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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zur Augenuntersuchung auf physische Metamorphopsie. Eine solche physische Metamorphopsie kann beispielsweise bei Schäden an der Makula erzeugt werden, wie sie bei einem Glaukom oder einer altersbedingten Makuladegeneration oder morphologisch damit verwandten Netzhauterkrankungen entstehen können. Sie führen generell dazu, dass Teile des Sehfeldes auf einem Auge ausfallen oder sich verschieben.
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Leider sind Störungen im Sinneseindruck erst bei einer schon fortgeschrittenen Metamorphopsie zu sehen. Mittels optischer Kohärenztomographie lässt sich z. B. eine altersbedingte Makuladegeneration sicher diagnostizieren; dies ist jedoch aufwendig und die Kosten behindern eine engmaschige Überprüfung.
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Aus den Druckschriften
US 2008/0309878 A1 ,
GB 2457735 A ,
US 2012/0050685 A1 ,
US 2013/0141697 A1 ,
US 8465153 B1 ,
US 2011/0082704 A1 und
US 2015/0320385 A1 sind verschiedene Vorrichtungen bekannt, mit denen eine Augenuntersuchung im Hinblick auf neovaskuläre, altersbedingte Makuladegeneration durchgeführt werden kann. Weiter befasst sich The AREDS2-HOME Study Research Group,
„Randomized Trial of a Home Monitoring System für Early Detection of Choroidal Neovascularization Home Monitoring of the Eye (HOME) Study‟, Ophthalmology 2014, 121:535-544 mit dem
Thema. Andrews et al., „Fusion and Rivalry Are Dependent on the Perceptual Meaning of Visual Stimuli", Current Biology, 2004, 14:418-423 und Terao, „Smooth Pursuit Eye Movements Improve Temporal Resolution for Color Perception", PLoS ONE, 2010, 5(6):1-7, betreffen Fragen der Farbwahrnehmung.
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In der Augenheilkunde ist der sogenannte Polarisationstest bekannt. Dabei wird der horizontale bzw. vertikale Balken eines Kreuzes nur mit einem Auge, d. h. monokular, gesehen, fusionieren aber im Sinneseindruck zu einem Kreuz. Hiermit lässt sich das binokulare Sehen überprüfen. Das Verfahren bzw. die Vorrichtung sind einfach, lassen jedoch keine Aussagen über physische Metamorphopsie, insbesondere aufgrund von Makulabeschädigungen durch Glaukom oder AMD zu.
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Die Erfindung geht von einem solchen Verfahren bzw. einer solchen Vorrichtung aus. Ihr liegt die Aufgabe zugrunde, dieses Verfahren und diese Vorrichtung zur Augenuntersuchung auf physische Metamorphopsie weiterzubilden.
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Die Erfindung ist in den unabhängigen Ansprüchen definiert. Die abhängigen Ansprüche betreffen bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung.
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In einem Verfahren zur Augenuntersuchung auf physische Metamorphopsie werden mehrere Schritte ausgeführt. Dem linken Auge des Patienten wird monokular eine linke Musterstruktur angezeigt, dem rechten Auge des Patienten ebenfalls monokular eine rechte Musterstruktur. Die Musterstrukturen haben geometrisch überlappende Bereiche und werden jeweils als Flackerbild angezeigt. Darunter ist zu verstehen, dass sie aus Wiederholungen von Hellphasen, in denen die Musterstruktur dargestellt wird, und Dunkelphasen, in denen keine Musterstruktur dargestellt wird, bestehen. Jedes Flackerbild, d. h. das dem linken Auge angezeigte und das dem rechten Auge angezeigte hat eine Bildwiederholfrequenz. Das linke Flackerbild ist gegenphasig zum rechten Flackerbild. Wenn also dem linken Auge die Musterstruktur in einer Hellphase angezeigt wird, ist am rechten Auge zu diesem Zeitpunkt eine Dunkelphase und umgekehrt. Die Bildwiederholfrequenz jedes Flackerbildes liegt zwischen halber und ganzer Flimmerverschmelzungsfrequenz. Dadurch ist erreicht, dass der binokulare Sinneseindruck bei einem gesunden Auge in den überlappenden Bereichen ein nicht flimmerndes Bild ergibt, da sich die Bildeindrücke von linkem und rechtem monokular angezeigten Bild durch die Fusion zu einem Gesamtbild ergänzen, das oberhalb der Flimmerverschmelzungsfrequenz liegt. Ein Flackern oder eine Musterstrukturbewegung entsteht nur dann, wenn eines der beiden Augen in den überlappenden Bereichen der Musterstrukturen eine Netzhautveränderung hat, da dann eines der beiden Teilbilder, die miteinander zu einem Bild oberhalb der Flimmerverschmelzungsfrequenz liegt, fusioniert werden, am entsprechenden Bereich die Bildinformation fehlt. Aus einem Flackern oder einer Musterstrukturverschiebung, das/die der Patient im binokularen Sinneseindruck in den überlappenden Bereichen der Musterstruktur wahrnimmt, wird deshalb auf physische Metamorphopsie geschlossen. Die Musterstrukturverschiebung tritt nur mit der Bildwiederholfrequenz auf und liegt neben einem phasenverschoben flackernden Bildbereich, so dass der Eindruck des Hin- und Herspringens entsteht.
