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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Melden einer Paniksituation, eine tragbare Vorrichtung zum Melden einer Paniksituation, ein Computerprogramm und ein maschinenlesbares Speichermedium.
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Stand der Technik
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Panik ist eine ernstzunehmende psycho-physiologische Kondition, die beispielweise durch ein externes Ereignis verursacht werden kann. Das Vorliegen einer Paniksituation ist üblicherweise durch das Auftreten eines plötzlichen unerwarteten Ereignisses charakterisiert, in dem sich eine dem Ereignis ausgesetzte Person unwohl oder überfordert fühlt.
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Um eine solche Paniksituation zu erkennen, ist in
US 2013/0216065 A1 eine Armbanduhr beschrieben, die basierend auf Umgebungsgeräuschen, einer Lichtbewegung oder einem physiologischen Parameter des Trägers der Armbanduhr nach vordefinierten Regeln eine Paniksituation erkennt und mittels eines hörbaren Alarms meldet.
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Die vordefinierten Regeln in der Armbanduhr berücksichtigen allerdings keine Unterschiede in der physiologischen Konstitution der Träger der Armbanduhr und auch nicht die täglichen Umstände, in der sich der Träger der Armbanduhr aktuell befindet. Dies kann zu ungewollten falschen Alarmen führen.
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Es besteht ein Bedürfnis, das Melden einer Paniksituation mit hoher Genauigkeit durchzuführen.
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Offenbarung der Erfindung
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Gemäß einem ersten Aspekt ist ein Verfahren zum Melden einer Paniksituation beschrieben, mit den Schritten Erfassen von zumindest einem physiologischen Parameter, basierend auf dem zumindest einen physiologischen Parameter, Ermitteln, ob eine Paniksituation vorliegt, Abfragen, ob eine Normalsituation vorliegt, wenn die Paniksituation ermittelt wird, und Melden der Paniksituation, wenn die Normalsituation nicht bestätigt wird.
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In dem Verfahren gemäß dem ersten Aspekt kann vorteilhafterweise der zumindest eine physiologische Parameter einer Person, auf die das Verfahren angewendet wird, kontinuierlich erfasst werden, so dass basierend auf dem erfassten physiologischen Parameter, insbesondere automatisch, ermittelt werden kann, ob eine Paniksituation vorliegt, die beispielweise dadurch gekennzeichnet sein kann, dass ein für die Person unerwartetes Ereignis auftritt und sich die Person infolgedessen unwohl oder überfordert fühlt. Ein solcher Zustand der Person kann sich im erfassten physiologischen Parameter widerspiegeln. Diese automatische Ermittlung kann verhindern, dass es notwendig ist, durch einen externen Trigger, beispielsweise durch Stimmenaktivierung oder durch Drücken eines „Panikkopfs“, einen Alarm zu generieren. Ferner kann, um die Genauigkeit des Verfahrens zu erhöhen, die ermittelte Paniksituation erst dann gemeldet werden, wenn die Paniksituation durch die betroffene Person manuell dadurch bestätigt werden kann, indem die Person das Vorliegen einer Normalsituation verneint oder keine Rückmeldung innerhalb eines vorbestimmten Zeitintervalls gibt. Eine Normalsituation kann dabei einer Situation entsprechen, in der die Person nicht in einem Panikzustand versetzt sein kann und der erfasste physiologische Parameter ein normaltypisches Verhalten zeigen kann. Dies kann vorteilhafterweise verhindern, dass eine dritte Person oder lokale Behörden, denen die Paniksituation gemeldet werden würde, unnötigerweise alarmiert werden, sofern eine falsche Ermittlung der Paniksituation vorliegt.
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Der zumindest eine physiologische Parameter kann beispielsweise eine Herzfrequenz, ein Atmungsrate und/oder eine galvanische Hautreaktion (GSR, Engl. galvanic skin response) sein.
