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Technisches Gebiet
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Antriebssystem mit einem Haupt- und einem Nebentriebwerk.
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Stand der Technik
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Das vorliegend in Rede stehende Haupttriebwerk gliedert sich funktional in Verdichter, Brennkammer und Turbine. Dabei wird ein mit dem Verdichter komprimiertes Verdichterfluid, bspw. angesaugte Luft, der nachgelagerten Brennkammer zugeführt und dort mit hinzugemischtem Treibstoff verbrannt, bspw. Kerosin. Das entstehende Heißgas, eine Mischung aus Verbrennungsgas und Luft, durchströmt die nachgelagerte Turbine und wird dort expandiert. Dem strömenden Gas wird dabei anteilig auch Energie entzogen, um den Verdichter des Haupttriebwerks anzutreiben.
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Darstellung der Erfindung
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Der vorliegenden Erfindung liegt das technische Problem zugrunde, ein vorteilhaftes Antriebssystem anzugeben.
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Dies wird erfindungsgemäß mit dem Antriebssystem gemäß Anspruch 1 gelöst. Dieses weist zusätzlich zu dem Haupttriebwerk ein Nebentriebwerk mit einer Brennkammer und einer Turbine auf. Die Triebwerke sind dabei über eine Fluidleitung solchermaßen miteinander verbunden, dass ein in dem Verdichter des Haupttriebwerks verdichtetes Verdichterfluid anteilig abgezweigt und der Brennkammer des Nebentriebwerks zugeführt wird. Dort kann das abgezweigte Verdichterfluid, das bereits im Verdichter des Haupttriebwerks verdichtet wurde, mit hinzugemischtem Treibstoff verbrannt werden. Das entstehende Heißgas kann dann analog der vorstehenden Schilderung die Turbine des Nebentriebwerks durchströmen und dabei expandiert werden. Die resultierende Antriebsenergie kann in dem Nebentriebwerk auf unterschiedliche Weise zur Vorschuberzeugung genutzt werden, siehe unten im Detail.
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Generell kann mit dem vorliegenden Antriebssystem die Vorschuberzeugung also räumlich verteilt werden, was bspw. eine bessere Integration des Antriebssystems in ein Flugzeug ermöglichen kann. Mit einer solchen Optimierung bzw. Verteilung lassen sich bspw. auch die am Flugzeug entstehenden Grenzschichtströmungen beeinflussen (Grenzschichtabsaugung, Auffüllen von Nachlaufdellen etc.), was die Energieeffizienz verbessern und damit bspw. den CO2-Ausstoß verringern kann. Ein Teil der am Nebentriebwerk verfügbaren Antriebsenergie wird in Form des verdichteten Verdichterfluids von dem Haupttriebwerk geliefert. Der andere Teil wird mit dem Treibstoff, typischerweise Kerosin, in Form chemischer Energie in der Brennkammer des Nebentriebwerks zugeführt. Damit muss einerseits das Nebentriebwerk nicht als vollständiges Triebwerk aufgebaut sein, sondern ist ein reduziertes und damit auch gewichtsoptimiertes Design möglich (siehe unten im Detail). Da jedoch andererseits auch nicht die gesamte Antriebsenergie des Nebentriebwerks vom Haupttriebwerk stammt, ist der Aufwand der Kopplung verringert bzw. ist diese weniger verlustbehaftet.
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Würde man alternativ zu dem erfindungsgemäßen Ansatz die Antriebsenergie bspw. rein mechanisch von dem Haupttriebwerk zu einer Vortriebseinheit verteilen, wäre ein entsprechendes Getriebe-/Wellensystem konstruktiv aufwendig. Die mechanische Übertragung wäre schon an sich verlustbehaftet (insbesondere im Falle eines Winkelgetriebes), zudem würde sich das Mehrgewicht dieser Baueinheit dann auch negativ in der Energiebilanz des Flugzeugs niederschlagen. Letzteres würde auch im Falle einer elektrischen Energieübertragung gelten, weil Generator und Elektromotor Zusatzgewicht bedeuten (zumal der elektrischen Übertragung an sich ein Verlust von 10 % - 15 % inhärent wäre). Die Verbindung zwischen Haupt- und Nebentriebwerk wäre auch dann deutlich aufwendiger, wenn Letzteres keine eigene Brennkammer hätte und mit dem Verbrennungsgas des Haupttriebwerks gespeist würde. Die hohe Temperatur und das große spezifische Volumen des Verbrennungsgases würden die Übertragung zumindest aufwendig machen. Das erfindungsgemäße Abzweigen des Verdichtergases lässt sich im Vergleich einfach und auch über die Betriebsdauer materialschonend umsetzen (geringerer Verschleiß, höhere Standzeiten).
