr schnell zu wechseln, bevorzugt ohne dabei die Kupplung zu öffnen. Zum Anhalten des Kraftrads mit laufendem Antriebsmotor - üblicherweise ein Verbrennungsmotor - und zum Anfahren kann jedoch die Kupplung betätigt werden, um den Antriebsstrang graduell zu unterbrechen beziehungsweise zu schließen. Durch die hierin vorgestellte Technik kann insbesondere beim Anfahren mittels des Handhebels ein Schlupf der Kupplung sehr feinfühlig gesteuert werden. So kann mit hoher Drehzahl und dementsprechend hohem Drehmoment angefahren werden, wobei die Kupplung einen Drehmomentschluss im Antriebsstrang nur teilweise herstellen kann. Eine Beschleunigung kann dabei hoch sein und der Fahrer kann das Fahrverhalten des Kraftrads über den Schlupf der Kupplung beeinflussen.
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Die Steuervorrichtung kann dazu eingerichtet sein, eine haptische Rückmeldung über den ausgewählten Aktuator am Handhebel zu steuern. Die haptische Rückmeldung kann mittels einer entsprechenden Vorrichtung am Handhebel gesteuert werden. Zur Bewirkung der Rückmeldung kann eine Vorrichtung vorgesehen sein, die beispielsweise einen Elektromotor, einen Elektromagneten, ein hydraulisches Ventil oder eine hydraulische Pumpe umfassen kann.
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Der Handhebel ist üblicherweise an einem Lenker angebracht. In einer Ausführungsform kann der Handhebel zur Rückmeldung in seiner Position um eine Achse des Lenkers geschwenkt werden. Insbesondere eine Neutralposition, in der sich der unbetätigte Handhebel um die Achse befindet, kann in Abhängigkeit des gewählten Aktuators verändert werden.
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In einer anderen Ausführungsform kann ein Öffnungswinkel zwischen dem unbetätigten Handhebel und der Achse des Lenkers in Abhängigkeit des gewählten Aktuators verändert werden. Ein Abstand zwischen einem Ende des Lenkers und einem Ende des Handhebels kann in Abhängigkeit der gewählten Funktion unterschiedlich sein.
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In noch einer weiteren Ausführungsform kann ein Druckpunkt des Handhebels in Abhängigkeit des gewählten Aktuators verändert werden. Der Druckpunkt bezeichnet diejenige Stellung des Handhebels, ab der eine Betätigung eines Aktuators erfolgt. Ein Betätigungsweg zwischen der Neutralstellung und dem Druckpunkt kann dementsprechend variiert werden.
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Die Steuervorrichtung kann auch dazu eingerichtet sein, eine zur Betätigung des Handhebels erforderliche Kraft in Abhängigkeit des gewählten Aktuators zu steuern. Beispielsweise kann eine Kraft-Weg-Kennlinie bei der Betätigung des Handhebels variiert werden, um dem Fahrer den ausgewählten Aktuator anzuzeigen.
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Nach einem zweiten Aspekt der vorliegenden Erfindung umfasst ein Kraftrad eine hierin beschriebene Steuervorrichtung. Das Kraftrad kann insbesondere für einen Rennbetrieb eingerichtet sein, bevorzugt für ein Straßenrennen auf einem asphaltierten Untergrund. Eine andere Verwendung der Erfindung, insbesondere im öffentlichen Straßenverkehr, ist ebenfalls möglich. Das Kraftrad kann in einer weiteren Ausführungsform auch auf losem Untergrund eingesetzt werden.
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Ein System zur Steuerung eines Kraftrads umfasst eine hierin beschriebene Steuervorrichtung; einen hierin beschriebenen Handhebel; einen hierin beschriebenen ersten Aktuator; und einen hierin beschriebenen zweiten Aktuator.
