DE102018008579A1 - Generierung künstlicher Bindeproteine mit spezifischen Bindungseigenschaften und Verfahren zu ihrer Herstellung - Google Patents

Generierung künstlicher Bindeproteine mit spezifischen Bindungseigenschaften und Verfahren zu ihrer Herstellung Download PDF

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Abstract

Protein, ausgewählt aus der Protein-Familie der Ca-bindenden gamma-Kristallin-ähnlichen Proteine, die ein gamma-Kristallin-artiges Faltungsmuster und Ca-bindende Sequenzmotive aufweisen sowie Modifikationen, Fragmente oder Fusionsproteine hiervon, die jeweils das typische gamma-Kristallin-artige Faltungsmuster und die Ca-bindenden Sequenzmotive besitzen, wobei das Protein auf Grund einer oder mehrerer Modifikationen von Aminosäuren in einem oberflächenexponierten Bereich des Proteins eine vorher nicht vorhandene Bindungsaffinität gegenüber einem vorbestimmten Bindungspartner aufweist und die Bindungstärke gegenüber dem Bindungspartner von der Konzentration freier Ca-Ionen abhängig ist.

Description

  • Die Erfindung befasst sich mit dem Problem der Bindung und Isolierung von Stoffen aus komplexen Mischungen mittels Proteinen als spezifische Bindungspartner. Bekannt sind Antikörper als Proteine mit spezifischen Bindungseigenschaften. Natürliche und künstlich eingeführte Diversität innerhalb der bekannten Antikörper-Aminosäuresequenzen führt dazu, dass Antikörper über die Bereiche mit Sequenzdiversität eine enorme Vielzahl an Bindungspartnern spezifisch erkennen und binden können. Die erzeugten Bindeproteine mit spezifischen Bindungseigenschaften lassen sich zur Bindung, Isolierung und Anreicherung der jeweils erkannten Bindungspartner in bzw. aus komplexen Stoffmischungen einsetzen. Ebenso werden natürliche Wechselwirkungen zwischen Proteinen und weiteren Stoffen zur Bindung und Isolierung dieser Stoffe eingesetzt. Darüber hinaus ist bekannt, wie kurze Peptidstrukturen durch spezifische Bindung an verschiedene Bindungspartner zur Bindung und Isolierung von Proteinen eingesetzt werden können, indem diese Peptidstrukturen an die zu bindenden bzw. zu isolierenden Proteine als sogenannte Anhängsel (tags) angefügt werden und somit ihre eigenen Bindungseigenschaften auf die zu bindenden bzw. zu isolierenden Proteine übertragen. Dabei gilt bei allen bekannten Methoden, dass eine hohe Bindungsstärke zwischen dem Protein und dem jeweiligen Bindungspartner zu einer effizienteren Bindung und somit Isolierung des spezifisch von dem Protein erkannten Bindungspartners führt. Eine hohe Bindungsstärke (Affinität) führt jedoch dazu, dass der gebundene Bindungspartner nur in geringem Maß unter den äußeren Bedingungen der Bindung wieder freigesetzt werden kann. Wenn das Protein für erneute Bindungsereignisse zur Verfügung stehen soll, muss somit für eine effektive Ablösung des Bindungspartner vom Protein durch eine Änderung der äußeren Bedingungen die Interaktion zwischen Protein und dem Bindungspartner so modifiziert werden, dass aufgrund einer deutlichen Verringerung der Bindungsstärke die Freisetzung des Bindungspartners erfolgt.
  • Für die Abtrennung und Isolierung von Substanzen aus komplexen Stoffmischungen werden hauptsächlich chromatographische Methoden eingesetzt, die unterschiedliche biophysikalische Eigenschaften der Substanzen zur Trennung des Gemisches ausnutzen. Für die Isolierung und Abtrennung von Biomolekülen wie Proteinen kommt neben den klassischen Methoden wie lonenaustausch-Chromatographie (IEC), hydrophober Interaktions-Chromatographie (HIC) und Gelfiltration (GF) dabei insbesondere die Affinitätschromatographie zum Einsatz. Die Affinitätschromatographie erlaubt als einzige Reinigungsmethode die gezielte Entfernung eines Biomoleküls aus einem Gemisch nur aufgrund seiner Bioaktivität oder biophysikalischen bzw. chemischen Struktur. Hierbei beruht die Trennung auf der spezifischen Erkennung des zu reinigenden Proteins durch einen an eine Matrix gekoppelten Liganden. Diese spezifische Wechselwirkung kann zum einen durch Anfügen eines sogenannten tags an die Gensequenz des zu reinigenden Proteins und Verwendung eines entsprechend komplementären, an der Chromatographiematrix immobilisierten Liganden erfolgen. Es wurde eine Reihe solcher tags entwickelt, welche aus kurzen bis 15 Aminosäuren umfassenden Peptiden (His-tag, Strep-tagII, FLAG-tag u.a.) oder aber auch aus ganzen Proteinen (Thioredoxin, Glutathion-S-Transferase, Maltose-Bindeprotein, Chitin-Bindedomäne u.a.) bestehen können /1/-/6/. Um bei der Proteinreinigung nach der Bindung an die Chromatographiematrix eine Elution unter nativen Bedingungen durchzuführen, werden im Labormaßstab momentan vor allem fag-basierte Expressions- und Reinigungssysteme eingesetzt /7/. Dazu zählt unter anderem das Strep-tag II-System /4/. Hierbei wird das zu reinigende Protein mit einer zusätzlichen, 8 Aminosäuren langen Peptidsequenz - dem Strep-tag II - fusioniert und das Fusionskonstrukt rekombinant hergestellt. Der Strep-tag II bindet an eine Variante des Proteins Streptavidin, das sogenannte StrepTactin, und kann nach der Bindung durch Zugabe der natürlichen Streptavidin-Bindungspartnern Biotin oder Desthiobiotin eluiert werden /8/. Die Bindungsstärke des Strep-tag II an das StrepTactin liegt allerdings nur im mikromolaren Bereich (KD ca. 10-6 M) und ist somit nicht hochaffin. Auch die Ca2+-abhängige Bindung des ebenfalls 8 Aminosäuren großen FLAG-tags an den monoklonalen anti-FLAG-Antikörper M1 weist nur eine submikromolare Affinität (KD ca. 10-7 M) auf /9/. Weiterhin eignen sich poly-Histidin-Fusionen, deren Komplexbildung mit immobilisierten Metallionen mit Affinitäten gleichfalls im mikromolaren Bereich erfolgt, zur Isolierung von Proteinen aus komplexen Mischungen /1/; /10/; /11/. Typischerweise werden sechs (hexa-) bis zehn (deca-) Histidine für eine Fusion als sogenannter His-tag verwendet. Hochaffin bindende tag-Systeme (KD ca. 10-9 M) basieren vor allem auf natürlichen, Ca2+-abhängigen Protein-Protein-Interaktionen. So werden Matrices mit immobilisiertem Calmodulin zur Reinigung von Proteinen mit einer fusionierten Calmodulin-bindenden Peptidsequenz (CBP) eingesetzt /12/. Die CBP-Sequenz wurde dabei aus der Sequenz der muskulären Myosin-Leichte-Ketten-Kinase (MLCK), einem natürlichen Calmodulin-Bindungspartner, abgeleitet. Mit 26 Aminosäuren ist der CBP-tag bereits deutlich größer als die bereits angeführten Peptid-tags. Mit einem auf der natürlichen Cohesin-Dockerin-Interaktion beruhenden tag-System kann ebenfalls eine sehr hohe Bindungsstärke erzielt werden /13/, jedoch liegt die Größe des Dockerin-tags mit 48 Aminosäuren nochmals deutlich über der des CBP-tags. Ein weiteres Fusionssystem, welches ebenfalls die Ca2+-abhängige Bindung und Elution des Fusionsproteins unter nativen Bedingungen erlaubt, basiert auf der genetischen Fusion des zu reinigenden Proteins mit einem Tandem-repeat-Protein der N-terminalen Domäne von Protein S aus Myxococcus xanthus. Dabei wird die natürliche, Ca2+-abhängige Bindungsaktivität des Protein S zu M. xanthus-Sporen /14/ ausgenutzt, indem diese Myxosporen als natürliche Affinitätsmatrix zur Isolierung der Fusionskonstrukte in Abhängigkeit von der Konzentration freier Ca2+-Ionen eingesetzt werden /15/.
  • Zum anderen kann die spezifische Wechselwirkung des Liganden aber auch direkt mit dem Zielprotein erfolgen, indem natürliche Liganden wie Enzyminhibitoren, Substratanaloga oder Antikörper auf den Reinigungssäulen immobilisiert werden. Für die Reinigung von Antikörpern, einer Protein-Klasse mit immer größerer therapeutischer Bedeutung, kommen dabei die natürlichen Immunglobulin-bindenden bakteriellen Protein A und Protein G aus Staphylococcus aureus bzw. Streptococcus sp. zur Anwendung /16/. Diese werden in der Regel an Agarose-basierte Chromatographiematrices gekoppelt /17/. Durch die spezifische und hochaffine Bindung der Protein A/G-Liganden an die Antikörper können diese in einem einzigen Reinigungsschritt von nahezu allen Verunreinigungen abgetrennt und gleichzeitig am Säulenmaterial aufkonzentriert werden. Die für eine effiziente Abtrennung erforderliche starke Bindung erschwert jedoch die anschließende Freisetzung der Antikörper. Daher erfolgt die Elution durch eine Verschiebung des pH-Wertes unter sauren Bedingungen (pH<4).
  • Antikörper selbst stellen eine natürliche Klasse von Bindeproteinen dar, die eine sehr hohe Variabilität bei der Bindung an Zielstrukturen und gleichzeitig eine hohe Spezifität der Bindung aufweisen. Aufgrund dessen werden auch Antikörper bzw. ihre Zielstrukturbindenden Domänenfragmente als Affinitätsliganden zur Reinigung der von den jeweiligen Antikörpern spezifisch erkannten und gebundenen Proteine eingesetzt /18/. Von besonderem Interesse sind dabei Antikörper-Fragmente, welche nur die bindenden Domänen der Immunglobuline umfassen, da diese leichter in mikrobiellen Systemen und somit kostengünstiger hergestellt werden können /19/. Die aus Kamel-Antikörpern abgeleiteten Einzeldomänen-Proteine, sogenannte Nanobodies, werden als besonders geeignete Liganden für die Affinitätschromatographie angesehen /20/. Hochaffine Nanobodies werden vor allem als Affinitätsliganden zur Abreicherung unerwünschter Bestandteile aus komplexen Mischungen eingesetzt, da hierbei die Zielstruktur im Durchfluss verbleibt und somit keine schonende Elution notwendig ist /21/. Basierend auf Antikörpern wurden auch Interaktionen mit Bindungspartnern beschrieben, welche eine Abhängigkeit der Bindungsstärke von der Konzentration freier Ca2+-Ionen aufweisen. Neben dem bereits angeführten FLAG-tag-bindenden Antikörpern wurde auch eine Methode beschrieben, wie aus einer Bibliothek von Antikörper-Varianten einzelne Varianten mit Ca2+-abhängig schaltbarer Bindung an verschiedene Bindungspartner isoliert werden können /22/.
  • Das Prinzip der Immunoaffinitätschromatographie wurde auch auf neuartige künstliche Bindeproteine übertragen, welche auf kleinen und stabilen Gerüstproteinen beruhen /23/ und mittels rekombinanter Display-Technologien wie Phagen-Display oder Zelloberflächen-Display /24/ gewonnen werden können. Durch die Methoden des Protein-engineering kann dabei die Spezifität der Liganden für beliebige Zielstrukturen maßgeschneidert werden /25/-/27/. So wurde für die vom Protein A abgeleiteten Affibodies ebenso wie für auf Augenlinsen-Kristallinen basierenden Bindeproteine der mögliche Einsatz in chromatographischen Anwendungen beschrieben /28/-/29. Allen bisherigen Ansätzen ist dabei gemein, dass die Elution von hochaffin gebundenen Zielproteinen weiterhin nur durch Anwendung besonders extremer pH- oder Hochsalzbedingungen möglich ist.
  • Neben den angeführten künstlichen Bindeproteinen kommen auch DNA- oder RNAbasierte Affinitätsliganden zur Anwendung /30/. Diese sogenannten Aptamere weisen eine hohe strukturelle Stabilität und Bindungsstärken im Bereich monoklonaler Antikörper (KD ca. 10-7 bis 10-9 M) auf. Für ein IgG-bindendes RNA-Aptamer konnte sogar eine Elution der gebundenen Zielstruktur unter milden Elutionsbedingungen gezeigt werden /31/, wobei durch Zugabe von EDTA zweiwertige Ionen (Mg2+ und Ca2+) entfernt wurden und somit die Konformation des Aptamers beeinflusst wurde. In einem weiteren Beispiel wurden Ca2+- bzw. Mg2+-schaltbare Aptamere als Liganden zur Reinigung von Viruspartikeln eingesetzt /32/.
  • Die oben angeführten Peptid- und Protein-tags weisen eine Reihe von Nachteilen auf. Die Fusion an die zu isolierenden Zielstrukturen kann zu einer Beeinflussung der biologischen Aktivität führen. Die modifizierten Zielstrukturen können außerdem eine veränderte Immunogenizität aufweisen. Die angefügten tags müssen daher oft proteolytisch nach erfolgter Reinigung abgespalten werden, was einen weiteren Reinigungsschritt wie z. B. Gelfiltration zur Abtrennung der Fragmente und Proteasen erfordert. Unabhängig von ihrer Größe können alle Fusions-tags Auswirkungen auf die Struktur des jeweiligen Fusionspartners und auch dessen biologische Aktivität haben /33/-/34/. Zudem können nur Zielstrukturen isoliert und gebunden werden, welche zuvor mittels gentechnischer Methoden durch Anfügen der tag-Sequenzen modifiziert wurden. Dabei tritt aber häufig auf, dass die angefügten Peptid- oder Protein-tags nicht frei zugänglich auf der Proteinoberfläche vorliegen und so verschiedene Zielstrukturen einer tag-Markierung per se nicht zugänglich sind. Eine Isolierung und Bindung der Zielstrukturen aus nicht genveränderten Stoffgemischen wie beispielsweise Blut, Serum oder ähnlichen komplexen Mischungen ist mittels fag-basierter Systeme ebenfalls nicht möglich, da die Zielstrukturen nur unmodifiziert, ohne angefügte tag-Sequenz bzw. -Struktur, in dem Stoffgemisch vorliegen.
  • Natürlich vorkommende Ligand-Bindungspartner-Systeme wie z.B. das Protein-A/Protein-G-System zur Reinigung von Antikörpern weisen den Nachteil auf, dass die Selektivität der Bindung sehr restriktiv ist. So binden die beiden angeführten Liganden an den konstanten Teil der schweren Antikörperketten (Fc-Fragmente) und können nicht zur Isolierung von Antikörperfragmenten eingesetzt werden, welche nur die variablen Bereiche umfassen (Fab-Fragmente und scFv-Antikörper).
  • Werden Affinitätsliganden eingesetzt, welche nicht-modifizierte Zielstrukturen erkennen und deren Spezifität durch geeignete Methoden des Protein-engineering maßgeschneidert werden kann, treten ebenfalls verschiedene Limitationen und Nachteile auf. So erfordern hohe Bindungsstärken für die entsprechenden Bindungspartner entsprechend stärker denaturierende Elutionsbedingungen. Bei bisherigen technischen Lösungen basierend auf Antikörpern, Antikörper-Fragmenten oder Proteinen mit antikörperähnlichen Bindungseigenschaften, welche Strukturen ohne angefügte tags erkennen und mit hoher Affinität binden, erfolgt dies in der Regel entweder durch eine Veränderung des pH-Werts des umgebenden Milieus vom neutralen Bereich (pH-Wert zwischen 6 und 8) in den sauren Bereich (pH-Wert zwischen 1 und 5) /35/, oder durch eine starke Erhöhung der lonenstärke (sprich Salzkonzentration) im umgebenden Medium /36/, oder durch die Zugabe Protein-entfaltender, chaotroper Substanzen wie beispielsweise Harnstoff oder Guanidinhydrochlorid zum umgebenden Medium bzw. auch eine Kombination der aufgeführten Möglichkeiten. Derartige Änderungen der Umgebungsbedingungen führen jedoch häufig dazu, dass der Antikörper bzw. das antikörper-ähnliche Bindeprotein oder aber auch der gebundene Bindungspartner denaturieren und nicht mehr in der nativen, natürlichen und aktiven Konformation vorliegt. Diese Denaturierung ist dabei häufig irreversibel, so dass das zur Bindung und Isolierung eingesetzte Bindeprotein nicht mehr für weitere Bindungsereignisse zur Verfügung steht oder aber der gebundene Bindungspartner nach Freisetzung keine Aktivität mehr aufweist und somit nicht mehr für nachfolgende Zwecke genutzt werden kann. Soll eine Elution unter nativen Bedingungen, d.h. im neutralen pH-Bereich und bei niedriger Salzkonzentration bzw. lonenstärke, erfolgen, müssen bislang Liganden mit niedriger Bindungsstärke gewählt werden. Während bei hochaffinen Liganden die Dissoziationskonstanten (KD) im niedrigen nanomolaren Bereich (ca. 10-9 M) liegen, weisen die für eine schonende Elution geeigneten Liganden um mehrere Größenordnungen geringere Bindungsstärken im mikromolaren Bereich (KD ca. 10-6 M) auf. Insbesondere bei Zielstrukturen, welche nach ihrer Herstellung oder aufgrund der Isolierung aus natürlichen Stoffgemischen wie Blut oder Serum nur in geringer Konzentration in den komplexen Mischungen vorliegen, führt dies zu einer deutlich verringerten Ausbeute und Reinigungseffizienz. Die beschriebenen Ca2+-abhängig bindenden Antikörper-Varianten /22/ weisen ebenfalls keine hochaffine Bindung zum jeweiligen Bindungspartner auf. In Gegenwart hoher Konzentrationen freier Ca2+-Ionen wurden für die Ca2+-abhängig bindende Varianten nur Dissoziationskonstanten KD im Bereich von 0,26-0,59 µM erzielt. Eine in gleichem Experiment isolierte hochaffin bindende Antikörper-Variante mit einem KD-Wert von 2 nM wurde in ihrer Bindungsstärke nicht durch die Konzentration freier Ca2+-Ionen beeinflusst. Für die Isolierung und Identifizierung von Antikörper-basierten Affinitätsliganden ist zudem immer noch die 40 Jahre alte Hybridom-Technologie weit verbreitet /37/. Diese bringt jedoch im Vergleich zu modernen in-vitro-Selektionsstrategien eine Vielzahl von Nachteilen mit sich /38/. So ist die Sequenz der erhaltenen Binder nur mit großem experimentellen und technischen Aufwand bestimmbar /39/, die Spezifität der Binder kann bei Einsatz der Hybridom-Technologie nicht auf bestimmte Epitope eingeschränkt werden und nicht zuletzt ist hierbei insbesondere für die Erzeugung von Kamel-Antikörpern eine aufwendige Tierhaltung notwendig.
  • Einer weiten Verbreitung der unter 4.c) angeführten Aptamer-Technologie steht der hohe experimentelle Aufwand bei der Selektion entsprechender Moleküle und deren prinzipielle Anfälligkeit gegenüber einem Abbau durch die in Zellkulturüberständen vielfach vorhandenen Nukleasen entgegen /40/.
