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Die Erfindung betrifft ein Klebeverfahren mit einer Vorbehandlung eines Bauteils aus einem epoxidharzbasierten, faserverstärkten Kunststoff (FVK) für eine bessere Klebehaftung.
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Während der Aushärtung eines Bauteils aus einem epoxidharzbasierten, faserverstärkten Kunststoff verwendet man Trennmittel dazu, um das Bauteil nach einer Aushärtung von einer Negativform leichter lösen zu können. Bei Verwendung einer Negativform streicht man auf deren formgebende Oberfläche ein Trennmittel, bevor man die Prepreglagen einlegt. Ferner werden während der Aushärtung Abreißgewebe verwendet. Das Abreißgewebe ist mit einem Trennmittel beschichtet, um das Abreißgewebe leichter abziehen zu können. Mit einem Abreißgewebe oder einer Negativform erzielt man definierte Oberflächen der Bauteile. Nach dem Aushärten des Bauteils, dem sogenannten Urformen, nimmt man das Bauteil aus der Negativform und entfernt das Abreißgewebe. An der Oberfläche des Bauteiles verbleiben Trennmittelrückstände. Bei den Trennmitteln handelt es sich um Fluorverbindungen. Müssen Anklebeelemente an die Bauteile geklebt werden, sind die Trennmittelrückstände hinderlich, da sie die Wirkweise der Adhäsion und somit das Kleben behindern. Man spricht deshalb auch von einer Kontamination der Oberflächen mit Trennmittelrückständen.
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Es sind verschiedene Verfahren zur Vorbehandlung eines Bauteils aus einem faserverstärkten Kunststoff für eine bessere Klebehaftung bekannt (Manfred Rasche, 2012, Handbuch Klebtechnik, ISBN 978-3-446-42402-9, Carl Hanser Verlag München Wien, Seite 261 bis 263): Die einfachste Möglichkeit, die Klebbarkeit auf mit Trennmittelrückständen kontaminierten Oberflächen zu steigern, ist die Entfernung der Trennmittel. Eine Möglichkeit hierfür ist der mechanische Abtrag zum Beispiel durch Strahl- oder Schleifprozesse. Dabei wird eine dünne Schicht der FVK-Oberfläche und mit ihr zusammen auch die Trennmittelrückstände abgetragen. Der mechanische Abtrag mit Strahl- oder Schleifprozessen ist nicht sonderlich zuverlässig, da die Kontaminationen durch das verwendete Schleifmittel oft nur verteilt, aber nicht vollständig entfernt werden. Außerdem ist hierfür entweder ein großer manueller Bearbeitungsaufwand nötig oder eine aufwändige Anlagentechnik zur Automatisierung des Prozesses. Daneben finden physikalische Vorbehandlungsverfahren Anwendung. Die Trennmittelrückstände müssen nicht zwangsweise entfernt werden. Mit Hilfe physikalischer Vorbehandlungsverfahren ist es auch möglich, eine chemische Reaktion an der Oberfläche hervorzurufen, bei der die schlecht klebbaren Fluorverbindungen umgewandelt werden. Meist sind dies Reaktionen mit Sauerstoffradikalen, die durch das Verfahren erzeugt und auf der Oberfläche zur Reaktion gebracht werden. Geeignete Verfahren hierzu sind zum Beispiel Verfahren mit Plasmen, bei denen Moleküle eines Prozessgases, wie zum Beispiel Sauerstoffmoleküle, durch Hochspannung ionisiert und auf die Oberfläche gespült werden, woraufhin dort eine Reaktion die Oberflächenzusammensetzung ändert. Ein weiteres Verfahren ist eine Vorbehandlung mit UV-Strahlung, die ebenfalls die Moleküle eines Prozessgases oberflächennah am Bauteil ionisiert und somit eine Reaktion und Aktivierung der Oberfläche ermöglicht. Auch für die Vorbehandlung mit physikalischen Verfahren ist eine aufwändige und teure Anlagentechnik notwendig. Plasmaanlagen und UV-Strahler sind nicht zu unterschätzende Investitionen. Sie lassen sich außerdem schlecht in bestehende Produktionsstraßen einbinden, da die Prozesse oft in geschlossenen Atmosphären, teils unter Vakuum, stattfinden müssen. Zudem entstehen dabei gesundheits- und umweltschädliche Radikale, wie beispielsweise Ozon.