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In einer Ausführungsform weist das Verfahren ferner die Schritte Erfassen von zumindest einem Umgebungsparameter, Erfassen von zumindest einem Bewegungsparameter, und Ermitteln zumindest eines Kontexts, in dem sich die betroffene Person befinden kann, basierend auf dem zumindest einen Umgebungsparameter und dem zumindest einen Bewegungsparameter auf, wobei das Ermitteln, ob die Paniksituation vorliegt, für den zumindest einen Kontext basierend auf dem zumindest einen physiologischen Parameter durchgeführt wird. Der zumindest eine Umgebungsparameter kann beispielsweise Lichtverhältnisse, Umgebungsdruck, Geräusche etc. umfassen und mittels geeigneter Sensoren (z.B. Lichtsensor, Drucksensor, Mikrophon) gemessen werden. Der zumindest eine Bewegungsparameter kann beispielsweise eine Geschwindigkeit, eine Beschleunigung etc. sein und kann mittels eines Gyroskops oder eines Beschleunigungssensors gemessen werden. Das Erfassen des zumindest einen Umgebungsparameters und des zumindest einen Bewegungsparameters kann es ermöglichen, die Umgebung und das zugehörige Bewegungsprofil der Person im Detail zu verstehen. In Abhängigkeit des Kontexts kann der physiologische Parameter unterschiedliche Werte aufweisen, so dass das Ermitteln, ob die Paniksituation vorliegt, in Abhängigkeit des Kontexts, also der Umstände, in der sich die Person befinden kann, genauer durchgeführt werden kann.
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Zusätzlich oder alternativ können auch der Person zugeordnete Kalenderinformation, beispielweise Kalendereinträge, verwenden werden, um den Kontext zu ermitteln.
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In einer Ausführungsform kann das Verfahren ferner den Schritt Ermitteln zumindest eines physiologischen Merkmals basierend auf dem zumindest einen physiologischen Parameter aufweisen, wobei das Ermitteln, ob die Paniksituation vorliegt, für den zumindest einen Kontext basierend auf dem ermittelten zumindest einen physiologischen Merkmal durchgeführt wird. Dabei kann das physiologische Merkmal zumindest eines der folgenden Merkmale umfassen: Altersnormalisierte Herzrate, Herzratenvariabilität, gemittelte Atmungsrate, erste Ableitung des GSR, Anzahl von Peaks in der GSR, etc. Beispielsweise kann aus einem physiologischen Parameter ein oder mehrere physiologische Merkmale extrahiert werden. Es ist auch möglich, dass aus mehreren physiologischen Parametern lediglich ein Merkmal abgeleitet werden kann. Das physiologische Merkmal kann daher den körperlichen Zustand der Person besonders genau beschreiben, so dass die Ermittlung, ob die Paniksituation vorliegt, besonders genau durchgeführt werden kann. Insbesondere kann bei einer Verwendung von nur drei gemessenen physiologischen Parametern, wie der Herzrate, der Atmungsrate und der GSR, eine Vielzahl von physiologischen Merkmalen ermittelt werden, so dass das Verfahren basierend auf wenigen Rohdaten besonders effizient durchgeführt werden kann.
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In einer Ausführungsform kann das Ermitteln des zumindest einen Kontexts durchgeführt werden, indem ein Konfidenzniveau für das Vorliegen des zumindest einen Kontexts basierend auf dem zumindest einen Umgebungsparameter und dem zumindest einen Bewegungsparameter (und optional der Kalenderinformation) bestimmt wird, und wobei das Ermitteln, ob die Paniksituation vorliegt, durchgeführt wird, indem für den zumindest einen Kontext basierend auf dem zumindest einen physiologischen Parameter, insbesondere dem ermittelten zumindest einen physiologischen Merkmal, eine Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen der Paniksituation ermittelt wird. Diese Maßnahme kann eine wahrscheinlichkeitsbedingte Ermittlung der Paniksituation ermöglichen, sofern ein bestimmter Kontext bestätigt worden ist. Insgesamt können auf diese Weise unterschiedlich mögliche Umgebungen statistisch berücksichtigt werden, denen die Person ausgesetzt sein kann, so dass die Reaktion der Person detailliert analysiert werden kann.
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In einer Ausführungsform kann das Ermitteln, ob die Paniksituation vorliegt, durchgeführt werden, indem ermittelt wird, ob ein Produkt aus dem Konfidenzniveau und der Wahrscheinlichkeit größer als ein Schwellwert ist. Diese Maßnahme kann bewirken, dass die mit dem Konfidenzniveau gewichtete Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen der Paniksituation berücksichtigt wird, so dass eine wahrscheinlichkeitsbedingte Analyse, ob die Paniksituation vorliegt, stattfindet. Dies kann im Vergleich zu aufwendig erzeugten, vordefinierten Regeln, wie sie im Stand der Technik zur Erkennung einer Paniksituation verwendet werden, unterschiedliche Konstitutionen der betroffenen Personen und deren Umgebungen berücksichtigen. Der Schwellwert kann dabei beispielsweise empirisch oder basierend auf Daten einer anderen Person ermittelt sein.
