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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf eine Chargenhalterung, einen Nitrierofen und ein Wärmebehandlungssystem und insbesondere auf einen Gasnitrierofen und ein Wärmebehandlungssystem zur Reduktion des Energieverbrauchs, der Optimierung der Energie-Rückgewinnung bzw. der Verkürzung der Prozesszei t.
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HINTERGRUND
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Nitrieren ist ein thermochemisches Wärmebehandlungsverfahren bei dem beispielsweise eine Randschicht eines Werkstückes aus einem Eisenwerkstoff mit Stickstoff angereichert wird. Beim Nitrocarburieren wird die Randschicht zusätzlich mit Kohlenstoff durch einen entsprechenden Kohlenstoffspender oder die Zuführung von Kohlenstoffdioxid angereichert. Dies führt zu einer Erhöhung des Verschleißwiderstandes, der Korrosionsbeständigkeit und der Dauerfestigkeit von Werkstücken.
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Zum Nitrieren werden die Werkstücke z.B. in einer Ammoniak-Atmosphäre (Nitrieratmosphäre) bei Temperaturen von 480-580°C behandelt. Das Ammoniak in der Atmosphäre sollte möglichst vollständig beim Prozess in seine Bestandteile zerfallen, da es nur so in die Bauteiloberfläche diffundieren kann. Dazu werden oft sogenannte Spaltgasöfen eingesetzt in denen das Ammoniak bei Temperaturen von über 900 °C gespalten und dann in die Prozesskammer des eigentlichen Ofens (in der sich die Charge befindet) eingeleitet wird.
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Aus thermischer Sicht kann das Verfahren vereinfacht in die Phasen Aufheizen, Halten und Abkühlen eingeteilt werden. Die eigentliche Reaktion (das Härten) findet während der Haltezeit statt und ist (neben anderen Faktoren wie z.B. der Zusammensetzung der Reaktionsatmosphäre oder der Temperatur) stark zeitabhängig. Aufheizen und Abkühlen sind notwendige Nebenzeiten und sind hauptsächlich vom eingesetzten Ofen und der Chargenmasse, sowie deren Temperatur zu Beginn des Prozesses abhängig. Die Behandlungsdauer beim (Gas-) Nitrieren kann bis zu 120 h betragen.
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Vor allem bei Gas-beheizten Öfen zur Wärmebehandlung findet eine Trennung der Brennkammer vom Chargenraum statt. Die Chargen werden dazu in das Innere einer Retorte, in dem der Prozess abläuft, eingebracht. Dadurch kann die Prozessgasatmosphäre sehr genau in ihrer Konzentrationszusammensetzung und Temperatur eingehalten werden.
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Die o.g. Trennung hat zur Folge, dass eine indirekte Beheizung der eigentlichen Charge erfolgt, wobei die Retorte (ein großer Stahlzylinder) die Grenze zwischen der Brennkammer und dem Chargenraum bildet und aufgeheizt wird. Dabei heizt sich auch der umgebene Ofen auf. Auf der Innenseite der Retorte wird mit Hilfe eines Umwälzers und eines Luftleitzylinders Prozess- oder Schutzgas im Chargenraum zirkuliert. Dadurch kommt es zur Zwangskonvektion an der Innenseite der Retorte. Das Prozessgas/Schutzgas (was zum Nitrieren genutzt wird) heizt sich auf. Es strömt durch die Zirkulation an den eigentlichen Werkstücken (Charge) vorbei und heizt diese wiederum durch Zwangskonvektion auf. Die Werkstücke werden also über Zwischenmedien (Gase, Retorte) aufgeheizt. Das Abkühlen und Aufheizen erfolgen über die Brennkammer.
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Eigentliches Ziel ist es jedoch, die Charge aufzuheizen. Die Aufheizung anderer Ofenkomponenten ist derzeit nachteilig, da es erhebliche energetische Verluste verursacht. Weiterhin dauert der Aufheizprozess durch die indirekte Beheizung der Werkstücke länger, als durch eine direktere Beheizung, die jedoch aufgrund der Prozessgasatomsphäre bislang nicht möglich ist.
