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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Radschüssel, aufweisend einen Außenbereich mit einem zumindest abschnittsweise umlaufenden Radschüssellappen, welcher zur form-, kraft- und/oder stoffschlüssigen Anbindung an einen Felgenring zur Bildung eines Fahrzeugrades vorgesehen ist, einen Innenbereich mit einem Radanlagebereich, in welchem mehrere Anbindungslöcher mit einer Lochgeometrie und/oder Anbindungssitzfläche zur Aufnahme von Befestigungsmitteln zur lösbaren Anbindung des Fahrzeugrades an eine Radnabe eines Fahrzeugs vorgesehen sind und dadurch einen Lochkreisdurchmesser abbilden, und einen den Außen- und den Innenbereich verbindenden Mittenbereich, in welchem mehrere Speichen in radialer Ausrichtung vorgesehen sind, sowie ein Verfahren zur Herstellung eines Fahrzeugrades.
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Technischer Hintergrund
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Fahrzeugräder bzw. Kraftfahrzeugräder sind Sicherheitsbauteile und müssen daher die hohen mechanischen und dynamischen Wechselbeanspruchungen im Fahrbetrieb dauerfest aufnehmen können. Konventionelle „Stahlräder“ in Blechbauweise bestehen üblicherweise aus einer Radschüssel (Radscheibe), welche die Verbindung zur Radnabe eines Fahrzeugs sicherstellt und einer Felge (Felgenring), welche den Reifen aufnimmt. Die Radkomponenten werden heutzutage auf Stufenpressen in mehreren Schritten (bis zu elf Stufen) durch Kaltumformung gefertigt. Dabei kommen bisher ausschließlich mikrolegierte Stähle (Baustahl, Feinkornstahl) und Dualphasen-Stähle mit einer Festigkeit von 400 bis 600 MPa zum Einsatz. Als Fügetechnik wird vorzugsweise eine MAG- Schweißung in Kombination mit einer Pressverbindung (Tiefbettfelge) vorgesehen.
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Das Gewicht der Fahrzeugräder wirkt sich als rotatorisch-bewegte Masse überproportional auf den Energieverbrauch der Fahrzeuge sowie zusätzlich auch auf die ungefederten Massen aus. Daher ist generell ein möglichst geringes Fahrzeugradgewicht bei idealerweise hoher Steifigkeit anzustreben. Gegenüber konventionell hergestellten Fahrzeugrädern kann weiteres Leichtbaupotenzial mit Stahl erschlossen werden, wenn zum einen Material mit höherer Festigkeit bzw. Schwingfestigkeit zur sicheren Aufnahme der Betriebslasten verwendet wird, und zum anderen Geometrieanpassungen, wie z.B. stärkere Verprägungen und Kragen zur Kompensierung der Steifigkeitsverluste aufgrund von geringeren Materialdicken umgesetzt werden können. Mit ansteigender Materialfestigkeit nimmt aber in der Regel auch die Kaltumformbarkeit konventioneller Stähle (Kohlenstoffstahl) ab, welche schon bei heutigen Radschüsseln annähernd ausgereizt ist. Somit stößt der Leichtbau mit kaltumformbaren und höherfesten Stählen auf Basis heutiger Fertigungskonzepte für Räder an technische Grenzen. Neben dem Gewicht der Räder spielt zudem bei Personenkraftwagen das Design eine wesentliche Rolle. Die Designfreiheit und Attraktivität bekannter Stahlräder ist daher ebenfalls mit konventionellen Bauweisen und Werkstoffen stark eingeschränkt.
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Neben dem sogenannten Kaltumformen wird unter anderem auch das sogenannte Warmumformen im Fahrzeug-/Karosseriebau angewandt, in Fachkreisen auch unter der indirekten oder direkten Warmumformung bekannt. Durch den Einsatz der Warmumformung kann die Anforderung nach einer hohen Umformbarkeit bei gleichzeitig hohen Festigkeiten der endgeformten Bauteile erfüllt werden. Entsprechende Umformverfahren, die unter Einbeziehung einer vorangehenden Wärmebehandlung des Werkstücks, beispielsweise in einem separaten Ofen erfolgen, sind aus dem Stand der Technik hinreichend bekannt, insbesondere das Warmumformen und Presshärten von Stahlblech. Allerdings ist der Einsatz der Warmumformung für maßgeblich zyklisch-belastete Bauteile aus Stahlblech, wie z.B. Querlenker, Räder, Achsträger, im automobilen Fahrzeugbau bisher nicht etabliert.
