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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bereitstellung eines kinematischen Modells für kinematische Arbeitssysteme. Ferner betrifft die Erfindung eine Recheneinheit und ein Computerprogramm.
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Stand der Technik
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Heutzutage werden vielfach Assistenzfunktionen für kinematische Arbeitssysteme, wie z. B. Baggerarme, Planierraupenschilder, Radladerschaufeln, Pumpenausleger, Kranausleger, Schneeraupen etc., eingesetzt. Anhand von Sensordaten, die von Sensoren an den kinematischen Arbeitssystemen erfasst werden, kann unter Verwendung von Algorithmen ein Endeffektor des Werkzeugs (Tool Center Point, TCP) ermittelt werden. Für eine Arbeitssequenz, die ausgeführt werden soll, werden Sollwerte vorgegeben, wobei die Sollwerte durch manuelle Eingabe und/oder durch elektronische Datenübertragung bereitgestellt werden. Das Assistenzsystem vergleicht dann die Sollwerte mit Istwerten, die aus den aktuellen Sensordaten bestimmt werden, und ermittelt anhand dieses Vergleichs einen erforderlichen Steuerungseingriff. Der Steuerungseingriff kann dann dem Benutzer angezeigt werden, z. B. über ein Display. Alternativ oder zusätzlich können die Assistenzfunktionen den Steuerungseingriff aktiv ausführen, indem diese in die Arbeitshydraulik eingreifen. Diese Assistenzfunktionen der kinematischen Arbeitssysteme werden individuell für eine mobile Arbeitsmaschine konzipiert.
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Offenbarung der Erfindung
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Es wird ein Verfahren zur Bereitstellung eines kinematischen Models für ein kinematisches Arbeitssystem vorgeschlagen. Solch ein kinematisches Arbeitssystem kommt insbesondere bei kompakten mobilen Arbeitsmaschinen, wie z. B. Mini-Bagger, Radlader, Kompaktlader etc., zum Einsatz. Das kinematische Arbeitssystem kann ein Werkzeug und dazugehörige bewegliche (Hub-) Rahmen, Träger, Arbeitsarme, Gelenke, Zylinder und Ähnliches umfassen. Das Werkzeug wird auch als Anbaugerät bezeichnet. Z. B. ist das Werkzeug eine Baggerschaufel, ein Planierraupenschild, eine Ladeschaufel, eine Ladegabel etc. Zu den beweglichen (Hub-)Rahmen, Träger, Arbeitsarme gehören z. B. der Hubrahmen für das Werkzeug bei einem Radlader, ein Baggerarm, ein Pumpenausleger, ein Kranausleger etc.
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Bei dem Verfahren können bevorzugt im Vorfeld kinematische Daten und/oder physikalische Daten von referenziellen kinematischen Arbeitssystemen erfasst werden. Als referenzielle kinematische Arbeitssysteme werden kinematische Arbeitssysteme verstanden, für die bestimmte Assistenzfunktionen bereits angewendet werden oder für die zumindest bereits entsprechende kinematische Modelle vorhanden sind. Die Assistenzfunktion kann eine Assistenzfunktion für ein Arbeitsgerät oder Anbaugerät, insbesondere ein Werkzeug oder Werkzeugteil, des kinematischen Arbeitssystem sein.
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Unter kinematischen Daten werden Daten verstanden, welche die Bewegung der referenziellen kinematischen Arbeitssysteme kennzeichnen und die Größen Position, Zeit, Geschwindigkeit und/oder Beschleunigung aufweisen. Zudem wird das Arbeitssystem bzw. seine Komponenten und deren Geometrie mit den Größen Länge, Breite, Winkel, Drehpunkt etc. beschrieben. Die kinematischen Daten können z. B. mittels CAD-Dateien (Computer-Aided Design) oder durch geometrische Vermessung der Arbeitsmaschine selbst erfasst werden. Bei der Erfassung fließen der Aufbau der kinematischen Kette, daher der kinematische Zusammenhang zwischen benachbarten Gliedern ausgehend von der Arbeitsmaschine bis zum Werkzeug, die Bewegungsfreiheitsgrade, daher Rotationsfreiheitsgrade von Drehgelenken, translatorische Freiheitsgrade bei Verschiebung etc., Längen und Winkel der Komponenten und die Lage der Sensoren zur Lageerfassung mit ein.