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Auf die eigentliche Behandlung (das Härten durch Nitrieren) folgt das Abkühlen der Werkstücke. Beim Abkühlen wird die Brennkammer des Ofens mit Hilfe eines Gebläses über Umgebungsluft gekühlt. Dadurch wird die Retorte abgekühlt. Auf der Innenseite der Retorte wird wiederum das im Chargenraum befindliche Gas zirkuliert und so durch Zwangskonvektion abgekühlt. Das kühle Gas kühlt daraufhin die eigentliche Charge. Währenddessen wird außerdem der Chargenraum mit Schutzgas geflutet, um so die Prozessgase aus dem Ofeninneren einer Nachverbrennung zuzuführen.
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Dies bedeutet, dass auch die Charge, die das eigentliche Ziel der Abkühlung darstellt, wieder nur indirekt gekühlt wird. Außerdem werden andere Ofenkomponenten ebenfalls abgekühlt, was für den folgenden Prozess bedeutet, dass diese Komponenten unter Einsatz erneuter Energie erneut aufgeheizt werden müssen. Die warme Abluft aus der Ofenbrennkammer wird über einen Auslass abgeleitet. Eine energetische Rückgewinnung ist kaum bis gar nicht möglich. Es entstehen also weitere energetische Verluste. Wie bereits bei der Aufheizung ist das indirekte Abkühlen der Charge langsamer als eine direkte Kühlung.
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Auch für elektrisch beheizte Öfen gilt die Trennung von Heizung und Chargenraum. Die elektrischen Heizelemente befinden sich außerhalb an der Retorte und heizen diese auf. Durch die Retorte wird wiederum das Prozessgas und durch das Prozessgas die Charge aufgeheizt.
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Der wesentliche Nachteil dieser konventionellen Nitrieröfen besteht somit in dem indirekten Aufheizen als auch in dem indirekten Abkühlen der Charge, was zu erheblichen energetischen Verlusten und Prozesszeitverlusten führt.
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KURZBESCHREIBUNG DER ERFINDUNG
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Zumindest ein Teil der obengenannten Probleme wird durch eine Chargenhalterung nach Anspruch 1, einen Nitrierofen nach Anspruch 4 und Wärmebehandlungssystem nach Anspruch 8 gelöst. Die abhängigen Ansprüche definieren vorteilhafte Weiterbildungen der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche.
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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf eine Chargenhalterung für Werkstücke während einer thermischen Behandlung in einem Nitrierofen. Die Chargenhalterung umfasst: eine Haltestruktur, eine Hohlkörperstruktur und eine Fluidkopplung. Die Haltestruktur umfasst z.B. ein Haltelement wie eine Fläche oder zumindest ein Fach und ist ausgebildet, um die Werkstücke während der thermischen Behandlung in dem Nitrierofen zu halten. Die Hohlkörperstruktur ist zumindest teilweise in oder an der Haltestruktur ausgebildet oder steht in einem direkten thermischen Kontakt zu der Haltestruktur und ist ausgebildet, um ein Heizmedium (Thermofluid, Dampf, Salzflüssigkeit etc.) für die thermische Behandlung durchzuleiten. Die Fluidkopplung ist ausgebildet, um die Hohlkörperstruktur zusammen mit der Haltestruktur an eine Wärmversorgung zu koppeln, sodass die Chargenhalterung zumindest teilweise zum Aufheizen bei der thermischen Behandlung und zum Bestücken des Nitrierofens mit den Werkstücken nutzbar ist.
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Optional umfasst die Halterstruktur ein Chargiergestell und/oder einen Chargenträger, die aus einem Metall gefertigt sind und Auflageflächen oder Fächer für die Werkstücke bereitstellen, sodass die Werkstücke in einem direkten Kontakt mit der Halterstruktur sind.
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Optional umfasst die Fluidkopplung eine hydraulische Schnellkupplung, um die Hohlkörperstruktur an die Wärmeversorgung lösbar zu koppeln.
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Ausführungsbeispiele beziehen sich auch auf einen Nitrierofen, in dem eine zuvor definierte Chargenhalterung platzierbar ist und der einen Luftleitzylinder umfasst. Der Luftleitzylinder kann ausgebildet sein, um die Chargenhalterung darin anzuordnen und um ein Prozessgas zu leiten, während eine Aufheizung über die Hohlkörperstruktur erfolgt.
