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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Betreiben eines Fahrzeugs in einem automatisierten Fahrbetrieb.
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Ein derartiges Verfahren und eine entsprechende Vorrichtung sind beispielsweise aus der
DE 10 2014 221 682 A1 bekannt. Wird bei diesem Verfahren während des automatisierten Fahrens erkannt, dass der automatisierte Fahrbetrieb nicht beibehalten werden kann, beispielsweise weil eine der Komponenten, die hierfür notwendig sind, ausgefallen ist oder eine sonstige Störung des automatisierten Fahrzeugbetriebs vorliegt, so wird die Steuerung des Fahrzeug durch eine Steuereinrichtung übernommen, die für einen Notfallbetriebsmodus ausgebildet ist, bei welchem das Fahrzeug in einen sicheren Stillstand überführt wird.
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Ein Übergang in einem solchen Notfallbetriebsmodus ist bei derartigen Verfahren in der Regel nur dann möglich, wenn die fehlerhafte Komponente der Fahrsteuerung für den automatisierten Fahrbetrieb eine Fehlermeldung generiert. Defekte an dem Fahrzeug, die keine derartige Fehlermeldung nach sich ziehen, können daher in dem automatisierten Fahrbetrieb nicht oder erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt werden, wodurch sich Gefahren für die Sicherheit der Fahrzeuginsassen und anderer Verkehrsteilnehmer ergeben.
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Vor diesem Hintergrund ist es die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, die Sicherheit der Insassen eines automatisiert fahrenden Fahrzeugs und anderer Verkehrsteilnehmer zu erhöhen.
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Zur Lösung dieser Aufgabe wird ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs in einem automatisierten Fahrbetrieb vorgeschlagen, wobei das Fahrverhalten des Fahrzeugs in einem Normalbetriebsmodus des automatisierten Fahrbetriebs überwacht wird, ein Fehlerzustand des Fahrzeugs anhand der Überwachung des Fahrverhaltens erkannt wird und anhand des erkannten Defekts ein Notfallbetriebsmodus des automatisierten Fahrbetriebs ausgewählt wird.
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Zur Lösung dieser Aufgabe wird ferner eine Vorrichtung zum Betreiben eines Fahrzeugs in einem automatisierten Fahrbetrieb vorgeschlagen, mit einer Steuereinrichtung, die konfiguriert ist das Fahrverhalten des Fahrzeugs in einem Normalbetriebsmodus des automatisierten Fahrbetriebs zu überwachen und einen Fehlerzustand des Fahrzeugs anhand des überwachten Fahrverhaltens zu erkennen und anhand des erkannten Defekts ein Notfallbetriebsmodus des automatisierten Fahrbetriebs auszuwählen
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Erfindungsgemäß wird während des regulären automatisierten Fahrbetriebs des Fahrzeugs, also wenn sich das Fahrzeug in einem Normalbetriebsmodus des automatisierten Fahrbetriebs befindet, insbesondere kontinuierlich, das Fahrverhalten des Fahrzeugs überwacht. Durch die Überwachung des Fahrverhaltens bietet sich der Vorteil, dass auch solche Fehler erkannt werden können, die Komponenten betreffen, welche nicht nur für einen automatisierten Fahrbetrieb, sondern auch für einen manuellen Fahrbetrieb erforderlich sind, wie beispielsweise das Fahrwerk, insbesondere die Räder, die Radaufhängung oder die Lenkung. Anhand der Überwachung des Fahrverhaltens wird dann ein Fehlerzustand erkannt. Ausgehend von dem Normalbetriebsmodus kann dann in Abhängigkeit von dem jeweiligen erkannten Defekt ein Notfallbetriebsmodus des automatisierten Fahrbetriebs ausgewählt werden.
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Unter einem automatisierten Fahrbetrieb wird ein autonomer oder ein teil-autonomer Fahrbetrieb verstanden.
