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TECHNISCHES GEBIET DER ERFINDUNG
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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Erweitern der Flugenveloppe eines Flugzeugs, das ein Paar von Flügelhälften und ausfahrbare Vorderkantenklappen an Flügelvorderkanten der Flügelhälften aufweist, zu höheren transsonischen Flugmachzahlen. Weiterhin bezieht sich die Erfindung auf ein entsprechendes Flugzeug mit einem Paar von Flügelhälften, ausfahrbaren Vorderkantenklappen an Flügelvorderkanten der Flügelhälften und einer Antriebe für die Vorderkantenklappen ansteuernden Flugsteuerung oder Flugregelung.
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Wenn in dieser Beschreibung von einer Flügelhälfte die Rede ist, so kann es sich hierbei insbesondere um eine Tragflügelhälfte des jeweiligen Flugzeugs aber auch um eine Hälfte eines anderen Flügels, beispielsweise auch eines Höhenleitwerks des jeweiligen Flugzeugs handeln.
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STAND DER TECHNIK
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Transsonisch operierende Flugzeuge können nur innerhalb einer fest definierten Flugenveloppe gefahrlos geflogen werden, die sich aus unterschiedlichen physikalischen Grenzen zusammensetzt. Im Bereich von Flugmachzahlen im hohen Unterschallbereich ist der Verlauf der Flugenveloppe maßgeblich durch aeroelastische Instabilitäten bedingt. Das Auftreten dieser aeroelastischen Instabilitäten bei Flugmachzahlen im hohen Unterschallbereich kann durch Kompressibilitätseffekte auf der Oberseite der Flügelhälften erklärt werden, die entstehen, wenn sich die Anströmung der Flügelhälften einer kritischen Flugmachzahl annähert. Die kritische Flugmachzahl ist die Flugmachzahl einer ungestörten Anströmung der Flügelhälften, bei der die lokale Strömung über den Flügelhälften zum ersten Mal die Schallgeschwindigkeit erreicht. Die kritische Flugmachzahl ist maßgeblich von der Profilgeometrie und der Flügelpfeilung der Flügelhälften abhängig. Bei Flugmachzahlen über der kritischen Flugmachzahl entsteht ein transsonisches Strömungsfeld mit einem lokalen Überschallgebiet häufig zuerst auf der Profiloberseite der Flügelhälften. Dieses Überschallgebiet wird in der Regel von einem senkrecht zur Oberfläche der jeweiligen Flügelhälfte stehenden Verdichtungsstoß abgeschlossen, der Stoßwellen über der Oberfläche der Flügelhälfte induziert. Diese Stoßwellen führen zu einem starken Anstieg des Strömungswiderstands. Zusätzlich zu der Widerstandserhöhung kann der Verdichtungsstoß unterschiedlichen aeroelastische Instabilitäten hervorrufen, die sich insbesondere auf das Wandern des Verdichtungsstoßes mit einer Verformung der jeweiligen Flügelhälfte und auf Stoß-Grenzschicht-Interaktionen zurückführen lassen. Diese aeroelastischen Instabilitäten sind Ursachen der als transsonisches Flattern, Buzz und Buffeting bezeichneten Phänomene und können durch die Einleitung von Energie in Form von angefachten Strukturschwingungen zur Beschädigung oder gar Zerstörung des Flugzeugs führen. Der aus diesen Instabilitätseffekten resultierende Einbruch der kritischen Flattergeschwindigkeit im transsonischen Bereich wird auch als Transonic Dip bezeichnet und definiert die maximale zulässige Flugmachzahl in der Flugenveloppe.
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Als Maßnahme, die Flugenveloppe eines Flugzeugs zu erweitern, sind sogenannte Schwenkflügel bekannt, bei denen je nach Ausführung entweder die gesamten Tragflügelhälften oder nur Teile der Tragflügelhälften verschwenkt werden, um bei höheren Flugmachzahlen die Flügelpfeilung der Tragflügelhälften zu erhöhen. Die mechanische Konstruktion von Schwenkflügeln ist sehr aufwändig. Zudem weisen Flugzeuge mit Schwenkflügeln gegenüber solchen mit Festflügeln eine verminderte relative Nutzlast auf. Flugzeuge mit Schwenkflügeln sind fast durchweg Militärflugzeuge. Große Flugzeuge mit Schwenkflügeln sind auch im militärischen Bereich selten. Ein Beispiel ist die Tupolew Tu-160, die aber nur in kleinen Stückzahlen gebaut wird.