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In einer Ausführungsform kann eine Mehrzahl von Kontexten ermittelt werden, wobei das Ermitteln, ob die Paniksituation vorliegt, durchgeführt wird, indem ermittelt wird, ob eine Summe aus den pro Kontext ermittelten Produkten aus dem Konfidenzniveau und der Wahrscheinlichkeit größer als ein Schwellwert ist. In dieser Maßnahme kann angenommen werden, dass sich die Person während eines bestimmten Zeitpunkts in unterschiedlichen Kontexten befinden kann, so dass für jeden dieser möglichen Kontexte, die mit einem zugeordneten Konfidenzniveau behaftet sind, die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der Paniksituation automatisch bestimmt werden kann. Ein Kontext kann lediglich berücksichtigt werden, wenn das zugehörige Konfidenzniveau größer als Null ist. Die Gesamtwahrscheinlichkeit, ob die Paniksituation vorliegt, kann dabei über alle Kontexte gewichtet ermittelt werden. Auf diese Weise kann eine erhöhte statistische Genauigkeit für das Vorliegen der Paniksituation erhalten werden. Der Schwellwert kann dabei beispielsweise empirisch oder basierend auf Daten einer anderen Person ermittelt sein.
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In einer Ausführungsform kann ein Kontext-abhängiges Modell für den zumindest einen physiologischen Parameter, insbesondere für das ermittelte zumindest eine physiologische Merkmal, verwendet werden, das durch einen Satz von historischen Werten des zumindest einen physiologischen Parameters, insbesondere des ermittelten zumindest einen physiologischen Merkmals, charakterisiert wird, wobei der älteste Wert in dem Satz durch einen aktuellen Wert ersetzt wird, wenn der Kontext länger als ein vorbestimmtes Zeitintervall und mit einem Konfidenzniveau größer als ein vorbestimmtes Konfidenzniveau ermittelt wird. Dabei kann die Person sich in einer Normalsituation befinden. Es ist auch möglich, dass mehr als ein historischer Wert aus dem Satz gelöscht und mehr als ein neuer Wert dem Satz hinzugefügt wird. Auf diese Weise kann, sofern eine Paniksituation für einen Kontext positiv erkannt wird und dennoch eine Normalsituation vorliegt, das Modell kontinuierlich angepasst werden, indem alte Werte „vergessen“ werden. Dies kann es ermöglichen, eine persönliche Drift in der physiologischen Konstitution der Person, beispielsweise eine Gewichtsänderung, die sich in der Änderung des physiologischen Parameters bzw. Merkmals widerspiegelt, zu berücksichtigen. Im Falle, dass das Verfahren auf eine weitere Person im Vergleich zur Person angewendet wird, für die der Satz von Werten ermittelt worden ist, kann das Modell mit allgemeinen Beobachtungen basierend auf Werten für diese Person initialisiert werden. Diese Werte, die nicht der betroffenen Person zugeordnet sind, können mittels der Maßnahme über die Zeit kontinuierlich an die aktuell betroffene Person angepasst werden.
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In einer Ausführungsform kann bei einer ermittelten Paniksituation und gleichzeitig bestätigter Normalsituation der aktuelle vorliegende Satz des zumindest einen physiologischen Parameters, insbesondere des ermittelten zumindest einen physiologischen Merkmals, dem Modell hinzugefügt werden. Diese Maßnahme kann das Modell verbessert werden, das bei der Ermittlung, ob die Paniksituation vorliegt, kontinuierlich verbessert wird.
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In Falle, dass ein Kontext mit einem bestimmten Konfidenzniveau, das größer als ein vorbestimmtes Konfidenzniveau ist, länger als ein vorbestimmtes Zeitintervall vorliegen kann, kann ein verwendeter Satz von Werten derart angepasst, dass der aktuelle Wert in den Satz aufgenommen und der älteste Wert aus dem Satz gelöscht wird. Dieser Satz kann in dem Modell dann verwendet werden.
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Der zur Erkennung der Paniksituation verwendete Schwellwert kann basierend auf einer irrtümlich erkannten Paniksituation und einer Rückmeldung, dass eine Normalsituation vorliegt, entsprechend angepasst werden.
