-
Technisches Gebiet
-
Die vorliegende Offenbarung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines gebrannten Endproduktes aus natürlichen, karbonathaltigen, körnigen Stoffen als Edukt nach Anspruch 1 sowie eine Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens nach Anspruch 12.
-
Karbonathaltige Stoffe, z.B. Kalkstein oder Dolomit verändern durch Erhitzen ihre chemische Zusammensetzung und ihre kristalline Struktur. Bei Temperaturen zwischen etwa 800 und 1.200 °C wird der Kalkstein (CaCO3) in Kohlendioxid (CO2) und Calciumoxid (CaO, Branntkalk) zerlegt, dieser Vorgang wird Kalkbrennen bzw. Kalzinieren genannt. Bei Dolomit beginnt der Prozess schon ab etwa 650°C. Je Tonne reinem Kalk (CaO) entstehen zwangsweise und nicht minderbar etwa 785 kg CO2, das aus dem Mineral CaCO3 freigesetzt wird. Dieser Anteil kann aufgrund der chemischen Zusammensetzung des CaCO3 nicht verringert werden.
-
Darüber hinaus wird bei der Prozesswärmeerzeugung durch die Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Brennstoffen ebenfalls CO2 erzeugt. Abhängig von Brennstoff, dem Ofentyp und der Ofen-Effizienz wird dabei je Tonne Kalk ca. 420 kg CO2 erzeugt und emittiert. In Summe wird somit je erzeugter Tonne Kalk etwa 1,2 t CO2 erzeugt und emittiert.
-
Prinzipiell wird bei konventionellen Kalköfen der Kalk mit Hilfe heißer Verbrennungsgase gebrannt. Durch Beimischung zusätzlicher Luft zum stöchiometrischen Luftbedarf der Verbrennung wird die Temperatur der Verbrennungsgase auf das Niveau eingestellt, dass zur geforderten Kalkqualität nötig ist. Die Abgase aus Kalköfen bestehen vorwiegend aus Stickstoff, Kohlendioxid aus der Verbrennung, Kohlendioxid aus der Kalzinierung, Sauerstoff, Wasserdampf und Staub. Die Produktion von 6,6 Mio. t Kalk und Dolomit pro Jahr (Deutschland 2011) führen somit zu etwa 7,9 Mio. t CO2 Emissionen pro Jahr. Es wäre sinnvoll, das freigesetzte Kohlendioxid am Ort der Entstehung abzuscheiden und das aus dem Verbrennungsprozess gebildete CO2 möglichst zu vermeiden. Kohlendioxid aus diesem Gas-Staub-Gemisch zu separieren zu Zwecken der Carbon Capture Utilisation (CCU) bzw. Carbon Capture Storage (CCS) ist nach dem Stand der Technik extrem aufwändig und somit unwirtschaftlich.
-
Branntkalk wird in vielfältigen Einsatzgebieten, bei Industrieprozessen, bei der Baustoffherstellung und in Umweltanwendungen verwendet. Die Anwendungen stellen je nach Verwendungszweck unterschiedliche Anforderungen an den Branntkalk. Deren Grenzen werden durch immer präziser gefasste Prozesssteuerungen weiter und weiter eingeengt. Diese präzisen Anforderungen betreffen allerdings ein Produkt, dessen Eigenschaften auf Grund seiner natürlichen Herkunft immer gewissen Schwankungsbreiten unterliegen werden, welche von der Entstehungsgeschichte seines Ursprungsmaterials Kalkstein geprägt sind. Den Branntkalk im Hinblick auf seine Anforderungen trotz der natürlichen Variation des Ausgangsmaterials zielgerichtet zu produzieren, erfordert damit eine genaue Kenntnis der Einflussparameter, die aus dem Ausgangsmaterial auf die entstehenden Branntkalk-Eigenschaften wirken.
