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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Rückbau einer großtechnischen Anlage, wie beispielsweise ein Nuklearkraftwerk. Weiterhin betrifft die Erfindung ein mobiles Leittechniksystem.
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Der Rückbau bzw. Abriss einer großtechnischen Anlage stellt meist eine besondere Herausforderung dar und ist kostenintensiv, sowie ressourcen- und zeitaufwendig. Grund dafür sind einerseits die Komplexität und Vielzahl der unterschiedlichen Systeme und Komponenten, sowie die beim Rückbau einzuhaltenden Prozesse und Sicherheitsbestimmungen. In Nuklearkraftwerksanlagen sind beispielsweise alle sicherheitsrelevanten Systeme und Komponenten mehrfach redundant und diversitär ausgelegt, und verfügen dadurch über eine Vielzahl an Haupt-, Hilfs- und Nebensysteme bzw. Komponenten.
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Was den Rückbau darüber hinaus erschwert ist die Situation, dass solche komplexe Anlagen nicht einfach abgeschaltet werden können, sondern nur schrittweise sukzessiv zurückgefahren und zurückgebaut werden können.
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Geht beispielsweise ein Nuklearkraftwerk aus dem Leistungsbetrieb für einen geplanten Rückbau vom Stromnetz, muss es in einem Nachbetrieb geführt werden, um den Betrieb aller sicherheitsrelevanten Systeme weiterhin sicherstellen zu können. Zu den sicherheitsrelevanten Systemen gehören beispielsweise die Schaltanlagen, die Warte, der Batterieraum, die Drucklufterzeugung, die Klima-Lüftungsanlagen und die Wasseraufbereitung. Diese Systeme und Komponenten sind für den originären Leistungsbetrieb des Nuklearkraftwerks ausgelegt, ebenso wie die Kabel- und Rohrleitungsstraßen, die sich über die gesamte Anlage erstrecken.
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Obwohl im Nachbetrieb nur noch die sicherheitsrelevanten Systeme weiterhin benötigt werden, sind noch alle Systeme und Komponenten mit der Schaltanlage und der Warte verbunden. Ein Rückbau wird durch die bestehenden Strukturen stark behindert.
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Der hohe elektrische Eigenbedarf dieser Systeme und Komponenten im Nachbetrieb führt einerseits zu hohen Stromkosten, die vom Betreiber aus dem Stromnetz bezogen und bezahlt werden müssen. Andererseits stören diese Systeme und Komponenten einen effizienten Rückbau und führen zu langen Rückbauzeiträumen, was hohe Mehrkosten verursacht.
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Aufgabe der Erfindung ist es ein Verfahren anzugeben, durch welches der Rückbau einer großtechnischen Anlage effizienter gestalten werden kann, wobei die Rückbauzeit verkürzt, und der Strombedarf im Nachbetrieb verringert wird. Weiterhin ist es Aufgabe der Erfindung ein mobiles Leittechniksystem anzugeben durch den der Rückbau einer großtechnischen Anlage effizienter und kostengünstiger gestalten werden kann.
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Die auf ein Verfahren gerichtete Aufgabe der Erfindung wird gelöst durch das Verfahren zum Rückbau einer großtechnischen Anlage gemäß Anspruch 1.
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Die großtechnische Anlage, welche vorzugsweise ein Nuklearkraftwerk ist, umfasst ein stationäres Leittechniksystem und eine Anzahl an stationären Komponenten, die für den Leistungsbetrieb der großtechnischen Anlage ausgelegt und die über ein Kabel- und Rohrleitungssystem mit dem stationären Leittechniksystem verbunden sind. In einem ersten Schritt a) wird ein mobiles Leittechniksystem bereitgestellt, welches auf den Betriebsumfang der stationären Komponenten im Nachbetrieb ausgelegt ist, und über eine separate Verbindung mit den stationären Komponenten verbunden wird. Im folgenden Schritt b) wird die Steuerung der großtechnischen Anlage von dem stationären Leittechniksystem auf das mobile Leittechniksystem übertragen, und das stationäre Leittechniksystem abgeschaltet und rückgebaut. Im nachfolgenden Schritt c) werden die stationären Komponenten sukzessive abgeschaltet die großtechnische Anlage somit rückgebaut.
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Die Erfindung geht von der Erkenntnis aus, dass das originäre, stationäre Leittechniksystem für den Nachbetrieb überdimensioniert ist. Durch ein frühzeitiges Abschalten des stationären Leittechniksystems kann somit erheblich an Kosten eingespart werden. Die Kostenersparnis ergibt sich insbesondere durch eine Reduzierung des Personals in der Warte, welches für die Steuerung des Leittechniksystems erforderlich ist. Weiterhin ist eine Kosteneinsparung dadurch erzielt, dass das mobile Leittechniksystem wesentlich kleiner ausgeführt werden kann, als das stationäre Leittechniksystem, da das mobile Leittechniksystem lediglich für den Nachbetrieb ausgelegt sein muss. Durch die Verkleinerung des Leittechniksystems kann der elektrische Eigenbedarf für die Leittechnik reduziert werden.