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Unter physikalischen Daten werden Daten verstanden, welche die Dynamik und/oder die Statik der referenziellen kinematischen Arbeitssysteme kennzeichnen und die Größen Kraft, (Dreh-/Trägheits-) Moment und/oder Masse und/oder die abgeleiteten Größen wie Impuls und/oder Arbeit/Energie aufweisen. Neben den Massen und Massenträgheitsmomenten sind bei flexiblen Tragwerkstrukturen auch Widerstandsmomente gegen Biegung und Torsion relevant. Diese physikalischen Daten werden idealerweise aus Konstruktionsunterlagen bestimmt, können aber auch experimentell an einer Maschine ermittelt werden. In erster Näherung ändern sich diese physikalischen Daten während der Lebensdauer nicht wesentlich. Demnach können die physikalischen Daten einmal erfasst und in der Datenbank gespeichert werden und danach immer wieder verwendet werden.
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Zudem kann bevorzugt im Vorfeld zumindest ein kinematisches Modell für die referenziellen kinematischen Arbeitssysteme bestimmt werden. Dieses kinematische Modell gibt eine Beziehung für zumindest die obengenannten kinematischen Daten für das jeweilige referenzielle kinematische Arbeitssystem an. Das kinematische Modell ist ein Algorithmus im Allgemeinen in Form eines differential-algebraischen Gleichungssystems. Mittels den physikalischen Daten können die kinematischen Modelle auch zu dynamischen Modellen erweitert werden. Die Beziehung kann insbesondere über Gleichungen mit Modellvariablen ausgedrückt werden, wobei die die kinematischen Daten die Parameter des kinematischen Modells darstellen. Der Parameter ist ein einstellbarer bzw. konfigurierbarer Wert, der zumindest während der Laufzeit des Verfahrens bzw. während einer Parametrisierung des Modells konstant bleibt, wie z. B. die Länge des Baggerarms für einen bestimmten Baggertyp. Eine der Modellvariablen kann z. B. ein veränderbarer bzw. beweglicher Winkel zwischen dem Werkzeug und einem Teil des Arbeitssystems sein.
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Die kinematischen Daten, die physikalischen Daten und das zumindest eine kinematische Modell können bevorzugt im Vorfeld in eine Datenbank eingepflegt werden. Zusammen mit dem kinematischen Modell können auch die obengenannten Modellvariablen in die Datenbank eingepflegt werden. Dabei können auch die zulässigen Kräfte und die Masse der Werkzeuge in der Datenbank hinterlegt werden. Die Datenbank ist in einem Rechnernetzwerk gespeichert. Vorzugsweise wird das Rechnernetzwerk (Cloud) durch Cloud Computing über das Internet zur Verfügung gestellt, sodass über eine Internetverbindung auf die Datenbank zugegriffen werden kann. Demnach sind bevorzugt kinematische Daten, physikalische Daten und zumindest ein Modell von referenziellen kinematischen Arbeitssystemen in der Datenbank gespeichert.
