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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Einstellung einer Dämpfkraft eines Stoßdämpfersystems eines Fahrzeugs.
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Aus dem Stand der Technik ist, wie in der
EP 2 022 655 B1 beschrieben, eine Steuer/Regelvorrichtung für einen Stoßdämpfer mit unterschiedlicher Dämpfung bekannt, umfassend ein Dynamikzustanderfassungmittel zum Erfassen eines dynamischen Zustands des Fahrzeugaufbaus, ein Straßenoberflächenzustandbestimmungsmittel zum Bestimmen eines Oberflächenzustands einer Straße, auf der das Fahrzeug fährt, ein Solldämpfkraftsetzmittel zum Setzen einer Solldämpfkraft des Dämpfers mit variabler Dämpfkraft basierend auf dem vom Dynamikzustanderfassungmittel erfassten dynamischen Zustand des Fahrzeugaufbaus, und ein Sollstromsetzmittel zum Setzen eines Sollstroms für den Dämpfer mit variabler Dämpfkraft basierend auf der vom Solldämpfkraftsetzmittel gesetzten Solldämpfkraft und einer Hubgeschwindigkeit des Dämpfers mit variabler Dämpfkraft. Die Steuer/Regelvorrichtung umfasst des Weiteren einen ersten Tiefpassfilter zum Abschneiden von hochfrequenten Komponenten des Sollstroms, einen zweiten Tiefpassfilter zum Abschneiden von hochfrequenten Komponenten des Sollstroms, wobei der zweite Tiefpassfilter eine andere Ansprechcharakteristik als der erste Tiefpassfilter hat, und ein Tiefpassfilterwählmittel zum Auswählen eines der ersten und zweiten Tiefpassfilter basierend auf dem vom Dynamikzustanderfassungsmittel erfassten dynamischen Zustand des Fahrzeugaufbaus und/oder dem vom Straßenoberflächenzustandbestimmungsmittel bestimmten Straßenoberflächenzustand.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein gegenüber dem Stand der Technik verbessertes Verfahren zur Einstellung einer Dämpfkraft eines Stoßdämpfersystems eines Fahrzeugs anzugeben.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zur Einstellung einer Dämpfkraft eines Stoßdämpfersystems eines Fahrzeugs mit den Merkmalen des Anspruchs 1.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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In einem Verfahren zur Einstellung einer Dämpfkraft eines Stoßdämpfersystems eines Fahrzeugs wird erfindungsgemäß mittels mindestens eines Beschleunigungssensors für einen vorgegebenen Zeitraum eine Vertikalbeschleunigung einer Fahrzeugkarosserie des Fahrzeugs im Bereich einer Sitzkonsole des Fahrzeugs ermittelt und aufgezeichnet. Aus der aufgezeichneten Vertikalbeschleunigung wird ein Frequenzspektrum ermittelt und es wird ein Anteilsverhältnis eines hochfrequenten Anteils zu einem niederfrequenten Anteil des Frequenzspektrums ermittelt. Eine Regelung der Dämpfkraft wird in Abhängigkeit vom ermittelten Anteilsverhältnis durchgeführt. Vorteilhafterweise wird bei einem Anteilsverhältnis oberhalb eines vorgegebenen Grenzwertes eine geringe Dämpfkraft eingestellt und bei einem Anteilsverhältnis unterhalb des vorgegebenen Grenzwertes eine große Dämpfkraft eingestellt.
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Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird eine Komfortverbesserung, insbesondere eine Erhöhung eines Schwingungskomforts, erreicht, da höherfrequente Anregungen dadurch weniger störend wahrgenommen werden.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden im Folgenden anhand von Zeichnungen näher erläutert.
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Dabei zeigen:
- 1 schematisch ein Diagramm mit einem Frequenzspektrum,
- 2 schematisch ein Diagramm mit weiteren Frequenzspektren, und
- 3 schematisch einen Ablaufplan eines Verfahren zur Einstellung einer Dämpfkraft eines Stoßdämpfersystems eines Fahrzeugs.
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Einander entsprechende Teile sind in allen Figuren mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
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Anhand der 1 bis 3 wird im Folgenden ein Verfahren zur Einstellung einer Dämpfkraft eines Stoßdämpfersystems eines Fahrzeugs beschrieben.