-
Die Produktion des Branntkalkes erfolgt durch thermische Dissoziation von Kalkstein (die sog. Calcination) unter Freisetzung von Kohlendioxid:
CaCO3 + 178,4 kJ → CaO + CO2 (1)
-
Wird der produzierte Branntkalk nach Abschluss der Kalzinierung einer weiteren Temperatureinwirkung ausgesetzt, beginnen Sinterprozesse zu wirken, die die physikalischen Eigenschaften des Produktes, wie z. B. spezifische Oberfläche, Rohdichte etc. zum Teil erheblich verändern können. Das Ausmaß dieser Änderungen kann sich dabei je nach Kalkstein deutlich unterscheiden. Diese Sinterprozesse haben einen direkten Einfluss auf die Branntkalkreaktivität als einem der wichtigsten Anforderungsparameter für die Prozesssteuerung von Anwendungen, in denen Branntkalk zum Einsatz kommt. Die Branntkalkreaktivität ist ein Produktparameter, welcher sich auf dieUmsatzgeschwindigkeit des Branntkalkes mit Wasser bezieht. Die Enthalpie der Reaktion
CaO + H2O →Ca(OH)2 + 65,19kJ (2) ist mit ΔHR = -65,19 kJ/mol CaO zwar konstant, allerdings variiert die Geschwindigkeit, mit der die Reaktion abläuft und damit die Geschwindigkeit der Wärmefreisetzung in Abhängigkeit von den physikalischen und chemischen Eigenschaften des Branntkalkes. Die Methode zur Bestimmung der Reaktivität besteht darin, die Zeit t60, zu messen, in der die Temperatur einer Kalk-Wasser-Mischung unter standardisierten Bedingungen von 20 auf 60 °C steigt. Abhängig von der Reaktionsgeschwindigkeit, welche direkt von der Sinterung des Kalkes abhängig ist, werden die Kalke in Hart-, Mittel- und Weichbrannt unterschieden. Allerdings existiert keine exakte Definition zur Abgrenzung der Gruppen. Als Anhaltswerte können bei einem Weichbranntkalk eine Reaktionsdauer von maximal zwei Minuten angenommen werden, während eine Reaktionszeit zwischen zwei und acht Minuten einen Mittelbrannt charakterisiert und Hartbranntkalke einen noch längeren Zeitraum benötigen bis der vollständige CaO-Anteil zu Ca(OH)2 umgesetzt wurde.
-
Für das Brennen von Kalk werden in Schachtöfen üblicherweise Kalksteine mit einer Korngröße größer 25 mm eingesetzt, in speziellen Gleichstrom-Gegenstrom-Regenerativ-Öfen (GGR) teilweise größer 10 mm. Typischerweise entsprechen diese Körnungsgrößen nur 40-55% eines Kalksteinvorkommens. In Drehrohröfen können üblicherweise Kalksteine größer 2mm eingesetzt werden, bedingt durch die Verfahrensweise mit dem erheblichen Nachteil eines deutlich höheren Brennstoffbedarfs und damit auch mit einem entsprechend höheren CO2 Ausstoß.
-
Der aus den Lagerstätten gewonnene Kalksteinanteil mit Korngrößen kleiner 20 mm kommt zu einem großen Anteil als ungebranntes Produkt z. B. in Rauchgasentschwefelungsanlagen zum Einsatz oder sofern das Material nicht anderweitig brauchbar ist, wird es beispielsweise in den Tagebau zurückgefahren. Durch den immer größeren Anteil der erneuerbaren Energien im deutschen Strom-Mix, dem Kohle-Ausstieg und der Umsetzung von Klimaschutzzielen ist davon auszugehen, dass der Absatz an feinem Kalkstein für Rauchgasentschwefelungsanlagen in absehbarer Zeit entsprechend wegfallen wird. Ein verantwortungsvoller Umgang mit den wertvollen, natürlichen Kalksteinvorkommen muss zukünftig auch das wirtschaftliche Brennen dieser kleinen Körnungen vorsehen.
-
Maßnahmen im Kalk-Brennprozess zur Energieeffizienz werden seit Beginn des Kalkbrennens weiterentwickelt. Insbesondere die ausgeklügelte Verschaltung von heißen und kalten Stoffströmen in GGR Öfen (Gleichstrom-Gegenstrom-Regenerativ-Öfen) führen zu spezifischen Energieverbräuchen, die sich mit dem technischem Fortschritt immer weiter dem thermodynamischen Minimum nähern. Aufgrund des hohen Wärmerückgewinnungsgrades von beispielsweise GGR-Öfen spielt eine Absenkung der Brenngastemperatur eine untergeordnete Rolle. Genauso verhält es sich mit dem Durchsatz; eine Erhöhung des Durchsatzes senkt auf Grund des hohen Wärmerückgewinnungsgrades nicht signifikant den spezifischen Energieverbrauch. So lässt sich auch erklären, dass die Vorteile der Kalzininerung mit Unterstützung von Wasserdampf, die bereits 1917 in „Das Kalkbrennen im Schachtofen mit Mischfeuerung“, Berthold Block, Springer-Verlag 1917) beschrieben wurde, keine wesentliche produktionstechnische Relevanz erlangt hat.
