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Die Erfindung betrifft ein Sensorsystem mit mindestens einer Messstelle, die mindestens einen ersten Sensor und einen Messumformer aufweist. Weiter betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Bestimmung einer Zusatzinformation, die von einer mittels eines ersten Sensors bestimmbaren Messgröße eines Messmediums verschieden ist, anhand mindestens von der ersten Messgröße abhängigen ersten Sensorsignalen des ersten Sensors.
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Sensoren zur Messung und Überwachung verschiedener Messgrößen werden vielfach in der Prozess- und/oder Automatisierungstechnik und im Labor eingesetzt. Beispiele für derartige Sensoren sind Füllstandssensoren, Durchflusssensoren, Drucksensoren, Temperatursensoren und Analysesensoren, wie z.B. pH-Sensoren, Leitfähigkeitssensoren, Trübungssensoren, ionenselektive Elektroden zur Bestimmung von lonenkonzentrationen, amperometrische Sensoren zur Bestimmung gelöster Gase, optochemische Sensoren, z.B. zur Sauerstoff- oder pH-Messung, fotometrische Sensoren oder spektrometrische Sensoren. Die jeweils zugrundeliegenden Messprinzipien sind aus dem Stand der Technik bekannt und werden an dieser Stelle nicht einzeln angeführt.
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Eine Messstelle im Sinne der vorliegenden Anmeldung besteht aus einem oder mehreren Sensoren, die zur Erfassung von eine Messgröße repräsentierenden Sensorsignalen dienen, und einem Messumformer, der die Sensorsignale der an den Messumformer angeschlossenen bzw. mit diesem zur Kommunikation verbundenen Sensoren empfangen und weiter verarbeiten kann. Die weitere Verarbeitung kann die Ermittlung von Messwerten der von den einzelnen Sensoren zu erfassenden Messgrößen, die weitere Auswertung der Messwerte und/oder die Ermittlung von Zusatzinformationen beinhalten.
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Zusatzinformationen können beispielsweise Informationen über den Zustand der Sensoren oder über ein Medium oder einen Prozess, den die Messstelle überwacht, sein. Solche Zusatzinformationen können mittels Kl-Algorithmen ermittelt werden, unter anderem unter Verwendung von Sensordaten, die von den Sensoren der Messstelle in Form von Sensorsignalen zur Verfügung gestellt werden. Beispielsweise können Zusatzinformationen aus Sensorsignalen mittels maschineller Klassifikation ermittelt werden. Aus
DE 10 2012 112784 A1 ist beispielsweise ein Verfahren bekannt, bei dem aus verschiedenen Diagnoseparametern mittels eines Klassifikators ein Sensorzustand ermittelt wird. Aus
DE 10 2012 112782 A1 ist bekannt, einen Prozess mittels eines Klassifikators zu identifizieren, indem der Klassifikator einen in dem Prozess aktuell erfassten Messwertverlauf oder mindestens ein oder mehrere Merkmale des Messwertverlaufs einer vorgegebenen Prozessklasse zuordnet und eine Wahrscheinlichkeit bestimmt, mit der der aktuelle Messwertverlauf einen Prozess der Prozessklasse repräsentiert.
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Das Erstellen eines zur Kl-basierten Bestimmung von Zusatzinformationen geeigneten Algorithmus, z.B. mittels maschineller Klassifizierung anhand von Sensordaten, erfordert eine hohe Speicher- und Rechenleistung und die Verarbeitung einer Vielzahl von Trainingsdaten zum Trainieren des Algorithmus. Ein Hersteller von Sensoren verfügt über eine große Bandbreite an Trainingsdaten, die zur Erstellung eines Auswertungsalgorithmus zur Gewinnung von Zusatzinformationen aus Sensorsignalen der vom Hersteller selbst bereitgestellten Sensoren geeignet sind. Er kann daher bereits basierend auf diesen Trainingsdaten trainierte Auswertungsalgorithmen anbieten. Andererseits kann es in vielen Anwendungen im Bereich der Prozessindustrie oder im Labor sein, dass ein Anwender, d.h. ein Prozess-Betreiber, spezielle Zusatzinformationen zu seinen spezifischen Prozessen wünscht oder spezielle Prozesse überwachen möchte, die nur ihm im Detail bekannt sind, und zu denen nur er über aussagekräftige Trainingsdaten verfügt. Es ist auch möglich, dass ein Anwender Zusatzinformationen anhand von Sensordaten ermitteln möchte, die von Sensoren verschiedener Hersteller zur Verfügung gestellt werden. Eine Zusammenführung von Trainingsdaten von Herstellern und verschiedenen Anwendern von Sensoren oder Messstellen ist aber aus technischen, organisatorischen oder rechtlichen Gründen häufig nicht oder nur schwer möglich.