  • Die Erfindung löst das geschilderte Problem, indem als Gerüststrukturen für die Proteine mit Antikörper-ähnlichen Bindungseigenschaften, welche zur spezifischen Bindung eines korrespondierenden Bindungspartners eingesetzt werden, Proteine aus der ProteinFamilie der Ca2+-bindenden gamma-Kristallin-ähnlichen Proteine eingesetzt werden, welche durch eine Mutagenisierung im Bereich der Proteinoberfläche gezielt verändert wurden und dadurch eine neue oder verbesserte spezifische Bindungseigenschaft gegenüber einem vorbestimmten Bindungspartner aufweisen. Diese Bindungseigenschaft ist dabei von der vorhandenen Konzentration freier Ca2+-Ionen abhängig. In Abhängigkeit von der Konzentration freier Ca2+-Ionen existieren für die genannten Proteine mindestens zwei Bindungszustände zum Bindungspartner, wobei ein Zustand durch eine hohe Bindungsstärke und ein weiterer Zustand durch eine niedrige Bindungsstärke gekennzeichnet ist und beide Bindungszustände bei unterschiedlichen Konzentrationen freier Ca2+-Ionen auftreten. Die Mutagenisierung der Proteine erfolgt dabei durch die Substitution, Insertion oder Deletion von Oberflächen-exponierten Aminosäuren oder aber durch Kombinationen dieser Möglichkeiten.
  • Derartige Proteine zeichnen sich durch eine oder mehrere konservierte Ca2+-Bindungsstellen in einer konservierten Domäne mit dem typischen Faltungsmuster des gamma-Kristallins aus. Dieses typische und klassifizierende Faltungsmuster besteht aus 8 antiparallelen beta-Faltblattsträngen in zwei beta-Faltblättern mit einer internen pseudozweifach Symmetrie (greek-key-Motiv, /41/). Die konservierten Ca2+-Bindungsstellen befinden sich in den Schleifenregionen der Proteine, welche die Faltblattstränge miteinander verbinden. Das in der Literatur beschriebene Doppelklammer-Sequenzmotiv der Ca2+-bindenden gamma-Kristalline weist dabei die Aminosäuresequenz N/D-N/D-#-#-S/T-S auf, wobei N für Asparagin, D für Glutamat, S für Serin, T für Threonin und # für eine beliebige Aminosäure steht /42/. Derartige Ca2+-bindende gamma-Kristallin-ähnliche Proteine können aus einer oder zwei dieser Domänen bestehen. Bevorzugt erfolgt die Auswahl des zu modifizierenden Proteins dabei aus der Gruppe, welche das Spherulin 3a aus Physarum polycephalum /43/, das Protein S und das Protein S-homologe Protein aus Myxococcus xanthus /14/; /44/-/46/, das Ciona-βγ-Kristallin aus Ciona intestinalis /47/, das M-crystallin aus Methanosarcina acetivorans /48/, das Clostrillin aus Clostridium beijerinckii /42/ und das Geodin /49/-/50/ aus Geodia cydonium umfasst. In besonderem Maße wird dabei die Auswahl des Protein S aus M. xanthus bevorzugt.
  • Nach Auswahl eines aufgrund seiner Eigenschaften wie Löslichkeit, Stabilität und Herstellbarkeit in prokaryotischen Expressionssystemen geeigneten Proteins aus dieser Proteinfamilie können dessen Oberflächen-exponierte Aminosäuren im Bereich der Ca2+-Bindungsmotive hinsichtlich ihrer Toleranz für Aminosäureaustausche (Mutagenisierung) untersucht werden. Die Auswahl der oberflächenexponierten Aminosäuren erfolgt derart, dass die lösliche Expression und Stabilität des ausgewählten Proteins möglichst umfänglich erhalten bleiben, nachdem die Mutagenisierung des Proteins erfolgte. Die Auswahl der Aminosäurepositionen kann optimiert werden, in dem eine Vielzahl an Oberflächen-exponierten Aminosäuren jeweils einer einzelnen Substitution unterzogen werden. Dabei werden die ursprünglichen Aminosäuren durch eine polare, negativ geladene, positiv geladene, hydrophobe oder aromatische Aminosäure ersetzt, wobei bevorzugt folgende Aminosäuren eingebaut werden können: Serin / Arginin / Glutamat / Isoleucin / Tryptophan. Durch eine systematische Analyse der erzeugten Einzelvarianten hinsichtlich ihrer biochemischen und biophysikalichen Eigenschaften wie beispielsweise lösliche Exprimierbarkeit, Stabilität und Ca2+-Bindung lassen sich die Oberflächenpositionen ermitteln, deren Mutagenisierung zu einer deutlichen Verschlechterung dieser Eigenschaften führt. Die Auswahl der Aminosäuren erfolgt daher bevorzugt aus den Positionen, deren Mutagenisierung keinen oder nur einen geringen Einfluss auf die biochemischen und biophysikalischen Eigenschaften des ausgewählten Proteins haben.
  • Die Positionen, welche eine Vielzahl von Aminosäureaustauschen ohne große Beeinflussung der Proteineigenschaften wie Löslichkeit, Stabilität und Exprimierbarkeit aufweisen, können für die Erstellung von Protein-Variantenbibliotheken genutzt werden. Hierbei wird an den korrespondierenden codierenden Positionen dieser Oberflächen-exponierten Aminosäuren auf DNA-Ebene eine Diversität eingebracht, welche zu einer Randomisierung dieser Aminosäurepositionen in den entsprechenden Expressionsprodukten führt. Die Auswahl einer ausreichend großen Anzahl (10-15) von codierenden Basentripletts für die parallele, gleichzeitige Diversifizierung erfolgt dergestalt, dass die korrespondierenden Aminosäuren einen zusammenhängenden Bereich auf der Oberfläche des Proteins ergeben. Die Mutagenisierung des ausgewählten Proteins erfolgt dabei präferentiell auf Ebene der codierenden DNA. Hierfür sind eine Vielzahl von Methoden bekannt, welche durch Modifikationen wie Substitution, Deletion oder Insertion der DNA-Basenbausteine nach Expression zu mutagenisierten Proteinen mit substituierten, deletierten oder insertierten Aminosäuren führen. Präferentiell erfolgt eine zielgerichtete Modifikation der codierenden DNA an den Basentriplett-Positionen, welche für die ausgewählten Aminosäuren codieren. Der Einbau vorgefertigter Basentripletts oder von NNN- oder NNK-Motiven erfolgt dabei in einzelsträngige Oligonucleotide mittels herkömmlicher DNA-Synthese. Diese Oligonucleotide werden mittels einer DNAabhängigen DNA-Polymerase zu doppelsträngigen DNA-Fragmenten, sogenannten DNA-Kassetten bzw. -Modulen des Gens des ausgewählten Proteins, aufgefüllt. Die Assemblierung der DNA zu einem vollständigen Gen, welches für mutagenisierte Varianten des ausgewählten Proteins codiert, erfolgt erfindungsgemäß bevorzugt über ein Verfahren, bei welchem die kurzen DNA-Kassetten zunächst einer Leserahmenselektion unterzogen werden und anschließend das vollständige codierende Gen für das ausgewählte Gerüstprotein aus den kurzen DNA-Kassetten mittels Typ Ils-Restriktionsendonukleasen und einer DNA-Ligase assembliert wird. Dabei erfolgt eine Amplifikation der kurzen DNA-Kassetten während der Assemblierungsschritte mittels PCR, wobei die benötigten Primerbindungsstellen nicht innerhalb der codierenden Bereiche der DNA-Kassetten liegen, sondern auf flankierenden DNA-Bereichen des für die Leserahmenselektion eingesetzten DNA-Vektors. Damit wird verhindert, dass durch die PCR-Primer erneut Leserahmen-zerstörende Deletionen oder Insertionen in die codierenden Bereiche eingebracht werden. Aus den Substitutionen von einzelnen codierenden Basentripletts in den kurzen Kassetten resultiert eine entsprechende Diversifizierung der assemblierten DNA-Moleküle während der Assemblierung, so dass schließlich Varianten-Genbibliotheken erhalten werden, wobei die darin enthaltenen Einzelmoleküle jeweils für verschiedene Varianten mit unterschiedlichen Aminosäuren an den ausgewählten Positionen im Bereich der Ca2+-Bindungsstellen des ursprünglich ausgewählten Gerüstproteins codieren. Andere bekannte Verfahren zur Assemblierung der DNA-Variantenbibliotheken können desgleichen zur Anwendung kommen. Bevorzugt sollten jedoch solche Verfahren eingesetzt werden, welche zu einer hohen Qualität der erzeugten Variantenbibliotheken führen. Dies äußert sich in einem niedrigen Anteil (<10%) an Varianten, welche Leserahmenverschiebungen aufweisen. Aus diesen sogenannten DNA-Varianten-Bibliotheken können anschließend mittels Selektionsmethoden einzelne Proteinvarianten mit den gewünschten spezifischen Bindungseigenschaften isoliert werden. Dies geschieht durch die Kopplung von Genotyp, d.h. der codierenden DNA-Variante, und des Phänotyps, d.h. der aus der jeweiligen DNA-Variante durch Expression hergestellten Proteinvariante, in einem geeigneten Selektionssystem wie beispielsweise dem Ribosomen-Display, dem Phagen-Display, dem mRNA-Display, Cell-Surface-Display-Verfahren wie dem Yeast-Surface-Display oder dem Bacterial-Surface-Display. Bevorzugt erfolgt eine Verwendung des Phagen-Display-Verfahrens und des Ribosomen-Display-Verfahrens. Die Bedingungen während der Selektionsschritte werden dabei bevorzugt so gewählt, dass Varianten angereichert werden, die ein Ca2+-abhängiges Bindungsverhalten aufweisen. Dies kann erreicht werden, in dem das In-Kontakt-Bringen mit dem ausgewählten Bindungspartner unter Bedingungen erfolgt, bei denen eine definierte Ca2+-Konzentration vorliegt. Durch geeignete Immobilisierung des Bindungspartners, beispielsweise über ein Biotin-Streptavidin-System, können Komplexe aus Varianten des in Schritt 1 ausgewählten Proteins und dem in Schritt 2 ausgewählten Bindungspartner isoliert werden. Durch eine frei wählbare Anzahl an Waschschritten können Komplexe mit unspezifischer Bindung und niedrigaffiner spezifischer Bindung entfernt werden, so dass nur Komplexe mit spezifischer und hochaffiner Bindung verbleiben. Die Ca2+-Konzentration sollte während der Waschschritte derjenigen entsprechen, die beim In-Kontakt-Bringen vorlag. Eine weitergehende Selektion auf Ca2+-abhängige Bindungen kann nun erfolgen, in dem bei einem finalen Elutionsschritt die Ca2+-Konzentration drastisch geändert wird, und die dadurch vom Bindungspartner abgelösten mutagenisierten Varianten des ausgewählten Proteins gesammelt und weiter analysiert werden. Bevorzugt erfolgen für die vorliegende Erfindung das In-Kontakt-Bringen und die Waschschritte in Gegenwart einer hohen Konzentration freier Ca2+-Ionen (> 1 mM), während die Elution Ca2+-abhängig bindender Varianten in Gegenwart einer sehr niedrigen Konzentration (< 100 nM) oder in Abwesenheit freier Ca2+-Ionen erfolgt. Die Einstellung niedriger Konzentrationen an freien Ca2+-Ionen erfolgt dabei bevorzugt durch die Zugabe komplexierender Substanzen wie EGTA (Ethylenglycol-bis(aminoethylether)-N,N,N',N'-tetraessigsäure) oder EDTA (Ethylendiamintetraessigsäure), wobei in Mg2+-sensitiven Selektionssystemen wie dem Ribosomen-Display oder dem mRNA-Display bevorzugt mit EGTA gearbeitet wird. Das In-Kontakt-Bringen und die Waschschritte können des Weiteren auch in Gegenwart einer niedrigen Konzentration (< 100 nM) oder in Abwesenheit freier Ca2+-Ionen erfolgen, während die Elution Ca2+-abhängig bindender Varianten in diesem Fall in Gegenwart einer hohen Konzentration freier Ca2+-Ionen (> 1 mM) erfolgt, um Proteinvarianten mit Ca2+-abhängiger Bindung zu selektieren.
  • Die Kopplung von Genotyp und Phänotyp der mit dem ausgewählten Bindungspartner in Kontakt gebrachten Varianten des ausgewählten Proteins erlaubt es, die angereicherten Varianten mit Ca2+-abhängiger Bindung durch eine Isolierung der korrespondierenden Nucleinsäure (DNA oder mRNA) für weitergehende Versuche zur Verfügung zu stellen. Hierfür wird die erhaltene Ansammlung an Varianten (sogenannter Varianten-pool), welche zunächst auf Nucleinsäure-Ebene vorliegt, in ein Expressions-fähiges Format überführt. Die Expression kann dabei in vivo in prokaryotischen oder eukaryotischen Wirtsorganismen oder aber in vitro erfolgen. Bevorzugt erfolgt eine Expression in E. coli-Expressionsstämmen. Die Analyse der Ca2+-abhängigen Bindungsaffinität der erhaltenen Proteinvarianten zu dem ausgewählten Bindungspartner erfolgt bevorzugt mittels ELISA, Oberflächenplasmonresonanz (SPR) oder analytischer Ultrazentrifugation. Dabei kann aber auch jede andere bekannte Methode zur Quantifizierung von Protein-Wechselwirkungen und Bindungsaffinitäten wie beispielsweise Fluoreszenzspektroskopie, Fluoreszenz-assoziierte Zellsortierung (FACS), Isothermale Titrationskalorimentrie (ITC) und Differentielle Scanning-Kalorimetrie (DSC) zur Anwendung kommen. Idealerweise zeigen die identifizierten Proteinvarianten ein Bindungsverhalten, welches eine deutliche Abhängigkeit von der vorhandenen Konzentration freier Ca2+-Ionen aufweist. Bei einer entsprechenden Gestaltung des Selektionsprozesses auf bevorzugte Bindung an den ausgewählten Bindungspartner in Gegenwart hoher Ca2+-Konzentrationen (> 1 mM) erfolgt die Bindung des ausgewählten Bindungspartners durch die identifizierten Proteinvarianten in Gegenwart hoher Ca2+-Konzentrationen (> 1 mM) bevorzugt mit einer Dissoziationskonstante KD < 100 nM, besonders bevorzugt mit KD < 10 nM und in idealer Weise bevorzugt mit KD < 1 nM. Derartige identifizierte Proteinvarianten binden in Anwesenheit geringer Ca2+-Konzentrationen (< 100 nM) bzw. in Abwesenheit freier Ca2+-Ionen den ausgewählten Bindungspartner bevorzugt mit einer Dissoziationskonstante KD > 1 µM, in besonderem Maße bevorzugt mit KD > 10 µM und in idealer Weise bevorzugt mit KD > 100 µM. Wurde auf eine Bindung in Anwesenheit geringer Ca2+-Konzentrationen (< 100 nM) bzw. in Abwesenheit freier Ca2+-Ionen selektiert, dann können die identifizierten Proteinvarianten in Anwesenheit geringer Konzentrationen (< 100 nM) bzw. in Abwesenheit freier Ca2+-Ionen den ausgewählten Bindungspartner mit einer Dissoziationskonstante KD < 100 nM, besonders bevorzugt mit KD < 10 nM und in idealer Weise bevorzugt mit KD < 1 nM binden. In Gegenwart hoher Ca2+-Konzentrationen (> 1 mM) binden derartige Proteinvarianten mit Ca2+-abhängiger Bindungsaffinität den ausgewählten Bindungspartner bevorzugt mit einer Dissoziationskonstante KD > 1 µM, in besonderem Maße bevorzugt mit KD > 10 µM und in idealer Weise bevorzugt mit KD > 100 µM. Die Stärke der Bindung dieser isolierten Proteinvarianten an den jeweiligen spezifischen Bindungspartner ist dabei von der Konzentration freier Ca2+-Ionen abhängig und die Menge des gebundenen spezifischen Bindungspartners somit durch die Wahl der jeweiligen Ca2+-Konzentration beeinflussbar. Die erfindungsgemäß hergestellten Proteine weisen somit ein durch die Wahl der Ca2+-Konzentration schaltbares Bindungsverhalten zwischen einem Zustand mit hoher Bindungsstärke und einem Zustand mit geringer Bindungsstärke auf. Für eine Ca2+-abhängige Schaltbarkeit der Bindung identifizierter Proteinvarianten an den jeweiligen ausgewählten Bindungspartner sollten sich die Dissoziationskonstanten (KD) in Gegenwart hoher Ca2+-Konzentrationen (> 1 mM, KD,Ca2+) und in Anwesenheit geringer Ca2+-Konzentrationen (< 100 nM) bzw. in Abwesenheit freier Ca2+-lonen (KD,Ca2+-frei) um mindestens zwei Zehnerpotenzen (Faktor >100), bevorzugt um mindestens drei Zehnerpotenzen (Faktor >1000), bevorzugt um mindestens vier Zehnerpotenzen (Faktor >10.000) und idealerweise um mindestens fünf Zehnerpotenzen (Faktor >100.000) unterscheiden.
  • Die Erfindung kombiniert auf einzigartige Weise die Vorteile bisher angewandter Methoden. Die auf den Gerüstproteinen aus der Familie der Ca2+-bindenden gamma-Kristallin-ähnlichen Proteine erzeugten ausreichend großen Paratop-Flächen erlauben Bindungsstärken bis in den subnanomolaren Bereich (KD <10-9 M) und ermöglichen so auch die effiziente Reinigung niedrigkonzentrierter Zielproteine. Die Ca2+-abhängige Bindungsstärke der neuartigen Affinitätsliganden erlaubt wie bei tag-basierten Reinigungssystemen eine Elution unter nicht-denaturierenden, nativen Bedingungen. Darüber hinaus kann aber auch die Spezifität der Liganden für beliebige Zielstrukturen maßgeschneidert werden, da die bindenden Varianten aus DNA-Bibliotheken mit einer ausgesprochen hohen Diversität mittels Methoden des Protein-engineering, insbesondere der gerichteten Evolution, isoliert werden können. Dies bedeutet, dass auf der Seite der Zielstrukturen keine Modifikationen für die Isolierung aus komplexen Stoffmischungen eingeführt werden müssen und diese ausschließlich auf ihren Einsatzzweck hin optimiert werden können. In der Summe stellt dies ein Alleinstellungsmerkmal für die mittels der Erfindung erzeugten Affinitätsliganden dar: Diese erlauben eine hocheffektive, schonende Isolierung (aufgrund hoher Affinität und Ca2+-abhängiger Bindungsstärke) und eine maßgeschneiderte Spezifität bei gleichzeitiger Vermeidung der Nachteile der bislang eingesetzter Methoden (keine Funktionsbeeinträchtigung oder Denaturierung der spezifisch gebundenen Bindungspartner).