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Bevorzugt ist es, wenn bei der Überwachung des Fahrverhaltens in dem Normalbetriebsmodus das Eigenlenkverhalten des Fahrzeugs überwacht wird, insbesondere auf ein Untersteuern oder ein Übersteuern des Fahrzeugs. Alternativ oder zusätzlich können bei der Überwachung des Fahrverhaltens in dem Normalbetriebsmodus auf das Fahrzeug wirkende Stöße überwacht werden. Weiter alternativ oder zusätzlich können bei der Überwachung des Fahrverhaltens in dem Normalbetriebsmodus Schwingungen, insbesondere Vibrationen, des Fahrzeugs überwacht werden. Bevorzugt wird bei der Überwachung des Fahrverhaltens geprüft, ob eine Kenngröße des Eigenlenkverhaltens, insbesondere der Eigenlenkgradient oder der Lenkwinkel, oder eine auf das Fahrzeug wirkende Beschleunigung oder Kraft einen vorgegebenen Schwellenwert überschreitet oder unterschreitet.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass bei der Überwachung des Fahrverhaltens in dem Normalbetriebsmodus eine Abweichung des Fahrverhaltens von einem Referenz-Fahrverhalten ermittelt wird. Bevorzugt ist das Referenz-Fahrverhalten ein erwartetes oder ein übliches Fahrverhalten, beispielsweise ein erwartetes oder übliches Eigenlenkverhalten, eine erwartete oder übliche auf das Fahrzeug wirkende Beschleunigung oder Kraft. Das erwartete Referenz-Fahrverhalten kann mittels eines Simulationsmodells des Fahrzeugs ermittelt werden. Ein übliches Fahrverhalten kann durch Beobachtung des zeitlich zurückliegenden Fahrverhaltens, insbesondere unter Bildung eines Mittelwerts, ermittelt werden.
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Eine vorteilhafte Ausgestaltung sieht vor, dass das Fahrverhalten in dem Normalbetriebsmodus mittels eines Simulationsmodells des Fahrzeugs nachgebildet wird. Bevorzugt werden Parameter des Simulationsmodells eingestellt, um ein mit dem Simulationsmodell simuliertes Fahrverhalten in Einklang mit dem bei der Überwachung beobachteten Fahrverhalten zu bringen.
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In diesem Zusammenhang ist es besonders vorteilhaft, wenn anhand des Simulationsmodells ein Reibwert des Fahrzeugs im Normalbetriebsmodus ermittelt wird. Durch die Ermittlung des Reibwerts kann festgestellt werden, ob das beobachtete Fahrverhalten durch eine Veränderung, insbesondere Reduktion, des Reibwerts bedingt ist oder ob ein Defekt des Fahrzeugs wahrscheinlich ist. Bevorzugt wird der Reibwert in dem Normalbetriebsmodus parallel zu dem Fahrbetrieb kontinuierlich anhand des Simulationsmodells ermittelt, so dass unerwünschte Verzögerungen zur Ermittlung des Reibwerts vermieden werden.
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Alternativ oder zusätzlich kann es vorteilhaft sein, wenn mittels eines Beschleunigungssensors des Fahrzeugs eine auf das Fahrzeug wirkende Beschleunigung gemessen wird und ermittelt wird, ob innerhalb eines vorgegebenen Zeitfensters vor einem Zeitpunkt zu dem die Abweichung des Fahrverhaltens detektiert worden ist, eine Beschleunigung gemessen wurde, die größer ist als ein vorgegebener Beschleunigungsgrenzwert. Ein solches Überschreiten eines Beschleunigungsgrenzwerts vor der Detektion der Abweichung des Fahrverhaltens kann ein Anzeichen für einen vorhergehenden Aufprall auf das Fahrzeug sein, beispielsweise ein Aufprall der Radaufhängung auf ein Hindernis. Ein derartiger Aufprall kann eine Ursache für die zeitlich später eingetretene Abweichung im Fahrverhalten darstellen.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung ist vorgesehen, dass ein Steuerbefehl zur Steuerung der Fahrt des Fahrzeugs erzeugt wird und die Reaktion des Fahrzeugs auf den Steuerbefehl detektiert wird. Auf diese Weise kann dann, wenn eine Abweichung des Fahrverhaltens von einem Referenz-Fahrverhalten detektiert worden ist, ermittelt werden, welche Steuermaßnahmen noch wirksam sind und welche tatsächliche Wirkung diese Steuermaßnahmen erzeugen. Der Steuerbefehl ist bevorzugt ein Lenkeinschlagbefehl, ein Einzelradbremsbefehl oder ein Einzelradantriebsbefehl. Bevorzugt werden mehrere Steuerbefehle einzeln oder in Kombination nacheinander erzeugt und die entsprechende Reaktion des Fahrzeugs auf diese Steuerbefehle detektiert.