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Nach einem dritten Aspekt der vorliegenden Erfindung umfasst ein Verfahren zum Steuern eines hierin beschriebenen Kraftrads Schritte des Bestimmens eines Fahrzustands des Kraftrads; des Auswählens genau eines der genannten Aktuatoren in Abhängigkeit des bestimmten Fahrzustands; und des Ermöglichens einer Betätigung des ausgewählten Aktuators mittels des genannten Handhebels.
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Das Verfahren kann insbesondere mittels einer hierin beschriebenen Steuervorrichtung teilweise oder vollständig ausgeführt werden. Dazu kann die Steuervorrichtung insbesondere einen programmierbaren Mikrocomputer oder Mikrocontroller umfassen und das Verfahren kann in Form eines Computerprogrammprodukts mit Programmcodemitteln vorliegen. Das Computerprogrammprodukt kann auch auf einem computerlesbaren Datenträger abgespeichert sein. Merkmale oder Vorteile des Verfahrens können auf die Vorrichtung übertragen werden oder umgekehrt.
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In einer bevorzugten Ausführungsform erfolgt ein Wechsel des ausgewählten Aktuators nur, während der Handhebel unbetätigt ist. Einerseits kann so vermieden werden, dass sich die Funktion des Handhebels während einer Betätigung ändert, wodurch die Gefahr einer Fehlbedienung entstehen könnte. Andererseits ergibt sich dadurch für den Fahrer die Möglichkeit, eine bestehende Funktionszuordnung zu fixieren, indem er den Handhebel betätigt. Eine leichte oder geringe Betätigung des Handhebels kann hierfür bereits ausreichen. Die Betätigung kann so leicht sein, dass die dem Handhebel zugeordnete Funktion gar nicht ausgeführt wird, beispielsweise indem der Handhabel nur so weit aus der Neutralposition heraus bewegt wird, dass er einen Druckpunkt nicht überschreitet. Der zugeordnete Aktuator kann auch erst gewechselt werden, nachdem der Handhebel mindestens über eine vorbestimmte Dauer unbetätigt ist.
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Welcher Aktuator ausgewählt wird, kann von verschiedenen Bedingungen abhängig sein. Es ist bevorzugt, dass der Handhebel allgemein auf den ersten Aktuator zur Betätigung der Kupplung des Kraftrads wirkt. Ein Umschalten auf den zweiten Aktuator kann aktiv gesteuert werden, falls eine vorbestimmte Bedingung erfüllt ist. Das Umschalten kann auch in Abhängigkeit mehrerer Bedingungen nur dann erfolgen, falls alle Bedingungen erfüllt sind, oder wenn eine vorbestimmte logische Verkettung der Bedingungen vorliegt. Dazu können die Bedingungen insbesondere mittels der Operatoren UND, ODER und NICHT nach den Regeln der Bool'schen Algebra miteinander verknüpft werden.
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Der zweite Aktuator kann beispielsweise ausgewählt werden, falls eine in einem Schaltgetriebe des Antriebsstrangs eingelegte Gangstufe über einer vorbestimmten Gangstufe liegt. In einer Ausführungsform kann der zweite Aktuator zur Betätigung der Bremse nur mittels des Handhebels betätigt werden, falls eine höhere als eine erste Gangstufe eingelegt ist. Die erste Gangstufe realisiert üblicherweise die höchste Untersetzung vom Antriebsmotor zu einem Antriebsrad, und höhere Gangstufen realisieren üblicherweise sukzessive geringere Untersetzungen.
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Der zweite Aktuator kann ausgewählt werden, wenn eine Fahrgeschwindigkeit des Kraftrads über einem vorbestimmten Schwellenwert liegt. Der Schwellenwert kann durch eine Bauart des Kraftrads bestimmt sein und beispielsweise ausreichend groß sein, um eine vorbestimmte Fahrstabilität zu gewährleisten.