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Das Model kann auf Maschinellem Lernen von Sätzen von Werten des physiologischen Parameters, insbesondere des physiologischen Merkmals, basieren. Die Sätze können die Normalsituation beschreiben. Dabei kann die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen der Paniksituation dadurch ermittelt werden, indem bestimmt wird, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein aktueller Wert des physiologischen Parameters, insbesondere des physiologischen Merkmals, nicht innerhalb eines Intervalls liegt, das durch einen Mittelwert der Werte des Satzes und der Standardabweichung des Werte des Satzes definiert sein kann. Um das Model zu lernen, kann kontinuierlich der physiologische Parameter bzw. das physiologische Merkmal in einer Normalsituationen des Trägers überwacht werden und, falls die Werte des Parameters bzw. Merkmals außerhalb des erwarteten Intervalls liegen, können die neuen Werte dem verwendeten Satz hinzugefügt werden, während die älteren Werte aus dem Satz gelöscht werden. Zusätzlich oder alternativ kann die Person zum Trainieren des Modells anfangs Paniksituationen ausgesetzt werden, so dass an Hand der Werte der zugehörigen Sätze das Unterscheiden zwischen Normal- und Paniksituation möglich sein kann.
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In einer Ausführungsform kann bei der Ermittlung, ob die Paniksituation vorliegt, eine Kenntnis über den Tagesablauf der Person verwendet werden, indem der Kontext in Abhängigkeit des Tagesablaufs ermittelt wird. Der Tagesablauf kann dabei mittels Globales Positionsbestimmungssystem GPS-Information über die Person, des oder die Umgebungsparameter und des order die Bewegungsparameter (und optional der Kalenderinformation) abgeleitet werden. Abweichungen in dem Tagesablauf, inkl. typische physiologischer Werte, können dann direkt zur Panikerkennung verwendet werden. In anderen Worten kann (insbesondere im Zusammenhang mit dem verwendeten Modell) das Verständnis über die Tagesroutine der betroffenen Person, also der Kenntnis, was die Person zu einem konkreten Zeitpunkt und/oder in einer Umgebung macht, es ermöglichen, Abweichungen, die durch Paniksituationen hervorgerufen werden, zu erkennen. Eine solche Abweichung kann beispielsweise vorliegen, wenn gemäß des täglichen Tagesablaufs die Person zu stehen erwartet wird, obwohl die Person im Augenblick mit einer erhöhten Herzfrequenz läuft. In einem anderen Beispiel kann der Träger abends üblicherweise durch einen bestimmten Park laufen und es kann aktuell eine Abweichung in Form eines Rennens durch den Park festgestellt werden, die auch die physiologischen Werte beeinflusst. In beiden Beispielen kann dann daraus direkt auf eine Paniksituation geschlossen werden. Zusätzlich kann die Paniksituation dann automatisch ohne vorherige Abfrage, ob eine Normalsituation vorliegt, gemeldet werden, wenn eine Abweichung erkannt wird. Dadurch kann das Verfahren in diesem Fall vereinfacht werden.
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Gemäß einem zweiten Aspekt ist eine tragbare Vorrichtung zum Melden einer Paniksituation, insbesondere eine Armbanduhr oder ein Armreifen, vorgesehen, aufweisend zumindest einen Sensor zum Erfassen von zumindest einem physiologischen Parameter, einer Einheit zum Ermitteln, ob die Paniksituation vorliegt, basierend auf dem zumindest einen physiologischen Parameter, einer Einheit zum Abfragen, ob eine Normalsituation vorliegt, wenn die Paniksituation ermittelt ist, und eine Einheit zum Melden der Paniksituation, wenn die Normalsituation nicht bestätigt ist. Die Einheit zum Ermitteln kann beispielseisweise als Prozessor ausgebildet sein, und die Einheit zum Abfragen kann ein User-Interface (beispielsweise mit Display und Touchscreen oder Druckknopf) und die Einheit zum Melden kann als Mikrophon und/oder als Interface zum drahtlosen Senden von Nachrichten ausgebildet sein.
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Gemäß einem dritten Aspekt ist ein Computerprogramm vorgesehen, das dazu eingerichtet ist, Schritte eines Verfahrens gemäß dem ersten Aspekt durchzuführen, wenn es von einem Prozessor, insbesondere der tragbaren Vorrichtung, durchgeführt wird.
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Gemäß einem vierten Aspekt ist ein maschinenlesbares Speichermedium vorgesehen, auf welchem ein Computerprogramm gemäß dem dritten Aspekt gespeichert ist. Das maschinenlesebare Speichermedium kann beispielsweise als externer Speicher, als interner Speicher, als Festplatte oder als USB-Speichergerät ausgebildet sein.
