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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines verstellbaren Wankstabilisators für ein Kraftfahrzeug gemäß den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie ein System zur Wankstabilisierung nach Anspruch 9.
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Aus der Kraftfahrzeugtechnik, insbesondere der Fahrwerkstechnik, ist es bekannt, das Roll- bzw. Wankverhalten von Kraftfahrzeugen mittels sogenannter Wankstabilisatoren zu beeinflussen. Im Grundaufbau handelt es sich hierbei um eine im Wesentlichen C-förmige Drehstabfeder, die im mittigen Bereich drehbar gegenüber dem Fahrzeugaufbau gelagert ist und deren äußere, sich gegenüberliegende Enden mittels Koppelelementen, sogenannten Pendelstützen, jeweils mit einer Radaufhängung gekoppelt sind. Durch diese Konstruktion sorgt der Wankstabilisator dafür, dass die Karosserie des Fahrzeugs bei einer Kurvenfahrt nicht nur an der kurvenäußeren Seite einfedert (bedingt durch die Zentrifugalkraft), sondern dass zudem das kurveninnere Rad etwas abgesenkt wird. Wankstabilisatoren verbessern die Spurtreue des Fahrzeugs und vermindern die seitliche Neigung des Fahrzeugaufbaus (Wanken), wodurch Kurvenfahrten sicherer und komfortabler werden.
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Zur weiteren Steigerung der Fahrzeugstabilität sowie des Fahrkomforts ist es bekannt, derartige Wankstabilisatoren verstellbar auszuführen. Der Wankstabilisator umfasst in diesem Fall einen Aktuator und ist in zwei mit Hilfe des Aktuators um eine Rotationsachse relativ zueinander verdrehbare Stabilisatorabschnitte geteilt. Durch Verdrehung der Stabilisatorabschnitte zueinander wird eine Wankbewegung des Fahrzeugaufbaus gezielt erzeugt oder einer durch äußere Einflüsse hervorgerufenen Wankbewegung des Fahrzeugaufbaus gezielt entgegengewirkt. Aus dem Stand der Technik sind verstellbare Wankstabilisatoren bekannt, deren Aktuator einen Elektromotor aufweist, der zur Erzielung geeigneter Drehzahlen bzw. Drehmomente mit einem mechanischen Getriebe, insbesondere in Bauform eines mehrstufigen Planetengetriebes in Antriebsverbindung steht. In diesem Zusammenhang sei beispielhaft auf
DE 10 2016 219 399 A1 verwiesen.
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Neben der konstruktiven Gestaltung eines verstellbaren Wankstabilisators stellt auch dessen zweckgerechte Ansteuerung eine technische Herausforderung dar.
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In diesem Zusammenhang sei verwiesen auf
EP 1 362 720 A1 , welche für ein vierrädriges Kraftfahrzeug ein Verfahren zum Betreiben eines verstellbaren Wankstabilisators beschreibt. Die jeweils einer Fahrzeugachse zugeordneten verstellbaren Wankstabilisatoren werden jeweils mittels eines von einer elektronischen Steuereinheit unter Berücksichtigung der Querbeschleunigung und Fahrgeschwindigkeit sowie des Lenkwinkels des Kraftfahrzeugs geeignet angesteuerten Aktuators gegeneinander verdreht. Zur Vermeidung von unerwünschten Kopierbewegungen, die insbesondere bei Straßenunebenheiten von einem Wankstabilisator hervorgerufen werden, wird darin vorgeschlagen, dass zusätzlich Höhenstandssignale der einzelnen Räder gegenüber dem Fahrzeugaufbau berücksichtigt werden, so dass im Falle einer durch Straßenunebenheiten angeregten Relativbewegung eines Rades in Vertikalrichtung der diesem Rad zugeordnete Stabilisatorabschnitt durch den Aktuator der genannten Radbewegung zumindest teilweise nachgeführt wird. Durch dieses aktive Nachführen eines Stabilisatorabschnitts abhängig vom erfassten Höhenstand eines einzelnen Rades lässt sich die in Form von Straßenunebenheiten in die Wankstabilisierung eingehende Störgröße zumindest teilweise kompensieren, insbesondere mit dem Ziel, dass die Nachführung derart erfolgt, dass durch den jeweiligen (nachgeführten) Stabilisatorabschnitt kein durch eine Straßenunebenheit verursachtes Moment in die zugehörige Radaufhängung eingeleitet wird.