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Der zweite Aktuator kann ausgewählt werden, wenn ein vom Antriebsmotor angefordertes oder bereitgestelltes Antriebsmoment unter einem vorbestimmten Schwellenwert liegt. Ferner kann der zweite Aktuator ausgewählt werden, wenn ein vorbestimmter Sonderzustand vorliegt. Der Sonderzustand kann insbesondere den Antriebsstrang betreffen und weiter bevorzugt das Vorliegen eines Defekts im Antriebsstrang betreffen. Beispielsweise kann der zweite Aktuator ausgewählt werden, wenn der Antriebsstrang blockiert ist, wenn der Antriebsmotor ein angefordertes Drehmoment nicht bereitstellen kann, etwa wegen Kraftstoffmangel, oder wenn der Antriebsmotor blockiert oder abgeschaltet ist.
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Der zweite Aktuator kann ferner dann ausgewählt werden, wenn ein Neigungswinkel des Kraftrads gegenüber der Vertikalen über einem vorbestimmten Schwellenwert liegt. So kann verhindert werden, dass das Kraftrad durch irrtümliches Betätigen der Kupplung in stärkerer Schräglage umfällt.
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Die Erfindung wird nun mit Bezug auf die beigefügten Zeichnungen genauer beschrieben, in denen:
- 1 ein Kraftrad;
- 2 eine Steuerung für ein Kraftrad; und
- 3 ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens
illustriert.
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1 zeigt ein Kraftrad 100 mit einer Steuervorrichtung 105. Das Kraftrad 100 umfasst üblicherweise ein einspuriges Zweirad mit einem Vorderrad 110 und einem Hinterrad 115. Das Kraftrad 100 kann insbesondere zum Einsatz auf einer Straße oder einer Rennstrecke vorgesehen sein. Ein Einsatz auf unbefestigtem oder losem Untergrund kann jedoch ebenfalls möglich sein.
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Zum Antrieb ist ein Antriebsstrang 120 vorgesehen, der üblicherweise einen Antriebsmotor 125, eine Kupplung 130, ein Schaltgetriebe 135 und ein Antriebsrad - in der Regel das Hinterrad 115 - umfasst. Der Antriebsmotor 125 ist bevorzugt als Brennkraftmaschine ausgebildet, insbesondere als Hubkolbenmotor. Mittels der Kupplung 130 kann der Antriebsstrang 120 unterbrochen werden, sodass ein Drehmoment des Antriebsmotors 125 vom Antriebsrad abgekoppelt ist. Bevorzugt kann die Kupplung 130 auch teilweise geöffnet oder geschlossen werden, sodass nur ein Teil des an ihr anliegenden Drehmoments übertragen wird. In diesem Fall befindet sich die Kupplung 130 im Schlupf.
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Zum Verzögern des Kraftrads 100 ist üblicherweise ein Bremssystem 140 vorgesehen, das eine am Vorderrad 110 angreifende Vorderradbremse 145 und eine am Hinterrad 115 angreifende Hinterradbremse 150 umfassen kann. Die Vorderradbremse 145 kann mittels eines ersten, üblicherweise rechts angebrachten Handhebels 155 betätigt werden. Ein zweiter Handhebel 160 ist auf einer anderen Fahrzeugseite als der erste Handhebel 155 angebracht, also vorzugsweise links.
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Es wird vorgeschlagen, die Steuervorrichtung 105 dazu einzurichten, eine Betätigung des zweiten Handhebels 160 durch einen menschlichen Fahrer in Abhängigkeit eines bestimmten Fahrzustands des Kraftrads 100 entweder auf die Hinterradbremse 150 oder auf die Kupplung 130 wirken zu lassen.
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2 zeigt eine Steuerung 200 für ein Kraftrad 100. An einem Lenker 205 zur Quersteuerung des Kraftrads 100 durch einen Fahrer ist beispielhaft der erste Handhebel 155 rechts und der zweite Handhebel 160 links angebracht. Üblicherweise rechts kann außerdem ein Drehgriff 210 vorgesehen sein, der zur Steuerung eines Antriebsmoments oder einer Drehzahl des Antriebsmotors 125 vorgesehen sein kann.