  • Proteinvarianten, welche erfindungsgemäß ermittelt wurden und ein bevorzugtes Ca2+-abhängiges Bindungsverhalten sowie für die jeweilige Anwendung ausreichende biochemische und biophysikalische Eigenschaften wie beispielsweise eine hohe Proteinstabilität und lösliche Expression in prokaryotischen oder eukaryotischen Expressionssystemen aufweisen, können in verschiedenen Anwendungen eingesetzt werden. Dies beinhaltet die Verwendung dieser Proteinvarianten zum Nachweis, zur quantitativen Bestimmung und zur Isolierung des erfindungsgemäß ausgewählten Bindungspartners sowie von Fusionen und Fragmenten dieses Bindungspartners. Hierzu zählen bekannte Verfahren wie die Affinitätschromatographie oder Adsorptionstechnologien. Ebenso können makromolekulare Strukturen wie Proteinkomplexe, Zellorganellen und Zellen, deren Bestandteil der erfindungsgemäß ausgewählte Bindungspartner ist, mittels dieser Verfahren unter Verwendung der erfindungsgemäß ermittelten Proteinvarianten nachgewiesen, quantifiziert oder isoliert werden. Gegenstand dieser Erfindung sind somit alle Materialien, die durch ortsgerichtete oder unspezifische Immobilisierung der nach dem beschriebenen Verfahren erzeugten Proteine auf verschiedenartigen Trägermaterialien erhalten werden können. In einer bevorzugten Anwendung dieser Erfindung werden die erfindungsgemäß ermittelten Proteinvarianten zur gezielten Ca2+-abhängigen Bindung und Freisetzung des erfindungsgemäß ausgewählten Bindungspartners unter Bedingungen eingesetzt, bei denen der Bindungspartner in seiner nativen Konformation vorliegt. Dabei wird zur Bindung des Bindungspartners die Konzentration freier Ca2+-Ionen so gewählt, dass die erfindungsgemäß ermittelten Proteinvarianten jeweils in ihrem Zustand der hohen Bindungsstärke vorliegen, d.h. die Bindung des ausgewählten Bindungspartner bevorzugt mit einer niedrigen Dissoziationskonstante KD < 100 nM erfolgt. Währenddessen wird für die Freisetzung des Bindungspartners die Konzentration freier Ca2+-Ionen so gewählt, dass diese Proteinvarianten jeweils in ihrem Zustand niedriger Bindungsstärke vorliegen, d.h. die Bindung des ausgewählten Bindungspartner bevorzugt mit einer hohen Dissoziationskonstante KD > 1 µM erfolgt. Die Bindung des erfindungsgemäß ausgewählten Bindungspartners durch die erfindungsgemäß ermittelten Proteinvarianten kann dabei in hochkomplexen Mischungen verschiedener Makromoleküle erfolgen, da durch das beschriebene Verfahren zur Erzeugung der Proteinvarianten eine hohe Spezifität der Bindung gewährleistet wird. Diese hochkomplexen Mischungen bestehen dabei bevorzugt aus zellulären Bestandteilen von prokaryotischen und eukaryotischen Zellen. Dabei ist sowohl eine extrazelluläre als auch eine intrazelluläre Bindung des erfindungsgemäß ausgewählten Bindungspartners bzw. der mit diesem Bindungspartner fusionierten oder anderweitig verbundenen Moleküle und Strukturen denkbar. In einer denkbaren weiteren Ausführung der Erfindung können die komplexen Mischungen verschiedener Makromoleküle aber auch aus biologischen Proben wie Pufferlösungen, Zellkulturmedien, Zellkulturüberständen, Blut, Serum, Lymphe, Gewebsflüssigkeit oder ähnlichen Lösungen und kolloidalen Flüssigkeiten bestehen. Weiterhin können die mittels des beschriebenen Verfahrens erzeugten Proteine und Proteinvarianten zur Diagnose und Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden, an denen der entsprechende Bindungspartner direkt oder indirekt beteiligt ist. Ebenso können die mittels des beschriebenen Verfahrens erzeugten Proteine und Proteinvarianten zur Diagnose und Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden, an denen Moleküle oder makromolekulare Strukturen direkt oder indirekt beteiligt sind, welche fusioniert oder anderweitig verbunden mit dem erfindungsgemäß ausgewählten Bindungspartner vorliegen.
  • AUSFÜHRUNGSBEISPIELE
  • Die folgenden Beispiele erläutern die Generierung künstlicher Bindeproteine mit spezifischen und Ca2+-abhängigen Bindungseigenschaften anhand der Isolierung von Mutanten des Protein S aus Myxococcus xanthus, welche spezifisch an das grünfluoreszierende Protein (GFP) aus Aequorea victoria binden und deren Bindungsstärke reversibel durch die Konzentration freier Ca2+-Ionen beeinflusst werden kann. Die Beispiele erläutern die Herstellung einer Protein S-Variantenbibliothek, bestehend aus einer Vielzahl von Genvarianten des Protein S mit jeweils 15 gezielt randomisierten codierenden Basentripletts in einer Expressionskassette, welche die Expression und nachfolgende Selektion auf Ca2+-abhängige Bindungseigenschaften der Proteinmutanten in einem Ribosomen-Display-System ermöglichte. Dabei wurden Protein S-Varianten angereichert, welche die eingesetzte Zielstruktur superfolder green-fluorescent protein (sfGFP), eine Variante des GFP mit erhöhter Stabilität und verbessertem Faltungsverhalten, spezifisch und Ca2+-abhängig binden. Derartige Proteinvarianten wurden identifiziert und isoliert. Die isolierten Proteinmutanten (Varianten des Protein S) wurden hinsichtlich ihrer neuen Eigenschaften untereinander verglichen. Die hohe Sequenzdiversität der isolierten Proteinvarianten verdeutlicht, dass verschiedene Oberflächenbereiche der Zielstruktur durch die jeweiligen Einzelvarianten spezifisch erkannt und gebunden werden. Für den Fachmann illustriert dies die universelle Anwendbarkeit der Erfindung auch auf andere Zielstrukturen mit einer abweichenden molekularen Struktur im Vergleich zum GFP und dessen Varianten, wenn die gleiche Verfahrensweise unter Einsatz dieser anderen Zielstrukturen angewandt wird.
  • Beispiel 1: Klonierung eines synthetischen Genes basierend auf Protein S aus Myxococcus xanthus
  • Die gentechnischen Arbeiten wurden soweit nicht anders angegeben nach dem Fachmann geläufigen Standardprotokollen wie z.B. von Sambrook (2001) durchgeführt.
  • Die verwendete Aminosäuresequenz (SEQ ID NO: 31) des Gerüstprotein Protein S aus Myxococcus xanthus basiert auf der von Inouye et al. (1983) publizierten Sequenz.
  • Es wurde eine für die Expression in E. coli optimierte und mit flankierenden Sequenzen für das Restriktionsenzym Eco31I versehene Gensequenz des Protein S (SEQ ID NO: 32) im Container-Vektor pJ201 erhalten (DNA2.0) und in den pET28(+)-Expressionsvektor (Novagen) kloniert. Hierfür wurde Gensequenz und Expressionsvektor mit Restriktionsendonukleasen geschnitten und die passenden Fragmente mittels DNA-Ligase zusammengefügt. Die eingesetzten Enzymmengen wurden so gewählt, dass sie in Bezug auf die eingesetzte DNA-Menge und die Reaktionszeit in mindestens dreifachem Überschuss vorlagen, jedoch nie einen höheres Volumen als 10% (v/v) des Gesamtvolumens betrugen.
  • Das Protein S-Gen wurde mittels der Restriktionsendonuklease Eco31I (ThermoScientific) aus dem pJ201-Vektor herausgeschnitten. Die Reaktion erfolgte im entsprechend mitgelieferten 1× Puffer G (Thermo Scientific). Zur besseren Unterscheidung von linearisierten und doppelt geschnittenen pET28(+)-Expressionsvektor wurde dieser in zwei Reaktionen mit den Restriktionsendonukleasen Cail/Xhol (ThermoScientific) und Ncol/Pcil (Thermo Scientific) verdaut. Die Ansätze enthielten jeweils 5 µl 10×Tango-Puffer (Thermo Scientific). Der Ansatz enthielt zudem 1 µl alkalische Phosphatase (Thermo Scientific, 1 U/µg DNA), um die 5'-Enden zu dephosphorylieren und somit den Anteil an Religierungen zu verringern. Die Dephosphorylierung erfolgte zeitgleich mit der Restriktionsspaltung. Nach beendeter Reaktion wurden die Enzyme 10 min bei 80 °C thermisch inaktiviert.
  • Geschnittene DNA-Moleküle wurden nach erfolgter Reaktion über Agarose-Gelelektrophorese mit 1,5% LE-GP (Biozym) und anschließender Gelextraktion (Wizard SV Gel Clean up, Promega) nach Herstellerangaben gereinigt. Die über enzymatische Spaltung erhaltenen DNA-Fragmente mit kompatiblen Überhängen wurden durch den Einsatz von T4-DNA-Ligase ligiert. Es wurde ein molares Verhältnis von 1:3 (200 pmol Vektor: 600 pmol Insertionsfragment) eingehalten. Der Reaktionsansatz enthielt weiterhin 3,5 µl Ligase-Puffer, 0,2 µl ATP (100 mM) und 1 µl T4 DNA Ligase (Thermo Scientific) in einem Gesamtvolumen von 35 µl. Die Reaktion erfolgte für 16 h bei 16 °C mit einer finalen Hitze-Inaktivierung bei 65 °C für 20 min. Der Ligierungsansatz wurde direkt für Transformationen chemisch kompetenter E. coli-Zellen verwendet. Zur Transformation chemisch kompetenter Zellen wurde ein auf Eis aufgetautes Aliquot mit bis zu 5 µl DNA-Lösung versetzt und für 10 min auf Eis inkubiert. Es folgte ein Hitzeschock für 30 s bei 42 °C im Wasserbad. Im Anschluss daran wurden die Zellen erneut für 2 min auf Eis gestellt und anschließend in 1 ml vorgewärmten SOC-Medium aufgenommen. Es folgte eine Inkubation für 30-45 min bei 37 °C und 750 rpm in 2 ml-Reaktionsgefäßen im Thermomixer, bevor 100-1.000 µl der Zellsuspension auf antibiotikahaltigen Agarplatten ausgestrichen und über Nacht bei 37 °C inkubiert wurden.
  • Ausgehend von Einzelklonkulturen auf den Agarplatten erfolgte anschließend die Kultivierung von transformierten E. coli-Zellen über Nacht in 5 ml LB-Medium unter Zugabe von Kanamycin bei 37 °C. Zur Isolierung von DNA wurde das Wizard Plus SV Minipreps DNA Purification-System (Promega) verwendet. Die Elution der Plasmid-DNA von den Silica-Säulen erfolgte in 10 mM Tris-Puffer pH 8,0. Die korrekte Sequenz des Gens für Protein S wurde über Sequenzierung durch die Firma Qiagen verifiziert.
  • Beispiel 2: Auswahl von Aminosäurepositionen im Protein S für die Erstellung einer Variantenbibliothek
  • Oberflächenbereiche nahe der Ca2+-bindenden Motive von Protein S (Aravind et al, 2009) wurden auf Basis der Untersuchung der Eigenschaften von Protein S-Varianten mit Einzelmutationen ausgewählt, um ausreichende Diversität für die Selektion neuer Bindeproteine basierend auf Protein S zu erzeugen. Die für eine Mutagenese ausgewählten 15 Aminosäurepositionen Tyr 8, Asn 9, Glu 10, Asp 11, Gln 13, Lys 15, Glu 70, Glu 71, Gly 73, Pro 74, Leu 75, Tyr 97, Lys 98, Glu 99, Lys 104 umfassen im Protein S-Wildtyp (SEQ ID NO: 31) eine Lösungsmittel-exponierte Oberfläche von ca. 1500 Å2.
  • Die Variantenbibliothek auf Basis von Protein S mit 15 randomisierten Positionen und 18 zugelassenen Aminosäuren pro Position (ohne Cystein, ohne Prolin) hatte eine resultierende theoretische Diversität von 6,7×1018 Varianten.
  • Beispiel 3: Herstellung einer Variantenbibliothek von Protein S auf DNA-Ebene
  • Zur Erzeugung einer Variantenbibliothek des Protein S auf DNA-Ebene wurde ein modulares System verwendet. Die einzelnen Bereiche des Protein S-Gens wurden in konstant zu haltende (intermediate fragments, IF; start fragment, SF; end fragment, EF) und randomisierte Abschnitte (randomized fragments, RF) gegliedert. Die Codons für die ausgewählten zu randomisierenden Aminosäurepositionen lagen in den Bereichen der Fragmente RF1 (sechs Positionen: Tyr 8, Asn 9, Glu 10, Asp 11, Gln 13, Lys 15), RF2 (fünf Positionen: Glu 70, Glu 71, Gly 73, Pro 74, Leu 75) und RF3 (vier Positionen: Tyr 97, Lys 98, Glu 99, Lys 104), vgl. Tabelle 1. Die konstanten Abschnitte ohne Mutationen umfassten somit umfassten die DNA-Abschnitte 1-21 (SF), 46-207 (IF1), 226-288 (IF2) und 313-522 (EF) der Protein S Wildtyp-Gensequenz ( ). Tabelle 1: Auswahl der Aminosäuren für eine Mutagenisierung / Randomisierung von Protein S mittels eines modularen Systems zur Bibliothekserstellung
    Randomisiertes Fragment Anzahl randomisierter Positionen Aminosäurepositionen in Protein S aus Myxococcus xanthus
    1 6 Y8, N9, E10, D11, Q13, K15
    2 5 E70, E71, G73, P74, L75
    3 4 Y97, K98, E99, K104
  • Das konstante Endfragment EF-3 wurde über eine PCR auf dem Gen für Protein S-Wildtyp generiert. Es wurden dafür 10 ng des Vektors pJ201_PS als template in einem Gesamtvolumen von 50 µl eingesetzt. Der Ansatz enthielt 10 µl Phusion HF-Puffer (5x), 1 µl Phusion Polymerase (2 U/µl, NEB) und 2,5 µl dNTP (ä 10 mM). Es wurden 2,5 µl der Sequenz-spezifischen Oligonukleotide PS_EF-3_fwd (SEQ ID NO: 17) und PS_EF-3_rev (SEQ ID NO: 18) als flankierende Primer mit einer Konzentration von jeweils 10 pmol/µl eingesetzt. Der Ansatz wurde folgenden Temperaturbedingungen ausgesetzt: Initiale Denaturierung bei 98°C für 60 s gefolgt von 18 Zyklen aus jeweils 10 s Denaturierung bei 98 °C, Hybridisierung bei 55 °C für 30 s, Elongation 15 s bei 72 °C und einer finalen Elongation bei 72 °C für 5 Minuten. Tabelle 2: Verwendete Oligonucleotide für die Synthese der Protein S-Bibliotheken
    PS_SF_sense CCGGTGCAAATATTACGGTCTTTGAGA
    PS_SF_anti CGCGTCTCAAAGACCGTAATATTTGCA
    PS_IF1-1_sense CCGGTCTCCAGGTTGATTTGCCGCCGGGTAACTACGAGA
    PS_IF1-1_anti CGCGTCTCGTAGTTACCCGGCGGCAAATCAACCTGGAGA
    PS_IF1-2_sense AGCCATCATACCGGTCTCAACTACACCCGCGCTCAACTGGAGACGCGTGGTATTCAC
    PS_IF1-3_sense AGCCATCATACCGGTCTCCAACTGGCGGCGCTGGGTATCGAGAACAATGAGACGCGTGGTATTCAC
    PS_IF1-4_sense CCGGTCTCAACAATACCATCAGCTCTGTGAAGGTCCCGCCGGGTGTGAAGGCCATCCTGTATGAGA
    PS_IF1-4_anti CGCGTCTCATACAGGATGGCCTTCACACCCGGCGGGACCTTCACAGAGCTGATGGTATTGTTGAGA
    PS_IF1-5_sense AGCCATCATACCGGTCTCCTGTATCAGAACGACGGCTTTGCGGGTGATCAGATCGAGACGCGTGGTATTCAC
    PS_IF1-6_sense CCGGTCTCCAGATCGAGGTTGTGGCGAACGCAGAGA
    PS_IF1-6_anti CGCGTCTCTGCGTTCGCCACAACCTCGATCTGGAGA
    PS_IF2_sense CCGGTCTCAACAACAACGTGAGCTCTATCCGTGTTATTAGCGTTCCGGTGCAGCCGCGCGCTCGTTTCTTCGA GA
    PS_IF2_anti CGCGTCTCGAAGAAACGAGCGCGCGGCTGCACCGGAACGCTAATAACACGGATAGAGCTCACGTTGTTGTTGA GA
    PS_EF-1_sense CCGGTCTCGAAGTTGACTTGCCGCCTGGTCAATATACAGAGA
    PS_EF-1_anti CGCGTCTCTGTATATTGACCAGGCGGCAAGTCAACTTCGAGA
    PS_EF-2_sense AGCCATCATACCGGTCTCTATACACAAGCGGAGCTGGAGCGTTATGGCATTGACAACAACGAGACGCGTGGTA TTCAC
    PS_EF-3_fwd AGCTGCACCGGTCTCAACAACACGATTAGCAGCGTCAAAC
    PS_EF-3_rev GTGACTACGCGTGGATCCGCTAATACGGATGCTGGAAG
    PS_RF1_sense AGCCATCATACCGGTCTCGTCTTT(3N)(3N)(3N)(3N)TTT(3N)GGC(3N)CAGGTTGAGACGCGTGGTATTCAC
    PS_RF2_sense AGCCATCATACCGGTCTCAACGCA(3N)(3N)TTA(3N)(3N)(3N)AACAACGAGACGCGTGGTATTCAC
    PS_RF3_sense AGCCATCATACCGGTCTCTTCTTC(3N)(3N)(3N)CAGTTCGATGGT(3N)GAAGTTGAGACGCGTGGTATTCAC
    PS_lib_anti GTGAATACCACGCGTCTC
    ModLib_fwd CCAGACTTACGCTCCAATTC
    ModLib_rev TCTGCGTTAACCGAGACTAC
  • Die Erstellung weiterer konstanter Fragmente erfolgte über eine Assemblierung phosphorylierter komplementärer einzelsträngiger sense- und antisense-Oligonukleotide (SF, IF1-1, IF1-4, IF1-6, IF2, EF-1). Es wurden jeweils 3 µl der komplementären Oligonukleotide (SEQ ID NO: 1 mit SEQ ID NO: 2; SEQ ID NO: 3 mit SEQ ID NO: 4; SEQ ID NO: 7 mit SEQ ID NO: 8; SEQ ID NO: 10 mit SEQ ID NO: 11; SEQ ID NO: 12 mit SEQ ID NO: 13; SEQ ID NO: 14 mit SEQ ID NO: 15) mit 100 pmol/µl in 10 mM Tris-HCI, 1 mM EDTA, pH 8,0 eingesetzt. Zur Hybridisierung der Oligonukleotide wurde der Ansatz für 5 min bei 95 °C erhitzt und anschließend mit einem Gradienten von -1 K/min auf 4 °C abgekühlt.
  • Für die Erzeugung der konstanten Fragmente IF1-2, IF1-3, IF1-5 und EF-2 wurden zu jeweils 0,25 µl der Oligonukleotide SEQ ID NO: 5, SEQ ID NO: 6, SEQ ID NO: 9 bzw. SEQ ID NO: 16 (jeweils 100 pmol/µl) der endständige Primer PS_lib_anti (SEQ ID NO: 22) äquimolar mit 0,25 µl (100 pmol/µl) hinzugefügt. Die jeweiligen Ansätze enthielten weiterhin 2 µl Volumen an 10×Puffer O (Thermo Scientific) und 16 µl entionisiertes H2O. Zur Hybridisierung des endständigen Primers wurden die Ansätze für 5 min bei 95 °C erhitzt und anschließend mit einem Gradienten von -1 K/min auf 37 °C abgekühlt. Es folgte die Zugabe von dNTP auf 60 µM (je dNTP) und 1 U Klenow-Fragment pro 16 µl Gesamtvolumen. Die Elongation erfolgte für 15 min bei 37 °C und endete mit einer Hitzeinaktivierung des Klenow-Fragmentes bei 65 °C für 60 min.