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Allgemein, d. h. unabhängig von
EP 1 362 720 B1 , lässt sich ein verstellbarer Wankstabilisator in der Weise betreiben, dass dessen Aktuator im Rahmen einer Störgrößenregelung - d. h. zur Kompensation von Straßenunebenheiten - in Abhängigkeit des Stabilisatorwinkels angesteuert wird. Es handelt sich dabei um den Winkel, um welchen sich die Stabilisatorabschnitte abhängig vom Systemwinkel des Aktuators und von einem auf den verstellbaren Wankstabilisator einwirkenden System-Moment zueinander verwinden. Auf den Stabilisatorwinkel wird aus sensorisch erfassten Höhenständen der Räder mittels eines für den Wankstabilisator und/oder das Kraftfahrzeug hinterlegten Zusammenhangs geschlossen, wobei dieser hinterlegte Zusammenhang insbesondere in Form einer nominellen Kennlinie hinterlegt sein kann, die zuvor an einem exemplarischen Fahrzeug bestimmt wurde. Aus dieser hinterlegten Kennlinie ist also ein Zusammenhang aus vertikaler Bewegung der Radmittelpunkte (sensorisch erfasste Höhenstände der Räder) und Verdrehwinkel des verstellbaren Wankstabilisators entnehmbar, welche als Eingangsgröße für die Wankstabilisierung benötigt wird.
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Mit anderen Worten beinhaltet der hinterlegte Zusammenhang also für jede Kombination aus „Einfederungszustand der linken Fahrzeugseite“ und „Einfederungszustand der rechten Fahrzeugseite“ achsweise ein Kennfeld, welchem derjenige Stabilisatorwinkel zu entnehmen ist, mit welchem der Aktuator kraft- bzw. momentenfrei wäre. Aus Sicherheitsgründen besteht ein Bedarf den hinterlegten Zusammenhang zwischen „Einfederungszustand“ (Höhenstände der Räder) und „einzustellendem Stabilisatorwinkel“ während des Betriebs des verstellbaren Wankstabilisators zu überwachen, insbesondere zu plausibilisieren.
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Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Verfahren zum Betreiben eines verstellbaren Wankstabilisators für ein Kraftfahrzeug anzugeben, mit welchem sich eine wie zuvor beschriebene auf einem hinterlegten Zusammenhang basierende Störgrößenregelung für die Ansteuerung des Aktuators überwachen, insbesondere plausibilisieren lässt. Daneben soll ein entsprechendes System zur Wankstabilisierung angegeben werden.
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Die Aufgabe wird zunächst gelöst durch ein Verfahren zum Betreiben eines verstellbaren Wankstabilisators für ein Kraftfahrzeug mit den Merkmalen des Anspruchs 1. Erfindungsgemäß weist der verstellbare Wankstabilisator dabei einen Aktuator auf, der in Bezug auf eine Rotationsachse unter Aufbringung eines System-Moments um einen Systemwinkel verdrehbar ist, um zwei damit verbundene Stabilisatorabschnitte um die Rotationsachse gegeneinander zu verdrehen. Die Stabilisatorabschnitte sind radial von der Rotationsachse entfernt jeweils mit einer Radaufhängung gekoppelt und verwinden sich abhängig vom Systemwinkel und unter dem äußeren Einfluss von Bewegungen der Radaufhängungen um einen Stabilisatorwinkel zueinander. Der Aktuator wird insbesondere im Rahmen einer Störgrößenregelung in Abhängigkeit des Stabilisatorwinkels angesteuert, auf welchen aus sensorisch erfassten Höhenständen der Räder mittels eines für den Wankstabilisator und/oder das Kraftfahrzeug hinterlegten Zusammenhangs geschlossen wird. Erfindungsgemäß wird der hinterlegte Zusammenhang zwischen Höhenständen der Räder und Stabilisatorwinkel mittels einer Modellrechnung plausibilisiert.
