-
Die Erfindung betrifft eine Bremseinrichtung einer mobilen Arbeitsmaschine mit mindestens zwei Bremskreisen einer Betriebsbremse.
-
Unter mobilen Arbeitsmaschinen sollen im Rahmen der vorliegenden Erfindung Flurförderzeuge, mobile Land- und Forstgeräte sowie mobile Baumaschinen verstanden werden. Zu den Flurförderzeugen gehören insbesondere Gabelstapler, Schlepper und Plattformfahrzeuge. Solche mobilen Arbeitsmaschinen verfügen in der Regel über eine Betriebs- und eine Feststellbremse.
-
Als Betriebsbremsen kommen in mobilen Arbeitsmaschinen in der Regel Trommel-, Scheiben- oder Lamellenbremsen zum Einsatz. Dabei finden zwei verschiedene Bremskonzepte Anwendung:
- 1. Direkt betätigte Bremsen (z.B. hydraulisch oder mechanisch), bestehend aus ein oder zwei Bremskreisen. Beide Varianten können mit einem Bremskraftverstärker (hydraulisch, elektrisch, pneumatisch) ausgerüstet sein.
- 2. Indirekt betätigte Bremsen (z.B. hydraulisch oder mechanisch) in Form eines Fremdkraftbremssystems, das auf alle Bremskreise gleichermaßen wirkt. Bei Fremdkraftbremssystemen dient die Bremspedalbetätigung hydraulisch oder mechanisch in einem Ventil als Steuergröße, um einen Speicherdruck eines hydraulischen Druckspeichers proportional zur Radbremse zu übertragen.
-
Direkt betätigte Systeme werden eher bei kleineren Fahrzeugmassen eingesetzt, indirekte betätigte Systeme bei höheren Fahrzeugmassen. In der Regel wird die Entscheidung auf Basis der Druck- und Volumenanforderung und unter Berücksichtigung der Leitungslängen des Bremssystems getroffen.
-
Beide Systeme sind jeweils mit spezifischen Nachteilen verbunden:
- 1. Nachteile von direkt betätigten Bremsen:
- • Durch die direkte Kopplung entsteht ein Zielkonflikt zwischen möglichst geringer Pedalkraft und möglichst kurzem Pedalweg. Dieser Zielkonflikt kann nur durch einen Bremskraftverstärker entschärft werden.
- • Zweikreissysteme sind schwer auszulegen, da hier oftmals unterschiedliche Volumina und Drücke in den jeweiligen Bremskreisen vorliegen.
- • Die Implementierung von Bremsassistenzsystemen in den hydraulischen Bremskreis ist erschwert (z.B. für Gefahrenbremsung).
- • Bei Ausfall der Energieversorgung in Systemen mit Bremskraftverstärkern erschweren stark erhöhte Pedalkräfte das Abbremsen (je nach Verwendung und Dimensionierung von Energiespeichern).
- 2. Nachteile von indirekt betätigten Bremsen:
- • Fällt die Energieversorgung aus, hängt die Anzahl der verbleibenden Bremsvorgänge von Dimensionierung und Füllstand des Energiespeichers, beispielsweise eines hydraulischen Druckspeichers, ab.
- • Ein Bremsen mit geleertem Energiespeicher, beispielsweise eines hydraulischen Druckspeichers, ist nicht möglich. Dies ist problematisch bei langen Rampenfahrten, bei Abschleppvorgängen oder beim Wegrollen eines abgestellten Fahrzeugs. Dadurch ergibt sich eine höhere Abhängigkeit von der Funktionsfähigkeit und Dosierbarkeit der Feststellbremse.
- • Bei leerem Energiespeicher, beispielsweise eines hydraulischen Druckspeichers, steht mit der Feststellbremse nur noch ein Bremssystem zur Verfügung.
- • Das Fahrzeug ist nicht fahrbereit, bevor der Energiespeicher, beispielsweise eines hydraulischen Druckspeichers, nicht geladen ist.
- • In einem Zweikreissystem ist je Bremskreis ein Energiespeicher, beispielsweise eines hydraulischen Druckspeichers, notwendig.
- • Zufriedenstellende Feinfühligkeit und Dosierbarkeit erfordern einen hohen Entwicklungsaufwand.
- • Fällt bei einem Einkreissystem die Fremdkraft (der Energiespeicher) aus, ist entweder kein Bremsen möglich (bei positiver Betätigung) oder es erfolgt eine nicht steuerbare Vollbremsung (bei negativer Betätigung, beispielsweise einer hydraulisch lösbaren Federspeicherbremse).