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Die Vorrichtung zur Augenuntersuchung ist analog ausgebildet, d. h. sie weist eine Anzeigeeinrichtung auf, welche dem linken Auge des Patienten monokular eine linke Musterstruktur und dem rechten Auge des Patienten monokular ein rechte Musterstruktur anzeigt. Die Musterstrukturen haben auch hier geometrisch überlappende Bereiche und werden jeweils als Flackerbild mit den genannten Eigenschaften angezeigt. Weiter ist eine Eingabeeinrichtung vorgesehen, an der der Patient eine Angabe eingeben kann, ob er im binokularen Sinneseindruck ein Flackern oder eine Musterstrukturverschiebung in den überlappenden Bereichen der Musterstrukturen wahrnimmt.
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Die Erfindung beruht auf der Erkenntnis, dass die Fusion von Teilbildern, die unter der Flimmerverschmelzungsfrequenz angezeigt werden, aber noch mindestens die halbe Flimmerverschmelzungsfrequenz als Bildwiederholfrequenz haben, im Gesamtbild nur dann zu einem ruhenden, also nicht flackernden Bildeindruck der überlappenden Musterbereiche führen, wenn die zur Wahrnehmung der Teilbilder herangezogenen Bereiche der Netzhaut beide einen Sinneseindruck, d. h. ein Teilbild der überlappenden Musterbereiche liefern. Fällt auf einem der Augen teilweise die Netzhaut aus oder verschiebt sich, werden die Teilbilder trotz überlappender Musterstrukturen nicht zu einem vollständig statischen Gesamtbild fusioniert. Vielmehr sieht der Patient in denjenigen Bereichen, in denen die Netzhaut des einen Auges keinen oder einen örtlich verschobenen Sinneseindruck liefert, ein Flackern bzw. eine flackernde Verschiebung der sich eigentlich überlappenden Musterstrukturen. Bei einem vollständigen Ausfall eines Bereiches der Netzhaut flackert die Musterstruktur mit der Bildwiederholfrequenz, die im Teilbild, das vom gesunden Auge wahrgenommen wird, vorliegt. Bei einer Verschiebung von Netzhautstrukturen verschiebt sich die wahrgenommene Musterstruktur immer dann, wenn der Bildeindruck vom erkrankten Auge mit der lokal verschobenen Netzhaut kommt. Zu einem solchen als Springen wahrgenommenen Effekt kommt es, wenn durch eine altersbedingte Makuladegeneration oder eine lokale Netzhautablösung Teile der Netzhaut lokal verschoben sind.
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Besonders bevorzugt sind die linken und rechten Musterstrukturen kongruent zueinander, d. h. sie sind identisch. Insbesondere können sie als Amsler-, Scintillating- oder Hermann-Gitter ausgebildet werden.
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In einer gerätetechnisch besonders einfachen Umsetzung werden die Musterstrukturen an einem Smartphone mit Binokularaufsatz angezeigt. Die weite Verbreitung von Smartphones erlaubt es, eine engmaschige Überprüfung möglichst vieler Patienten zu realisieren.
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Die Flimmerverschmelzungsfrequenz liegt zwischen 22 und 90 Hz und hängt von der Stärke der Reize, dem Adaptionszustand der Netzhaut sowie dem allgemeinen Aktivationsniveau des Beobachters ab. Es ist in Weiterbildungen möglich, die Vorrichtung bzw. das Verfahren so auszugestalten, dass zuvor die aktuelle Flimmerverschmelzungsfrequenz für den Beobachter ermittelt wird, beispielsweise indem zuerst ein gleichmäßig auf beiden Augen flimmerndes Bild angeboten wird und die Bildwiederholfrequenz so lange erhöht wird, bis der Betrachter ein kontinuierliches Bild wahrnimmt bzw. dies durch eine entsprechende Eingabe an der Vorrichtung anzeigt. Zum Herabsetzen der Flimmerverschmelzungsfrequenz ist es bevorzugt, bei der Darbietung der monokularen Teilbilder am linken und rechten Auge einen abschattenden Aufsatz zu verwenden, der als Binokularabschaltung dient und den Adaptionszustand des Auges in Richtung Dunkeladaption beeinflusst. Dann ist die Flimmerverschmelzungsfrequenz bekanntermaßen gering.