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Erfindungsgemäß wurde somit erkannt, dass ein hinterlegter Zusammenhang zwischen Höhenständen der Räder und Stabilisatorwinkel aus Sicherheitsgründen einer Überwachung auf Plausibilität bedarf. Auf diese Weise wird eine Möglichkeit geschaffen, Fehler bei der Ansteuerung des Aktuators zu vermeiden, welche im Rahmen der Störgrößenregelung basierend auf dem hinterlegten Zusammenhang zwischen sensorisch erfassten Höhenständen der Räder und einzustellendem Stabilisatorwinkel auftreten können. Konkret wurde erkannt, dass sich mittels einer Modellrechnung eine Plausibilisierung des Stabilisatorwinkels durchführen lässt. Gemäß allgemeinem Verständnis geht es bei der Plausibilisierung mittels der Modellrechnung um eine Überprüfung, ob der auf Grundlage des hinterlegten Zusammenhangs aus den sensorisch erfassten Höhenständen der Räder geschlossene Wert für den einzustellenden Stabilisatorwinkel plausibel ist, insbesondere also annehmbar, einleuchtend und/oder nachvollziehbar erscheint oder nicht. Insbesondere geht es bei der Plausibilisierung also nicht vorrangig um die Verifizierung der Richtigkeit des Wertes, sondern vielmehr soll eine ggf. vorhandene offensichtliche Unrichtigkeit auf einfache Weise erkannt werden, um ggf. frühzeitig eine Fehlerreaktion auszulösen.
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Auf für sich gesehen bekannte und bereits zuvor erläuterte Weise handelt es sich bei dem hinterlegten Zusammenhang zwischen Höhenständen der Räder und Stabilisatorwinkel um eine Kennlinie, die durch Messung an einem verstellbaren Wankstabilisator oder einem damit ausgestatteten Kraftfahrzeug ermittelt wurde.
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Die erfindungsgemäß vorgeschlagene Plausibilisierung mittels einer Modellrechnung kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Im beschriebenen technischen Zusammenhang wurde als vorteilhaft angesehen, dass für die Modellrechnung ein durch Linearkinematik angenähertes Modell des verstellbaren Wankstabilisators genutzt wird. Mit anderen Worten, es wird ein durch Linearisierung vereinfachtes kinematisches Modell des verstellbaren Wankstabilisators genutzt, um den Zusammenhang zwischen sensorisch erfassten Höhenständen der Räder und einzustellendem Stabilisatorwinkel zu plausibilisieren.
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Eine vorteilhafte Weiterbildung des Verfahrens sieht vor, dass die Modellrechnung auf einer kinematischen Umrechnung der sensorisch erfassten Höhenstände der Räder in einen errechneten Stabilisatorwinkel beruht, welcher zur Plausibilisierung mit dem aus dem hinterlegten Zusammenhang geschlossenen Stabilisatorwinkel verglichen wird. Solange der mittels Modellrechnung errechnete Stabilisatorwinkel verglichen mit dem aus hinterlegtem Zusammenhang geschlossenen Stabilisatorwinkel plausibel erscheint, sind keine weiteren Maßnahmen notwendig.
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In vorteilhafter Weise erfolgt die kinematische Umrechnung auf Grundlage einer Differenz der sensorisch erfassten Höhenstände der Räder in Kombination mit kinematischen Kenngrößen der Fahrwerkgeometrie des verstellbaren Wankstabilisators und/oder des damit ausgestatteten Kraftfahrzeugs.
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Gemäß einem durch Linearkinematik angenäherten Modell des verstellbaren Wankstabilisators lässt sich der Stabilisatorwinkel auf vorteilhafte Weise einfach berechnen als:
wobei
- Einfederungsdifferenz = Differenz der Höhenstände (z7a, z7b) der Räder (8a, 8b);
- D = Verhältnis zwischen „Entfernung Stabilisatoranbindung zu Lenkeranbindung (L1 )“ und „Entfernung Radmitte zu Lenkeranbindung (L2 )“, somit = L1 /L2 ;
- h = Hebelarmlänge Stabilisatorabschnitt [d.h. radiale Entfernung Stabilisatoranbindung von der Rotationsachse (3)].
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Mit der angegebenen Berechnung für den Stabilisatorwinkel ist basierend auf einem noch zu erläuternden durch Linearkinematik angenäherten Modell des verstellbaren Wankstabilisators eine parallele Berechnung (neben dem hinterlegten Zusammenhang) des Stabilisatorwinkels möglich.
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Durch die beschriebene kinematikbasierte Berechnung des Stabilisatorwinkels ist auf vorteilhafte Weise eine Plausibilisierung im laufenden Betrieb des verstellbaren Wankstabilisators möglich. Da als Eingangsgröße lediglich die Differenz der Höhenstände der Räder erforderlich ist, lässt sich die Plausibilisierung mit verhältnismäßig geringem Aufwand durchführen.