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Das mobile Leittechniksystem wird vorzugsweise in einem standardisierten ISO Container untergebracht. Die Installation in einem Container erleichtert den Transport. Auch ist es möglich, das mobile Leittechniksystem mehrfach zu verwenden. Die Container können im Werk kostengünstig ausgerüstet, getestet und auch für Betreiberschulungen verwendet werden.
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Da das mobile Leittechniksystem lediglich den Nachbetrieb steuern muss, kann ein Leittechniksystem zum Einsatz kommen, welches beispielsweise für konventionelle Kraftwerksanlagen (z.B. Gas- oder Kohlekraftwerk) vorgesehen ist, in dem also auf besondere Sicherheitsfunktionen, die im Nuklearbetrieb erforderlich sind, verzichtet werden kann. Dies vereinfacht das System und die Steuerung erheblich, und verringert das für die Steuerung erforderliche Personal.
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In einer vorteilhaften Weiterentwicklung des Verfahrens werden in Schritt c) zusätzlich mobile Komponenten, welche auf den Betriebsumfang im Nachbetrieb ausgelegt sind, bereitgestellt, und über eine separate Verbindung mit dem mobilen Leittechniksystem und den Anschlüssen der stationären Komponenten der großtechnischen Anlage verbunden. Anschließend wird der Betrieb von den stationären Komponenten auf die mobilen Komponenten umgeschaltet, sodass die stationären Komponenten sukzessive abschaltet und rückgebaut werden können.
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Die mobilen Komponenten übernehmen nach dem Abschalten und Rückbau die Funktion der stationären Komponenten. Da die mobilen Komponenten speziell für den Nachbetrieb ausgelegt sind, können diese kleiner und effizienter ausgelegt werden. Somit kann nach erfolgter Übernahme der Funktion durch die mobilen Komponenten erheblich an Energie und Kosten eingespart werden. Da die stationären Komponenten ohne Rücksicht auf andere Systeme oder Komponenten abgeschaltet werden können, wird zudem die Rückbauzeit deutlich verkürzt.
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Bei den mobilen Komponenten handelt es sich um Haupt- und Nebenkomponenten sowie -Systeme, wie Schaltanlagen, Drucklufterzeugungsanlagen, Pufferbatterien, Kühlwasserpumpe, Notstromversorgung- und HVAC-Anlagen, Brandmeldeanlagen, Strahlungsmessung, Kühlsysteme, Lüftungs- und Wasseraufbereitungsanlagen.
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Insbesondere die Kühlwasserpumpe, Drucklufterzeugungsanlagen, die Notstromversorgung- und HVAC-Anlagen und die Wasseraufbereitungsanlagen können wesentlich kleiner ausgelegt und durch mobile Komponenten ersetzt werden, was eine drastische Stromersparnis bewirkt.
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Die mobilen Komponenten sind ebenfalls vorzugsweise in einem ISO Container untergebracht, und speziell für den Funktionsumfang im Nachbetrieb ausgelegt. Durch die komplette Übernahme sämtlicher Funktionen einer stationären Komponente durch eine mobile Komponente, kann die stationäre Komponente zurück gebaut werden, ohne dass der Nachbetrieb der Gesamtanlage gestört wird.
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In einer besonderen Weiterentwicklung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist die separate Verbindung ein Kabel- und Rohrleitungssystem, welches derart an Boden, Wand oder Decke der großtechnischen Anlage verlegt ist, dass Rückbauarbeiten an den stationären Komponenten nicht behindert werden. Auch die Anschlüsse an der Verbindung werden derart ausgeführt, dass Rückbauarbeiten nicht behindert werden.
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Bei einer weiteren vorteilhaften Weiterentwicklung des erfindungsgemäßen Verfahrens, ist das mobile Leittechniksystem derart konfiguriert, dass eine durch den Rückbau bedingte Abschaltung einer stationären Komponente im mobilen Leittechniksystem nicht als Fehler erkannt wird.
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Dies hat den Vorteil, dass stationäre Komponenten der großtechnischen Anlage abgeschaltet und zurück gebaut werden können, ohne dass dies zu einem Fehler oder einer Störung innerhalb des mobilen Leittechniksystems kommt. Dazu ist das mobile Leittechniksystem in einer Weise eingerichtet, dass es die Existenz einer mobilen Komponente erkennt, die den Betrieb einer stationären Komponente übernommen hat, was eine Fehlermeldung verhindert.