  • Für die Erzeugung der verschiedenen RF-Fragmente (RF1, RF2, RF3) wurden Oligonukleotide verwendet, bei deren Herstellung mittels Festphasensynthese an den für eine Randomisierung vorgesehenen Codon-Positionen vorgefertigte Trinukleotidbausteine eingesetzt wurden (Fa. Ella Biotech, Martinsried). Für die Aminosäuren Prolin und Cystein codierende Trinukleotide wurden bei der Synthese ausgeschlossen. In den Sequenzen der randomisierten Oligonucleotide PS_RF1_sense, PS_RF2_sense sowie PS_RF3_sense sind die Positionen, an denen Trinucleotidbausteine bei der Festphasensynthese zum Einsatz kamen, durch die Bezeichnung (3N) hervorgehoben (Tabelle 2). Diese Positionen entsprechen somit 3 Nucleotiden, wobei folgende Triplettcodons als Trinukleotidbausteine jeweils in einem äquimolarem Verhältnis für die Codierung einzelner Aminosäuren eingesetzt wurden: AAA (Lysin), AAC (Asparagin), ACT (Threonin), ATC (Isoleucin), ATG (Methionin), CAG (Glutamin), CAT (Histidin), CGT (Arginin), CTG (Leucin), GAA (Glutamat), GAC (Aspartat), GCT (Alanin), GGT (Glycin), GTT (Valin), TAC (Tyrosin), TCT (Serin), TGG (Tryptophan), TTC (Phenylalanin). Zur Generierung doppelsträngiger DNA der randomisierten Fragmente erfolgte eine Auffüllreaktion über das Klenow-Fragment (exo-) (5 U/µl) (Thermo Scientific). Für diese Reaktion wurden zu jeweils 0,25 µl der randomisierten Oligonukleotide SEQ ID NO: 19, SEQ ID NO: 20 bzw. SEQ ID NO: 21 (jeweils 100 pmol/µl) der endständige Primer PS_lib_anti (SEQ ID NO: 22) äquimolar mit 0,25 µl (100 pmol/µl) hinzugefügt. Die jeweiligen Ansätze enthielten weiterhin 2 µl Volumen an 10×Puffer O (Thermo Scientific) und 16 µl entionisiertes H2O. Zur Hybridisierung des endständigen Primers wurden die Ansätze für 5 min bei 95 °C erhitzt und anschließend mit einem Gradienten von -1 K/min auf 37 °C abgekühlt. Es folgte die Zugabe von dNTP auf 60 µM (je dNTP) und 1 U Klenow-Fragment pro 16 µl Gesamtvolumen. Die Elongation erfolgte für 15 min bei 37°C und endete mit einer Hitzeinaktivierung des Klenow-Fragmentes bei 65 °C für 60 min.
  • Zur Qualitätsverbesserung der finalen Bibliothek wurden konstante und randomisierte Fragmente einer Leserahmenselektion unterzogen. Verwendet wurde ein modifizierter plnSALect(DmdNK+1)-Vektor (Gerth et al. 2004) mit geänderter multipler Klonierungsstelle, die eine Klonierung über Agel/Mlul-Schnittstellen erlaubt. Der pInSALect-Vektor wurde durch die Restriktionsendunucleasen Agel und Mlul gespalten. Typische Reaktionsansätze umfassten 12 µl 10×Puffer R (Thermo Scientific), 8 µg pInSALect-Vektor, jeweils 2 µl der Restriktionsendunucleasen Agel und Mlul in einem Gesamtvolumen von 120 µl. Der Ansatz enthielt zudem 1 µl alkalische Phosphatase (1 U/µg DNA). Die Dephosphorylierung erfolgte zeitgleich mit der Restriktionsspaltung für 11 h bei 37 °C. Nach beendeter Reaktion wurden die Enzyme 20 min bei 80 °C thermisch inaktiviert. Geschnittene DNA-Moleküle wurden nach erfolgter Reaktion über Agarose-Gelelektrophorese mit 1,5% LE-GP (Biozym, HessischOldendorf) und anschließender Gelextraktion („Wizard® SV Gel Clean up“, Promega Mannheim) nach Herstellerangaben gereinigt.
  • Über Assemblierung phosphorylierter komplementärer einzelsträngiger Oligonukleotide hergestellte nicht-randomisierte Fragmente wiesen aufgrund der Oligonukleotidsequenzen bereits mit 4 Nukleotiden überhängende, phosphorylierte 5-Enden auf, welche kompatibel zu den von Agel bzw. Mlul erzeugten Überhängen waren.
  • Für DNA-Fragmente welche aus Klenow- oder PCR- Reaktionen erhalten wurden, wurden entsprechende kompatible Überhänge ebenfalls durch die Spaltung mit Agel und Mlul generiert. Die Klenow-Reaktionen wurden ohne weitere Reinigungsschritte mit 0,5 µl Agel und Mlul versetzt und für 24 h bei 37 °C inkubiert. Es folgte eine Reinigung geschnittener Fragmente über Agarose-Gelelektrophorese mit 5,5% Sieve GP-Agarose (Biozym, HessischOldendorf) und anschließender Gelextraktion („Wizard® SV Gel Clean up“, Promega Mannheim) nach Herstellerangaben.
  • Die über enzymatische Spaltung erhaltenen DNA-Fragmente mit kompatiblen Überhängen wurden durch den Einsatz von T4-DNA-Ligase ligiert. Es wurde stets ein molares Verhältnis von 1:3 (Vektor: Insertionsfragment) an DNA eingesetzt. Der Reaktionsansatz enthielt typischerweise 12 µl Ligase-Puffer (Thermo Scientific), 1,2 µl ATP (100 mM) und 3 µl T4 DNA Ligase in einem Gesamtvolumen von 120 µl. Die Reaktion erfolgte für 14 h bei 16 °C mit einer finalen Hitze-Inaktivierung bei 65 °C für 20 min.
  • Nach Klonierung der Fragmente in den plnSALect-Vektor wurden E. coli-ElectroTen-Blue-Zellen über eine Elektroporation transformiert und auf Selektionsmedium (10 g/l Trypton, 5 g/l Hefeextrakt, 10 g/l NaCl, 15 g/l Agar mit 100 µg/ml Carbenicillin) ausgestrichen. Nach erfolgter Selektion für 20 h bei 30 °C konnten die Zellen abgespült und die Plasmide über eine Midi-Präparation mittels „Wizard Plus SV Midiprep DNA purification Kit“ (Promega, Mannheim) nach Herstellerangaben gewonnen werden.
  • Zur Verwendung für die Bibliotheksklonierung wurden die leserahmenselektierten Fragmente über eine PCR amplifiziert. Der PCR-Ansatz enthielt neben 10 µl 5×HF-Puffer (NEB), 0,5 µl Phusion Polymerase (2 U/µl, NEB), 1 µl dNTP (à 10 mM) sowie 20,5 µl die für alle Fragmente universal einsetzbaren Oligonukleotide ModLib_fwd (SEQ ID NO: 23) und ModLib_rev (SEQ ID NO: 24) mit 10 pmol/µl als flankierende Primer. Der Ansatz wurde folgenden Temperaturbedingungen ausgesetzt: Initiale Denaturierung bei 98°C für 60 s gefolgt von 6-20 Zyklen mit jeweils 10 s Denaturierung bei 98 °C, Hybridisierung bei 63 °C für 30 s, Elongation 15 s bei 72 °C und einer finalen Elongation bei 72 °C für 5 Minuten.
  • Die PCR-Fragmente wurden mit flankierenden Erkennungssequenzen für Typ IIS-Restriktionsenzyme (5': Eco31I und 3': Esp3I) generiert. Diese schneiden sequenzunabhängig innerhalb der folgenden fünf 3'-Nukleotide ihrer Erkennungssequenz, womit ein kohäsiver Überhang von vier Basenpaaren entsteht. Somit konnten die einzelnen Fragmente nach entsprechender Spaltung und Reinigung iterativ mit den in der Gensequenz benachbarten Fragmenten ligiert werden. Typische Reaktionen der 5' gelegenen Fragmente eines Ligationspaares enthielten 1,25 µl DTT (40 mM), 5 µl 10×Puffer Tango (Thermo Scientific), jeweils 4,6 U pro µg DNA und Stunde Restriktionsverdau der Restriktionsendonucleasen Esp3I und 8 U pro µg DNA und Stunde Restriktionsverdau Baul sowie die gereinigten PCR-Produkte in einem Gesamtvolumen von 60 µl. Typische Reaktionen der 3' gelegenen Fragmente eines Ligationspaares enthielten 5 µl 10×Puffer Scal (100 mM Bis-Tris Propane-HCI (pH 6.5), 100 mM MgCl2, 1000 mM KCl, 1 mg/ml BSA), jeweils 28 U pro µg DNA und Stunde Restriktionsverdau der Restriktionsendonuclease Eco31I und 11 U pro µg DNA und Stunde Restriktionsverdau der Restriktionsendonuclease Scal sowie das gereinigte PCR-Produkt in einem Gesamtvolumen von 60 µL. Der Restriktionsverdau erfolgte jeweils für 11 h bei 37 °C mit einer Hitze-Inaktivierung bei 65 °C für 20 min. Die geschnittenen Fragmente wurden über eine Agarose-Gelelektrophorese mit 3% Sieve GP-Agarose (Biozym) und anschließender Gelextraktion („Wizard® SV Gel Clean up“, Promega) nach Herstellerangaben gereinigt und für die Ligation eingesetzt. Entsprechende Ansätze enthielten neben äquimolaren Konzentrationen der zusammenzufügenden Fragmente typischerweise 0,5 µl ATP (100 mM), 5 µl 5×Ligase Reaktionspuffer und 0,5 µl T4 DNA Ligase (25 U/µl) in einem Gesamtvolumen von 50 µl. Die Ligation erfolgte für 14 h bei 16 °C gefolgt von einer Hitze-Inaktivierung bei 65 °C für 20 min. Nach Reinigung der Ligationsprodukte über Agarosegelelektrophorese wurden die Zwischenprodukte über eine PCR amplifiziert (Oligonukleotide ModLib_fwd (SEQ ID NO: 23) und ModLib_rev (SEQ ID NO: 24) als flankierende Primer; initiale Denaturierung bei 98°C für 60 s gefolgt von 6-20 Zyklen mit jeweils 10 s Denaturierung bei 98 °C, Hybridisierung bei 63 °C für 30 s, Elongation 15 s bei 72 °C und einer finalen Elongation bei 72 °C für 5 Minuten) und für die nächste Runde der iterativen Bibliotheksassemblierung durch Restriktion und Ligation Gensequenz-benachbarter Fragmente wie beschrieben verwendet, bis die komplette Gensequenz des Protein S mit den eingefügten randomisierten Positionen auf DNA-Ebene zusammengefügt vorlag (SEQ ID NO: 33).
  • Beispiel 4: Darstellung von Protein S-Varianten mittels Ribosomen Display und Selektion Ca2+-abhängig bindender Protein S-Varianten gegen eine Zielstruktur
  • Aufbau des Ribosomen Displays und Anpassung der Protein S-Variantenbibliothek
  • Zur Selektion von Varianten des Protein S mit Ca2+-abhängigen Bindungseigenschaften wurde die Methode des Ribosomen Display eingesetzt. Es wurden lineare DNA-Konstrukte ( ) erzeugt, welche unter Verwendung eines geeigneten in vitro Transkriptions- und Translationssystems die Generierung ternärer Komplexe erlaubt, in denen die genetische Information jeder einzelnen Variante in Form der jeweiligen mRNA mit dem Phänotyp in Form der jeweiligen Proteinvariante verknüpft ist, wobei die physische Verknüpfung über ein Ribosom erfolgt, welches die genetische Information in den Phänotyp mittels mRNA-vermittelter Proteinsynthese translatiert hat. Die linearen DNA-Konstrukte beinhalteten die für die Transkription und Translation notwendigen T7-Promotor- und Ribosomenbindestellen im 5'-Bereich des Gens der jeweiligen Protein S-Variante. Durch genetische Fusion an das 3'-Ende des Gens der Protein S-Variante wurde ein codierender Anker- und spacer-Bereich angefügt, welcher bei einer gekoppelten in vitro Transkription/Translation zur Immobilisierung und Präsentation der translatierten Protein S-Variante am Ribosom führt. Das Fusionskonstrukt aus dem Gen der Protein S-Varianten und der Anker-und-spacer-Sequenz enthielt kein Stopp-Codon, um eine Dissoziation der ribosomalen Untereinheiten nach Ende der Translation zu verhindern. Die 3'-Anker-Sequenz basierte auf einem SecM-vermittelten Anhalten (stalling) während der Proteinsynthese am Ribosom. Auf mRNA-Ebene wurde das Konstrukt durch 5' und an 3' gelegene Haarnadelstrukturen (stem loop) vor RNase-Aktivität geschützt.
  • Zur Anpassung der auf DNA-Ebene vorliegenden Protein S-Variantenbibliothek (SEQ ID NO: 33) an das Ribosomen-Display-Format wurden der 5'-regulatorische Sequenzbereich und die 3'-Anker- und spacer-Sequenz über die vorhandenen Agel- und BamHI-Restriktionsschnittstellen in zwei sukzessiven Schritten angefügt.
  • Für den Reaktionsansatz zur Erzeugung eines geeigneten 5'-Überhangs an der Protein S-Variantenbibliothek wurden 1,33 µl der Restriktionsendonuclease Agel, 19 µl 10x NEB Puffer 4 (NEB), 1,9 µl BSA (10 mg/ml) sowie die DNA der Protein S-Variantenbibliothek in einem Gesamtvolumen von 190 µl vereinigt. Der Reaktionsansatz zur Erzeugung eines kompatiblen 3'-Endes an der 5'-regulatorischen Sequenz umfasste 1 µl Agel, 5 µl 10x NEB Puffer 4 (NEB), 0,5 µl BSA (10 mg/ml) sowie den 5'-regulatorischen Sequenzbereich in Form eines gereinigten PCR-Produkts in einem Gesamtvolumen von 50 µl. Beide Reaktionsansätze wurden für 13 Stunden bei 37°C inkubiert und bei 65 °C für 20 min inaktiviert. Die geschnittenen Fragmente wurden über eine Agarose-Gelelektrophorese mit 3% Sieve GP-Agarose (Biozym) bzw. 0,6% LE GP-Agarose (Biozym) und anschließender Gelextraktion mittels „Wizard® SV Gel Clean up“-Kit (Promega) nach Herstellerangaben gereinigt und für die Ligation eingesetzt. Das geschnittene Fragment des 5'-regulatorischen Sequenzbereichs wurde in vierfachem molaren Überschuss eingesetzt. Der Reaktionsansatz für die Ligation enthielt 2 µl ATP (100 mM), 20 µl 10×Ligase Reaktionspuffer (500 mM Tris-HCI, 100 mM MgCl2, 10 mM ATP, 100 mM DTT, pH 7,5) und 2 µl T4 DNA Ligase (25 U/µl) in einem Gesamtvolumen von 200 µl. Die Ligation erfolgte für 6 h bei 22 °C gefolgt von einer Hitze-Inaktivierung bei 65 °C für 20 min.
  • Nach Reinigung des Ligationsprodukts aus 5'-regulatorischem Sequenzbereich und Protein S-Variantenbibliothek über Agarosegelelektrophorese und anschließender Gelextraktion mittels „Wizard® SV Gel Clean up“-Kit (Promega) wurde das Zwischenprodukt über eine weitere PCR amplifiziert, wobei die Oligonukleotide T7P-RBS_fwd (SEQ ID NO: 25) und ModLib_rev (SEQ ID NO: 24) als flankierende Primer eingesetzt wurden (initiale Denaturierung bei 98°C für 60 s gefolgt von 7 Zyklen mit jeweils 20 s Denaturierung bei 98 °C, Hybridisierung bei 63 °C für 30 s, Elongation 25 s bei 72 °C, gefolgt von einmaligem Elongationsschritt bei 72 °C für 2 Minuten und einem finalen Elongationsschritt für 5 min und 72 °C nach einer Zugabe von 0,25 µl Phusion Polymerase, 0,4 µl dNTP und 1x HF-Puffer in 5 µl).
  • Für ein anschließendes Zusammenfügen mit der 3'-Anker- und spacer-Sequenz wurde das erhaltene PCR-Produkt mit BamHI geschnitten, um einen geeigneten Einzelstrangüberhang am 3'-Ende des PCR-Produktes zu erzeugen. Der Reaktionsansatz enthielt 6,1 µl BamHI (1 U/µl), 36 µl 10x Puffer BamHI (100 mM Tris-HCI pH 8,0, 50 mM MgCl2, 1000 mM KCI, 0,2% Triton X-100, 1 mg/mL BSA) sowie das PCR-Produkt mit 5'-regulatorischem Sequenzbereich und Protein S-Variantenbibliothek in einem Gesamtvolumen von 360 µl. An der 3'-Anker- und spacer-Sequenz wurde ein kompatibler Überhang am 5'-Ende erzeugt, indem 2,7 µl BamHI (1 U/µl), 6 µl 10x Puffer BamHI (100 mM Tris-HCI pH 8,0, 50 mM MgCl2, 1000 mM KCI, 0,2% Triton X-100, 1 mg/ml BSA) und die 3'-Anker-und spacer-Sequenz in Form eines gereinigten PCR-Produkts in einem Gesamtvolumen von 60 µl gemischt wurden. Die enzymatische Spaltung erfolgte für die beiden zu ligierenden Fragmente für 14 h bei 37 °C. Die eingesetzen Enzyme wurden im Anschluss an die Inkubation für 20 min bei 65 °C inaktiviert und die gewünschten DNA-Fragmente wurden über Agarosegelelektrophorese und anschließende Gelextraktion mittels „Wizard® SV Gel Clean up“-Kit (Promega) gereinigt und für die eine Ligation eingesetzt. Das geschnittene Fragment mit der 3'-Anker- und spacer-Sequenz wurde in vierfachem molaren Überschuss eingesetzt. Der Reaktionsansatz für die Ligation enthielt 2 µl ATP (100 mM), 20 µl 10×Ligase Reaktionspuffer (500 mM Tris-HCI, 100 mM MgCl2, 10 mM ATP, 100 mM DTT, pH 7,5) und 2 µl T4 DNA Ligase (25 U/µl) in einem Gesamtvolumen von 200 µl. Die Ligation erfolgte für 6 h bei 22 °C gefolgt von einer Hitze-Inaktivierung bei 65 °C für 20 min.
  • Gekoppelte in vitro-Transkription/Translation zur Präsentation von Protein S-Varianten auf Ribosomen
  • Für die Generierung ternärer ribosomaler Komplexe aus mRNA, Ribosom und translatierter Protein S-Variante wurde ein gekoppeltes in vitro-Transkriptions und - Translationverfahren (ITT) verwendet. Das verwendete PURExpress Protein Synthesis Kit (NEB) bietet den Vorteil gereinigter Komponenten mit geringem RNAse-Hintergrund und damit einer erhöhten RNA-Stabilität. Für eine präferentiell monovalente Präsentation von Proteinvarianten in der 5. Selektionsrunde wurde das PURExpress® ΔRibosome Kit (NEB) verwendet und den Reaktionsansätzen ein im Vergleich zur eingesetzten DNA-Menge molarer Unterschuss von Ribosomen (NEB) zugegeben. Alle Arbeitsschritte wurden auf Eis gekühlt durchgeführt. Das verwendete Reaktionsvolumen richtete sich nach der Menge eingesetzter DNA und den Herstellerangaben. Maximal wurde ein Reaktionsvolumen von 75 µl mit einer DNA-Konzentration von 29 µg/µl verwendet. Der Reaktionsansatz enthielt zusätzlich 2,4 U/µl murinen RNase-Inhibitor (NEB) zur Stabilisierung der ternären Komplexe. Die Reaktion wurde durch die Zugabe der Bibliotheks-DNA gestartet und erfolgte für 20 min bei 37 °C und 500 rpm im Thermomixer (Eppendorf). Zum Abstoppen wurde dem Ansatz im Anschluss daran das 4,5-fache Volumen an eiskaltem SBC-Puffer (20 mM HEPES, 100 mM KAcO, 50 mM MgCl2, 24,3 mM CaCl2, 0,05% (v/v) Tween-20 und 1× BSA-Blocker in TBS (Pierce Biotechnology)) zugegeben und der gesamte Ansatz bei 4 °C und 21.000xg für 10 min zentrifugiert.