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Optional umfasst der Luftleitzylinder eine weitere Hohlkörperstruktur, durch die das Heizmedium führbar ist, um den Luftleitzylinder ebenfalls aufzuheizen.
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Optional bildet die weitere Hohlkörperstruktur den Luftleitzylinder selbst.
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Optional umfasst der Nitrierofen eine Retorte oder ist retortenfrei, wobei die optionale Retorte durch die weitere Hohlkörperstruktur aufheizbar ist oder aus dieser gebildet wird.
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Ausführungsbeispiele beziehen sich auch auf ein System zur Wärmebehandlung.
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Das System umfasst einen Nitrierofen, wie er zuvor definiert wurde, eine Wärmeversorgung und einen thermischen Speicher, um überschüssige Wärme in einem Abkühlprozess zu speichern und diese in einer folgenden thermischen Behandlung zu nutzen, um ein schnelles Aufheizen der Hohlkörperstruktur zu ermöglichen.
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Optional sind der thermische Speicher und die Wärmeversorgung in einem ersten Kreislauf mit dem Nitrierofen verbunden und das System umfasst, in einem zweiten Kreislauf, weiter Folgendes:
- - einen Wärmetauscher, der ausgebildet ist, um in einem Abkühlprozess überschüssige Wärme aus dem Nitrierofen an einen Sekundärkreislauf an eine Wärmesenke abzugeben, und
- - einen Kältespeicher, der ausgebildet ist, um Kälte zu speichern, wozu das durch den Wärmetauscher abgekühlte Heizmediums genutzt wird.
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Optional umfasst das Heizmedium ein Thermofluid oder Dampf.
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Im Vergleich zu den konventionellen Anlagen bieten Ausführungsbeispiele insbesondere die folgenden Vorteile:
- - Reduktion des Energieverbrauchs,
- - Optimierung der Energie-Rückgewinnung,
- - Verkürzung der Prozesszeit.
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Figurenliste
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Die Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung werden besser verstanden anhand der folgenden detaillierten Beschreibung und den beiliegenden Zeichnungen der unterschiedlichen Ausführungsbeispiele, die jedoch nicht so verstanden werden sollten, dass sie die Offenbarung auf die spezifischen Ausführungsformen einschränken, sondern lediglich der Erklärung und dem Verständnis dienen.
- 1A-1C zeigen eine Chargenhalterung gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung.
- 2 zeigt eine Chargenhalterung gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel.
- 3 zeigt mögliche Anordnungen der Chargenhalterung innerhalb eines Luftleitzylinders mit oder ohne einer optionalen Retorte und einer optionalen Beheizung.
- 4 zeigt ein Ausführungsbeispiel für einen Nitrierofen.
- 5 zeigt ein Ausführungsbeispiel für ein Wärmebehandlungssystem.
- 6 zeigt ein Wärmebehandlungssystem gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel.
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DETAILLIERTE BESCHREIBUNG
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1A, 1B, 1C zeigen eine Chargenhalterung 100 für Werkstücke während einer thermischen Behandlung in einem Nitrierofen. Die Chargenhalterung 100 umfasst eine Haltestruktur 110, eine Hohlkörperstruktur 120 und eine Fluidkopplung 130. Die Haltstruktur 110 kann beispielsweise eine Fläche, ein oder mehr Fächer bzw. allgemein ein oder mehr Haltelemente umfassen, die ausgebildet sind, um die Werkstücke während der thermischen Behandlung in dem Nitrierofen zu halten. Die Hohlkörperstruktur 120 ist zumindest teilweise in der Haltestruktur 110 ausgebildet oder steht in einem direkten thermischen Kontakt zu der Haltestruktur 110 und ist ausgebildet, um ein Heizmedium für die thermische Behandlung durchzuleiten. Die Fluidkopplung 130 ist ausgebildet, um die Hohlkörperstruktur 120 zusammen mit der Haltestruktur 110 an eine Wärmversorgung 140 lösbar zu koppeln (1A vor dem Koppeln; 1B ist nach dem Koppeln), sodass die Chargenhalterung 100 zumindest teilweise zum Aufheizen bei der thermischen Behandlung und zum Bestücken des Nitrierofens 200 mit den Werkstücken nutzbar ist.