-
GGR-Öfen, wie sie aus
DE 30 38 927 C2 und
DE102016103937A1 bekannt sind, und zumeist zum Brennen von karbonathaltigem Rohgut, insbesondere Kalkstein, Dolomit oder Magnesit genutzt werden, arbeiten zyklisch, wobei ein Brennen des Brennguts stets nur in einem der Schächte erfolgt, während der andere Schacht als Regenerativschacht arbeitet, in dem das dortige Brenngut beziehungsweise Rohgut mittels des über den Überströmkanal aus dem aktuell brennbetriebenen Schacht zugeführten Abgases für den sich anschließenden Brennzyklus in diesem Schacht vorgewärmt wird. Das Brennen des Brennguts in dem brennbetriebenen Schacht erfolgt im Gleichstrom, indem das schwerkraftbedingt von oben nach unten durch den brennbetriebenen Schacht geförderte Brenngut mit Brenngas durchströmt wird, das von am oberen Ende der Schächte angeordneten Brennern erzeugt wird. Eine Durchströmung des Brennguts in dem nicht-brennbetriebenen beziehungsweise regenerativ betriebenen Schacht erfolgt dagegen im Gegenstrom, wobei das über den häufig zwischen der vertikalen Mitte und dem unteren Drittel der Schächte angeordneten Überströmkanal zugeführte Abgas am oberen Ende des regenerativ betriebenen Schachts abgeführt wird. Konventionelle GGR-Öfen eignen sich wegen der relativ langen Verweilzeit des Brennguts in der Brennzone in Kombination mit den relativ geringen Brenntemperaturen von üblicherweise zwischen 800°C und 1000°C vorteilhaft für die Herstellung von Branntkalk mit hoher Reaktivität, sogenanntem Weichbrannt-Kalk. Nicht gut geeignet sind diese jedoch für die Herstellung von Branntkalk mit niedriger Reaktivität, sogenanntem Hartbrannt-Kalk, und zudem die für das Erzeugen von Hartbrannt-Kalk erforderliche Sinterung, für die Brenntemperaturen deutlich über 1000°C (beispielsweise ca. 1700°C) erforderlich sind. Hier versinntert dann das Brenngut infolge der für GGR-Öfen typischen relativ langen Verweilzeit in der Brennzone zu Klumpen, die u.a. zu einem Verstopfen des Ofens führen können. Hinzu kommt, dass in konventionellen GGR-Öfen im Anfangsabschnitt der unterhalb des Überströmkanals gelegenen Kühlzone des brennbetriebenen Schachts eine teilweise Rekarbonisierung des Brennguts infolge der relativ intensiven Durchströmung mittels des aus der Brennzone kommenden Rauchgases kommt, das in diesem Bereich des brennbetriebenen Schachts in Richtung des Überströmkanals umgelenkt wird. Für das Brennen einer Tonne Kalk im bilanzierten GGR-Ofen werden rund 3645 MJ/t benötigt. Als Brennstoff wird in der Regel Erdgas verwendet; auch Braunkohlestaub mit nachteilig höheren CO
2 Emissionen. Neben dem Brennstoffbedarf besteht für den Betrieb des Ofens noch ein Strombedarf von ca. 80 MJ/t Branntkalk. (Quelle: http://www.probas.umweltbundesamt.de/php/prozessdetails.php?id=%7B86C6457F-ABF7-4F8C-803E-794F6EBCB973%7D; (3.2.2016)
-
Um mit einem Wirbelbett bzw. Fließbettverfahren (siehe am gleichen Tag hinterlegte Anmeldung FN0701P-DE) gegenüber etablierten Verfahren wie dem GGR-Öfen energetisch konkurrieren zu können, bedarf es neben einem überzeugendem technischen und ökologisch nachhaltigem Konzept auch Verfahren und Vorrichtungen, die die energetische Effektivität soweit erhöhen, dass die spezifischen Energie-Verbräuche zu denen von GGR Öfen konkurrenzfähig sind.
-
Es ist daher Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zur Herstellung eines gebrannten Endproduktes aus natürlichen, karbonathaltigen, körnigen Stoffen als Edukt sowie eine Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens anzugeben.
-
Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt durch die Merkmale des Anspruchs 1 bzw. 12.