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Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in den angegebenen Kombinationen, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung einsetzbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen, die ebenfalls erfindungswesentliche Merkmale offenbaren, noch näher erläutert. Diese Ausführungsbeispiele dienen lediglich der Veranschaulichung und sind nicht als einschränkend auszulegen. Beispielsweise ist eine Beschreibung eines Ausführungsbeispiels mit einer Vielzahl von Elementen oder Komponenten nicht dahingehend auszulegen, dass alle diese Elemente oder Komponenten zur Implementierung notwendig sind. Vielmehr können andere Ausführungsbeispiele auch alternative Elemente und Komponenten, weniger Elemente oder Komponenten oder zusätzliche Elemente oder Komponenten enthalten. Elemente oder Komponenten verschiedener Ausführungsbespiele können miteinander kombiniert werden, sofern nichts anderes angegeben ist. Modifikationen und Abwandlungen, welche für eines der Ausführungsbeispiele beschrieben werden, können auch auf andere Ausführungsbeispiele anwendbar sein. Zur Vermeidung von Wiederholungen werden gleiche oder einander entsprechende Elemente in verschiedenen Figuren mit gleichen Bezugszeichen bezeichnet und nicht mehrmals erläutert. Von den Figuren zeigen:
- 1 schematisch eine Darstellung einer Vorrichtung zur Augenuntersuchung auf neovaskuläre, altersbedingte Makuladegeneration,
- 2 eine Darstellung eines Ausschnitts eines linken und rechten Gitters in Form eines Amsler-Gitters,
- 3 den binokularen Sinneseindruck ohne Metamorphopsie,
- 4A den binokularen Sinneseindruck bei Metamorphopsie verursacht durch Ausfall eines Netzhautareals eines Auges,
- 4B den binokularen Sinneseindruck aufgrund Metamorphopsie durch Verschiebung eines Netzhautareals eines Auges,
- 5 und 6 Darstellungen entsprechend denen der 2, wobei das Gitter nun als Hermann-Gitter bzw. Scintillating-Gitter ausgebildet ist, und
- 7 eine Vorrichtung zur Augenuntersuchung auf Basis eines Smartphones.
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1 zeigt schematisch eine Vorrichtung 1 zur Untersuchung der Augen eines Patienten auf neovaskuläre, altersbedingte Makuladegeneration. Die Vorrichtung 1 ist dabei zur Selbstuntersuchung des Patienten ausgelegt und umfasst eine Anzeigeeinheit 3, eine Steuereinheit 5 sowie eine Eingabevorrichtung 7. Die Anzeigeeinheit 3 hat ein linkes Display 9 und ein rechtes Display 11, die dem linken Auge bzw. rechten Auge des Patienten ein Bild monokular darbieten. Die Steuereinrichtung 5 steuert den Ablauf des Verfahrens, an der Eingabeeinrichtung 7 kann der Benutzer angeben, inwiefern er einen Sinneseindruck hat, der dann auf Metamorphopsie schließen lässt. Die Steuereinrichtung 5 steuert die Anzeige von Bildern auf den Displays 9, 11 und speichert Daten sowie anzuzeigende Bilder.
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2 zeigt Musterstrukturen in Form von Gittern 13.1 und 15.1, die auf dem linken Display 9 bzw. dem rechten Display 11 angezeigt werden. Die Figur zeigt dabei nur einen Ausschnitt des Gitters, der als Grundzelle verstanden werden kann. Tatsächlich ist das Gitter in einer Wiederholung der dargestellten Flächen, z. B. Farbflächen, lateral ausgedehnter. In 1 ist die Musterstruktur in einer ersten Ausführungsform als Amsler-Gitter ausgeführt. In zwei weiteren Ausführungsformen, die in den 5 und 6 gezeigt sind, sind die Musterstrukturen Hermann-Gitter (zweite Ausführungsform) bzw. Scintillating-Gitter (dritte Ausführungsform). Zur einfacheren Erläuterung sind in den 2, 5 und 6 jeweils dieselben Bezugszeichen für funktionell oder strukturell entsprechende Elemente verwendet, wobei ein Index (.1 für den Fall des Amsler-Gitters, .2 für den Fall des Hermann-Gitters und .3 für den Fall des Scintillating-Gitters) die Unterscheidung für die drei Ausführungsformen trifft. Auch die 5 und 6 zeigen nur die Grundzelle des jeweiligen Gitters. Die nachfolgende Beschreibung anhand der ersten Ausführungsform der 2 bis 4B gilt gleichermaßen auch für die zweite und dritte Ausführungsform.
