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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Planetengetriebe mit zumindest einem Planetenrad, das über einen Planetenbolzen drehbar an einem Planetenträger gelagert ist, wobei zumindest eine axial zwischen dem Planetenträger und dem Planetenrad auf dem Planetenbolzen angeordnete Anlaufscheibe vorgesehen ist.
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Eine Anlaufscheibe der hier interessierenden Art dient dem axialen Anlauf eines Planetenrades und schützt einen gewöhnlich aus einem ungehärteten Stahl bestehenden Planetenradträger sowie das hieran montierte Planetenrad vor Verschleiß. Das Planetenrad läuft dabei mit einer planen Stirnfläche an einer ebenfalls planen Anlauffläche der Anlaufscheibe an. Das Planetenrad ist mit einer durchgehenden Bohrung versehen, in welche eine Lagerung, meist Wälzlagerung, eingesetzt ist, um die Drehlagerung auf dem Planetenbolzen zu realisieren. Diese Lagerung kann beispielsweise durch einen Nadelkranz oder auch durch einen vollrolligen Nadelsatz gebildet sein.
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Oftmals sind die Schmierverhältnisse an den Kontaktstellen zwischen der Anlaufscheibe und der Stirnfläche des Planetenrads ungünstig. In diesem Fall werden auch beispielsweise Bronzescheiben als Anlaufscheiben verwendet. Daneben verbessert auch eine Kombination zweier Anlaufscheiben aus unterschiedlichen Werkstoffen, die nebeneinander eingesetzt werden, die Verschleißbedingungen.
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Außerdem kann die geometrische Gestaltung einer Anlaufscheibe auch die Schmiermittelzirkulation innerhalb des Planetengetriebes und insbesondere im Bereich der Lagerung des Planetenrades in positiver Weise beeinflussen. Eine verbesserte Schmiermittelzirkulation im Lagerbereich des Planetenrades und die Schmierung der Anlaufflächen der Anlaufscheibe im Kontaktbereich mit dem Planetenrad kann durch gezielt in die Oberfläche der Anlaufscheibe eingebrachte Ölnuten, Ausnehmungen, axiale Durchbrüche und dergleichen erreicht werden.
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Aus der
DE 103 34 880 A1 geht ein mit Anlaufscheiben der vorstehend beschriebenen Art ausgestattetes Planetengetriebe hervor. Um geeignete Anlaufscheiben mit minimalem Fertigungsaufwand herzustellen, wird vorgeschlagen, dass diese aus einem vergüteten Kaltband mit hinreichender Ebenheit und einer definierten Mindesthärte hergestellt werden, und zwar vorzugsweise durch Ausstanzen aus dem vergüteten Kaltband mit einem nachfolgenden Gleitschleifen, um die gewünschte Ebenheit zu erzeugen. Dabei können Anlaufscheiben mit einer Stärke von ≤ 1 mm erzeugt werden. Der Außendurchmesser der Anlaufscheiben sollte unterhalb des Fußkreises der Verzahnung des Planetenrades liegen, um hinreichende Anlaufeigenschaften zu erzeugen, welche andererseits den Zahneingriff nicht behindern.
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Zusätzlich wird vorgeschlagen, die Anlaufscheiben im Bereich einer zentralen Aufnahmebohrung, durch welche der Planetenbolzen verläuft, in Umfangsrichtung mit gleichmäßig voneinander beabstandeten Durchbrüchen zu versehen, welche sich in Radialrichtung nach außen erweitern. Diese speziellen Durchbrüche dienen hier als Schmiermittelreservoir für ein Schmiermittelverteilsystem. Schmiermittel gelangt dabei zunächst über eine axiale Schmiermitteldurchtrittsbohrung und eine radiale Schmiermitteldurchtrittsbohrung des Planetenradbolzens in den Laufbahnbereich von Wälzkörpern der Lagerung. Von dort wird das Schmiermittel durch radiale Kräfte nach außen geschleudert und füllt zunächst die vorgenannten Durchbrüche der Anlaufscheibe, welche hierdurch als Schmiermittelreservoir nutzbar gemacht werden. Es kann auf diese Weise sichergestellt werden, dass in den verschleißkritischen Kontaktbereichen der Anlaufscheibe zum Planetenträger sowie insbesondere zum Planetenrad hinreichend Schmiermittel zur Verfügung steht.