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Aus der
DE 22 14 048 A ist eine Vorrichtung zur Stabilitätsverstärkung eines in einem strömungsfähigen Medium bewegten, mit einem Auftriebsglied versehenen Fahrzeugs, insbesondere bei Störungen durch Flattern, Strömungsstößen (Böen) und Instabilitätserscheinungen, bekannt. Statt zur Vermeidung von Flatterproblemen bei Überschalltransportflugzeugen eine Versteifung vorzusehen, wird an der Vorderkante und der Hinterkante des Auftriebsglieds je ein durch je eine am Auftriebsglied angebrachte Steuereinrichtung bewegbares Steuerglied angebracht. Zur Erzeugung von den Störungen entsprechenden Störsignalen sind am Auftriebsglied Sensoren angebracht, deren Ausgänge mit einem Rechner verbunden sind. Der Rechner wandelt die Störsignale in den Störungen entgegenwirkende Steuersignale um und leitet sie an die Steuereinrichtungen weiter, die diese Steuersignale ihrerseits in Bewegungsgrößen zur Steuerung der Steuerglieder umwandeln. Durch das Zusammenwirken der vorderen und hinteren Leitflächen soll gleichzeitig sowohl der Torsions- als auch der Biegebeanspruchung entgegengewirkt werden. Ein solches aktives System zur Flatterunterdrückung ist hoch komplex und bietet Schutz vor dem Flattern nur bei voller optimaler Funktion.
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Aus der
US 6,375,127 B1 ist ein aktives Steuersystem bekannt, das aerodynamische Dämpfung zur Beseitigung von aeroelastischen Strukturinstabilitäten, Schwingungen und dynamischen Lasten erzeugt. Dazu ist ein Paar von antagonistisch instationär aktivierten Aktuatoren vorgesehen, die von einem aktiven Regelsystem angesteuert werden. Beschleunigungssensoren stellen Signale an die Regelung bereit, und das Regelsystem erzeugt aerodynamische Dämpfung durch gegenphasige Anregungen mithilfe der Aktuatoren. Auch hier gilt, dass das beschriebene System in der Umsetzung komplex ist und ein Flattern nur bei vollständiger optimaler Funktion unterdrücken kann.
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AUFGABE DER ERFINDUNG
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein sowohl gegenüber Schwenkflügeln als auch gegenüber aktiven Maßnahmen zur Flatterunterdrückung mit deutlich reduziertem Aufwand verbundenes Verfahren zum Erweitern der Flugenveloppe eines Flugzeugs und ein entsprechendes Flugzeug aufzuzeigen.
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LÖSUNG
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Die Aufgabe der Erfindung wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruchs 1 und durch ein Flugzeug mit den Merkmalen des Patentanspruchs 15 gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens und des erfindungsgemäßen Flugzeugs sind in den abhängigen Patentansprüchen definiert.
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BESCHREIBUNG DER ERFINDUNG
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Bei einem erfindungsgemäßen Verfahren zum Erweitern der Flugenveloppe eines Flugzeugs, das ein Paar von Flügelhälften und ausfahrbare Vorderkantenklappen an den Flügelvorderkanten der Flügelhälften aufweist, zu höheren transsonischen Flugmachzahlen, wird beim Annähern an die Flugenveloppe mit steigender Flugmachzahl des Flugzeugs mindestens eine der Vorderkantenklappen an einer der beiden Flügelhälften in Flugrichtung ausgefahren.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird also mindestens eine Vorderkantenklappe an einer der Flügelhälften, die sonst insbesondere zur Auftriebserhöhung bei geringen Flugmachzahlen im Sinne einer Erhöhung der Profilwölbung ausgefahren wird, nur in Flugrichtung ausgefahren. Auf diese Weise wird die Form der jeweiligen Flügelhälfte in ihrer Haupterstreckungsebene, aber nicht senkrecht dazu signifikant verändert. Hieraus resultiert eine Veränderung des aeroelastischen Verhaltens der Flügelhälfte. Auf diese Weise wird die Strömungs-Struktur-Kopplung gestört, die ein Flattern anregen könnte. Dadurch wird der sogenannte Transonic Dip verkleinert und/oder verschoben. Durch eine Verkleinerung und/oder Verschiebung des Transonic Dips zu höheren transsonischen Flugmachzahlen wird die Flugenveloppe des Flugzeugs unmittelbar erweitert. Aber auch eine Verschiebung des Transonic Dip zu niedrigeren Flugmachzahlen kann genutzt werden, weil dann, wenn das jeweilige Flugzeug bereits eine hohe Flugmachzahl aufweist, eine solche Verschiebung zu niedrigeren Flugmachzahlen eine sichere Durchquerung des Transonic Dip ermöglicht.