-
Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Bremseinrichtung der eingangs genannten Art so auszugestalten, dass die genannten Nachteile reduziert werden.
-
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass der eine Bremskreis eine direkt betätigte Muskelkraftbremse und der andere Bremskreis eine indirekt betätigte Fremdkraftbremse umfasst.
-
Wesentlicher Erfindungsgedanke ist also eine Kombination von indirekter und direkter Bremsbetätigung in einem Zweikreisbremssystem. Hierbei wirkt auf einen Bremskreis die direkt betätigte Bremse und auf den anderen Bremskreis die indirekt betätigte Fremdkraftbremse. Durch die Kombination beider Systeme werden die jeweiligen Vorteile weitgehend übernommen und die oben genannten Nachteile erheblich reduziert.
-
Zweckmäßigerweise ist der Bremskreis mit der direkt betätigten Muskelkraftbremse als hydraulischer Bremskreis mit Bremskraftverstärkung ausgebildet. Dadurch wird hinsichtlich der direkt betätigten Bremse der Zielkonflikt zwischen möglichst geringer Pedalkraft und möglichst kurzem Pedalweg entschärft. Als Bremskraftverstärker kann beispielsweise ein üblicher Unterdruck-Bremskraftverstärker eingesetzt werden, bei dem die Hilfskraft mittels einer Druckdifferenz (Atmosphärendruck zu Unterdruck) erzeugt wird.
-
Der Bremskreis mit der indirekt betätigten Fremdkraftbremse ist bevorzugt als hydraulischer Bremskreis mit einem hydraulischen Druckspeicher als Fremdkraftspeicher ausgebildet. Der hydraulische Druckspeicher steht über ein Ventil mit der Trommel-, Scheiben- oder Lamellenbremse in Verbindung. Beim Öffnen des Ventils strömt die unter Druck stehende Hydraulikflüssigkeit zur Bremse und drückt beispielsweise einen Bremskolben gegen die Bremstrommel, Bremsscheibe oder die Bremslamellen. Auf diese Weise können besonders hohe Bremsdrücke aufgebracht werden.
-
Dabei kann die Bremsbetätigung auf zwei unterschiedliche Weisen erfolgen:
-
Eine Variante besteht darin, dass die indirekt betätigte Fremdkraftbremse als positiv betätigte Bremse mit bremskraftauslösender Bremsbetätigung ausgebildet ist. Hierbei wird durch Betätigung des Bremspedals ein im Fremdkraftspeicher unter Druck stehendes Druckmittel in Abhängigkeit vom Pedalweg entspannt, so dass an der Bremse ein Bremsdruck proportional zum Pedalweg aufgebaut wird. Im Falle eines hydraulischen Bremskreises wird das Ventil im Hydraulikkreislauf proportional zum Pedalweg geöffnet, so dass die Hydraulikflüssigkeit entsprechend dosiert aus dem hydraulischen Druckspeicher abgelassen wird und einen Bremsdruck an der Bremse aufbaut.
-
In einer anderen Variante ist die indirekt betätigte Fremdkraftbremse als negativ betätigte Bremse mit lösekraftauslösender Bremsbetätigung ausgebildet. Derartige Fremdkraftbremsen sind beispielsweise hydraulisch lösbare Federspeicherbremsen. Dabei wird die Bremsbetätigung lediglich dazu benutzt, den hydraulischen Lösedruck zu verringern, um den von einer Federeinrichtung aufbringbaren Bremsdruck auszulösen. Im Falle eines hydraulischen Bremskreises wird das Ventil im Hydraulikkreislauf bei Betätigung des Bremspedals abhängig vom Pedalweg geöffnet, so dass der hydraulische Lösedruck abgebaut und der von der Federeinrichtung erzeugte Bremsdruck an der Bremse aufgebaut wird. Diese Form der Bremsbetätigung eignet sich insbesondere für Notbremsungen.
-
In einer besonders bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung weist die mobile Arbeitsmaschine mindestens eine elektrisch angetriebene Antriebsachse und mindestens eine nicht angetriebene Achse auf. Dabei sind die direkt betätigte Muskelkraftbremse an der Antriebsachse und die indirekt betätigte Fremdkraftbremse an der nicht angetriebenen Achse angeordnet. Da die indirekt betätigte Fremdkraftbremse höhere Bremsdrücke aufbringen kann, wird sie zweckmäßigerweise an der nicht angetriebenen Achse eingesetzt, an der keine weiteren Bremsleistungen zur Verfügung stehen. Dagegen kann die elektrisch angetriebene Achse zusätzliche generatorische Bremsleistungen durch einen oder mehrere elektrische Fahrmotoren aufbringen. Beispielsweise kann ein elektrischer Fahrmotor beim Bremsen kinetische Energie des Fahrzeugs in elektrische Energie umwandeln. Dabei wirkt der elektrische Fahrmotor als Generator. Aufgrund dieser zusätzlichen Bremsleistung kann die Betriebsbremse an dieser elektrisch angetriebenen Achse schwächer dimensioniert sein. Somit genügt hier die direkt betätigte Muskelkraftbremse.