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Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Sensorsystem und ein Verfahren anzugeben, die eine flexible Anpassung eines Auswertungsalgorithmus zur Gewinnung von Zusatzinformationen unter Verwendung von Sensordaten von Sensoren des Sensorsystems an die Erfordernisse einer individuellen Messstelle, einer individuellen Messaufgabe oder eines individuellen Prozesses ermöglichen.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch das Sensorsystem gemäß Anspruch 1 und das Verfahren gemäß Anspruch 8. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
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Das erfindungsgemäße Sensorsystem umfasst mindestens eine Messstelle, die mindestens einen ersten Sensor und einen Messumformer aufweist,
wobei der erste Sensor dazu eingerichtet ist, erste Sensorsignale auszugeben, die von einer ersten Messgröße eines an der Messstelle vorhandenen Messmediums abhängig sind,
und wobei der Messumformer zum Empfangen der ersten Sensorsignale mit dem ersten Sensor verbunden ist, und eine Auswertungsapplikation umfasst, die dazu eingerichtet ist, mittels eines Auswertungsalgorithmus anhand mindestens der ersten Sensorsignale mindestens eine von der ersten Messgröße verschiedene Zusatzinformation zu ermitteln,
und wobei das Sensorsystem weiter eine übergeordnete Datenverarbeitungsstruktur, insbesondere einen Server oder eine Cloud, umfasst,
und wobei sowohl die übergeordnete Datenverarbeitungsstruktur als auch der Messumformer dazu eingerichtet sind, eine Trainingsapplikation auszuführen, die dazu eingerichtet ist, den Auswertungsalgorithmus zu trainieren.
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Indem sowohl die übergeordnete Datenverarbeitungsstruktur als auch der Messumformer dazu eingerichtet sind, die Trainingsapplikation auszuführen, kann der Auswertungsalgorithmus wahlweise anhand von der übergeordneten Datenverarbeitungsstruktur zur Verfügung stehender Trainingsdatensätze, die von Sensorherstellern oder anderen Anwendern stammen können, mittels der übergeordneten Datenverarbeitungsstruktur mit hoher Rechenleistung oder (alternativ oder zusätzlich) anhand von spezifischen Trainingsdatensätzen des Anwenders der Messstelle, die einen speziellen Prozess, spezielle Sensorkombinationen oder sensible Daten des Anwenders beinhalten können, mittels des lokal installierten Messumformers trainiert werden. Dies erlaubt eine hohe Flexibilität beim Training des Auswertungsalgorithmus, um so eine individuelle Anpassung des Auswertungsalgorithmus auf die individuelle Messstelle oder deren individuelle Messaufgabe und/oder auf einen von der Messstelle überwachten Industrie- oder Laborprozess zu ermöglichen.
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Das Training kann anhand eines Trainingsdatensatzes von ersten Sensorsignalen erfolgen. Die ersten Sensorsignale des Trainingsdatensatzes können mit dem ersten Sensor oder einem oder mehreren typgleichen Sensoren erfasste Testdaten oder historische mit dem ersten Sensor oder einem typgleichen Sensor an der spezifischen Messstelle erfasste Sensorsignale sein. Zusätzlich kann das Training eine Überprüfung des nach dem Training mit dem Trainingsdatensatz erhaltenen Auswertungsalgorithmus mit einem von dem Trainingsdatensatz verschiedenen Testdatensatz umfassen. Wenn im Folgenden vom Training des Auswertungsalgorithmus die Rede ist, ist eine optionale Überprüfung mit einem separaten Testdatensatz mit beinhaltet.
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Die erste Messgröße kann beispielsweise eine skalare Messgröße, wie z.B. ein pH-Wert, eine Konzentration einer chemischen Substanz im Messmedium, ein Füllstand, ein Durchfluss, eine Temperatur oder ein Druck, sein. Die erste Messgröße kann auch ein Vektor, z.B. ein Spektrum über einen Wellenlängenbereich mit definierter Auflösung, sein.
