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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Überwachung und Regelung eines Produktionsprozesses mit mehreren Einzelprozessschritten.
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Ein Produktionsprozess setzt sich üblicherweise aus verschiedenen Einzelprozessschritten zusammen, bis eine Teil- oder Fertigstellung eines Produktes erreicht worden ist. Dabei wirken sich entlang der Prozesskette eine Vielzahl an Prozesseinflüssen und -parametern unterschiedlich stark auf die Qualität des zugrundeliegenden Produktes aus. Als ein Beispiel ist die Karosseriebauprozesskette zu nennen, wo die Bauteiltoleranzen zur Erreichung einer gleichbleibenden Produktqualität zwingend eingehalten werden müssen. Treten im laufenden Fertigungsprozess Baugruppen auf, die nicht den Qualitätskriterien entsprechen, müssen in der Folge aufwendige und erfahrungsbasierte Stell- und Korrekturmaßnahmen zur Einhaltung der geforderten Bauteiltoleranzen durchgeführt werden. Um eine Kontrolle vorgegebener Toleranzen und somit eine aktive Steuerung der Produktqualität zu erreichen, gehört die stichprobenartige Aufnahme von Messdaten innerhalb einer Produktionsprozesskette zum industriellen Standard. Im Karosseriebau sind dies beispielsweise taktile oder optische Koordinatenmessungen, mithilfe derer bestimmt werden kann, inwiefern eine Abweichung der IST-Baugruppen vom SOLL-Zustand vorliegt. Zusätzlich erfolgt in vielen technologischen Anwendungsbereichen eine numerische Absicherung der als kritisch angenommenen Prozessschritte mittels Computersimulationen.
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Bei einer langen Produktionsprozesskette, die sich aus vielen Einzelprozessschritten zusammensetzt, fallen höchst unterschiedliche Daten an. Als Datenbasis einer Produktionsprozesskette bezeichnet man die Gesamtheit der durch Messverfahren erfassten oder durch Simulation gebildeten Datensätze. Beispielsweise kann die Datenbasis aus univariaten und/oder multivariaten Datensätzen bestehen. Wie weiter oben bereits erwähnt, können Daten mit Messverfahren erfasst oder durch Computersimulationen gebildet werden. Die Aufnahme von Messdaten in einem laufenden Produktionsprozess sowie die Durchführung von Computersimulationen sind oftmals jedoch sehr zeitintensiv, wodurch in den meisten Anwendungsfeldern nur ein sehr geringer Datenumfang erhoben werden kann. Eine durchgängige messtechnische Analyse einer Prozesskette ist aufgrund des hohen Aufwandes in vielen Fällen wirtschaftlich auch nicht umsetzbar. Daher liegen Daten oftmals nur für einzelne Prozessschritte vor.
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Die Analyse einer Datenbasis mit den oben beschriebenen Eigenschaften zur Identifizierung der Wirkzusammenhänge zwischen den Prozesseinflussgrößen und den Qualitätsmerkmalen des Produkts und eine Regelung der Einflussgrößen auf Basis dieser modellierten Zusammenhänge ist durch bisher bekannte Methoden nur unzureichend möglich.
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Es ist daher Aufgabe der Erfindung, ein flexibles und einfaches Verfahren zur statistischen Analyse und Regelung von mehrstufigen Produktionsprozessen mit dem Ziel der Qualitätssicherung vorzuschlagen.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe mit einem Verfahren, das die Merkmale des Anspruchs 1 aufweist, gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung können mit in untergeordneten Ansprüchen bezeichneten Merkmalen realisiert werden.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Überwachung und Regelung eines Produktionsprozesses werden mindestens zwei Einzelprozessschritte durchgeführt. Dabei werden in Einzelprozessschritten des Produktionsprozesses Datensätze mit mindestens einem Messverfahren erfasst oder mit einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage durch Simulation gebildet. Vor oder während der Durchführung mindestens eines Einzelprozessschritts des Produktionsprozesses wird mindestens ein originär multivariater Datensatz durch mindestens ein Messverfahren erfasst oder durch Simulation gebildet. Der in dem mindestens einen Einzelprozessschritt des Produktionsprozesses mit mindestens einem Messverfahren erfasste oder durch Simulation gebildete mindestens eine originär multivariate Datensatz wird mittels einer Hauptkomponentenanalyse in einen derivativ univariaten Datensatz transformiert. Das erfindungsgemäße Verfahren umfasst auch eine Regressionsanalyse unter Berücksichtigung mindestens eines mittels einer Hauptkomponentenanalyse bestimmten derivativ univariaten Datensatzes zur Bestimmung von Regressionsparametern. Mit den durch die Regressionsanalyse bestimmten Regressionsparametern und einer elektronischen Auswerte- und Steuereinheit wird dann ein die Datensätze berücksichtigender Einfluss auf die Durchführung mindestens eines Einzelprozessschritts des Produktionsprozesses ausgeübt.
