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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Flecht-Preform, eine Flecht-Preform, ein faserverstärktes Bauteil sowie eine Flechtmaschine zur Durchführung des Verfahrens.
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Die Umflechttechnik stellt ein gängiges Preformingverfahren bei der Herstellung von Hohlprofilen aus Faserverbundwerkstoffen dar. Ein formgebender, meist langgestreckter Kern wird durch eine Flechtmaschine geführt und dabei von dieser mit einem Geflechtschlauch umflochten. Eine mögliche Geflechtart stellt das Triaxialgeflecht dar, bei welchem neben sich überkreuzenden Flechtfäden Stehfäden mit eingeflochten werden, die in Richtung der Bauteilachse verlaufen.
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Die Wandstärke des Faserverbundbauteils bzw. der Flecht-Preform wird in erster Linie über die Flechtlagenanzahl eingestellt. In der Grundform des Umflechtverfahrens lassen sich nur durchgehende Lagen von einem Ende des Kerns zum anderen Ende realisieren, so dass bei inhomogener Bauteilbelastung die hochbelasteten Bauteilbereiche die Lagenanzahl vorgeben.
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Darüber hinaus besteht die Möglichkeit durch Einstellung der Flechtwinkel der Flechtfäden, unter denen die Fäden auf dem Kern abgelegt sind, das Bauteil im Sinne einer belastungsgerechten Auslegung zu fertigen. Aus der
DE 10 2013 220 337 A1 ist es weiterhin bekannt, lokal auf dem Kern Stütz- bzw. Verstärkungselemente aufzubringen und diese nachfolgend zu überflechten, um konstruktiv lokale Belastungsspitzen ausgleichen zu können. Daneben existieren verschiedene Konzepte um das Absetzen von Geflechtlagen zu ermöglich, wie z.B. in
DE 102015 214 698 A1 beschrieben, bei denen eine Geflechtlage in zwei Teile getrennt wird und wenigstens eines der Teile in seiner Position verschoben wird.
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Die Umflechttechnik wird häufig für die Herstellung länglicher Hohlprofile aus Faserverbundwerkstoffen genutzt, die beispielsweise als Karosseriebestandteile im Fahrzeugbau eingesetzt werden. Solche Profile können über mehrere Krafteinleitungs- bzw. Anbindungspunkte mit der Gesamtkarosserie verbunden sein und weisen daher abschnittsweise schwankende Belastungsniveaus auf.
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Die bekannten Verfahren bieten keine zufriedenstellende Lösung um entsprechende Bauteile belastungsgerecht und materialeffizient herstellen zu können. Das Aufbringen kleiner Verstärkungselemente ist auf kleinere Bereiche beschränkt und das „Absetzen“ von Geflechtlagen stellt hohe Anforderungen an eine prozesssichere Industrialisierung.
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Daher ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine Möglichkeit anzugeben, wie bei der Herstellung von Flecht-Preformen und faserverstärkten Bauteilen eine prozesssichere, kostengünstige und belastungsgerechte lokale Variation des Materialeinsatzes möglich wird. Insbesondere soll ein materialeffizienter Einsatz von Verstärkungsfasern ermöglicht werden.
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Gelöst wird die Aufgabe durch ein Verfahren nach Patentanspruch 1, eine Preform nach Patentanspruch 8 und ein faserverstärktes Bauteil nach Patentanspruch 9. Weiterhin wird eine Flechtmaschine gemäß Anspruch 10 zur Durchführung des Verfahrens angegeben. Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung.
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Ein Verfahren zur Herstellung einer Flecht-Preform beinhaltet die Schritte:
- a) Erzeugen eines Geflechtschlauchs aus Stehfäden und Flechtfäden in einem Flechtprozess, wozu die Steh- und Flechtfäden von Fadenspeichern abgezogen werden,
- b) Zuführen eines Kerns zu dem Geflechtschlauch,
- c) Fortführen des Flechtprozesses, wobei der Kern vorgeschoben wird, so dass er in seiner Länge mit dem Geflechtschlauch umflochten wird.