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Als Stand der Technik zur Blech-Warmumformung von Personenkraftwagenrädern beziehungsweise der entsprechenden Radschüsseln, welche zumindest bereichsweise pressgehärtet sein können, wird auf die Druckschriften
DE 10 2007 019 485 A1 ,
DE 10 2013 114 245 B3 und
DE 10 2014 108 901 B3 verwiesen. Der Fokus dieser Schriften liegt im Wesentlichen auf den lokalen mechanischen Bauteileigenschaften der Radschüssel nach der Warmumformung beziehungsweise Presshärtung, sowie entsprechenden Verfahrensschritten beziehungsweise Vorrichtungen zur Herstellung von Radschüsseln für Standard-Stahlräder ohne Designanspruch, welche in der Regel hinsichtlich der Kontur außerhalb der Radanlagefläche rotationssymmetrisch ausgeführt sind.
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In den Druckschriften
DE 11 2007 000 239 T5 sowie
EP 2 495 110 B1 sind Fahrzeugräder bzw. Verfahren zur Herstellung designoptimierter und/oder speichenförmiger Radschüsseln für Fahrzeugräder durch mehrstufige Kaltumformung mit entsprechenden Vorrichtungen beschrieben. Nachteilig ist bei diesen bekannten Verfahren die „hohe“ Blechdicke der Radschüssel von ca. 5,0 bis 6,5 mm, welche aufgrund der großflächigen Belüftungslöcher und Werkstoffeigenschaften strukturell erforderlich sind. Zudem ergibt sich auf Basis der Streck- und/oder Tiefziehverfahren eine starke Limitierung hinsichtlich weiterer Designoptimierungen aufgrund der fast vollständig ausgereizten Umformreserven in Kombination mit kritischen Blechausdünnungen in belastungskritischen Bereichen.
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Zusammenfassung der Erfindung
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Der Erfindung liegt somit die Aufgabe zu Grunde, ein geeignetes Verfahren zur Herstellung von designoptimierten und/oder speichenförmigen Radschüsseln für Fahrzeugräder, sowie ein Verfahren zur Herstellung eines Fahrzeugrades anzugeben, mit welchem ein Fahrzeugrad mit einer höheren Designfreiheit, Steifigkeit, Gewichtsreduzierung, Betriebsfestigkeit und Sicherheit insbesondere bei akzeptablen Fertigungskosten bereitgestellt werden kann.
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Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruches 1.
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Gemäß einer ersten Lehre betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung einer Radschüssel, aufweisend einen Außenbereich mit einem zumindest abschnittsweise, insbesondere einem vollständig umlaufenden Radschüssellappen, welcher zur form-, kraft- und/oder stoffschlüssigen Anbindung an einen Felgenring zur Bildung eines Fahrzeugrades vorgesehen ist, einen Innenbereich mit einem Radanlagebereich, in welchem mehrere Anbindungslöcher mit einer Lochgeometrie und/oder Anbindungssitzfläche zur Aufnahme von Befestigungsmitteln zur lösbaren Anbindung des Fahrzeugrades an eine Radnabe eines Fahrzeugs vorgesehen sind und dadurch einen Lochkreisdurchmesser abbilden, und einen den Außen- und den Innenbereich verbindenden Mittenbereich, in welchem mehrere Speichen in radialer Ausrichtung vorgesehen sind, umfassend die Schritte:
- - Bereitstellen eines Halbzeugs aus einem härtbaren Stahlblech,
- - Drückwalzen des Halbzeugs in eine tellerförmige Vorform, derart, dass an der tellerförmigen Vorform ein mittiger Zentralbereich mit einem Durchmesser und einem umlaufenden Kantenrand geformt wird, wobei die tellerförmige Vorform einen zwischen dem Zentralbereich und dem umlaufenden Kantenrand radial in Richtung des Kantenrands divergierenden Verlauf aufweist,
- - Kaltumformen der tellerförmigen Vorform in eine speichenförmige Radschüsselvorform,
- - zumindest teilweises oder vollständiges Erwärmen der speichenförmigen Radschüsselvorform auf eine Temperatur von mindestens AC1 und anschließendes zumindest bereichsweise Warmumformen und/oder zumindest teilweise Presshärten zu einer Radschüssel.