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Die erfindungsgemäße Maßnahme, d. h. das Ausfahren der mindestens einen der Vorderkantenklappen an der mindestens einen der beiden Flügelhälften kann symmetrisch oder asymmetrisch zu einer vertikalen Längsmittelebene des Flugzeugs realisiert werden. Eine asymmetrische Umsetzung kann dabei das Ausfahren tatsächlich nur einer einzigen Vorderkantenklappe einer der beiden Flügelhälften und kein Ausfahren einer der Vorderkantenklappen an der anderen der beiden Flügelhälften bedeuten. Ein solcher asymmetrischer Eingriff kann besonders wirkungsvoll die Strömungs-Struktur-Kopplung stören, die die Grundlage des Flatterns ist. Hingegen haben symmetrische erfindungsgemäße Eingriffe den Vorteil, den Flugzustand des Flugzeugs insgesamt weniger in einer Form zu beeinflussen, die weitere Eingriffe, so insbesondere eine kompensatorische Ansteuerung des Seitenleitwerks erfordert, um die Erhöhung des Strömungswiderstands der einen der Flügelhälften zu kompensieren, an der die Vorderkantenklappe in Flugrichtung ausgefahren wurde.
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Vorzugsweise wird für das erfindungsgemäße Ausfahren eine Vorderkantenklappe in einer in Spannweitenrichtung äußeren Hälfte eine Halbspannweite der jeweiligen Flügelhälfte ausgewählt. Auch die vom Flattern primär betroffenen Bereiche der Flügelhälften liegen in Spannweitenrichtung außen, also dort wo die Flügelhälften weniger steif sind als innen. Insbesondere kann die mindestens eine der Vorderkantenklappen, die erfindungsgemäß in Flugrichtung ausgefahren wird, diejenige der Vorderkantenklappen sein, die in Spannweitenrichtung am weitesten außen an der jeweiligen Flügelhälfte angeordnet ist.
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Typischerweise erfolgt das Ausfahren der mindestens einen der Vorderkantenklappen bei einer Flugmachzahl oberhalb von 0,5 und unterhalb von 1. Das Ausfahren der mindestens einen Vorderkantenklappe erhöht typischerweise den Strömungswiderstand der jeweiligen Flügelhälfte nicht unerheblich, so dass diese Maßnahme nur dann ergriffen wird, wenn auch eine entsprechende Notwendigkeit besteht, d. h. die Gefahr des Flatterns beim Annähern an die Flugenveloppe mit steigender Flugmachzahl droht.
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Konkret kann die mindestens eine der Vorderkantenklappen beim Annähern an die Flugenveloppe mit steigender Flugmachzahl des Flugzeugs um mindestens 2 % oder auch um mindestens 5 % einer mittleren Profiltiefe c der jeweiligen Flügelhälfte im Bereich der mindestens einen der Vorderkantenklappen ausgefahren werden. Ein Ausfahren um mehr als 50 % dieser mittleren Profiltiefe c ist mit den an den Flügelhälften aktueller Flugzeugtypen vorhandenen Vorderkantenklappen nicht möglich. Zur effektiven Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist es aber auch nicht nötig.