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Erfindungsgemäß wird während Schritt c), d.h. während der Kern mit dem Geflechtschlauch umflochten wird, der Abzug mindestens eines Stehfadens blockiert, so dass der mindestens eine Stehfaden aus zumindest einem Teilabschnitt des den Kern umgebenden Geflechtschlauchs herausgezogen wird.
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Während des Flechtprozesses wird der Kern in dem Maße durch eine Flechtmaschine geführt, wie die Entstehung des Geflechtschlauchs voranschreitet. Dies kann manuell oder automatisiert, z.B. mittels Roboter erfolgen. Durch die Blockierung des Stehfadens wird nun bewirkt, dass der Stehfaden ortsfest gehalten wird, während der Geflechtschlauch (und mit ihm der Kern) in der Flechtmaschine weiter voranschreiten. Hierdurch gleitet der Stehfaden aus dem Geflechtschlauch bzw. über den Kern und es bildet sich ein Geflechtschlauchabschnitt auf dem Kern, in dem der blockierte Stehfaden nicht vorhanden ist. Durch die Dauer bzw. den Zeitraum, für den der Faden blockiert wird, kann bestimmt werden, wie lang dieser Geflechtschlauchabschnitt ist. Durch Lösen der Blockierung wird der zuvor blockierte Stehfaden wieder mit dem Geflechtschlauch mittransportiert. Die Reibung zwischen Geflecht und blockiertem Stehfadenende muss geeignet eingestellt werden, so dass die Prozesskräfte die Förderung des Kerns nicht behindern, aber groß genug sind, damit der Stehfaden nach Aufheben der Blockierung wieder mittransportiert wird.
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Die im Flechtprozess entstehende Verstärkungsstruktur lässt sich einfach und individuell den gegebenen Anforderungen anpassen. Durch eine geeignete Auswahl der zu blockierenden Stehfäden, der Anzahl der blockierten Stehfäden und der Dauer der Blockierung können belastungsgerechte Verstärkungsstrukturen erschaffen werden.
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In einer Ausgestaltung wird die Blockierung des mindestens einen Stehfadens wieder freigegeben, wenn der Teilabschnitt eine vorgegebene Länge erreicht hat. Hierdurch wird der vordere, d.h. zuerst umflochtene Abschnitt des Kerns ohne diesen Stehfaden umflochten und im nachfolgenden Abschnitt beinhaltet der Geflechtschlauch den Stehfaden wieder.
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Es ist weiterhin möglich, dass der Abzug des mindestens einen Stehfadens solange blockiert wird, dass der wenigstens eine Stehfaden aus dem gesamten, den Kern umgebenden Geflechtschlauch herausgezogen wird. Hierdurch können einzelne oder auch alle Stehfäden im dem entstehenden Geflechtschlauch weggelassen werden.
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Es ist denkbar, dass nur ein einziger Stehfaden blockiert wird. Zur Erzielung einer belastungsgerechten Variation der Verstärkungsstruktur kann es jedoch vorteilhaft sein, wenn der Abzug von zwei oder mehr Stehfäden blockiert wird.
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Werden zwei oder mehr Stehfäden blockiert, so kann die Blockierung der einzelnen Stehfäden für denselben Zeitraum erfolgen, wodurch die Länge dieser (blockierten) Stehfäden im fertigen Geflecht gleichmäßig verringert wird.
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Indem der Abzug von zwei oder mehr Stehfäden für jeweils unterschiedliche Zeiträume blockiert wird, lässt sich in einer Ausgestaltung auch eine z.B. kontinuierliche Staffelung der Stehfadenlängen im fertigen Geflecht erzielen.
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Es kann vorgesehen sein, dass der Abzug von nebeneinander liegenden Stehfäden blockiert wird. Durch das Blockieren mehrerer nebeneinander liegender Stehfäden lässt sich z.B. eine - in Umfangsrichtung betrachtet - nur einseitige Verstärkung des Kerns realisieren.