-
Durch die Kopplung einer wasserdampfunterstützten Fluidisierung zur Kalzinierung karbonathaltiger Stoffe mit einer im Wärmerückgewinnungsprozess integrierten Dampferzeugereinheit kann hochenenergieeffizient Kalk gebrannt werden. Wasser im Fluidisierungsmedium senkt den CO2 Partialdruck in einer ersten Reaktionszone, dadurch beginnt die Kalzinierung schon bei geringeren Temperaturen. Das wiederum hat den Vorteil, dass weniger Energie zur Kalzinierung aufgewendet werden muss, da die Edukte bzw. Produkte auf eine geringere Reaktionstemperatur erwärmt werden müssen. Das reduziert die Energiezufuhr und erhöht die Effizienz des Prozesses. Je höher der Anteil des Wasserdampfes im Fluidisierungsmedium ist, desto geringer ist der CO2 Partialdruck und desto schneller läuft die thermische Dissoziation ab. Würde CO2 als Fluidisierungsmedium verwendet werden, so wäre keine aufwändige Gastrennung nötig, allerdings würde der Aufwand für die Wärmerückgewinnung erheblich sein.
-
Durch die Nutzung von Wasserdampf als Fluidisierungsmedium, Anspruch 2, können heiße wasserdampfhaltige Produktströme und Abgasströme ihre Wärme auf den Prozessw-asser-Kreislauf übertragen und zur Erwärmung oder Dampferzeugung genutzt werden. Durch den Einsatz des so erzeugten Fluidisierungsmediums gelangt die durch Wärmerückgewinnung erhaltene Energie wieder in die Reaktionszone. Ein entscheidendes Kriterium zum wirtschaftlichen Erfolg ist die thermische Effizienz des Prozesses. Gleichstrom-Gegenstrom Reaktorprozesse oder Schachtofenprozesse sind thermisch hocheffiziente Prozesse, die sich bauartbedingt bzw. prozessführungsbedingt nahe am theoretischen Effizienzmaximum bewegen. Die Effizienz des Wirbelschichtprozesses muss zur Effizienzverbesserung durch eine Wärmerückgewinnung unterstützt werden.
-
Die Kondensation nach Anspruch 3 stellt ein effizientes und einfaches Verfahren zur CO2-Abscheidung und Wärmerückgewinnung dar. Wasserdampf und CO2 aus dem Kalkstein verlassen die erste Reaktionszone als Gemisch. Würde Luft als Fluidisierungsmedium verwendet werden, so wäre der verfahrenstechnische Aufwand immens, um CO2 aus der Luft abzuscheiden. Der Wasserdampf kann einfach durch Kondensation abgeschieden werden. Gleichzeitig ist die Kondensation eine hocheffiziente Methode um Wärme aus dem Prozess zurückzugewinnen. Die Zielstellung bei dem Prozess auch aufkonzentriertes CO2 zu erhalten, wird durch diese Vorgehensweise technologisch stark vereinfacht und wirtschaftlich attraktiv. Das hochkonzentrierte CO2 kann als Produkt genutzt werden. Würden andere Gase wie Luft oder Rauchgase zur Fluidisierung eingesetzt werden, so müsste CO2 aufwändig, d.h. energieintensiv, abgeschieden werden, wie beispielsweise mittels Druckwechseladsorption, chemischen bzw. physikalischen Wäschen,etc. Bei der vorliegenden Erfindung entfällt diese CO2 Aufkonzentrierung.
-
Gemäß der vorteilhaften Ausgestaltung nach Anspruch 4 wird das kondensierte, heiße Wasser erneut für die Fluidisierung verwendet. Einerseits entfällt dadurch die Erwärmung von Frischwasser auf die Kondensat-Temperatur, andererseits sinkt dadurch der Frischwasserbedarf des Prozesses, was sich positiv auf die Ökobilanz und auf die Wirtschaftlichkeit auswirkt.
-
Gemäß der vorteilhaften Ausgestaltung nach Anspruch 5 können sowohl fest, gasförmige, flüssige Brennstoffe und oder Strom zur Prozesswärmeerzeugung eingesetzt werden.
-
Die Regelenergie im öffentlichen Stromnetz wird auch Regelleistung genannt und gleicht als Reserve Schwankungen im Stromnetz, genauer gesagt der Stromnetzfrequenz, aus. Ins Stromnetz kann bei Regelenergieeinsatz sowohl Strom entnommen als auch zusätzlich eingespeist werden. Mehr Stromeinspeisung zum Ausgleich einer zu niedrigen Netzfrequenz wird als positive Regelenergie, die Drosselung der Einspeisung zur Senkung der Netzfrequenz als negative Regelenergie bezeichnet. Teilnehmer am Regelenergiemarkt müssen die vereinbarte Regelenergie vorhalten. Vergütet wird die Bereitschaft und im Falle der Inanspruchnahme der Regelenergie auch der tatsächliche Einsatz. Industrielle Prozesse, die in der Lage sind die Kriterien zur Teilnahme am Regelenergiemarkt zu erfüllen, haben einen wirtschaftlichen Vorteil. Bedingt durch den Einsatz von Strom zur Prozesswärmeerzeugung und die Möglichkeit Brennstoffe zusätzlich oder ausschließlich zur Prozesswärmeerzeugung einzusetzen, eignet sich der hier beschriebene Prozess dazu am Regelenergiemarkt teilzunehmen.
