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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine entsprechende Vorrichtung, die es ermöglichen, den geometrischen Verzug einer Baugruppe, die aus mehreren Bauteilen besteht, die über ein oder mehrere Schweißnähte miteinander verbunden sind, zu prädizieren und/oder zu reduzieren.
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Ein Fahrzeug weist typischerweise unterschiedliche mehrteilige Baugruppen auf, bei denen jeweils mindestens zwei Bauteile über ein oder mehrere linienförmige Schweißnähte miteinander verbunden sind. Beispielsweise kann für eine Fahrzeugtür ein relativ stabiles Strukturbauteil anhand von ein oder mehreren Schweißnähten mit einem relativ leicht verformbaren Außenhautbauteil verbunden werden, wobei das Außenhautbauteil die äußere Form der Fahrzeugtür bildet. Im Rahmen des Schweißprozesses zur Verbindung der beiden Bauteile kann ein geometrischer Verzug bewirkt werden, der zu sichtbaren Verformungen an dem Außenhautbauteil führt.
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Verformungen, die sich beim Erstellen von Schweißnähten ergeben, sind typischerweise erst in einem relativ späten Stadium der Entwicklung einer Baugruppe zu erkennen und/oder nur unter Verwendung von relativ aufwändigen thermomechanisch gekoppelten Modellen für die Baugruppe zu prädizieren.
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Das vorliegende Dokument befasst sich mit der technischen Aufgabe, bereits frühzeitig im Verlauf eines Entwicklungsprozesses und/oder in effizienter Weise Verformungen erkennen und/oder vermeiden bzw. zu reduzieren zu können, die beim Zusammenschweißen einer mehrteiligen Baugruppe bewirkt werden.
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Die Aufgabe wird durch die unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen werden u.a. in den abhängigen Ansprüchen beschrieben. Es wird darauf hingewiesen, dass zusätzliche Merkmale eines von einem unabhängigen Patentanspruch abhängigen Patentanspruchs ohne die Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs oder nur in Kombination mit einer Teilmenge der Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs eine eigene und von der Kombination sämtlicher Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs unabhängige Erfindung bilden können, die zum Gegenstand eines unabhängigen Anspruchs, einer Teilungsanmeldung oder einer Nachanmeldung gemacht werden kann. Dies gilt in gleicher Weise für in der Beschreibung beschriebene technische Lehren, die eine von den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche unabhängige Erfindung bilden können.
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Gemäß einem Aspekt wird eine Vorrichtung (z.B. ein Computer und/oder ein Server) zur Vorhersage und/oder zur Reduzierung der Verformung einer mehrteiligen Baugruppe beschrieben. Insbesondere ist die Vorrichtung darauf ausgelegt, die Verformung der Baugruppe zu prädizieren und/oder zu reduzieren, die bei Herstellung zumindest einer Schweißnaht zur Verbindung eines ersten Bauteils und eines zweiten Bauteils der Baugruppe bewirkt wird. Mit anderen Worten, die Vorrichtung kann darauf ausgelegt sein, die im Rahmen eines Schweißprozesses (insbesondere eines Laser-Schweißprozesses und/oder eines taktilen und/oder Remote Schweißprozesses) bewirkte Verformung einer mehrteiligen Baugruppe zu prädizieren und/oder zu reduzieren. Die in diesem Dokument beschriebenen Aspekte können allgemein auf Schweißprozesse angewendet werden, bei denen eine linienförmige und/oder langgezogene Schweißnaht zwischen zwei Bauteilen hergestellt wird. Die in diesem Dokument beschriebene Vorrichtung kann Teil eines CAD (Computer Aided Design) Systems sein.
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Das erste Bauteil kann eine relativ hohe Steifigkeit aufweisen, und das zweite Bauteil kann eine relativ niedrige Steifigkeit aufweisen. Mit anderen Worten, das zweite Bauteil kann im Vergleich zu dem ersten Bauteil relativ leicht verformbar sein. Das zweite Bauteil kann z.B. aus einem relativ dünnen Blech (z.B. mit einer Dicke bzw. Stärke von 0,5 cm oder weniger) bestehen. In einem Beispiel ist die Baugruppe eine Tür oder Klappe (insbesondere eine Tür oder Klappe eines Fahrzeugs). Das erste Bauteil kann eine tragende Struktur der Tür oder Klappe bilden und das zweite Bauteil kann eine Außenhaut der Tür oder Klappe bilden.