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Zweckmäßigerweise ist vorgesehen, dass durch mangelnde Plausibilität eine Fehlerreaktion ausgelöst wird. Mangelnde Plausibilität liegt insbesondere dann vor, wenn der aus den Höhenständen der Räder unter Anwendung des hinterlegten Zusammenhangs geschlossene Stabilisatorwinkel von dem mittels Modellrechnung errechneten Stabilisatorwinkel in einer Weise abweicht, dass dieser als nicht annehmbar, nicht einleuchtend und/oder nicht nachvollziehbar, kurz als offensichtlich unrichtig und damit nicht plausibel erscheint. Die Fehlerreaktion kann unterschiedliche Maßnahmen beinhalten, wie beispielsweise ein Warnsignal (optisch oder akustisch), eine Hinterlegung im Fehlerspeicher des Wankstabilisators und/oder des Kraftfahrzeugs, eine Reaktion des Wankstabilisators wie beispielsweise ein Abschalten oder ein aktives Einnehmen einer neutralen Position (Nullstellung).
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Die eingangs genannte Aufgabe wird daneben gelöst durch ein System zur Wankstabilisierung gemäß Anspruch 9. Es handelt sich hierbei um ein System zur Wankstabilisierung, das ausgebildet ist, ein Verfahren der zuvor beschriebenen Art auszuführen.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand einer Zeichnung näher erläutert. Daraus ergeben sich auch weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung. In der Zeichnung zeigt:
- 1 einen verstellbaren Wankstabilisator für ein Kraftfahrzeug in schematischer Ansicht,
- 2 eine graphische Darstellung einer Regelstrategie eines verstellbaren Wankstabilisators,
- 3 eine schematische Ansicht eines mit einem verstellbaren Wankstabilisator ausgestatteten Kraftfahrzeugs im Schnitt von vorn,
- 4 eine Prinzipdarstellung zur Erläuterung eines geometrischen Zusammenhangs am verstellbaren Wankstabilisator.
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Zur Veranschaulichung des Einsatzgebietes der Erfindung zeigt 1 zunächst einen verstellbaren Wankstabilisator 1 in schematischer Ansicht. Der verstellbare Wankstabilisator 1 ist Teil eines nicht vollständig gezeigten Fahrwerks eines (nicht dargestellten) Kraftfahrzeugs. Vom Kraftfahrzeug ist lediglich ein Fahrzeugaufbau 10 per Bezugszeichen angedeutet. Der Wankstabilisator 1 ist auch Teil einer Achse des Kraftfahrzeugs, beispielsweise kann bzw. können die Vorderachse und/oder Hinterachse des Kraftfahrzeugs mit dem verstellbaren Wankstabilisator 1 ausgestattet sein.
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Wie 1 zeigt, sind ein linkes Rad 7a und ein auf der gegenüberliegenden Fahrzeugseite angeordnetes rechtes Rad 7b jeweils über eine nicht näher zu erläuternde Lenkeranordnung 8a bzw. 8b mit dem Fahrzeugaufbau 10 verbunden. Rad 7a und Lenkeranordnung 8a bzw. Rad 7b und Lenkeranordnung 8b bilden somit jeweils eine Einheit, und sind jeweils über eine Pendelstütze 9a bzw. 9b an ein Ende eines zugehörigen Stabilisatorabschnitts 7a bzw. 7b des verstellbaren Wankstabilisators 1 gekoppelt. Der linke Stabilisatorabschnitt 6a und der rechte Stabilisatorabschnitt 6b sind fahrzeugmittig über einen als im Wesentlichen zylindrischer Körper dargestellten Aktuator 2 miteinander verbunden.
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Auf für sich gesehen bekannte Weise ist der verstellbare Wankstabilisator 1 um eine Rotationsachse 3 drehbar gegenüber dem Fahrzeugaufbau 10 gelagert, hierzu dienen eine linke Stabilisatorlagerung 11a und eine rechte Stabilisatorlagerung 11b, welche gemäß 1 einen dem Aktuator 2 zugewandten Bereich des jeweiligen Stabilisatorabschnitts 6a bzw. 6b - vereinfacht dargestellt - U-förmig umgreifen.