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Ein kinematisches Arbeitssystem, für das die Assistenzfunktion bereitgestellt werden soll, wird nachfolgend als aktuelles kinematisches Arbeitssystem bezeichnet. Mit Hilfe von Kenndaten des aktuellen kinematischen Arbeitssystems, wie z. B. Herstellername, Modellbezeichnung, Baujahr, Seriennummer, etc., kann das aktuelle Arbeitssystem identifiziert werden. Die Kenndaten können über eine Netzwerkverbindung an das Rechnernetzwerk übertragen werden. Anhand der Kenndaten und dem durch diese identifizierten aktuellen kinematischen Arbeitssystem wird ein entsprechendes kinematisches Modell für das aktuelle kinematische Arbeitssystem aus der Datenbank über die Netzwerkverbindung bereitgestellt. Wenn die prinzipiellen kinematischen und physikalischen Gleichungen aus dem kinematischen Modell bekannt sind, erfolgt eine Parametrisierung des Modells für das aktuelle Arbeitssystem anhand der Kenndaten des aktuellen Arbeitssystems, d. h. die konkreten Parameter für die Gleichungen werden bestimmt. Mittels den physikalischen Daten können auch dynamische Modelle verwendet werden. Schließlich wird die Assistenzfunktion an dem aktuellen kinematischen Arbeitssystem anhand dieses kinematischen Modells ausgeführt.
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Zudem bietet die Datenbank den Vorteil, dass zulässige Kombinationen von Werkzeugen oder sonstigen Anbaugeräten und dem kinematischen Modell erfasst sind.
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Die Netzwerkverbindung kann kabelgebunden sein, z. B. über USB (Universal Serial Bus) oder LAN (Local Area Network), oder kabellos, z. B. über W-LAN (Wireless Local Area Network). Vorzugsweise ist die Netzwerkverbindung eine Internetverbindung.
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Die Kenndaten können teilweise oder vollständig direkt eingegeben werden und dann über die Netzwerkverbindung an das Rechnernetzwerk übertragen werden. Alternativ kann eine Liste vorgesehen sein, aus der die Kenndaten ausgewählt werden können, wobei die Liste bevorzugt nur die Kenndaten von kinematischen Arbeitssysteme enthält, die bereits in der Datenbank gespeichert sind.
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Das kinematische Modell besteht typischerweise aus einem generischen Algorithmus, der für möglichst viele kinematische Arbeitssysteme verwendet werden kann und aus kinematischen Parametern für das kinematische Modell, die spezifisch für das kinematische Arbeitssystem bzw. die Arbeitsmaschine und/oder das Werkzeug sind.
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Dabei kann ein Hersteller oder ein Betreiber des kinematischen Arbeitssystems oder ein Dritter die kinematischen Parameter, insbesondere die Geometrie des kinematischen Arbeitssystems bzw. der zugehörigen Arbeitsmaschine und/oder des Werkezugs, in der Datenbank hinterlegen.
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Die Parametrisierung des kinematischen Modells für das aktuelle Arbeitssystem, d. h. die Zuordnung der kinematischen Parameter zu dem Algorithmus des kinematischen Modells, kann auf unterschiedliche Art erfolgen und auf unterschiedlichen Rechengeräten ablaufen.
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Gemäß einem Aspekt kann die Parametrisierung des kinematischen Modells für das aktuelle Arbeitssystem in dem Rechnernetzwerk erfolgen. In einem Fall können die kinematischen Daten als kinematische Parameter zusammen mit dem kinematischen Modell in der Datenbank gespeichert sein. Genauer gesagt, können die kinematischen Parameter als Datensatz den jeweiligen referenziellen kinematischen Arbeitssystemen zugeordnet sein. Anhand der Kenndaten des aktuellen kinematischen Arbeitssystems wird das kinematische Modell für das aktuelle Arbeitssystem ausgewählt und mit den kinematischen Parametern innerhalb des Rechnernetzwerks für das aktuelle Arbeitssystem parametrisiert. Anschließend wird das parametrisierte kinematische Modell für das aktuelle kinematische Arbeitssystem von dem Rechnernetzwerk auf ein elektronisches Rechengerät der Arbeitsmaschine übertragen. Als Resultat kann für jedes kinematische System und somit auch für jede Kombination zwischen Arbeitsmaschine und Werkzeug das bereits parametrisierte kinematische Modell mitsamt dem Algorithmus und den zugehörigen kinematischen Daten als kinematische Parameter direkt aus der Datenbank von dem Rechennetzwerk heruntergeladen werden. Demzufolge ist es ausreichend, nur das aktuell verwendete kinematische Modell für das aktuelle kinematische Arbeitssystem und die aktuelle Kombination zwischen Arbeitsmaschine und Werkzeug auf ein elektronisches Rechengerät der Arbeitsmaschine zu laden. Bevorzugt wird allerdings eine kleine Anzahl von kinematischen Modellen, die wiederkehrend verwendet werden, auf einem elektronischen Rechengerät der Arbeitsmaschine gespeichert. Durch die kleine Anzahl der gespeicherten kinematischen Modelle wird nur eine geringe Speichermenge des elektronischen Rechengeräts benötigt.