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Zur Steigerung eines Fahrkomforts sind bereits aktive und passive Dämpfersysteme bekannt. Bei aktiven Dämpfersystemen kann die Dämpfkraft durch elektrisch gesteuerte Ventile gezielt verändert werden. Das hier beschriebene Verfahren und System ermöglicht es, dabei zusätzlich ein Vertikalbeschleunigungsfrequenzspektrum, hervorgerufen durch ein Zusammenwirken von Fahrzeug und Straße, zu berücksichtigen und in eine Regelung der Dämpfkraft einzubeziehen. Dadurch kann gezielt ein so genannter Maskierungseffekt bei der menschlichen Wahrnehmung für die Dämpferregelung berücksichtigt werden. Bisherige Systeme, die nur darauf abzielen, einen auch als „Heben“ bezeichneten niederfrequenten Anteil NA des Vertikalbeschleunigungsfrequenzspektrums zu verringern, können dies nicht.
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Bei dem hier beschriebenen Verfahren wird mittels mindestens eines Beschleunigungssensors, welcher in der Lage ist, zumindest eine Beschleunigung in Z-Achsenrichtung des Fahrzeugs, d. h. in Vertikalrichtung, zu erfassen, vorzugsweise mittels mehrerer Beschleunigungssensoren, für einen vorgegebenen Zeitraum eine Vertikalbeschleunigung a einer Fahrzeugkarosserie des Fahrzeugs im Bereich einer Sitzkonsole des Fahrzeugs, insbesondere an einer Fahrersitzkonsole, ermittelt und aufgezeichnet. Aus der aufgezeichneten Vertikalbeschleunigung a wird, zweckmäßigerweise in einer Recheneinheit des Systems zur Durchführung des Verfahrens, ein Frequenzspektrum FS ermittelt, auch als Fourierspektrum bezeichnet. Dieses Frequenzspektrum FS ist somit das oben bereits erwähnte Vertikalbeschleunigungsfrequenzspektrum.
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1 zeigt ein Diagramm mit einem solchen Frequenzspektrum FS. Dieses Frequenzspektrum FS zeigt die Vertikalbeschleunigung a über der Frequenz f an und ist abhängig von einer Straßenbeschaffenheit und einer Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs.
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Es besteht typischerweise aus einem niederfrequenten Anteil NA, insbesondere unterhalb von ca. 4 Hz, und einem im Vergleich dazu höherfrequenten Anteil ca. zwischen 4 Hz und 30 Hz, im Folgenden als hochfrequenter Anteil HA bezeichnet. Dieser Begriff hochfrequenter Anteil HA bezieht sich somit nicht auf den Fachbegriff Hochfrequenz, sondern auf die im Vergleich zum niederfrequenten Anteil NA höhere Frequenz f des hochfrequenten Anteils HA.
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Eine aus dem niederfrequenten Anteil NA resultierende niederfrequente Anregung wird auch als „Heben“ bezeichnet, während eine aus dem hochfrequenten Anteil HA resultierende entsprechende höherfrequente Anregung auch als „Stuckern“ bezeichnet wird. Aus dem Frequenzspektrum FS werden die beiden Flächen unter der Beschleunigungskurve, welche der niederfrequenten Anregung, d. h. dem „Heben“, und der höherfrequenten Anregung, d. h. dem „Stuckern“, entsprechen, berechnet, d. h. die Stuckerfläche und die Hebefläche.
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Anschließend wird, insbesondere in der Recheneinheit, ein Anteilsverhältnis V des hochfrequenten Anteils HA zum niederfrequenten Anteil NA des Frequenzspektrums FS ermittelt, d. h. das Verhältnis von „Stuckern“ zu „Heben“. Die Regelung der Dämpfkraft erfolgt dann in Abhängigkeit von der Größe dieses Anteilsverhältnisses V, insbesondere in der Weise, dass bei einem großen Wert, zum Beispiel bei einem Anteilsverhältnis V „Stuckern“ zu „Heben“ von größer als 2, die Dämpfkraft gering eingestellt wird, d. h. eine weiche Dämpfereinstellung, während bei einem kleinen Wert, zum Beispiel bei einem Anteilsverhältnis V „Stuckern“ zu „Heben“ von kleiner als 2, die Dämpfkraft erhöht wird, d. h. eine harte Dämpfereinstellung.
