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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Schienenfahrzeugbremsventil gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1, sowie ein Druckluftsystem für ein Schienenfahrzeug mit einem solchen Bremsventil.
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Druckluftsysteme von Schienenfahrzeugen umfassen eine sogenannte Hauptluftleitung, in der mittels eines Kompressors ein Luftdruck von in der Regel wenigstens 5 bar erzeugt wird, um die Bremsen des Schienenfahrzeugs zu lösen. Die einzelnen Schienenfahrzeuge eines Zuges sind dabei nicht nur mechanisch, sondern auch über Luftkupplungen miteinander gekuppelt, wobei die Luftkupplungen die Hauptluftleitungen der einzelnen Schienenfahrzeuge miteinander zu einer gemeinsamen Hauptluftleitung verbinden, sodass in allen Schienenfahrzeugen derselbe Druck in der Hauptluftleitung herrscht. Dadurch können durch Befüllen der Hauptluftleitung mit Druckluft, die Fahrzeugbremsen aller Schienenfahrzeuge im Zug gelöst werden. Umgekehrt, wenn beispielsweise ein Kupplungsabriss stattfindet, fällt der Druck in der Hauptluftleitung aller Schienenfahrzeuge, sodass alle Schienenfahrzeuge gebremst werden.
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Herkömmlich ist an der Hauptluftleitung des Schienenfahrzeugs wenigstens ein Schienenfahrzeugbremsventil angeschlossen, das von einer Bedienposition, die sich im Bereich des Gleisbettes befindet, betätigt werden kann, um den Luftdruck aus der Hauptluftleitung abzulassen. Das Bremsventil ist in der Regel ein Kugelhahn, der seitlich am Schienenfahrzeugrahmen angeschlossen ist. Wenn das Bremsventil geöffnet ist, wird die Hauptluftleitung über das Schienenfahrzeugbremsventil entlüftet, und zwar so lange, bis die Bedienperson das Schienenfahrzeugbremsventil wieder verschließt. Je länger das Schienenfahrzeugbremsventil geöffnet ist, umso weiter fällt der Luftdruck in der Hauptluftleitung ab und die Schienenfahrzeugbremsen werden entsprechend stark betätigt. Jedoch dauert es entsprechend anschließend auch umso länger die Hauptluftleitung wieder ausreichend mit Druckluft zu befüllen, um die Bremsen zu lösen.
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In der Praxis werden die Schienenfahrzeugbremsventile daher von der Bedienperson nach einer bestimmten Zeitspanne nach dem Öffnen wieder geschlossen, um die Bremsen nur in einer kleineren Bremsstufe zu betätigen, beispielsweise der Stufe 1, was einer Parkbremsung entspricht. Das Schließen erfolgt dabei ohne genaue zeitliche Vorgabe, sozusagen nach einem Erfahrungswert und dem Zeitgefühl der Bedienperson. Damit ergibt sich in dem abgestellten und gebremsten Schienenfahrzeug ein mehr oder minder großer Luftdruck in der Hauptluftleitung, wobei in vielen Fällen der Luftdruck geringer eingestellt wird, als es eigentlich notwendig ist.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Schienenfahrzeugbremsventil anzugeben, mit welchem ein gegenüber dem Luftdruck, der zum Lösen der Bremsen erforderlich ist, reduzierter Luftdruck in der Hauptluftleitung eines Schienenfahrzeugs einstellbar ist, der genauer einem gewünschten Niveau entspricht. Das Schienenfahrzeugbremsventil soll dabei einfach herstellbar und komfortabel durch eine Bedienperson betätigbar sein, sowie insbesondere auch automatisch durch eine Steuervorrichtung betätigbar sein.
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Die erfindungsgemäße Aufgabe wird durch ein Schienenfahrzeugbremsventil mit den Merkmalen von Anspruch 1 gelöst. In den abhängigen Ansprüchen werden vorteilhafte und besonders zweckmäßige Ausgestaltungen eines Schienenfahrzeugbremsventils angegeben, sowie ein Druckluftsystem für ein Schienenfahrzeug mit einem Schienenfahrzeugbremsventil.
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Ein erfindungsgemäßes Schienenfahrzeugbremsventil weist wenigstens einen Druckluftanschluss und wenigstens einen Entlüftungsanschluss auf. Ferner ist ein Druckluftkanal vorgesehen, der den Druckluftanschluss mit dem Entlüftungsanschluss druckluftleitend verbindet.