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Figurenliste
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Bevorzugte Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung werden nachfolgend anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
- 1 zeigt eine tragbare Vorrichtung zum Melden einer Paniksituation gemäß einem Ausführungsbeispiel;
- 2 zeigt eine Einheit von 1 im Detail, die dazu eingerichtet ist, für mehrere Kontexte und physiologische Merkmale zugehörige Wahrscheinlichkeiten und Konfidenzniveaus zu ermitteln;
- 3 zeigt ein Verfahren zum Melden einer Paniksituation gemäß einem Ausführungsbeispiel, das durch die Vorrichtung in 1 durchgeführt wird;
- 4 zeigt weitere Schritte des Verfahrens in 3; und
- 5 zeigt ein Beispiel eines kontinuierlichen Erfassens eines Tagesablaufs eines Trägers der tragbaren Vorrichtung in Abhängigkeit der Bewegung und des Ortes des Trägers.
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Ausführungsformen der Erfindung
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Die in 1 gezeigte tragbare Vorrichtung gemäß einem Ausführungsbeispiel ist als Armbanduhr ausgebildet, und geeignet, zu bestimmen, ob sich ein Träger der Vorrichtung 10 in einer Paniksituation befindet, über eine Interaktion mit dem Träger festzustellen, ob trotz festgestellter Paniksituation eine Normalsituation für den Träger vorliegt, und im Falle, dass die Normalsituation nicht bestätigt wird (entweder aktiv oder als Nicht-Handeln des Trägers innerhalb eines vorbestimmten Zeitintervalls) eine Alarmmeldung zu generieren.
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Dazu weist die Vorrichtung 10 eine Vielzahl von Sensoren 12-18 auf. Ein GPS-Sensor 12 ist dazu eingerichtet, einen Ort des Trägers kontinuierlich zu erfassen. Ein Bewegungssensor 14 ist dazu eingerichtet, eine Bewegung, also beispielsweise eine Geschwindigkeit und eine Beschleunigung, des Trägers kontinuierlich zu erfassen. Ein Umgebungssensor 16 ist dazu eingerichtet, Umgebungsparameter, beispielsweise ein Lichtverhältnis und/oder Umgebungsgeräusche usw., kontinuierlich zu erfassen. Ein Sensor 18 ist dazu eingerichtet, zumindest einen physiologischen Parameter, beispielsweise eine Herzrate des Trägers, eine Atmungsfrequenz des Trägers und/oder eine GSR des Trägers, kontinuierlich zu erfassen. Es versteht sich, dass anstatt der Sensoren 14, 16, 18 jeweils eine Vielzahl von solchen Sensoren vorgesehen sein kann, die dann jeweils einen individuellen Parameter erfassen. In diesem Sinne können beispielsweise zwei verschiedene physiologische Parameter mit jeweils getrennten Sensoren 18 erfasst werden. Die Sensoren 12-18 geben Ausgabesignale aus, die Werte der entsprechenden Parameter angeben.
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Eine optionale Einheit 20 ist dazu eingerichtet, einen aktuellen Zeitpunkt in einem bekannten Tagesablauf des Trägers zu ermitteln. Dazu verwendet sie das Ausgabesignal der Sensoren 12 bis 16. Der routinemäßige Tagesablauf des Trägers ist in der Einheit 20 hinterlegt und ist mit kontinuierlich mit neuen Daten anpassbar. Ein Ausgabesignal der Einheit 20, das den aktuellen Zeitpunkt in dem Tagesablauf des Trägers angibt, ist einer Einheit 22 zuführbar, die dazu eingerichtet ist, basierend auf dem Ausgabesignal der Sensoren 14 und 16 und optional dem Ausgabesignal der Einheit 20 und optional von Kalenderinformation des Trägers einen Kontext, in dem sich der Träger im Augenblick wahrscheinlich befindet, zu ermitteln und ein Konfidenzniveau w für das Vorliegen des ermittelten Kontexts auszugeben. Sofern das Ausgabesignal der Einheit 20 verwendet wird, ist der verwendete Kontext tagesablaufsabhängig, also zeit- und ortsabhängig, bestimmbar und stellt ein Zeitintervall dar. Eine optional Einheit 24 ist dazu eingerichtet, basierend auf dem Ausgabesignal des Sensors 18 ein physiologisches Merkmal, beispielsweise eine gemittelte Herzfrequenz, eine Anzahl von Peaks in der GSR, oder eine gemittelte Atmungsfrequenz, zu ermitteln und als Ausgabesignal die zugehörigen Werte des physiologischen Merkmals auszugeben. Eine Einheit 26 ist dazu eingerichtet, basierend auf dem Ausgabesignal w der Einheit 22, das den Kontext mit einem Konfidenzniveau w angibt, und einem Ausgabesignal der Einheit 24, sofern vorhanden, bzw. basierend auf dem Ausgabesignal des Sensors 18, eine Wahrscheinlichkeit p für das Vorliegen einer Paniksituation für den bestimmten Kontext zu ermitteln.