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In einer weiteren Ausgestaltung kann es auch vorgesehen sein, den Abzug von Stehfäden zu blockieren, die in Umfangsrichtung symmetrisch verteilt sind, so kann z.B. jeder zweite, jeder dritte oder jeder vierte Stehfaden blockiert werden oder es können Gruppen von benachbarten Stehfäden blockiert werden.
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Der Kern wird über seine gesamte Länge mit dem Geflechtschlauch umflochten. Nach dem Erreichen des Endes des Kerns wird der Flechtprozess in einem weiteren Schritt d) vorzugsweise fortgesetzt, so dass - in Abzugsrichtung hinter dem Kern - ein hohler Geflechtschlauchabschnitt entsteht. Dieser Geflechtschlauchabschnitt kann vollständig durchtrennt werden, so dass die Flecht-Preform entnommen werden kann. Der in der Flechtmaschine verbleibende Geflechtschlauch dient gleichzeitig als Start für das Umflechten eines weiteren Kerns. Insofern wird das voranstehend beschriebene Verfahren an dieser Stelle mit Schritt b) durch Einführen eines weiteren Kerns weitergeführt.
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Der zuvor umflochtene Kern kann auch mehrmals durch den Flechtprozess gegebenen werden, so dass mehrere Geflechtlagen übereinander auf dem Kern ausgebildet werden. Die Flechtrichtung einzelner Geflechtlagen kann dabei identisch oder gegengleich sein.
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Weiterhin wird eine Flecht-Preform angegeben, die mit dem voranstehend beschriebenen Verfahren hergestellt wird. Daher gelten die zu dem Verfahren und zu der Flecht-Preform beschriebenen Merkmale und Maßnahmen entsprechend wechselseitig sowohl für das Verfahren als auch für das Bauteil.
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Eine erfindungsgemäße Flecht-Preform beinhaltet einen Kern und mindestens einen Geflechtschlauch, der sich um den Kern herum und über die gesamte Länge des Kerns erstreckt.
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Der Kern kann beispielsweise ein Hohlkern oder Schaumkern sein und z.B. in einem Blasformverfahren hergestellt werden. Vorzugsweise handelt es sich bei dem Kern um einen langgestreckten Körper.
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Die Geflechtlage ist als triaxiales Geflecht aus Flecht- und Stehfäden gebildet, wobei die Flechtfäden miteinander zu einem Schlauch um den Kern herum verflochten sind. Die Stehfäden sind in den Geflechtschlauch mit eingeflochten und verlaufen in Längsrichtung des Kerns. Aufgrund der erfindungsgemäßen Verfahrensführung erstreckt sich wenigstens ein Stehfaden nur über eine Teillänge des Kerns. Vorzugsweise erstrecken sich zwei oder mehr Stehfäden nur über eine Teillänge des Kerns.
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Es ist ebenso möglich, dass durch Blockieren aller Stehfäden über die gesamte Dauer des Flechtprozesses, die Geflechtlage nur als biaxiales Geflecht, d.h. nur mit Flechtfäden und ohne Stehfäden ausgebildet wird.
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Die Flecht- und Stehfäden sind nicht auf ein bestimmtes Material beschränkt. Zur wirtschaftlichen Herstellung hochbelastbarer Bauteil kann es jedoch vorteilhaft sein, wenn als Verstärkungsfäden Kohlenstoffrovings und als Flechtfäden Glasfaserrovings eingesetzt werden. Diese Materialkombination vereint die hohe Festigkeit von Kohlenstoff mit den geringen Kosten der Glasfasern.
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Die Geflechtlage kann unmittelbar auf dem Kern aufgebracht sein. Ebenso können auf einem Kern mehrere Geflechtlagen übereinander ausgebildet sein, wobei einzelne, mehrere oder alle Geflechtlagen erfindungsgemäß ausgebildet sein können, d.h. mit einem oder mehreren Stehfäden, die sich lediglich über eine Teillänge des Kerns erstrecken. Zur Erzeugung mehrerer Geflechtlagen kann der Kern mehrfach durch die Flechtanlage geführt und umflochten werden. Durch Umflechten des Kerns in verschiedenen Richtungen können lokale Verstärkungen an beliebigen Stellen ausgebildet werden. Die Flecht-Preform kann darüber hinaus weitere Faserlagen, z.B. in Form von Wicklungen oder Gelegen aufweisen.