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In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird die mindestens eine der Vorderkantenklappen beim Annähern an die Flugenveloppe mit steigender Flugmachzahl des Flugzeugs in Flugrichtung an ihrer weiter außen liegenden Außenkante um mindestens 10 %, vorzugsweise um mindestens 20 % und noch mehr bevorzugt um mindestens 30 % weniger weit ausgefahren als an ihrer weiter innen liegenden Innenkante. Auf diese Weise wird die Flügelpfeilung der Flügelhälfte zumindest im Bereich der erfindungsgemäß in Flugrichtung ausgefahrenen Vorderkantenklappe erhöht. Dies geschieht erfindungsgemäß ohne Verschwenken der Flügelhälfte, ausschließlich durch ein Ausfahren der mindestens einen Vorderkantenklappe. Dass die mindestens eine Vorderkantenklappe an ihrer weiter außenliegenden Außenkante weniger weit ausgefahren wird als an ihrer Innenkante impliziert die Möglichkeit, dass sie an ihrer Außenkante gar nicht linear ausgefahren wird, und bedeutet zumindest eine überlagerte rotatorische- oder Schwenkbewegung um eine zur Haupterstreckungsebene der jeweiligen Tragflügelhälfte quer oder normal verlaufende Schwenkachse. Entsprechend kann das erfindungsgemäße Verfahren in dieser Ausführungsform auch so beschrieben werden, dass die mindestens eine der Vorderkantenklappen beim Annähern an die Flugenveloppe mit steigender Flugmachzahl des Flugzeugs beim Ausfahren in Flugrichtung um einen Winkel von mindestens 1°, mehr bevorzugt von mindestens 3°, noch mehr bevorzugt von mindestens 5° um die quer zu der Haupterstreckungsebene der jeweiligen Tragflügelhälfte verlaufende Schwenkachse verschwenkt wird. Eine typische Obergrenze für den Winkel, um den die Vorderkantenklappe verschwenkt wird, liegt dabei bei 30°.
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Um das Konzept der Erhöhung der Flügelpfeilung der jeweiligen Flügelhälfte weiterzuführen, können mindestens zwei der Vorderkantenklappen der jeweiligen Flügelhälfte beim Annähern an die Flugenveloppe mit steigender Flugmachzahl des Flugzeugs ausgefahren werden, wobei die mindestens zwei Vorderkantenklappen direkt nebeneinander liegen können. Es können auch sämtliche der Vorderkantenklappen an der jeweiligen Flügelhälfte ausgefahren werden; und vorzugsweise werden die mindestens zwei direkt nebeneinander liegenden Vorderkantenklappen oder auch alle direkt nebeneinander liegenden Vorderkantenklappen, die erfindungsgemäß in Flugrichtung ausgefahren werden, so ausgefahren, dass ihre Klappenvorderkanten stetig aneinander anschließen. Durch die Gesamtheit dieser Maßnahmen kann eine Vorderkantenpfeilung ΦVK der jeweiligen Flügelhälfte um mindestens 1° oder vorzugsweise mindestens 3° oder noch mehr bevorzugt mindestens 5° und typischerweise um maximal 20° erhöht werden. Dass die Erhöhung der Flügelpfeilung einer Flügelhälfte eine geeignete Maßnahme ist, um den Flügel für höhere Flugmachzahlen zu ertüchtigen, ist bekannt. Nicht bekannt ist aber die erfindungsgemäße Erhöhung der Flügelpfeilung durch Ausfahren von Vorderkantenklappen an der Flügelvorderkante in Flugrichtung.
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Es wurde bereits angemerkt, dass das erfindungsgemäße Ausfahren der mindestens einen Vorderkantenklappe asymmetrisch, d. h. im Extremfall an nur einer der beiden Flügelhälften, oder symmetrisch an beiden Flügelhälften des jeweiligen Paars von Flügelhälften erfolgen kann. Auch bei einer asymmetrischen Umsetzung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann aber mindestens eine der Vorderkantenklappen an jeder der beiden Flügelhälften in Flugrichtung verfahren werden.