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Gemäß einem weiteren Aspekt erfolgt die Parametrisierung für das aktuelle Arbeitssystem auf einem elektronischen Rechengerät des kinematischen Arbeitssystems. Es gilt hierbei anzumerken, dass das elektronische Rechengerät des kinematischen Arbeitssystems auch das elektronische Rechengerät der zugehörigen Arbeitsmaschine oder ein Teil von diesem sein kann.
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In einem Fall ist der Algorithmus des kinematischen Modells auf dem elektronischen Rechengerät gespeichert. Die kinematischen Parameter sind indes in der Datenbank gespeichert. Für die Parametrisierung werden die kinematischen Parameter anhand der Kenndaten des aktuellen kinematischen Arbeitssystems ausgewählt und an das elektronische Rechengerät übersandt. Dies bietet den Vorteil, dass nur der generische Algorithmus, der universell für alle registrierten kinematische Arbeitssystem verwendet werden kann, auf dem elektronischen Rechengerät gespeichert ist, die kinematischen Parameter für die zahlreichen registrierten kinematischen Arbeitssysteme hingegen nicht, sodass nur eine geringe Speichermenge für das elektronische Rechengerät benötigt wird. Die Speichermenge wird zwar weiterhin im Rechnernetzwerk bereitgestellt, allerdings ist hierfür eine größere Speichermenge leichter verfügbar und zudem kostengünstiger.
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In einem weiteren Fall sind das kinematische Modell für das aktuelle Arbeitssystem und die kinematischen Parameter auf dem elektronischen Rechengerät gespeichert. Das kinematische Modell ist in diesem Fall bereits bei der Initialisierung des elektronischen Rechengeräts parametrisiert im Speicher vorhanden und kann ausgeführt werden. Es werden nur noch die Modellvariablen übergeben, um das Modell zu berechnen. Wenn die aktuelle kinematische Arbeitsmaschine ein neues Werkzeug oder Werkzeugteil verwendet, können neue kinematische Parameter, physikalische Parameter und/oder eine Modell-Ergänzung für das kinematische Modell von dem Rechnernetzwerk geladen werden. Die Modell-Ergänzung enthält den zu dem neuen Werkzeug bzw. Werkzeugteil gehörenden Algorithmus und die zugehörigen kinematischen Parameter und erweitert das auf dem elektronischen Rechengerät gespeicherte kinematische Modell um die genannte Komponente.
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Für komplexere kinematische Arbeitssysteme bzw. Werkzeuge, die nicht in einfacher Weise durch ein einfaches kinematisches Modell mit einem generischen Algorithmus dargestellt werden können, kann das kinematische Arbeitssystem in Teilsysteme aufgeteilt werden, z. B. die Arbeitsmaschine zusammen mit dem Arbeitsarm, ein Tilt-Rotator, das Werkzeug usw. Für jedes Teilsystem kann ein Teil-Modell für die referenziellen Arbeitssysteme bereitgestellt werden. Um schließlich das kinematische Modell für das gesamte kinematische Arbeitssystem zu erhalten, werden die Teil-Modelle verknüpft, insbesondere indem die differential-algebraischen Gleichungssysteme werden miteinander verrechnet werden. Aufgrund der hohen Rechenleistung und der notwendigen Software, erfolgt die Verknüpfung der Teil-Modelle vorzugsweise im Cloud-Rechnernetzwerk.