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Der hier als zylindrischer Körper dargestellte Aktuator 2 umfasst im Wesentlichen ein in Bezug auf die Rotationsachse 3 im Wesentlichen rotationssymmetrisches Gehäuse (nicht näher bezeichnet), in welchem ein Elektromotor 4 sowie ein mehrstufiges Planetengetriebe 9 und ein Drehzahlsensor 13 (jeweils nur durch Bezugszeichen angedeutet) angeordnet sind. Über den Elektromotor 4 und das mehrstufige Planetengetriebe 5 stehen die Stabilisatorabschnitte 6a und 6b in Antriebsverbindung zueinander. Bei stehendem Aktuator 2 sind die beiden Stabilisatorabschnitte 6a, 6b über den stehenden Elektromotor 4 und das damit antriebsverbundene mehrstufige Planetengetriebe 5 starr miteinander verbunden. Durch den Betrieb des Elektromotors 4 lassen sich die Stabilisatorabschnitte 6a, 6b jedoch abhängig von der Drehrichtung des Elektromotors 4 um die Rotationsachse 3 gegeneinander verdrehen. Dabei gibt das mehrstufige Planetengetriebe 5 ein festes Drehzahlverhältnis zwischen Antrieb (Elektromotor 4) und Abtrieb (mit dem Getriebeausgang gekoppelter rechter Stabilisatorabschnitt 6b) vor. So lässt sich der verstellbare Wankstabilisator 1 auf für sich gesehen bekannte Weise verstellen.
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Abhängig vom Betriebszustand des verstellbaren Wankstabilisators 1 bzw. des damit ausgestatteten Fahrzeugs kann es zu einer Torsion der über den Aktuator 2 miteinander gekoppelten Stabilisatorabschnitten 6a, 6b kommen, in deren Abhängigkeit sich ein um die Rotationsachse 3 wirkendes Moment MSystem entwickelt. Dieses Moment MSystem liegt am Aktuator 2 in Form eines System-Moments an.
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Mit Hilfe des Wankstabilisators 1 kann ein Wankmoment MWank abgestützt werden, das zwischen Fahrzeugaufbau 10 und Rädern 7a, 7b wirkt. Durch Verstellung des Wankstabilisators 1 lässt sich das abstützbare Wankmoment MWank beeinflussen. Zur bedarfsgerechten Regelung des Wankstabilisators 1 sind dem linken Rad 7a bzw. dem rechten Rad 7b jeweils ein Höhenstandssensor 12a bzw. 12b zugeordnet, welche eine Erfassung von Radhubbewegungen des jeweiligen Rades ermöglichen und in Form eines Höhenstandes für das linke Rad z7a bzw. Höhenstandes für das rechte Rad z7b ausgeben. Daneben lässt sich über den Drehzahlsensor 13 die Drehung des Elektromotors 4 erfassen und wird in Form eines Drehzahlsignals als Motordrehzahl n ausgegeben.
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Die Regelung des in 1 schematisch dargestellten verstellbaren Wankstabilisators 1 wird anhand der in 2 dargestellten Regelstrategie nachfolgend näher erläutert. Demnach geht in die Regelung des verstellbaren Wankstabilisators 1 als Eingangsgröße ein sogenanntes System-Sollmoment ein. Es handelt sich hierbei um eine vom Fahrzeug vorgegebene Größe, welche dem um die Rotationsachse 3 wirkenden Moment Msystem (vgl. 1) entspricht, das von dem verstellbaren Wankstabilisator 1 auf Ebene des Aktuators abgestützt werden soll, welches also am Aktuator 2 - umfassend Elektromotor 4 und Getriebe 5 - mit Drehsinn um die Rotationsachse 3 angreift. Über das kinematische Zusammenwirken des verstellbaren Wankstabilisators 1, der Radaufhängungen 7a, 7b, 8a, 8b, 9a 9b und der Anbindungen 11a, 11b an den Fahrzeugaufbau 10 stützt der verstellbare Wankstabilisator 1 damit - auf Fahrzeugebene - ein achsbezogenes Wankmoment MWank ab (s. 1, um die Fahrzeuglängsrichtung verlaufend).
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Das System-Sollmoment wird über eine bekannte System-Steifigkeit in einen Verdrehwinkel für die Drehmomentanforderung umgerechnet, wobei die bekannte System-Steifigkeit sich zusammensetzt aus einzelnen Steifigkeiten, insbesondere den Steifigkeiten des Stabilisators selbst (Stabilisatorabschnitte, Getriebe, Gehäuse, ggf. Entkopplungselemente, Pendelstütze, Stabilisatorlagerung und dergleichen).