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Bei einem erfindungsgemäßen Flugzeug mit einem Paar von Flügelhälften, ausfahrbaren Vorderkantenklappen an Flügelvorderkanten der Flügelhälften und einer Antriebe für die Vorderkantenklappen ansteuernden Flugsteuerung oder Flugregelung ist die Flugsteuerung oder Flugregelung zur automatischen Durchführung des Verfahrens nach einem der vorhergehenden Ansprüche ausgebildet. Dabei kann sich ein erfindungsgemäßes Flugzeug von einem Flugzeug des Stands der Technik allein durch eine das erfindungsgemäße Verfahren implementierende Steuer- oder Regelungssoftware unterscheiden. Es können aber auch darüber hinaus gehende Modifikationen sinnvoll sein, beispielsweise um die jeweiligen Vorderkantenklappen an den Flügelhälften überhaupt in Flugrichtung ausfahren zu können und nicht zwangsweise dabei auch abzusenken oder um die Vorderkantenklappen nicht nur linear auszufahren, sondern auch um eine quer zu der Haupterstreckungsebene der jeweiligen Flügelhälfte verlaufende Schwenkachse zu verschwenken.
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Das erfindungsgemäße Flugzeug ist insbesondere ein solches, das mindestens eines der folgenden Merkmale aufweist: Eine Flügelpfeilung Φ0,25c bei 25 % der relativen Profiltiefe c der jeweiligen Flügelhälfte ist größer als -40° und kleiner als 40°. Eine Flügelstreckung Λ = b2/S der Flügelhälften ist größer als 6, wobei b/2 eine Halbspannweite und S/2 eine Flügelfläche der jeweiligen Flügelhälfte ist. Eine flugzeugmodellspezifische maximale Flugmachzahl MMO liegt zwischen 0,7 und 1,0. Dies sind sämtlich Merkmale eines für den transsonischen Bereich von Flugmachzahlen ausgebildeten Verkehrs- oder Transportflugzeugs.
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Bei dem erfindungsgemäßen Flugzeug kann es sich um ein solches handeln, dass zusätzlich Einrichtungen zum aktiven Unterdrücken eines Flatterns der Flügelhälften aufweist. In diesem Fall kann die Flugsteuerung oder Flugregelung dazu ausgebildet sein, das erfindungsgemäße Verfahren dann durchzuführen, wenn diese aktiven Einrichtungen ausfallen und/oder unzureichend sind, um das Annähern an die Flugenveloppe mit steigender Flugmachzahl des Flugzeugs zu verhindern. Das erfindungsgemäße Verfahren kann also insbesondere als Backup-Maßnahme zur Flatterverhinderung vorgesehen sein, weil es typischerweise mit einer nicht unerheblichen Erhöhung des Strömungswiderstands einhergeht, die bei einem Verkehrs- oder Transportflugzeug grundsätzlich nicht erwünscht ist. Wenn jedoch die Gefahr eines Flatterns durch die erfindungsgemäße Maßnahme beseitigt werden kann, wird damit der erhöhte Strömungswiderstand und ein entsprechend erhöhter Kraftstoffverbrauch gerechtfertigt.
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Die Flugsteuerung oder -regelung des erfindungsgemäßen Flugzeugs kann dazu ausgebildet sein, das Annähern an die Flugenveloppe durch Vergleichen aktueller Flugparameter des Flugzeugs mit einer gespeicherten Beschreibung der Flugenveloppe zu erkennen. Wenn die Flugenveloppe für die aktuellen Flugparameter definiert ist, ist dies eine geeignete Maßnahme, um das Annähern an die Flugenveloppe zu erkennen. Alternativ oder zusätzlich kann die Flugsteuerung oder Flugregelung auch dazu ausgebildet sein, das Annähern an die Flugenveloppe unter Auswertung von Signalen von Schwingungssensoren und/oder Drucksensoren, insbesondere Drucksensoren, die instationäre Drücke erfassen, zu erkennen. Die jeweiligen Sensoren sollten insbesondere geeignet sein, Schwingungen der Flügelhälften in einem Frequenzbereich von 0,5 Hz bis 50 Hz und insbesondere in einem Frequenzbereich von 1 Hz bis 25 Hz zeitlich aufzulösen. Dies ist der Frequenzbereich, in dem ein Flattern bei Verkehrs- und Transportflugzeugen auftritt.