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Wird die erfindungsgemäße Flecht-Preform in einem geeigneten Prozess, z.B. im Resin Transfer Verfahren (RTM), mit einem Matrixmaterial infiltriert und konsolidiert, so kann auf diese Weise ein faserverstärktes Bauteil hergestellt werden, das eine belastungsgerechte Verstärkung bei effizientem Materialeinsatz aufweist. Der Kern kann dabei im Bauteil erhalten bleiben oder entfernt werden.
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Das hergestellte Bauteil kann. insbesondere ein Karosseriestrukturbauteil oder ein Verstärkungsbauteil einer Kraftfahrzeugkarosserie sein. Das Karosseriestrukturbauteil kann z.B. Teil einer Skelettkarosserie oder auch eine Karosseriesäule oder ein Karosserieträger sein. Als Verstärkungsbauteil kann das faserverstärkte Bauteil mit einem Karosseriestrukturbauteil verbindbar sein, insbesondere eine A-, B- oder C-Säulen-Verstärkung, die zwischen einem äußeren und inneren Seitenrahmen eingesetzt wird.
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Zur Durchführung des beschriebenen Verfahrens wird eine Flechtmaschine verwendet, die geeignet ist einen triaxialen Geflechtschlauch aus Stehfäden und Flechtfäden herzustellen. Eine solche Flechtmaschine kann z.B. als Radial- oder Axialflechtmaschine ausgestaltet sein und weist üblicherweise Stehfadenspeicheraufnahmen und Flechtfadenspeicheraufnahmen auf, ein Klöppelgetriebe und einen Flechtring. Die Steh- und Flechtfäden werden, z.B. auf Spulen aufgewickelt und auf den entsprechenden Fadenspeicheraufnahmen bereitgestellt. Im Betrieb der Flechtmaschine werden die Flechtfäden von dort durch den Flechtring durchgeführt und zu einem Geflechtschlauch verflochten. Zur Realisierung der Flechtbewegung werden die Flechtfäden mittels des Klöppelgetriebes bewegt. Die Stehfäden werden im Betrieb von der jeweiligen Stehfadenspeicheraufnahme durch den Flechtring geführt, mit in das Geflecht eingeflochten und mit diesem abgezogen.
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Weiterhin weist die Flechtmaschine Feststelleinrichtungen zur Blockierung des Abzugs der Stehfäden auf. Die Feststelleinrichtungen können beispielsweise als Fadenbremsen ausgebildet sein, wobei jeweils eine Fadenbremse einen durchlaufenden Stehfaden durch Erhöhung des Laufwiderstands bremsen und am weiteren Durchlauf hindern kann. Die Fadenbremse kann dabei weitgehend beliebig zwischen Geflecht und Stehfadenspeicheraufnahme angeordnet sein. Grundsätzlich sind solche Fadenbremsen bereits bekannt, sie kommen z.B. in herkömmlichen Flechtanlagen zum Einsatz, um die Fadenspannung während des Flechtvorgangs zu verändern. Anderweitig ausgestaltete Feststelleinrichtungen zur Blockierung des Stehfadens sind ebenso denkbar, z.B. durch ein Feststellen der Fadenspule an der Fadenspeicheraufnahme.
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Zudem weist die Flechtmaschine eine Steuerungsvorrichtung auf, die dazu eingerichtet ist, wenigstens eine der Feststelleinrichtung während des Betriebs der Flechtmaschine zu betätigen, so dass diese den Abzug eines Stehfadens blockiert. Die Steuerungsvorrichtung steht in entsprechender Wirkverbindung mit den Feststelleinrichtungen. Bei der Steuerungsvorrichtung kann es sich vorzugsweise um eine zentrale Steuerungsvorrichtung der Flechtmaschine handeln, welche den Flechtprozess steuert. Das Steuerungsprogramm der Flechtmaschine kann entsprechende Befehle zur Betätigung der Feststelleinrichtungen aufweisen, so dass eine Blockierung einzelner oder mehrerer Stehfäden wie voranstehend beschrieben stattfindet.