  • Immobilisierung zielspezifischer und Ca2+-abhängiger ternärer Komplexe
  • Die Anreicherung Ca2+-abhängig an die Zielstruktur bindender Varianten aus der Protein S-Variantenbibliothek erfolgte über ein modifiziertes bio-panning mit der Präsentation der Varianten mittels ternärer ribosomaler Komplexe ( ). Da die generierten ternären Komplexe keine kovalente Verknüpfung von mRNA, Ribosom und Prtoeinvariante besitzen, wurden die Bedingungen der Selektion so gewählt, dass die ternären Komplexe nicht dissoziieren. Neben einer niedrigen Temperatur werden die ternären Komplexe vor allem durch die Verfügbarkeit von freien Mg2+-Ionen stabilisiert. Die Ca2+-Konzentration in Mg2+-haltigen Puffern wurde durch den Einsatz des Chelators EGTA reguliert, welcher über eine signifikant geringere Affinität zu Mg2+ als zu Ca2+ verfügt.
  • Vorbereitung magnetischer beads zur Immobilisierung Zielstruktur-gebundener Protein S-Varianten
  • Zur spezifischen Immobilisierung der biotinylierten Zielstruktur superfolder green-fluorescent protein (sfGFP) nach erfolgter Bindung der auf Ribosomen präsentierten Protein S-Varianten in Lösung wurden Streptavidin-beschichtete magnetische beads verwendet. Für die Selektionsrunden wurden alternierend carboxylierte (Dynabeads M-270, Invitrogen) und tosylaktivierte (Dynabeads M-280, Invitrogen) beads verwendet, um nur die Zielstruktur sfGFP als konstanten Faktor zu präsentieren. Die Menge eingesetzter beads wurde entsprechend ihrer Bindungskapazität für die in den Runden des Biopannings benötigte Menge an Zielstruktur gewählt (Runde 1: 340 µl M-280, Runde 2: 340 µl M-270, Runde 3: 290 µl M-270, Runde 4: 35 µl M-280, Runde 4: 35 µl M-280, Runde 5: 10 µl M-270, Runde 6: 35 µl M-280).
  • Die magnetischen beads wurden vor Verwendung dreimal mit jeweils 1 ml WB (20 mM HEPES, 100 mM KAcO, 50 mM MgCl2, pH 7,4) gewaschen. Für den Pufferaustausch wurden die beads jeweils für eine Minute an einem Magneten fokussiert und der Überstand abgenommen. Die Resuspension mit Wasch-, Bindungs- oder Elutionspuffern erfolgte über dreimaliges Pipettieren unter Eiskühlung. Um während der Selektion die unspezifische Wechselwirkung von Bibliotheksvarianten mit den beads zu verringern, wurden diese vor Verwendung in 2 ml BWB (20 mM HEPES, 100 mM KAcO, 50 mM MgCl2, pH 7,4) für 2 Stunden bei 4 °C auf dem Rollenmischer (Bibby Scientific) inkubiert. Carboxylierte beads (Dynabeads M-270) wurden mit BWB_BSA (BWB + 1% (w/v) BSA (Pierce Biotechnology)), und tosylaktivierte beads (Dynabeads M-280) mit BWB_PF (BWB + 0,9×Protein-free Blocker (Pierce Biotechnology)) geblockt. Im Anschluss daran wurden die magnetischen beads dreimal mit jeweils 1 ml WBTC (20 mM HEPES, 100 mM KAcO, 50 mM MgCl2, 10 mM CaCl2, 0,05% (v/v) Tween-20) äquilibriert.
  • Selektionsprozess zur Anreicherung Ca2+-abhängig bindender Protein S-Varianten
  • Eine Anreicherung Ca2+-abhängig bindender Protein S-Varianten erfolgte, indem die ternären Komplexe der Protein S-Variantenbibliothek (Überstand des letzten Schrittes der gekoppelten in vitro-Transkription/ Translation (ITT) der Protein S-Variantenbibliothek) in Lösung mit der biotinylierten Zielstruktur sfGFP zusammengebracht wurden und nach einem Inkubationsschritt ein pull-down der sfGFP-Zielstruktur mittels magnetischer Beads erfolgte. Durch Waschschritte wurden nicht- und schwach bindende Varianten entfernt. Die Elution von Ca2+-abhängig bindenden Varianten erfolgt mittels EGTA-vermittelter Reduktion der Ca2+-Konzentration. Die ternären Komplexe wurden in diesem Schritt durch eine hohe Mg2+-Konzentration weiterhin stabilisiert. Zur Isolierung der mRNA aus den mittels EGTA eluierten ternären Komplexen wurden diese durch EDTA-Zugabe dissoziiert. Die mRNA wurde durch eine reverse Transkription in cDNA überführt, und diese nach Amplifikation für weitere Selektionsrunden mittels Ribosomen Display verwendet oder für die Analyse von Einzelvarianten eingesetzt. Über insgesamt sechs Selektionsrunden wurde die Stringenz der Waschschritte durch häufigeres Waschen und längere Verweildauer des Waschpuffers gesteigert. Zudem wurde durch eine sukzessive Reduktion der Zielstruktur-Konzentration über die Selektionsrunden der Selektionsdruck hin zu Protein S-Varianten mit höherer Bindungsstärke zur Zielstruktur sfGFP erhöht. Ab der dritten Runde des Ribosomen Displays wurden die ITT-Ansätze zunächst vor der Zugabe zur Zielstruktur mit gewaschenen und geblockten magnetischen beads inkubiert, um den Anteil unspezifisch bindender Varianten zu verringern. Der Überstand dieses pre-Panning-Schrittes wurde für die Bindung der Zielstruktur verwendet. Ab der zweiten Selektionsrunde erfolgte zudem mit einer Hälfte der hergestellten ternären Komplexe eine zeitgleiche Selektion gegen eine Negativkontrolle, um eine Anreicherung bei Selektion gegen die Zielstruktur quantifizieren zu können.
  • Eine Hälfte des ITT-Ansatzes (1. Selektionsrunde: gesamter Überstand des ITT-Ansatzes) wurde mit biotinyliertem sfGFP (Konzentration Runde 1: 1.200 nM, Runde 2: 1.200 nM, Runde 3: 1.000 nM, Runde 4: 100 nM, Runde 5: 10 nM, Runde 6: 100 nM) in Lösung auf einem Rollenmischer inkubiert (Dauer Runde 1: 60 min, Runde 2: 60 min, Runde 3: 60 min, Runde 4: 60 min, Runde 5: 30 min, Runde 6: 60 min), die für die Negativkontrolle verwendete zweite Hälfte der ternären Komplexe enthielt ein analoges Volumen an SB-Puffer. In der fünften Selektionsrunde wurde eine off-rate-Selektion durchgeführt. Nach Bindung der ternären Komplexe an 10 nM biotinyliertes sfGFP für 30 min wurden dem System zusätzlich 1000 nM nicht-biotinylierte Zielstruktur zugesetzt und für weitere 30 min bei 4 °C inkubiert. Die Immobilisierung des sfGFP und der daran gebundenen ternären Komplexe erfolgte über die Inkubation mit Streptavidin-beschichteten magnetischen beads für 30 min auf einem Rollenmischer. Es folgten mehrere Waschschritte mit jeweils 500 µl WBCT (20 mM HEPES, 100 mM KAcO, 50 mM MgCl2, 10 mM CaCl2, 0,05% (v/v) Tween-20). Die magnetischen beads wurden zunächst zweimal ohne Inkubationszeit, und anschließend mehrfach mit rundenweise verlängerten Inkubationen gewaschen (Runde 1: 1×1 min, Runde 2: 2x1 min, Runde 3: 5×1 min, Runde 4: 5×2 min, Runde 5: 8×3 min, Runde 6: 5×3 min). Zur selektiven Dissoziation von Ca2+-abhängig gebundenen Varianten der Protein S-Bibliothek wurden 2x 100 µl EGTA-haltiger Elutionspuffer verwendet (20 mM HEPES, 100 mM KAcO, 50 mM MgCl2, 20 mM EGTA, 0,025 µg/µl tRNA, 0,025 µg/µl rRNA, 0,05% (v/v) Tween-20, pH 7,4). Beide EGTA-Elutionsfraktionen wurden vereinigt und weiter verwendet.
  • Isolierung und reverse Transkription der mRNA von mittels Ribosomen Display angereicherten Protein S-Varianten in cDNA
  • Der vereinigten EGTA-Elutionsfraktion einer Selektionsrunde wurde zur vollständigen Dissoziation der ternären Komplexe 40 µl 0,2 M EDTA zugegeben. Im Anschluss daran erfolgte die mRNA-Isolierung über das „Roche High Pure RNA Isolation Kit“ (Roche) nach Herstellerangaben mit DNasel-Verdau zur Entfernung von Rückständen ursprünglich eingesetzter DNA. Die Rückgewinnung der mRNA von den Säulen erfolgte über die Zugabe von 2× 48 µl TE-Puffer. Das Eluat wurde anschließend komplett für die reverse Transkription verwendet. Dem Ansatz wurden 2,8 µl des Primers PS_RD-Esp31I_rev (SEQ ID NO: 28) (50 pmol/µl) und 7 µl dNTP (jeweils 10 mM) zugegeben. Anschließend wurde der Ansatz auf sechs Aliquots à 14,5 µl in 0,2 ml PCR-Gefäßen aufgeteilt und diese 4 min bei 65 °C im Thermocycler (Biometra) inkubiert. Nach Abkühlung der PCR-Gefäße auf Eis und kurzer Zentrifugation (100xg) wurde zu 5 Aliquots jeweils 5,5 µl Maxima Reverse Transkriptase (Thermo Scientific) in entsprechendem Puffer zugegeben. Weiterhin enthielten alle Aliquots jeweils 0,5 µl (1 U) RNasin Plus RNase Inhibitor (Promega). Eines der sechs Aliquots wurde analog zu diesem Vorgehen als Negativkontrolle ohne Zugabe von reverser Transkriptase mitgeführt. Die Ansätze wurden vorsichtig gemischt und für 30 min bei 50 °C inkubiert.
  • Nach erfolgter Reaktion der mRNA-vermittelten cDNA-Synthese (reverse Transkription) wurden gleichbehandelte Aliquots vereinigt und jeweils 2 µl für die Quantifizierung der cDNA entnommen. Die Quantifizierung von cDNA erfolgte mittels real-time-PCR unter Verwendung von Protein S-spezifischen PCR-Primern (PS_Quant_fwd × PS_Quant_rev, SEQ ID NO: 29 und SEQ ID NO: 30, Hybridisierung bei 62 °C). Verwendet wurde ein LightCycler® 480 System (Roche) in Kombination mit der DNA SYBR Green I-Methode (Roche) nach Herstellerangaben. Die Auswertung der Messungen erfolgte mithilfe der LightCycler® 480-Software über das crossing point-Verfahren. Zur Quantifizierung von cDNA in Proben diente eine externe Standardreihe der verwendeten Protein S-Variantenbibliothek.
  • Der verbleibende Ansatz der reversen Transkription wurde über das Wizard SV Gel and PCR Clean up System (Promega) nach Herstellerangaben gereinigt. Die Elution der cDNA erfolgte in zwei Stufen über die Zugabe von 2×60 µl 10 mM Tris-HCI pH 8,0.
  • Anpassung der cDNA von angereicherten Protein S-Varianten an das Ribosomen Display-Format
  • Die Überführung der je Selektionsrunde isolierten cDNA von angereicherten Protein S-Varianten in ein Ribosomen Display-fähiges Format für die Durchführung weiterer Selektionsrunden erfolgte über eine PCR zum Anfügen von Restriktionsschnittstellen und einen anschließenden gekoppelten Restriktions-Ligierungs-Ansatz zum Anfügen der 5'-regulatorischen Sequenzen und die 3'-Anker- und spacer-Sequenzen.
  • Zur Amplifikation der cDNA mittels PCR wurden die Oligonucleotide PS_RD-Esp3I_fwd (SEQ ID NO: 27) und PS_RD-Esp3I_rev (SEQ ID NO: 28) als Protein S-spezifische endständige Primer in einer PCR verwendet, über welche 5' und 3' jeweils eine Esp3I-Schnittstelle angefügt wurden. Die Ansätze enthielten jeweils 115 µl gereinigte cDNA, 4 µl dNTPs (jeweils 10 µM), jeweils 8 µl der Protein S-spezifischen Primer (0,2 pmol/µl), 40 µl 5× Phusion HF-Puffer (NEB) sowie 1,6 µl (3,2 U) Phusion High-Fidelity DNA-Polymerase (NEB) und wurden mit Molekularbiologie-geeignetem Wasser (Fermentas) auf 200 µl aufgefüllt. Die PCR-Amplifikation erfolgte nach einem initialen Denaturierungsschritt bei 98 °C (30 Sekunden) über 25-35 Runden aus Denaturierung bei 98 °C (20 Sekunden), Annealing bei 68 °C (30 Sekunden) und Elongation bei 72 °C (30 Sekunden), gefolgt von einem abschließenden Elongationsschritt bei 72 °C für 5 min. Die Zyklenzahl der cDNA-PCR-Amplifikation nach den jeweiligen Selektionsrunden wurde iterativ verringert (Runde 1: 35 Zyklen, Runde 2: 33 Zyklen, Runde 3: 28 Zyklen, Runde 4: 25 Zyklen, Runde 5: 25 Zyklen, Runde 6: 25 Zyklen). Die PCR-Produkte wurden anschließend nach Herstellerangaben über eine Silica-Säule (Wizard SV Gel and PCR Clean up System, Promega) gereinigt.
  • An die amplifizierte cDNA der angereicherten Protein S-Bibliotheksvarianten wurden für das Ribosomen Display benötigte 5'-regulatorische und 3'-Anker- und spacer-Sequenzen über eine gekoppelte Restriktion/Ligation wieder angefügt. Die 5'- und 3'-flankierenden Ribosomen-Display-DNA-Fragmente wurden in einem geringen molaren Überschuss (+5%) im Vergleich zur cDNA der angereicherten Protein S-Varianten eingesetzt. Die Reaktion erfolgte in dem empfohlenen Puffer des Restriktionsenzymes Esp3I (Thermo Scientific). Es wurden 10 µl des 10xTango-Puffer (Thermo Scientific) in einem Gesamtvolumen von 100 µl verwendet. Zusätzlich wurden den Ansätzen 5 µl 40 mM DTT und 1 µl 100 mM ATP zugegeben. Es wurden zeitgleich 7 µl Esp3I (70 U) und 2 µl T4-DNA-Ligase (60 U) verwendet. Die Reaktion erfolgte bei 25 °C für 20-23 Stunden. Final wurde der Ansatz für 30 min bei 16 °C inkubiert. Die Enzyme wurden anschließend bei 65 °C für 20 min inaktiviert. Das Ligationsprodukt im Ribosomen Display-Format wurde über ein Agarosegel nach Hersteller-Angaben gereinigt (Wizard® SV Gel Clean up, Promega) und über eine weitere PCR amplifiziert, wobei die Oligonucleotide T7P-RBS_fwd (SEQ ID NO: 25) und Spacer-SecM_rev (SEQ ID NO: 26) als spezifische endständige PCR-Primer für die flankierenden Sequenzen eingesetzt wurden. Die Ansätze enthielten jeweils 40-50 µl gereinigtes Ligationsprodukt, 4 µl dNTPs (jeweils 10 µM), jeweils 8 µl der Ribosomen Display-Sequenz-spezifischen Primer (0,2 pmol/µl), 40 µl 5× Phusion HF-Puffer (NEB) sowie 1,6 µl (3,2 U) Phusion High-Fidelity DNA-Polymerase (NEB) und wurden mit Molekularbiologie-geeignetem Wasser (Fermentas) auf 200 µl aufgefüllt. Die PCR-Amplifikation erfolgte nach einem initialen Denaturierungsschritt bei 98 °C (30 Sekunden) über 12 Runden aus Denaturierung bei 98 °C (20 Sekunden), Annealing bei 65 °C (30 Sekunden) und Elongation bei 72 °C (30 Sekunden), gefolgt von einem abschließenden Elongationsschritt bei 72 °C für 5 min. Die PCR-Produkte wurden nach Herstellerangaben über eine Silica-Säule (Wizard SV Gel and PCR Clean up System, Promega) gereinigt und für weitere Selektionsrunden verwendet.
  • Beispiel 5: Herstellung, Isolierung und Reinigung von Protein S-Varianten mit spezifischer und Ca2+-abhängiger Bindung an die Zielstruktur
  • Rekombinante Proteinherstellung im Ribosomen Display angereicherter Protein S-Varianten
  • Zur Analyse von Einzelvarianten nach der Selektion wurde die cDNA von Protein S-Varianten-pools der einzelnen Selektionsrunden über Agel/BamHI-Schnittstellen in den Expressionsvektor pETAB6H kloniert ( ). Im Anschluss an die Klonierung wurden elektrokompetente E. coli BL21(DE3)-Zellen mit den erstellten Expressionsplasmiden transformiert und für die Produktion einzelner Protein S-Varianten mit einem C-terminal angefügten 6×His-tag verwendet.
  • Die enzymatische Spaltung von DNA mittels Restriktionsendonukleasen erfolgte dabei nach Herstellerangaben. Das Plasmid pETAB6H wurde für Ligierungsreaktionen mit den Restriktionsendonukleasen Agel-HF und BamHI-HF (NEB) enzymatisch gespalten. Der Reaktionsansatz enthielt 16 µl 10× NEB-Puffer 4 (500 mM Kaliumacetat, 200 mM Tris-acetat, 100 mM Magnesiumacetat, 10 mM DTT, pH 7,9), 5 µg DNA, 2 µl (20 U) Agel-HF, 0,8 µl (8 U) BamHI-HF, 1,6 µl BSA (10 mg/ml) sowie 13 µl (13 U) Fast-AP alkaline Phosphatase (NEB) und wurde auf 160 µl mit Molekularbiologie-geeignetem ddH2O (Thermo Scientific) aufgefüllt. Die Inkubationszeit betrug 12 h bei 37 °C. Zur Inaktivierung der Phosphatase und der Restriktionsenzyme wurde der Ansatz nach erfolgter Inkubation für 20 min auf 65 °C erhitzt. Reaktionsansätze für den Restriktionsverdau der amplifizierten cDNA von angereicherten Protein S-Varianten enthielten je 0,7 µg DNA, 1 µl (10 U) Agel-HF, 0,6 µl (6 U) BamHI-HF, 0,4 µl BSA (10 mg/ml), 4 µl 10× NEB-Puffer 4 (500 mM Kaliumacetat, 200 mM Tris-acetat, 100 mM Magnesiumacetat, 10 mM DTT, pH 7,9) und wurden auf 40 µl mit Molekularbiologie-geeignetem ddH2O (Thermo Scientific) aufgefüllt. Die gespaltene DNA wurde jeweils mittels Agarose-Gelelektrophorese analysiert und nach Herstellerangaben gereinigt (Wizard® SV Gel Clean up, Promega).