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Ein Ausgabesignal der Einheit 26, das das Konfidenzniveau w und die Wahrscheinlichkeit p umfasst, ist einer Einheit 28 zuführbar, die dazu eingerichtet ist, basierend auf den Ausgabesignalen der Einheit 26 automatisch zu bestimmen, ob eine Paniksituation vorliegt. Dazu ist die Einheit 28 eingerichtet, das Konfidenzniveau w und die Wahrscheinlichkeit p für das physiologische Merkmal zu multiplizieren, w*p, und mit einem Schwellwert zu vergleichen. Im Falle, das mittels der Einheit 22 mehrere Kontexte ermittelbar sind und die Einheit 26 für jeden Kontext die Wahrscheinlichkeit p für das physiologische Merkmal oder Wahrscheinlichkeiten pi für die physiologischen Merkmale ermittelt hat, ist die Einheit 28 dazu eingerichtet, die Summe der Produkte der Wahrscheinlichkeit pi und des Konfidenzniveaus wi, w1 *p1 + w2 *p2 *..., mit einem Schwellwert zu vergleichen. Ein Ausgabesignal der Einheit 28 gibt an, ob eine Paniksituation ermittelt worden ist. Dies ist der Fall, wenn das Produkt bzw. die Summe größer als der jeweilige Schwellwert ist. Eine Einheit 30 ist dazu eingerichtet, abzufragen, ob für den Träger eine Normalsituation vorliegt. Dazu ist die Einheit 30 eingerichtet, beispielsweise mittels eines User-Interfaces, den Träger der Vorrichtung 10 bestätigen zu lassen, das eine Normalsituation vorliegt. Wird die Normalsituation aktiv nicht bestätigt oder erfolgt für eine vorbestimmte Zeit keine Reaktion des Trägers, ist die Einheit 30 dazu eingerichtet, ein Signal an eine Einheit 32 auszugeben, die dazu eingerichtet ist, ein Alarmsignal, beispielsweise in Form eines lauten durchgehenden Tons oder einer Nachricht an eine vordefinierte dritte Person oder eine lokale Behörde (z.B. Feuerwehr) auszugeben.
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2 zeigt die Einheit 26, wenn mehrere Kontexte 40-48 ermittelt werden, für die jeweils mehrere physiologische Parameter 50-54 ermittelt werden.
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Im Betrieb der in 1 und 2 gezeigten Vorrichtung wird das in 3 gezeigte Verfahren gemäß einem Ausführungsbeispiel durchgeführt. Das Verfahren weist einen Schritt S2 auf, bei dem mittels der Sensoren 12-18 kontinuierlich der Ort des Trägers, Bewegungsparameter des Trägers, Umgebungsparameter des Trägers und physiologische Parameter des Trägers erfasst werden. In einem weiteren Verfahrensschritt S4, der von den Einheiten 20-28 ausgeführt wird, wird ermittelt, ob eine Paniksituation vorliegt. Ist dies der Fall, wird in einem Verfahrensschritt S6, der mittels der Einheit 30 durchgeführt wird, abgefragt, ob eine Normalsituation vorliegt. Erfolgt keine Bestätigung der Normalsituation beispielsweise in Form einer negativen Rückmeldung oder keine Rückmeldung innerhalb des vorbestimmten Zeitintervalls, wird im Verfahrensschritt S8, der von der Einheit 32 durchgeführt wird, ein Alarmsignal an die dritte Person oder die Behörde ausgegeben.
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Wird in dem Verfahrensschritt S4 keine Paniksituation ermittelt, wird erneut der Schritt S2 durchgeführt. Wird in dem Schritt S6 die Normalsituation bestätigt, wird in einem Verfahrensschritt S10 ein von den Einheiten 26 und 28 verwendete Modell angepasst.