-
Bevorzugt umfasst die nicht angetriebene Achse eine Lenkachse. Somit können Antriebseinflüsse in der Lenkung vermieden werden.
-
Mit Vorteil sind die Antriebsachse als Hinterachse und die nicht angetriebene Achse als Vorderachse der mobilen Arbeitsmaschine ausgebildet. In diesem Fall ist direkt betätigte Muskelkraftbremse an der Hinterachse angeordnet, während sich die indirekt betätigte Fremdkraftbremse, die höhere Bremsdrücke aufbringen kann, an der Vorderachse befindet. Dies ist auch deshalb von Vorteil, weil bei einem Fahrzeug generell die erforderlichen Bremskräfte an der Vorderachse höher sind als an der Hinterachse.
-
Eine Weiterbildung des Erfindungsgedankens sieht vor, dass der Bremskreis mit der indirekt betätigten Fremdkraftbremse mindestens eine Bremsassistenzeinrichtung aufweist. Bremsassistenzeinrichtungen lassen sich ganz besonders elegant in solche Bremskreise integrieren.
-
Insbesondere bei Ausbildung des Bremskreises als hydraulischer Bremskreis kann die Bremsassistenzeinrichtung technisch einfach integriert werden. Dabei umfasst die Bremsassistenzeinrichtung vorzugsweise ein elektrisch betätigtes Ventil, welches in den hydraulischen Bremskreis eingeschaltet ist. Das elektrisch betätigte Ventil ist zweckmäßigerweise zwischen dem hydraulischen Druckspeicher und der Trommel-, Scheiben- oder Lamellenbremse parallel zu dem mit dem Bremspedal betätigten Ventil angeordnet. Auf diese Weise kann das elektrisch betätigte Ventil unabhängig von der Bremspedalbetätigung einen Bremsvorgang auslösen. Das elektrisch betätigte Ventil steht dabei mit einer Steuerungseinrichtung eines Bremsassistenzsystems in Wirkverbindung. Die Steuerungseinrichtung kann so beispielsweise in erkannten Gefahrensituationen eine Notbremsung auslösen.
-
Die Erfindung eignet sich für alle Arten von mobilen Arbeitsmaschinen, insbesondere für Flurförderzeuge, mobile Land- und Forstgeräte sowie mobile Baumaschinen. Ganz besonders geeignet ist die Erfindung für Schlepper oder Plattformfahrzeuge.
-
Die Erfindung bietet eine ganze Reihe von Vorteilen:
-
Bei Ausfall der Energieversorgung, beispielsweise eines hydraulischen Druckspeichers, im indirekt betätigten Bremskreis ist durch den direkt betätigten Bremskreis ein unbegrenztes Bremsen weiterhin möglich. Die Bremsfähigkeit des Fahrzeuges ist unabhängig vom Ladezustand des Energiespeichers, da noch der direkte Bremskreis vorhanden ist. Daher ist auch das Anfahren direkt nach dem Einschalten des Fahrzeugs möglich. Außerdem bleibt ein abgeschaltetes Fahrzeug durch den direkt betätigten Bremskreis weiterhin unbegrenzt bremsbar, auch bei leerem Energiespeicher. Dies ist insbesondere bei Abschleppvorgängen wichtig. Darüber hinaus erhöht sich die Betriebssicherheit, da auch bei leerem Energiespeicher zwei unabhängige Bremssysteme zur Verfügung stehen (direkter Bremskreis der Betriebsbremse sowie Feststellbremse). Mit einer einzigen Pedalbetätigung sind unterschiedliche Volumina und Drücke in beiden Bremskreisen der Betriebsbremse auf einfache Weise darstellbar. Für Bremsassistenzsysteme ist eine einfache Implementierung von zusätzlichen, automatisch aktuierten Stellgliedern, beispielsweise Ventilen, im indirekt betätigten Bremskreis möglich. Dies ist einfach durch ein zusätzliches elektrisch betätigtes Ventil parallel zum vorgesteuerten Ventil am gleichen hydraulischen Druckspeicher umsetzbar. Schließlich ergibt sich auch eine Kosten- und Bauraumersparnis, weil nur im indirekt betätigten Bremskreis ein Energiespeicher notwendig ist.