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Datensätze können beispielsweise mit einem Messverfahren, das eine zwei- oder dreidimensionale Vermessung eines für den Produktionsprozess relevanten Gegenstands mit Hilfe eines Sensors oder einer Kamera umfasst, erfasst werden. Datensätze können auch mit einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage, zum Beispiel einem Computer, Computercluster, Mikrocontroller oder einem field-programmable gate array (FPGA), durch Simulationen beispielsweise basierend auf Finite Elemente Methoden, Monte-Carlo Methoden oder Emulatoren gebildet werden. Die elektronische Steuer und Auswerteeinheit kann in der elektronischen Datenverarbeitungsanalage integriert oder separat ausgeführt sein. Beispielsweise kann eine elektronische Steuer- und Auswerteeinheit aus einem analogen oder digitalen Regler gebildet sein. Eine elektronische Steuer und Auswerteeinheit kann auch aus weiteren elektronischen Komponenten gebildet sein.
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Entlang einer Produktionsprozesskette können sowohl originär univariate als auch originär multivariate Datensätze mit einem Messverfahren erfasst oder durch Simulation gebildet werden. Originär multivariate Datensätze stellen mehrdimensionale Datenstrukturen dar, bei denen für jede Stichprobe mehr als eine Zufallsvariable erfasst oder gebildet wird. Beispielsweise kann ein originär multivariater Datensatz Raum- oder Flächendaten, z.B. dreidimensionale Punktwolken, triangulierte Flächennetze etc, oder Kurvendaten, z.B. Liniendiagramme, Geometriekonturen etc, umfassen. Demgegenüber sind univariate Datensätze ausschließlich von einer einzelnen Zufallsvariable abhängig. Hierbei kann es sich um Prozessparameter, wie zum Beispiel im Prozess aufgezeichnete Wege, Kräfte oder Festigkeitskenngrößen handeln.
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Ein Ziel des Verfahrens ist es, die originär uni- und multivariaten Datensätze, die entlang einer Prozesskette erfasst und/oder gebildet werden, so zu standardisieren, dass die kausalen Wirkzusammenhänge mithilfe einer multiplen Regressionsanalyse ermittelt werden können. Eine multiple Regressionsanalyse hat zum Ziel, eine Beziehung zwischen mindestens einer beobachteten Zufallsvariable als Ausgabegröße und mehreren unabhängigen Zufallsvariablen als Eingangsgrößen herzustellen. Ein Regressionsmodell kann also nur dann sinnvoll angewendet werden, wenn es sich bei allen Zufallsvariablen in einer Prozesskette um univariate Datensätze handelt.
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Aus diesem Grund erfolgt bei dem erfindungsgemäßen Verfahren mittels Hauptkomponentenanalyse, die vor einer Regressionsanalyse durchgeführt wird, eine Umwandlung von originär multivariaten Datensätzen in derivativ univariate Datensätze. Hierfür kann eine Hauptachsentransformation eines originär multivariaten Datensatzes in ein neues Koordinatensystem, der sogenannten Orthogonalbasis, durchgeführt werden. Durch diese neue Orthogonalbasis kann die Varianzstruktur der multivariaten Datensätze auch mithilfe einer sehr geringen Anzahl an aussagekräftigen Linearkombinationen, den sogenannten Hauptkomponenten, approximiert werden. Werden die originär multivariaten Datensätze im Anschluss auf die Hauptkomponenten projiziert, entstehen in der Folge derivativ univariate Datensätze. Da diese niedrigdimensionalen derivativ univariaten Datensätze die gleiche Varianzstruktur aufweisen, wie der originär multivariate Datensatz aus dem sie entstanden sind, können die derivativ univariaten Datensätze ersatzweise anstelle der originär multivariaten Datensätze als Eingangs- oder auch als Ausgabegrößen eines multiplen Regressionsmodells benutzt werden.