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Die Vorrichtung ist eingerichtet, ein Finite Elemente (FE)-Modell der Baugruppe zu ermitteln und/oder bereitzustellen. Dabei umfasst das FE-Modell eine Menge von FEs für die Schweißnaht und eine Menge von FEs für das erste und zweite Bauteil. Die Schweißnaht kann sich linienförmig zwischen dem ersten Bauteil und dem zweiten Bauteil erstrecken (z.B. entlang einer Kante des ersten Bauteils und entlang einer Kante des zweiten Bauteils). Dabei kann die Schweißnaht eine Länge aufweisen, die signifikant (insbesondere um den Faktor 5 oder mehr, 10 oder mehr oder 50 oder mehr) größer als die Dicke und/oder die Breite der Schweißnaht ist. Das FE-Modell kann gleich zu Beginn einer Simulation die volle und/oder die gesamte Schweißnaht beschreiben. Die Menge von FEs für die (gesamte) Schweißnaht kann dann eine der Schweißnaht entsprechende linienförmige Aneinanderreihung von FEs umfassen. Es kann somit ein FE-Modell für die Baugruppe bereitgestellt werden, das (bereits zu Beginn der Simulation) eine Menge von FEs für die gesamte Schweißnaht zwischen dem ersten Bauteil und dem zweiten Bauteil aufweist.
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Die einzelnen FEs des FE-Modells weisen typischerweise jeweils eine bestimmte räumliche Ausdehnung auf (z.B. als ein dreidimensionaler Quader oder Balken). Des Weiteren umfasst ein FE typischerweise ein mechanisches (mathematisches) Modell, das beschreibt, wie sich eine auf eine Kante des FEs bewirkte Kraft auf die räumliche Ausdehnung des FEs auswirkt. Benachbarte FEs sind typischerweise mechanische miteinander gekoppelt, so dass eine Veränderung der räumlichen Ausdehnung eines FEs eine Kraft auf ein direkt angrenzendes FE bewirkt, wodurch wiederum eine Änderung der räumlichen Ausdehnung des direkt angrenzenden FEs bewirkt werden kann.
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Es kann ein FE-Modell in einem Grundzustand bereitgestellt werden, bei dem das erste Bauteil und das zweite Bauteil die Form aufweisen, die das erste Bauteil und das zweite Bauteil vor dem Schweißprozess, d.h. vor der Herstellung der Schweißnaht, aufweisen. Dabei umfasst das FE-Modell im Grundzustand bereits die gesamte Schweißnaht zwischen dem ersten Bauteil und dem zweiten Bauteil. Das FE-Modell für die (gesamte) Schweißnaht kann dann FEs aufweisen, die die FEs des (unverformten) ersten Bauteils mit den FEs des (unverformten) zweiten Bauteils verbinden. Dabei werden in dem Grundzustand bevorzugt keine Kräfte von einem FE für die Schweißnaht auf ein FE des ersten und/oder des zweiten Bauteils bewirkt. Dies gilt bevorzugt für alle FEs der Schweißnaht.
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Die Vorrichtung kann eingerichtet sein, eine räumliche Kontraktion der Menge von FEs für die Schweißnaht zu veranlassen. Mit anderen Worten, es kann im Rahmen einer Simulation veranlasst werden, dass die räumliche Ausdehnung der FEs für die Schweißnaht (insbesondere entlang der Länge der Schweißnaht) reduziert wird. Dabei kann eine räumliche Kontraktion um einen bestimmten Kontraktionsfaktor bewirkt werden (um zu bewirken, dass die Schweißnaht ausgehend von dem Grundzustand eine um den Kontraktionsfaktor reduzierte Länge aufweist). Der Kontraktionsfaktor kann auf die einzelnen FEs der Menge von FEs für die Schweißnaht angewendet werden. Insbesondere kann die räumliche Kontraktion gleichmäßig auf die Menge von FEs für die Schweißnaht verteilt werden.
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Die Vorrichtung ist ferner eingerichtet, die Auswirkung der räumlichen Kontraktion der Menge von FEs für die Schweißnaht auf die Menge von FEs für das erste und/oder das zweite Bauteil zu ermitteln und/oder zu simulieren. Dabei kann die Kontraktion nach-und-nach (z.B. an einer Sequenz von Zeitschritten) bewirkt werden, um nach-und-nach (z.B. an der Sequenz von Zeitschritten) die fortschreitenden Auswirkungen zu ermitteln und/oder zu simulieren.