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Im oder am Druckluftkanal ist ein Ventilkörper vorgesehen, der mit einem Ventilsitz zusammenarbeitet, um den Strömungsquerschnitt des Druckluftkanales wahlweise zu öffnen und zu verschließen. Demgemäß ist der Ventilkörper in eine Wirkverbindung mit dem Ventilsitz verbringbar, um den Druckluftkanal in einer Schließstellung des Ventilkörpers druckdicht abzusperren und in einer Durchlassstellung den Strömungsquerschnitt im Druckluftkanal mehr oder minder freizugeben. Dabei ist der Ventilkörper manuell oder automatisch betätigbar, um aus der Schließstellung in die Durchlassstellung bewegt zu werden, in welcher er den Druckluftkanal freigibt.
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Erfindungsgemäß ist eine Schließeinrichtung vorgesehen, die eingerichtet ist, den Druckluftkanal automatisch zu verschließen, nachdem der Ventilkörper in die Durchlassstellung bewegt wurde und ein vorbestimmter Druckabfall im Druckluftkanal erreicht wurde und/oder ein vorgegebener Mindestdruck im Druckluftkanal erreicht wurde.
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Das erfindungsgemäße Schienenfahrzeugbremsventil stellt damit sicher, dass, wenn es geöffnet wurde, um die Hauptluftleitung zu entlüften, anschließend ein automatisches Verschließen erfolgt, wenn ein vorgegebener Mindestdruck in der Hauptluftleitung, an welcher der Druckluftkanal bevorzugt angeschlossen ist, erreicht wurde oder wenn entsprechend ein vorbestimmter Druckabfall stattgefunden hat. Durch das automatische Schließen des Schienenfahrzeugbremsventils wird dieser Druck dann gehalten, wobei es sich bei diesem Druck beispielsweise um einen Bremsdruck der Stufe 1 handeln kann, welcher einer Parkbremsung des Schienenfahrzeugs zugeordnet ist, im Unterschied zu einem niedrigeren Bremsdruck, der einer Vollbremsung entspricht.
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Der vorgegebene Mindestdruck beträgt beispielsweise zwischen 4,4 bar und 4,8 bar, insbesondere 4,6 bar. Zumindest ist der vorgegebene Mindestdruck bevorzugt kleiner als 5 bar und größer als 3 bar, wenn 5 bar dem Druck entspricht, der einem gelösten Zustand der Bremsen, das heißt einem ungebremsten Zustand des Schienenfahrzeugs entspricht, und 3 bar oder weniger einem Luftdruck in der Hauptluftleitung entspricht, bei welchem eine Vollbremsung des Schienenfahrzeugs erfolgt.
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Um das Druckluftsystem beziehungsweise die Hauptluftleitung, wenn gewünscht, vollständig entlüften zu können, ist die Schließeinrichtung bevorzugt manuell oder automatisch sperrbar, um ihre Schließfunktion zu verhindern. Zusätzlich oder alternativ kann parallel zu einem vom Ventilkörper absperrbaren Kanalabschnitt des Druckluftkanals ein Bypass vorgesehen sein, der mit einem Ablassventil verschlossen ist, das manuell oder automatisch in eine den Bypass öffnende Entlüftungsposition verbringbar ist, um die Hauptluftleitung auf einen Luftdruck unterhalb des vorgegebenen Mindestdruckes beziehungsweise über den vorbestimmten Druckabfall hinaus zu entlüften.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung weist der Ventilkörper einen Durchgang auf und die Schließeinrichtung weist einen Verschlusskörper auf, mit welchem der Durchgang druckluftdicht verschließbar ist.
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Beispielsweise umfasst die Schließeinrichtung einen Federspeicher, der einen Verschlusskörper der Schließeinrichtung, insbesondere den zuvor genannten Verschlusskörper, im Sinne eines Verschließens des Druckluftkanals beaufschlagt, wobei der Verschlusskörper entgegen einer Kraft des Federspeichers mit einem Luftdruck des Druckluftkanals oder einem hiervon abhängigen Druck beaufschlagt wird. Somit wird der Verschlusskörper und damit der Druckluftkanal solange geöffnet gehalten, wie der Druck im Druckluftkanal ausreicht, die Kraft des Federspeichers zu überwinden. Wenn der Luftdruck im Druckluftkanal hingegen um einen vorbestimmten Druckabfall abgefallen ist beziehungsweise den vorgegebenen Mindestdruck erreicht hat, überwiegt die Kraft des Federspeichers, sodass der Verschlusskörper in seine Schließstellung bewegt wird, um den Druckluftkanal zu verschließen.
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Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung ist der Ventilkörper manuell betätigbar, wohingegen die Schließeinrichtung mittels eines Federspeichers passiv betätigt wird. Das bedeutet, dass die Schließeinrichtung insbesondere frei von einer Betätigung durch eine Steuervorrichtung, also einer aktiven Betätigung ist.