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Ist es vorgesehen, die Assistenzfunktionen auf neue kinematische Arbeitssysteme, insbesondere für neue Arbeitsmaschinen und/oder neue Werkzeuge, anzuwenden, so kann die Datenbank unter Verwendung dieser neuen kinematischen Arbeitssystemen aktualisiert werden.
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Zum einen kann die Aktualisierung mit Hilfe von trainierten Klassifikatoren ausgeführt werden. Für die Erkennung eines gewünschten Objekttyps mittels einer Kamera und Algorithmen des maschinellen Sehens wie z.B. ein bestimmtes Werkzeug, ein bestimmter Werkzeugtyp oder eine bestimmte Arbeitsmaschine usw. werden für diesen Typ eine Vielzahl an Bild-Beispielen aufgenommen, die unterschiedlichste Ausprägungen des Objektes bei idealerweise allen vorkommenden Umweltbedingungen darstellen. Damit über das maschinelle Lernen die charakteristischen bildbasierten Eigenschaften des gewünschten Objektes ermittelt werden können, wird ebenso eine Vielzahl an Gegenbeispielen aufgenommen. Für die Objekterkennung werden diese das Objekt beschreibende (Merkmals-)Zahlen des Klassifikators über viele verschachtelte und automatisch generierte Gewichte in eine Zahl umgerechnet, die die Wahrscheinlichkeit für das zu klassifizierende Objekt im aktuellen Suchfenster angibt. Z. B. bei neuronalen Netzen werden alle Objektbeispiele (Labels) eintrainiert. Daraus resultiert dann eine starre Struktur der Vorverarbeitung/Objektdetektion auf Basis von festen Filtermasken und Gewichten. Es können hierfür auch spezifische Typenschilder, wie z. B. Barcodes, QR-Codes, etc., und/oder Datenblätter, insbesondere bei Anbaugeräten, vorgesehen sein. Zudem können für die Erkennung von Werkzeugen auch RFID-Transponder eingesetzt werden. In diesem Fall erhält das Werkzeug eine eindeutige Kennzeichnung. Mit dieser Kennzeichnung kann dann in der Datenbank gesucht werden. Dadurch kann wiederum der Hersteller, der Betreiber oder ein Dritter die kinematischen Daten, die physikalischen Daten und das zumindest eine kinematische Modell für das neue kinematische Arbeitssystem in einfacher Weise für die Aktualisierung bereitstellen. Um die trainierten Klassifikatoren, spezifischen Typenschilder und/oder Datenblätter auszulesen, können z. B. ein Scanner, ein Smartphone, ein Tabletcomputer, eine Kamera oder andere technische Hilfsmittel verwendet werden.
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Zum anderen kann die Aktualisierung der Datenbank manuell durch Messungen von charakteristischen Daten für das aktuelle kinematische Modell und/oder für die referenziellen kinematischen Modelle ausgeführt werden. Dies bietet sich besonders bei Sondervarianten von kinematischen Arbeitssystemen an, die nicht in der Datenbank hinterlegt sind. Die Messungen können z. B. durch ein Lasermessgerät, mit einem Maßstab oder auf Basis einer Kamera durchgeführt werden. Hierbei kann auch ein Messsystem an der Infrastruktur verwendet werden, wobei das Messsystem sowohl an einer stationären Infrastruktur, wie z. B. an Gebäuden oder an festen Punkten auf einer Baustelle, als auch an einer mobilen Infrastruktur, wie z. B. an anderen Arbeitsmaschinen, angeordnet sein kann. Die bei der Messung erhaltenen charakteristischen Daten können lokal für die aktuelle kinematische Arbeitsmaschine eingegeben werden und zusammen mit dem parametrisierten kinematischen Modell über die Netzwerkverbindung in die Datenbank geladen werden.