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Aus der
DE 199 02 565 A1 geht eine andere technische Lösung für eine Anlaufscheibe der hier interessierenden Art hervor. Dabei ist die Anlaufscheibe in mehrere Kontaktzonen eingeteilt. Eine erste Kontaktzone an der Anlauffläche der Anlaufscheibe liegt der Stirnfläche des Planetenrades gegenüber. Diese erste Kontaktzone weist Schmiermitteltaschen auf. Eine zweite Kontaktzone an der Anlauffläche der Anlaufscheibe liegt der Lagerung des Planetenrades gegenüber. Diese zweite Kontaktzone weist keine Schmiermitteltaschen auf. Durch diese mehrzonige Gestaltung der Anlauffläche der Anlaufscheibe wird das Schmiermittel bedarfsgerecht verteilt. Die so gestaltete Anlaufscheibe kann aus einem Blech gestanzt und anschließend geprägt werden, um die speziell angeordneten Schmiermitteltaschen auszubilden. Zusätzlich wird vorgeschlagen, die Anlaufscheibe aus einem Stahlblech zu fertigen und zumindest an der Oberfläche zu härten oder mit einer Oberflächenbeschichtung zu versehen, um einem Verschleiß gegenüber dem gewöhnlich ebenfalls gehärteten Planetenrad zu minimieren.
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Bei den aus einem Stahlblech ausgestanzten und gehärteten Anlaufscheiben tritt das Problem auf, dass infolge des Stanzens und der Wärmebehandlung die Ebenheit der Anlauffläche der Anlaufscheibe beeinträchtigt wird. So ist ein sogenanntes Tellern oder Aufweiten von Anlaufscheiben zu beobachten. Hierdurch entstehen unerwünschte wellfederartige Bauteileigenschaften, welche einer Nachbearbeitung, beispielsweise durch Schleifen, bedürfen, falls zulässige Toleranzgrenzen überschritten werden.
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Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine Anlaufscheibe für ein Planetengetriebe dahingehend weiter zu verbessern, dass mit einfachen technischen Mitteln eine reproduzierbar ebene Anlagefläche für den Axialanlauf geschaffen wird.
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Die Aufgabe wird ausgehend von einem Anlaufscheiben umfassenden Planetengetriebe gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1 in Verbindung mit dessen kennzeichnenden Merkmalen gelöst. Die nachfolgenden abhängigen Ansprüche geben vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung wieder.
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Die Erfindung schließt die technische Lehre ein, dass eine Anlaufscheibe eine kreisringförmige Trägerscheibe mit minimaler Grunddicke und einer hierauf durch ein additives Fertigungsverfahren aufgebrachten Kontaktschicht umfasst, welche dem Planetenrad zugewandt ist.
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Der Vorteil der erfindungsgemäßen Lösung besteht insbesondere darin, dass es hinsichtlich der Flächigkeit der Trägerscheibe nicht unbedingt auf eine vollkommen ebene Trägerscheibe ankommt, da die Ebenheit durch das additive Fertigungsverfahren mittels der insoweit ausgleichenden Kontaktschicht geschaffen wird. Damit unterscheidet sich die erfindungsgemäß hergestellte Anlaufscheibe von einer lediglich beschichteten Anlaufscheibe, deren Beschichtung der Flächenkontur - insbesondere Welligkeit - der Anlaufscheibe folgt.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung besteht die Trägerscheibe aus einem Metall, vorzugsweise einem Edelstahl. Die hierauf aufgebrachte Kontaktschicht kann ebenfalls aus einem Metall bestehen oder auch aus Kunststoff. Die Materialwahl für die Kontaktschicht richtet sich in erster Linie nach den auftretenden Beanspruchungen sowie der Reibpaarung. So kann ein Metall, beispielsweise auch Bronze, zum Einsatz kommen, wenn hochbelastbare Gleitlagereigenschaften im Vordergrund stehen. Bei den gegenüber niedrigeren Beanspruchungen kann auch ein möglichst druckfester Kunststoff hinreichend sein. So ist es möglich, dass durch eine geeignete Materialwahl für die per additiver Fertigung aufzubringende Kontaktschicht flexibel auf die jeweils herrschende Beanspruchungssituation eingegangen werden kann.