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Der zweite Handhebel 160 wirkt in der dargestellten Ausführungsform auf einen hydraulischen Geberzylinder 215 zur Bereitstellung eines hydraulischen Drucks, der von der Betätigung des zweiten Handhebels 160 abhängig ist. Außerdem sind ein erster Nehmerzylinder 220 zur Betätigung der Kupplung 130 und ein zweiter Nehmerzylinder 225 zur Betätigung der Hinterradbremse 150 vorgesehen. Ein bevorzugt elektrisch steuerbares Ventil 230, hier ein 4/2-Wegeventil, verbindet den Geberzylinder 215 hydraulisch entweder mit dem ersten Nehmerzylinder 220 oder mit dem zweiten Nehmerzylinder 225. Der jeweils nicht mit dem Geberzylinder 215 verbundene Nehmerzylinder 220, 225 kann mittels des Ventils 220 fluid mit einem Reservoir 235 für Hydraulikfluid verbunden werden, um einen eventuell verbliebenen hydraulischen Betätigungsdruck abzubauen. Der unbetätigte Geberzylinder 215 kann mit Fluid aus dem Reservoir 235 gefüllt werden.
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In einer weiteren Ausführungsform kann ein Fußhebel des Kraftrads 100 ebenfalls auf den zweiten Nehmerzylinder 225 zur Betätigung der Hinterradbremse 150 wirken, sodass eine kombinierte Betätigung der Hinterradbremse 150 per Hand und/oder per Fuß möglich ist. Die Hinterradbremse 150 kann auch einen weiteren Nehmerzylinder 225 umfassen, der exklusiv durch den Fußhebel betätigt werden kann.
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Das Ventil 230 kann mittels der Steuervorrichtung 105 in Abhängigkeit eines Fahrzustands des Kraftrads 100 gesteuert werden. Zur Bestimmung des Fahrzustands kann die Steuervorrichtung 105 eine Schnittstelle 240 zur Verbindung mit einem Steuergerät an Bord des Kraftrads 100 umfassen. Über die Schnittstelle 240 können insbesondere Zustandsdaten bezüglich einer Lage oder einer Geschwindigkeit des Kraftrads 100, oder über einen Betriebszustand des Antriebsmotors 125 bereitgestellt werden. Die Steuervorrichtung 105 kann mit einem oder mehreren Sensoren 245 verbunden sein, die einen Hinweis auf einen Fahrzustand des Kraftrads 100 bereitstellen können. Ein Sensor 145 kann eine beliebige fahrdynamisch relevante Kenngröße, beispielsweise einen Neigungswinkel, eine Beschleunigung oder eine Drehrate, insbesondere um eine Längsachse, eine Querachse oder eine Hochachse des Kraftrads 100, erfassen.
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In einer weiteren Ausführungsform kann ein Sensor 245 zur Bestimmung einer Betätigung des zweiten Handhebels 160 vorgesehen sein. Dieser Sensor 145 kann beispielsweise einen Wegesensor oder einen Kraftsensor umfassen, im Fall einer hydraulischen Betätigung auch einen Drucksensor. Außerdem kann eine Vorrichtung 250 zur Bereitstellung einer fühl- oder tastbaren Rückmeldung am zweiten Handhebel 160 angebracht sein. Mittels der Vorrichtung 250 kann die Steuervorrichtung 105 eine Rückmeldung an den Fahrer bereitstellen, ob der zweite Handhebel 160 auf die Kupplungs- oder auf die Bremsfunktion des Kraftfahrzeugs 100 wirkt. In der Darstellung von 2 kann eine Rückmeldung bereitgestellt werden, oder der erste Nehmerzylinder 220 oder der zweite Nehmerzylinder 225 mit dem Geberzylinder 215 verbunden ist.