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Durch die Umwandlung oder Transformation originär multivariater Datensätze in derivativ univariate Datensätze mittels einer Hauptkomponentenanalyse und vorzugsweisen Kompression der derivativ univariaten Datensätze wird eine Verarbeitung großer Datenmengen ermöglicht. Damit wird auch eine flexible und effiziente Verarbeitung von Mess- und Simulationsdaten innerhalb eines Verfahrens möglich.
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Vorzugsweise weisen alle während des Produktionsprozesses mit mindestens einem Messverfahren erfassten oder durch Simulation gebildeten originär multivariaten Datensätze die gleiche Stichprobenanzahl und eine produktions- oder simulationsbedingte Varianz der Daten auf. Besonders vorzugsweise weisen auch alle originär und derivativ univariaten Datensätze dieselbe Stichprobenanzahl auf.
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Vorteilhaft ist es, wenn alle mit mindestens einem Messverfahren erfassten oder durch Simulation gebildeten originär multivariaten Datensätze zumindest approximativ normalverteilt sind. Ein originär multivariater Datensatz kann dann mit einer orthogonalen Matrix, die mit den Eigenvektoren der Kovarianzmatrix des originär multivariaten Datensatzes gebildet wird, in einen derivativ univariaten Datensatz transformiert werden.
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Ein weiterer Vorteil der Hauptkomponentenanalyse besteht darin, dass die derivativ univariaten Datensätze effizient komprimiert werden können. Beispielsweise kann eine Kompression der derivativ univariaten Datensätze dadurch erreicht werden, dass bei der Hauptkomponentenanalyse nur solche Eigenvektoren der Kovarianzmatrix des originär multivariaten Datensatzes berücksichtigt werden, deren normierte Eigenwerte oberhalb eines vorgegebenen Schwellwerts liegen. Vorzugsweise werden nur solche Eigenvektoren berücksichtigt, deren Eigenwerte grösser als 98 Prozent des betragsmässig grössten Eigenwerts der Kovarianzmatrix des originär multivariaten Datensatzes sind.
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Eine Regressionsanalyse kann auf mindestens einem multiplen Regressionsmodell basieren, das Eingangs- und Ausgabegrößen über eine Modellfunktion miteinander verknüpft. Dabei sollten alle Datensätze, die als Eingangsgrößen der Regression bestimmt werden, vor der Durchführung des jeweiligen Einzelprozessschritts erfasst oder gebildet werden, in dem der Datensatz, der als Ausgabegröße der Regression definiert wird, erfasst oder gebildet wird.
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Eine Regressionsanalyse mit mindestens einem multiplen Regressionsmodell zur Berechnung von Regressionsparametern kann beispielsweise mit mindestens einem originär oder derivativ univariaten Datensatz, der vor oder während des am Ende des Produktionsprozesses durchgeführten Einzelprozessschritts mit mindestens einem Messverfahren erfasst oder durch Simulation gebildet wird, als Ausgabegröße und Datensätzen, die vor dem am Ende des Produktionsprozesses durchgeführten Einzelprozessschritt mit mindestens einem Messverfahren erfasst oder durch Simulation gebildet werden, als Eingangsgrößen durchgeführt werden.
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Ein multiples Regressionsmodell kann mit einer Modellfunktion, die mit einem Polynomansatz erster oder zweiter Ordnung gebildet wird, durchgeführt werden. Die Regressionsbasis der Modellfunktion kann aber auch je nach Stichprobenumfang und Komplexität der vorherrschenden Wirkzusammenhänge und auch abhängig von der Ausgabegröße unterschiedlich gewählt werden.
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Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens liegt darin begründet, dass nur eine geringe Anzahl von Stichproben benötigt wird, um wesentliche Wirkzusammenhänge zwischen Eingangs- und Ausgabegrößen zu bestimmen. Insbesondere, kann die Stichprobenanzahl der Datensätze dabei kleiner als 100 sein. Damit ist auch eine Analyse sehr komplexer Produktionsprozessketten mit vielen Einzelprozessschritten möglich. Die Anzahl der einen Produktionsprozess bildenden Einzelprozessschritte kann größer als 50 sein.
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Die relevanten Prozesseinflussgrößen können durch Berechnung von Sensitivitätsindizes mittels einer Sensitivitätsanalyse unter Berücksichtigung der durch eine Regressionsanalyse berechneten Regressionsparameter bestimmt werden. Vorzugsweise werden die bei einer Sensitivitätsanalyse bestimmten Sensitivitätsindizes durch Monte-Carlo Simulationen abgeschätzt.