  • Die Ligierung der geschnittenen und dephosphorylierten pETAB6H-Plasmid-DNA mit der geschnittenen und mit kompatiblen 5'-Überhängen versehenen DNA von angereicherten Protein-S-Varianten-pools aus den verschiedenen Selektionsrunden erfolgte mittels 0,8 µl (20 U) T4-DNA-Ligase (Thermo Scientific). Die eingesetzte Menge an Vektor-DNA betrug 350-450 fmol, die insert-DNA wurde im dreifach molaren Überschuss eingesetzt. Weiterhin enthielt der Ligationsansatz 9 µl 10× T4-DNA-Ligase-Puffer (Thermo Scientific) und 0,9 µl ATP (100 mM) in einem Gesamtreaktionsvolumen von 90 µl. Die Inkubation erfolgte bei 16 °C für 19 h. Zur Inaktivierung der Ligase wurde der Ansatz anschließend für 10 min auf 65 °C erhitzt.
  • Die Ligationsprodukte wurden direkt für die Transformation elektrokompetenter E. coli BL21(DE3)-Zellen eingesetzt. Ein auf Eis aufgetautes 100 µl-Aliquot an elektrisch kompetenten Zellen wurde mit 1 µl Ligationsansatz durchmischt und in eine vorgekühlte Küvette (Spaltbreite 1 mm) überführt. Die Elektroporation wurde mit eine Spannung von 1800 kV bei einem Widerstand von 100 Ω und einer Kapazität von 25 µF durchgeführt. Nach der Elektroporation wurden die Zellen schnellstmöglich in 1 ml vorgewärmten SOC-Medium (20 g/l Trypton, 5 g/l Hefeextrakt, 10 mM NaCl, 2,5 mM KCl,10 mM MgCl2, 20 mM Glucose) aufgenommen und anschließend für 30 min bei 37 °C und 750 rpm in einem 2-ml-Reaktionsgefäß im Thermomixer inkubiert. Anschließend wurde der gesamte Ansatz auf LB-Agarplatten mit Kanamycin (15 g/l Agar, 10 g/l Trypton, 5 g/l Hefeextrakt, 10 g/l NaCl, 0,5% (w/v) Glucose, 100 µg/ml Kanamycin) ausplattiert und bei 37 °C über Nacht inkubiert. Die erhaltenen Zellen wurden mit 5 ml LB-Medium abgespült, mit Glycerol (80% v/v) auf eine Konzentration von 17 % (v/v) versetzt und bei -80°C gelagert.
  • Für die Anzucht von E. coli-Flüssigkulturen in 96-well-Mikrotiterplatten (Nunc) wurden die Kavitäten zunächst mit je 200 µl LB-Medium mit 0,5% Glucose (10 g/l Trypton, 5 g/l Hefeextrakt, 10 g/l NaCl, 0,5% (w/v) Glucose, 100 µg/ml Kanamycin) beschickt. Die Inokulation der einzelnen Kavitäten erfolgte anschließend per Zahnstocher oder automatisch mittels einem colony picking-Roboter (QPix2, Genetix) ausgehend von Einzelkolonien, welche auf speziellen LB-Agarplatten (Q-Tray, Genetix) angezüchtet wurden. Die Vorkulturen wurden 8 h bei 37 °C oder 12-14 h bei 30 °C und 750 rpm im Schüttelinkubator (TH 15, Bühler) inkubiert. Die längerfristige Lagerung erfolgte bei -80 °C in Form von Glycerinstammkulturen, indem je Kavität 50 µl 80 %iges Glycerin zugegeben wurden. Nach Überführung der Einzelklone aus den flüssigen Vorkulturen in Stich-Agar-gefüllte 96-well-Mikrotiterplatten wurde die DNA der ausgewählten Protein S-Varianten durch die Firma GATC Biotech AG (Konstanz) sequenziert.
  • Die Herstellung der einzelnen Proteinvarianten erfolgte unter autoinduzierenden Bedingungen (Studier 2005) in 96-well-Platten (500-µl-Kavitäten, Nunc) im Schüttelinkubator (TH 15, Bühler). Je Kavität wurden 200 µl antibiotikahaltiges ZYM-5052-Medium (10 g/l Trypton, 5 g/l Hefeextrakt, 1,25 M Na2HPO4, 1,25 M KH2PO4, 2,5 M NH4Cl, 0,25 M Na2SO4, 25% (w/v) Glycerin, 25 g/l Glucose, 100 g/l alpha-Lactose-Monohydrat, 2 mM MgSO4, 100 µg/ml Kanamycin, mit 0,2 µl/l Spurenelementlösung (60 mM HCl, 50 mM FeCl3, 20 mM CaCl2, 10 mM MnCI2, 10 mM ZnSO4, 2 mM CoCl2, 2 mM CuCl2, 2 mM NiCl2, 2 mM Na2MoO4, 2 mM Na2SeO3, 2 mM H3BO3) versetzt) im Verhältnis ca. 1:100 mit einer Vorkultur in LB-Medium aus einer 96-well-Platte (Nunc) automatisch mittels colony picking-Roboter (QPix2, Genetix) beimpft. Die Inkubation erfolgte für 24 h im Schüttelinkubator (TH 15, Bühler) bei 37 °C und 750 rpm, bevor die Zellernte mittels Zentrifugation bei 3.000xg und 4 °C für 20 min durchgeführt wurde. Nach einer Expression in 96-well-Mikrotiterplatten geerntete und bei -20 °C gelagerte Zellen wurden nach Auftauen auf Eis in je 200 µl/Kavität Aufschlusspuffer (40 mM HEPES, 150 mM NaCl, 10 mM CaCl2, 200 µg/ml Lysozym (AppliChem), 10 U/ml Benzonase, 2 mM MgSO4, 0,2 mM AEBSF, pH 8,0) resuspendiert. Es erfolgte eine 30-minütige Inkubation im Thermomixer (Eppendorf) bei Raumtemperatur und 650 rpm. Für den Zellaufschluss wurden vier Gefrier-Tau-Zyklen durchgeführt. Das vollständige Einfrieren der Zellsuspensionen erfolgte für 5 min in flüssigem Stickstoff, das Auftauen für 10 min bei 30-40 °C und 500 rpm im Schüttelinkubator (TH 15, Bühler). Die Abtrennung von unlöslichen Bestandteilen erfolgte über einen Zentrifugationsschritt für 30 min bei 4 °C und 4000xg. Die als Überstand vorliegenden löslichen Bestandteile des Zelllysats wurden abgenommen und in frische 96-well-Mikrotiterplatten (Nunc) überführt.
  • Identifizierung Ca2+-abhängig an die Zielstruktur sfGFP bindender Protein S-Varianten
  • Zur Identifizierung Ca2+-abhängig bindender Protein S Varianten nach erfolgter Anreicherung über das Ribosomen Display wurde ein enzyme-linked immunosorbent assay (ELISA) verwendet. Für diese primäre Analyse wurde die Bindung von 2576 Protein S-Varianten nach rekombinanter Proteinherstellung im Mikrotiterplattenformat an die Zielstruktur sfGFP über ein ELISA-Verfahren auf einem Biomek FXp-System (Beckman Coulter) untersucht.
  • Pro Kavität von 384-well-Mikrotiterplatten (Greiner Bio-One) wurden 500 ng der Zielstruktur sfGFP (25 ng/µl) in 20 µl HBST (20 mM HEPES, 150 mM NaCI, 0,05% (v/v) Tween-20 pH 7,4) über Nacht bei 4 °C immobilisiert. Zur Absättigung verbliebener Bindungsstellen an der Plastikoberfläche wurde jede der Kavitäten mit 3x 100 µl HBST gewaschen und anschließend mit 100 µl 1× Casein-Blocker (Sigma-Aldrich) in HBS (20 mM HEPES, 150 mM NaCl, pH 7,4) für 2 h bei Raumtemperatur und zusätzlich 2 h bei 4 °C geblockt.
  • Nach erfolgter Immobilisierung der Zielstruktur und erfolgtem Blocken verbleibender Bindungsstellen wurden die Mikrotiterplatten mit 3x100 µl HBSCT (20 mM HEPES, 150 mM NaCl, 10 mM CaCl2, 0,05% (v/v) Tween-20, pH 7,4) gewaschen und jeweils 20 µl des löslichen Zelllysat-Bestandteile einzelner hergestellter Protein S-Varianten aus den Ribosomen Display-Selektionsrunden zu zwei Kavitäten je Protein S-Variante hinzugegeben und für 1 h bei Raumtemperatur inkubiert. Es erfolgte für jede der untersuchten Protein S-Varianten jeweils eine Bestimmung der Bindung an die Zielstruktur in permanenter Anwesenheit freier Ca2+-Ionen durch dreimaliges Waschen mit HBSCT-Puffer (20 mM HEPES, 150 mM NaCl, 10 mM CaCl2, 0,05% (v/v) Tween-20 pH 7,4) pro Kavität. Für die zweite Kavität pro Protein-Variante wurde ein zusätzlicher Waschschritt in EDTA-vermittelter Abwesenheit freier Ca2+-Ionen durch die Zugabe von 100 µl HBSET-Puffer (20 mM HEPES, 150 mM NaCl, 5 mM EDTA, 0,05% (v/v) Tween-20 pH 7,4) durchgeführt.
  • Die Detektion gebundener Proteine erfolgte über einen Peroxidase-konjugierten Primärantikörper (anti-His6-POD-Konjugat BMG His-1, Roche), welcher 1/1000 in HBSCT-Puffer verdünnt eingesetzt und für eine Stunde in den Kavitäten inkubiert wurde. Nach Entfernung ungebundenen Antikörpers durch 3x Waschen mit 100 µl HBSCT-Puffer wurden die Kavitäten zusätzlich 3× mit 100 µl HBSC gewaschen und mit 20 µl Peroxidase-Substrat TMB Xtra (Kem-En-Tec Diagnostics) versetzt. Das Abstoppen der Reaktion erfolgte nach 30 Minuten mit 20 µl 0,5 M Schwefelsäure. Zur Auswertung der Signale wurde in einem Mikrotiterlesegerät (DTX 880, Beckman Coulter) die Extinktion bei 450 nm gemessen und um den Referenzwert bei 620 nm korrigiert. Für weitergehende Analysen wurden solche Protein S-Varianten identifiziert und ausgewählt, die in Gegenwart freier Ca2+-Ionen eine korrigierte Extinktion bei 450 nm ≥ 0,15 zeigten. Mehr als 50% der ausgewählten Protein S-Varianten wiesen in Gegenwart freier Ca2+-Ionen eine mehr als das 5-fach höhere Extinktion bei 450 nm im Vergleich zur Bestimmung nach einem zusätzlichen EDTA-Waschschritt auf.
  • Die DNA-Sequenzen der ausgewählten sfGFP-bindenden Protein S-Varianten wurden durch Sequenzierung der Expressionsplasmide bestimmt und für die indivduellen Varianten eine fortlaufende Identifikationsnummer (clone-ID: CID) vergeben (Tabelle 3). Die Sequenzierung erlaubte die Bestimmung von Aminosäureaustauschen in den sfGFP-bindenden Varianten im Vergleich zur Wildtyp-Sequenz des ProteinS (PS WT in Tabelle 3). In Tabelle 3 sind diese Aminosäureaustausche beispielhaft dargestellt, in Bezug auf die bei der Bibliothekserstellung eingesetzten randomisierten Fragmente RF1, RF2 und RF3. Über die gezielt eingeführten Aminosäureaustausche hinaus wurden in einzelnen Protein S-Varianten weitere Mutationen im Vergleich zur Protein S-Wildtyp-Sequenz gefunden, welche wahrscheinlich zufällig im Verlauf des Selektionsverfahrens oder bei der Bibliothekserstellung in die jeweiligen Varianten eingebracht wurden. Die Nummerierung dieser zusätzlichen Austausche in Tabelle 3 bezieht sich auf die jeweilige Position im Protein S-Wildtyp (SEQ ID NO: 31). Die exprimierten Protein S-Varianten verfügen aufgrund der Anpassungen für das Ribosomen Display im Vergleich zum Protein S-Wildtyp über drei zusätzliche Aminosäuren (GTG) direkt hinter dem Start-Methionin (SEQ ID NO: 34). Die verwendete Nummerierung in Tabelle 3 schließt diese Aminosäuren nicht mit ein, so dass die Nummerierung der entsprechenden Aminosäurepositionen sich nach der Nummerierung der entsprechenden Positionen im Protein S-Wildtyp richtet (z.B.: Protein S-Wildtyp Position N77 im Vergleich zu Protein S-Varianten N80). Tabelle 3: Aminosäuresubstitutionen in den randomisierten Bereichen von mittels Ribosomen Display angereicherten und als an sfGFP bindend identifizierten Protein S-Varianten im Vergleich zum Protein S-Wildtyp (Positionsnummerierung entsprechend Protein S-Wildtyp (SEQ ID NO: 31))
    SEQ ID NO CID RF1 RF2 RF3 zusätzliche Mutationen
    Position 8 9 10 11 13 15 70 71 73 74 75 97 98 99 104
    31 PSWT Y N E D Q K E E G P L Y K E K
    35 1 T G Y Y Y F I I A D I T F Q R /
    36 5 S G Y A F W M H H W E LFTR A67T
    37 8 S G F A Y Y I T Q W E K F T T /
    38 10 S G F H Y G I W Y H S L F E R V153A
    39 11 S G Y A Y R I I M A H A F K E A50G
    40 13 S G W Y Y G I F W L R V H L R /
    41 22 R I A W W K E FAD F M G T Y /
    42 24 Q Q W Q M A E W W D V R Y Q F N77Y
    43 27 N F T P W Q E E W R L R F D Y /
    44 30 S G Y A F W I L Q W N W F E R /
  • Herstellung und Reinigung von Ca2+-abhängig an die Zielstruktur sfGFP bindenden Protein S-Varianten
  • Für die detaillierte Charakterisierung der identifizierten Protein S-Varianten mit Ca2+-abhängiger Bindung an die Zielstruktur sfGFP wurden die ausgewählten Varianten in E. coli-Zellen im Schüttelkolbenmaßstab produziert und anschließend zur Homogenität gereinigt.
  • Die Herstellung rekombinanter Proteine erfolgte in 300 ml ZYM-5052 Autoinduktionsmedium (10 g/l Trypton, 5 g/l Hefeextrakt, 1,25 M Na2HPO4, 1,25 M KH2PO4, 2,5 M NH4Cl, 0,25 M Na2SO4, 25%(w/v) Glycerin, 25 g/l Glucose, 100 g/l alpha-Lactose-Monohydrat, 2 mM MgSO4, 100 µg/ml Kanamycin, mit 0,2 µl/l Spurenelementlösung (60 mM HCl, 50 mM FeCl3, 20 mM CaCl2, 10 mM MnCl2, 10 mM ZnSO4, 2 mM CoCl2, 2 mM CuCl2, 2 mM NiCl2, 2 mM Na2MoO4, 2 mM Na2SeO3, 2 mM H3BO3) versetzt). Das maximal eingesetzte Kulturvolumen betrug 10-20% des Kolbenvolumens. Als Inokulum wurden Kryokulturen der E. coli BL21(DE3)-Zellen aus Vorkulturen aus LB-Medium (10 g/l Trypton, 5 g/l Hefeextrakt, 10 g/l NaCl, 0,4% (w/v) Glucose, 100 µg/ml Kanamycin) verwendet. Die Vorkulturen wurden zunächst für 8-10 Stunden bei 37 °C und 220 rpm in Kultivierungsröhrchen oder Kolben mit Schikanen inokuliert. Nach erfolgter Inokulation des Mediums mit 1/100 (v/v) aus der Vorkultur wurden die Zellen zunächst für drei Stunden bei 37 °C und 220 rpm angezogen und anschließend für die Genexpression auf 25 °C abgekühlt und für 17-20 h inkubiert.
  • Es erfolgte die Zellernte bei 3.000×g und 4 °C für 20 min. Die Biofeuchtmasse wurde bis zur Verwendung bei -80 °C gelagert.
  • Der Zellaufschluss nach erfolgter Genexpression erfolgte über eine Kombination enzymatischer und physikalischer Faktoren. Die Biomasse wurde zunächst in 2-5 ml HBS-Puffer (40 mM HEPES, 150 mM NaCl, 10 mM CaCl2, 20 mM Imidazol, pH 8,0) pro Gramm Biofeuchtmasse resuspendiert. Die resuspendierten Zellen wurden mit Lysozym (auf 200 µg/ml) versetzt und für 30 min bei Raumtemperatur auf dem Rollenmischer inkubiert. Der Aufschluss über Ultraschall erfolgte unter ständiger Kühlung der Proben im Eisbad. Für Probenvolumina unter 1 ml wurde eine 3 mm Sonotrode verwendet, für größere Volumina (1- 10 ml) eine Sonotrode mit 6 mm Spitzendurchmesser. Es wurden fünf Pulse á 20 s mit 30-sekündiger Pause bei einer Amplitude von 21% durchgeführt. Nach erfolgtem Zellaufschluss wurde den Lysaten 2 mM MgSO4, 10 U/ml Benzonase, sowie 0,5 mM eines Serinproteaseinhibitors (Phenylmethylsulfonylfluorid oder 4-(2-Aminoethyl)-benzolsulfonylfluorid, AppliChem) zugegeben, bevor sie auf dem Rollenmischer für 10 min bei Raumtemperatur inkubiert wurden. Die Abtrennung von unlöslichen Bestandteilen erfolgte über einen Zentrifugationsschritt für 30 min bei 4 °C und 50.000×g in 50 ml-Röhrchen.
  • Die mit einem C-terminal gelegenen Hexahistidin-tag fusionierten Protein S-Varianten wurden über eine Metallchelat-Affinitätschromatographie (IMAC) mit anschließender Größenausschlusschromatographie (SEC) gereinigt. Für die Reinigungen von Protein aus bis zu 1 I Kulturvolumen rekombinanter E. coli-Bl21(DE3)-Zellen wurde ein ÄKTAxpress System (GE Healthcare) verwendet. Nach erfolgter Genexpression und erfolgtem Zellaufschluss wurde der filtrierte Überstand mit einer Flussrate von 1 ml/min auf eine 1 ml-HisTrap HP-Säule (GE Healthcare) aufgetragen. Zur Entfernung unspezifisch gebundener Proteine wurde die Säule mit 20 CV HBSCl-20 (25 mM HEPES, 150 mM NaCl, 10 mM CaCl2, 20 mM Imidazol, pH 8,0) und 5 CV HBSCI-60 (25 mM HEPES, 150 mM NaCl, 10 mM CaCl2, 60 mM Imidazol, pH 8,0) gewaschen. Die Elution erfolgte mittels kompetitiver Verdrängung mit 5 CV HBSI-500 (25 mM HEPES, 150 mM NaCl, 500 mM Imidazol, pH 8,0) mit einer Flussrate von 1 ml/min. Für die automatische Detektion des eluierten Proteins wurden die nachfolgenden Parameter verwendet: Anzahl loops - 5; maximales Peakvolumen - 5 ml; Peak UV-Startwert - 20 mAU; Peak UV-Endwert - 20 mAU; Peak Minimalbreite - 0,5 min; Peak UV-Anfangssteigung - 10 mAU/min; Peak UV-Endsteigung - 20 mAU/min. Die detektierten Proteinfraktionen wurden automatisch in systeminternen Schlauchschleifen (loops) des Chromatographiesystems aufgefangen und davon maximal 5 ml mit 1 ml/min auf die zuvor mit HBS-Puffer (20 mM HEPES, 150 mM NaCl, pH 7,4) äquilibrierte HiLoad 16/60 Superdex 75 prep grade-Säule (GE Healthcare) aufgetragen. Die Elution erfolgte mit HBS-Puffer mit einer Flussrate von 1,5 ml/min. Nach 0,55 Säulenvolumina (CV) erfolgte eine automatische Fraktionierung in 2-ml-Fraktionen, bei erfolgter automatischer Peakdetektion in 1-ml-Fraktionen. Zur Einschätzung der apparenten Molekularmasse wurde eine externe Kalibriergerade mit Molekularmassenstandard (GE Healthcare) verwendet. Der Verlauf der Proteinreinigung wurde über SDS-PAGE-Analysen nachvollzogen.