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Parallel dazu fließt in die Regelung des verstellbaren Wankstabilisators eine Größe zur Kompensation von Störungen ein. Dazu werden Radbewegungsdaten, erfasst durch den Rädern zugeordnete Höhenstandssensoren, in Form von Höhenstandssignalen (radindividuell) sowie eine Kennwerttabelle für einen Entkopplungswinkel (mit zuvor ermittelten fahrzeugspezifischen Daten) zur Bestimmung eines sogenannten „Null-Moment-Winkels“ genutzt, d. h. jenem Winkel, der dem äußeren Verdrehwinkel des verstellbaren Wankstabilisators, verursacht etwa durch unebene Straße, entspricht, und welcher den Aktuator des verstellbaren Wankstabilisators momentenfrei stellen würde. Die beiden auf diese Weise ermittelten Winkel, nämlich der Verdrehwinkel für die Drehmomentanforderung sowie der Null-Moment-Winkel werden anschließend zu einem Sollwinkel addiert.
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Der Sollwinkel wird anschließend einem kaskadierten Lage-Drehzahl-Regler zugeführt. Dieser beinhaltet einen Positions-Regler, der aus dem eingehenden Sollwinkel - unter zusätzlicher Berücksichtigung eines Rückkopplungssignals des Motors - eine Solldrehzahl ermittelt, die wiederum in einen Drehzahl-Regler eingeht. Der Drehzahl-Regler ermittelt auf Grundlage der Solldrehzahl sowie einer Rückkopplung vom Elektromotor (Drehzahl) ein Motor-Sollmoment zur Ansteuerung des Elektromotors. Das Motor-Sollmoment wird wiederum einer feldorientierten Regelung zugeführt, die - wiederum unter Berücksichtigung von Rückkopplungssignalen des Elektromotors - den Elektromotor 4 des Aktuators 2 ansteuert. Ein vom Elektromotor 4 erzeugtes Motorausgangsmoment wird - nun auf mechanischem Wege - über ein Getriebe 5 (mehrstufiges Planetenradgetriebe) zu einem System-Moment gewandelt, das zwischen den Stabilisatorabschnitten (vergl. 1 Bezugszeichen 6a und 6b) wirkt.
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Das in 2 dargestellte Regelungsschema findet vorteilhaft Anwendung an einem wie in 1 dargestellten verstellbaren Wankstabilisator 1. Bei dem dort beschriebenen Regelungsprinzip wird ein eingehendes System-Sollmoment über die System-Steifigkeit in einen Sollwinkel umgerechnet, aus dem mittels eines Lage-DrehzahlReglers ein Motor-Sollmoment ermittelt wird, wobei der Motor mit entsprechenden Motorströmen beaufschlagt wird.
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Zur weiteren Erläuterung der Erfindung sei nun verwiesen auf 3, welche eine schematische Ansicht eines mit einem verstellbaren Wankstabilisator ausgestatteten Kraftfahrzeugs im Schnitt von vorn zeigt. Das Kraftfahrzeug ist nur andeutungsweise und teilweise dargestellt durch einen Fahrzeugaufbau 10 sowie eine beispielhaft und vereinfacht dargestellte Achse, wobei sich der Fahrzeugaufbau 10 mittels einer Lenkeranordnung 8a und einem linken Rad 7a sowie mittels einer rechten Lenkeranordnung 8b und einem rechten Rad 7b gegenüber einer (hier nicht näher gezeichneten) Fahrbahn abstützt.
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Auf für sich gesehen bereits anhand von 1 bereits erläuterte Weise ist das Kraftfahrzeug mit einem verstellbaren Wankstabilisator ausgestattet. Dieser weist als ein wesentliches Merkmal einen etwa fahrzeugmittig angeordneten Aktuator 2 auf, der zu beiden Fahrzeugseiten hin mit einem linken Stabilisatorabschnitt 6a bzw. rechten Stabilisatorabschnitt 6b verbunden ist, um diese um die Rotationsachse (hier aus Darstellungsgründen nicht eingezeichnet) gegeneinander verdrehen zu können.
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In einem radial von der Rotationsachse entfernten Bereich ist jeder der Stabilisatorabschnitte 6a, 6b mit einer Radaufhängung gekoppelt, wobei in der Darstellung gemäß 3 - ebenfalls aus Vereinfachungsgründen - auf die Darstellung von Pendelstützen verzichtet wurde. Entsprechend sind in 3 die Stabilisatorabschnitte 6a, 6b - abweichend von einem üblichen Fahrwerksaufbau, welcher dazwischen wirkende (somit im Sinn zu ergänzende) Pendelstützen beinhaltet - jeweils in einer linken Stabilisatoranbindung 15a (bzw. einer rechten Stabilisatoranbindung 15b) direkt mit einer linken Lenkeranordnung 8a (bzw. rechten Lenkeranordnung 8b) gekoppelt.