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Schwingfestigkeitsuntersuchungen der Erfinder haben gezeigt, dass härtbare Stahlwerkstoffe mit einer überwiegend martensitischen und/oder bainitischen Gefügestruktur, wie zum Beispiel Mangan-Bor-, Vergütungs- und luft- sowie ölhärtende Stähle, gegenüber den konventionell verwendeten Dualphasen- und mikrolegierten Stählen eine deutlich gesteigerte zyklische Biegewechselfestigkeit aufweisen und damit prinzipiell weiteren Leichtbau durch Blechdickenreduzierung der Radschüssel ermöglichen. Zudem kann durch die Blechdickenreduzierung positiv Einfluss auf das Design der Radschüssel genommen werden, da Radienübergänge kleiner dimensioniert werden können und damit das generelle Design anspruchsvoller gestaltet werden kann. Der Verarbeitungsmöglichkeit der direkten Blech-Warmumformung sind jedoch Grenzen gesetzt, wobei designoptimierte und/oder speichenförmige Radschüsseln mit akzeptabler Blechausdünnung nicht zufriedenstellend herstellbar sind.
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Durch das Drückwalzen des Halbzeugs, welches vorzugsweise als ebene Stahlblech-Platine bereitgestellt wird, wobei vorzugsweise die Blechdicke des Halbzeugs zwischen 2,5 und 10 mm liegt, insbesondere maximal 8 mm, vorzugsweise maximal 6 mm beträgt, kann verhindert werden, dass sich keine ungünstigen Zugspannungen bzw. Gefügestreckungen, wie sie im Vergleich zu konventionell geformten Radschüsseln entstehen, einstellen, die sich nachteilig auf eine Blechausdünnung respektive auf weitere Formgebungsprozesse auswirken können. Durch das Drückwalzen kann eine optimale, tellerförmige Vorform hergestellt werden, welche einen definierten Querschnitt und/oder eine definierte Kontur und/oder optional eine Blechdickenverteilung, insbesondere mit gezielter Materialeinbringung, wobei beispielsweise ein Blechdickenunterschied (zwischen minimaler und maximaler Blechdicke) entlang des Querschnitts der tellerförmigen Vorform, welcher maximal 50%, insbesondere maximal 35%, vorzugsweise maximal 20% beträgt, vorliegen kann, aufweisen. Das Drückwalzen erfolgt erfindungsgemäß derart, dass an der tellerförmigen Vorform ein mittiger Zentralbereich mit einem Durchmesser und einen umlaufenden Kantenrand geformt wird, wobei die tellerförmige Vorform einen zwischen dem Zentralbereich und dem umlaufenden Kantenrand radial in Richtung Kantenrand divergierenden Verlauf aufweist. Der Zentralbereich der tellerförmigen Vorform definiert den späteren Innenbereich respektive Radanlagebereich der finalen Radschüssel. Durch die vom Zentralbereich radial in Richtung des Kantenrandes divergierenden Verlauf liegt eine im Wesentlichen homogen und ausreichend verteilte Verformungsreserve vor, welche für die nachgelagerten Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens nutzbar ist, dadurch eine kritische Blechausdünnung im Wesentlichen verhindert werden kann und dadurch ein anspruchsvolles Design überhaupt erst möglich ist.
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Nachgelagerte Schritte, wie das Kaltumformen der tellerförmigen Vorform in eine speichenförmige Radschüsselvorform und optional ein Stanzen zur Ausbildung einer Vorform der Speichen, sind prozesssicher umsetzbar, da Materialreserven im Vergleich zur konventionellen Herstellung noch nicht aufgezehrt sind und somit Verformungsreserven zur Fertigung von kleinen Radienübergängen, die insbesondere zur anspruchsvollen Designgestaltung beitragen, bereitstehen. Insbesondere das Stanzen zur Ausbildung einer Vorform der Speichen kann zeitgleich oder zeitversetzt zur Kaltumformung der tellerförmigen Vorform in eine speichenförmige Radschüsselvorform erfolgen. Der Radschüssellappen im Außenbereich wird vorzugsweise während der Kaltumformung erzeugt bzw. abgestellt.
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Erfindungsgemäß wird die speichenförmige Radschüsselvorform zumindest teilweise oder vollständig auf eine Temperatur von mindestens AC1, vorzugsweise auf eine Temperatur von mindestens AC3, erwärmt bzw. durchwärmt und anschließend zumindest bereichsweise warmumgeformt und/oder zumindest teilweise pressgehärtet zu einer Radschüssel.