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In diesem Zusammenhang ist es vorteilhaft, wenn anhand der Reaktion des Fahrzeugs auf den Steuerbefehl ein Simulationsmodell des Fahrzeugs angepasst wird, insbesondere das Simulationsmodell, mit welchem das Fahrverhalten in dem Normalbetriebsmodus nachgebildet wird. Durch das Anpassen des Simulationsmodells an die detektierte Reaktion kann ein Simulationsmodell des Fahrzeugs mit dem erkannten Fehlerzustand bereitgestellt werden.
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Bevorzugt wird das Fahrverhalten in dem Notfallbetriebsmodus mittels des angepassten Fahrzeugmodells nachgebildet. Das Simulationsmodell des Fahrzeugs mit dem erkannten Fehlerzustand kann genutzt werden, um das Fahrverhalten des Fahrzeugs mit dem Fehlerzustand vorauszusagen. In dem Notfallbetriebsmodus kann das Simulationsmodell des Fahrzeugs mit dem erkannten Fehlerzustand genutzt werden, um geeignete Steuerbefehle zum Manövrieren des defekten Fahrzeugs auszuwählen bzw. zu generieren, beispielsweise um aktiv einen sicheren Ort ansteuern zu können und/oder um einen sicheren Fahrzustand zu erreichen.
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Bevorzugt wird das Fahrzeug in den ausgewählten Notfallbetriebsmodus versetzt, um die Sicherheit für die Insassen des Fahrzeugs und andere Verkehrsteilnehmer zu erhöhen. Besonders bevorzugt wird das Fahrverhalten des Fahrzeugs auch in dem Notfallbetriebsmodus des automatisierten Fahrbetriebs überwacht. Das Fahrverhalten in dem Notfallbetriebsmodus kann mittels eines Simulationsmodells des Fahrzeugs nachgebildet werden, beispielsweise mittels des Simulationsmodells des Fahrzeugs mit dem erkannten Fehlerzustand.
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Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung sollen nachfolgend anhand eines in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispiels erläutert werden. Hierin zeigt:
- 1 ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Betreiben eines Fahrzeugs in einem automatisierten Fahrbetrieb gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung.
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Bei dem in der 1 gezeigten Ausführungsbeispiel eines Verfahrens gemäß der Erfindung wird davon ausgegangen, dass sich das Fahrzeug in einem Normalbetriebsmodus 102 eines automatisierten Fahrbetriebs befindet, d.h. dass das Fahrzeug autonom oder teil-autonom Fahrmanöver durchführt, die ein Fahrverhalten nach sich ziehen, vgl. Startzustand 100. Beispielsweise kann das Fahrzeug in dem Normalbetriebsmodus 102 eine Kurvenfahrt durchführen, um eine vorgegebene Fahrstrecke zu befahren.
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Während der Normalbetriebsmodus 102 aktiv ist, wird das Fahrverhalten des Fahrzeugs, insbesondere kontinuierlich oder in periodischen Abständen, überwacht. Im Rahmen dieser Überwachung kann beispielsweise das Eigenlenkverhalten des Fahrzeugs überwacht werden, insbesondere auf ein Untersteuern oder ein Übersteuern des Fahrzeugs hin. Alternativ oder zusätzlich kann eine Überwachung hinsichtlich auf das Fahrzeug wirkender Stöße durchgeführt werden und/oder es können Schwingungen, insbesondere Vibrationen, des Fahrzeugs überwacht werden. In einem Überwachungsschritt 101 wird ermittelt, ob eine Abweichung des Fahrverhaltens in dem Normalbetriebsmodus 102 von einem Referenz-Fahrverhalten vorliegt. Sofern keine Abweichung von dem Referenz-Fahrverhalten erkennbar ist, verbleibt das Fahrzeug im Normalbetriebsmodus 102. Wird aber eine Abweichung detektiert, so werden Notfallmaßnahmen ergriffen, wobei ein Fehlerzustand des Fahrzeugs anhand der Überwachung des Fahrverhaltens erkannt wird und anhand des erkannten Defekts ein Notfallbetriebsmodus des automatisierten Fahrbetriebs ausgewählt wird.