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Vorteilhaft kann die Messstelle mehrere, insbesondere verschiedenartige, Sensoren umfassen, wobei die Sensorsignale aller oder einiger der mehreren Sensoren in die Bestimmung der Zusatzinformation mittels des Auswertungsalgorithmus eingehen. Die Sensoren der Messstelle können von verschiedenen Herstellern stammen. Der Messumformer kann in dieser Ausgestaltung als Mehrkanalmessumformer ausgestaltet sein, der die Messsignale mehrerer verschiedener Sensoren gleichzeitig und/oder parallel verarbeiten kann. Der Messumformer kann dazu eingerichtet sein, erste Messgrößen aus den Sensorsignalen zu ermitteln. Der Messumformer kann die aus den Sensorsignalen ermittelten Messgrößen und die Zusatzinformation anzeigen.
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Beispielsweise kann die Messstelle mindestens einen zweiten Sensor und gegebenenfalls weitere Sensoren umfassen, wobei der zweite Sensor und die gegebenenfalls vorhandenen weiteren Sensoren dazu eingerichtet ist bzw. sind, zweite und gegebenenfalls weitere Sensorsignale auszugeben, die von einer von der ersten Messgröße und der Zusatzinformation verschiedenen zweiten Messgröße und gegebenenfalls weiterer Messgrößen des Messmediums abhängig sind,
und wobei der Messumformer zum Empfangen der zweiten Sensorsignale und gegebenenfalls weiterer Sensorsignale mit dem zweiten Sensor und den gegebenenfalls vorhandenen weiteren Sensoren verbunden ist, und
wobei die Auswertungsapplikation dazu eingerichtet ist, mittels des Auswertungsalgorithmus anhand der ersten und zweiten Sensorsignale die Zusatzinformation zu ermitteln.
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Wie die erste Messgröße kann auch die zweite Messgröße beispielsweise eine skalare Messgröße, wie z.B. ein pH-Wert, eine Konzentration einer chemischen Substanz im Messmedium, ein Füllstand, ein Durchfluss, eine Temperatur oder ein Druck, sein. Die zweite Messgröße kann auch ein Vektor, z.B. ein Spektrum über einen Wellenlängenbereich mit definierter Auflösung, sein.
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Die Trainingsapplikation kann entsprechend eingerichtet sein, den Auswertungsalgorithmus anhand eines Trainingsdatensatzes zu trainieren, der mindestens erste und gegebenenfalls auch zweite oder weitere Sensorsignale bzw. Signale typgleicher Sensoren umfasst.
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Ein Trainingsdatensatz kann in all diesen Ausgestaltungen aus Trainings-Sensorsignalen und mit den Trainings-Sensorsignalen verknüpften Werten der zu bestimmenden Zusatzinformation bestehen. Aus einer Vielzahl von Trainingsdatensätzen kann der Auswertungsalgorithmus erlernen, spezifischen Sensorsignalen oder Kombinationen von spezifischen Sensorsignalen einen Wert der Zusatzinformation zuzuordnen.
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Die Messgrößen, von denen die Sensorsignale abhängig sind, die von dem Auswertungsalgorithmus zur Ermittlung der Zusatzinformation einbezogen werden, sind in der Regel mit der zu ermittelnden Zusatzinformation korreliert.
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Die Zusatzinformation kann eine weitere Messgröße des Messmediums, z.B. eine sensorisch nicht direkt bestimmbare Messgröße, oder eine qualitative Eigenschaft des Messmediums oder eine Information über die Messstelle sein. Die Zusatzinformation kann als qualitative Eigenschaft beispielsweise einen Geschmack oder eine Geschmackskomponente, einen Geruch oder eine Geruchskomponente des Messmediums repräsentieren. Handelt es sich bei der Messstelle um eine Prozessmessstelle, kann die Zusatzinformation einen Zustand des Prozesses repräsentieren.
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Der Auswertungsalgorithmus kann eine Abbildungsvorschrift, insbesondere einen Klassifikator, z.B. ein neuronales Netz oder einen Polynom-Klassifikator, oder ein multivariates Verfahren, Support Vector Machines umfassen, wobei die Trainingsapplikation dazu eingerichtet ist, Koeffizienten der Abbildungsvorschrift, insbesondere Gewichte des Klassifikators oder die Parametrierung des multivariaten Verfahrens, zu trainieren. Wie weiter oben erwähnt, kann die Trainingsapplikation weiter zur Überprüfung des Auswertungsalgorithmus mittels eines Testdatensatzes eingerichtet sein.