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Durch einen Vergleich des Ist- und Soll-Zustands des Produkts und unter Berücksichtigung der mittels einer Sensitivitätsanalyse bestimmten relevanten Prozesseinflussgrößen kann dann eine adaptive Regelung der relevanten Prozesseinflussgrößen während des Produktionsprozesses zur Erreichung vorgegebener Qualitätsmerkmale durchgeführt werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren lässt sich besonders effizient im Automobilbereich mit typischerweise langen Produktionsprozessketten einsetzen. Zum Beispiel kann der Produktionsprozess ein Karosserieproduktionsprozess sein bei dem mehrere Einzelbauteile in Baugruppen zusammengefügt und miteinander verbunden werden.
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Vor oder während des am Ende des Produktionsprozesses durchgeführten Einzelprozessschritts kann ein dreidimensionales Vermessen mindestens einer Baugruppe durchgeführt und dabei mindestens ein originär multivariater Datensatz erfasst werden. Alternativ oder zusätzlich kann bei den zuerst durchgeführten zwei Einzelprozessschritten des Produktionsprozesses jeweils ein dreidimensionales Vermessen mindestens eines Einzelbauteils durchgeführt und dabei in jedem dieser Einzelprozessschritte mindestens ein originär multivariater Datensatz erfasst werden.
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Der funktionale Zusammenhang zwischen den Prozesseinflussgrößen und den Qualitätsmerkmalen sowie die Kenntnis über deren vorherrschenden Wechselwirkungen und Sensitivtäten ermöglicht insbesondere eine schnelle und gezielte Ableitung von Optimierungsmaßnahmen für Produkt, Fertigungsprozess und Fertigungsressource. Durch die Anwendung des oben beschriebenen Verfahrens gelangt man dadurch von einem passiven Analyseprozess zu einer aktiven Regelung zur Erreichung von Qualitätszielen entlang von mehrstufigen Prozessketten mit uni- und multivariaten Ein- und Ausgabegrößen.
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Nachfolgend soll das Verfahren beispielhaft näher erläutert werden.
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Dabei zeigt
- 1 die schematische Darstellung eines Karosserieproduktionsprozesses mit sieben Einzelprozessschritten.
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Der in 1 gezeigte Karosserieproduktionsprozess umfasst sieben Einzelprozessschritte zum Fügen und Vermessen von insgesamt vier schematisch dargestellten Einzelteilen A-D. In den ersten vier Einzelprozessschritten werden die Einzelteile hergestellt und dreidimensional (3D) vermessen, wodurch jeweils ein originär multivariate Datensatz erfasst wird. In Einzelprozessschritt 5 werden die Einzelteile B, C und D in eine Fügevorrichtung eingelegt, durch Spanner und Stifte im Raum fixiert und mittels Punktschweißen zu einer ersten Baugruppe gefügt. Dabei werden keine Daten erfasst oder gebildet. Einzelprozessschritt 6 umfasst einen weiteren Fügeprozess, wobei eine Stellmaßnahme durch die gezielte Variation der Spanner und Stifte der Fügevorrichtung durchgeführt wird. Die Position der Spanner und Stifte kann entlang einer bestimmten Koordinatenachse eines vorgegebenen Koordinatensystems um bis zu 4 mm variieren. Die durch den Einzelprozessschritt realisierte Distanz der Spanner und Stifte vom Ursprung des Koordinatensystems wird gemessen und so jeweils ein originär univariater Datensatz erfasst. Der siebte Einzelprozessschritt 7 bildet das Ende des Karosserieproduktionsprozesses. In diesem letzten Einzelprozessschritt wird die durch die vorigen Einzelprozessschritte 5-7 zusammengefügte Baugruppe vermessen und somit ein weiterer originär multivariater Datensatz erfasst.
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Die in den ersten vier Einzelprozessschritten 1-4 und Einzelprozessschritt 7 erfassten originär multivariaten Datensätze können jeweils in einer Matrix Mi mit i=1, 2, 3, 4, 7 so arrangiert werden, dass jede Zeile einer Matrix Daten jeweils einer Stichprobe enthält. Die Anzahl der Zeilen der Matrix Mi ist dann identisch mit der Stichprobenanzahl n. Dabei sollte jede Matrix Mi mit i=1, 2, 3, 4, 7 dieselbe Stichprobenanzahl n aufweisen. Die Anzahl der Spalten kann beispielsweise der Anzahl gemessener Koordinaten entsprechen und von Einzelteil zu Einzelteil variieren. Vorzugsweise werden die originär multivariaten Datensätze beziehungsweise die in den Matrizen Mi mit i=1, 2, 3, 4, 7 enthaltenen Daten so zentriert, dass der Mittelwert der Daten bezogen auf den Stichprobenumfang null ergibt.