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Es wird ein Computerprogramm vorgeschlagen, das eingerichtet ist, die Kenndaten des kinematischen Arbeitssystems über die Netzwerkverbindung an das Rechnernetzwerk zu senden und das kinematische Modell für das kinematische Arbeitssystem aus der Datenbank, die auf dem Rechnernetzwerk gespeichert ist, zu laden. Das Computerprogramm ermöglicht demnach eine bidirektionale Kommunikation, über die auch eine Softwareinstallation und Update-Funktionen bereitgestellt werden können.
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Vorteilhafterweise kann das Computerprogramm auf einem mobilen Endgerät, wie z. B. einem Smartphone, einem Tabletcomputer und/oder einem HMI-Display (Human Machine Interface), ablaufen. Vorzugsweise ist das Computerprogramm eine mobile Applikation (App), die auf dem mobilen Endgerät installiert wird. Die mobile Applikation kann auf einer internetbasierten digitalen Vertriebsplattform für Anwendungssoftware (App-Store), wie z. B. der Bosch Feature Store Plattform, vertrieben werden.
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Die Netzwerkverbindung zu dem Rechnernetzwerk wird vorzugsweise über das mobile Endgerät aufgebaut. Das mobile Endgerät kann verwendet werden, um die Kenndaten für das aktuelle kinematische Arbeitssystem direkt einzugeben oder aus einer Liste auszuwählen und die Kenndaten dann über diese Netzwerkverbindung an das Rechnernetzwerk zu senden. Außerdem kann das mobile Endgerät dazu dienen, das kinematische Modell für das kinematische Arbeitssystem aus der Datenbank, die auf dem Rechnernetzwerk gespeichert ist, auf das Rechengerät des aktuellen kinematischen Arbeitssystems zu laden. Schließlich können die Assistenzfunktionen für das aktuelle kinematische Arbeitssystem über das mobile Endgerät gesteuert werden. Hierfür ist das mobile Endgerät zumindest zeitweise mit dem Rechengerät des aktuellen kinematischen Arbeitssystems z. B. via CAN (Controller Area Network), USB (Universal Serial Bus) und/oder Bluetooth verbunden.
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Figurenliste
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Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in der Zeichnung dargestellt und in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert.
- 1 zeigt eine schematische Darstellung einer Systemstruktur, mit der das erfindungsgemäße Verfahren ausgeführt werden kann.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung
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1 zeigt eine schematische Darstellung einer Datenbank 1, die in einem Cloud-Rechnernetzwerk gespeichert ist, und eines aktuellen kinematischen Arbeitssystems 2. Das erfindungsgemäße Verfahren sieht vor, Assistenzfunktionen für das aktuelle kinematische Arbeitssystem 2 aus der Datenbank 1 bereitzustellen. Das aktuelle kinematische Arbeitssystem 2 ist an einer Arbeitsmaschine 20 angeordnet und umfasst ein Werkzeug 21, sowie ein Drehgestell und einen Baggerarm. Beispiele hierfür sind vor allem Mini-Bagger, Radlader, Kompaktlader usw. Das Werkzeug 21 kann dabei separat ausgetauscht werden. Die Arbeitsmaschine 20 weist ein elektronisches Rechengerät 25 auf, mit dem die Arbeitsmaschine 20 und das Werkzeug 21 gesteuert werden. Das elektronische Rechengerät 25 ist zumindest zeitweise über CAN, USB oder Bluetooth mit einem mobilen Endgerät 3, wie z. B. einem Smartphone, einem Tabletcomputer oder einem HMI-Display verbunden.
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In der Datenbank 1 sind kinematische Daten, physikalische Daten sowie kinematische Modelle von referenziellen kinematischen Arbeitssystemen 11, 12, 13 gespeichert. Der Hersteller, ein Betreiber und/oder ein Dritter stellen die kinematischen Daten und/oder die physikalischen Daten und/oder die kinematischen Modelle für diese referenziellen kinematischen Arbeitssysteme 11, 12, 13 zur Verfügung, die dann erfasst und in die Datenbank 1 eingepflegt werden. Hierbei kann der Hersteller, der Betreiber und/oder der Dritte die Geometrien der Arbeitsmaschine 20 und des Werkzeugs 21 in der Datenbank 1 hinterlegen. Aus Gründen der Übersicht sind in dieser Figur nur drei unterschiedliche referenzielle kinematische Arbeitssysteme 11, 12, 13 dargestellt, in der Praxis wird aber versucht, möglichst viele unterschiedliche referenzielle kinematische Arbeitssysteme inklusive bekannter Varianten zu erfassen, idealerweise alle, die auf dem Markt angeboten werden.