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Die auf eine Vorrichtung gerichtete Aufgabe der Erfindung ist gelöst durch ein mobiles Leittechniksystem für Rückbau einer großtechnischen Anlage, insbesondere eines Nuklearkraftwerks. Die großtechnische Anlage umfasst ein stationäres Leittechniksystem und eine Anzahl an stationären Komponenten, die für den Leistungsbetrieb der großtechnischen Anlage ausgelegt und die über ein Kabel- und Rohrleitungssystem mit dem stationären Leittechniksystem verbunden sind. Die Erfindung kennzeichnet sich dadurch, dass das mobile Leittechniksystem auf den Betriebsumfang der stationären Komponenten im Nachbetrieb ausgelegt ist, und über eine separate Verbindung mit den stationären Komponenten verbunden ist, und das die Steuerung der großtechnischen Anlage von dem stationären Leittechniksystem auf das mobile Leittechniksystem umschaltbar ist, sodass das stationäre Leittechniksystem abgeschaltet und die großtechnische Anlage rückbaubar ist.
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Die Vorteile der erfindungsgemäßen Vorrichtung ergeben sich analog aus dem erfindungsgemäßen Verfahren.
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In einer vorteilhaften Weiterentwicklung umfasst das mobile Leittechniksystem mobile Komponenten, welche auf den Betriebsumfang im Nachbetrieb ausgelegt sind, und die über eine separate Verbindung mit dem mobilen Leittechniksystem und den Anschlüssen der stationären Komponenten der großtechnischen Anlage verbunden sind. Die betriebliche Funktion der stationären Komponente ist auf die mobile Komponente umschaltbar, sodass die stationären Komponenten abgeschaltet und dadurch sukzessive rückbaubar sind.
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Die mobilen Komponenten sind Schaltanlagen, Drucklufterzeugungsanlagen, Pufferbatterien, Notstromversorgung- HVAC-Anlagen, Brandmeldeanlagen, Strahlungsmessung, Kühlsysteme, Lüftungs- und Wasseraufbereitungsanlagen, oder Kabel- und Rohrleitungstrassen.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung des mobilen Leittechniksystems ist die separate Verbindung ein Kabel- oder eine Rohrleitungsstraße, die derart an Boden, Wand oder Decke der großtechnischen Anlage verlegt ist, dass Rückbauarbeiten der Haupt- und Nebenkomponenten nicht behindert werden.
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Bei einer besonders vorteilhaften Weiterentwicklung des mobilen Leittechniksystems, ist das stationäre Leittechniksystem derart konfektioniert, dass eine durch den Rückbau bedingte Abschaltung einer Komponente im mobilen Leittechniksystem nicht als Fehler erkannt wird. Im Folgenden wird die Erfindung anhand von Figuren näher beschrieben. Darin zeigt:
- 1 Eine großtechnische Anlage vor dem Abschalten und Rückbau
- 2 Eine großtechnische Anlage, bei der der Rückbau gemäß der Erfindung mit einem mobilen Leittechniksystem vorbereitet und durchgeführt wird
- 3 Eine Weiterentwicklung der Erfindung mit mobilen Komponenten
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1 zeigt eine schematische Darstellung einer großtechnische Anlage 1, wie beispielsweise ein Nuklearkraftwerk. Die großtechnische Anlage 1 umfasst ein stationäres Leittechniksystem 2 und eine Anzahl an stationären Komponenten 3, die für den Leistungsbetrieb der großtechnischen Anlage 1 ausgelegt sind. Bei den stationären Komponenten kann handelt es sich beispielsweise um Schaltanlagen, Drucklufterzeugungsanlagen, Pufferbatterien, Notstromversorgung- HVAC-Anlagen, Brandmeldeanlagen, Strahlungsmessung, Kühlsysteme, Lüftungs- und/oder Wasseraufbereitungsanlagen. Die stationären Komponenten 3 sind über ein Kabel- und Rohrleitungssystem 4 mit dem stationären Leittechniksystem 2 verbunden.
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In diesem Zustand befindet sich die großtechnische Anlage 1, wenn sie für den Rückbau vorbereitet wird, also von dem Leistungsbetrieb auf den Nachbetrieb umgeschaltet wird. Das stationäre Leittechniksystem 2 sowie die stationären Komponenten müssen nach wie vor von Personal betrieben und mit Netzstrom versorgt werden.