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1A und 1B zeigen eine Haltestruktur 110, die ein Chargiergestell 112 und einen Chargenträger 114 umfassen und die in einem direkten Kontakt mit den Werkstücken stehen können. Größere Bauteile brauchen kein Chargiergestell 112 zu haben und stehen direkt auf dem Chargenträger 114. Die 1C zeigt einen Chargenträger 114, oben in einer Seitenansicht und unten in einer Draufsicht.
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Zur Beheizung des Chargiergestells 112 und des Chargenträgers 114 kann der Chargenträger 114 - ähnlich einer Fußbodenheizung in Gebäuden (vgl. 1C unten) - mit Heizschleifen als Hohlkörperstruktur 120 aufgebaut werden. Die Heizschleifen 120 können beispielsweise als gebogene Rohre (oder andere Hohlprofile) aus temperaturbeständigen Materialien wie z.B. Stahl gebildet werden. Bei der Materialauswahl für die Haltestruktur 120 und der Hohlkörperstruktur ist neben der Temperaturbeständigkeit, auch die chemische Beständigkeit gegenüber der Prozessgasatmosphäre (z.B. das Nitriergas) zu berücksichtigen.
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Um die Charge (Werkstücke) im Ofen möglichst direkt zu Beheizen, werden daher einzelne Komponenten des Ofens thermisch-aktiviert. Bei Ausführungsbeispielen werden dazu die Komponenten mit einem Thermofluid durchströmt (ähnlich Heizkörpern mit Wasser als Thermofluid). Ein hierfür eingesetztes Thermofluid widersteht beispielsweise Temperaturen von bis zu oder mehr von 600°C. Solche Thermofluide kommen z.B. in Solarkraftwerken zum Einsatz (z.B. eine Salzflüssigkeit). Dampf wäre aber auch eine Option. Die Erfindung soll nicht auf spezielle Heizmedien eingeschränkt werden oder nur insoweit, wie sie in der Lage ist, durch die Hohlkörperstruktur 120 zu fließen und Wärme zu transportieren.
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Die thermische Aktivierung des Chargiergestells 112 kann dadurch erfolgen, dass auch das Chargiergestell 112 eine Hohlkörperstruktur 120 aufweist, die als Heizschleifen dient. Dies ist jedoch mit größerem Aufwand verbunden, da das Chargiergestell 112 im Gegensatz zum Chargenträger 114 mit jeder Charge in den Ofen kommt und diesen nach dem Härten auch wieder verlässt. Weiterhin ist die Konstruktion eines Chargiergestells 112 stark von den Werkstücken abhängig und sollte ein leichtes Be- und Entladen ermöglichen. Es sollte auch möglichst offen gestaltet sein, so dass die Prozessgase möglichst an die vollständige Oberfläche des Werkstücks gelangen.
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Diese Anforderungen können beispielsweise dadurch erfüllt werden, dass hydraulische Schnellkupplungen als Fluidkopplung 130 genutzt werden (vgl. 1A und 1B), um den Thermofluidkreislauf des thermisch aktivierten Chargiergestells 112 zu schließen. Damit kann gewährleistet werden, dass das Chargiergestell 114 schnell eingesetzt und entnommen werden kann.
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2 zeigt ein weiteres Ausführungsbeispiel für eine Chargenhalterung 100, die in dem unteren Abschnitt einen Chargenträger 114 und in dem oberen Teil ein Chargiergestell 112 umfasst. Die Chargenhalterung 100 umfasst zusätzlich eine separat angeordnete Hohlkörperstruktur 120, die sich beispielsweise wellenförmig in dem Chargenträger 114 erstreckt und in direktem thermischem Kontakt mit dem Chargiergestell 112 (z.B. eine Metallgestell) steht. Optional ist es ebenfalls möglich, dass die Hohlkörperstruktur 120 in das Chargiergestell 112 mündet, so dass das Heizmedium durch das Chargiergestell 112 fließt und die Wärme direkt auf den darin angeordneten Werkstücken abgibt.