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Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung ist eine Steuervorrichtung vorgesehen, mit welcher der Ventilkörper betätigbar ist. Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung kann die Steuervorrichtung auch verwendet werden, um die Schließeinrichtung zu betätigen.
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Ein erfindungsgemäßes Druckluftsystem für ein Schienenfahrzeug weist eine Hauptluftleitung auf, sowie ein Vielzahl von Luftkupplungen, über welche Abschnitte der Hauptluftleitung druckluftleitend miteinander verbunden sind. Die Abschnitte der Hauptluftleitung sind insbesondere jeweils in einem Schienenfahrzeug angeordnet.
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Erfindungsgemäß umfasst wenigstens eine Luftkupplung oder umfassen mehrere Luftkupplungen ein erfindungsgemäßes Schienenfahrzeugbremsventil. Insbesondere weisen alle Luftkupplungen jeweils wenigstens ein solches Schienenfahrzeugbremsventil auf.
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Die Erfindung soll nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen und den Figuren exemplarisch erläutert werden.
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Es zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung eines Schienenfahrzeugbremsventils in einer geschlossenen Stellung;
- 2 das Schienenfahrzeugbremsventil aus der 1 in einer geöffneten Stellung, in welcher der vorgegebene Mindestdruck noch nicht erreicht wurde;
- 3 das Schienenfahrzeugbremsventil aus der 2 in einer Stellung, in der der vorgegebene Mindestdruck erreicht wurde:
- 4 das Schienenfahrzeugbremsventil aus den 1 bis 3 in einer zusätzlichen Schaltstellung, in der eine vollständige Entlüftung des Druckluftkanals erfolgt;
- 5 eine alternative Gestaltung eines Schienenfahrzeugbremsventils mit einem Bypass in einer Ventilstellung, in der keine Entlüftung erfolgt;
- 6 das Schienenfahrzeugbremsventil aus der 5 in der Entlüftungsstellung vor dem Erreichen des Mindestdruckes;
- 7 das Schienenfahrzeugbremsventil aus den 5 und 6 beim Entlüften über den Mindestdruck hinaus;
- 8 ein Druckluftsystem eines Schienenfahrzeugs mit erfindungsgemäßen Schienenfahrzeugbremsventilen.
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In den 1 bis 4 ist ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Schienenfahrzeugbremsventils 1 in verschiedenen Schaltstellungen dargestellt. Das Bremsventil 1 umfasst einen Druckluftanschluss 2 und einen Entlüftungsanschluss 3. Zwischen dem Druckluftanschluss 2 und dem Entlüftungsanschluss 3 ist ein Druckluftkanal 4 vorgesehen, über welchen Druckluft vom Druckluftanschluss 2 zum Entlüftungsanschluss 3 geleitet wird.
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Mit einem Ventilkörper 5, der mit einem Ventilsitz 6 zusammenarbeitet, ist der Druckluftkanal 4 absperrbar und zur Entlüftung des Druckluftkanals 4 freigebbar.
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In der 1 ist der Ventilkörper in der Schließstellung gezeigt. In dieser Schließstellung kann keine Druckluft vom Druckluftanschluss 2 zum Entlüftungsanschluss 3 strömen, da der Druckluftkanal 4 verschlossen ist.
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In der 2 befindet sich der Ventilkörper 5 in einer Durchlassstellung, in welcher Druckluft vom Druckluftanschluss 2 zum Entlüftungsanschluss 3 strömen kann, um eine Hauptluftleitung, an welcher das Schienenfahrzeugbremsventil 1 mit seinem Druckluftanschluss 2 angeschlossen ist, zu entlüften. Die Druckluft strömt vom Druckluftanschluss 2 über den Druckluftkanal 4 durch einen Durchgang 5.1 im Ventilkörper 5 an einem Verschlusskörper 7 .1 einer Schließeinrichtung 7 vorbei zum Entlüftungsanschluss 3. Der Verschlusskörper 7.1 der Schließeinrichtung 7 ist dabei aufgrund des herrschenden Luftdruckes im Druckluftkanal 4 beziehungsweise im Durchgang 5.1 entgegen der Kraft des auf ihn wirkenden Federspeichers 7.2 von einem Verschlusskörperventilsitz 7.3 abgehoben, um den Druckluftkanal 4 freizugeben.