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Es ist somit vorteilhafterweise vorgesehen, dass bei einem Anteilsverhältnis V oberhalb eines vorgegebenen Grenzwertes GW eine geringe Dämpfkraft gF eingestellt wird und bei einem Anteilsverhältnis V unterhalb des vorgegebenen Grenzwertes GW eine große Dämpfkraft GF eingestellt wird, wobei der Grenzwert GW des Anteilsverhältnisses V beispielsweise bei 2 liegt.
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Dies ist in 2 schematisch dargestellt. Hier ist ein erstes Frequenzspektrum FS1 dargestellt, welches bei einem großen Anteilsverhältnis V „Stuckern“ zu „Heben“, insbesondere von größer als 2, und einer daraus mittels des Verfahrens resultierenden weichen Dämpfereinstellung auftritt, und es ist ein zweites Frequenzspektrum FS2 dargestellt, welches bei einem kleinen Anteilsverhältnis V „Stuckern“ zu „Heben“, insbesondere von kleiner als 2, und einer daraus mittels des Verfahrens resultierenden harten Dämpfereinstellung auftritt. Im Vergleich dazu ist ein drittes Frequenzspektrum FS3 dargestellt, welches bei diesem kleinen Anteilsverhältnis V „Stuckern“ zu „Heben“, insbesondere von kleiner als 2, auftritt, wenn die Dämpfkraft nicht mittels des Verfahrens angepasst wird, d. h. wenn keine harte Dämpfereinstellung erfolgt.
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Dieser Regelung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass die menschliche Wahrnehmung empfindlicher gegenüber höherfrequenten Anregungen ist, wenn wenig niederfrequente Anregung vorhanden ist, d. h. wenn das Anteilsverhältnis V „Stuckern“ zu „Heben“ groß ist, insbesondere größer als 2, wie bei dem ersten Frequenzspektrum FS1 in 2. Der dann ohnehin bereits geringe niederfrequente Anteil NA sollte in diesem Fall also nicht durch starke Dämpfung noch mehr verringert werden.
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Wenn dagegen viel niederfrequente Anregung vorhanden ist, d. h. wenn das Anteilsverhältnis V „Stuckern“ zu „Heben“ klein ist, insbesondere kleiner als 2, wie bei dem dritten Frequenzspektrum FS3 in 2, dann kann die Dämpfung erhöht werden und damit der niederfrequente Anteil NA verringert werden, ohne dass dies störend bei den höherfrequenten Anregungen wahrgenommen wird. Dies wird mittels des hier beschriebenen Verfahrens umgesetzt. Es wird dann das in 2 dargestellte zweite Frequenzspektrum FS2 erreicht.
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Die Tatsache, dass die Wahrnehmung der höherfrequenten Anregungen durch die niederfrequenten Anregungen beeinflusst wird, nennt man „Maskierungseffekt“, d. h. höherfrequente Anregungen werden bei gleichzeitigen starken niederfrequenten Anregungen von diesen „maskiert“, also nicht mehr so deutlich wahrgenommen. Dies wird mittels des hier beschriebenen Verfahrens zur Komfortverbesserung genutzt, insbesondere indem, wenn nur wenig niederfrequente Anregungen vorhanden sind, diese nicht durch starke Dämpfung noch mehr verringert werden. Mittels des hier beschriebenen Verfahrens werden somit die niederfrequenten Anregungen nur dann verringert, wenn deren Anteil am Frequenzspektrum FS relativ groß ist, wie im Vergleich des zweiten und dritten Frequenzspektrums FS2, FS3 in 2 ersichtlich, so dass dann auch dieser reduzierte Anteil der niederfrequenten Anregungen noch groß genug ist, um die höherfrequenten Anregungen zu maskieren.