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Bevorzugte Ausgestaltungen finden sich in den abhängigen Ansprüchen und der gesamten Beschreibung, wobei bei der Darstellung der Merkmale nicht immer im Einzelnen zwischen Vorrichtungs- und Verfahrens- bzw. Verwendungsaspekten unterschieden wird; jedenfalls implizit ist die Offenbarung hinsichtlich sämtlicher Anspruchskategorien zu lesen. Wird also bspw. ein Antriebssystem beschrieben, das für einen bestimmten Betrieb geeignet ist, ist dies auch als Offenbarung eines entsprechenden Betriebsverfahrens zu verstehen, und umgekehrt. „Ein“ und „eine“ sind im Rahmen dieser Offenbarung als unbestimmte Artikel und damit ohne ausdrücklich gegenteilige Angabe immer auch als „mindestens ein“ bzw. „mindestens eine“ zu lesen. Es kann also bspw. auch mehrere Fluidleitungen geben, die das Haupt- und das Nebentriebwerk miteinander verbinden. Ebenso kann es z. B. auch mehrere Nebentriebwerke geben, siehe unten im Detail.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist das Nebentriebwerk verdichterlos vorgesehen, weist es also keinen eigenen Verdichter auf. Dementsprechend wird der vom Haupttriebwerk abgezweigte Teil des Verdichterfluids dann direkt der Brennkammer des Nebentriebwerks zugeführt. Ein entsprechend vereinfacht und damit auch kompakt aufgebautes Nebentriebwerk kann aus Gewichtsgründen und auch hinsichtlich der Integrationsmöglichkeiten von Vorteil sein.
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Wie bereits erwähnt, wird das Nebentriebwerk zur Vortriebserzeugung genutzt. Dazu weist es in bevorzugter Ausgestaltung einen Propulsor auf, bspw. einen Propeller oder vorzugsweise einen Fan. Letzterer erzeugt dann einen Mantelstrom, im Falle des bevorzugt verdichterlosen Aufbaus jedoch keinen Kernstrom. Unabhängig von der Ausgestaltung im Einzelnen wird der Propulsor des Nebentriebwerks von dessen Turbine angetrieben (von deren Laufkranz bzw. -kränzen), entweder direkt oder indirekt über ein Getriebe.
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In bevorzugter Ausgestaltung weist das Nebentriebwerk eine Kernstromdüse auf. Prinzipiell kann die Vortriebserzeugung über den Abgasstrahl auch eine Alternative zu einem Propulsor darstellen, bevorzugt werden beide Maßnahmen kombiniert.
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Das dem Nebentriebwerk zugeführte Verdichterfluid kann im Allgemeinen an beliebiger Stelle des Verdichters des Haupttriebwerks abgezweigt werden. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform wird es jedoch dem Hochdruckverdichter des Haupttriebwerks nachgelagert abgezweigt, also stromab davon. Der Abzweig sitzt damit zwischen der letzten Stufe des Hochdruckverdichters und der Brennkammer des Haupttriebwerks. So kann sich der Anteil der auf das Nebentriebwerk übertragenen Antriebsenergie maximieren lassen. Der Verdichter des Haupttriebwerks kann ferner einen Niederdruck- und im Allgemeinen auch einen Mitteldruckverdichter aufweisen, bevorzugt besteht er aus Nieder- und Hochdruckverdichter. Auch die Turbine des Haupttriebwerks ist bevorzugt aus mehreren Modulen aufgebaut, insbesondere einer Hochdruck- und einer Niederdruckturbine (darauf folgt bevorzugt die Kernstromdüse). Gleiches gilt für die Turbine des Nebentriebwerks.
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Bei einem Abzweig dem Hochdruckverdichter nachgelagert kann das Gesamtdruckverhältnis bspw. 50 sein und kann das Verdichterfluid eine Temperatur von mehreren 100 K haben (z. B. rund 900 K). Die Fluidleitung, in der im Betrieb bspw. 0,1 - 0,15 Mach anliegen können, kann dann bspw. aus einer Nickelbasislegierung vorgesehen sein, womit sich trotz dieses Anforderungsprofils hohe Standzeiten erreichen lassen. Generell kann die Fluidleitung bspw. einen Innendurchmesser von mindestens 20 mm, bevorzugt mindestens 50 mm haben, weiter bevorzugt mindestens 80mm, wobei mögliche Obergrenzen bspw. bei höchstens 200 mm, 150 mm bzw. 120 mm liegen können. Je nach Anordnung im Einzelnen kann sich die Fluidleitung zwischen dem Haupt- und dem Nebentriebwerk bspw. über mindestens 1 m, 2 m bzw. 3 m erstrecken, mit möglichen Obergrenzen bei z. B. höchstens 25 m bzw. 20 m.