-
Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung werden anhand der in den schematischen Figuren dargestellten Ausführungsbeispiele näher erläutert. Hierbei zeigen
- 1 einen Schlepper und
- 2 eine Betriebsbremse des Schleppers der 1 mit einem Zweikreisbremssystem mit einer Kombination aus direkt und indirekt betätigter Bremse.
-
In der 1 ist eine als Schlepper 1 ausgebildete mobile Arbeitsmaschine 1 dargestellt.
-
Ein Rahmen 2 trägt die wesentlichen Elemente des Schleppers 1. Dies sind die lenkbare, nicht angetriebene und somit als nicht angetriebene Achse ausgebildete Vorderachse 3, die elektrisch angetriebene und somit als Antriebsachse ausgebildete Hinterachse 4 mit den nicht dargestellten elektrischen Antriebsmotoren, eine Anhängevorrichtung 5, eine Lasttrageplattform 6, sowie eine ebenfalls nicht dargestellte Vorrichtung zur Steuerung der elektrischen Funktionen, wie beispielsweise der Fahrantriebsmotoren. Die Bedienperson sitzt in einer Fahrerkabine 7 und steuert von dort den Schlepper 1. An der Anhängevorrichtung 5 können Wagen zum Transport von Lasten angehängt und so mit dem Schlepper 1 geschleppt werden. Zur Beförderung kleinerer Lasten ist die Lasttrageplattform 6 vorgesehen. In dem Raum zwischen den Achsen 3, 4 unterhalb der Lasttrageplattform 6 ist eine Traktionsbatterie 8 angeordnet.
-
Die 2 zeigt die Vorderachse 3 und Hinterachse 4 des in 1 dargestellten Schleppers 1 im Detail. Die beiden Achsen 3, 4 sind mit einem Zweikreisbremssystem 9 als Betriebsbremse ausgestattet, das über ein gemeinsames Bremspedal 10 betätigt wird. Weiterhin ist der Schlepper 1 mit einer nicht näher dargestellten Feststellbremse ausgerüstet.
-
Das Zweikreisbremssystem 9 weist zwei hydraulische Bremskreise 11, 12 auf. Dabei umfasst der Bremskreis 12 eine direkt betätigte Muskelkraftbremse 13 mit einem Lamellenpaket 14 an der Hinterachse 4 des Schleppers 1. Der durch Treten des Bremspedals 10 ausgeübte Druck wird über einen Hydraulikzylinder 15 auf die im Bremskreis 12 befindliche Hydraulikflüssigkeit übertragen und presst den Bremskolben 16 auf das Lamellenpaket 14.
-
Der andere Bremskreis 11 umfasst eine indirekt betätigte Fremdkraftbremse 17 mit einem Lamellenpaket 19 an der Vorderachse 3 des Schleppers 1. Der durch Treten des Bremspedals 10 ausgeübte Druck wird über einen Hydraulikzylinder 20 auf eine das Ventil 21 betätigende Steuerleitung 30 übertragen betätigt das Ventil 21.
-
Die indirekt betätigte Fremdkraftbremse 17 ist im dargestellten Ausführungsbeispiel als positiv betätigte Bremse mit bremskraftauslösender Bremsbetätigung ausgebildet. Hierbei wird durch Betätigung des Bremspedals 10 das Ventil 21 proportional zum Pedalweg des Bremspedals 10 geöffnet, so dass die Hydraulikflüssigkeit entsprechend dosiert aus dem hydraulischen Druckspeicher 22 abgelassen wird und den Bremskolben 18 auf das Lamellenpaket 19 presst.
-
Zusätzlich kann eine Bremsassistenzeinrichtung 23 vorgesehen sein, die ein elektrisch betätigtes Ventil 24 umfasst, welches parallel zum Ventil 21 in den Bremskreis 11 eingeschaltet ist. Auf diese Weise kann das elektrisch betätigte Ventil 24 unabhängig von der Betätigung des Bremspedals 10 einen Bremsvorgang auslösen. Das elektrisch betätigte Ventil 24 steht dabei mit einer in der Figur nicht dargestellten Steuerungseinrichtung eines Bremsassistenzsystems in Wirkverbindung. Die Steuerungseinrichtung kann so beispielsweise in erkannten Gefahrensituationen automatisch eine Notbremsung auslösen.