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Die
EP 0 233 755 B1 zeigt ein Verfahren zum Vorbehandeln einer Oberfläche eines kunststoffhaltigen Formteils für das anschließende Aufbringen von Bindemittel, Anstrichmittel oder für eine anderweitige, die Oberfläche verändernde Behandlung.
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Die
EP 0 314 264 A2 zeigt ein Klebeverfahren mit einer Vorbehandlung für eine bessere Klebehaftung. Die Vorbehandlung umfasst eine Bestrahlung mit UV-Strahlung.
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Die
DE 198 00 035 A1 zeigt ein Klebeverfahren für eine Oberfläche aus einem Magnesiumwerkstoff und eine Oberfläche aus einem Kunststoff. Vor der Verklebung kann eine Reinigungsvorbehandlung oder eine Oberflächenaktivierungsvorbehandlung erfolgen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein gattungsgemäßes Verfahren zu schaffen, bei dem die Vorbehandlung des Bauteils aus einem epoxidharzbasierten, faserverstärkten Kunststoff für eine bessere Verklebung auf eine alternative, vorteilhafte Art und Weise erfolgt.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die Merkmale des Anspruches 1 gelöst.
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Die Vorteile der Erfindung basieren darauf, dass die Vorbehandlung des Bauteils für eine bessere Klebehaftung eine Wärmebehandlung ist, bei der das Bauteil in einem Ofen für eine Dauer von mindestens einer Stunde bei einer Temperatur von 150 bis 250 °C wärmebehandelt wird, wobei mindestens die Anklebeflächen einer oxidativen Atmosphäre ausgesetzt sind. Durch die Vorbehandlung wird die Klebbarkeit von epoxidharzbasierten FVK-Oberflächen gesteigert, indem die mit Trennmittelrückständen verunreinigte FVK-Oberflächen, mindestens jedoch die Anklebeflächen, oxidiert und somit besser klebbar gemacht werden. Es findet eine Reaktion mit dem Luftsauerstoff statt. Die gebildeten Sauerstoffverbindungen können mit später aufgetragenen Klebstoffen wechselwirken. Die Vorteile der Erfindung sind zusammengefasst:
- • Wenig bis keine Schädigung des Materials, weil die Prozesstemperaturen niedrig sind.
- • Keine Gefahrstoffe oder Abfälle,
- • Auch für komplexe Bauteile anwendbar, die beispielsweise gekrümmt sind oder Hinterschneidungen aufweisen.
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Gemäß einer überaus vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist der Ofen der Wärmebehandlung der Autoklav, in dem die Aushärtung stattfand. Dies erübrigt eine zusätzliche Anlagentechnik. Investitionskosten spart man hierdurch ein.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird das Bauteil bei einer Temperatur von 170 bis 220 °C wärmebehandelt.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung resultiert die Kontamination mit Trennmitteln daraus, dass während der Aushärtung ein Trennmittel verwendet wurde, um das Bauteil nach der Aushärtung von einer Negativform leichter lösen zu können.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung resultiert die Kontamination mit Trennmitteln daraus, dass während der Aushärtung ein Abreißgewebe verwendet wurde, das mit einem Trennmittel beschichtet ist, um das Abreißgewebe leichter abziehen zu können.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung weist das Trennmittel Fluorverbindungen auf.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung werden nach der Wärmebehandlung die Anklebeelemente mit einem kalt aushärtenden Kleber an die Anklebeflächen des Bauteiles angeklebt.
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Bei den zuvor aufgeführten Ausgestaltungen der Erfindung funktioniert die Vorbehandlung für eine bessere Klebehaftung besonders gut.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden nachfolgend an Hand der Zeichnungen näher erläutert. Hierbei zeigen:
- 1 ein Bauteil und Anklebeelemente, als Explosionszeichnung;
- 2 das Bauteil mit angeklebten Anklebeelementen, perspektivisch dargestellt;
- 3 eine Negativform, die für die Herstellung des Bauteiles verwendet wurde, perspektivisch dargestellt;
- 4 ein Kampfflugzeug mit einer ausgefahrenen Luftklappe, die aus dem Bauteil und den Anklebeelementen gebildet ist.