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Hierbei werden parallel mehrere zeitkritische Aktivitäten gestartet. Hierbei handelt es sich um einen ersten Vorbereitungsschritt 103, einen zweiten Vorbereitungsschritt 104, einen dritten Vorbereitungsschritt 105 sowie einen Fehlererkennungsschritt 106 auf die im Folgenden näher eingegangen wird.
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In dem ersten Vorbereitungsschritt 103 wird das Fahrzeug auf ggf. erfolgende Maßnahmen in einem Notfallbetriebsmodus 108, 109, 110, 111 vorbereitet. Dabei können in dem ersten Vorbereitungsschritt 103 ein oder mehrere Bremsbeläge des Fahrzeugs angelegt werden, um einen schnelleren Start einer in einem Notfallbetriebsmodus 108, 109, 110, 111 ggf. erfolgenden Bremsung zu ermöglichen. Ferner werden bevorzugt Hydraulikspeicher des oder der Bremssysteme gefüllt. Zudem kann das durch einen Antrieb des Fahrzeugs bereitgestellte Antriebsmoment reduziert werden, um ggf. kurzfristig Lenkmanöver durchzuführen. Optional kann eine Test-Bremsung oder Test-Beschleunigung durchgeführt werden, um den Reibwert zwischen den Reifen und dem Untergrund zu bestimmen. Hierbei kann ein Bremsmoment bzw. ein Antriebsmoment eines Rads erhöht werden und das ax-Verhalten bzw. Drehzahländerungen des Rads ermittelt werden, um daraus den Reibwert abzuleiten.
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In dem parallel zu dem ersten Vorbereitungsschritt 103 durchgeführten zweiten Vorbereitungsschritt 104 werden Maßnahmen zum Schutz der Insassen des Fahrzeugs getroffen. Hierbei kann ein ggf. vorhandenes Lenkrad des Fahrzeugs von den Lenkbewegungen der Räder entkoppelt werden, um Verletzungen der Insassen durch schnelle automatische Lenkmanöver zu vermeiden. Ferner können vorhandene Sicherheitssysteme in dem Innenraum, z. B. Sitze, Gurtanlenkungen oder das Lenkrad, in einen optimalen Arbeitsbereich oder eine optimale Arbeitsstellung verbracht werden. Schließlich ist es möglich, dass in dem zweiten Vorbereitungsschritt 104 Fensterscheiben des Fahrzeugs und/oder ein Schiebedach geschlossen werden.
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In dem parallel zu dem ersten und zweiten Vorbereitungsschritt 103, 104 durchgeführten dritten Vorbereitungsschritt 105 werden andere Verkehrsteilnehmer, insbesondere andere automatisiert fahrende Fahrzeuge, über die Situation des Fahrzeugs und dessen Position informiert. Hierbei können Informationen in einen vorgegebenen, insbesondere standardisierten, Protokoll übermittelt werden. Bei diesen Informationen kann es sich um eine oder mehrere der folgenden Informationen handeln: Reibwert, Informationen über Mikrosplitverhältnisse, Informationen über Hindernisse auf der Fahrbahn, Informationen über eine Kollision, Informationen über brennende Objekte, Informationen über potentiell schädlichen Rauch, Informationen über Sichtverhältnisse, Informationen über die Notfallstrategie des Fahrzeugs, Informationen über den geplanten Bewegungspfad und geplanten Geschwindigkeitsverlauf des Fahrzeugs.
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Gleichzeitig zu den Vorbereitungsschritten 103, 104, 15 wird der Fehlererkennungsschritt 106 durchgeführt. In diesem Fehlererkennungsschritt 106 wird das Fahrverhalten in dem Normalbetriebsmodus mittels eines Simulationsmodells des Fahrzeugs nachgebildet. Eine Simulation anhand dieses Simulationsmodells wird permanent während des Normalbetriebsmodus durchgeführt. In dem Fehlererkennungsschritt 106 erfolgt ein Soll-Ist-Vergleich, bei welchem das Fahrverhalten in dem Normalbetriebsmodus mit einem simulierten Fahrverhalten verglichen wird. Sofern Abweichungen zwischen dem tatsächlichen und dem simulierten Fahrverhalten vorliegen, werden ein oder mehrere Parameter des Simulationsmodells eingestellt, um das simulierte Fahrverhalten an das tatsächliche Fahrverhalten anzugleichen.