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Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Patentansprüchen, der Beschreibung und den Zeichnungen. Die in der Beschreibung genannten Vorteile von Merkmalen und von Kombinationen mehrerer Merkmale sind lediglich beispielhaft und können alternativ oder kumulativ zur Wirkung kommen, ohne dass die Vorteile zwingend von erfindungsgemäßen Ausführungsformen erzielt werden müssen. Ohne dass hierdurch der Gegenstand der beigefügten Patentansprüche verändert wird, gilt hinsichtlich des Offenbarungsgehalts der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen und des Patents Folgendes: weitere Merkmale sind den Zeichnungen - insbesondere den dargestellten Geometrien und den relativen Abmessungen mehrerer Bauteile zueinander sowie deren relativer Anordnung und Wirkverbindung - zu entnehmen. Die Kombination von Merkmalen unterschiedlicher Ausführungsformen der Erfindung oder von Merkmalen unterschiedlicher Patentansprüche ist ebenfalls abweichend von den gewählten Rückbeziehungen der Patentansprüche möglich und wird hiermit angeregt. Dies betrifft auch solche Merkmale, die in separaten Zeichnungen dargestellt sind oder bei deren Beschreibung genannt werden. Diese Merkmale können auch mit Merkmalen unterschiedlicher Patentansprüche kombiniert werden. Ebenso können in den Patentansprüchen aufgeführte Merkmale für weitere Ausführungsformen der Erfindung entfallen.
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Die in den Patentansprüchen und der Beschreibung genannten Merkmale sind bezüglich ihrer Anzahl so zu verstehen, dass genau diese Anzahl oder eine größere Anzahl als die genannte Anzahl vorhanden ist, ohne dass es einer expliziten Verwendung des Adverbs „mindestens“ bedarf. Wenn also beispielsweise von einem Schwingungssensor die Rede ist, ist dies so zu verstehen, dass genau ein Schwingungssensor, zwei Schwingungssensoren oder mehr Schwingungssensoren vorhanden sind. Diese Merkmale können durch andere Merkmale ergänzt werden oder die einzigen Merkmale sein, aus denen das jeweilige Erzeugnis besteht.
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Die in den Patentansprüchen enthaltenen Bezugszeichen stellen keine Beschränkung des Umfangs der durch die Patentansprüche geschützten Gegenstände dar. Sie dienen lediglich dem Zweck, die Patentansprüche leichter verständlich zu machen.
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Figurenliste
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand in den Figuren dargestellter bevorzugter Ausführungsbeispiele weiter erläutert und beschrieben.
- 1 ist eine perspektivische Abbildung eines Verkehrsflugzeugs nach dem Stand der Technik.
- 2 zeigt das Vergrößern der Wölbung von Tragflügelhälften des Flugzeugs gemäß 1 durch Ausfahren von Vorderkantenklappen an einer Vorderkante und Hinterkantenklappen an einer Hinterkante der jeweiligen Tragflügelhälfte.
- 3 zeigt ein erfindungsgemäßes Ausfahren einer Vorderkantenklappe an der Vorderkante einer der beiden Tragflügelhälften des Flugzeugs gemäß 1.
- 4 illustriert ein erfindungsgemäßes Ausschwenken einer Vorderkantenklappe an der Vorderkante einer der beiden Tragflügelhälften des Flugzeugs gemäß 1.
- 5 illustriert die Erhöhung der effektiven Flügelpfeilung einer der beiden Tragflügelhälften des Flugzeugs gemäß 1 durch Ausschwenken der Vorderkantenklappen an ihrer Flügelvorderkante und
- 6 zeigt die Auswirkung der Erhöhung der effektiven Flügelpfeilung gemäß 5 auf einen sogenannten Transonic Dip, der eine maximal zulässige Flugmachzahl des Flugzeugs bestimmt.
- 7 ist eine schematische Auftragung einer Flugenveloppe des Flugzeugs, die bereichsweise durch seine maximal zulässige Flugmachzahl definiert ist.