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Der Patient sieht auf dem linken Display 9 das linke Gitter 13 (beispielsweise 13.1, 13.2 oder 13.3) und auf dem rechten Display 11 mit dem rechten Auge das rechte Gitter 15 (beispielsweise 15.1, 15.2 oder 15.3). Die Gitter haben Flächen und entsprechen sich in ihrer geometrischen Struktur. Die Gitter 13 und 15 werden als Flackerbilder dargestellt, die jeweils mit derselben Bildwiederholfrequenz flackern. Die Bildwiederholfrequenz liegt unter der Flimmerverschmelzungsfrequenz, jedoch über der halben Flimmerverschmelzungsfrequenz. Weiter flackern die Bilder mit einer Phasenverschiebung zueinander, bevorzugt gegenphasig. Es gibt also Zeitdauern, in denen das linke Gitter 13 angezeigt wird, das rechte Gitter 15 aber nicht, und umgekehrt. Dies ist in den Figuren durch unterschiedliche Schraffuren dargestellt. Die Schraffuren veranschaulichen den Phasenunterschied der beiden Gitter, nicht jedoch geometrische Eigenschaften. In geometrischer Hinsicht sind die Gitter flächig ausgeführt, weisen also nicht die in den Figuren gezeigten Schraffuren auf.
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Da die einzelnen Gitter 13, 15 mit einer Bildwiederholfrequenz flackern, die über der halben Flimmerverschmelzungsfrequenz liegt und ein Phasenunterschied zwischen den beiden Gittern 13, 15 besteht, liegt im fusionierten Sinneseindruck eine Bildwiederholfrequenz vor, die größer als die Flimmerverschmelzungsfrequenz ist. Im fusionierten Sinneseindruck sieht ein Patient, der keine physische Metamorphopsie hat, damit ein statisches Gitter 17, das aus nicht flackernden Flächen 19 besteht, wie es 3 veranschaulicht.
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Die Situation ist jedoch anders, wenn Teilbereiche der Netzhaut auf einem Auge entweder ausgefallen sind (4A) oder eine krankheitsbedingte Verschiebung von Netzhautarealen zwischen linkem und rechtem Auge vorliegt (4B), wenn also physische Metamorphopsie besteht. Dann hat das im fusionierten Sinneseindruck wahrgenommene Gitter 21 Flächen 19, in denen kein Flackern vorliegt. Dies ist allerdings auf diejenigen Netzhautareale beschränkt, die keine Ausfälle oder Verschiebungen zeigen, also gesund sind. Insoweit liegen hier die Verhältnisse wie in 3. Zusätzlich gibt es aber auch Bereiche 23 des Gitters 21, die mit der Bildwiederholfrequenz flackern. Sind Teilbereiche der Netzhaut ausgefallen, wie in 4A, handelt es sich bei den Bereichen 23 um Abschnitte des Gitters 21. Sind hingegen Netzhautareale zwischen linkem und rechtem Auge krankheitsbedingt gegeneinander verschoben, entstehen zwei Teilbereiche 25 und 27, die nebeneinander liegen und phasenversetzt zueinander flackern. Einer der Teilbereiche, nämlich der Teilbereich 25 liegt an den Orten, die für das Gitter 21 vorgesehen wären. Der Sinneseindruck rührt aufgrund der Netzhautverschiebung jedoch nur von einem Auge her, weshalb dieser Teilbereich 25 flackert. Ihm benachbart ist ein ebenfalls flackernder Bereich, dessen Sinneseindruck vom krankheitsbedingt veränderten Auge herrührt. Dieser Beriech 27 flackert ebenfalls, jedoch mit dem Phasenunterschied, der in den beiden Teilbildern vorgesehen ist, versetzt zum Bildbereich 25. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass ein Bereich springt, nämlich zwischen 25 und 27 hin und her.
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In einer besonders einfachen Ausführungsform dient als Anzeigeeinrichtung, Steuereinrichtung und gegebenenfalls Eingabeeinrichtung ein Smartphone 29, das einen Binokularaufsatz 31 hat, wie man ihn beispielsweise von stereoskopischen Systemen, wie Virtual-Reality-Displays, kennt. Auf dem Smartphone 29 läuft dann eine entsprechende Software zum Betrieb des Smartphones gemäß dem Verfahren.