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Jede der Lenkeranordnungen 8a, 8b ist über eine linke Lenkeranbindung 14a bzw. rechte Lenkeranbindung 14b in einem Anbindungsbereich gelenkig mit dem Fahrzeugaufbau 10 verbunden.
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In 3 ist eine Hebelarmlänge h für jeden Stabilisatorabschnitt 6a, 6b eingezeichnet. Diese Hebelarmlänge h repräsentiert einen radialen Abstand zwischen der linken Stabilisatoranbindung 15a (bzw. rechten Stabilisatoranbindung 15b) [=Kopplungspunkt von Stabilisatorabschnitt 6a bzw. 6b und Lenkeranordnung 8a bzw. 8b] gegenüber der Rotationsachse 3, somit die auf die Rotationsachse 3 bezogene Hebelarmlänge des jeweiligen Stabilisatorabschnitts 6a, 6b.
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Jedem der Räder 7a, 7b ist ein Höhenstandssensor z7a bzw. z7b zugeordnet. Mittels der Höhenstandssensoren z7a, z7b wird für jedes der Räder 7a, 7b ein Höhenstand des jeweiligen Rades (relativ zum Fahrzeugaufbau 10) erfasst und für die Steuerung des verstellbaren Wankstabilisators zur Verfügung gestellt.
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Weiterhin ist 3 eine Bemaßung zu entnehmen. Demnach wird als L1 bezeichnet die Entfernung zwischen Stabilisatoranbindung 15a (bzw. 15b) zur jeweiligen Lenkeranbindung 14a (bzw. 14b). Als L2 wird jeweils die Entfernung von der Radmitte jedes Rades 7a bzw. 7b zur jeweiligen Lenkeranbindung 14a bzw. 14b bezeichnet. Damit ergibt sich für einen verstellbaren Wankstabilisator bzw. ein damit ausgestattetes Kraftfahrzeug eine kinematische Kenngröße im Sinne eines Längenverhältnisses D, das dem Verhältnis aus L1 zu L2 berechnet wird, wie im unteren Bereich der 3 angegeben. Dieses Längenverhältnis D lässt sich auch als „drop link ratio“ bezeichnen. Das Längenverhältnis D liefert basierend auf einer geometrischen Annäherung (Linearisierung) einen Zusammenhang zwischen der vertikalen Bewegung eines Mittelpunkts eines Rades 7a, 7b und vertikalen Bewegung der zugehörigen Stabilisatoranbindung 15a (bzw. 15b).
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4 zeigt eine Prinzipdarstellung zur Erläuterung eines weiteren im Rahmen der Erfindung nutzbaren geometrischen Zusammenhangs an einem verstellbaren Wankstabilisator. Die Darstellung beruht auf einem vereinfachten Modell eines verstellbaren Wankstabilisators, wozu dieser mittels Prinzipskizze im seitlichen Schnitt (Schnittebene senkrecht zur Rotationsachse 3) dargestellt ist. Konkret ist der Wankstabilisator in einem verwundenen Zustand dargestellt, und zwar - ebenfalls vereinfacht - mittels eines rechtwinkligen Dreiecks. Die Darstellung stellt eine Annäherung für kleine Winkel dar. Tatsächlich (abweichend von der Darstellung in 4) weisen Stabilisatorabschnitt 6a und 6b eine gleiche Länge auf. Im Modell wird aber zur Nutzung der rechnerisch einfachen Winkelfunktion (Sinus-Funktion) eine unterschiedliche Schenkellänge angenommen. Die Annäherung liefert bei verhältnismäßig geringem Rechenaufwand für kleine Winkel relativ genaue Ergebnisse.
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Wie zu sehen, sind linker Stabilisatorabschnitt 6a und rechter Stabilisatorabschnitt 6b zueinander um die Rotationsachse 3 mit dem Stabilisatorwinkel β verdreht. Der Stabilisatorabschnitt 6a weist dabei eine Hebelarmlänge h (vergl. Darstellung und Erläuterung zu 3) auf und stellt die Hypotenuse im rechtwinkligen Dreieck dar. In Bezug auf den Stabilisatorwinkel β ist die Gegenkathete des rechtwinkligen Dreiecks als ΔB bezeichnet, welche einen Verstellweg (vertikale Höhendifferenz zwischen den Stabilisatoranbindungen 15a, 15b beider Räder 7a, 7b zum Ausdruck bringt.