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Die Trainingsapplikation kann zur Durchführung eines maschinellen Lernprozesses, insbesondere eines überwachten (engl. Fachbegriff: supervised) oder eines nicht-überwachten (engl. Fachbegriff: unsupervised) Lernprozesses, eingerichtet sein.
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Die zur Bestimmung der Zusatzgröße verwendeten Sensorsignale können Messwerte oder Rohmesswerte der Messgröße, fotometrische oder spektrometrische Messwerte, z.B. eine Absorption oder Extinktion oder ein Spektrum repräsentierende Daten beinhalten.
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Der Messumformer kann ein herkömmlicher Messumformer der Prozessindustrie, ein Kompaktmessumformer oder ein herkömmlicher Rechner, z.B. ein Tablet oder ein Smartphone sein, die eine Softwareapplikation ausführen, die Messumformerfunktionen zum Empfang und Verarbeiten der Sensorsignale der Sensoren und ggfs. zum Weiterleiten der Sensorsignale bzw. der daraus abgeleiteten Daten bereitstellt.
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Die Erfindung umfasst auch ein Verfahren zur Bestimmung einer Zusatzinformation, die von einer mittels eines ersten Sensors bestimmbaren ersten Messgröße eines Messmediums verschieden ist, anhand mindestens von der ersten Messgröße abhängigen ersten Sensorsignalen des ersten Sensors, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:
- - Erfassen der ersten Sensorsignale des ersten Sensors,
- - Bestimmen der Zusatzinformation mittels einer von einem mit dem ersten Sensor zur Kommunikation verbundenen Messumformer ausgeführten Auswertungsapplikation, wobei die Auswertungsapplikation mittels eines Auswertungsalgorithmus anhand mindestens der ersten Sensorsignale die Zusatzinformation bestimmt,
und wobei der Auswertungsalgorithmus mittels einer Trainingsapplikation trainiert wird, die wahlweise in einer übergeordneten Datenverarbeitungsstruktur, insbesondere einem Server oder einer Cloud, und/oder in dem Messumformer ausgeführt wird.
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Das Verfahren kann vorteilhaft mittels der voranstehend beschriebenen Vorrichtung durchgeführt werden.
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Das Training kann anhand eines Trainingsdatensatzes von ersten Sensorsignalen erfolgen. Die ersten Sensorsignale des Trainingsdatensatzes können mit dem ersten Sensor oder einem oder mehreren typgleichen Sensoren erfasste Testdaten oder historische mit dem ersten Sensor oder einem typgleichen Sensor an der spezifischen Messstelle erfasste Sensorsignale sein. Wie zuvor erwähnt, kann das Training zusätzlich eine Überprüfung des nach dem Training mit dem Trainingsdatensatz erhaltenen Auswertungsalgorithmus mit einem von dem Trainingsdatensatz verschiedenen Testdatensatz umfassen.
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Vorteilhaft können die Sensorsignale mehrerer, insbesondere verschiedenartiger, Sensoren in die Bestimmung der Zusatzinformation mittels des Auswertungsalgorithmus eingehen. Die Sensoren der Messstelle können von verschiedenen Herstellern stammen. Der Trainingsdatensatz wird dann entsprechend so zusammengestellt, dass Trainingsdaten, die das Verhalten der verschiedenen Sensoren in geeigneter Weise repräsentieren, in den Trainingsdatensatz eingehen.
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Das Verfahren kann im Falle mehrerer Sensoren z.B. weiter folgende Schritte umfassen:
- - Erfassen mindestens zweiter oder weiterer Sensorsignale mindestens eines mit dem Messumformer zur Kommunikation verbundenen zweiten Sensors oder gegebenenfalls vorhanden weiteren Sensoren, wobei die zweiten oder weiteren Sensorsignale von einer von der ersten Messgröße und der Zusatzinformation verschiedenen zweiten Messgröße des Messmediums oder weiteren Messgrößen des Messmediums abhängig sind,
- - Bestimmen der Zusatzinformation mittels der Auswertungsapplikation, wobei die Auswertungsapplikation mittels des Auswertungsalgorithmus anhand mindestens der ersten und zweiten und gegebenenfalls weiteren Sensorsignale die Zusatzinformation bestimmt.