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Unter zumindest bereichsweise Warmumformen ist insbesondere ein Ausformen der speichenförmigen Radschüsselvorform in die gewünschte Endgeometrie (Sollgeometrie) der (finalen speichenförmigen) Radschüssel und/oder ein Kalibrieren in die Endgeometrie der Radschüssel zur Verbesserung der Maßhaltigkeit beziehungsweise Einhaltung von Toleranzen zu verstehen. In Kombination mit einem zumindest teilweisen Presshärten, insbesondere alternativ nur durch ein zumindest teilweises Presshärten einer kaltgeformten speichenförmigen Radschüsselvorform, wird ein finales Bauteil (Radschüssel) mit finalen mechanischen Eigenschaften und zumindest teilweise überwiegend martensitischer und/oder bainitischer Gefügestruktur in der Radschüssel bereitgestellt. Bei Bedarf kann die Radschüssel auch vollständig pressgehärtet werden. Eine überwiegend martensitische oder bainitische Gefügestruktur setzt einen Mindestanteil der Gefügephase einzeln oder in Kombination von mindestens 50 Flächen-%, insbesondere mindestens 60 Flächen-%, vorzugsweise mindestens 70 Flächen-%, besonders bevorzugt mindestens 80 Flächen-% voraus.
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Bei der Temperatur AC1 beginnt das Gefüge in Austenit umzuwandeln und liegt insbesondere vollständig austenitisch vor, wenn die Temperatur AC3 überschritten wird. Bevorzugt wird die Radschüsselvorform auf eine Temperatur von mindestens AC3 erwärmt, so dass im gesamten Bauteil ein im Wesentlichen austenitisches Gefüge vorliegt. AC1 und AC3 sind Kennwerte, welche abhängig von der Zusammensetzung (Legierungsbestandteile) des verwendeten Stahlwerkstoffs sind und aus sogenannten ZTA- bzw. ZTU-Schaubildern entnommen werden können. Das zumindest teilweise Presshärten erfolgt vorzugsweise in einer Vorrichtung, in welcher die zumindest bereichsweise Warmumformung durchgeführt wird, wobei die Vorrichtung in mindestens einem Bereich, in dem das Presshärten umgesetzt werden soll, insbesondere aktiv gekühlt wird, so dass eine rasche Abkühlung, insbesondere unterhalb von Mf (Martensit-Finish) durch Kontakt mit einem Werkzeug, insbesondere mit dessen Werkzeugoberfläche/- wirkfläche bewirkt wird, um Austenit in ein hartes Gefüge, welches insbesondere überwiegend Martensit und/oder Bainit aufweisen kann, umzuwandeln. Die erforderlichen Abkühlraten können in Abhängigkeit von dem gewünschten Gefüge ebenfalls aus ZTU-Schaubildern entnommen werden.
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Bei der Auswahl der härtbaren Stahlwerkstoffe in Verbindung mit der indirekten Warmumformung können konventionelle Fertigungsstraßen weiterhin genutzt werden und damit verbunden kostengünstig Einzelkomponenten für die Räderherstellung hergestellt werden, da die härtbaren Stahlwerkstoffe in ihrem Anlieferungszustand respektive kalten Verarbeitungszustand moderate Festigkeiten aufweisen, die mit den konventionell verwendeten Stahlwerkstoffen vergleichbar sind und dadurch vergleichbare, geeignete Verformungseigenschaften besitzen, welche insbesondere zum kalten Formen einer Radschüssel(vorform) geeignet sind. Das Potential der härtbaren Stahlwerkstoffe ist nach der kalten Formung noch nicht ausgeschöpft, so dass gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens das härtbare Stahlblech einen Kohlenstoffgehalt von mindestens 0,08 Gew.-%, insbesondere von mindestens 0,15 Gew.-%, vorzugsweise von mindestens 0,22 Gew.-% hat. Das bereitgestellte Stahlblech kann ein Einsatzstahl oder Vergütungsstahl, insbesondere der Güte C10, C15, C22, C55, C45, C55, C60 42CrMo4, ein manganhaltiger Stahl, insbesondere der Güte 8MnCrB3, 16MnB5, 16MnCr5, 17MnB3, 20MnB5, 22MnB5, 30MnB5, 37MnB4, 37MnB5, 40MnB4 oder ein lufthärtender Stahl, ein ölhärtender Stahl oder ein mehrschichtiger Stahl-Werkstoffverbund, beispielsweise mit drei Stahllagen, von denen mindestens eine der Lagen härtbar ist, sein.