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Die Vorrichtung 250 kann beispielsweise in Abhängigkeit der gewählten Funktion des Handhebels 160 dessen Neutralposition verändern, wie in 2 mit einer unterbrochenen Linie angedeutet ist. So kann der unbetätigte zweite Handhebel 160 weiter vom Lenker 205 entfernt sein, wenn der Handhebel 160 auf die Kupplung 130 wirkt, und näher am Lenker 205 liegen, wenn er auf die Bremse 150 wirkt, oder umgekehrt.
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In einer weiteren Ausführungsform kann der zweite Handhebel 160 in seiner Position um eine Achse des Lenkers 205 herum verändert werden, um seine Funktion anzuzeigen. Diese Achse entspricht in 2 der Mittelachse eines am linken Ende des Lenkers 205 angebrachten zylindrischen Griffs.
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Die Vorrichtung 250 kann auch dazu eingerichtet sein, einen Druckpunkt des zweiten Handhebels 160 in Abhängigkeit von dessen gewählter Funktion zu verändern. Beispielsweise kann der Druckpunkt weiter von der Neutralstellung entfernt sein, wenn der Handhebel 160 auf die Bremse 150 wirkt, und näher an der Neutralstellung liegen, wenn der Handhebel 160 auf die Kupplung 130 wirkt, oder umgekehrt.
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Eine Kraft-Weg-Kennlinie des zweiten Handhebels 160 wird allgemein durch das mit dem Handhebel 160 verbundene System 130, 160 bestimmt. Die Vorrichtung 250 kann auch dazu eingerichtet sein, die Kraft-Weg-Kennlinie in vorbestimmter Weise in Abhängigkeit von der gewählten Funktion zu verändern. Ferner kann die Vorrichtung 250 in Abhängigkeit der gewählten Funktion eine der Betätigungskraft des Fahrers entgegen wirkende Kraft steuern. Im dargestellten Fall einer hydraulischen Betätigung kann die Kraft mittels des Ventils 230 oder mittels einer hydraulischen Pumpe gesteuert werden. Die Pumpe kann von einem Antiblockiersystem umfasst sein. Beispielsweise kann am Anfang einer Betätigung des zweiten Handhebels 160, aus der Neutralstellung heraus, in einem vorbestimmten Bereich der Betätigung eine höhere Kraft aufzubringen sein, um dem Fahrer die gewählte Funktion anzuzeigen. Der Bereich erhöhter Kraft kann auch an einer anderen Stelle der Betätigung vorgesehen sein. In entsprechender Weise kann auch in einem vorbestimmten Bereich der Betätigung des zweiten Handhebels 160 eine erforderliche Kraft gegenüber einem umgebenden Bereich verringert sein.
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3 zeigt ein schematisches Ablaufdiagramm eines Verfahrens 300 zum Steuern eines Kraftrads 100 mittels einer Steuereinrichtung 105. In einem ersten Schritt 305 können einer oder mehrere Sensoren 245 abgetastet werden. Nebenläufig dazu kann in einem Schritt 310 eine Information über die Schnittstelle 240 erfasst werden.
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Auf der Basis der bestimmten Informationen kann in einem Schritt 315 ein Fahrzustand des Kraftrads 100 bestimmt werden. Der Fahrzustand kann insbesondere eine Fahrgeschwindigkeit, einen Neigungswinkel um eine Querachse, eine Beschleunigung, eine Drehbeschleunigung, ein vom Antriebsmotor 125 angefordertes oder bereitgestelltes Antriebsmoment oder einen Betriebszustand des Antriebsmotors 125 umfassen. Weitere beispielhafte Informationen umfassen einen geschätzten Reibwert zwischen einem der Räder 110, 115 und einem Untergrund, eine Umgebungstemperatur oder eine Luftfeuchte.