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Wenn hingegen der Luftdruck im Druckluftkanal 4 und damit im Durchgang 5.1 auf den vorgegebenen Mindestdruck abgefallen ist, wird der Verschlusskörper 7.1 durch die Kraft des Federspeichers 7.2 gegen den Verschlusskörperventilsitz 7.3 gedrückt, sodass der Durchgang 5.1 im Ventilkörper 5 vom Verschlusskörper 7.1 versperrt wird. Es kann demnach keine weitere Entlüftung des Druckluftkanals 4 und damit des Druckluftanschlusses 2 erfolgen. Der Mindestdruck wird gehalten. Dieser Zustand ist in der 3 gezeigt.
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Wenn eine Entlüftung des Druckluftkanals 4 und damit des Druckluftanschlusses 2 über den vorgegebenen Mindestdruck hinaus erreicht werden soll, wird das Schienenfahrzeugbremsventil 1 in die in der 4 gezeigte Schaltstellung verbracht. In dieser Schaltstellung wird ein parallel zum Durchgang 5.1 vorgesehener weiterer Durchgang 5.2 im Ventilkörper 5 mit dem Druckluftanschluss 2 und dem Entlüftungsanschluss 3 verbunden, sodass Druckluft über den weiteren Durchgang 5.2 aus dem Entlüftungsanschluss 3 hinaus strömen kann. Der weitere Durchgang 5.2 weist dabei keine entsprechende Schließeinrichtung wie jene auf, die dem Durchgang 5.1 zugeordnet ist.
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Bei dem Ausführungsbeispiel gemäß den 1 bis 4 weist der Ventilkörper 5 drei Schaltstellungen auf, welche zuvor dargestellt wurden. Bei dem Ausführungsbeispiel gemäß den 5 bis 7 weist der Ventilkörper 5 hingegen nur zwei Schaltstellungen auf. Dafür ist zusätzlich ein Bypass 8 parallel zu dem vom Ventilkörper 5 absperrbaren Kanalabschnitt des Druckluftkanals 4 vorgesehen. Der Bypass 8 ist mit einem Ablassventil 9 verschlossen, das betätigbar ist, um den Bypass 8 zu öffnen und damit den Druckluftkanal 4 über den Mindestdruck hinaus zu entlüften.
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Der Ventilkörper 5 arbeitet wiederum mit einem Ventilsitz 6 zusammen, um den Druckluftkanal 4 wahlweise zu entlüften oder zu versperren. Hierfür weist der Ventilkörper 5 den Durchgang 5.1 auf, der wiederum mit einem Verschlusskörper 7.1 durch die Kraft eines Federspeichers 7.2 versperrbar ist, wenn der vorgegebene Mindestdruck im Druckluftkanal 4 unterschritten wurde.
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Aufgrund des Bypasses 8 kann der weitere Durchgang 5.2, der in den 1 bis 4 gezeigt ist, entfallen.
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In der 6 ist eine Stellung mit verschlossenem Bypass 8 und einem Luftdruck im Druckluftkanal 4 oberhalb des Mindestdruckes gezeigt. Bei der Darstellung gemäß der 7 ist der Bypass 8 geöffnet. Bei der Darstellung gemäß der 5 sind der Bypass 8 und der Druckluftkanal 4 abgesperrt.
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In der 8 ist schematisch eine Druckluftsystem für ein Schienenfahrzeug mit einer Hauptluftleitung HL gezeigt, die sich über mehrere Schienenfahrzeuge hinweg erstreckt. Hierfür sind an jedem Schienenfahrzeug zwei Luftkupplungen LK vorgesehen, die eine Schnittstelle der Hauptluftleitung HL gegenüber der Umgebung abdichten. An jeder Luftkupplung LK ist ein Schienenfahrzeugbremsventil 1 der dargestellten Art mit seinem Druckluftanschluss 2 angeschlossen, sodass die Hauptluftleitung HL über jedes Schienenfahrzeugbremsventil 1 entlüftet werden kann.
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Die Schienenfahrzeugbremsventile 1 sind bevorzugt in die Luftkupplungen LK integriert.
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Es ist nicht zwingend, dass alle Luftkupplungen LK mit einem entsprechenden Schienenfahrzeugbremsventil 1 versehen sind.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Schienenfahrzeugbremsventil
- 2
- Druckluftanschluss
- 3
- Entlüftungsanschluss
- 4
- Druckluftkanal
- 5
- Ventilkörper
- 5.1
- Durchgang
- 5.2
- weiterer Durchgang
- 6
- Ventilsitz
- 7
- Schließeinrichtung
- 7.1
- Verschlusskörper
- 7.2
- Federspeicher
- 7.3
- Verschlusskörperventilsitz
- 8
- Bypass
- 9
- Ablassventil
- HL
- Hauptluftleitung
- LK
- Luftkupplung