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Der Auswertungsalgorithmus kann mittels der Trainingsapplikation anhand eines Trainingsdatensatzes von ersten und zweiten Sensorsignalen trainiert werden, die wahlweise in der übergeordneten Datenverarbeitungsstruktur, insbesondere dem Server oder der Cloud, und/oder in dem Messumformer ausgeführt wird. Die Trainingsapplikation kann den Auswertungsalgorithmus anhand eines Trainingsdatensatzes trainieren, der mindestens erste und gegebenenfalls auch zweite oder weitere Sensorsignale bzw. Signale typgleicher Sensoren umfasst.
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Wie bereits im Zusammenhang mit der voranstehend beschriebenen Sensoranordnung erwähnt, sind die Messgrößen, von denen die erfassten Sensorsignale abhängig sind, die von dem Auswertungsalgorithmus zur Ermittlung der Zusatzinformation einbezogen werden, in der Regel mit der zu ermittelnden Zusatzinformation korreliert.
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Die Zusatzinformation kann eine weitere Messgröße des Messmediums, z.B. eine sensorisch nicht direkt bestimmbare Messgröße, oder eine qualitative Eigenschaft des Messmediums oder eine Information über die Messstelle sein. Die Zusatzinformation kann als qualitative Eigenschaft beispielsweise einen Geschmack oder eine Geschmackskomponente, einen Geruch oder eine Geruchskomponente des Messmediums repräsentieren. Handelt es sich bei der Messstelle um eine Prozessmessstelle, kann die Zusatzinformation einen Zustand des Prozesses repräsentieren.
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Der Auswertungsalgorithmus kann eine Abbildungsvorschrift, insbesondere einen Klassifikator, z.B. ein neuronales Netz oder einen Polynom-Klassifikator, oder ein multivariates Verfahren umfassen, wobei die Trainingsapplikation dazu eingerichtet ist, Koeffizienten der Abbildungsvorschrift, insbesondere Gewichte des Klassifikators oder die Parametrierung des multivariaten Verfahrens, zu trainieren. Wie weiter oben erwähnt, kann die Trainingsapplikation weiter zur Überprüfung des Auswertungsalgorithmus mittels eines Testdatensatzes eingerichtet sein.
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Die Trainingsapplikation kann einen maschinellen Lernprozess, insbesondere einen überwachten oder einen nicht-überwachten Lernprozess, durchführen.
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Der Auswertungsalgorithmus, z.B. der Klassifikator, kann offline und/oder online trainiert werden. Unter einem offline-Training wird ein Training vor der Durchführung eines Prozesses oder einer Überwachungsaufgabe, in dem bzw. der die Messstelle eingesetzt wird, verstanden. Es handelt sich dabei also im Prinzip um ein Training unter Laborbedingungen. Ein online-Training erfolgt im Unterschied dazu im Prozess bzw. während der Überwachungsaufgabe, in dem bzw. der die Messstelle eingesetzt wird.
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Der Auswertungsalgorithmus kann mittels der von der übergeordneten Datenverarbeitungsstruktur ausgeführten Trainingsapplikation anhand eines ersten Trainingsdatensatzes trainiert werden, um eine erste Version des Auswertungsalgorithmus zu erzeugen, wobei die erste Version des Auswertungsalgorithmus anschließend an den Messumformer übertragen wird, um von diesem zur Bestimmung der Zusatzinformation ausgeführt zu werden.
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Die erste Version des Auswertungsalgorithmus kann mittels der von dem Messumformer ausgeführten Trainingsapplikation anhand eines von dem ersten Trainingsdatensatz verschiedenen zweiten Trainingsdatensatzes trainiert werden, um eine zweite Version des Auswertungsalgorithmus zu erzeugen. Nachfolgend kann die Zusatzinformation vom Messumformer anhand der zweiten Version des Auswertungsalgorithmus ermittelt werden.