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FIGURENBESCHREIBUNG
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Das in 1 dargestellte Flugzeug 1 weist einen Rumpf 2 und ein symmetrisches Paar von Tragflügelhälften 3 oder allgemeiner von Flügelhälften 4 auf. An jeder der beiden Tragflügelhälften 3 ist ein Triebwerk 5 gelagert. Am hinteren Ende des Rumpfs 2 befinden sich ein Höhenleitwerk 6 mit Höhenrudern 7 und ein Seitenleitwerk 8 mit einem Seitenruder 9. An den Vorderkanten 10 der Tragflügelhälften 3 sind ausfahrbare Vorderkantenklappen 11 vorgesehen, die auch als Vorflügel bezeichnet werden. An den Hinterkanten 12 der Tragflügelhälften sind Querruder 13, Hinterkantenklappen 14, die auch als Landklappen bezeichnet werden, und davor liegende Bremsklappen 15 ausfahrbar gelagert.
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Durch Ausfahren der Vorderkantenklappen 11 und der Hinterkantenklappen 14 nach vorne unten bzw. hinten unten kann die Wölbung der jeweiligen Tragflügelhälfte 3 für den Langsamflug des Flugzeugs 1 erhöht werden, wie 2 zeigt. Diese Konfiguration der Klappen 11 und 14 wird typischerweise für Start und Landung des Flugzeugs 1 gewählt.
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3 zeigt eine andere Ausrichtung einer der Vorderkantenklappen 11 gegenüber der Tragflügelhälfte 3, bei der die Vorderkantenklappe 11 in Flugrichtung 25, also ohne Absenkung nach vorne ausgefahren ist.
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4 zeigt dabei für die in 1 vorderen Tragflügelhälfte 3, dass die Vorderkantenklappe 11 gegenüber der Tragflügelhälfte 3 nicht nur ausgefahren, sondern auch um eine quer zur Haupterstreckungsebene der Tragflügelhälfte 3 verlaufende Schwenkachse ausgeschwenkt ist, so dass sie umso weiter von der Vorderkante 10 weg absteht, je näher man dem Rumpf 2 des Flugzeugs 1 kommt. Konkret steht die Vorderkantenklappe 11 an ihrer Innenkante 23 weiter von der Vorderkante 10 ab als an ihrer Außenkante und eine Vorderkantenpfeilung einer Klappenvorderkante 26 der Vorderkantenklappe ist gegenüber einer Vorderkantenpfeilung der Vorderkante 10 erhöht.
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5 zeigt, wie durch aufeinander abgestimmtes Ausfahren und Ausschwenken aller Vorderkantenklappen 11 an der Vorderkante 10 der Tragflügelhälfte 3 deren Flügelpfeilung insgesamt erhöht werden kann.
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In
6 ist ein kritischer Flatterstaudruck
17 über einer Flugmachzahl
des Flugzeugs
1 aufgetragen. Der kritische Flatterstaudruck
17 gibt den Flugstaudruck
an, ab dem das transsonische Flattern bei einer bestimmten Flugmachzahl
des Flugzeugs auftritt. Der kritische Flatterstaudruck
17 begrenzt damit einen stabilen Bereich des Flugzeugs
1 bezüglich des Flugstaudrucks
nach oben. Dabei ist der kritische Flatterstaudruck
17 auch ein Maß für eine kritische Flattergeschwindigkeit, ab der das transsonische Flattern auftritt. Bei hohen transsonischen Flugmachzahlen unterhalb der Schallgeschwindigkeit (M-=1) weist der kritische Flatterstaudruck
17 einen sogenannten Transonic Dip
16 auf, in dem der kritische Flatterstaudruck
17 vorübergehend absinkt. Zu höheren Flugmachzahlen
hin steigt der kritische Flatterstaudruck
17 wieder an. Hinter dem Transonic Dip endet der stabile Bereich des Flugzeugs dann an einer Buffetgrenze
21, bei deren Überschreiten ein Buffeting der Flügelhälften
4 einsetzt. Um beim Erhöhen der Flugmachzahl
des Flugzeugs bei gleichbleibender Flughöhe längs einer Kurve
20 ein Annähern an den oder gar ein Überschreiten des kritischen Flatterstaudruck(s) 17 im Bereich des Transonic Dip
16 zu vermeiden, ist eine maximal zulässige Flugmachzahl M
MO für diese Flughöhe festgelegt, bei der ein sogenanntes transsonisches Flattern mit ausreichender Sicherheit noch nicht auftritt.