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Mithilfe des vorgeschlagenen Verfahrens lassen sich Einzellagen flechten, welche nur teilweise mit Stehfäden verstärkt sind. Grundsätzlich ist die Länge jedes Stehfadens vom Bauteilende aus individuell festlegbar. Für entsprechend belastete Bauteile (z.B. bei einer Teilung in eine stark und eine schwach belastete Bauteilhälfte) kann somit der Materialeinsatz gegenüber dem Referenzprozess bei gleichbleibender Performance deutlich verringert werden. Als vorteilhaft ist zudem die relativ einfache Umsetzbarkeit und die hohe Prozesssicherheit zu nennen, da auf einen Beschnitt von Fasern auf dem Kern verzichtet werden kann und stattdessen günstige Flechtfäden, z.B. Glasfaserfäden, als Bindeglied zwischen verstärkten Bereichen fungieren. Zudem ist eine taktzeitneutrale Integration in bestehende Fertigungsprozesse denkbar.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der unter Bezugnahme auf die Zeichnungen Ausführungsbeispiele der Erfindung im Einzelnen beschrieben sind. Dabei können die in den Ansprüchen und in der Beschreibung erwähnten Merkmale jeweils einzeln für sich oder in beliebiger Kombination erfindungswesentlich sein. Sofern in dieser Anmeldung der Begriff „kann“ verwendet wird, handelt es sich sowohl um die technische Möglichkeit als auch um die tatsächliche technische Umsetzung.
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Im Folgenden werden Ausführungsbeispiele an Hand der beiliegenden Zeichnungen erläutert. Darin zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung verschiedener Schritte eines beispielhaften Verfahrens,
- 2A, 2B und 2C verschiedene mit dem Verfahren hergestellte Flecht-Preforms und
- 3 eine Teilansicht einer Flechtmaschine zur Durchführung des Verfahrens.
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1 zeigt verschiedene Schritte eines Verfahrens zur Herstellung einer Flecht-Preform, wobei der Schritt a) des Verfahrens als A, Schritt b) als B und Schritt c) als C bezeichnet ist.
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Zur Herstellung eines triaxialen Geflechts werden Flechtfäden 10 und Stehfäden 20 von (nicht dargestellten) Spulen abgezogen, durch einen Flechtring 30 geführt und auf einen Kern 40 aufgeflochten. Aus Gründen der Anschaulichkeit sind in 1 die Flechtfäden 10 lediglich im fertigen Geflecht dargestellt und nur zwei Stehfäden 20A und 20B in ihrem Verlauf durch den Flechtring 30 dargestellt. Durch eine Relativbewegung der Flechtfäden zueinander werden die Flechtfäden 10 zu einem Geflechtschlauch 50 verflochten. Die Stehfäden 20 werden dabei in Längsrichtung des Flechtprozesses (0 Grad Winkel) geführt und mit in den Geflechtschlauch 50 eingeflochten. Der Kern 40 wird mit dem fortschreitenden Geflecht durch die Flechtmaschine bewegt. Dies kann manuell oder z.B. per Roboter erfolgen.
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Im Serienprozess wird ein Kern nach dem anderen umflochten, wobei der Geflechtschlauch 50 nach jedem Flechtvorgang (hiermit ist das Aufbringen einer Geflechtlage auf einen Kern gemeint), wie in 1 bei A gezeigt, mittels einer Trennvorrichtung 60 abgetrennt wird. Um das Auflösen des Geflechtschlauchs 50 zu verhindern, wird vor dem Abtrennen für einige Zentimeter ohne Kern geflochten. Nach dem Abtrennen des Geflechtschlauchs kann der umflochtene Kern entnommen werden. In der Flechtmaschine verbleibt ein leerer Geflechtschlauchabschnitt 50A.