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Gemäß des trigonometrischen Zusammenhangs am rechtwinkligen Dreieck gilt, dass:
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Dabei entspricht
ΔB der Einfederungsdifferenz (Differenz der Höhenstände
z7a bzw.
z7b der Räder
8a,
8b) multipliziert mit dem Längenverhältnis
D, wobei
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Es gilt also:
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In Umkehrfunktion ergibt sich damit für den Stabilisatorwinkel
β die Berechnungsgrundlage:
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Unter Anwendung der angegebenen Berechnungsgrundlage für den Stabilisatorwinkel β lässt sich also auf Grundlage einer Differenz der sensorisch erfassten Höhenstände z7a bzw. z7b der Räder 7a bzw. 7b in Kombination mit den genannten kinematischen Kenngrößen L1 , L2 und h der Fahrwerkgeometrie des verstellbaren Wankstabilisators bzw. des damit ausgestatteten Kraftfahrzeugs eine Berechnung des Stabilisatorwinkels β durchführen. Die Berechnung beruht auf einem durch Linearkinematik angenäherten Modell des verstellbaren Wankstabilisators.
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Die berechneten Werte für den Stabilisatorwinkel β sind im Rahmen der Erfindung und insbesondere dazu nutzbar, einen auf anderem Wege ermittelten Wert für den Stabilisatorwinkel β zu plausibilisieren, d. h. überschlagsmäßig dahingehend zu prüfen, ob dieser angesichts der erfassten Betriebssituation annehmbar, einleuchtend und/oder nachvollziehbar ist oder nicht.
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Da als Eingangsgrößen lediglich die ohnehin sensorisch erfassten Höhenstände z7a bzw. z7b nebst baulicher Kenngrößen (L1 , L2 und h) der Fahrwerkgeometrie benötigt werden und die Berechnung verhältnismäßig einfach durchführbar ist, kann auf diese Weise vorteilhaft eine Plausibilisierung im laufenden Betrieb des verstellbaren Wankstabilisators durchgeführt werden.
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Während in einem regelmäßigen Betrieb des verstellbaren Wankstabilisators die Plausibilisierung erwartungsgemäß positiv ausfallen sollte, womit kein weiterer Handlungsbedarf besteht, ist zweckmäßigerweise vorgesehen, dass im Falle des Auftretens mangelnder Plausibilität eine Fehlerreaktion ausgelöst wird. Denn in diesem Fall weichen die für den einzustellenden Stabilisatorwinkel überschlagsmäßig errechneten Werte zu sehr von den mittels hinterlegtem Zusammenhang ermittelten Werten ab, dass offensichtlich eine Unrichtigkeit vorliegt.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- verstellbarer Wankstabilisator
- 2
- Aktuator
- 3
- Rotationsachse
- 4
- Elektromotor
- 5
- mehrstufiges Planetengetriebe
- 6a, 6b
- linker (bzw. rechter) Stabilisatorabschnitt
- 7a, 7b
- linkes (bzw. rechtes) Rad
- 8a, 8b
- linke (bzw. rechte) Lenkeranordnung
- 9a, 9b
- linke (bzw. rechte) Pendelstütze
- 10
- Fahrzeugaufbau
- 11a, 11b
- linke (bzw. rechte) Stabilisatorlagerung
- 12a, 12b
- Höhenstandssensor linkes (bzw. rechtes) Rad
- 13
- Drehzahlsensor
- 14a, 14b
- linke (bzw. rechte) Lenkeranbindung
- 15a, 15b
- linke (bzw. rechte) Stabilisatoranbindung
- β
- Stabilisatorwinkel
- ΔB
- Verstellweg
- h
- Hebelarmlänge Stabilisatorabschnitt
- z7a, z7b
- Höhenstand linkes (bzw. rechtes) Rad
- D
- Längenverhältnis (L1 zu L2 )
- L1
- Entfernung Stabilisatoranbindung zu Lenkeranbindung
- L2
- Entfernung Radmitte zu Lenkeranbindung
- MWank
- Wankmoment (achsbezogen)
- MSystem
- System-Moment
- n
- Motordrehzahl
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102016219399 A1 [0003]
- EP 1362720 A1 [0005]
- EP 1362720 B1 [0006]