  • Beispiel 6: Charakterisierung der Bindungseigenschaften von Ca2+-abhängig an die Zielstruktur sfGFP bindenden Protein S-Varianten
  • Zur quantitativen Bindungsanalyse wurde die OberflächenplasmonresonanzSpektroskopie eingesetzt. Die Messungen erfolgten auf einem Biacore T100 System (GE Healthcare) unter Verwendung der auf einem SA-Chip (GE Healthcare) immobilisierten Zielstruktur sfGFP.
  • Zur Bestimmung bindungskinetischer Parameter einzelner Protein S-Varianten nach Selektion, Identifizierung, Herstellung und Reinigung wurde die biotinylierte Zielstruktur sfGFP auf einem Streptavidin (SA)-beschichtetem Chip immobilisiert. Nach Aktivierung des Sensorchips nach Herstellerangaben wurden auf einer Flusszelle 120-140 RU (response units) des biotinylierten sfGFP gebunden.
  • Die gereinigten Protein S-Varianten, welche durchgehend mit einer sogenannten clone ID (CID) nummeriert wurden, wurden jeweils in HEPES-gepufferter Saline (HBS-Puffer) in Anwesenheit von 10 mM Ca2+ (HBSCT-Puffer: 20 mM HEPES, 150 mM NaCl, 10 mM CaCl2, 0,05% (v/v) Tween-20, pH 7,4) oder in EDTA-vermittelter Abwesenheit von Ca2+ (HBSET-Puffer: 20 mM HEPES, 150 mM NaCl, 5 mM EDTA, 0,05% (v/v) Tween-20, pH 7,4) untersucht. In Anwesenheit von Ca2+ (HBSCT) wurden serielle Verdünnungen von 1-300 nM Protein, in EDTA-vermittelter Abwesenheit (HBSET) stets höhere Konzentrationen im µM-Bereich verwendet (Tabelle 4). Die Verdünnungsreihen der Protein S-Varianten wurden mit einer Kontaktzeit von 180 s und einer Flussrate von 45 µl/min über die Flusszelle gegeben. Alle untersuchten Varianten zeigten eine Ca2+-abhängige Bindung an die Zielstruktur sfGFP. Exemplarisch ist das Ergebnis der SPR-Experimente für zwei der untersuchten Varianten in gezeigt. Die ermittelten Dissoziationskonstanten der Varianten lagen in Anwesenheit von Ca2+ (HBSCT) in einem Bereich von 10-7-10-10 M (Tabelle 4). Eine Bindung an die Zielstruktur sfGFP in EDTA-vermittelter Abwesenheit von freien Ca2+-Ionen wurde nur für einen Teil der untersuchten Protein S-Varianten detektiert, wobei die Dissoziationskonstanten außerhalb des untersuchten Konzentrationsbereichs der jeweiligen Varianten lagen und somit nur angenähert durch Extrapolation des Bindungsverhaltens ermittelt werden konnten. Die Dissoziationskonstanten in EDTA-vermittelter Abwesenheit von freien Ca2+-Ionen lagen um einen Faktor von ca. 400 bis >380.000 höher als die Dissoziationskonstanten der entsprechenden Varianten in Anwesenheit freier Ca2+-Ionen. Dabei wurde für diejenigen Varianten, für welche innerhalb des untersuchten Konzentrationsbereichs der Proteinvarianten keine Bindung an die Zielstruktur sfGFP in EDTA-vermittelter Abwesenheit von freien Ca2+-Ionen detektiert werden konnte, von einer Dissoziationskonstante ausgegangen, welche größer ist als der höchste Wert, der für die Varianten mit Bindung an sfGFP in EDTA-vermittelter Abwesenheit von freien Ca2+-Ionen in Annäherung ermittelt wurde (d.h. KD, EDTA>250 µM). Tabelle 4: Eingesetzte Proteinkonzentrationen der mittels SPR untersuchten Protein S-Varianten und kinetische Kennwerte der Bindung an sfGFP
    Konzentration Konzentration
    CID Ca2+-Messungen [nM] EDTA-Messungen [nM] KD,ca2+ [nM] KD, EDTA [nM] KD.EDTA / KD,ca2+ ka Ca2+ [M-1s-1] kd Ca2+ [s-1]
    1 1-1.000 1-3.000 76,6 n.m.* >3.000 1,1×105 8,6×10-3
    5 1-100 1.000-20.000 15,3 42.300 2.765 1,1×105 1,7×10-3
    8 10-300 1-3.000 78,6 n.m.* >3.000 9,1×104 7,1×10-3
    10 1-100 1-1.000 8,8 n.m.* >28.000 1,3×105 1,1×10-3
    11 1-100 1.000-50.000 6,6 224.000 33.939 1,6×105 1,1×10-3
    13 1-150 1-1.000 4,8 1.990 415 1,1×105 5,1×10-4
    24 1-20 1-1.000 0,65 n.m.* >380.000 5,2×105 3,4×10-4
    27 1-50 1-3.000 71,2 n.m.* >3.500 4,7×105 3,3×10-2
    30 1-150 1.000-20.000 19,9 64.800 3256 1,4×105 2,7×10-3
    * n.m. - nicht messbar
  • Detaillierte Charakterisierung der Ca2+-abhängig an sfGFP bindenden Protein S-Variante CID 24
  • Die Protein S-Variante CID 24 (SEQ ID NO: 42) wurde für weitere Analysen zur Charakterisierung der molekularen Wirkungsweise, für Experimente zur Immobilisierung auf einer festen Träger-Matrix sowie für eine detaillierte Charakterisierungen der Interaktion mit sfGFP verwendet.
  • Es wurde für Variante CID 24 bereits gezeigt, dass gebundenes sfGFP durch die Entfernung von Ca2+ aus dem Puffersystem von der Variante eluiert werden kann. Um diesen Mechanismus genauer zu untersuchen, wurde eine SPR-Messungen durchgeführt ( ). Zur Assoziation wurde eine 100 nM Lösung der Protein S-Variante CID 24 in HBSCT-Puffer (20 mM HEPES, 150 mM NaCl, 10 mM CaCl2, 0,05% (v/v) Tween-20, pH 7,4) mit einer Flussrate von 10 µl/min über einen mit 150 RU sfGFP beladenen SA-Chip geleitet und nach der Assoziation für 160 s mit 10 µl/min HBSCT-Puffer gespült. Durch die Injektion von HBSE-Puffer (20 mM HEPES, 150 mM NaCl, 5 mM EDTA, pH 7,4) auf den Chip wurde dem System vorhandene Ca2+-Ionen entzogen und gebundene Protein S-Variante CID 24 dissoziiert. Nach erfolgter Dissoziation der Komplexe wurde der Chip erneut mit HBSC-Puffer (20 mM HEPES, 150 mM NaCl, 10 mM CaCl2, pH 7,4) bei einer Flussrate von 10 µl/min äquilibriert. Als Referenz der Messung wurde eine analog vorbereitete Flusszelle ohne immobilisiertes sfGFP verwendet. Die Messungen zeigten, dass nicht nur die Komplexbildung der Interaktionspartner sfGFP und Protein S-Variante CID 24 in Abhängigkeit von Verfügbarkeit freier Ca2+-Ionen erfolgte, sondern auch dass bereits assemblierte Komplexe durch die Entfernung von gebundenen Ca2+-Ionen dissoziiert werden können. Durch die nahezu identische Basislinie nach erneuter Äquilibrierung des Systems konnte nachgewiesen werden, dass der Komplex vollständig durch die Chelation der Ca2+-Ionen dissoziiert werden konnte. Der Schaltvorgang über die Chelatierung des Ca2+ führte bei dieser Interaktion zu einer sofortigen Freisetzung der Protein S-variante CID 24 vom Interaktionspartners sfGFP.
  • Untersuchungen zum Erhalt der Ca2+-abhängigen Bindung von Protein S-Variante CID 24 an sfGFP bei Immobilisierung der Protein S-Variante anstatt der Zielstruktur sfGFP an eine feste Träger-Matrix erfolgten mittels weiterer SPR-Analysen. Zur Charakterisierung des Bindungsverhaltens der an einer stationären Phase gekoppelten Protein S-Variante CID 24 wurden 150 RU des Proteins über NHS-Chemie auf einem CM5-Chip (GE Healthcare) nach Herstellervorschrift immobilisiert. Über die Messung einer Kurvenschar verschiedener Konzentrationen von gereinigter Zielstruktur sfGFP (1; 5; 7,5; 10; 12,5; 15; 17; 20; 25; 50 nM sfGFP) in HBSCT-Puffer konnte eine nahezu gleiche Bindungsstärke im Vergleich zu der mit immobilisiertem sfGFP ermittelten Affinität bestimmt werden ( ). Die Bestimmung kinetischer Parameter erfolgte durch die Approximation nach einem 1:1-Bindungsmodell mittels Biacore T100 Evaluationssoftware (GE Healthcare). Die Regeneration zwischen den Zyklen wurde über die Titration des freien Ca2+ durch die Injektion von HBSE-Puffer erreicht. Zum Ende der Messzyklen wurden einzelne Konzentrationen des Interaktionspartners sfGFP erneut gemessen. Die Messungen zeigten aufgrund der Reproduzierbarkeit der Ergebnisse für einzelne sfGFP-Konzentrationen nach zwischenzeitlichem EDTA-Waschschritt, dass das Ca2+-abhängige Bindungsverhalten der immobilisierten Protein S-Variante CID 24 an sfGFP reversibel durch EDTA-vermittelte An- und Abwesenheit freier Ca2+-Ionen schaltbar war.
  • Für die Quantifizierung der Ca2+-Abhängigkeit der Interaktion von Protein S-Variante CID 24 und sfGFP wurden Gleichgewichtssedimentationen an einer Ultrazentrifuge (Beckman Coulter) durchgeführt. Als Kontrolle wurde eine identische Proteinprobe in EDTA-vermittelter Abwesenheit freier Ca2+-Ionen mitgeführt. Die Detektion erfolgte über die intrinsische Fluoreszenz des sfGFP bei 485 nm. Die Messungen wurden bei 40.000 rpm durchgeführt. Für Titrationsexperimente zur Bestimmung der Ca2+-Abhängigkeit der Bindung von Protein CID 24 an sfGFP wurden äquimolare Mengen von 1 µM Protein S CID 24 und sfGFP in HBS-Puffer eingesetzt und mit unterschiedlichen Konzentrationen von 0-10 mM Ca2+ versetzt. Die Interaktion erfolgte wie erwartet in Abhängigkeit von der Konzentration freier Ca2+-Ionen, wobei bereits Konzentrationen von 0,5-1 mM Ca2+ ausreichten, um die Interaktionspartner Protein S-Variante CID 24 und sfGFP hauptsächlich als Proteinkomplex vorliegend zu erhalten ( ).
  • Beispiel 7: Verwendung einer Protein S-Variante mit Ca2+-abhängiger Bindung an sfGFP als Ligand zur affinitätschromatographischen Reinigung der spezifischen gebundenen Zielstruktur
  • Die Ca2+-abhängig an sfGFP bindende Protein S-Variante CID 24 zeigte in anderen Ausführungsbeispielen ein Eigenschaftsprofil, welches den Anforderungen für den Einsatz als Ca2+-sensitiver Ligand einer Affinitätschromatographie sehr gut entspricht. Neben einer spezifischen und in starkem Maße Ca2+-abhängigen Bindung der Zielstruktur sfGFP konnte die Variante auch nach erfolgter Immobilisierung über NHS-Chemie verwendet werden und zeigte dabei weiterhin eine reversibel beeinflussbare, d.h. schaltbare Ca2+-abhängige Bindung an sfGFP. Für die Entwicklung eines neuartigen Reinigungsverfahrens wurden für die Protein S-Variante CID 24 Kopplungsmöglichkeiten auf Säulenmatrices und die Charakteristika entsprechend funktionalisierter und Ca2+-sensitiver Affinitätschromatographiesäulen untersucht.
  • Die Immobilisierung von Protein S-Variante CID 24 zum Einsatz in Affinitätschromatographien erfolgte über das HiTrap NHS-activated HP-Kit (GE Healthcare) nach Herstellerangaben. Die verwendete Protein S-Variante CID 24 wurde hierfür zunächst in 0,2 M NaHCO3, 0,5 M NaCI pH 6,4 überführt. Für die Immobilisierung wurden 12,6 mg Protein S in einem Volumen von 1 ml Puffer verwendet. Nach erfolgter Kopplung von Variante CID 24 wurde die 1 ml-Säule in einem ÄKTAexplorer-System (GE Healthcare) bei 4 °C mit einem Fluss von 1 ml/min verwendet. Die funktionalisierte Säule wurde zunächst mit 2 Säulenvolumina (CV) HBSC-Puffer (20 mM HEPES, 150 mM NaCl, 10 mM CaCl2, pH 7,4) bei einer Flussrate von 1 ml/min äquilibriert. Die mit Protein S-Variante CID 24 funktionalisierte und äquilibrierte Säule wurde für eine Bindung von sfGFP in verdünnter Lösung verwendet. Eingesetzt wurde für diesen Versuch 1 mg sfGFP in 750 ml HBSC-Puffer (ca. 50 nM sfGFP), zur Verminderung von Verlusten durch unspezifische Bindung an die verwendeten Materialien enthielt der Puffer 0,1 mg/ml BSA. Die eingesetzte sfGFP-Konzentration lag ca. 30fach über dem ermittelten KD-Wert von 1,7 nM (ermittelt mittels SPR unter Verwendung immobilisierter Protein S-Variante CID 24). Der in dargestellte Verlauf der Extinktion bei 485 nm und 280 nm zeigt, dass die Zielstruktur sfGFP erst mit dem Wechsel auf HBSE-Puffer (20 mM HEPES, 150 mM NaCl, 5 mM EDTA, pH 7,4) nach erfolgtem Auftrag des vollständigen Volumens an sfGFP-Lösung mit einer Flussrate von 1 ml/min eluiert wurde, während BSA kontinuierlich im Durchfluss zu finden war.
  • Zur Isolierung von sfGFP aus komplexen Gemischen über die auf einer 1-ml-Chromatographiesäule mittels NHS-Chemie immobilisierte Protein S-Variante CID 24 wurden Lysate der typischer Produktionsstämme E. coli BL21(DE3) und CHO hergestellt und mit 0,5 mg sfGFP versetzt. Die optische Dichte des aufgetragenen E. coli-Lysates betrug OD600 ≈ 65, für die Herstellung des CHO-Lysates wurden ca. 20,8 Millionen Zellen verwendet. Der Probenauftrag sowie die Waschschritte erfolgten unter Verwendung von HBSC-Puffer mit einer Flussrate von 1 ml/min. Mittels HBSE-Puffer erfolgte anschließend die Chelatierung von Ca2+-Ionen durch EDTA, dies führte zur Elution der zuvor gebundene Zielstruktur sfGFP von der mit Protein S-Variante CID 24 funktionalisierten Chromatographiesäule. Die Integration der Peak-Flächen des in dargestellten Extinktionsverlaufs bei 485 nm ergab eine Ausbeute von 90,4% sfGFP in der Elutionsfraktion bei Verwendung von E. coli-Lysaten und von 98,5% bei Verwendung von Lysaten einer CHO-K1 Kultur. Die Proben der jeweiligen Fraktionen der affinitätschromatographischen Reinigung wurden mittels SDS-PAGE analysiert. Die in dargestellten Ergebnisse ergaben, dass die Zielstruktur sfGFP mit einer Reinheit von >95% aus den Zelllysaten gewonnen werden konnte.
  • Figurenliste
    • die Herstellung einer Variantenbibliothek von Protein S auf DNA-Ebene mittels eines modularen Bibliotheksdesigns darstellt; Modulares Design für die Generierung einer Variantenbibliothek auf Basis des Protein S. Schematische Darstellung des Gens für Protein S (Protein S ORF (open reading frame)) und den modularen Aufbau zur Generierung von Bibliotheksfragmenten. Das Gen von Protein S wurde in konstante (intermediate fragments, IF (IF1-1 - IF1-6, IF2); start fragment, SF; end fragment, EF (EF1 - EF3)) und randomisierte (randomized fragments, RF (RF1, RF2, RF3)) Abschnitte unterteilt. Die Codons für die ausgewählten zu randomisierenden Aminosäurepositionen lagen in den Bereichen der Fragmente RF1 (sechs Positionen: codierend für Tyr 8, Asn 9, Glu 10, Asp 11, Gln 13, Lys 15), RF2 (fünf Positionen: codierend für Glu 70, Glu 71, Gly 73, Pro 74, Leu 75) und RF3 (vier Positionen: codierend für Tyr 97, Lys 98, Glu 99, Lys 104), vgl. Tabelle 1. Die konstanten Abschnitte ohne Mutationen umfassten somit die DNA-Abschnitte 1-20 (SF), 47-206 (IF1), 227-287 (IF2) und 314-522 (EF) der Protein S Wildtyp-Gensequenz. Die angegebenen Gen-Abschnitte wurden als doppelsträngige DNA-Fragmente erzeugt und jeweils einer Leserahmenselektion unterzogen. Die Bibliotheksassemblierung erfolgte über Typ-IIS-Restriktionsenzyme, welche in den überlappenden Bereichen benachbarter DNA-Abschnitt komplementäre 5'-Überhänge erzeugten und somit einen Bibliotheksaufbau mittels iterativer Schritte aus Restriktionsspaltung und anschließender DNA-Ligation der jeweils benachbarten Fragmente erlaubten.
    • den Aufbau des eingesetzten Ribosomen Display-DNA-Konstrukts erklärt; Aufbau des Ribosomen Display-DNA-Konstrukts zur Selektion Ca2+-abhängig bindender Varianten des Protein S. Die Ribosomen Display-Konstrukte beinhalteten 5' der Gensequenz von Protein S-Varianten die für die Transkription und Translation notwendigen T7-Promotor- (T7_P) und Ribosomenbindestellen (rbs) sowie 3' der Protein S-Varianten-DNA eine codierenden Anker-und-spacer-DNA-Sequenz. Das Fusionskonstrukt aus dem Gen der Protein S-Varianten und der Anker-und-spacer-Sequenz enthielt kein Stopp-Codon, um eine Dissoziation der ribosomalen Untereinheiten nach Ende der Translation zu vermeiden. Als Anker-Sequenz wurde eine modifizierte SecM-Sequenz verwendet. Auf RNA-Ebene wurde das Konstrukt über 3' und 5' gelegene Haarnadelstrukturen vor RNase-Aktivität geschützt. Die Konstrukte wurden über einen gekoppelten Restriktions-/Ligationsansatz unter Verwendung der Schnittstellen für die Restriktionsenzyme Agel und BamHI generiert. Über das PCR-Primerpaar PS_RD-Esp3I_fwd (SEQ ID NO: 27) und PS_RD-Esp3I_rev (SEQ ID NO: 28) konnte die Gensequenz von Protein S-Varianten zwischen einzelnen Selektionsrunden durch Amplifikation mittels PCR zurückgewonnen werden und darauf basierend das Ribosomen Display-Konstrukt erneut aufgebaut werden. Das PCR-Primerpaar T7P-RBS_fwd (SEQ ID NO: 25) und Spacer-SecM_rev (SEQ ID NO: 26) erlaubte die finale Amplifikation der für die jeweiligen Selektionsrunden erzeugten Ribosomen Display-Konstrukte.