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Im Allgemeinen kann das Haupttriebwerk auch ausschließlich zur Verdichtung genutzt werden, kann dort also mitunter auch gar kein Vortrieb erzeugt werden. In bevorzugter Ausgestaltung ist das Haupttriebwerk jedoch mit einem Propulsor und/oder einer Kernstromdüse ausgestattet, bevorzugt ist die Kombination. Bei dem Propulsor kann es sich wiederum um einen Propeller oder vorzugsweise einen Fan handeln.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform sind die Turbine des Haupt- und jene des Nebentriebwerks für einen Betrieb bei unterschiedlichen Temperaturen eingerichtet bzw. werden sie bei unterschiedlichen Temperaturen betrieben. Dies kann einen zusätzlichen Freiheitsgrad eröffnen, um bspw. die Lage des Betriebspunkts im Verdichterkennfeld zu beeinflussen.
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In bevorzugter Ausgestaltung weist die Turbine des Haupttriebwerks und/oder jene des Nebentriebwerks ein oder mehrere variable Leitgitter auf. Die Leitschaufeln eines variablen Leitgitters sind verdrehbar gelagert, es kann also der Abströmwinkel der Leitschaufeln eingestellt werden. Dies erlaubt eine Anpassung der Turbinenkapazität. In Verbindung mit den unterschiedlichen Betriebstemperaturen kann dies eine gewisse Variabilität im thermischen Kreisprozess ergeben, die zur Optimierung des Kraftstoffverbrauchs genutzt werden kann.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist ein weiteres Nebentriebwerk mit Brennkammer und Turbine vorgesehen, das von dem Haupttriebwerk über eine weitere Fluidleitung gespeist wird. An dem Triebwerk hängen damit mindestens zwei Nebentriebwerke, es sind bspw. auch mindestens drei oder vier Nebentriebwerke denkbar, mit möglichen Obergrenzen bei z. B. höchstens zehn, acht bzw. sechs Nebentriebwerken.
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Die Erfindung betrifft auch ein Verfahren zum Betreiben eines vorliegend offenbarten Antriebssystems, es wird ausdrücklich auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Generell handelt es sich bei dem Verdichterfluid bevorzugt um Luft. Bevorzugt kann insbesondere ein Betrieb der Brennkammern von Haupt- und Nebentriebwerk bei unterschiedlichen Temperaturen sein.
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Die Erfindung betrifft auch ein Flugzeug mit einem vorliegend offenbarten Antriebssystem. Letzteres lässt sich gut integrieren, was hinsichtlich der Grenzschichtströmungen am Flugzeug von Vorteil sein kann, siehe vorne. Haupt- und Nebentriebwerk können bspw. am selben Flügel vorgesehen sein, ebenso kann das Haupttriebwerk aber bspw. auch am Rumpf angeordnet sein und können Nebentriebwerke an beiden Flügeln platziert werden.
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Figurenliste
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert, wobei die einzelnen Merkmale im Rahmen der nebengeordneten Ansprüche auch in anderer Kombination erfindungswesentlich sein können und auch weiterhin nicht im Einzelnen zwischen den unterschiedlichen Anspruchskategorien unterschieden wird.
- 1 zeigt ein erfindungsgemäßes Antriebssystem in schematischer Darstellung.
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Bevorzugte Ausführung der Erfindung
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1 zeigt ein erfindungsgemäßes Antriebssystem 1. Dieses weist ein Haupttriebwerk 2 und ein Nebentriebwerk 3 auf. Ein Propulsor 4, nämlich ein Fan, ist einem Verdichter 5 des Haupttriebwerks 2 vorgelagert vorgesehen. Im Einzelnen gliedert sich der Verdichter 5 in Nieder- und Hochdruckverdichter 5.1, 5.2. Stromab davon sind, wie in einem Triebwerk üblich, eine Brennkammer 6 und eine Turbine 7 angeordnet. Letztere gliedert sich in eine Hochdruckturbine 7.1 und einen Niederdruckturbine 7.2. Daran schließt eine Kernstromdüse 8 zur Vortriebserzeugung an. Im Gesamten wird der Vortrieb des Haupttriebwerks 2 anteilig auch durch den Propulsor 4 (Fan) erzeugt, der über ein Getriebe 9 mit der Turbinenwelle gekoppelt ist. Das Haupttriebwerk 2 entspricht insofern einem gängigen Mantelstromtriebwerk (insbesondere Geared Turbo Fan).