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Um einen maximalen Bauteilzusammenhalt sicherzustellen, wird vorgeschlagen, dass die Kontaktschicht mittels des additiven Fertigungsverfahrens eines 3D-Drucks derart auf die Trägerscheibe aufgebracht ist, dass eine stoffschlüssige Bauteilverbindung entsteht. Als additives Fertigungsverfahren hierfür eignet sich insbesondere ein auf Metall- oder Kunststoffmaterial basierendes 3D-Druckverfahren, das ausgewählt ist aus einer Gruppe, umfassend Freistrahl-Bindemittelauftrag, Materialauftrag mit gerichteter Energieeinbringung, Materialextrusion, Freistrahl-Materialauftrag oder pulverbettbasiertes Schmelzen. Das letztere additive Fertigungsverfahren ist insbesondere für Metall als Ausgangsmaterial geeignet. All diese additiven Fertigungsverfahren sind in entsprechenden, geltenden Normen näher spezifiziert.
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Gemäß einer speziellen Ausführungsform der erfindungsgemäßen Lösung, die auf eine Wälzlagerung zur drehbaren Lagerung des Planetenrades auf dem Planetenbolzen abgestimmt ist, wird vorgeschlagen, dass die zugeordnete Seitenfläche der Anlaufscheibe axial gegenüberliegend zur Wälzlagerung eine innenradiale Kontaktzone und gegenüberliegend zum Planetenrad eine außenradiale Kontaktzone aufweist, wobei beide Kontaktzonen eine unterschiedliche geometrische Struktur aufweisen. Je nach Reibpartner können somit individuell gestaltete Kontaktzonen geschaffen werden. Beispielsweise können an der dem Planetenrad zugewandten Seitenfläche der Anlaufscheibe, insbesondere im Bereich der außenradialen Kontaktzone, mehrere als Schmierstoffreservoir dienende Ausnehmungen eingebracht werden, um den Verschleiß im Bereich des Bauteilkontakts zwischen Planetenrad und Anlaufscheibe zu minimieren.
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Im Rahmen der vorliegenden Erfindung kann die Trägerscheibe der Anlaufscheibe unterschiedlich gestaltet werden. In einer ersten bevorzugten Ausführungsform weist die Trägerscheibe eine flache kreisringförmige Gestalt auf. Der Vorteil dieser Ausführungsform besteht darin, dass die Trägerscheibe in einfacher Weise durch Ausstanzen aus einem dünnen Metallblech erzeugt werden kann.
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Gemäß einer zweiten bevorzugten Ausführungsform weist die Trägerscheibe eine flache kreisringförmige Bodenfläche auf, von der aus sich innenradial und/oder außenradial je ein axialer Randabschnitt weg erstreckt, der die eingebrachte Kontaktschicht in Radialrichtung begrenzt. Eine derart gestaltete Trägerscheibe kann beispielsweise durch Stanzbiegen erzeugt werden. Die Randabschnitte verleihen der Trägerscheibe eine gefäßartige Gestalt, welche die durch den additiven Fertigungsschritt eingebrachte Kontaktschicht in Radialrichtung einfasst. Insbesondere bei Anwendungsfällen mit hohen Druckbeanspruchungen kann hierdurch ein Zerdrücken der Kontaktschicht vermieden werden, da die Randabschnitte eine Materialverdrängung verhindern.
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Vorzugsweise weist die Trägerscheibe der Anlaufscheibe eine Blechdicke von weniger als 1 mm auf. Diese Blechdicke ist hinreichend, um einerseits unter Einbeziehung der aufzubringenden Kontaktschicht eine möglichst dünne Anlaufscheibe zu schaffen, welche andererseits auch hinreichend stabil ist, um die bestimmungsgemäße Funktion auszuführen. Eine seitens der Anlauffläche ebene Anlaufscheibe für normale Belastungssituationen kann bereits mit Trägerscheiben von weniger als 0,5 mm hergestellt werden. Die hierauf aufzubringende Kontaktschicht muss dabei mindestens so dick ausgeführt werden, dass die Welligkeit der vorzugsweise ausgestanzten Trägerscheibe hiermit ausgeglichen wird.
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Weitere, die Erfindung verbessernde Maßnahmen werden gemeinsam mit der Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand der Figuren näher dargestellt. Es zeigt:
- 1 einen Teilschnitt durch ein Planetengetriebe im Bereich eines exemplarischen Planetenrades, welches über Anlaufscheiben mit einem Planetenträger zusammenwirkt,
- 2 einen schematischen Längsschnitt durch eine Anlaufscheibe gemäß einer ersten Ausführungsform, und
- 3 einen schematischen Längsschnitt durch eine Anlaufscheibe gemäß einer zweiten Ausführungsform.