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Vom Messumformer kann anhand der ersten Version des Auswertungsalgorithmus ein erster Wert der Zusatzinformation und anhand der zweiten Version des Auswertungsalgorithmus ein zweiter Wert der Zusatzinformation ermittelt und für einen Nutzer angezeigt werden. Anhand der Anzeige kann ein Anwender entscheiden, ob der erste oder der zweite Wert der Zusatzinformation zutreffender ist und entsprechend für die Fortsetzung der Überwachung des Prozesses oder eines Mediums mittels der Messstelle die Verwendung der ersten oder der zweiten Version des Auswertungsalgorithmus auswählen.
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Es ist auch möglich, dass der Messumformer an die übergeordnete Datenverarbeitungsstruktur die Ergebnisse eines Vergleichs zwischen dem mit der ersten Version des Auswertungsalgorithmus erhaltenen ersten Wert und dem mit der zweiten Version des Auswertungsalgorithmus erhaltenen zweiten Wert weiterleitet, so dass die übergeordnete Datenverarbeitungsstruktur die Vergleichsergebnisse in ein weitergehendes Training des Auswertungsalgorithmus einbeziehen kann.
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Der Auswertungsalgorithmus kann mittels der Trainingsapplikation von der übergeordneten Datenverarbeitungsstruktur trainiert werden, wobei der hierzu verwendete Trainingsdatensatz Sensorsignale gleichartiger Sensoren umfasst, die an verschiedenen Messstellen zur Ermittlung derselben Zusatzinformation erfasst wurden. Die, beispielsweise als Cloud oder als Server ausgestaltete übergeordnete Datenverarbeitungsstruktur, kann mit den verschiedenen Messstellen zum Empfang von Daten der Messstellen verbunden sein und aus den Daten spezifische Trainingsdatensätze zum Training von Auswertungsalgorithmen für die Bestimmung spezifischer Zusatzinformationen zusammenstellen.
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand des in der 1 dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert.
- 1 zeigt eine Sensoranordnung 1 mit einer Messstelle 2, die aus drei Sensoren 3, 4, 5 und einem Messumformer 7 gebildet ist. Die Sensoren 3, 4, 5 sind in einem Prozess 6 installiert, zum Beispiel in einem ein Prozessmedium führenden Rohr oder Behälter. Die Sensoren 3, 4, und 5 sind dazu eingerichtet, digitale Sensorsignale M1, M2, M3, die jeweils von einer Messgröße des Prozessmediums, im Folgenden auch als Messmedium bezeichnet, abhängig sind, zu erzeugen und an den Messumformer 7 zur weiteren Verarbeitung auszugeben. Der Messumformer 7 weist einen Prozessor und Datenspeicher auf, die Betriebs- und Auswerteprogramme umfassen und die dazu eingerichtet sind, diese Computerprogramme auszuführen. Der Messumformer 7 ist zur Kommunikation mit einer übergeordneten Datenverarbeitungsstruktur 8 verbindbar. Diese Verbindung kann, muss aber nicht, permanent bestehen. Die übergeordnete Datenverarbeitungsstruktur 8 kann eine Cloud oder auch ein einzelner Server sein.
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Der Messumformer 7 ist in herkömmlicher Weise dazu eingerichtet, mittels der Sensoren 3, 4, 5 aus den Sensorsignalen M1, M2, M3 ermittelte erste Messgrößen zu bestimmen und anzuzeigen. Solche Messgrößen können z.B. skalare Messgröße, wie z.B. ein pH-Wert, eine Konzentration einer chemischen Substanz im Messmedium, ein Füllstand, ein Durchfluss, eine Temperatur oder ein Druck, oder eine Absorption oder Extinktion einer Messtrahlung einer spezifischen Wellenlänge sein. Es kann sich bei der Messgröße auch um einen Vektor, z.B. ein Spektrum über einen Wellenlängenbereich mit definierter Auflösung, handeln. Diese erste Messgröße sind Messgrößen, die jeweils von einem einzelnen Sensor zur Verfügung gestellt werden.
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Der Messumformer 7 umfasst ein Computerprogramm, das der Ausführung eines Auswertungsalgorithmus dient. Der Auswertungsalgorithmus ist dazu eingerichtet, aus einem oder mehreren oder allen der Sensorsignale M1, M2 und M3 eine Zusatzinformation zu ermitteln. Diese Zusatzinformation kann eine weitere Messgröße des Messmediums, z.B. eine sensorisch nicht direkt bestimmbare Messgröße, oder eine qualitative Eigenschaft des Messmediums oder eine Information über die Messstelle sein. Handelt es sich bei der Messstelle um eine Prozessmessstelle, kann die Zusatzinformation einen Zustand des Prozesses repräsentieren.