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Das Chargiergestell 112 umfasst beispielhaft in dem gezeigten Ausführungsbeispiel einen Inlet-Träger 115 und eine zusätzliche Abdeckeinheit 113, die ebenfalls einen Teil der Hohlkörperstruktur 120 bilden können, um darüber Wärme an die Werkstücke abzugeben. Ebenso ist in dem unteren Bereich die Fluidkopplung 130 angeordnet, die es erlaubt, den Chargenträger 114 beim Herausnehmen und Einsetzen in einen Ofen mit einer Wärmeversorgung 140 zu koppeln. Die Charge wird in dieses Chargiergestell 112 von oben eingesetzt und auch wieder entnommen. Daher können auch die Seiten des Chargiergestells 112 mit Heizschleifen 130 versehen werden. Das Chargiergestell 112 ist beispielsweise aus Stahl und kann direkt beheizt werden. Die Werkstücke stehen wiederum in direktem physischem und somit thermischem Kontakt zum Chargiergestell 112. Dadurch ergibt sich eine Wärmeleitung durch den Stahl des Chargiergestells 112 direkt an das Werkstück. Gleiches gilt natürlich auch für die Abkühlung der Charge, nur dass die Wärme in diesem Fall abgeleitet und nicht zugeführt wird. Natürlich wäre es auch möglich an der Unterseite des Gestells Heizschleifen 130 anzubringen. Die Unterseite kann jedoch auch durch den Chargenträger 114 beheizt werden.
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Die genaue Form, Dichte, die Auswahl des Hohlprofils (Hohlkörperstruktur 130), des Materials etc. für die Heizschleifen hängt einerseits von der Temperatur und den Prozessgasen ab, andererseits auch von der Strömung der Prozessgase im Ofen und der Wärmeleitung des Chargiergestells 112. Um eine möglichst effiziente Auslegung durchzuführen, könnten z.B. Simulationen durchgeführt werden.
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Neben dem schnellen Aufheizen und Abkühlen (bei gleichmäßiger Umströmung durch Prozessgase) ist für einen guten Härteprozess die Temperaturverteilung von Bedeutung. Idealerweise werden die Werkstücke gleichmäßige erwärmt. Insbesondere für den Fall, dass die Temperaturverteilung noch nicht optimal ist, oder mehr Leistung zum Aufheizen/ Abkühlen des Ofens benötigt wird oder gewünscht ist, kann die Retorte 210 bzw. der Luftleitzylinder 250 wie im Folgenden beschrieben thermisch-aktiviert werden.
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3 zeigt mögliche Anordnungen der Chargenhalterung 100 innerhalb eines Luftleitzylinders 250, der dazu ausgebildet ist, um eine Strömung des Prozessgases (z.B. zum Nitrieren) und damit den Nitrierprozess an den Werkstücken auf der Chargenhalterung 100 zu ermöglichen. Links oben ist die Retorte 210 erweitert um Heizschleifen 220 als Hohlkörper dargestellt. Dabei kann die Retorte 210 selbst ein Stahlzylinder sein, auf dem die Heizschleifen 220 angebracht werden. Links unten ist eine Retorte 210 dargestellt, die nahezu ausschließlich aus Heizschleifen 220 besteht. Es wird demnach kein zusätzlicher Stahlzylinder benötigt. Gleiches gilt in der Abbildung rechts für den Luftleitzylinder 250. Der Luftleitzylinder 250 kann innerhalb einer Retorte 210 (siehe Beispiele auf der linken Seite) oder retortenlos in dem Ofen angeordnet sein.
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Sowohl die Retorte 210 (links), wie auch der Luftleitzylinder 250 (rechts) können thermisch durch eine weitere Hohlkörperstruktur 220 (Rohrwendeln) aktiviert werden, die um eine Außerseite der Retorte 210 und/oder des Luftleitzylinders 250 spulenförmig gewickelt ist. Auch eine Kombination von beidem wäre technisch möglich. Die Aktivierung der Retorte 210 hat den Vorteil, dass die Heizschleifen 220 auf der Außenseite der Retorte 210 installiert werden können und damit nicht direkt mit dem Prozessgas in Berührung kommen. Der Vorteil der thermischen Aktivierung des Luftleitzylinders 250 liegt wiederum in der direkten Beheizung des Prozessgases. Im Gegensatz zur Retorte 210 kann der Luftleitzylinder 250 vollständig an Innen- und Außenseite vom Prozessgas umströmt werden. Dadurch steht dem konvektiven Übergang der Wärme in beide Richtungen eine größere Fläche zur Verfügung. Hinzu kommt, dass der Strahlungsanteil an der Innenseite des Zylinders die Charge zusätzlich wärmt. Dafür sind allerdings die Heizschleifen 220 den Prozessgasen ausgesetzt.