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Dieses Modell ist pro Kontext und physiologischem Parameter bzw. Merkmal definiert und beruht auf Maschinellem Lernen. Es sind mehrere Sätze von Werten des Parameters bzw. Merkmals definiert, die aus jeweils N historischen Werten des Parameters bzw. Merkmals bestehen. Die Sätze sind als Vektoren der Dimension N ausgebildet. Zu Beginn werden die Sätze mit initialen Werten belegt, die beispielsweise für eine andere Person ermittelt worden sind. Um das Model zu trainieren, kann kontinuierlich der physiologische Parameter bzw. das physiologische Merkmal in einer Normalsituationen des Trägers überwacht werden und, falls die Werte des Parameters bzw. Merkmals außerhalb des erwarteten Intervalls liegen, können die neuen Werte dem verwendeten Satz hinzugefügt werden, während die älteren Werte aus dem Satz gelöscht werden. Alternativ oder zusätzlich wird der Träger zum Trainieren des Modells verschiedenen bekannten Paniksituationen in verschiedenen bekannten Kontexten ausgesetzt und bei jeweils bekanntem Kontext werden die Sätze der korrespondierenden Paniksituationen dem Model hinzugefügt.
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Soll nun (bei trainierten Modell) in dem Schritt S4 das Vorliegen einer aktuellen Paniksituation erkannt werden, werden, wie in 4 gezeigt, die folgenden Unterschritte durchgeführt. In einem optionalen Schritt S12 wird mittels der Einheit 20 der aktuelle Zeitpunkt in dem Tagesablauf des Trägers basierend auf dem Ort, dem Bewegungsprofil der Trägers und der Umgebungsparameter ermittelt. In einem Schritt S14 wird mittels der Einheit 22 ein Konfidenzniveau w für das Vorliegen der verschiedenen möglichen Kontexte basierend auf den Umgebungsparametern und Bewegungsparametern, optional in Abhängigkeit des Tagesablaufs bestimmt. Dabei kann die Kontexterkennung, insbesondere die Aktivitätserkennung, aus der der Kontext abgeleitet werden kann, unter Verwendung bekannter Techniken durchgeführt werden. Diese Techniken sind beispielsweise in der Veröffentlichung Reiss et al., „A Novel Confidence-based Multiclass Boosting Algorithm for Mobile Physical Activity Monitoring“, Personal and Ubiquitous Computing, 2015. beschrieben oder in der „Activity Recognition API“ von Android implementiert. Im allgemeinen kann die Aktivitätserkennung üblicherweise auf Bewegungssensoren für die Erfassung der Beschleunigung beruhen. 2 zeigt beispielhaft die in dem Schritt S14 erkennbaren Kontexte Gehen 40, Fahren 42, jemanden Treffen 44, Fernsehen 46 und Joggen 48.
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In einem Verfahrensschritt S16 werden für jedes aus den physiologischen Parametern mittels der Einheit 24 extrahierte physiologische Merkmal zugehörige Werte ermittelt. Diese Werte sind beispielhaft in 2 für den Kontext Gehen 40 für die Merkmale normalisierte Herzrate 50, durchschnittliche Atmungsfrequenz 52 und Anzahl von Peaks in der GSR 54 dargestellt. In einem Schritt S18 wird für einen Satz von historischen Werten, der in dem Modell als Vektor der Dimension N, also Vektor mit N Werten, für das jeweilige Merkmal hinterlegt ist, eine Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen der Paniksituation für den bestimmten Kontext ermittelt. Dazu wird von dem historischen Satz ein Mittelwert µ und eine Standardabweichung δ bestimmt. Daraufhin wird ermittelt, für welches ni der aktuelle Wert des physiologischen Merkmals 50-54, der mit dem Index i bezeichnet ist, innerhalb eines zugehörigen Bereiches [µ-ηi*δ; µ+ni*δ] liegt. Der ermittelte Wert ni wird für jedes physiologische Merkmal 50-54 berechnet und aus diesen Werten ni wird ein Mittelwert n bestimmt. Dieser Wert n ist der Wahrscheinlichkeit zugeordnet, dass der aktuelle Merkmalswert innerhalb des normalen Bereichs der Normalsituation liegt, basierend auf dem dann die Wahrscheinlichkeit p einer Paniksituation definiert werden kann. Beispielsweise meint ein Wert von n=2, dass der aktuelle Merkmalswert innerhalb einer 0,95 Wahrscheinlichkeit innerhalb des normalen Bereich liegt, so dass eine Paniksituation mit einer Wahrscheinlichkeit p von 1 - 0,95 = 0,05 Wahrscheinlichkeit vorliegt. Dieser Wert von 0,05 entspricht der also der Wahrscheinlichkeit p für das Vorliegen einer Paniksituation für den bestimmten Kontext 40. In einem Verfahrensschritt S20 wird mittels der Einheit 28 eine gewichtete Summe aus den Wahrscheinlichkeiten pi und Konfidenzniveaus wi der Kontexte 40-48 gebildet: w1 *p1 + w2 *p2 + ... In einem Beispiel wird der Kontext Gehen mit dem Konfidenzniveau w1=0,94 und der Panikwahrscheinlichkeit p1=0,05 und der Kontext Fahren mit dem Konfidenzniveau w2=0,06 und der Panikwahrscheinlichkeit p2=0,02 erkannt. Die Summe beträgt dann 0,94*0,05 + 0,06*0,02 = 0,0482. Diese Summe wird in dem Schritt S20 mit einem Schwellwert verglichen. Ist die Summe größer als der Schwellwert, wird die Paniksituation erkannt. Der Schwellwert ist in dem Model definiert.