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In einem Schritt 320 kann auf der Basis des bestimmten Betriebszustands bestimmt werden, ob der zweite Handhebel 160 auf die Bremse 150 oder auf die Kupplung 130 wirken soll. Bevorzugt wirkt der Handhebel 160 auf die Kupplung 130, wenn nicht eine oder mehrere vorbestimmte Bedingungen erfüllt sind. Jede Bedingung kann einen Vergleich eines zuvor bestimmten Parameters mit einem Schwellenwert, einem Intervall oder einer Hysterese umfassen. Ziel der Bestimmung ist, den zweiten Handhebel 160 nur dann auf die Kupplung 130 wirken zu lassen, wenn ein Anfahrvorgang oder ein Anhaltevorgang bevorsteht oder besteht. Optional kann der Handhebel 160 auch dann zur Betätigung der Kupplung 130 verwendet werden, wenn ein vorbestimmter Sonderzustand vorliegt, beispielsweise ein Motorschaden oder eine mechanische Blockade im Antriebsstrang.
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Es ist zu beachten, dass auch eine umgekehrte Ausführungsform möglich ist, bei welcher der zweite Handhebel 160 zunächst auf die Bremse 150 wirkt, wenn nicht eine oder mehrere vorbestimmte Bedingungen erfüllt sind. Hierin beispielhaft gegebene Bedingungen für die Betätigung der Bremse können dazu passend negiert werden.
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In einem Schritt 325 kann bestimmt werden, ob der zweite Handhebel 160 unbetätigt ist. Nur in diesem Fall kann die Wirkung des zweiten Handhebels 160 von der Bremse 150 auf die Kupplung 130 oder umgekehrt umgestellt werden. Ist der zweite Handhebel 160 hingegen betätigt, so kann eine Änderung der Wirkung ausgesetzt werden.
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In einem Schritt 330 kann eine haptische Rückmeldung am zweiten Handhebel 160 bewirkt werden, um anzuzeigen, ob der zweite Handhebel 160 gerade auf die Bremse 150 oder auf die Kupplung 130 wirkt. Nebenläufig dazu kann in einem Schritt 335 die Betätigung eines Aktuators 220, 225, der dem zu betätigenden Element 130 oder 150 zugeordnet ist, durch den zweiten Handhebel 160 ermöglicht werden. Eine Betätigung des Aktuators 220, 225, beziehungsweise der Kupplung 130 oder der Bremse 150, erfolgt bevorzugt erst, wenn der zweite Handhebel 160 durch den Fahrer des Kraftrads 100 betätigt wird.
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Die hierin vorgestellte Technik kann mit bekannten Ansätzen zur Steuerung des Kraftrads 100 kombiniert werden. Beispielsweise kann ein Antiblockiersystem vorgesehen sein, das sicherstellt, dass bei einem Bremsvorgang keines der Räder 110, 115 blockiert. Eine Betätigung eines Aktuators 220, 225 durch ein solches System kann unabhängig von der hierin beschriebenen Bestimmung des Fahrzustands des Kraftrads 100 erfolgen.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Kraftrad
- 105
- Steuervorrichtung
- 110
- Vorderrad
- 115
- Hinterrad
- 120
- Antriebsstrang
- 125
- Antriebsmotor
- 130
- Kupplung
- 135
- Getriebe, insbesondere Schaltgetriebe
- 140
- Bremssystem
- 145
- Vorderradbremse
- 150
- Hinterradbremse
- 155
- erster Handhebel, bevorzugt rechts
- 160
- zweiter Handhebel, bevorzugt links
- 200
- Steuerung
- 205
- Lenker
- 210
- Drehgriff
- 215
- Geberzylinder
- 220
- erster Nehmerzylinder
- 225
- zweiter Nehmerzylinder
- 230
- Ventil
- 235
- Reservoir
- 240
- Schnittstelle
- 245
- Sensor
- 250
- Vorrichtung
- 300
- Verfahren
- 305
- Sensor abtasten
- 310
- Nachricht empfangen
- 315
- Fahrzustand bestimmen
- 320
- Aktuator auswählen
- 325
- Handhebel unbetätigt?
- 330
- haptische Rückmeldung ansteuern
- 335
- Betätigung Aktuator ermöglichen