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In einem nächsten Verfahrensschritt b) wird an diesen leeren Geflechtschlauchabschnitt 50A ein weiterer zu umflechtender Kern 40 angesetzt. Der Kern 40 kann z.B. ein Blasformkern sein.
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Im weiteren Verlauf des Verfahrens wird bei C der Kern 40 in einer mit Pfeil P gekennzeichneten Vorschubrichtung durch die Flechtmaschine geführt und dabei umflochten. Während des Umflechtens des Kerns 40 wird der Abzug wenigstens eines Stehfadens 20A, vorzugsweise jedoch mehrerer Stehfäden, durch geeignete (in 1 nicht dargestellte) Feststellvorrichtungen unterbunden, d.h. wenigstens ein Stehfaden 20A wird gezielt blockiert. Während der Kern 40 weiter durch die Flechtmaschine geführt wird, arbeiten die Flechtfadenzuführungen normal und der Geflechtschlauch 50 wächst weiter, jedoch kann der wenigstens eine blockierten Stehfaden 20 A nicht mit dem Geflecht mitgeführt werden. In Folge dessen gleitet er durch das Geflecht 50 bzw. über den Kern 40 und es entsteht ein Teilabschnitt, in dem der Kern 40 zwar umflochten ist, in dem jedoch der Geflechtschlauch 50 ohne den blockierten Stehfaden 20A ausgebildet ist. Wird der Abzug des blockierten Stehfadens wieder freigegeben, so wird dieser von dem entstehenden Geflecht wieder mitbefördert und Teil des Geflechtschlauchs 50. Der Flechtvorgang wird weitergeführt, bis das Ende des Kerns 40 erreicht ist.
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Die Anzahl der blockierten Stehfäden und der jeweilige Zeitpunkt des Lösens der Blockierung sind flexibel und können an die jeweiligen Verstärkungsanforderungen angepasst werden. Das Verfahren ermöglicht es mit einfachen Mitteln individuell angepasst Verstärkungsgeflechte zu erzeugen.
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Die 2A bis 2C zeigen schematisch verschiedene beispielhafte Flecht-Preforms 70A, 70B und 70C, die mit dem Verfahren herstellbar sind. Aus Gründen der Anschaulichkeit ist jeweils nur der Kern 40 mit einem Geflechtschlauch 50 gezeigt. Es versteht sich, dass der Kern 40 weitere Geflechtlagen oder anderweitige Faserlagen, wie z.B. Gelege oder Faservliese aufweisen kann, die über oder auch unterhalb des dargestellten Geflechtschlauchs angeordnet sein können.
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2A zeigt beispielhaft eine Flecht-Preform 70A, bei der eine Verstärkung durch Stehfäden in Umfangsrichtung nur einseitig ausgebildet ist. Hierzu kann z.B. eine Hälfte der Stehfäden für den gesamten Flechtvorgang blockiert werden, während die andere Hälfte der Stehfäden (beispielhaft dargestellt als 20 D bis F) im gesamten Flechtvorgang mitgeführt wird. Derart können z.B. halbseitige Verstärkungsstrukturen erzeugt werden.
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Der Kern kann auch nur in einem hinteren Abschnitt mit triaxialem Geflecht verstärkt werden, siehe 2B. Hierzu werden zu Beginn des Flechtvorgangs alle Stehfäden blockiert, wodurch zunächst, d.h. am vorderen Abschnitt des Kerns 40, ein rein biaxiales Geflecht 50B entsteht. Zu einem vorgegebenen Zeitpunkt, z.B. nach einer definierten Flechtzeit oder mit Erreichen eines vorgegebenen Kernabschnitts, wird die Blockierung freigegeben, die Stehfäden 20A bis 20F werden wieder mittransportiert und es entsteht ein triaxiales Geflecht 50C.