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Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist der Durchmesser des Zentralbereichs der tellerförmigen Vorform größer als der Lochkreisdurchmesser. Durch den vorzugsweise im Wesentlich eben ausgeführten Zentralbereich können auf einfache Weise die Anbindungslöcher, insbesondere in einer Ebene, durch einen einfachen apparativen Aufbau eingebracht werden. Die Anbindungslöcher können während und/oder nach dem Drückwalzen eingebracht werden, wobei deren Anzahl maximal 10, insbesondere maximal 8, vorzugsweise maximal 6, vorzugsweise 4 oder 5 beträgt.
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Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird der Zentralbereich im Wesentlichen eben und mit einer Tiefe von mindestens 50%, insbesondere mindestens 65%, vorzugsweise mindestens 80% bezogen auf den höchsten Punkt der (finalen) Radschüssel beabstandet geformt. Es ist von Vorteil, wenn hohe Verformungsgrade respektive hohe Verformungstiefen, welche sich insbesondere nah an der Zieltiefe orientieren, kalt vorzuformen, da bei einer Warmumformung im Vergleich zur Kaltumformung je nach Komplexität, insbesondere je nach Verformungstiefe, die Gefahr eine Ausdünnung viel höher ist. Des Weiteren können durch die Erwärmung, insbesondere durch die Austenitisierung für die nachgelagerte Warmumformung kombiniert mit Presshärten, insbesondere nur durch Presshärten, mögliche Kaltverfestigungen, eingebracht durch die Kaltumformung, insbesondere zum Teil, beispielsweise vollständig wieder abgebaut werden.
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Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird ein Zentralloch, welches insbesondere von den Anbindungslöchern umgeben ist, während und/oder nach dem Drückwalzen, insbesondere zeitgleich oder zeitversetzt mit dem Einbringen der Anbindungslöcher, eingebracht. Das Zentralloch kann dabei eine oder mehrere Funktionen erfüllen. Zum einen kann es zur späteren Positionierung an eine Radnabe und/oder in einer Vorrichtung zum Warmumformen und Presshärten (Warmumform- und Presshärtewerkzeug) und/oder als Entlastungsloch insbesondere für den Materialfluss während der Formgebung dienen. Das Zentralloch kann auch einen abgewinkelten Flansch beispielsweise in Form eines Kragens, abschnittsweise oder vollständig umlaufend um das Zentralloch aufweisen.
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Gemäß einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird mindestens ein Bereich an der Radschüssel nicht pressgehärtet. Beispielsweise ist der Radschüssellappen der Radschüssel nicht pressgehärtet, um bei der Herstellung eines Fahrzeugrades insbesondere beim stoffschlüssigen Fügen, vorzugsweise beim Schweißen der Radschüssel an den Felgenring ein Ausbilden einer Erweichungszone zu vermeiden bzw. ein Erweichen in der Wärmeeinflusszone zu reduzieren, welche sich beim Vorliegen eines Härtegefüges ausbilden und eine metallurgische Kerbe definieren würde, die eine ausreichende Betriebsfestigkeit und/oder Stabilität des Gesamtrades nicht mehr sicherstellen könnte. Zudem kann es vorteilhaft sein, eine gewisse Duktilität im Bereich der Anbindung der Radschüssel vorzusehen, da bevorzugt ein Einpressen der Radschüssel erfolgt, welche bei einer zu geringen lokalen Verformbarkeit eine Vorschädigung bedingen könnte, welche unerwünscht ist.
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Gemäß einer zweiten Lehre betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines Fahrzeugrades, wobei ein Felgenring und eine erfindungsgemäß hergestellte Radschüssel bereitgestellt werden, wobei die Radschüssel stoff-, kraft- und/oder formschlüssig an den Felgenring angebunden wird. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die vorteilhaften Ausführungen zur Herstellung der Radschüssel verwiesen.
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Der bereitgestellte Felgenring ist vorzugsweise aus einem Halbzeug aus Stahlblech hergestellt, beispielsweise durch Kaltumformen und/oder Warmumformen mit zumindest teilweisen Presshärten.
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Figurenliste
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand von Zeichnungen näher erläutert. Gleiche Teile sind stets mit den gleichen Bezugszeichen versehen. Im Einzelnen zeigen:
- 1 eine seitliche Darstellung einer tellerförmigen Vorform,
- 2 eine perspektivische Darstellung einer tellerförmigen Vorform, sowie ein angedeuteter Verlauf der Kontur einer speichenförmigen Radschüsselvorform,
- 3 eine Draufsicht auf eine Radschüssel und
- 4 ein Ablaufschema zur Herstellung eines Fahrzeugrades.