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Mittels des Simulationsmodells wird insbesondere ein Reibwert des Fahrzeugs im Normalbetriebsmodus, also der Reibwert zwischen den Rädern und dem Untergrund, ermittelt. Durch die Ermittlung des Reibwerts kann festgestellt werden, ob das beobachtete Fahrverhalten durch eine Veränderung, insbesondere Reduktion, des Reibwerts bedingt ist oder ob ein Defekt des Fahrzeugs wahrscheinlich ist. Ferner kann ein Soll-Ist-Vergleich der Raddrehzahlen, der Einfederwege und/oder der Zugkraft der Räder erfolgen.
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Eine hohe Raddrehzahl kann darauf hinweisen, dass der Reifen des entsprechenden Rads zu wenig Luft hat. Ist die Drehzahl eines oder mehrere Räder gleich Null, so weist dies auf eine Blockade des und der Räder hin. Kann für en Rad keine Drehzahl ermittelt werden, kann ein elektrischer Defekt an dem Rad vorliegen oder das Rad kann, beispielsweise aufgrund einer Kollision, nicht mehr vorhanden sein.
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Wird ein geringer Einfederweg festgestellt, so kann dies ebenfalls auf eine zu geringe Luftmenge in dem entsprechenden Reifen des Rads hinweisen. Das andere Rad derselben Achse und dessen diagonal gegenüberliegendes Rad wird stärker eingefedert. Wird festgestellt, dass ein Federbein vollständig ausgefahren ist, insbesondere wenn zugleich das andere Rad derselben Achse und dessen diagonal gegenüberliegenden Rad deutlich stärker einfedern und das dem vollständig ausgefahrenen Federbein diagonal gegenüberliegende Rad stark entlastet ist, so deutet dies darauf hin, dass das entsprechende Rad oder Teile der Radaufhängung fehlen. Sind von einer Radaufhängung keine Sensordaten verfügbar, so deutet dies auf einen elektrischen Fehler hin bzw. darauf, dass Teile der Radaufhängung nicht mehr vorhanden sind.
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Falls die Zugkraft eines Rads reduziert ist, d.h. das Rad nur sehr wenig Antriebs- oder Bremskraft übertragen kann, deutet dies auf einen Reifenschaden hin.
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Zudem wird mittels eines Beschleunigungssensors des Fahrzeugs eine auf das Fahrzeug wirkende Beschleunigung gemessen und ermittelt, ob innerhalb eines vorgegebenen Zeitfensters vor dem Zeitpunkt zu dem die Abweichung des Fahrverhaltens detektiert worden ist, eine Beschleunigung gemessen wurde, die größer ist als ein vorgegebener Beschleunigungsgrenzwert. Eine solches Überschreiten eines Beschleunigungsgrenzwerts vor der Detektion der Abweichung des Fahrverhaltens ist ein Anzeichen dafür, dass kurz vor dem Auftreten der Abweichung ein Aufprall auf das Fahrzeug stattgefunden haben kann, beispielsweise einen Aufprall auf die Radaufhängung. Ein derartiger Aufprall kann eine Ursache für die zeitlich später eingetretene Abweichung im Fahrverhalten darstellen.