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Durch die räumliche Kontraktion der FEs für die Schweißnaht werden typischerweise Kräfte auf einzelne FEs des ersten Bauteils und/oder des zweiten Bauteils bewirkt. Diese Kräfte führen wiederum zu einer Veränderung der räumlichen Ausdehnung der einzelnen FEs des ersten Bauteils und/oder des zweiten Bauteils. Diese Veränderungen und/oder Auswirkungen auf die einzelnen FEs können im Rahmen einer FE Simulation ermittelt werden.
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Ferner ist die Vorrichtung eingerichtet, auf Basis der Auswirkung auf die Menge von FEs für das erste und/oder das zweite Bauteil die räumliche Verformung des ersten Bauteils und/oder des zweiten Bauteils zu prädizieren. Insbesondere können ein oder mehrere Stellen prädiziert werden, an denen sich das erste und/oder das zweite Bauteil infolge der Herstellung der zumindest einen Schweißnaht verformen werden.
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Die Vorrichtung ermöglicht es, in effizienter Weise (ohne Verwendung eines thermomechanischen Modells und/oder ohne Berücksichtigung von Parametern in Bezug auf den Schweißprozess und/oder in Bezug auf das Schweißwerkzeug) die Auswirkungen der Herstellung einer Schweißnaht zu prädizieren und basierend darauf zu reduzieren. So können die Kosten einer mehrteiligen Baugruppe reduziert und die Qualität der hergestellten Baugruppe erhöht werden.
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Insbesondere wird von der beschriebenen Vorrichtung kein progressiver Aufbau der Schweißnaht durchgeführt, um analog zu der Realität die Herstellung der Schweißnaht zu nachzubilden. Die Vorrichtung verwendet für eine FE Simulation ab Beginn der FE Simulation ein FE-Modell der Baugruppe, das bereits eine Menge von FEs für die gesamte Schweißnaht umfasst. Mit anderen Worten, die Menge von FEs für die Schweißnaht kann bereits zu Beginn einer FE Simulation zur Ermittlung der Auswirkung der räumlichen Kontraktion auf die Menge von FEs für das erste und/oder das zweite Bauteil die gesamte Schweißnaht zwischen dem ersten Bauteil und dem zweiten Bauteil beschreiben (so wie sie tatsächlich hergestellt werden soll). So kann die Komplexität der Simulation wesentlich reduziert werden.
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Des Weiteren werden von der beschriebenen Vorrichtung typischerweise keine Daten in Bezug auf eine Schweiß-Anlage und/oder -Werkzeug und/oder in Bezug auf die Kinematik der Schweiß-Anlage und/oder des Schweiß-Werkzeugs verwendet, die den realen Zusammenbauprozess der Baugruppe beeinflussen. Stattdessen werden die Auswirkungen des Schweißprozesses in effizienter Weise (ggf. allein) durch eine Kontraktion des FE-Modells der gesamten Schweißnaht zwischen dem ersten Bauteil und dem zweiten Bauteil simuliert.
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Die Vorrichtung kann eingerichtet sein, ein oder mehrere (Referenz-) Eigenschaften des ersten Bauteils und/oder des zweiten Bauteils zu ermitteln. Beispielhafte (Referenz-) Eigenschaften sind: das Material des ersten Bauteils und/oder des zweiten Bauteils, und/oder die Materialstärke des ersten Bauteils und/oder des zweiten Bauteils.
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Das Ausmaß der zu veranlassenden Kontraktion, insbesondere der Kontraktionsfaktor für die Kontraktion der Schweißnaht, kann dann in präziser Weise auf Basis der ein oder mehreren Referenzeigenschaften des ersten Bauteils und/oder des zweiten Bauteils ermittelt werden. Insbesondere kann das Ausmaß der zu veranlassenden Kontraktion anhand von vorbestimmten Kenndaten ermittelt werden, wobei die Kenndaten für eine Vielzahl von Kombinationen von unterschiedlichen ein oder mehrere Referenzeigenschaften eines ersten Referenz-Bauteils und/oder eines zweiten Referenz-Bauteils jeweils ein Ausmaß der zu veranlassenden Kontraktion anzeigen. Die Kenndaten können z.B. anhand von (thermomechanischen) Simulationen und/oder auf Basis von Messungen an tatsächlichen Baugruppen im Vorfeld ermittelt worden sein.
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Durch die Ermittlung eines Ausmaßes der Kontraktion und/oder eines Kontraktionsfaktors auf Basis von vorbestimmten Kenndaten und/oder auf Basis von (Referenz-) Eigenschaften des ersten und/oder des zweiten Bauteils kann die Verformung der Baugruppe in besonders präziser Weise prädiziert und/oder reduziert werden.