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Einzelne blockierte Stehfäden können auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten freigegeben werden. 2C zeigt eine Flecht-Preform 70C mit einer möglichen Verstärkungsstruktur, wenn nebeneinander liegende Stehfäden 20A bis 20F nacheinander freigegeben werden, wodurch sich die Anzahl der Stehfäden im Geflechtschlauch 50 sukzessive erhöht.
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Selbstverständlich können die gezeigten Beispiele zur Erzielung besonderer Verstärkungen auch miteinander kombiniert oder anderweitig abgewandelt werden.
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Bei den gezeigten Beispielen werden beispielsweise als Flechtfäden 10 Glasfaserfilamente verwendet, während als Stehfäden 20 Kohlenstofffilamente eingesetzt werden. Natürlich sind auch andere Fadenkombinationen oder die Verwendung nur einer Faserart, wie z.B. ausschließlich Kohlenstofffilamente, denkbar.
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Zur Herstellung eines faserverstärkten Bauteils kann die Flecht-Preform 70A, 70B, 70C in bekannten Verfahren mit einem Matrixwerkstoff infilitiert und konsolidiert werden, beispielsweise im RTM-Verfahren. Aufgrund der individuellen Verstärkung, die einfach, prozesssicher und materialeffizient herstellbar ist, kann die Flecht-Preform insbesondere zur Herstellung hochbelasteter Fahrzeugbauteile, wie z.B. Karosseriebauteile verwendet werden.
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3 zeigt in schematischer Darstellung einen Ausschnitt einer erfindungsgemäßen Flechtmaschine 1. Gezeigt ist eine Axialflechtmaschine, gleichwohl ist die Erfindung ebenso auch bei anderen Flechtmaschinentypen, z.B. bei einer Radialflechtmaschine anwendbar.
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Zur Herstellung eines triaxialen Geflechtschlauchs werden sowohl Flechtfäden 10 als auch Stehfäden 20 durch einen Flechtring 30 durchgeführt. Die Flechtfäden 10 werden von Spulen abgezogene, 14, welche am Klöppelgetriebe 16 angeordnet sind. Aus Gründen der Anschaulichkeit ist der Verlauf der Flechtfäden 10 von den Spulen bis zum fertigen Geflecht 50 in 3 nicht dargestellt. Durch die Bewegung der Klöppel und die Drehung des Klöppelgetriebes 16 werden die Flechtfäden 10 zu einem Geflecht 50 verschränkt. Durch das Klöppelgetriebe 16 hindurch werden die Stehfäden 20 dem Geflecht 50 zugeführt. Die Stehfäden (dargestellt ist nur ein einziger Stehfaden 20) werden jeweils von Spulen abgezogen, welche auf Stehfadenspeicheraufnahmen gehalten sind (beides nicht dargestellt). Für jeden Stehfaden 20 ist in der Flechtmaschine 1 eine Feststelleinrichtung 22 vorgesehen, mit der der Abzug des jeweiligen Stehfadens 20 feststellbar ist. Die Feststelleinrichtung 22 kann dabei z.B. in bekannter Weise als Fadenbremse ausgestaltet sein oder die Stehfadenspule blockieren. Die Steuerung der Blockierung von Stehfäden und die Freigabe der Blockierung erfolgt über eine Steuerungsvorrichtung 24, die dazu entsprechend eingerichtet ist und in entsprechender Wirkverbindung mit der Feststelleinrichtung 22 steht.
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Die Ausführungsbeispiele sind nicht maßstabsgetreu und nicht beschränkend. Abwandlungen im Rahmen des fachmännischen Handelns sind möglich.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Flechtmaschine
- 10
- Flechtfäden
- 12, 14
- Spulen
- 16
- Klöppelgetriebe
- 20, 20A bis 20F
- Stehfäden
- 22
- Feststelleinrichtung
- 24
- Steuerungsvorrichtung
- 30
- Flechtring
- 40
- Kern
- 50, 50A, 50B, 50C
- Geflecht(schlauch)
- 60
- Trennvorrichtung
- 70A, 70B, 70C
- Flecht-Preform
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102013220337 A1 [0004]
- DE 102015214698 A1 [0004]