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Für die Formen der Retorte 210 und des Luftleitzylinders 250 gibt es mehrere Möglichkeiten. So kann die Retorte 210 sich als Zylinder gleichförmig entlang einer axialen Richtung erstrecken. Der Luftleitzylinder 250 kann an einer Seite sich trichterförmig verengen, um dort beispielsweise einen Umwälzer anzuschließen, der das Prozessgas aus dem Innenbereich des Luftleitzylinders 250 ansaugt und nach außen befördert oder umgekehrt (siehe z.B. die Pfeile, die den Strom des Prozessgases darstellen).
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Der Luftleitzylinder 250 umfasst ebenfalls ein thermisch gut leitendes Material, wie beispielsweise ein Metall, um einen Wärmestrom von der weiteren Hohlkörperstruktur 220 in dem Innenbereich des Luftleiterzylinders 250 zu fördern. Optional kann die weitere Hohlkörperstruktur 220 den Luftleitzylinder 250 und/oder die Retorte 210 direkt bilden. Die Möglichkeit ist in den Darstellungen unten in der 3 gezeigt, links die Retorte 210, rechts den Luftleitzylinder 250. Dazu kann die weitere Hohlkörperstruktur 220 derart eng gewickelt sein, dass sie einen Zylinder bildet und den Gasstrom entlang der axialen Richtung ermöglicht. Um die Fläche des Wärmeübergangs zu maximieren, kann die Retorte 210 und/oder der Luftleitzylinder 250 somit vollständig aus verschweißten Rohrwendeln 220 gebildet werden.
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Diese Ausgestaltung ermöglicht die thermische Aktivierung des Luftleitzylinders 250 und/oder einer Retorte 210.
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4 zeigt ein Ausführungsbeispiel für einen Nitrierofen 200, in welchem die Chargenhalterung 100 eingesetzt ist. Der gezeigte Nitrierofen 200 umfasst den Luftleitzylinder 250, der sich um die Chargenhalterung 100 herum erstreckt. Außerdem ist in dem gezeigten Nitrierofen 200 eine (optionale) Retorte 210 ausgebildet, die außen von einer Wärmedämmung 260 thermisch isoliert ist und von dem innen angeordneten Luftleitzylinder 250 beabstandet ist.
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In der 4 unten sind Querschnittsdarstellungen gezeigt, die den Strom des Prozessgases symbolisieren (siehe Pfeilrichtungen), wobei auf der linken Seite der Nitrierofen 200 eine Retorte 210 aufweist, die in dem Ausführungsbeispiel auf der rechten Seite fehlt. Wenn eine Retorte 210 vorhanden ist (linke Querschnittsansicht), strömt das Prozessgas in einen Innenbereich des Luftleitzylinders 250 entlang der axialen Richtung, wird am Ende umgeleitet und strömt zwischen der Retorte 210 und dem Luftleitzylinder zurück. Wenn keine Retorte 210 vorhanden ist (rechte Seite) strömt das Prozessgas direkt entlang der Dämmung 260 zu einer gegenüberliegenden Seite zurück, um dort von Neuem innerhalb des Luftleitzylinders 250 geleitet zu werden.
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Die Retorte 210 und /oder die Luftleitzylinder 250 können optional thermisch aktiviert werden, wie es beispielsweise in der 3 beschrieben wurde. Durch diese thermische Aktivierung kann der Schichtaufbau des Ofens verändert werden. Eine Brennkammer, wie sie im konventionellen Design vorhanden ist, wird nicht mehr benötigt. Dadurch kann der Ofendurchmesser verkleinert, oder der Chargenraum vergrößert werden. Weiterhin kann unter Umständen auf die Retorte 210 verzichtet werden. Es sollte nur die umliegende Dämmung zum Chargenraum abgedichtet werden, sodass kein Prozessgas in die Dämmung eindringen kann. Bei einem Aufbau ohne Retorte entfällt ein wesentlicher Teil der aufzuheizenden Masse des Ofens. Aufheiz- und Abkühlphase werden beschleunigt und weniger Energie wird benötigt. Das ist ein wesentlicher Vorteil von diesen Ausführungsbeispielen.