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Die Vorrichtung kann eingerichtet sein, das erste und/oder das zweite Bauteil (insbesondere das FE-Modell des ersten und/oder des zweiten Bauteils) iterativ und/oder wiederholt anzupassen (insbesondere in Bezug auf die Form und/oder das verwendete Material). Es kann dann wiederholt die Verformung prädiziert werden. So können das erste Bauteil und/oder das zweite Bauteil iterativ und/oder wiederholt angepasst werden, um eine Baugruppe mit einem reduzierten Ausmaß an Verformung herzustellen.
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Insbesondere kann die Vorrichtung eingerichtet sein, wiederholt das FE-Modell der Baugruppe für das erste Bauteil und/oder für das zweite Bauteil anzupassen, um jeweils ein angepasstes FE-Modell zu ermitteln. Insbesondere kann die Vorrichtung eingerichtet sein, die geometrische Form und/oder eine Materialeigenschaft (z.B. die Materialstärke) des ersten Bauteils und/oder des zweiten Bauteils anzupassen, um das angepasste FE-Modell zu ermitteln.
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Es kann dann jeweils eine räumliche Kontraktion der Menge von FEs für die Schweißnaht des jeweils angepassten FE-Modells veranlasst werden, und es kann die Auswirkung der räumlichen Kontraktion auf die Menge von FEs für das erste und/oder das zweite Bauteil des angepassten FE-Modells ermittelt werden. Ferner kann auf Basis der Auswirkung auf die Menge von FEs für das erste und/oder das zweite Bauteil des jeweils angepassten FE-Modells jeweils das Ausmaß der räumlichen Verformung des ersten Bauteils und/oder des zweiten Bauteils ermittelt werden.
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Die wiederholte Anpassung des FE-Modells kann dazu verwendet werden, ein optimiertes angepasstes FE-Modell zu ermitteln, für das das Ausmaß der räumlichen Verformung des ersten Bauteils und/oder des zweiten Bauteils kleiner als ein vorbestimmter Verformungs-Schwellenwert ist.
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Ferner kann die Vorrichtung eingerichtet sein, Konstruktionsdaten für das optimierte angepasste FE-Modell der Baugruppe bereitzustellen, wobei die Konstruktionsdaten eine Herstellung des ersten Bauteils und/oder des zweiten Bauteils ermöglichen. Mit anderen Worten, das optimierte angepasste FE-Modell kann dazu verwendet werden, das erste Bauteil und/oder das zweite Bauteil zu fertigen. So kann in zuverlässiger Weise bewirkt werden, dass die durch das Verschweißen des ersten und zweiten Bauteils hergestellte Baugruppe ein reduziertes Ausmaß an Verformungen aufweist.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein (Computer-implementiertes) Verfahren zur Vorhersage und/oder zur Reduzierung der Verformung einer Baugruppe beschrieben, die bei Herstellung zumindest einer Schweißnaht zur Verbindung eines ersten Bauteils und eines zweiten Bauteils der Baugruppe bewirkt wird. Insbesondere kann dabei die Verformung des (relativ leicht verformbaren) zweiten Bauteils prädiziert und/oder reduziert werden.
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Das Verfahren umfasst das Bereitstellen eines FE-Modells der Baugruppe, wobei das FE-Modell eine Menge von FEs für die Schweißnaht und eine Menge von FEs für das erste und zweite Bauteil umfasst. Außerdem umfasst das Verfahren das Veranlassen einer räumlichen Kontraktion der Menge von FEs für die Schweißnaht. Die Kontraktion kann entlang der Längsrichtung der Schweißnaht erfolgen. Alternativ oder ergänzend kann die Kontraktion quer und/oder radial zu der Längsrichtung der Schweißnaht erfolgen.
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Das Verfahren umfasst ferner das Simulieren der Auswirkung der räumlichen Kontraktion auf die Menge von FEs für das erste und/oder das zweite Bauteil. Insbesondere können die Auswirkungen auf die räumliche Ausdehnung der Menge von FEs für das erste und/oder das zweite Bauteil ermittelt werden. Außerdem umfasst das Verfahren das Prädizieren der räumlichen Verformung des ersten Bauteils und/oder des zweiten Bauteils auf Basis der simulierten Auswirkung auf die Menge von FEs für das erste und/oder das zweite Bauteil.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Software (SW) Programm beschrieben. Das SW Programm kann eingerichtet werden, um auf einem Prozessor (z.B. auf einem Computer oder Server) ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auszuführen.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Speichermedium beschrieben. Das Speichermedium kann ein SW Programm umfassen, welches eingerichtet ist, um auf einem Prozessor ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auszuführen.