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Auf diese Weise werden mittels des hier beschriebenen Verfahrens somit die höherfrequenten Anregungen auch dann noch durch die niederfrequenten Anregungen maskiert, wenn nur wenig niederfrequente Anregungen vorhanden sind, da diese nicht weiter verringert werden. Des Weiteren werden jedoch mittels des hier beschriebenen Verfahrens, wenn ein großer Anteil niederfrequenter Anregungen vorhanden ist, diese verringert, wobei der Anteil der niederfrequenten Anregungen auch dann noch groß genug ist, um die höherfrequenten Anregungen weiterhin zu maskieren, so dass dann der Komfort durch die verringerten niederfrequenten Anregungen verbessert wird und die Wahrnehmung der höherfrequenten Anregungen weiterhin maskiert wird, wodurch eine gleichzeitige Komfortverschlechterung durch die höherfrequenten Anregungen vermieden wird. Somit wird insgesamt eine Komfortverbesserung erreicht.
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Zusammengefasst werden somit, wie in 3 in einem Ablaufplan des Verfahrens gezeigt, folgende Schritte abgearbeitet:
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Nach einem Start S des Verfahrens wird aus der mittels des mindestens einen Beschleunigungssensors über den vorgegebenen Zeitraum ermittelten und aufgezeichneten Vertikalbeschleunigung a, d. h. aus den ermittelten und aufgezeichneten Vertikalbeschleunigungswerten, das Frequenzspektrum FS ermittelt.
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Anschließend wird das Anteilsverhältnis V des hochfrequenten Anteils HA zum niederfrequenten Anteil NA des Frequenzspektrums FS ermittelt, d. h. das Anteilsverhältnis V „Stuckern“ zu „Heben“ und somit das Anteilsverhältnis V der Stuckerfläche zur Hebefläche unter der Beschleunigungskurve des Frequenzspektrums FS.
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Danach erfolgt eine Prüfung, ob dieses Anteilsverhältnis V groß oder klein ist, d. h. ob das Anteilsverhältnis V oberhalb des vorgegebenen Grenzwertes GW von beispielsweise 2 liegt oder nicht. Ist dies der Fall, hier dargestellt durch das Bezugszeichen j für ja, dann wird eine geringe Dämpfkraft gF eingestellt, d. h. es erfolgt eine weiche Dämpfereinstellung. Ist dies nicht der Fall, hier dargestellt durch das Bezugszeichen n für nein, dann wird eine große Dämpfkraft GF eingestellt, d. h. es erfolgt eine harte Dämpfereinstellung.
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Dieser Verfahrensablauf, d. h. der dargestellte Ablaufplan des Ablaufs des Verfahrens, kann kontinuierlich wiederholt werden, wie anhand der zum Start S zurückführenden Schleife gezeigt, damit die Dämpfung, d. h. die Dämpfereinstellung, insbesondere die Dämpfkraft, ständig an die Straßenverhältnisse angepasst wird.
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Diese mittels des Verfahrens durchgeführte Regelung der Dämpfkraft kann einer bereits vorgesehenen anderen Regelung der Dämpfkraft überlagert werden, um eine Verbesserung des Schwingungskomforts des Fahrzeugs zu erreichen.
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Das beschriebene Verfahren kann beispielsweise, alternativ oder zusätzlich zur Fahrersitzkonsole, bei Bedarf auch auf andere Sitzkonsolen oder Positionen des Fahrzeugs angewandt werden, insbesondere indem das Verfahren dann mittels mindestens eines entsprechenden Beschleunigungssensors durchgeführt wird, welcher im Bereich der jeweiligen anderen Sitzkonsole des Fahrzeugs oder Position im Fahrzeug angeordnet ist.
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In einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens kann auch vorgesehen sein, dass die Dämpfkraftverstellung kontinuierlich in Abhängigkeit des Anteilsverhältnis V des hochfrequenten Anteils HA zum niederfrequenten Anteil NA des Frequenzspektrums FS, d. h. kontinuierlich in Abhängigkeit des Anteilsverhältnisses V „Stuckern“ zu „Heben“, erfolgt und nicht nur zwischen weich und hart, d. h. zwischen der geringen Dämpfkraft gF und der großen Dämpfkraft GF, unterschieden wird.
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Durch das beschriebene Verfahren werden höherfrequente Anregungen von Fahrzeuginsassen weniger störend wahrgenommen. Es wird somit eine Erhöhung des Schwingungskomforts erreicht.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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