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Beschreibung der bevorzugten Ausführungsformen
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In 1 ist in einer seitlichen Darstellung eine tellerförmige Vorform (1) zur Herstellung einer Radschüssel (3) gezeigt. Aus einem Halbzeug, welches vorzugsweise als ebene Stahlblech-Platine aus einem härtbaren Stahlwerkstoff bereitgestellt wird, wobei vorzugsweise die Blechdicke des Halbzeugs zwischen 2,5 und 10 mm liegt, wird erfindungsgemäß durch ein Drückwalzen eine optimale, tellerförmige Vorform (1) hergestellt, welche einen definierten Querschnitt und/oder eine definierte Kontur und/oder optional eine Blechdickenverteilung, insbesondere mit gezielter Materialeinbringung, aufweisen kann. Das härtbare Stahlblech hat einen Kohlenstoffgehalt von mindestens 0,08 Gew.-%. Das Drückwalzen erfolgt erfindungsgemäß derart, dass an der tellerförmigen Vorform (1) ein mittiger Zentralbereich (1.1) mit einem Durchmesser (DZ ) und einem umlaufenden Kantenrand (1.2) geformt wird, wobei die tellerförmige Vorform (1) einen zwischen dem Zentralbereich (1.1) und dem umlaufenden Kantenrand (1.2) radial in Richtung des Kantenrands (1.2) divergierenden Verlauf (1.4) aufweist. Der Zentralbereich (1.1) der tellerförmigen Vorform (1) definiert den späteren Innenbereich (3.6) respektive Radanlagebereich (3.1) der finalen Radschüssel (3). Des Weiteren wird der Zentralbereich (1.1) im Wesentlichen eben und mit einer Tiefe (TZ ) von mindestens 50%, bezogen auf den höchsten Punkt der (finalen) Radschüssel (3) beabstandet geformt.
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2 zeigt die tellerförmige und drückgewalzte Vorform (1) aus 1 in einer perspektivischen Darstellung, wobei im Zentralbereich (1.1) bereits ein Zentralloch (1.3) vorgesehen ist, welches im Zuge oder nach Abschluss des Drückwalzens der tellerförmigen Vorform (1) eingebracht wurde. In 2 sind zudem die Konturen der zu erstellenden speichenförmigen Radschüsselvorform (2) skizziert. Angedeutet sind der Innenbereich (2.6) und der Außenbereich (2.8) und der mit den beiden Bereichen (2.6, 2.8), insbesondere einstückig, verbundene Mittenbereich (2.7). Insbesondere erfolgt im Mittenbereich (2.7) ein Stanzen zur Ausbildung einer Vorform der Speichen (2.4), zeitgleich oder zeitversetzt zum Kaltumformen der tellerförmigen Vorform (1) in eine speichenförmige Radschüsselvorform (2). Die Vorform der Speichen (2.4) verlaufen im Wesentlichen radial, insbesondere einstückig, vom Innenbereich (2.6) zum Außenbereich (2.8), wobei in diesem Beispiel jeweils 5 Speichenpaare (2.4) skizziert sind. Aus der tellerförmigen Vorform (1) respektive im divergierenden Verlauf (1.4) der tellerförmigen Vorform (1) werden jeweils zwischen den einzelnen Speichenpaaren (2.4) jeweils eine erste Öffnung (2.10), welche eine im Wesentlichen ovale Form aufweist, und zeitgleich oder zeitversetzt jeweils eine zweite Öffnung (2.9), welche die Speichenpaare (2.4) voneinander beabstandet und eine im Wesentlichen dreieckförmige Form aufweist, ausgestanzt. Zeitgleich oder zeitversetzt können auch die skizzierten Anbindungslöcher (2.3) im Innenbereich (2.6), welche um die Zentralöffnung (2.5) mit einer Anzahl von maximal 10, in diesem Beispiel 5 Anbindungslöcher (2.5) vorgesehen sind, eingestanzt werden. Der Durchmesser (DZ ) des Zentralbereichs (1.1, 2.1) ist größer gewählt als der Lochkreisdurchmesser (DL ), insbesondere derart bemessen, dass die Anbindungslöcher (2.3) in einer Ebene gestanzt bzw. eingebracht werden können, was eine vereinfachte Prozessführung darstellt. Die Form respektive die Ausgestaltung der Vorform der Speichen (2.4) erfolgt vorzugsweise im Zuge der Kaltumformung und insbesondere nach dem Einbringen der Öffnungen (2.9, 2.10). Zur Erstellung eines anspruchsvollen Designs steht ausreichend Material im divergierenden Verlauf (1.4) der tellerförmigen Vorform (1) zur Verfügung, so dass im Zuge der Kaltumformung enge Radien, insbesondere im Bereich der Speichen (2.4) umsetzbar sind, ohne zu einer kritischen Blechausdünnung zu gelangen, so dass beispielsweise Speichen (2.4) mit einem im Wesentlichen u-förmigen Querschnitt mit im Wesentlichen engen Radien darstellbar sind.