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In 2 ist ein Zustand der großtechnische Anlage 1 gezeigt, in dem der Rückbau gemäß Schritt a) und b) des erfindungsgemäßen Verfahrens vorbereitet wird. Dazu wird ein mobilen Leittechniksystems 5 bereitgestellt, welches auf den Betriebsumfang der stationären Komponenten 3 im Nachbetrieb ausgelegt ist. Das mobile Leittechniksystem 5 ist dabei derart konfiguriert, dass eine durch den Rückbau bedingte Abschaltung einer stationären Komponente 3 im mobilen Leittechniksystem 5 nicht als Fehler erkannt wird.
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Das mobile Leittechniksystem 5 wird über eine separate Verbindung 6 mit den stationären Komponenten 3 verbunden. Die separate Verbindung 6 ist ein Kabel- oder ein Rohrleitungssystem welches an Boden, Wand oder Decke der großtechnischen Anlage 1 so verlegt ist, dass Rückbauarbeiten der stationären Komponenten 3 nicht behindert werden.
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Anschließend wird die Steuerung der großtechnischen Anlage 1 von dem stationären Leittechniksystem 2 auf das mobile Leittechniksystem 5 umgeschaltet. Infolgedessen kann das Kabel- und Rohrleitungssystem 4 zwischen stationärem Leittechniksystem 2 und stationären Komponenten 3 getrennt und rückgebaut werden. Die Steuerung der stationären Komponenten 3 übernimmt nun das mobile Leittechniksystem. Die Funktion des Kabel- und Rohrleitungssystems 4 wird durch die separate Verbindung 6 übernommen. Das stationäre Leittechniksystem 2 kann nun abgeschaltet und rückgebaut werden, was am stationären Leittechniksystem 2 schematisch dargestellt ist. Durch die Abschaltung des stationären Leittechniksystems 2 können Personal- und Stromkosten reduziert werden.
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In einem weiteren, hier nicht gezeigten Zustand der großtechnischen Anlage 1, gemäß Schritt c) werden die stationären Komponenten 3 sukzessive abgeschaltet und rückgebaut, bis der Rückbau der großtechnischen Anlage 1 abgeschlossen ist. Anschließend kann das mobile Leittechniksystem wieder entfernt und einer neuen Verwendung zugeführt werden.
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3 zeigt eine vorteilhafte Weiterentwicklung der Erfindung, bei der ausgehend von der Konfiguration in 2, zusätzlich mobile Komponenten 7 bereitgestellt werden. Bei den mobilen Komponenten 7 handelt es sich beispielsweise um Schaltanlage oder Batterien, die in ihrem Betriebsumfang auf den Nachbetrieb der großtechnischen Anlage 1 ausgelegt sind. Für den einfachen Transport und um eine erneute Nutzung zu ermöglichen, sind diese in einem ISO Containern untergebracht. Die mobilen Komponenten 7 sind mit dem mobilen Leittechniksystem 5 und den stationären Komponenten 3 der großtechnischen Anlage 1 über eine separate Verbindung 6 verbunden, welche gemäß Schritt cl) das Kabel- und Rohrleitungssystem 4 ersetzt.
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Zunächst wird wie in Zusammenhang mit 2 erläutert, Schritt a) und b) durchgeführt, und die Steuerung auf das mobile Leittechniksystem 5 übertragen und das stationäre Leittechniksystem 2 abgeschaltet. In einem weiteren Schritt c2) wird der Betrieb von den stationären Komponenten 3 schrittweise auf die mobilen Komponenten 7 übertragen, sodass die stationären Komponenten sukzessive abgeschaltet und rückgebaut werden können.
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Die mobile Komponente 7 wird im Folgenden am Beispiel einer Schaltanlage betrachtet. Dazu wird zunächst eine mobile Schaltanlage, vorzugsweise in einem ISO Container bereitgestellt. Im Vergleich zu der stationären Schaltanlage, die für den Leistungsbetrieb ausgelegt ist, ist die mobile Schaltanlage lediglich für den Nachbetrieb ausgelegt. Dadurch kann sie wesentlich kleiner ausgelegt werden, wodurch sie erheblich weniger elektrische Energie benötigt.
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Gemäß Schritt c2) wird der Betrieb der stationären Schaltanlage auf die mobile Schaltanlage umgeschaltet. Dadurch können nun die Kabel- und Rohrleitungssysteme, welche das stationäre Leittechniksystem 2 und die stationäre Schaltanlage verbinden, demontiert und rückgebaut werden. Anschließend oder parallel dazu kann die stationäre Schaltanlage abgeschaltet und zurückgebaut werden.
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Durch die Erfindung wird ein Verfahren und eine Vorrichtung vorgeschlagen, durch welche eine großtechnische Anlage, wie ein Nuklearkraftwerk, wesentlich schneller und kostengünstiger rückzubaut werden kann.