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Es ist zu beachten, dass die in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme sowohl alleine, als auch in Kombination mit anderen in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systemen verwendet werden können. Des Weiteren können jegliche Aspekte der in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systemen in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden. Insbesondere können die Merkmale der Ansprüche in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden.
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Im Weiteren wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher beschrieben. Dabei zeigen
- 1 ein beispielhaftes Fahrzeug mit einer mehrteiligen Baugruppe;
- 2a eine mehrteilige Baugruppe in einer Frontansicht;
- 2b eine mehrteilige Baugruppe in einer Seitenansicht;
- 3a ein beispielhaftes Finite-Elemente-Modell einer mehrteiligen Baugruppe;
- 3b ein beispielhaftes Finites-Element; und
- 4 ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens zur Vorhersage und/oder zur Vermeidung bzw. Reduzierung von Verformungen bei der Herstellung einer mehrteiligen Baugruppe.
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Wie eingangs dargelegt, befasst sich das vorliegende Dokument mit der effizienten und frühzeitigen Vorhersage und ggf. Vermeidung bzw. Reduzierung von Verformung bei der Herstellung einer mehrteiligen Baugruppe mittels eines Schweißprozesses. In diesem Zusammenhang zeigt 1 ein Fahrzeug 100 mit einer Fahrzeugtür 110 als Beispiel für eine mehrteilige Baugruppe. Des Weiteren zeigt 2a in schematischer Weise eine mehrteilige Baugruppe 110 in einer Frontansicht (auf die Fläche der mehrteiligen Baugruppe 110) und 2b in einer Seitenansicht (auf die Kante zwischen den unterschiedlichen Bauteilen 201, 202 der Baugruppe 110). Die mehrteilige Baugruppe 110 kann z.B. eine Fläche von 0,5 m2 oder mehr aufweisen.
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Die Baugruppe 110 umfasst ein erstes Bauteil 201, das z.B. ausgebildet ist, (zumindest zu einem wesentlichen Anteil) die mechanische Stabilität der Baugruppe 110 zu bewirken. Des Weiteren umfasst die Baugruppe 110 ein zweites Bauteil 202, das z.B. ausgebildet ist, eine dekorative und/oder formgebende Aufgabe der Baugruppe 110 zu bewirken. Bei einer Fahrzeugtür als Baugruppe 110 kann z.B. das zweite Bauteil 202 eine Außenhaut der Fahrzeugtür bilden. Das erste Bauteil 201 kann relativ steif ausgebildet sein, während das zweite Bauteil 202 relativ leicht verformbar sein kann (z.B. aufgrund der Verwendung eines relativ dünnen Blechs).
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Das erste Bauteil 201 und das zweite Bauteil 202 können an ein oder mehreren (länglichen) Kanten miteinander verbunden sein. Beispielsweise können das erste Bauteil 201 und das zweite Bauteil 202 an einer Kante 204 ineinander verkantet und/oder zusammengepresst sein. Alternativ oder ergänzend können das erste Bauteil 201 und das zweite Bauteil 202 an ein oder mehreren Kanten durch linienförmige Schweißnähte 203 miteinander verschweißt sein (z.B. durch Verwenden eines Laser-Schweißverfahrens und/oder durch Verwenden eines taktilen und/oder Remote Schweißverfahrens). Beispielsweise können an zwei oder mehr Kanten der Baugruppe 110 jeweils eine Schweißnaht 203 angeordnet sein.
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Das Verbinden der beiden Bauteile 201, 202 durch ein oder mehrere linienförmige und/oder längliche Schweißnähte 203 kann zu Verspannungen innerhalb der Baugruppe 110 führen, wobei die Verspannungen insbesondere in dem zweiten Bauteil 202 Verformungen bewirken können. Die Verspannungen können insbesondere durch die thermischen Einflüsse im Rahmen der Herstellung und der Abkühlung der Schweißnähte 203 verursacht werden. Die Verspannungen und dadurch bewirke Verformungen können ggf. durch konkrete Messungen an Prototypen des Bauteils 110 und/oder durch die Verwendung von komplexen thermomechanischen Simulationsmodellen prädiziert werden.