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Sowohl der Messumformer 7 als auch die übergeordnete Datenverarbeitungsstruktur 8 umfassen eine als Software ausgestaltete Trainingsapplikation, die dazu eingerichtet ist, den Auswertungsalgorithmus zur Bestimmung der Zusatzinformation zu trainieren. Die Sensoranordnung 1 bietet somit die Möglichkeit, den Auswertungsalgorithmus in der übergeordneten Datenverarbeitungsstruktur 8 anhand von dieser zur Verfügung stehenden, in der Regel großen, Trainingsdatensätzen mit hoher Rechenleistung zu trainieren. Gleichzeitig bietet die Sensoranordnung 1 die Möglichkeit, den Auswertungsalgorithmus durch den (lokalen) Messumformer 7 der Messstelle 2 zu trainieren. Dem lokalen Messumformer 7 stehen möglicherweise nicht so viele Trainingsdaten wie der Datenverarbeitungsstruktur 8 zur Verfügung. Auch die Rechenleistung des lokalen Messumformers 7 ist üblicherweise geringer als die der übergeordneten Datenverarbeitungsstruktur 8. Andererseits stehen dem lokalen Messumformer 7 spezifische Messstellen- und/oder Anwenderdaten zur Verfügung, die ein präziseres Training des Auswertungsalgorithmus im Hinblick auf die individuelle Messaufgabe oder auf die Gegebenheiten der individuellen Messstelle 7 oder das spezifische Verhalten des Prozesses 6 ermöglichen.
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Im Einzelnen kann das Training des Auswertungsalgorithmus mittels der Trainingsapplikation somit beispielsweise in folgenden Varianten erfolgen:
- 1) Training nur durch die übergeordnete Datenverarbeitungsstruktur 8,
- 2) Training nur durch den Messumformer 7,
- 3) Training durch die übergeordnete Datenverarbeitungsstruktur 8, anschließendes, weiterführendes Training durch den Messumformer 7,
- 4) Training durch den Messumformer 7, anschließendes, weiterführendes Training durch die übergeordnete Datenverarbeitungsstruktur 8.
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Selbstverständlich können der Messumformer 7 und die Datenverarbeitungsstruktur 8 auch Trainingsdaten untereinander austauschen.
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Weiter ist es möglich, dass der Messumformer im Rahmen des Trainings oder des weiterführenden Trainings (Variante 2, 3 oder 4) einen von der Datenverarbeitungsstruktur 8 zur Verfügung gestellten Testdatensatz für die Überprüfung des anhand eines Trainingsdatensatzes erhaltenen Auswertungsalgorithmus aus der Datenverarbeitungsstruktur 8 herunterlädt. Dieser Testdatensatz kann aus Labormessungen, aus historischen Daten der Messstelle 2 oder aus historischen Daten anderer mit der Datenverarbeitungsstruktur 8 kommunizierenden, vergleichbaren Messstellen stammen.
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Die Zusatzinformation kann beispielsweise eine sensorisch nicht direkt bestimmbare Messgröße oder Eigenschaft des Messmediums repräsentieren. Der Sensor 3 kann beispielsweise ein Spektrometer sein, der Sensor 4 ein Drucksensor und der Sensor 5 ein Temperatursensor. Die Zusatzinformation kann aus dem von dem Spektrometer gelieferten Sensorsignalen M1, die ein Spektrum des Messmediums in einem bestimmten Wellenlängenbereich (z.B. UV/Vis) repräsentieren, mittels des Auswertungsalgorithmus abgeleitet werden. Vorteilhaft kann der Auswertungsalgorithmus zusätzlich die Sensorsignale M2 und M3 des Druck- und Temperatursensors mitberücksichtigen. Anhand der Daten kann der Auswertungsalgorithmus als Zusatzinformation einen bestimmten, sensorisch nicht direkt erfassbaren Analyten in dem Messmedium qualitativ oder quantitativ ermitteln.