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Jeder der multivariaten Datensätze beziehungsweise der Matrizen M
i mit i=1, 2, 3, 4, 7 wird mittels einer Hauptachsentransformation
in eine neue Matrix W
i transformiert. Die Spalten der Transformationsmatrix V
i entsprechen dabei den Eigenvektoren der Kovarianzmatrix
des i-ten originär multivariaten Datensatzes. Mittels dieser Hauptachsentransformation kann ein originär multivariater Datensatz M
i in einen derivativ univariaten Datensatz W
i umgewandelt werden. Voraussetzung dafür ist, dass die originär multivariaten Datensätze zumindest approximativ normalverteilt sind.
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Die Spalten der Transformationsmatrix bzw. die Eigenvektoren der Kovarianzmatrix bilden die sogenannten Hauptkomponenten. Eine Gewichtung der Hauptkomponenten kann mit Hilfe der normierten Eigenwerte
vorgenommen werden, wobei λ
u den u-ten Eigenwert der Kovarianzmatrix
bezeichnet. Da die Varianzeigenschaften der originär multivariaten Datensätze und die Varianzeigenschaften der derivativ univariaten Datensätze identisch sind, d.h. Var(W
i) = Var(M
i), kann die weitere Analyse auch auf Basis der derivativ univariaten Datensätze, die auch komprimiert sein können, durchgeführt werden.
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Die Hauptkomponenten mit den betragsmäßig größten normierten Eigenwerten haben im Allgemeinen den größten Einfluss auf den Karosserieproduktionsprozess. Deshalb kann auch eine effiziente Kompression der derivativ univariaten Datensätze vorgenommen werden, indem in der Transformationsmatrix Eigenvektoren, deren normierte Eigenwerte unterhalb eines vorgegebenen Schwellwerts liegen, durch einen Nullvektor ersetzt oder aus der Transformationsmatrix entfernt bzw. gelöscht werden. Die resultierende transformierte Matrix Wi kann so mittels Projektion effizient komprimiert werden. In der folgenden Analyse werden nur die wichtigsten Hauptkomponenten berücksichtigt. Beispielsweise kann ein Schwellwert von 98 Prozent gewählt werden. Dadurch werden nur solche Hauptkomponenten berücksichtigt, deren normierte Eigenwerte oberhalb von 98 Prozent liegen.
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Die derivativ univariaten Datensätze bilden zusammen mit den originär univariaten Datensätzen die Basis für die Durchführung einer multiplen Regressionsanalyse. Dazu wird auch der in dem Einzelprozessschritt
6 erfasste originär univariate Datensatz in eine Matrix
geschrieben, wobei P
SP, P
ST Spaltenvektoren sind, welche beispielsweise die Positionen der Spanner und Stifte angeben und deren Länge der Stichprobenanzahl entspricht.
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Für eine Regressionsanalyse werden dann alle Eingangsgrößen durch die Eingangsmatrix
bestimmt. Die Eingangsmatrix enthält alle in den Einzelprozessschritten durch mindestens ein Messverfahren erfassten oder durch Simulation gebildeten und mittels Hauptkomponentenanalyse transformierten derivativ univariaten Datensätze
die vor dem am Ende des Karosserieproduktionsprozesses durchgeführten Einzelprozessschritt
7 erfasst wurden, sowie den durch die Matrix P gegebenen originär univariaten Datensatz, der im Einzelprozessschritt
6 erfasst wurde.
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Die Ausgabegrößen des Regressionsmodells sind durch den derivativ univariaten Datensatz
der in dem am Ende des Karosserieproduktionsprozesses durchgeführten Einzelprozessschritt
7 erfasst wird. Für jede Spalte der Ausgabematrix Y, d.h. für jede Koordinate der in Einzelprozessschritt
7 vermessenen Baugruppe, kann eine Regressionsanalyse mit einem multiplen Regressionsmodell, vorzugsweise einem multiplen Regressionsmodell mit einer linearen Modellfunktion
durchgeführt werden, wobei
die i-te Spalte der Ausgangsmatrix oder die i-te Koordinate der in dem Einzelprozessschritt 7 vermessenen Baugruppe entspricht, β ein die Regressionsparameter als Komponenten enthaltenen Vektor und ε ein die Residuen der Regression als Komponenten enthaltenen Vektor bezeichnet.