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Wird ein neues Werkzeug 22 mit der Arbeitsmaschine 20 verwendet, so wird das neue Modell, insbesondere die Kinematik, Regelung und ggf. die Arbeitsstrategie, in die Datenbank 1 integriert. Die Arbeitsstrategie kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn die Arbeitsmaschine 20 mit dem neuen Werkzeug 22 einen (teil-)automatisierten Arbeitsvorgang ausführt. Das elektronische Steuergerät 25 führt dann die elektronischen Steueranweisungen anhand der entsprechenden Arbeitsstrategie aus. Um einen Arbeitsvorgang zu automatisieren wird dem elektronischen Steuergerät 25 der Einsatz und die Wirkung des neuen Werkzeugs 22 mitgeteilt. Die Datenbank 1 wird mit neuen kinematischen Arbeitssystemen aktualisiert. Die Aktualisierung kann zum einen mit Hilfe von trainierten Klassifikatoren z. B. über Bildmerkmale, anhand von spezifischen Typenschildern, wie z. B. Barcodes, QR-Codes, etc., mittels Datenblättern und/oder über RFID-Transponder ausgeführt werden. Um die trainierten Klassifikatoren, spezifischen Typenschilder und/oder Datenblätter auszulesen, wird das mobile Endgerät 3 oder ein anderes technisches Hilfsmittel verwendet. Zum anderen kann die Aktualisierung der Datenbank 1 manuell durch Messungen von charakteristische Daten für das kinematische Modell ausgeführt werden. Die Messungen können z. B. durch ein Lasermessgerät, mit einem Maßstab oder auf Basis einer Kamera durchgeführt werden. Hierbei kann auch ein Messsystem an einer stationären und/oder mobilen Infrastruktur verwendet werden.
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Auf dem mobilen Endgerät 3 ist ein Computerprogramm 31 in Form einer Applikation (mobile App) installiert. Das Computerprogramm 31 wird z.B. über die Bosch Feature Store Plattform bereitgestellt und kann über diese heruntergeladen und auf dem Smartphone installiert werden. Mit Hilfe des Computerprogramms 31 wird eine Netzwerkverbindung, insbesondere eine Internetverbindung z. B. über W-LAN, zwischen dem mobilen Endgerät 3 und dem Cloud-Rechnernetzwerk aufgebaut. Ein Bediener gibt Kenndaten des aktuellen kinematischen Arbeitssystems 2, wie z. B. Herstellername, Modellbezeichnung, Baujahr, Seriennummer, etc. über das Computerprogramm 31 ein. Dann werden die Kenndaten durch das Computerprogramm 31 über die Netzwerkverbindung zu dem Cloud-Rechnernetzwerk übertragen. Anhand der Kenndaten wird ein entsprechendes kinematisches Modell für das aktuelle kinematische Arbeitssystem 2 aus der Datenbank 1 über die Netzwerkverbindung bereitgestellt und das kinematische Modell parametrisiert. Um das kinematische Modell bereitzustellen kann wiederum z.B. die Bosch Feature Store Plattform genutzt werden. Hier kann das Modell als Quellcode oder als Objektcode zum Herunterladen vorliegen. Vor dem Herunterladen in das elektronische Steuergerät 25 der Arbeitsmaschine 20 wird der Quellcode compiliert, gelinkt und lokalisiert, d. h. er wird nur noch in den Speicher des elektronischen Steuergeräts programmiert (geflasht). Dabei können das Modell und/oder die Parameter oder das komplette Programm mit den Parametern programmiert werden.