-
Die indirekte Wärmeübertragung nach Anspruch 6 verhindert den Kontakt zwischen Brennstoff, Abgas und dem Produkt - fest oder gasförmig, so dass das Produkt nicht verunreinigt wird. Der Wärmeübergang von Wärmerohren ist höher als bei Rauchgaswärmeübertragern und ermöglicht dadurch kompakte Reaktordimensionen und diesbzgl. geringere Investitionskosten. Das ist bei konventionellen Kalkbrennprozessen anders, da dort einerseits die Abgase durch das Produkt strömen und somit Produktkontakt haben und andererseits das Brennen von Hartbrannt sehr enge Anforderungen an die Brennstoffspezifikation hat. Der Vorteil der vorliegenden Erfindung liegt darin, dass mit einer Vielzahl von Brennstoffen die gewünschten Kalkqualitäten erzeugt werden können. Des Weiteren besteht bei der Erfindung kein Kontakt zwischen Abgas bzw. Brennstoff und dem Edukt bzw. Produkt, sodass der Brennstoff beispielsweise auch Klärschlamm enthalten kann.
-
Durch die Trennung von Kalzinierung und Sinterung nach Anspruch 7 bzw. 14 ist eine exakte Einstellung der Bedingungen für das Kalzinieren und für das Sintern möglich. Während GGR-Öfen prozessbedingt Schwierigkeiten haben Hartbrannt herzustellen, ist dies bei der vorliegenden Erfindung möglich. Während im ersten Reaktorbehälter - erste Reaktionszone - die Prozess-Bedingungen auf eine schnelle thermische Dissoziation abgestimmt sind, so sind die Prozess-Bedingungen im zweiten Reaktorbehälter, der Sinterkammer - zweite Reaktionszone, auf das Veredeln des Produktes zu einem Mittel- oder Hartbrannt ausgerichtet, also t60-Wert. Das bedeutet für den ersten Reaktorbehälter, dass der Wärmeeintrag in das Edukt hoch und der Kohlendioxid-Partialdruck gering sein muss. In der Sinterkammer muss das Produkt zunächst auf die Sintertemperatur erhitzt werden und je nach Anforderung an den t60 Wert entsprechend lang bei dieser Temperatur verweilen. Eine Fluidisierung ist dazu nicht zwingend nötig. Vorwärmung, Kalzinierung und Wärmerückgewinnung müssen nicht zwingend in drei separaten Reaktoren erfolgen, sie können auch nacheinander geschaltet innerhalb des ersten Reaktorbehälters in entsprechenden aufeinanderfolgenden Reaktionszonen erfolgen.
-
Gemäß der bevorzugten Ausführungsformen nach Anspruch 8 und 9 werden die in der zweiten Reaktionszone entstehenden heißen Endprodukte und heißen Gase abgeleitet und die darin enthaltene Wärme wird gemäß Verfahrensschritt e) in Anspruch 1 zur Vorwärmung genutzt.
-
Bei der konventionellen Herstellung von Kalk oder Dolomit wird je Produktklasse (Weich-, Mittel- oder Hartbrannt) üblicherweise nur ein Ofentyp eingesetzt. Bei der vorliegenden Erfindung können mit einem Aggregat alle Typen nach Kundenbedarf erzeugt werden und Produktumstellungen (Typen) sind aufgrund der kurzen Durchlaufzeiten von wenigen Minuten bis Stunden deutlich geringer als bei konventionellen Öfen (>10h). Produktumstellungen sind daher innerhalb weniger Stunden möglich - Anspruch 10.
-
Beim Anfahren bzw. Aufheizen und Abfahren bzw. Abkühlen des Eduktes bzw. des Produktes kommt es beim Einsatz von Wasserdampf als Fluidisierungsmedium zur Kondensation. Kondensat und bereits gebranntes Material reagieren zu dem ungewünschten Produkt Kalkhydrat. Zum Anfahren und Abfahren des Prozesses kann es vorteilhaft sein, statt Wasserdampf CO2 und/oder Luft einzusetzen - Anspruch 11 bzw. 17.