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Die einzelnen Bauteile 201, 202 einer Baugruppe 110 können durch ein Finite Elemente (FE) Modell 310 beschrieben werden, wie beispielhaft in 3a dargestellt. Insbesondere zeigt 3a ein FE-Modell 310 für einen Ausschnitt des Bauteils 110. Dabei werden das erste Bauteil 201 und das zweite Bauteil 202 jeweils durch eine Menge von aneinander angrenzenden Finiten Elementen 311 beschrieben, die z.B. jeweils eine (dreidimensionale) Balken- oder Quaderstruktur aufweisen können. Mit anderen Worten, das Volumen der einzelnen Bauteile 201, 202 kann durch eine zwei- oder dreidimensionale Aneinanderreihung von FEs 311 beschrieben werden.
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Jedes einzelne FE 311 kann (wie in 3b veranschaulicht) eine Mehrzahl von Parametern, insbesondere von geometrischen Parametern 321, 322 zur Beschreibung der räumlichen Ausdehnung des FEs 311 und/oder von mechanischen Parametern 331, 332 zur Beschreibung von mechanischen Kräften und/oder Spannungen innerhalb des FEs 311, umfassen. Des Weiteren kann ein FE 311 ein mathematisch und/oder mechanisches Modell umfassen, dass beschreibt, wie sich mechanische Kräfte und/oder Spannungen an Kanten des FEs 311 auf die räumliche Ausdehnung des FEs 311 auswirken und/oder umgekehrt. Benachbarte FEs 311 können über aneinander angrenzende Kanten miteinander interagieren.
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Das FE-Modell 310 kann ferner FEs 311 zur Modellierung der ein oder mehreren Schweißnähte 203 zur Verbindung des ersten Bauteils 201 mit dem zweiten Bauteil 202 umfassen. Das FE-Modell 310 einer Schweißnaht 203 kann z.B. eine (ggf. eindimensionale) Aneinanderreihung von FEs 311 umfassen. Das FE-Modell 310 einer Schweißnaht 203 ist dabei an einer ersten (Längs-) Kante mit dem FE-Modell 310 des ersten Bauteils 201 und an einer gegenüberliegenden zweiten (Längs-) Kante mit dem FE-Modell des zweiten Bauteils 202 verbunden, derart, dass sich eine Veränderung eines Parameters 321, 322, 331, 332 in einem FE 311 der Schweißnaht 203 auf einen Parameter 321, 322, 331, 332 in einem FE 311 des ersten Bauteils 201 und/oder des zweiten Bauteils 202 auswirken kann.
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Im Grundzustand des FE-Modells 310 kann ggf. angenommen werden, dass durch die FEs 311 einer Schweißnaht 203 keine Kräfte und/oder Spannungen 331, 332 auf angrenzende FEs 311 des ersten Bauteils 201 und/oder des zweiten Bauteils 202 bewirkt werden.
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Die Auswirkungen des Schweißprozesses auf eine mehrteilige Baugruppe 110 können mittels des FE-Modells 310 der Baugruppe 110 simuliert werden. Insbesondere kann dabei veranlasst werden, dass sich das FE-Modell 310 einer Schweißnaht 203 um einen bestimmten Kontraktionsfaktor zusammenzieht (entlang der Länge der Schweißnaht 203 und/oder quer zu der Schweißnaht 203). Zu diesem Zweck kann veranlasst werden, dass die räumliche Ausdehnung 321 der FEs 311 des FE-Modells 310 der Schweißnaht 203 (in Längsrichtung und/oder quer zu der Längsrichtung) um den bestimmten Kontraktionsfaktor reduziert wird.
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Der Kontraktionsfaktor kann im Vorfeld durch Messungen und/oder durch thermomechanische Simulationen ermittelt werden. Insbesondere können dabei ein erstes Referenz-Bauteil mit ein oder mehrere ersten Referenzeigenschaften und ein zweites Referenz-Bauteil mit ein oder mehreren zweiten Referenzeigenschaften über zumindest eine Schweißnaht miteinander verbunden werden. Beispielhafte Referenzeigenschaften sind
- • das Material eines Bauteils;
- • die Dicke bzw. die Stärke eines Bauteils; und
- • das Elastizitätsmodul eines Bauteils.
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Es können dann Kenndaten (z.B. in Form einer Look-Up Tabelle) bereitgestellt werden, die für unterschiedliche Kombinationen von ersten und zweiten Referenz-Bauteilen jeweils den zu verwendenden Kontraktionsfaktor anzeigen. Zur Ermittlung des Kontraktionsfaktors für eine bestimmte Baugruppe 110 können die Referenzeigenschaften des ersten Bauteils 201 und die Referenzeigenschaften des zweiten Bauteils 202 ermittelt werden, und es kann dann anhand der Referenzeigenschaften der Wert des Kontraktionsfaktors aus den Kenndaten ermittelt werden.