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Nach 1 umfasst ein Planetengetriebe, welches mit oder ohne Hohlrad ausgebildet sein kann, ein - hier exemplarisch veranschaulichtes - Planetenrad 1, das über einen Planetenbolzen 2 drehbar an einem Planetenträger 3 gelagert ist. Das Planetenrad 1 ist über eine Wälzlagerung 4 drehbar gegenüber dem Planetenbolzen 2 angeordnet. Die Wälzlagerung 4 ist bei diesem Ausführungsbeispiel nach Art einer Nadellagerung ausgeführt.
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Zwischen beiden Wangen 3a und 3b des Planetenträgers 3 und dem hiervon in Axialrichtung eingeschlossenen Planetenrad 1 sind zu beiden Stirnseiten Anlaufscheiben 5, 5` angeordnet. Die beiden Anlaufscheiben 5 und 5` sind über einen zentralen Durchbruch auf den Planetenbolzen 2 aufgesteckt.
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Die beiden Anlaufscheiben 5 und 5` bestehen aus zwei verschiedenen Materialkomponenten, welche durch ein additives Fertigungsverfahren, hier 3D-Druck, miteinander eine unlösbare Einheit bilden. Dabei können in einem Planetengetriebe gleichartige oder auch verschiedenartige Anlaufscheiben 5 beziehungsweise 5` miteinander kombiniert werden.
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Gemäß eines in 2 dargestellten ersten Ausführungsbeispiels einer Anlaufscheibe 5 besteht diese aus einer kreisringförmigen Trägerscheibe 6 sowie einer hierauf durch 3D-Druck aufgebrachten Kontaktschicht 7, welche dem - hier nicht weiter dargestellten - Planetenrad 1 zugewandt ist. Bei diesem Ausführungsbeispiel besteht die Trägerscheibe 6 aus einem ausgestanzten dünnen Edelstahlblech. Hierauf ist die aus einem Metallmaterial bestehende Kontaktschicht 7 durch 3D-Druck derart aufgebracht, dass eine stoffschlüssige Bauteilverbindung entsteht. Die Anlaufscheibe 5 dieses Ausführungsbeispiels zeichnet sich durch eine minimale Gesamtdicke aus.
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Gemäß eines in 3 illustrierten anderen Ausführungsbeispiels eine Anlaufscheibe 5', weist deren Trägerscheibe 6` eine flache kreisringförmige Bodenfläche 8 auf, von der sich sowohl innenradial als auch außenradial je ein axialer Randabschnitt 9 bzw. 10 weg erstreckt. Die so geformte Trägerscheibe 6` bildet ein Bett für eine hierin per 3D-Druck eingebrachte Kontaktschicht 7, so dass diese in Radialrichtung begrenzt wird. Bei diesem Ausführungsbeispiel besteht die Kontaktschicht 7` aus einem Kunststoffmaterial. Weiterhin weist die Kontaktschicht 7` mehrere Ausnehmungen 13 (exemplarisch) auf, welche als Schmierstoffreservoir dienen.
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Die Erfindung ist nicht beschränkt auf die vorstehend beschriebenen bevorzugten Ausführungsbeispiele. Es ist vielmehr auch denkbar, dass andere Material- oder Formkombinationen gewählt werden. Die verschiedenen Varianten ergeben sich aus den herrschenden Belastungssituationen im Planetengetriebe. So ist die erste Variante einer Anlaufscheibe 5 eher für geringere Belastungssituationen geeignet, wohingegen die Variante der Anlaufscheibe 5` eher für höhere Belastungssituationen geeignet ist. Vorzugsweise werden Anlaufscheiben derselben Variante in einem Planetengetriebe verbaut; es ist jedoch auch denkbar, Anlaufscheiben unterschiedlicher Varianten in demselben Planetengetriebe zu verbauen, so wie dies vorstehend exemplarisch beschrieben worden ist.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Planetenrad
- 2
- Planetenbolzen
- 3
- Planetenträger
- 3a
- erste Wange des Planetenträgers
- 3b
- zweite Wange des Planetenträgers
- 4
- Wälzlagerung
- 5
- Anlaufscheibe
- 6
- Trägerscheibe
- 7
- Kontaktschicht
- 8
- Bodenfläche
- 9
- innenradialer Randabschnitt
- 10
- außenradialer Randabschnitt
- 11
- innenradiale Kontaktzone
- 12
- außenradiale Kontaktzone
- 13
- Ausnehmung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 10334880 A1 [0005]
- DE 19902565 A1 [0007]