-
Dadurch, dass bei der Vorrichtung nach Anspruch 12 der erste Reaktorbehälter mit der ersten Reaktionszone und die Prozesswärme-Erzeugungseinrichtung räumlich und stofflich voneinander getrennt sind, können die Prozessparameter bei der Verbrennung jederzeit verbrennungsoptimiert eingestellt werden. Bei konventionellen Brennprozessen ist dies nicht der Fall; insbesondere bei Hartbrannt. Die bei üblichen Verbrennungsprozessen im Brennprozess entstehende Stickoxide (NOx) sowie leichtflüchtige Kohlenwasserstoffe werden durch die separate Verbrennung ebenfalls reduziert. Die bei üblichen Verbrennungsprozessen im Brennprozess entstehenden Stickoxide (NOx) sowie leichtflüchtige Kohlenwasserstoffe werden beim Einsatz von Strom zur Prozesswärmeerzeugung sogar gänzlich vermieden. Substituiert Strom Brennstoff, dann wird für diese Energiemenge an der Anlage kein Abgas emittiert. Basiert der Strom auf erneuerbaren Energien, so sinkt der CO2 Footprint dementsprechend, d.h. der Anteil des substituierten Brennstoffs sinkt auf Null.
-
Vorteile der Wasserdampffluidisierung:
- • Die Absenkung des Kohlendioxid-Partialdrucks im Kalzinierreaktor führt zur schnelleren Kalzinierung bei gleichzeitiger Absenkung der Kalziniertemperatur dadurch wird der Energieaufwand verringert, bei gleichzeitig höherem Durchsatz.
- • Es sind hohe Kalzinierungsgrade erreichbar.
- • Wasserdampf als Fluidisierungsmedium kann durch Kondensation zurück in den Prozess geführt werden.
- • Die Trennung von Fluidisierungsmedium und CO2 aus der Kalzinierung durch Kondesation ist technisch einfach umzusetzen und effizient. Dadurch sind sehr hohe Reinheitsgrade bei CO2 möglich, das dann wiederum als Produkt genutzt werden kann. Damit gelingt es mit der vorliegenden Erfindung diesen CO2 intensiven Prozess CO2 neutral zu gestalten.
-
Weitere Einzelheiten, Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsformen.
-
Figurenliste
-
- 1 zeigt eine schematische Darstellung einer beispielhaften Ausführungsform der Erfindung.
-
Die beispielhafte Ausführungsform nach 1 umfasst einen Kalzinierer 2 mit einem ersten Reaktorbehälter 3 zur Herstellung von Branntkalk aus Kalkstein. In dem ersten Reaktorbehälter 3 ist eine erste Reaktionszone 4 in Form einer Wirbelschicht ausgebildet. Durch eine Prozesswärme-Erzeugungseinrichtung 6 wird die Wärme bereitgestellt, die zum Aufheizen der Reaktionszone 4 und zum Kalzinieren benötigt wird. Die Wärme aus der Prozesswärme-Erzeugungseinrichtung 6 wird mittels einer Wärmetransfereinrichtung 7 in den ersten Reaktorbehälter 3 eingekoppelt. Über eine Edukt-Zuleitung 8 wird feinkörniger Kalkstein dem ersten Reaktorbehälter 3 mit der ersten Reaktionszone 4 in Form einer Wirbelschicht zugeführt. Über eine Fluidisierungsmedium-Zuleitung 10 wird CO2 und/oder Luft zum An- bzw. Abfahren als Fluidisierungsmedium zum Ausbilden der Wirbelschicht 4 zugeführt. Über eine Zuleitung 12 werden einem Dampferzeuger 14 Wasser oder Wasserdampf zugeführt. Der im Dampferzeuger 14 erzeugte Dampf wird über eine Dampfleitung 16 dem ersten Reaktorbehälter 3 mit der Wirbelschicht 4 zugeführt. Über eine erste Brennstoffzuleitung 18 wird der Prozesswärme-Erzeugungseinrichtung 6 Brennstoff zur Erzeugung der notwendigen Prozesswärme für den ersten Reaktorbehälter 3 zugeführt. Über eine erste Gaszuleitung 20 wird der Prozesswärme-Erzeugungseinrichtung 6 Luft, O2 und/oder CO2 zugeführt.