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Durch die Kontraktion der FEs 311 der Schweißnaht 203 werden Veränderungen der Parameter 321, 322, 331, 332 der FEs 311 des ersten Bauteils 201 und/oder des zweien Bauteils 202 bewirkt, die auf Basis des FE-Modells 310 der Baugruppe 110 im Rahmen einer FE-Simulation ermittelt werden können. Insbesondere können dabei Auswirkungen auf die geometrischen Parameter 321, 322 der FEs 311 des ersten Bauteils 201 und/oder des zweiten Bauteils 202 und somit Verformungen des ersten Bauteils 201 und/oder des zweiten Bauteils 202 ermittelt werden.
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Es kann somit anhand einer FE-Simulation ermittelt werden, ob es bei der Erstellung von ein oder mehreren Schweißnähten 203 zu einem (sichtbaren) Verzug bzw. zu einer (sichtbaren) Verformung des ersten Bauteils 201 und/oder des zweiten Bauteils 202 kommt. Wenn dies der Fall ist, so kann eine Änderung des ersten Bauteils 201 und/oder des zweiten Bauteils 202 (insbesondere des FE-Modells 311 des ersten und/oder zweiten Bauteils 201, 202) vorgenommen werden. Dabei kann z.B. eine Materialeigenschaft (z.B. die Materialstärke) und/oder die Form des ersten und/oder zweiten Bauteils 201, 202 angepasst werden. Es kann dann erneut eine Kontraktion des angepassten FE-Modells 310 der ein oder mehreren Schweißnähte 203 bewirkt werden, um eine mögliche Verformung der Baugruppe 110 zu detektieren. Dieser Anpassungsprozess kann iterativ wiederholt werden.
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Durch eine iterative Anpassung des FE-Modells 310 des ersten und/oder des zweiten Bauteils 201, 202 kann ein optimiertes FE-Modell 310 ermittelt werden, für das bei der Kontraktion der ein oder mehreren Schweißnähte 203 keine oder keine wesentlichen (sichtbaren) Verformungen des ersten und/oder des zweiten Bauteils 201, 202 des FE-Modells 310 bewirkt werden. Das erste und/oder das zweite Bauteil 201, 202 sowie die mehrteilige Baugruppe 110 können dann entsprechend dem ermittelten, optimierten FE-Modell 310 gefertigt werden. So kann in effizienter und zuverlässiger Weise eine mehrteilige Baugruppe 110 mit ein oder mehreren Schweißnähten 203 hergestellt werden, die keine (wesentlichen und/oder mit dem bloßen Auge sichtbaren) Verformungen aufweist.
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Eine Baugruppe 100 kann somit im Initialzustand (mittels einer CAD-Nominalgeometrie), vor Herstellung der ein oder mehreren Schweißnähte 203, virtuell modelliert werden. Dabei werden lediglich die Komponenten bzw. Bauteile 201, 202 der Baugruppe 100 und nicht die der am Prozess beteiligten Anlagen- und/oder Werkzeugkomponenten modelliert. Alle Schweißnähte 203 sind dabei Teil des Modells 310 (z.B. jeweils als eine Linie im Modell 310). Daten in Bezug auf die Werkzeuge und/oder die Anlagen für die Erstellung der Schweißnähte 203 werden nicht verwendet. Eine Schweißnaht 203 kann dabei mit Finiten Elementen 311 mit Werkstoffdaten in Bezug auf Eigenschaften des Werkstoffs der Schweißnaht 203 modelliert werden.
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Zur Simulation des Schweißprozesses werden die ein oder mehreren Schweißnähte 203 um einen prozentualen Anteil (d.h. um einen Kontraktionsfaktor) in ihrer Länge mechanisch (ohne Verwendung von Wärmequellen und/oder Wärmesenken) geschrumpft. Dabei kann im Rahmen der Simulation eine prozentuale, zeitlich verteilte, Volumen-Schrumpfung vorgenommen werden. Die Schrumpfung kann verteilt entlang der länglichen Ausbreitung einer Schweißnaht 203 aufgebracht werden. Durch eine derartige FE-Simulation können die Anfälligkeit der Baugruppe 110 in Bezug auf das Entstehen von Beulen und/oder in Bezug auf Durchschlagsprobleme qualitativ und quantitativ bewertet werden. Des Weiteren sind Risikoabschätzungen für Verformungen, die durch andere Einflüsse entstehen können, durchführbar.