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Ist die speichenförmige Radschüsselvorform (2) erstellt, wird die speichenförmige Radschüsselvorform (2) mittels geeigneten Mitteln (nicht dargestellt), beispielsweise in einem Durchlaufofen, zumindest teilweise oder vollständig auf eine Temperatur von mindestens AC1, vorzugsweise von mindestens AC3, erwärmt bzw. durchwärmt, wobei die warme Radschüsselvorform anschließend zumindest bereichsweise warm umgeformt und/oder zumindest teilweise pressgehärtet wird (nicht dargestellt). Andere Mittel zur Erwärmung, wie beispielsweise radiativ, konduktiv, induktiv, einzeln oder in Kombination, können ebenfalls zur Anwendung kommen.
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Die warme Radschüsselvorform (nicht dargestellt) wird vorzugsweise in einer geeigneten Vorrichtung, insbesondere in einem Warmumform- und Presshärtewerkzeug (nicht dargestellt), welches die Kontur respektive Geometrie der finalen Radschüssel (3) aufweist, durch entsprechendes Einwirken der Wirkflächen des Werkzeugs von der warmen Radschüssel (2) in die Endgeometrie der Radschüssel (3) überführt, zumindest bereichsweise warm umgeformt und/oder zumindest teilweise pressgehärtet. Durch das vorzugsweise zumindest teilweise Presshärten entsteht zumindest teilweise in der Radschüssel (3) ein Härtegefüge, durch welches eine hohe Maßhaltigkeit durch Vermeidung von Rückfederung sowie Betriebsfestigkeit erreicht werden kann. Die Vorrichtung (Warmumform- und Presshärtewerkzeug, nicht dargestellt) kann Mittel zur aktiven und/oder passiven Kühlung aufweisen, insbesondere um eine Werkzeugerwärmung zu vermeiden und ein zumindest teilweises Presshärten der Radschüssel (3) sicherzustellen.
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Die warme Radschüsselvorform (2) respektive die zu erzeugende Radschüssel (3) verbleibt für eine bestimmte Zeit in der Vorrichtung und wird insbesondere nach Erreichen einer Temperatur, insbesondere wenn alle Umwandlungsvorgänge (Bainit und/oder Martensit) im Wesentlichen abgeschlossen sind und das gewünschte Gefüge in der Radschüssel (3) eingestellt ist, insbesondere nach Erreichen der Mf -Temperatur, wieder entnommen. Anschließend kann die Radschüssel (3) weiteren Schritten zugeführt werden, wie zum Beispiel eines optionalen weiteren Beschnitts und/oder einer optionalen Strahlbehandlung der Oberfläche zur eventuellen Entfernung eines entstandenen Zunders auf der Radschüssel (3) und der Anbindung an einen Felgenring (4) zur Herstellung eines Fahrzeugrades (5) mit optional anschließender kathodischer Tauchlackierung (KTL) zur Einstellung eines vorgegebenen Korrosionsschutzes.
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In 5 ist eine Draufsicht auf eine Radschüssel (3) gezeigt. Die Draufsicht entspricht der Darstellung der sogenannten Hinterseite der Radschüssel (3), welche im montierten Zustand nicht sichtbar ist. Die Radschüssel (3) weist einen Außenbereich (3.8) mit einem zumindest abschnittsweise, vorzugsweise vollständig umlaufenden Radschüssellappen (3.81), welcher zur form-, kraft- und/oder stoffschlüssigen Anbindung an einen Felgenring (4) zur Bildung eines Fahrzeugrades (5) vorgesehen ist, einen Innenbereich (3.6) mit einem Radanlagebereich (3.1), in welchem mehrere Anbindungslöcher (3.3) mit einer Lochgeometrie und/oder Anbindungssitzfläche zur Aufnahme von Befestigungsmitteln zur lösbaren Anbindung des Fahrzeugrades an eine Radnabe eines Fahrzeugs (nicht dargestellt) vorgesehen sind und dadurch einen Lochkreisdurchmesser (DL ) abbilden, und einen den Außen- (3.8) und den Innenbereich (3.6) verbindenden Mittenbereich (3.7), in welchem mehrere Speichen (3.4) in radialer Ausrichtung vorgesehen sind, auf.