-
Der erste Reaktorbehälter 3 ist über eine Zwischenproduktleitung 21 mit einem zweiten Reaktorbehälter in Form einer Sinterkammer 22 mit einer zweiten Reaktionszone 23 verbunden. In der Sinterkammer 22 wird das im ersten Reaktorbehälter 3 kalzinierte Edukt einem Sinterungsprozess unterzogen. Die hierfür notwendige Wärme wird durch eine Brennkammer 24 bereitgestellt, der über eine zweite Gasleitung 26 O2-haltiges Gas und über eine zweite Brennstoffzuleitung 28 Brennstoff zugeführt wird. Das heiße Endprodukt wird über eine Produktausleitung 30 aus der Sinterkammer 22 abgezogen und in einer ersten Wärmerückgewinnungseinrichtung 32 gekühlt. Das gekühlte Endprodukt wird über die Produktausleitung 30 abgeführt. Heiße Gase aus der Sinterkammer 22 werden über eine erste Gasableitung 34 aus der Sinterkammer 22 abgeführt und durchlaufen eine zweite Wärmerückgewinnungseinrichtung 36. Die gekühlten Abgase werden über eine erste Abgasleitung 37 an die Atmosphäre abgegeben. Heiße Gase aus dem ersten Reaktorbehälter 3 werden über eine zweite Gasableitung 38 abgezogen und in einer dritten Wärmerückgewinnungseinrichtung 40 in Form eines Kondensators gekühlt, wodurch CO2-Gas abgeschieden wird. Über eine Kondensatableitung 42 wird entstehendes Kondensat aus dem Kondensator 40 abgeleitet. Über eine CO2-Ableitung 44 wird das abgetrennte CO2 aus dem Kondensator 40 ausgeleitet. Abgase aus der Prozesswärme-Erzeugungseinrichtung 6 werden über eine dritte Gasableitung 46 einer vierten Wärmerückgewinnungseinrichtung 48 zugeführt und gekühlt. Die gekühlten Abgase werden über eine zweite Abgasleitung 50 abgeführt.
-
Die in den Wärmerückgewinnungseinrichtungen 32, 36, 40, 48 rückgewonnene Wärme wird zur Vorwärmung der Edukte, des Fluidisierungsmediums, der Brennstoffe und der O2-haltigen Gase genutzt. Hierzu durchlaufen die Eduktzuleitung 8, die Fluidisierungsmedium-Zuleitung 10, die Zuleitung für Wasser/Wasserdampf 12, die Brennstoffzuleitungen 18, 28, die Gaszuleitungen 20, 26 jeweils Vorwärmer 52 bzw. den Dampferzeuger 14 in die die in den Wärmerückgewinnungseinrichtungen 32, 36, 40, 48 rückgewonnene Wärme eingekoppelt wird (um die Zeichnung nicht zu überlasten ist dies zeichnerisch nicht dargestellt). Den Vorwärmern 52 und dem Dampferzeuger 14 sind elektrische Heizeinrichtungen 54 nachgeschaltet, um Edukte, Fluidisierungsmedium, Wasserdampf, Brennstoff und O2-haltige Gase zusätzlich heizen zu können. Auch die Prozesswärmeerzeugungs-Einrichtung 6 und die Sinterkammer 22 lassen sich über elektrische Heizeinrichtungen 54 direkt beheizen. In der Fluidisierungsmedium-Zuleitung 10 bzw. der Dampfleitung 16 ist unmittelbar vor dem ersten Reaktorbehälter 3 eine erste Druckmesseinrichtung 56 angeordnet. Über eine erste Temperaturmesseinrichtung 58 wird die Temperatur in der ersten Reaktionszone 4 des ersten Reaktorbehälters 3 überwacht.
-
Zunächst wird der körnige Kalkstein in der Wirbelschicht 4 des ersten Reaktorbehälters 3 mindestens bis zu der Temperatur erwärmt, ab der die Kalzinierung beginnt. Die dazu nötige Wärme wird aus der Prozesswärme-Erzeugungseinrichtung 6 mittels der Wärmetransfereinrichtung 7 direkt oder indirekt in die Wirbelschicht 4 eingekoppelt. Durch diese Wärmezufuhr entsteht aus Kalkstein allmählich das Produkt Branntkalk. Das bei der Kalzinierung entstehende CO2, staubförmiger Branntkalk, sonstige Rückstände sowie das Fluidisierungsgas werden über die zweite Gasableitung 38 aus dem ersten Reaktorbehälter 3 abgeführt. Das Produkt, Branntkalk (CaO), wird über die Zwischenproduktleitung 21 entweder in Form eines Überlaufs oder eines Abzugs aus dem ersten Reaktorbehälter in die Sinterkammer 22 überführt.