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Das kinematische Modell besteht aus einem generischen Algorithmus, der für möglichst viele kinematische Arbeitssysteme 2, 11, 12, 13 verwendet werden kann und aus Parametern für das kinematische Modell, die spezifisch für das aktuelle kinematische Arbeitssystem 2 bzw. die Arbeitsmaschine 20 und/oder das Werkzeug 21 sind. Im Folgenden sind drei verschiedene Möglichkeiten für die Parametrisierung des kinematischen Modells beschrieben.
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Das kinematische Modell kann dabei mitsamt dem generischen Algorithmus und den zugehörigen Parametern im elektronischen Rechengerät 25 der Arbeitsmaschine 20 gespeichert sein. Die Parametrisierung erfolgt dann im elektronischen Rechengerät 25. Wird das neue Werkzeug 22 verwendet, so wird eine Modell-Ergänzung aus der Datenbank 1 geladen. Die Modell-Ergänzung enthält den zu dem neuen Werkzeug 22 gehörigen Algorithmus und die zugehörigen kinematischen Parameter.
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Der generische Algorithmus kann auch auf dem elektronischen Rechengerät 25 der Arbeitsmaschine 20 gespeichert sein und die Parameter für das aktuelle kinematische Arbeitssystem 2 können in der Datenbank 1 gespeichert sein. Für die Parametrisierung werden die kinematischen Parameter anhand der Kenndaten auf das elektronische Rechengerät 25 übertragen und das kinematische Modell dann dort parametrisiert.
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Der Algorithmus und die kinematischen Parameter können auch in der Datenbank 1 gespeichert sein. Die Parametrisierung erfolgt dann im Cloud-Rechnernetzwerk. Anhand der Kenndaten des aktuellen kinematischen Arbeitssystems 2 wird das entsprechende parametrisierte kinematische Modell heruntergeladen.
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Das zu dem aktuellen kinematischen Arbeitssystem 2 gehörende kinematische Modell, speziell je nach gewählter Parametrisierung die Modell-Ergänzung, die Parameter und/oder der Algorithmus, wird mit Hilfe des Computerprogramms 31 aus der Datenbank 1 auf das mobile Endgerät 3 herunterladen. Ebenfalls mit Hilfe des Computerprogramms 31 wird das kinematische Modell dann über die bereits genannte Verbindung zum elektronischen Rechengerät 25 übersendet.
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In anderen Ausführungsbeispielen wird das kinematische Modell direkt auf das elektronische Rechengerät 25 der Arbeitsmaschine 20 heruntergeladen. In diesem Fall kann das elektronische Rechengerät 25 eine Verbindung zu der Datenbank 1 herstellen, z. B. indem das elektronische Rechengerät 25 mit einem hier nicht gezeigten Transceiver verbunden ist.
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Für komplexere kinematische Arbeitssysteme 2 bzw. Werkzeuge 21, die nicht in einfacher Weise durch ein einfaches kinematisches Modell mit einem generischen Algorithmus dargestellt werden können, wird das kinematische Arbeitssystem in Teilsysteme aufgeteilt, z. B. die Arbeitsmaschine 20 zusammen mit dem Arbeitsarm, ein Tilt-Rotator, das Werkzeug 2 usw. Für jedes Teilsystem wird ein Teil-Modell für die referenziellen Arbeitssysteme 11, 12, 13 bereitgestellt. Um schließlich das kinematische Modell für das gesamte kinematische Arbeitssystem zu erhalten, werden die Teil-Modelle verknüpft, daher die differential-algebraischen Gleichungssysteme miteinander verrechnet. Aufgrund der hohen Rechenleistung und der notwendigen Software, kann die Verknüpfung der Teil-Modelle im Cloud-Rechnernetzwerk 1 erfolgen.
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Schließlich wird die Assistenzfunktion an dem aktuellen kinematischen Arbeitssystem 2 anhand des kinematischen Modells ausgeführt. Die Steuerung kann wiederum über das Computerprogramm 31 des mobilen Endgeräts 3 erfolgen.