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Alternativ kann der Auswertungsalgorithmus aus den Sensorsignalen M1, M2, M3 auch eine qualitative Eigenschaft des Messmediums als Zusatzinformation, z.B. einen Geruch oder einen Geschmack bzw. eine Geruchs- oder Geschmackskomponente ermitteln. Solche Geschmackskomponenten können beispielsweise „süß“, „bitter“, „sauer“, „salzig“ und weitere sein. Der Auswertungsalgorithmus kann zusätzlich oder alternativ auch trainiert werden, bestimmte Fehlerzustände aus den Sensorsignalen M1, M2 und M3 als Zusatzinformation abzuleiten. Ein solcher Fehlerzustand kann zum Beispiel das Vorliegen von unerwünschten Fremdsubstanzen oder lichtstreuenden Partikeln im Messmedium sein.
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Ein Trainingsdatensatz kann aus Trainings-Sensorsignalen und mit den Trainings-Sensorsignalen verknüpften Werten der zu bestimmenden Zusatzinformation bestehen. Aus einer Vielzahl von Trainingsdatensätzen kann der Auswertungsalgorithmus erlernen, spezifischen Sensorsignalen oder Kombinationen von spezifischen Sensorsignalen einen Wert der Zusatzinformation zuzuordnen. Im Folgenden werden zur Veranschaulichung einige Beispiele aus verschiedenen Anwendungsgebieten in der Prozessindustrie angegeben.
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Im Bereich Wasser/Abwasser kann der Auswertungsalgorithmus dazu dienen, als Zusatzinformation aus Sensordaten der Messstelle Fehlerzustände, z.B. Rohrbrüche, den Eintrag von Festkörperpartikel, z.B. Sand, Algen oder Bakterien, zu erkennen.
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Im Bereich der Lebensmittelprozesstechnik kann der Auswertungsalgorithmus dazu dienen, als Zusatzinformation aus Sensordaten der Messstelle 2 Qualitätsparameter der Prozessmedien als Zusatzinformationen zu identifizieren. So kann der Auswertungsalgorithmus beispielsweise für eine Messstelle 2 in einer Prozessanlage, in der verschiedene Getränke produziert werden, als Zusatzinformation das gerade an der Messstelle vorliegende Messmedium identifizieren, z.B. als „Reinigungsmittel“, „Getränk 1“, „Getränk 2“ usw. Auch die Erkennung von Fehlerzuständen ist möglich.
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Im Bereich der chemischen oder pharmazeutischen Prozesstechnik kann der Auswertungsalgorithmus dazu dienen, als Zusatzinformation aus Sensordaten der Messstelle Fehlerzustände, z.B. das Vorhandensein von unerwünschten Fremdstoffen, Lecks usw. zu erkennen.
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Im Bereich Life Science kann der Auswertungsalgorithmus dazu dienen, als Zusatzinformation aus Sensordaten der Messstelle nicht sensorisch direkt messbare Größen, z.B. die Population oder Dichte von lebenden Zellen, die Konzentration eines von den Zellen erzeugten Prozessproduktes oder Stoffwechselproduktes zu ermitteln.
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Die Trainingsapplikation kann auch dazu ausgestaltet sein, redundante Sensoren der Messstelle zu erkennen und die Information auszugeben. So kann dem Anwender beispielsweise angezeigt werden, dass einer der Sensoren 3, 4 oder 5 zur Bestimmung der Zusatzinformation nicht erforderlich ist. Der Anwender kann dann entscheiden, den redundanten Sensor von der Messstelle zu entfernen.
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Auch wenn in 1 eine Messstelle mit drei Sensoren dargestellt ist, ist die Erfindung nicht auf diese Konfiguration beschränkt. Es ist auch möglich, dass nur ein einzelner oder eine sonstige beliebige Anzahl von Sensoren vorgesehen ist. Beispiele für Sensoren zum Einsatz in dem erfindungsgemäßen Sensorsystem sind einzelne oder beliebige Kombinationen aus den im Folgenden genannten Sensoren: Füllstandssensoren, Durchflusssensoren, Drucksensoren, Temperatursensoren und Analysesensoren, wie z.B. pH-Sensoren, Leitfähigkeitssensoren, Trübungssensoren, ionenselektive Elektroden zur Bestimmung von lonenkonzentrationen, amperometrische Sensoren zur Bestimmung gelöster Gase, optochemische Sensoren, z.B. zur Sauerstoff- oder pH-Messung, fotometrische Sensoren oder spektrometrische Sensoren.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102012112784 A1 [0004]
- DE 102012112782 A1 [0004]