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Erneut bezugnehmend auf 3 wird in Falle, dass in dem Schritt S6 die Rückmeldung des Trägers das Vorliegen einer Normalsituation bestätigt, in dem Schritt S10 der aktuelle Satz von Werten des physiologischen Merkmals zur Trainingszwecken dem Model zugefügt, so dass bei einem späteren Feststellen, ob eine Paniksituation vorliegt, auf diesen Satz zurückgegriffen werden kann. Wird ebenfalls bestimmt, dass ein Kontext mit einem bestimmten Konfidenzniveau, das größer als ein vorbestimmtes Konfidenzniveau ist, länger als ein vorbestimmtes Zeitintervall vorliegt, wird der im Schritt S16 verwendete Satz von N Werten in dem Schritt S10 derart angepasst, dass der aktuelle Wert in den Satz aufgenommen und der älteste Wert aus dem Satz gelöscht wird. Dieser Satz wird in dem Modell dann anstelle des ursprünglichen Satzes verwendet. Dazu wird davon ausgegangen, dass eine Normalsituation vorlag. Es ist auch möglich, dass mehr als ein historischer Wert aus dem Satz gelöscht und mehr als ein neuer Wert dem Satz hinzugefügt wird. In dem Schritt S10 kann auch der im Schritt S20 für das Erkennen der Paniksituation verwendete Schwellwert angepasst werden. Es kann dabei anfänglich ein empirisch ermittelter oder ein basierend auf Daten einer anderen Person definierter Schwellwert verwendet werden. Die Anpassung des Schwellwerts an den Träger erfolgt, wenn eine Paniksituation erkannt wird und dennoch eine Normalsituation für den Träger vorliegt.
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In 5 ist der in der Einheit 22 gespeicherte Tagesablauf des Trägers in Abhängigkeit seines Ortes und seiner Bewegung dargestellt. Die Kenntnis über den Tagesablauf ermöglicht es, dass mittels der Einheit 22 in dem Schritt S14 der aktuelle Zeitpunkt in dem Tagesablauf berücksichtigt wird und somit der Kontext orts- und zeitabhängig definiert wird. Ein Beispiel ist hierfür der Kontext Gehen 13:00 Uhr bis 14:00 Uhr, Laufen 13:00 Uhr bis 14:00 Uhr etc.
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Wie in 4 gezeigt, kann in einem Schritt S22 anstelle der Schritte S16, S18 eine Abweichung des aktuellen Werts des physiologischen Merkmals vom erwarteten Wert des physiologischen Merkmals ermittelt werden. Beispielsweise kann gemäß dem erwarteten Tagesablauf erwartet werden, dass der Träger in dem Kontext Gehen mit einer Herzrate von 80-100 bpm (Engl. beats per minutes, in Deutsch Schläge pro Minute) ist. Es wird allerdings der Kontext Stehen mit einer Herzrate von 140 bpm ermittelt. Eine solche Abweichung kann direkt zur Ermittlung, dass eine Paniksituation vorliegt, führen. Es kann dann direkt der Schritt S8 ohne vorherigen Schritt S6 ausgeführt werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- US 2013/0216065 A1 [0003]