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Nachfolgend wird ein Klebeverfahren mit einer Vorbehandlung eines Bauteils für eine bessere Klebehaftung beschrieben.
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Das in 1 gezeigte Bauteil 10 ist ein zuvor in einem Autoklav ausgehärtetes Bauteil 10 aus einem epoxidharzbasierten, faserverstärkten Kunststoff. Das Bauteil 10 wurde nach Herstellerangaben mit den entsprechenden Temperatur- und Druckparametern im Autoklaven ausgehärtet.
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Das Bauteil 10 weist Anklebeflächen 11 auf, an die in einem späteren Schritt des Klebeverfahrens Anklebeelemente 20 angeklebt werden.
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Die Anklebeflächen 11 sind mit Trennmitteln kontaminiert. Die Kontamination mit Trennmitteln resultiert daher, dass während der Aushärtung ein Abreißgewebe verwendet wurde, das mit einem Trennmittel beschichtet ist. In Abweichung zum Ausführungsbeispiel könnte die Kontamination mit Trennmitteln auch daher resultieren, dass während der Aushärtung Trennmittel verwendet wurden, um das Bauteil nach der Aushärtung leichter von einer Negativform lösen zu können.
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Das Trennmittel weist in der Regel Fluorverbindungen auf, die die Klebbarkeit der Oberfläche mindern.
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Die Vorbehandlung des Bauteils 10 für eine bessere Klebehaftung ist eine Wärmebehandlung, bei der das Bauteil 10 in einem Ofen wärmebehandelt wird. Der Ofen der Wärmebehandlung ist der Autoklav, in dem die Aushärtung stattfand. Hierdurch spart man zusätzliche Anlagekosten. Da der Autoklav bei dieser Wärmebehandlung, die eine Oberflächenfunktionalisierung bewirkt, ohne Druckdifferenz betrieben wird, dient er hierbei, nur als Ofen. Das Bauteil 10 wird in dem als Ofen verwendeten Autoklaven für eine Dauer von mindestens einer Stunde bei einer Temperatur von 150 bis 250 °C, insbesondere bei 170 bis 220 °C, wärmebehandelt. Mit tieferen Temperaturen verlängert sich die Dauer der Vorbehandlung, und umgekehrt. Mindestens die Anklebeflächen 11 sind einer oxidativen Atmosphäre ausgesetzt. Dies bedeutet, dass die Anklebeflächen 11 von einer Negativform oder einem Abreißband befreit sein müssen. Die Prozesstemperatur der Vorbehandlung bewegt sich zwischen einer Temperatur (150 °C), die 30°C unterhalb der Aushärtetemperatur (180 °C) liegt, und einer Temperatur (250°C), die 50° oberhalb der Glastemperatur (200°C) liegt. Insbesondere bei höheren Temperaturen (180-200°C) verläuft die Vorbehandlung schneller und somit effizienter. Aufgrund der Wärmebehandlung oxidieren die Oberflächen. Die oxidierten Oberflächen verbessern die Klebehaftung. Die verwendeten Prozessparameter Zeitdauer und Temperatur der Vorbehandlung sind dabei vom verwendeten Werkstoff abhängig. Für das untersuchte Prepregsystem Hexcel 8552/IM7 hat sich eine Temperatur von 190°C und 4h Behandlungsdauer als praktikabel erwiesen. Wichtig ist, dass sämtliche Anklebeflächen offen liegen und von der Umgebungsluft erreicht werden. Die vorgenannte Vorbehandlung eignet sich für heißhärtende Prepregs auf Epoxydharzbasis.
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Nach der Wärmebehandlung werden die Anklebeelemente 20 mit einem kalt aushärtenden Kleber an die Anklebeflächen 11 des Bauteiles 20 angeklebt. Auf Klebeverbindungen mit dieser Art von Klebstoffen wirkt sich die Vorbehandlung besonders vorteilhaft aus.