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In dem Fehlererkennungsschritt 106 wird ferner ein Steuerbefehl zur Steuerung der Fahrt des Fahrzeugs erzeugt, beispielsweise ein Lenkeinschlagbefehl, ein Einzelradbremsbefehl oder ein Einzelradantriebsbefehl. Die Reaktion des Fahrzeugs auf den Steuerbefehl wird detektiert, um zu Prüfen, ob ein Defekt vorliegt und ob Kontrolle über das Fahrzeug erlangt werden kann. Anhand der Reaktion des Fahrzeugs auf den Steuerbefehl wird das Simulationsmodell des Fahrzeugs angepasst, so dass es anhand des Simualtionsmodells wieder vorhersehbar wird, wie das defekte Fahrzeug auf Steuerbefehle, beispielsweise Lenkbefehle oder Bremsbefehle, reagieren wird. Zudem ist es möglich, anhand des angepassten Simulationsmodells - d.h des Simulationsmodells des Fahrzeugs mit dem erkannten Fehlerzustand - zu ermitteln, welcher Aktuator, beispielsweise für die Lenkung, den Antrieb oder das Bremssystem, mit welcher Intensität angesteuert werden muss, um eine gewünschte Reaktion des Fahrzeugs zu erhalten. Insofern kann das Fahrverhalten in dem Normalbetriebsmodus und/oder dem Notfallbetriebsmodus mittels des angepassten Fahrzeugmodells nachgebildet werden.
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Mit dem angepassten Simulationsmodell, also dem Simulationsmodell des Fahrzeugs mit dem erkannten Fehlerzustand, kann ermittelt werden, welcher Notfallbetriebsmodus ausgewählt und eingeleitet werden soll. Diese Auswahl erfolgt in einem dem Fehlererkennungsschritt 106 nachfolgenden Auswahlschritt 107.
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In dem Fehlerkennungsschritt 106 werden mögliche Notfallmaßnahmen in einer nachfolgend dargestellten Reihenfolge abgetestet: in einem ersten Teilschritt wird geprüft, insbesondere während der aktuell herrschenden Bewegung des Fahrzeugs, ob die Orientierung des Fahrzeugs geändert werden kann, d.h. ob eine Drehung des Fahrzeugs um seine Hochachse möglich ist. Falls eine solche Drehung um die Hochachse möglich ist, kann das Fahrzeug derart ausgerichtet werden, dass seine Fahrzeugfront oder sein Fahrzeugheck in Fahrtrichtung zeigt. Hierdurch kann die passive Sicherung erhöht werden, insbesondere falls eine Kollision nicht verhindert werden kann. Dabei ist eine Ausrichtung mit der Fahrzugfront nach vorne zu bevorzugen. Nur, wenn eine Ausrichtung des Fahrzeugs mit dem Fahrzeugheck nach vorne mit einem geringe Drehwinkel möglich ist, sollte diese Variante gewählt werden. Während eine Drehbewegung durchgeführt wird, ist eine wahrscheinliche Bewegungstrajektorie zu ermitteln, um daraus abzuleiten, ob eine Kollision mit einem Objekt droht.
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In einem zweiten Teilschritt wird geprüft, ob die bestehende Orientierung des Fahrzeugs beibehalten werden kann. Idealerweise sollte es möglich sein, die im ersten Teilschritt eingestellte Orientierung des Fahrzeugs beizubehalten.
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In einem dritten Teilschritt wird geprüft, ob eine Änderung der Bewegungsrichtung des Fahrzeugs möglich ist, beispielsweise um Kurskorrekturen durchzuführen, um Hindernissen auszuweichen oder der Fahrbahn zu folgen.
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Schließlich wird in einem vierten Teilschritt geprüft, ob eine kontrollierte Verzögerung des Fahrzeugs möglich ist.
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Zusätzlich wird geprüft, ob eine Kollision mit einem anderen Fahrzeug oder einem Objekt droht.
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Wenn die Änderung und Stabilisierung der Fahrzeugorientierung möglich ist, Änderungen der Bewegungsrichtung möglich sind und eine Kollision droht, wird in einem dem Fehlerkennungsschritt 106 nachfolgenden Auswahlschritt 107 ein erster Notfallbetriebsmodus 108 ausgewählt, in welchem ein Ausweichmanöver durchgeführt wird.
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Wenn die Änderung und Stabilisierung der Fahrzeugorientierung möglich ist, Änderungen der Bewegungsrichtung möglich sind und keine Kollision droht, wird in dem Auswahlschritt 107 ein zweiter Notfallbetriebsmodus 109 ausgewählt, in welchem ein Bremsmanöver durchgeführt wird.