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5 zeigt ein Ausführungsbeispiel für ein Wärmebehandlungssystem 300, mit einem Nitrierofen 200, einen thermischen Speicher 310 und eine Wärmeversorgung 140. Die Wärmeversorgung 140 wärmt das Heizfluid auf, welches anschließend in den Nitrierofen 200 geführt wird, wo es über die Fluidkopplung 130 direkt in oder an die Chargenhalterung 100 geleitet wird. Dort gibt es die Wärme ab und fließt anschließend über den thermischen Speicher 310 zurück zu der Wärmequelle 140. Als Wärmequelle 140 kann eine Fluidheizung wie beispielsweise ein Brennwertkessel, ein BHKW (Blockheizkraftwerk) usw. genutzt werden.
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Der thermische Speicher 310 dient dazu, um die Restwärme zu speichern, die beispielsweise bei einem erneuten Befüllen des Nitrierofens 200 genutzt werden kann, um so weiter eine schnelle Beheizung zu ermöglichen und Energie zu sparen. Der im Kreislauf integrierte thermischer Speicher 310 sorgt einerseits dafür, dass immer genügend Fluid vorhanden ist und außerdem, dass ein konstanter Druck im System herrscht. Weiterhin kann die Wärme des Ofens 200/der Charge beim Abkühlen gespeichert und so für den nächsten Härteprozess zur Verfügung gestellt werden.
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Die Effizienz des Systems kann durch Skalierung gesteigert werden. Das bedeutet, dass an einem Heizkreislauf mehrere Öfen integriert werden können.
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6 zeigt ein weiteres Ausführungsbeispiel für das Wärmebehandlungssystem 300. In diesem Ausführungsbeispiel sind zusätzlich ein Wärmetauscher 320, ein Kältespeicher 330 und eine Wärmesenke 340 vorhanden. Der Wärmetauscher 320 koppelt ebenfalls an die Fluidkopplung 130 in dem Gasnitrierofen 200 und gibt die Wärme an einen Sekundärkreislauf und anschließend an die Wärmesenke 340 ab. Das dadurch abgekühlte Heizmedium wird in dem anschließenden Kältespeicher 330 gespeichert und kann zum Abkühlen des Nitrierofens 200 genutzt werden. Dadurch kann ein schnelles Abkühlen des Nitrierofens 200 erreicht werden. Der zusätzliche Kältespeicher 330 und der Wärmetauscher 320 kommen insbesondere dann zum Einsatz kommen, wenn die Temperatur in dem thermischem Speicher 310 gleich oder größer ist als die Temperatur in dem Nitrierofen 200 - ansonsten würde zunächst der thermische Speicher 310 beim Abkühlen aufgefüllt. Die übrigbleibende Restwärme wird genutzt, um sie über den Wärmetauscher 320 in dem Sekundärkreislauf für andere Zwecke zu nutzen.
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Ein großer Vorteil der Thermofluid-basierten Lösung ist daher, dass die Wärme beim Kühlen der Charge leicht über einen Wärmetauscher 320 an andere (Sekundär-) Fluidkreisläufe übergeben werden kann. Das bedeutet, dass die Wärme in großen Teilen rückgewinnbar ist. Sie kann anderen Prozessen mit Wärmebedarf zugeführt werden, oder zum Vorheizen von Chargen oder anderer Öfen genutzt werden. Dadurch steigt die Effizienz des gesamten Systems.
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In dem gezeigten Ausführungsbeispiel kann beispielsweise eine hydraulische Weiche genutzt werden, um zwischen einem ersten Kreislauf mit dem thermischen Speicher 310 und einen zweiten Kreislauf mit dem Kältespeicher 330 zu schalten, sodass eine schnellere Abkühlung ermöglich wird und der Druck im Netz konstant gehalten werden kann. Aus dem Kältespeicher 330 strömt das kalte Thermofluid in den Chargenträger 114 und das Chargiergestell 112 und kühlt so schnell die Charge.