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Nachfolgend wird das vorgenannte Verfahren noch weiter konkretisiert. Die 4 zeigt eine typische Anwendung. Das Bauteil 10 und die Anklebeelemente 20 bilden eine Luftbremse 51 eines Kampfflugzeuges 50. Nach 1 ist das Bauteil eine dünnwandige Schale. Die konkave Außenfläche bildet später die Außenhaut eines Kampfflugzeuges. Die konvexe Außenfläche des Bauteils 10 ist durch Anklebeelemente 20 in Form von Versteifungselementen verstärkt. Andere, für die Vorbehandlung gut geeignete Bauteile mit angeklebten Anklebeelementen können Rumpfsegmente, Flügelschalen oder Leitwerke von Luftfahrtzeugen sein. Die mit dem Verfahren vorbehandelbaren Bauteile können eine mittlere Größe mit einer vertikalen und horizontalen Ausdehnung von ein bis zwei Metern aufweisen. Bei größeren Bauteilen ist die Rentabilität hinsichtlich des Energieverbrauchs durch das Aufheizen entsprechend großer Autoklaven gegenüber anderen Oberflächenvorbehandlungen zu berücksichtigen.
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Das Bauteil 10, die dünne Schale, wird in einem ersten Schritt in einer großen, in 3 gezeigten Negativform 30 gefertigt. Dabei handelt es sich um eine einteilige, konvexe Form, in die die einzelnen Prepreglagen (hier: Hexcel 8552/IM7) eingelegt werden. Die Außenseite der späteren Luftbremse ist also die Negativformseite. Um das Bauteil nach der Aushärtung leichter aus der Negativform herauszulösen zu können, wird vor der Aushärtung zwischen einer ersten Prepreglage und der Negativform ein fluorbasiertes Trennmittel aufgetragen. Die Innenseite des Bauteils wird mit einer Lage Abreißgewebe (hier: Release Ease ® TFP 234) versehen. Hierbei handelt es sich um ein Gewebe, das bereits mit einem fluorbasierten Trennmittel beschichtet ist. Dies dient dazu, überschüssiges Harz aufzunehmen und eine homogene Oberflächenstruktur auf dem Bauteil zu erzeugen. Anschließend erfolgt die Aushärtung des Bauteils im Autoklaven unter Vakuum und 180°C Temperatur für zwei Stunden. Dies entspricht der Vorgabe des Herstellers für das verwendete Material.
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Danach erfolgt das Auspacken der Schale und Abziehen des Abreißgewebes. Vorangegangene Untersuchungen zeigten nach dem Entfernen des Abreißgewebes eine oberflächliche Kontamination des Bauteils mit Fluor. Diese kann bis zu 10% bezogen auf die Gesamtmenge an Atomen auf der Oberfläche betragen. Diese Verunreinigungen resultieren in einer schlechteren Klebbarkeit.
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Um die in 1 dargestellten Anklebeelemente 20 in Form der Versteifungselemente später gut einkleben zu können, erfolgt nach der Aushärtung eine Vorbehandlung der CFK-Schalenstruktur im bereits zur Aushärtung verwendeten Autoklaven. Die Vorbehandlung erstreckt sich über eine Dauer von 4h bei einer Temperatur von 190°C ohne Vakuum. Die Vorbehandlung bewirkt eine thermische Oxidation der Oberfläche.
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Anschließend werden die Anklebeelemente 20 in Form der Versteifungselemente auf das Bauteil 10 aufgeklebt. Hierzu wird ein kalt aushärtender Pastenklebstoff (Hysol 9395, Aushärtung: 2h bei 65°C in einer Presse) verwendet. Die 2 zeigt das Bauteil 10 mit den angeklebten Anklebeelementen 20.
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Um den Effekt der Vorbehandlung quantifizieren zu können, wurden Probeplatten aus 8552/IM7 (25 × 25 × 2 mm3) ausgehärtet (180°C für 2h nach Herstellerangaben) und vorbehandelt durch eine Wärmebehandlung (190°C, 4h, nach Entfernen des Abreißgewebes: Release Ease ® TFP 234). Es wurden Proben für die Zentrifugaladhäsionsanalyse (LUMiFrac nach DIN EN 15870, Klebstoff: 20% Loctite Hysol ® EA 9396 und 80% Loctite Hysol ® EA 9395) gefertigt und geprüft. Durch die thermische Behandlung ergab sich ein Festigkeitsanstieg um etwa 50%.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Bauteil
- 11
- Anklebefläche
- 16
- Außenhaut Bauteiloberfläche Negativform
- 17
- Innenhaut Bauteiloberfläche Abreißgewebe
- 20
- Anklebeelement
- 30
- Negativform
- 50
- Kampfflugzeug
- 51
- Luftklappe