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4 zeigt ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften (Computer-implementierten) Verfahrens 400 zur Vorhersage und/oder zur Reduzierung der Verformung einer Baugruppe 110, die bei Herstellung zumindest einer (linienförmigen) Schweißnaht 203 zur Verbindung eines ersten Bauteils 201 und eines zweiten Bauteils 202 der Baugruppe 110 bewirkt wird. Die Schweißnaht 203 kann z.B. mittels eines Schweißwerkzeugs hergestellt werden, insbesondere unter Verwendung eines Laserschweißprozesses und/oder durch Verwendung eines taktilen und/oder Remote Schweißprozesses. Das Verfahren 400 kann durch einen Computer und/oder Server ausgeführt werden (z.B. unter Verwendung eines FE-Simulations-Softwareprogramms und/oder eines CAD (Computer Aided Design) Softwareprogramms).
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Das Verfahren 400 umfasst das Bereitstellen 401 eines FE-Modells 310 der Baugruppe 110, wobei das FE-Modell 310 eine Menge von FEs 311 für die Schweißnaht 203 und zumindest eine Menge von FEs 311 für das erste und zweite Bauteil 201, 202 umfasst. Die Menge von FEs 311 für die Schweißnaht 203 kann eine linienförmige Aneinanderreihung von FEs 311 umfassen. Dabei können die FEs 311 der Schweißnaht 203 jeweils mit zumindest einem FE 311 des ersten Bauteils 201 und einem FE 311 des zweiten Bauteils 202 gekoppelt sein, insbesondere derart, dass durch eine Verformung (insbesondere eine Kontraktion) eines FEs 311 der Schweißnaht 203 eine Spannung und/oder eine Kraft in einem FE 311 des ersten Bauteils 201 und/oder des zweiten Bauteils 202 bewirkt wird.
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Außerdem umfasst das Verfahren 400 das Veranlassen 402 einer räumlichen Kontraktion der Menge von FEs 311 für die Schweißnaht 203. Die Kontraktion kann dabei entlang der linienförmigen Ausbreitung der Schweißnaht 203 erfolgen. Insbesondere kann veranlasst werden, dass die Länge der Schweißnaht 203 um einen bestimmten Kontraktionsfaktor reduziert wird. Die Reduzierung der Länge der Schweißnaht 203 kann (gleichmäßig) auf die einzelnen FEs 311 für die Schweißnaht 203 verteilt werden.
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Das Verfahren 400 umfasst ferner das Simulieren 403 der Auswirkung der räumlichen Kontraktion der Menge von FEs 311 für die Schweißnaht 203 auf die Menge von FEs 311 für das erste und/oder das zweite Bauteil 201, 202. Insbesondere kann simuliert werden (mittels eines FE-Simulationsprogramms) welche Spannungen 331, 332 und/oder welche räumliche Veränderungen 321, 322 bei den einzelnen FEs 311 des ersten Bauteils 201 und/oder des zweiten Bauteils 202 bewirkt werden.
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Außerdem umfasst das Verfahren 400 das Prädizieren und/oder das Vorhersagen 404 der räumlichen Verformung des ersten Bauteils 201 und/oder des zweiten Bauteils 202 auf Basis der simulierten Auswirkung auf die Menge von FEs 311 für das erste und/oder das zweite Bauteil 201, 202.
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Durch das beschriebene Verfahren 400 kann in effizienter Weise (auch ohne Verwendung eines Modells der Schweißanlage und/oder des Schweißprozesses) eine Vorhersage dahingehend getroffen werden, wie sich der Schweißprozess auf die Verformung einer mehrteiligen Baugruppe 110 auswirkt. Des Weiteren kann durch ein iteratives und/oder wiederholtes Anpassen des FE-Modells 310 der Baugruppe 110 ein FE-Modell 310 ermittelt werden, bei dem die Kontraktion der Schweißnaht 203 zu einer reduzierten Verformung des ersten und/oder des zweiten Bauteils 201, 202 führt. Das erste und/oder das zweite Bauteil 201, 202 können dann auf Basis des angepassten FE-Modells 310 gefertigt ist, so dass eine Baugruppe 101 mit reduzierten Verformungen herstellt werden kann.
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Die vorliegende Erfindung ist nicht auf die gezeigten Ausführungsbeispiele beschränkt. Insbesondere ist zu beachten, dass die Beschreibung und die Figuren nur das Prinzip der vorgeschlagenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme veranschaulichen sollen.