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Die Prozessgasatmosphäre kann durch große Mengen kalten Stickstoffs aus der Brennkammer dem Abgasbrenner zugeführt werden. Es ist daher nicht notwendig, die Retorte 210 oder den Luftleitzylinder 250 zusätzlich zu kühlen. Idealerweise wird so nur die Charge gekühlt, während der Rest der Ofenkomponenten nur eine geringe Abkühlung erfahren, um den Aufheizprozess beim folgenden Härten zu beschleunigen und effizienter zu gestalten. Sollte der Ofen 200 nicht direkt wieder mit einer neuen Charge befüllt werden, kann die Retorte 210/der Luftleitzylinder 250 ebenfalls gekühlt werden, um so die Abwärme für andere Prozesse (Gebäudeheizung, Heizung Reinigungsbäder, Vorheizung Prozessgase, Heizen von Voroxidationsöfen usw.) nutzbar zu machen. Genauso kann die Wärme des thermischen Speichers 310 bei Bedarf über den Wärmetauscher 320 an andere Prozesse weitergegeben werden.
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Ausführungsbeispiele umfassen somit einen einzigen Fluidkreislauf auf der Ofenseite des Wärmetauschers 320, jedoch mit einem Kalt- und einem Heißbereich: der Heißbereich ist der erste Kreislauf (vgl. 5) und der Kaltbereich ist der zweite Kreislauf mit Wärmetaucher 320 (vgl. 6). Um das System möglichst effizient zu gestalten, sollten die beiden Bereiche möglichst nur auf kurzen Rohrlängen überlappen, idealerweise nur im Ofen (d.h. die Heizschleifen 120, 220 der Chargenträger 114, die Chargiergestelle 112, Retorten 210 oder der Luftleitzylinder 250). Außerdem werden sie vorteilhafterweise so soweit möglich thermisch entkoppelt. Beim Abkühlen kann eine Temperaturgeregelte Umschaltung zwischen Heiß- und Kaltbereich umgesetzt werden: Solange die Rücklauftemperatur aus dem Ofen 200 höher als die Temperatur im thermischen Speicher 310 ist, kann dieser durch die Abwärme geladen werden. Sobald die Temperatur gleich oder tiefer ist, wird direkt auf den Wärmetauscher 320 geschaltet. Wie gesagt, kann dazu eine Weiche genutzt werden.
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Ausführungsbeispiele bieten die folgenden Vorteile gegenüber konventionellen Anlagen:
- - Es wird eine deutliche Verringerung des Energieeinsatzes bei einem sehr energieintensiven Prozess ermöglicht.
- - Der Aufheiz- und Abkühlvorgang verkürzt sich, wodurch ein höherer Durchsatz/höhere Produktivität erreicht wird.
- - Eine verbesserte Möglichkeit der Energierückgewinnung wird erreicht.
- - Weitere Effizienzvorteile werden durch Skalierbarkeit des Systems erreicht.
- - Besonders in niedrigeren Temperaturbereichen bis ca. 350-400 °C ist die Umsetzung deutlich einfacher, da hier Thermofluide gut verfügbar sind.
- - Die Ofengröße kann durch den Wegfall der Brennkammer sowie der Brenner zur Beheizung verringert werden, umso Produktionsfläche zu sparen. Oder es kann der Chargenraum vergrößert werden, um mehr oder größere Werkstücke aufzunehmen.
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Die in der Beschreibung, den Ansprüchen und den Figuren offenbarten Merkmale der Erfindung können sowohl einzeln als auch in beliebiger Kombination für die Verwirklichung der Erfindung wesentlich sein.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Chargenhalterung
- 110
- Haltestruktur
- 112
- Chargiergestell
- 114
- Chargierträger
- 120, 220
- Hohlkörperstruktur
- 130
- Fluidkopplung
- 140
- Wärmversorgung
- 200
- Nitrierofen
- 210
- Retorte
- 260
- Wärmedämmung
- 300
- System zur Wärmebehandlung
- 310
- Wärmespeicher
- 320
- Wärmetauscher
- 330
- Kältespeicher
- 340
- Wärmesenke
- 720
- Brennkammer
- 230
- Chargenraum
- 250
- Luftleitzylinder