-
Sofern in der Prozesswärme-Erzeugungseinrichtung 6 kohlenstoffhaltiger Brennstoff und als Oxidationsmittel O2 ggf. mit CO2 verdünnt eingesetzt wird, dann besteht das Abgas aus der Prozesswärme-Erzeugungseinrichtung 6 vorwiegend aus CO2. In diesem Fall kann das im Wesentlichen aus CO2 bestehende Abgas in der zweiten Abgasleitung 50 zusammen mit dem CO2-Gas in der CO2-Ableitung 44 als CO2-Produkt weiterverwendet werden. Dies ist durch eine erste Verbindungsleitung 60 zwischen der zweiten Abgasleitung 50 und der CO2-Ableitung 44 angedeutet. Das CO2 in der dritten Gasleitung 46 kann auch als Teil des Fluidisierungsmediums für die Wirbelschicht 4 eingesetzt werden (nicht dargestellt).
-
Sofern das Abgas der Brennkammer 24 hochkonzentriertes CO2 ist kann es ebenfalls als Produkt dem CO2 Produktstrom 44 über eine zweite Verbindungsleitung 62 zugeführt werden.
-
Die Betriebsweise des Wirbelschicht-Kalzinieres 2 kann grundsätzlich im Batch-Betrieb, kontinuierlich oder im Semi-Batch-Betrieb erfolgen. Vorwärmung, Kalzinierung und Wärmerückgewinnung müssen nicht zwingend drei separate Reaktoren sein, sie können sich auch nacheinander geschaltet innerhalb eines Reaktors als entsprechende Zonen befinden.
-
Durch Veränderung der Verweilzeit und oder der Temperatur im Kalzinierer 2 kann das Endprodukt gezielt beeinflusst und somit Weich-, Mittel- oder Hartbrand erzeugt werden. Die Temperatur in dem Kalzinierer 2 lässt sich durch Zugabe von O2 in der Brennkammer der Prozesswärme-Erzeugungseinrichtung 6 oder durch elektrische Beheizung des Fluidisierungsgases in der Wirbelschicht 4 erhöhen und somit auch Mittel- und Hartbrannt erzeugen.
-
Je nach chemischer Zusammensetzung der Edukte und gewünschter Zielqualität (t60 Wert bzw. Sintergrad) können höhere und oder längere Verweilzeiten notwendig sein als sie in der ersten Reaktionszone 4 ermöglicht werden können. Die Verweilzeiten und Temperaturen im Sinterbehälter 22 bzw. der zweiten Reaktionszone 23 werden entsprechend dieser Anforderungen eingestellt.
-
Bezugszeichenliste
-
- 2
- Kalzinierer
- 3
- erster Reaktorbehälter
- 4
- erste Reaktionszone, Wirbelschicht
- 6
- Prozesswärme-Erzeugungseinrichtung
- 7
- Wärmetransfereinrichtung
- 8
- Eduktzuleitung
- 10
- Fluidisierungsmedium-Zuleitung
- 12
- Zuleitung für Wasser/Wasserdampf
- 14
- Dampferzeuger
- 16
- Dampfleitung
- 18
- erste Brennstoffzuleitung
- 20
- erste Gaszuleitung
- 21
- Zwischenproduktleitung
- 22
- zweiter Reaktorbehälter, Sinterkammer
- 23
- zweite Reaktionszone
- 24
- Brennkammer
- 26
- zweite Gaszuleitung
- 28
- zweite Brennstoffzuleitung
- 30
- Produktableitung
- 32
- erste Wärmerückgewinnungseinrichtung
- 34
- erste Gasableitung
- 36
- zweite Wärmerückgewinnungseinrichtung
- 37
- erste Abgasleitung
- 38
- zweite Gasableitung
- 40
- dritte Wärmerückgewinnungseinrichtung, Kondensator
- 42
- Kondensatableitung
- 44
- CO2-Ableitung
- 46
- dritte Gasableitung
- 48
- vierte Wärmerückgewinnungseinrichtung
- 50
- zweite Abgasleitung
- 52
- Vorwärmer
- 54
- elektrische Heizeinrichtungen
- 56
- erste Druckmesseinrichtung
- 58
- erste Temperaturmesseinrichtung
- 60
- erste Verbindungsleitung zwischen 50 und 44
- 62
- zweite Verbindungsleitung zwischen 37 und 44
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- DE 3038927 C2 [0011]
- DE 102016103937 A1 [0011]