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Wenn die Änderung und Stabilisierung der Fahrzeugorientierung möglich ist, keine Änderung der Bewegungsrichtung möglich ist und eine Kollision droht kann ein dritter Notfallbetriebsmodus 110 gewählt werden, in welchem Pre-Crash-Maßnahmen verstärkt werden, um das Fahrzeug auf eine Kollision vorzubereiten. In diesem Fall wird die Fahrzeugausrichtung derart eingestellt, dass eine maximale Überdeckung von Fahrzeugfront oder Fahrzeugheck mit dem Hindernis erreicht wird. Zudem wird das Fahrzeug maximal bis zum Stillstand 112 verzögert. Bei Stillstand 112 oder kurz vor einem Aufprall wird ein Notruf abgesetzt.
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Wenn die Änderung und Stabilisierung der Fahrzeugorientierung möglich ist, keine Änderung der Bewegungsrichtung möglich ist und keine Kollision droht kann ein weiterer Notfallbetriebsmodus 111 gewählt werden, in welchem die Drehung um die Hochachse stabilisiert wird und das Fahrzeug maximal bis zum Stillstand 112 verzögert und ein Notruf abgesetzt wird. Die Verzögerung des Fahrzeugs wird dabei vorzugsweise so gewählt, dass ein bei Stillstand möglichst sicherer Ort erreicht wird, beispielsweise nicht mitten in einem Kreuzungsbereich einer Straße sondern in dem Fall bevorzugt hinter dem Kreuzungsbereich.
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Wenn keine Stabilisierung der Orientierung um die Hochachse möglich ist und eine Kollision droht kann ein weiterer Notfallbetriebsmodus 111 gewählt werden, in welchem Pre-Crash-Maßnahmen verstärkt werden, um das Fahrzeug auf eine Kollision vorzubereiten. Zudem wird das Fahrzeug maximal bis zum Stillstand 112 verzögert. Bei Stillstand 112 oder kurz vor einem Aufprall wird ein Notruf abgesetzt.
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Wenn keine Stabilisierung der Orientierung um die Hochachse möglich ist und keine Kollision droht kann ein weiterer Notfallbetriebsmodus 111 gewählt werden, in welchem das Fahrzeug maximal bis zum Stillstand 112 verzögert wird. Bei Stillstand 112 wird ein Notruf abgesetzt.
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Wenn keine Änderung der Orientierung um die Hochachse möglich ist liegt ein erheblicher Schaden vor, da das Fahrzeug keine ausreichende Handlungsfähigkeit bietet, um mögliche Kollision zu vermeiden. Es wird ein weiterer Notfallbetriebsmodus 111 gewählt, in welchem Pre-Crash-Maßnahmen verstärkt werden, um das Fahrzeug auf eine Kollision vorzubereiten. Andere Verkehrsteilnehmer werden über die Bewegungsrichtung des Fahrzeugs, dessen Geschwindigkeit, Verzögerung in Echtzeit informiert. Zudem wird das Fahrzeug maximal bis zum Stillstand 112 verzögert. Bei Stillstand 112 wird ein Notruf abgesetzt.
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Bei dem vorstehend beschriebenen Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs in einem automatisierten Fahrbetrieb wird das Fahrverhalten des Fahrzeugs in einem Normalbetriebsmodus des automatisierten Fahrbetriebs überwacht, es wird ein Fehlerzustand des Fahrzeugs anhand der Überwachung des Fahrverhaltens erkannt und anhand des erkannten Defekts ein Notfallbetriebsmodus des automatisierten Fahrbetriebs ausgewählt. Hierdurch kann die Sicherheit der Insassen des automatisiert fahrenden Fahrzeugs und anderer Verkehrsteilnehmer erhöht werden.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Startzustand
- 101
- Überwachungsschritt
- 102
- Normalbetriebsmodus
- 103
- Vorbereitungsschritt
- 104
- Vorbereitungsschritt
- 105
- Vorbereitungsschritt
- 106
- Fehlererkennungsschritt
- 107
- Auswahlschritt
- 108
- Notfallbetriebsmodus
- 109
- Notfallbetriebsmodus
- 110
- Notfallbetriebsmodus
- 111
- Notfallbetriebsmodus
- 112
- Stillstand
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102014221682 A1 [0002]