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Eine Besonderheit des Antriebssystems 1 liegt in Aufbau und Kopplung des Nebentriebwerks 3. Dieses ist verdichterlos vorgesehen. Es weist zwar eine Brennkammer 16 und eine Turbine 17, sowie eine Kernstromdüse 18 auf, aber keinen eigenen Verdichter. Die Brennkammer 16 des Nebentriebwerks 3 wird stattdessen über eine Fluidleitung 10 vom Verdichter 5 des Haupttriebwerks 2 gespeist. Von einem im Verdichter 5 des Haupttriebwerks 2 verdichteten Verdichterfluid 20 wird also ein Teil 20.1 abgezweigt und über die Fluidleitung 10 dem Nebentriebwerk 3 zugeführt.
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Nach einer Verbrennung mit hinzugemischtem Kerosin in der Brennkammer 16 wird das Heißgas in der Turbine 17 (aufgebaut aus Hochdruck- und Niederdruckturbine 17.1, 17.2) expandiert.
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Analog dem Haupttriebwerk 2 wird ein Vortrieb anteilig über eine Kernstromdüse 18 und einen Propulsor 14, nämlich einen Fan erzeugt. Das Nebentriebwerk 3 ist insofern wie ein Mantelstromtriebwerk aufgebaut, wobei der Fan nur den Mantel- und keinen Kernstrom erzeugt. Auch der Fan des Nebentriebwerks 3 ist über ein Getriebe 19 angetrieben. Wie in der Beschreibungseinleitung im Einzelnen dargelegt, lässt sich mit der Kombination aus Haupt- und Nebentriebwerk 2, 3 eine gute Vortriebsverteilung über das Flugzeug erreichen, womit sich Grenzschichtströmungen beeinflussen lassen können. Die Verbindung über die Fluidleitung 10 ist dabei im Vergleich zu anderen Lösungen (mechanisch etc.) verlust- bzw. auch verschleißarm, zudem bestehen relativ große Freiheiten hinsichtlich der Relativpositionierung von Haupt- und Nebentriebwerk 2, 3.
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Das Antriebssystem 1 weist ferner ein weiteres Nebentriebwerk 30 auf, das über eine weitere Fluidleitung 100 mit dem Haupttriebwerk 2 verbunden ist, der Abzweig sitzt wiederum dem Hochdruckverdichter 5.2 des Haupttriebwerks 2 nachgelagert. Das weitere Nebentriebwerk 30 weist ebenfalls eine Brennkammer 160, eine Turbine 170 und eine Kernstromdüse 180 auf, über ein Getriebe 190 wird wiederum ein Propulsor 140 (Fan) angetrieben. Im vorliegenden Beispiel ist das weitere Nebentriebwerk 30 baugleich zu dem Nebentriebwerk 3.
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Bezugszeichenliste
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Antriebssystem |
1 |
Haupttriebwerk |
2 |
Nebentriebwerk |
3 |
Propulsor (Haupttriebwerk) |
4 |
Verdichter (Haupttriebwerk) |
5 |
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Niederdruckverdichter |
5.1 |
|
Hochdruckverdichter |
5.2 |
Brennkammer (Haupttriebwerk) |
6 |
Turbine (Haupttriebwerk) |
7 |
|
Hochdruckturbine |
7.1 |
|
Niederdruckturbine |
7.2 |
Kernstromdüse (Haupttriebwerk) |
8 |
Getriebe (Haupttriebwerk) |
9 |
Fluidleitung |
10 |
Propulsor (Nebentriebwerk) |
14 |
Brennkammer (Nebentriebwerk) |
16 |
Turbine (Nebentriebwerk) |
17 |
|
Hochdruckturbine |
17.1 |
|
Niederdruckturbine |
17.2 |
Kernstromdüse (Nebentriebwerk) |
18 |
Getriebe (Nebentriebwerk) |
19 |
Verdichterfluid |
20 |
|
abgezweigter Teil des Verdichterfluids |
20.1 |
Weiteres Nebentriebwerk |
30 |
Weitere Fluidleitung |
100 |
Brennkammer (weiteres Nebentriebwerk) |
160 |
Turbine (weiteres Nebentriebwerk) |
170 |
Kernstromdüse (weiteres Nebentriebwerk) |
180 |
Getriebe (weiteres Nebentriebwerk) |
190 |
Propulsor (weiteres Nebentriebwerk) |
140 |