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Durch eine Minimierung der Residuenquadratsumme können die Regressionsparameter
abgeschätzt werden. Die durch alle y
i gegebenen Ausgabegrößen können dann durch die Funktion
approximiert werden.
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Das Regressionsmodell bildet die Grundlage zur qualitativen als auch quantitativen Ermittlung der relevanten Prozesseinflussgrößen, die sich auf die Qualitätsmerkmale des Systems auswirken können. Hierfür erfolgt eine auf dem Regressionsmodell basierte Abschätzung der Sensitivitätsindizes
mit der Varianz Var und dem bezüglich X
∼Z konditionierten Erwartungswert E(y
i | X
∼Z) der Ausgabegröße y
i, wobei X
~Z sich aus der Eingangsmatrix X durch Weglassen der z-ten Spalte ergibt. Die Varianzen und Erwartungswerte beziehen sich dabei auf das oben beschriebene Regressionsmodell und sind unter Berücksichtigung des funktionalen Zusammenhangs
auszuwerten. Vorzugsweise werden die Sensitivitätsindizes mit Hilfe von Monte-Carlo Simulationen anhand des Regressionsmodells berechnet.
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Aus einer solchen Sensitivitätsanalyse kann für jede Prozesseinflussgröße oder Zufallsvariable, die einer Spalte der Eingangsmatrix X entspricht, ein auf die Varianz der durch yi gegebenen Ausgangsgröße prozentualer Einfluss bestimmt werden. Beispielsweise können die Sensitivitätsindizes der Größe nach geordnet werden, wobei die größten Sensitivitätsindizes die dominanten Prozesseinflussgrößen mit der größten Relevanz für die Varianz der jeweiligen Ausgangsgröße anzeigt. Die Kombination der zu einem individuellen Einzelprozessschritt gehörigen Sensitivitätsindizes bestimmt dann den Einfluss dieses Einzelprozessschritts auf die jeweilige Ausgabegröße.
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Aus den so bestimmten Wirkzusammenhängen zwischen Eingangsgrößen und/oder Einzelprozessschritten und den Ausgabegrößen können Optimierungsmaßnahmen abgeleitet und eine adaptive Regelung des Karosserieproduktionsprozesses vorgenommen werden. Beispielsweise kann mittels einer wie oben beschriebenen Sensitivitätsanalyse festgestellt werden, welchen Einfluss die Position der Spanner und Stifte in Einzelprozessschritt 6 oder die Form der jeweiligen Einzelteile A-D aus den Einzelprozessschritten 1-4 auf die Varianz einer bestimmten Koordinate der in Einzelprozessschritt 7 zusammengefügten Baugruppe hat. Daraus kann dann eine zielgerichtete, adaptive Regelung der jeweiligen Prozesseinflussgrößen zur Erreichung von Qualitätsmerkmalen für die in Einzelprozessschritt 7 zusammengefügte Baugruppe durchgeführt werden. Sollte sich beispielsweise herausstellen, dass für Einzelbauteil B ein großer Sensitivitätsindex für kritische Koordinaten der Bauteilgruppe aus Einzelprozessschritt 7 bestimmt wurde, kann gezielt die Genauigkeit in der Herstellung dieses Einzelbauteils verbessert werden. Sollte sich hingegen herausstellen, dass die Position der Spanner oder Stifte einen großen Einfluss auf bestimmte, als besonders wichtig bzw. kritisch angesehene Koordinaten der Baugruppe aus Einzelprozessschritt 7 hat, kann eine entsprechende korrigierende Anpassung dieser Positionen der Spanner oder Stifte während des Karosserieproduktionsprozesses vorgenommen werden.
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Die Erfassung der Datensätze kann für eine gegebene Anzahl von Stichproben, die vorzugsweise zwischen 10 und 100 liegt, durchgeführt werden, bevor das oben beschriebene Verfahren zur Analyse und Regelung des Karosserieproduktionsprozesses durchgeführt wird (Batch Betrieb). Alternativ kann das Verfahren zur Analyse und Regelung des Karosserieproduktionsprozesses auch kontinuierlich während des Karosserieproduktionsprozesses anhand der jeweils zur Verfügung stehenden Datensätze durchgeführt werden (Online Betrieb).