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In 7 ist die Flugenveloppe 18 des transsonisch operierenden Flugzeugs 1 als seine maximale Flughöhe („Altitude“ in Fuß) über seiner Fluggeschwindigkeit („Airspeed“ in Knoten) aufgetragen. Zu höheren Fluggeschwindigkeiten hin ist die Flugenveloppe 18 bei niedrigeren Flughöhen und entsprechend größeren Luftdichten durch eine maximal zulässige Fluggeschwindigkeit VMO und bei höheren Flughöhen und entsprechend kleineren Luftdichten durch die maximal zulässige Flugmachzahl MMO definiert.
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6 illustriert, wie die Erhöhung der Flügelpfeilung den sogenannten Transonic Dip
16 des kritischen Flatterstaudrucks
17 in Richtung eines Pfeils
19 verschiebt, so dass der Transonic Dip
16 zum einen deutlich flacher ist und auch bei etwas niedrigeren Flugmachzahlen
liegt. Wenn sich das Flugzeug längs einer Kurve
20 von Flugzuständen der Grenze
17 der Flugenveloppe
18 annähert, kann durch die in
5 skizzierte Erhöhung der Flügelpfeilung der Tragflügelhälften
3 die maximal zulässige Flugmachzahl M
MO für die zugehörige Flughöhe bis vor die Buffetgrenze
21 erhöht und damit die Flugenveloppe
18 erheblich erweitert werden. Wenn dabei längs der Kurve
20 der Bereich des ursprünglichen Transonic Dip
16 zu höheren Flugmachzahlen hin wieder verlassen wurde, kann die Flügelpfeilung der Tragflügelhälften
3 zurückgenommen werden, um eine hiermit einhergehende Erhöhung des Strömungswiderstands der Flügelhälften
4 zurückzuführen.
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Das Ausfahren der Vorderkantenklappen
11 zur Erhöhung der Flügelpfeilung gemäß
3 kann automatisch durch eine Flugsteuerung
22 gemäß
5 erfolgen, die die Vorderkantenklappen
11, die Hinterkantenklappen
14 und alle anderen beweglichen Elemente
12 und
15 an den Tragflügelhälften
3 durch Ansteuern entsprechender Antriebe betätigt. Durch das Anheben des Transonic Dip
16 gemäß
6 wird insbesondere die Gefahr eines Flatterns der Tragflügelhälften
3 bei weiterer Erhöhung der Flugmachzahl
längs der Kurve
20 beseitigt. Das Erhöhen der Flügelpfeilung der Tragflügelhälften
3 gemäß
5 ist zwar eine aktive aber quasi statische Maßnahme zur Verhinderung des Flatterns der Tragflügelhälften
3 bei weiter steigender Flugmachzahl M-. Zu der vorliegenden Erfindung zählt es dabei auch, nicht alle, sondern nur einen Teil der Vorderkantenklappen
11 mit steigender Flugmachzahl
in der Flugrichtung
25 auszufahren, und dies muss nicht symmetrisch an beiden Tragflügelhälften
3 geschehen, sondern es kann auch nur an einer der beiden Tragflügelhälften oder bezogen auf beide Tragflügelhälften in asymmetrischer Form erfolgen. Auch hierdurch können die Lage und die Tiefe des Transonic Dip
16 gemäß
6 so geändert werden, dass die Kurve
20 nicht mit dem Transonic Dip
16 kollidiert.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Flugzeug
- 2
- Rumpf
- 3
- Tragflügelhälfte
- 4
- Flügelhälfte
- 5
- Triebwerk
- 6
- Höhenleitwerk
- 7
- Höhenruder
- 8
- Seitenleitwerk
- 9
- Seitenruder
- 10
- Vorderkante
- 11
- Vorderkantenklappe
- 12
- Hinterkante
- 13
- Querruder
- 14
- Hinterkantenklappe
- 15
- Bremsklappe
- 16
- Transonic Dip
- 17
- kritischer Flatterstaudruck
- 18
- Flugenveloppe
- 19
- Pfeil
- 20
- Kurve
- 21
- Buffetgrenze
- 22
- Flugsteuerung
- 23
- Innenkante
- 24
- Außenkante
- 25
- Flugrichtung
- 26
- Klappenvorderkante
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 2214048 A [0005]
- US 6375127 B1 [0006]