    • die angepasste Methode des Ribosomen Displays zur Selektion Ca2+-abhängig bindender Varianten des Protein S erläutert; Ribosomen Display zur selektiven Anreicherung Ca2+-abhängig bindender Varianten des Protein S. Modifizierte Darstellung auf Basis von Amstutz et al. (2006). Basierend auf einer Varianten-Bibliothek des Protein S auf DNA-Ebene (1), welche an das Ribosomen Display-Format angepasst wird (2), werden über einen gekoppelten in vitro-Transkription und -Translationsschritt (3) ternäre ribosomale Komplexe aus mRNA, Ribosom und Protein S-Variante (4) hergestellt. Aufgrund einer mit den Bibliotheks-Varianten genetisch fusionierten 3'-Anker- und spacer-Sequenz und der Abwesenheit von Stopp-Codons in der mRNA bleiben die ternären Komplexe erhalten und es erfolgt keine Dissoziation des translatierten Proteins, wodurch die Phänotypen der Varianten mit ihren Genotypen gekoppelt werden. Diese ternären Komplexe werden in der Selektion gegen die Zielstruktur verwendet. Hierfür werden die aus einer Protein S-Variantenbibliothek erzeugten ternären ribosomalen Komplexe zunächst mit einer immobilisierten Zielstruktur (5) in Kontakt gebracht, so dass eine Bindung (6) erfolgen kann. Durch Waschschritte werden nicht-bindende Varianten aus dem Ansatz entfernt. Die Elution von Ca2+-abhängig gebundenen Varianten erfolgt durch die spezifische Verringerung der Ca2+-Konzentration mittels Zugabe von EGTA (8). Die ternären Komplexe werden in diesem Schritt durch hohe Mg2+-Konzentrationen weiterhin stabilisiert (9). Zur Isolierung der mRNA nach einem erfolgten Zyklus des Ribosomen Displays werden die ternären ribosomalen Komplexe mittels EDTA-Zugabe dissoziiert (10). Die mRNA wird isoliert und mittels reverser Transkription in cDNA überführt, und diese nach Amplifikation für einen weiteren Ribosomen Display-Zyklus verwendet (12) oder für die Analyse von Einzelvarianten eingesetzt.
    • den Plasmidvektor pETAB6H für die Herstellung von Einzelvarianten nach der Selektion Ca2+-abhängig bindender Varianten des Protein S darstellt; Expressionsplasmid pETAB6H zur rekombinanten Produktion von Proteinen in E. coli. pETAB6H wurde zur Herstellung von C-terminal Hexahistidin (6×His)-fusionierten Varianten des Protein S verwendet. Die codierenden Sequenzen der Protein S-Varianten wurden mittels der Restriktionsenzyme Agel und BamHI in den Vektor kloniert. Zur Kontrolle der Genexpression verfügt das Plasmid über einen T7-Promotor (T7_P), eine Ribosomenbindungsstelle (rbs) sowie eine T7-Terminatorsequenz (T7_T). Weiterhin verfügt das Plasmid über einen pBR322-Replikationsursprung (CoIE1_ori) zur Replikation und ein Kanamycin-Resistenzgen (KanR). Die Fusion mit der C-terminalen 6×His-Sequenz erfolgt über eine Linker-Sequenz aus zwei Glycin-Resten (GlyGly linker). Der Translationsstopp wird durch zwei aufeinanderfolgende Stopp-Codons (2×stop) gewährleistet.
    • das Ergebnis eines SPR-Experimentes zum Nachweis der Ca2+-abhängigen Bindung von Protein S-Varianten an die immobilisierte entsprechende Zielstruktur zeigt; Sensorgramme der SPR-Analysen zweier ausgesuchter sfGFP-bindender Protein S-Varianten in An- oder EDTA-vermittelter Abwesenheit von Ca2+. Verdünnungsreihen identischer Proben wurden in Anwesenheit von 10 mM Ca2+ (A) und in EDTA-vermittelter Abwesenheit freier Calciumionen (B), jeweils in HEPES-gepufferten Systemen bei neutralem pH-Wert (pH 7,4) gemessen. Eingesetzte Proteinkonzentrationen der jeweiligen Protein S-Varianten sind für die jeweilige Meßreihe angegeben (in [nM]). Die Bestimmung kinetischer Parameter erfolgte für die Kurvenverläufe in Anwesenheit von Ca2+ durch die Approximation nach einem 1:1-Bindungsmodell mittels Biacore T100 evaluation software. Zum Ende der Messzyklen wurden einzelne Konzentrationen des Interaktionspartners erneut gemessen (überlagerte Darstellung). Sofern möglich erfolgte die Auswertung der Kurvenverläufe im Ca2+-freien Zustand über die steady state-Methode.
    • das Ergebnis eines SPR-Experiments zum Nachweis der Ca2+-abhängigen Schaltbarkeit der Bindung einer Protein S-Variante an eine Zielstruktur illustriert; Nachweis der Ca2+-abhängig schaltbaren Bindung von Protein S-Variante CID 24 an die Zielstruktur sfGFP mittels SPR. Zur Assoziation von Protein S-Variante CID 24 an eine mit 150 RU biotinyliertem sfGFP beladene Flusszelle eines Streptavidin-Chips (Abschnitt I) wurde eine 100 nM Lösung der Protein S-Variante in HBSCT (pH 7,4) mit einem Fluss von 10 µl/min über den Chip gegeben (Abschnitt II). Nach Assoziation wurde der Chip mit 10 µl/min HBSCT gespült (Abschnitt III). Die Dissoziation der Komplexe erfolgte über die Injektion von 100 µl eines 5 mM EDTAhaltigen Puffers (HBSE, pH 7,4) mit 10 µl/min (Abschnitt IV). Der Injektionsstart wurde mit einem Pfeil gekennzeichnet. Nach erfolgter Dissoziation der Komplexe wurde der Chip erneut mit HBSC (pH 7,4) bei einer Flussrate von 10 µl/min äquilibriert (Abschnitt V).
    • das Ergebnis eines SPR-Experiments zur Ermittlung der Bindungsstärke einer Zielstruktur bei Ca2+-abhängiger Bindung an einer immobilisierten Protein S-Variante in Gegenwart freier Ca2+-Ionen darstellt; Kinetische Bindungsanalyse von sfGFP an die Protein S-Variante CID 24 über Oberflächenplasmonresonanzspektroskopie. Es wurden 150 RU der Protein S-Variante CID 24 über NHS-Chemie auf einem CM5-Chip immobilisiert. Die Messungen der Kurvenscharen (1; 5; 7,5; 10; 12,5; 15; 17; 20; 25; 50 nM) von sfGFP erfolgten in HBSCT-Puffer pH 7,4. Die Bestimmung kinetischer Parameter erfolgte durch die Approximation nach einem 1:1-Bindungsmodell mittels Biacore T100 evaluation software. Die Regeneration zwischen den Zyklen wurde über die Titration des freien Ca2+ durch die Injektion von HBSE-Puffer (pH 7,4) erreicht. Zum Ende der Messzyklen wurden einzelne Konzentrationen des Interaktionspartners erneut gemessen (überlagert dargestellt).
    • das Ergebnis eines Ultrazentrifugationsexperiments zum Nachweis der Ca2+-Abhängigkeit der Bindung einer Protein S-Variante an die Zielstruktur zeigt; Ultrazentrifugationsexperimente des Bindungskomplexes zwischen sfGFP und Protein S-Variante CID 24. Es wurden die Sedimentationsgeschwindigkeit und das apparente Molekulargewichte bei der Komplexbildung von Protein S-Variante CID 24 mit sfGFP mittels analytischer Ultrazentrifugation bestimmt. Die Messungen wurden bei 40.000 rpm durchgeführt. Bei Titrationsexperimenten zur Bestimmung der Ca2+-Abhängigkeit der Bindung von Protein S-Variante CID 24 an sfGFP wurden für die Messungen äquimolare Mengen von 1 µM Protein S-Variante CID 24 und sfGFP in HBS-Puffer eingesetzt und mit unterschiedlichen Konzentrationen von 0-10 mM Ca2+ versetzt.
    • den Verlauf eines Proteinreinigungsverfahrens unter Verwendung einer Ca2+-abhängig bindenden Protein S-Variante als Ligand zur Isolierung der spezifisch gebundenen Zielstruktur aus verschiedenen Zellextrakten illustriert; Verwendung von Protein S-Variante CID 24 als neuartiger Ligand für die affinitätschromatographische Reinigung der Zielstruktur sfGFP. Es wurden 0,5 mg sfGFP zu präparierten E. coli BL21(DE3) oder CHO-Extrakten zugegeben und über eine 1-ml Säule mit über NHS-Chemie immobilisierter Protein S-Variante CID 24 gereinigt. Der Probenauftrag sowie die Waschschritte erfolgten unter Verfügbarkeit von 10 mM Ca2+. Durch die Chelatierung von Ca2+ mittels EDTA im Elutionspuffer konnte die zuvor gebundene Zielstruktur sfGFP von der Säule eluiert werden. Der Reinigungsverlauf wurde durch Aufzeichnung der Extinktion bei 280 nm (Detektion Gesamtproteingehalt) und der Extinktion bei 485 nm (kleines Bild, Gehalt an sfGFP) direkt nach dem Säulenauslass verfolgt. (A) Reinigung von 0,5 mg sfGFP aus Lysaten einer E. coli BL21(DE3)-Kultur (finale OD600 nm = 65). (B) Reinigung von 0,5 mg sfGFP aus Lysaten einer CHO-K1 Kultur (~20,8 × 106 Zellen).
    • das Ergebnis einer mittels SDS-PAGE durchgeführten Analyse von Fraktionen eines Proteinreinigungsverfahrens unter Verwendung einer Ca2+-abhängig bindenden Protein S-Variante als Ligand zur Isolierung der spezifisch gebundenen Zielstruktur aus verschiedenen Zellextrakten zeigt.
  • SDS-PAGE-Analyse der Reinigungsfraktionen bei Verwendung der Protein S-Variante CID 24 als Ligand zur affinitätschromatographischen Reinigung von sfGFP. Die Proben wurden über 4-12% Gradientengele getrennt und mittels Coomassie-Färbung visualisiert. M: Molekulargewichtsmarker PageRuler Unstained Protein Ladder; Spur 1: 2 µg Protein S-Variante CID 24; Spur 2: 1 µg sfGFP; Spur 3: Lysat E. coli; Spur 4: Lysat aus E. coli mit 1 mg/ml sfGFP; Spur 5: Durchflussfraktion E. coli; Spur 6: Waschfraktion E. coli; Spur 7: Elutionsfraktion bei Reinigung aus E. coli-Zellextrakt; Spur 8: Lysat CHO-Zellen; Spur 9: Lysat CHO-Zellen mit 1 mg/ml sfGFP; Spur 10: Durchflussfraktion CHO; Spur 11: Waschfraktion CHO; Spur 12: Elutionsfraktion bei Reinigung aus CHO-Zellextrakt.

Claims (21)

  1. Protein, ausgewählt aus der Protein-Familie der Ca2+-bindenden gamma-Kristallin-ähnlichen Proteine, die ein gamma-Kristallin-artiges Faltungsmuster und Ca2+-bindende Sequenzmotive aufweisen sowie Modifikationen, Fragmente oder Fusionsproteine hiervon, die jeweils das typische gamma-Kristallin-artige Faltungsmuster und die Ca2+-bindenden Sequenzmotive besitzen, wobei das Protein auf Grund einer oder mehrerer Modifikationen von Aminosäuren in einem oberflächenexponierten Bereich des Proteins eine vorher nicht vorhandene Bindungsaffinität gegenüber einem vorbestimmten Bindungspartner aufweist und die Bindungstärke gegenüber dem Bindungspartner von der Konzentration freier Ca2+-Ionen abhängig ist.
  2. Protein nach Anspruch 1 erhältlich durch folgendes Verfahren: a) Auswählen eines zu modifizierenden Proteins; b) Bestimmen eines Bindungspartners; c) Auswählen von Aminosäuren in einem oberflächenexponierten Bereich des Proteins, wobei der Bereich in der Umgebung der Ca2+-bindenden Schleifenbereiche des Proteins liegt; d) Mutagenisieren des Proteins durch Substitution, Insertion oder Deletion der ausgewählten Aminosäuren; e) Inkontaktbringen des mutagenisierten Proteins mit dem in Schritt b) vorbestimmten Bindungspartner; f) Ermitteln derjenigen Proteine, die eine Bindungsaffinität gegenüber dem in Schritt b) vorbestimmten Bindungspartner aufweisen und deren Bindungsstärke durch die vorhandene Konzentration freier Ca2+-Ionen beeinflusst wird.
  3. Protein nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, dass mindestens zwei Bindungszustände zum Bindungspartner existieren, wobei ein Zustand durch eine hohe Bindungsstärke und ein weiterer Zustand durch eine niedrige Bindungsstärke gekennzeichnet ist und beide Bindungszustände bei unterschiedlichen Konzentrationen freier Ca2+-Ionen auftreten.
  4. Protein nach Anspruch 3 dadurch gekennzeichnet, dass die Bindung des Bindungspartners in Anwesenheit hoher Ca2+-Konzentrationen (> 1 mM) bevorzugt mit einer Dissoziationskonstante KD < 100 nM, besonders bevorzugt mit KD < 10 nM und in idealer Weise bevorzugt mit KD < 1 nM erfolgt.
  5. Protein nach Anspruch 3 dadurch gekennzeichnet dass die Bindung des Bindungspartners in Anwesenheit geringer Ca2+-Konzentrationen (< 100 nM) oder in Abwesenheit freier Ca2+-Ionen bevorzugt mit einer Dissoziationskonstante KD > 1 µM, in besonderem Maße bevorzugt mit KD > 10 µM und in idealer Weise bevorzugt mit KD > 100 µM erfolgt.
  6. Protein nach Anspruch 3 dadurch gekennzeichnet, dass die Bindung des Bindungspartners in in Anwesenheit geringer Ca2+-Konzentrationen (< 100 nM) oder in Abwesenheit freier Ca2+-Ionen bevorzugt mit einer Dissoziationskonstante KD < 100 nM, besonders bevorzugt mit KD < 10 nM und in idealer Weise bevorzugt mit KD < 1 nM erfolgt.
  7. Protein nach Anspruch 3 dadurch gekennzeichnet, dass die Bindung des Bindungspartners in Anwesenheit hoher Ca2+-Konzentrationen (> 1 mM) bevorzugt mit einer Dissoziationskonstante KD > 1 µM, in besonderem Maße bevorzugt mit KD > 10 µM und in idealer Weise bevorzugt mit KD > 100 µM erfolgt.
  8. Protein nach Anspruch 5 oder 7 dadurch gekennzeichnet, dass sich die Dissoziationskonstanten KD in Gegenwart hoher Ca2+-Konzentrationen (> 1 mM, KD,Ca+) und in Anwesenheit geringer Ca2+-Konzentrationen (< 100 nM) bzw. in Abwesenheit freier Ca2+-Ionen (KD,Ca2+-frei) um mindestens zwei Zehnerpotenzen (Faktor >100), bevorzugt um mindestens drei Zehnerpotenzen (Faktor >1000), bevorzugt um mindestens vier Zehnerpotenzen (Faktor >10.000) und idealerweise um mindestens fünf Zehnerpotenzen (Faktor >100.000) unterscheiden.
  9. Protein nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass es durch Änderung der Konzentration freier Ca2+-Ionen wiederholt und reversibel die verschiedenen Bindungszustände zum Bindungspartner mit jeweils unterschiedlicher Bindungsstärke annehmen kann.
  10. Protein nach den Ansprüchen 1-8, dadurch gekennzeichnet dass die Schritte e) und f) nach Anspruch 2 in einem gekoppelten Verfahren erfolgen, wobei während Schritt e) eine Konzentration freier Ca2+-Ionen gewählt wird, bei der ein Zustand hoher Bindungsstärke an den Bindungspartner vorliegen soll und bei Schritt f) diejenigen Proteine identifiziert werden, welche durch Änderung der Konzentration freier Ca2+-Ionen in einen Zustand niedriger Bindungsstärke zum Bindungspartner schalten und dadurch vom Bindungspartner abgelöst werden.
  11. Protein nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, wobei das zu modifizierende Protein aus einer Gruppe ausgewählt wurde, welche das Spherulin 3a aus Physarum polycephalum, das Protein S und das Protein S-homologe Protein aus Myxococcus xanthus, das Ciona-βγ-Kristallin aus Ciona intestinalis, das M-crystallin aus Methanosarcina acetivorans, das Clostrillin aus Clostridium beijerinckii und das Geodin aus Geodia cydonium umfasst.
  12. Protein nach Anspruch 11, wobei es sich bei dem zu modifizierenden Protein um das Protein S aus Myxococcus xanthus handelt.
  13. Protein nach Anspruch 12, wobei die Mutagenisierung an den Positionen Tyrosin 8, Asparagin 9, Glutamat 10, Aspartat 11, Glutamin 13, Lysin 15, Glutamat 70, Glutamat 71, Glycin 73, Prolin 74, Leucin 75, Tyrosin 97, Lysin 98, Glutamat 99, Lysin 104 des Protein S-Wildtyp (SEQ ID NO: 31) erfolgt.
  14. Protein nach Anspruch 13, wobei es sich bei dem bestimmten Bindungspartner um das Grün-fluoreszierende Protein GFP handelt.
  15. Protein nach Anspruch 14, wobei das Protein eine Aminosäuresequenz entsprechend SEQ ID NO: 35, SEQ ID NO: 36, SEQ ID NO: 37, SEQ ID NO: 38, SEQ ID NO: 39, SEQ ID NO: 40, SEQ ID NO: 41, SEQ ID NO: 42, SEQ ID NO: 43, oder SEQ ID NO: 44 aufweist.
  16. Protein nach Anspruch 1, wobei es sich bei dem vorbestimmten Bindungspartner um das Grün-fluoreszierende Protein GFP handelt und die Aminosäuresequenz eine mindestens 80%ige Sequenzübereinstimmung mit SEQ ID NO: 35, SEQ ID NO: 36, SEQ ID NO: 37, SEQ ID NO: 38, SEQ ID NO: 39, SEQ ID NO: 40, SEQ ID NO: 41, SEQ ID NO: 42, SEQ ID NO: 43, oder SEQ ID NO: 44 aufweist.
  17. Protein nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es mit anderen Proteinen oder Nicht-Protein-Substanzen kombiniert ist.
  18. DNA, die für ein Protein nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche codiert.
  19. RNA, die von der DNA nach Anspruch 18 abgeleitet ist.
  20. Materialien, welche durch Kopplung mit Proteinen oder deren Derivaten eines Proteins nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche hergestellt werdenVerwendung der Proteine oder deren Derivaten eines Proteins nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche zur Isolierung und Reinigung der Bindungspartner und deren Fusionen aus komplexen Mischungen.
  21. Verwendung eines Proteins nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche in der Gentherapie, der intrazellulären Immunisierung, der Bioseparation, der Biosensorik, der Schadstoffverringerung als antikörperliche Proteine und/oder als Ersatz von Antikörpern in der Diagnostik, biotechnologischen und pharmazeutischen Produktion sowie in der Kosmetik.
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Non-Patent Citations (2)

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Title
1. Internet-Recherche am 31.07.2019:https://www.researchgate.net/publication/325864236_Calcium-Binding_Proteins_with_Disordered_Structure_and_Their_Role_in_Secretion_Storage_and_Cellular_Signaling E. A. Grzbowska: Calcium Binding Proteins with Disordered Structure and Their Role in Secretion Storage and Cellular Signaling. Veröffentlicht: 19.7.2018 *
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