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Der Radschüssellappen (3.81) kann im Zuge der Kaltumformung zur Erstellung der speichenförmigen Radschüsselvorform (2) und/oder im Zuge der Warmumformung zur Erstellung der Radschüssel (3) als Teil des Außenbereichs (2.8, 3.8) abgestellt worden sein, wobei in diesem Beispiel der umlaufende Kantenrand (3.2) aus der Darstellungsebene zeigend ausgeführt ist. Die Lochgeometrie und/oder Anbindungssitzfläche der Anbindungslöcher (2.3, 3.3) sind im Innenbereich (2.6, 3.6) im Zuge der Kaltumformung zur Erstellung der speichenförmigen Radschüsselvorform (2) und/oder im Zuge der Warmumformung zur Erstellung der Radschüssel (3) ausgeformt worden. Das Zentralloch (3.5), welches insbesondere von den Anbindungslöchern (3.3) umgeben ist, kann einen abgewinkelten Flansch (3.51) beispielsweise in Form eines Kragens, abschnittsweise oder vollständig umlaufend um das Zentralloch (3.5) aufweisen. Auch die Form der Öffnungen (3.9, 3.10), welche zum einen als Belüftungslöcher fungieren, können zum anderen kombiniert mit der Ausgestaltung der Speichen (3.4) Einfluss auf die Designgestaltung nehmen.
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4 zeigt ein Ablaufschema zur Herstellung eines Fahrzeugrades (5), wobei zunächst eine erfindungsgemäß hergestellte Radschüssel (3) und ein Felgenring (4) bereitgestellt werden. Der Felgenring (4) kann aus einem Halbzeug aus Stahlblech bestehen, welcher durch Kaltumformen und/oder Warmumformen mit zumindest teilweisen Presshärten hergestellt ist. Die Radschüssel (3) wird stoff-, kraft- und/oder formschlüssig an den Felgenring (4) zur Bildung eines Fahrzeugrades (5) angebunden. Besonders bevorzugt erfolgt die Anbindung durch einen Presssitz (Kraft- und/oder Formschluss) in Kombination mit einem thermischen Fügeverfahren (Stoffschluss) wie z.B. eine MAG-oder Laser-Schweißung.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren sind Fahrzeugräder für Personenfahrzeuge mit anspruchsvollem Design herstellbar. Die einzelnen in den jeweiligen Ausführungsbeispielen gezeigten Merkmale sind auch untereinander bzw. miteinander kombinierbar. Die Radschüssel (3) kann vollständig oder nur teilweise pressgehärtet sein, beispielsweise nur im Innenbereich (3.6) und Mittenbereich (3.8) der Radschüssel (3). Vorzugsweise erfolgt im Außenbereich (3.8) der Radschüssel (3) respektive am Radschüssellappen (3.81), welcher insbesondere zur zumindest stoffschlüssigen Anbindung an einen Felgenring (4) dient, kein Presshärten, um bei der Herstellung eines Fahrzeugrades (5) insbesondere beim stoffschlüssigen Fügen der Radschüssel (3) an den Felgenring (4) eine Ausbildung einer Erweichungszone zu vermeiden. Der Felgenring (4) kann entweder vollständig, teilweise oder gar nicht pressgehärtet sein.
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Die einzelnen Formgebungsschritte Drückwalzen, Lochen, Stanzen kombiniert mit Kaltumformen, Warmumformen kombiniert mit zumindest teilweise Presshärten kann jeweils in einem als auch in mehreren Schritten bzw. jeweils in einem oder mehreren Vorrichtungen (Werkzeugen) erfolgen, jeweils abhängig vom Grad der Komplexität sowie zu erstellenden Designs.
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Die hergestellten Fahrzeugräder (5) werden bevorzugt in Personenkraftwagen, ob mit Verbrennungsmotor und/oder elektrischem Antrieb, verwendet.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102007019485 A1 [0005]
- DE 102013114245 B3 [0005]
- DE 102014108901 B3 [0005]
- DE 112007000239 T5 [0006]
- EP 2495110 B1 [0006]